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Nachdem die Crew des Rettungskreuzers Gutabara hart aus dem Kryoschlaf gerissen wurde, müssen sie erkennen, dass sie zu Passagieren auf ihrem eigenen Schiff geworden sind. Ohne Kontrolle über die Navigation befinden sie sich auf einer Reise, deren Ende sie nicht kennen. Gefangen und ohne Ausweg suchen sie nach Antworten auf die vielen brennenden Fragen. Doch jeder neue Hinweis lässt sie noch tiefer im Unerklärlichen versinken. Ihre einzige Chance besteht darin, den Auslöser für ihren Flug und die dramatischen Ereignisse während der Tiefschlafphase zu ergründen. Dazu müssen sie tief ins Innere der Gutabara vordringen und die Berichte der Toten öffnen.
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IN DIESEM BAND:
Mitte des 23. Jahrhunderts hat sich die Menschheit über die Grenzen der Erde hinaus entwickelt. Viele Planeten und Monde des Sonnensystems sind besiedelt, wenn auch oft nur von kleinen Bergbaukolonien oder Industrieanlagen. Bis weit hinein in die Oortsche Wolke sind Außenposten bereits vorgedrungen.
Selbst der interstellare Raum wird erobert. Auch wenn die überlichtschnelle Raumfahrt ein Wunschtraum bleibt, dem die unumstößlichen physikalischen Gesetze entgegenstehen. Davon lassen sich jene Mutigen nicht abschrecken, die sich aufmachen, um neue Sonnensysteme zu erobern. Mithilfe von Generationsschiffen versuchen sie die schier unvorstellbaren Abgründe zwischen den Welten zu überbrücken.
Während diese Abenteurer Jahrzehnte im Tiefschlaf verbringen, um ihr ersehntes Ziel zu erreichen, sorgen die Crews tausender Schiffe dafür, dass sich das Leben im irdischen Sonnensystem weiterbewegt. Unter ihnen die Crew der Gutabara, die sich im Jahr 2254 einem Rätsel stellen muss, das sie nur mit den Berichten der Toten lösen kann.
© 2023 Michael Hirtzy
c/o Autorenservice Gorischek / Am Rinnergrund 14/5 / 8101 Gratkorn / Österreich
1. Auflage 2023
Covergestaltung und Buchsatz: Catherine Strefford | www.catherine-strefford.de
Titelillustration: Arndt Drechsler / arndtdrechsler.com
Innenillustrationen: Francois / LMX Illustration / https://fr.fiverr.com/share/YW8yRd
Serienlogo: Catherine Strefford | www.catherine-strefford.de
LizardCreek Logo: Isabel Kutscherer
Lektorat & Korrektorat: Melanie Vogltanz / lektoratvogltanz.com
Veröffentlicht über tolino media
Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen oder Ereignissen sind rein zufällig.
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Content Notes zu diesem Buch (Information über mögliche, für manche Leser*innen unangenehme bzw. triggernde Inhalte) finden Sie am Ende des Buches.
Der Rumpf der Narakam kreischte unter den eintreffenden Gewalten wie ein eingekesseltes Tier, das um sein Leben kämpfte. Wände, Decken, sogar die Böden bogen sich durch, schlugen Wellen. Sie verkrümmten sich in einer Weise, die kein Ingenieur jemals vorhergesehen hatte. Mit jeder verstrichenen Minute wurde es schwerer festzustellen, ob die Verformungen von den mechanischen Kräften resultierten oder bereits die ersten, sich durch das Schiff fressenden Ausläufer des Konstruktes waren.
Vor Colonel Cornel Gatnom lag der sieben Meter breite, schnurgerade Zentralgang. Die Hauptverbindung, die sich vom Bug bis zum Heck des sechshundertsiebzehn Meter langen Schlachtschiffes zog, wand sich vor seinen Augen.
Der Anblick erinnerte ihn an Luftschlangen im Wind. Leitungen barsten, Deckplatten sprangen aus ihren Verankerungen. Abgesplitterte Teile rasten, riesigen, unkontrollierbaren Schrapnellen gleich, zu allen Seiten. Zwei Soldaten, die vor der Krankenstation Wache hielten, konnten ausweichen. Anders als Gatnoms Adjutantin, die in einigem Abstand hinter ihrem Kommandanten her lief.
Eine der fingerdicken Stahlplatten traf sie in den Rücken. Die brutale Wucht brach die Achtundzwanzigjährige förmlich entzwei. Gatnom konnte das Geräusch der berstenden Knochen nicht hören. Jedes Geräusch ging im Heulen der Sirenen sowie dem unerbittlichen Jaulen der weit über ihre Grenzen belasteten Rumpfkonstruktion der Narakam unter. Lieutenant Rashiks Blick brach im selben Augenblick, in dem sich die Deckplatte durch ihre Wirbelsäule bohrte. Der an sich stumpfe Stahl fraß sich durch sie wie ein scharf geschliffenes Messer durch Butter.
Es gab nichts mehr, was Gatnom für sie tun konnte. Genauso wenig wie für die beiden Wachsoldaten, die sich soeben wieder aufrappelten. Gatnom wollte sie warnen. Bevor er den Mund öffnen konnte, wusste er, dass es nutzlos gewesen wäre. Einerseits wäre seine Stimme in dem höllischen Getöse nie über die dreißig Meter zu ihnen gedrungen. Andererseits sah er bereits, wie sich der Boden zu ihren Füßen in die brodelnde, schwarze Masse verwandelte, von der er inzwischen wusste, dass sie den unausweichlichen Tod bedeutete. Nichts und niemand kam gegen das Biest an.
Zu Beginn hatte er über den Namen gelacht, der von einer Ärztin geprägt worden war, deren Ausführungen er für pure Hysterie gehalten hatte. Vierunddreißig Stunden nach Beginn ihrer Mission wusste er, dass die Bezeichnung bestenfalls an der Oberfläche des dahinterliegenden Konzepts kratzte. Ihr Angreifer widersprach allem, was Gatnoms Geist erfassen konnte, ohne sich an den Rand des Irrsinns zu begeben - ein Monster, entsprungen den tiefsten Abgründen der menschlichen Psyche. Selbst in seinen furchtbarsten Albträumen hätte Gatnom sich nicht ausmalen können, was im Zwischenraum auf sie wartete.
Drei Atemzüge lang sah er zu, wie sich die schwarze Masse aufbäumte, die Beine der Soldaten erfasste und sie verschlang.
Plötzlich fühlte er einen Druck auf seiner Schulter. Colonel Gatnom zuckte zusammen, wie ein kleines Kind, das beim Stibitzen von Süßigkeiten ertappt wurde. Er sprang zur Seite, entwand sich dem potenziell tödlichen Griff und riss den Plasmabrenner hoch, den er seit Stunden fest umklammert hielt. Buchstäblich im letzten Augenblick, bevor er den tödlichen Flammenstrahl entlud, erkannte er, dass nicht das schwarze Monster, sondern ein Mensch sich von hinten an ihn herangeschlichen hatte.
Mit abwehrend erhobenen Armen stand Commander Riebhus, neben ihm der letzte Überlebende des Offizierstabs, vor ihm. Seine Lippen bewegten sich, doch kein Geräusch drang durch den tosenden Lärm an Gatnoms Ohren.
Riebhus starrte mit schreckgeweiteten Augen über Gatnoms Schulter in den Gang. Der Colonel wagte es nicht, sich umzudrehen. Ohne hinzusehen, wusste er bereits, was sein Erster Offizier wahrnahm.
Gatnom stieß den Commander durch das Schott, das dieser gerade erst durchquert hatte. Der Mann stolperte zurück in den vermeintlichen Schutz der Brücke. Gatnom folgte ihm. Mit einer Hand hieb er auf die Notverriegelung, bevor er sich ein letztes Mal zum Gang zurückdrehte. Was er sah, ließ ihn an die Existenz der Hölle glauben. Einem unaufhaltsamen Tsunami gleich, füllte die schwarze Masse des Biests den Gang. Sie wälzte sich auf sie zu. In wenigen Sekunden würde sie die Schleuse erreichen, die sich in diesem Augenblick schloss. Keine Sekunde später krachte das tonnenschwere, fünfzehn Zentimeter starke Osmium-Palladium-Explosionsschutztor herunter. Das massive Panzerschott verstärkte die Trennung zwischen der Brücke und dem Rest der zum Untergang verdammten Narakam.
»Status?«, forderte Gatnom den zitternden Commander zu einer Meldung auf.
Seine kalkweißen Lippen bebten bei der Antwort: »Die Magnetfelder sind kollabiert. Die Plasmablase, die uns vor der auftreffenden Strahlung im Zwischenraum schützen sollte, ist in dem - was immer das da draußen ist - verpufft. Kriegt uns das Ding nicht, bringt uns die Strahlung in wenigen Minuten um.«
Ähnliches hatte Gatnom bereits befürchtet. Blieb nur noch die Frage, was sie umbringen würde. Die Strahlung des Zwischenraumes, die binnen Minuten jegliche lebende Materie zersetzen konnte? Oder das Biest, das weder Wände noch Abgründe noch Waffen aufzuhalten vermochten?
Schon sah Gatnom, wie die Oberfläche des Explosionsschutztors, das selbst direkte Treffer einer Railgun aushielt, zu wabern begann. Wie Wasser kurz vor dem Kochen, schlug der Stahl Blasen. Ihre Zeit lief ab.
Trotzdem würde er nicht einfach so untergehen. Gatnom richtete den Lauf des Plasmabrenners auf die Masse, die sich unaufhörlich ausbreitete. Sein Finger krümmte sich um den Abzug, da drang eine enervierend fröhliche Stimme in seinen Verstand.
»Guten Morgen, Captain Gatnom! Im Namen der SNR wünsche ich Ihnen alles Gute zum Geburtstag.«
Cornel Gatnom schreckte auf.
Ergänzend zur computergenerierten Stimme, die ihn unsanft aus dem Schlaf riss, schwebten projizierte Buchstaben über seinem Comarmband.
#ALLES GUTE ZUM 192ten GEBURTSTAG#
Die Nachricht überraschte ihn wie jedes Jahr. Vierundneunzig Jahre im Raumeinsatz ließen das Zeitgefühl für normale Jahre, wie sie jeder planetengebunden Lebende kannte, verloren gehen. Monatelange Kryophasen, in denen der Körper fast völlig stillgelegt im Kälteschlaf lag, sorgten bei allen Raumfahrern dafür, dass Zeit eine völlig neue Bedeutung bekam. Er selbst berechnete, wie alle im Raumeinsatz außerhalb des innersten Sonnensystems, seine Lebenszeit anhand der Wachphasen. In diesen war er vor fünf Monaten neunundachtzig geworden. Zwei weitere Einsatzjahre trennten ihn vom Ruhestand. Oder eher davon, dass ihn die SNR endgültig in die erzwungene Alterszeit schicken würde. Könnte er es selbst entscheiden, wäre sein Dienst noch lange nicht vorbei.
Oft dauerte die Schlafphase zwischen zwei Einsätzen Jahre. Hier draußen, an der Grenze zwischen Kuipergürtel und Oortscher Wolke, brachte es niemandem etwas, die Crew durchgängig wach zu halten. Psychisch wären die langen Wartezeiten zwischen Rettungseinsätzen kaum ertragbar. Ganz zu schweigen davon, dass die lebenserhaltenden Systeme über kurz oder lang zusammenbrechen würden – egal, wie weit die Ingenieure die Aufbereitungsanlagen entwickelten. Kein Schiff, ungeachtet seiner Größe, konnte genug Wasser, Sauerstoff und Lebensmittel mit sich führen, um seine gesamte Besatzung über Jahre zu versorgen.
So lag über ein Jahrhundert Kälteschlaf hinter Cornel Gatnom, in unregelmäßigen Abständen unterbrochen durch hektische Wochen, in denen er mit seiner Besatzung um das Überleben der Crews von havarierten Schiffen kämpfte. Dazu kamen die drei Monate andauernden Wachschichten, wie jene, in der er sich gerade befand. Neunzig Tage, in denen zwei Besatzungsmitglieder die Funktion des Schiffes sicherstellten, während die verbleibende Besatzung in sicheren Kryotanks schlummerte.
Langsam verblasste die Erinnerung an den Traum, der ihn seit Jahrzehnten immer wieder heimsuchte. Jedes Mal mit kleinen Abwandlungen. Doch der Ausgang blieb immer derselbe. Gatnom schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu klären. Nichts, was er tat, konnte die Schuld von damals von ihm nehmen. Er hatte der Ärztin nicht geglaubt. Sein Misstrauen, gepaart mit dem Vertrauen in die unerschöpfliche Macht der militärischen Stärke, hatte siebenhundertvierundachtzig Männern und Frauen das Leben gekostet. Am Ende waren drei Überlebende der Narakam entkommen: er selbst, Vardan Riebhus und die leitende Wissenschaftlerin des Vortex Projektes.
Ein Desaster, das sich in keinen Aufzeichnungen finden ließ. Danach hatte er seinen Abschied eingereicht. Kein Leichtes, im Hinblick auf seine Einblicke in jene Bereiche der Truppe, die offiziell nicht existierten. Alles in ihm sträubte sich dagegen, für diese Organisation zu arbeiten, die Menschenleben keine Bedeutung zumaß, sobald es ihren eigenen Zielen zugutekam.
In diesem Moment meldete sein Comarmband eine weitere eingehende Botschaft. Ein Tippen auf das Nachrichtenicon genügte, damit Gatnom wusste, von wem sie kam. Der Absender überraschte ihn. Ihr letzter Kontakt lag zwei Jahrzehnte zurück. Im Gegensatz zu Gatnom hatte Vardan nach dem Desaster auf der Narakam seine Karriere weiter vorangetrieben. Der zu Beginn aufrechte Kontakt wurde zunehmend lose, bis sie sich endgültig aus den Augen verloren hatten. Bis zu diesem Tag.
Der Verbleib seines ehemaligen Ersten Offiziers im Militärdienst alleine hätte nicht zum Zerwürfnis geführt. Doch dass Vardan aktiv zur Vertuschung der Ereignisse beigetragen hatte, konnte er ihm nicht verzeihen. Was wollte er nach so langer Zeit von ihm?
Sekundenlang schwebte Gatnoms Finger über dem Löschbefehl, bevor er sich dazu entschied, die Nachricht zu öffnen. Sie anzusehen schuldete er ihm. Ein Wischen seiner Hand reichte, um die Übertragung zum Projektionsdisplay an der Wand zu senden. Mit kaum spürbarer Verzögerung erschien ein dreidimensionales Abbild vom Oberkörper des Offiziers. Den Rangabzeichen entnahm Gatnom den Aufstieg des früheren Commanders zum Colonel. Ein rasanter Weg. Nicht weiter verwunderlich, angesichts seiner Bereitschaft, sich angeblich höheren Zielen unterzuordnen.
Vardan Riebhus war sichtlich gealtert. Obwohl dreiundzwanzig Wachjahre jünger als Gatnom, war von seinen einst dichten schwarzen Haaren nichts mehr zu sehen. Sorgenfalten zerfurchten seine hohe Stirn. Unter den Augen lagen tiefe, schwarze Ringe. Alles an ihm zeichnete das Bild eines erschöpften, grimmigen Mannes.
Die Jahre schienen es nicht gut mit ihm gemeint zu haben. Das war nicht der Vardan Riebhus, an den Gatnom sich erinnerte. Er tippte auf die Projektion, um die Nachricht abzuspielen. Eine Sekunde lang fühlte er das haptische Feedback, bevor ein roter, rechteckiger Rahmen um das Projektionsfeld erschien.
»Nachricht verschlüsselt«, meldete die unpersönliche Stimme des Comterminals.
Gatnom musste nicht lange überlegen.
»Ich wünsche dir einen wunderschönen guten Morgen, Vardan. Ich hoffe, du genießt den sonnigen, herrlichen Tag so sehr wie ich«, sagte er, ohne die Miene zu verziehen.
Zwei Sekunden später erwachte Vardans Abbild zum Leben. Ihren Codesatz würde Gatnom nie vergessen.
»Hallo Cornel«, erklang die müde Stimme. »Ich brauche deine Hilfe …«
Gatnom spielte die Nachricht ein zweites Mal ab, bevor er sie mittels Überrangbefehl von seinem Comarmband löschte. Danach tilgte er jede Spur der Übertragung aus den Speichern der Gutabara. Er bezweifelte, dass irgendjemand die Nachricht, übertragen über ein schier unüberblickbares Netzwerk von Kommunikationsknoten, Relays und Verteilersystemen, nachverfolgen konnte. Doch im Angesicht des Inhaltes musste er jede erdenkliche Vorsicht walten lassen.
Im Anschluss machte er sich auf den Weg zum Kommandantenbüro. Dieses lag wenige Meter von der Brücke entfernt. Neben dem Büro der leitenden Ärztin handelte es sich um den einzigen Arbeitsraum an Bord des SNR-Schiffes, der einer Einzelperson zur Verfügung stand. Von hier verfügte er über vollen Zugriff auf alle Bordsysteme, mit dem Vorteil, dabei nicht befürchten zu müssen, dass ihm das einzige weitere wache Crewmitglied unvermittelt über die Schulter sah.
Auf dem Weg kam ihm der übermüdet aussehende Jerome Yang Szeto entgegen. Gatnom selbst hatte den neuen Shuttlepiloten für diese Wachschicht eingeteilt. Vier Wochen seit seinem Dienstantritt reichten für den ersten Eindruck.
Der Mann zeigte Einsatzbereitschaft. Allerdings schien er, soweit Gatnom es bisher beurteilen konnte, ein Problem mit den Bordregeln zu haben. Fünf Jahre im einsamen Asteroidenbergbau erschwerten das Einfügen in eine große Gruppe sicherlich. Es würde sich zeigen, ob er die Anpassungsfähigkeit dafür besaß. Gatnom wollte sicherstellen, dass Szeto wusste, was auf dem Spiel stand. Ein Fehltritt konnte ihn schnurstracks zurück zum Asteroidenbergbau im Kuipergürtel bringen. Die Gutabara stellte seine Chance dar, den Fehlern der Vergangenheit zu entkommen. Dazu musste er die Bereitschaft zeigen, alte Laster hinter sich zu lassen.
»Morgen, Captain«, flüsterte ihm Szeto zu, hinter dem eine zehnstündige Nachtschicht lag. Gatnom blieb stumm vor ihm stehen. Unverzüglich strafften sich Szetos herunterhängende Schultern. Seine Augen weiteten sich. »Entschuldigen Sie, Sir. Die Nachtschicht ist ohne Vorkommnisse verstrichen.«
Gatnom nickte zur Bestätigung. »Gut. Legen Sie sich schlafen. Wir sehen uns um sechzehn Uhr wieder.«
»Danke, Captain. Wünsche Ihnen einen ruhigen Tag.« Die letzten Worte gingen im Gähnen des Mannes beinahe unter. Szeto tat zwei Schritte, bevor er sich nochmals zu Gatnom umdrehte. »Haben Sie die Nachricht gesehen, die über das Hub eingetroffen ist? Ich habe Sie Ihnen mit Priorität weitergeleitet. Sie schien mir wichtig. Lag ich damit richtig?«
»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht«, knurrte Gatnom den Shuttlepiloten schärfer an als geplant. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war ein neues Crewmitglied, das die Inhalte seiner persönlichen Nachrichten hinterfragte.
Szetos riss die Augen weit auf. Er schüttelte den Kopf, blickte zu Boden und setzte seinen Weg fort. Gatnom beobachtete, wie er auf wackeligen Beinen in Richtung seiner Kabine fort trottete. Szeto gab alles, um sich zu beweisen. Das gefiel Gatnom. Trotzdem würde er ihm vier weitere durchwachte Nächte abverlangen. Blieb er standhaft und hielt sich von den auf Rettungsschiffen leicht zugänglichen aufputschenden Substanzen fern, würde Gatnom es ihn ruhiger angehen lassen.