Besser lernen - Sabine Stuber-Bartmann - E-Book

Besser lernen E-Book

Sabine Stuber-Bartmann

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Beschreibung

Sich beim Kopfrechnen die Aufgabe merken, sich melden, bevor man etwas sagen möchte, bei der Sache bleiben und sich nicht vom Nachbarn ablenken lassen. Diese kognitiven Prozesse nennt man "exekutive Funktionen". Wie GrundschullehrerInnen diese Funktionen und die Selbstregulation von Kindern in den ersten Schuljahren fördern können, zeigt dieses Praxisbuch. Es gibt Lehrkräften über 50 Spielanleitungen, Übungen und Fördermöglichkeiten für das Klassenzimmer und die Sporthalle an die Hand, auch für den Deutsch-, Mathe- und Musikunterricht.

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Sabine Stuber-Bartmann, Sonderpädagogin, arbeitet an einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Sprache und ist als Referentin am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik, Ludwigsburg, in der Lehreraus- und -fortbildung tätig.

Hinweis: Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnungen nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03080-4 (Print)

ISBN 978-3-497-61517-9 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61518-6 (EPUB)

3., durchgesehene Auflage

© 2021 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in EU

Cover unter Verwendung eines Fotos von © istock.com/BraunS

Satz: Jörg Kalies – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Einleitung – Was Kinder zum Lernen brauchen

1Exekutive Funktionen und Selbstregulation

1.1Was sind exekutive Funktionen?

Arbeitsgedächtnis

Inhibition

Kognitive Flexibilität

1.2Wie entwickeln sich exekutive Funktionen?

1.3Welche Bedeutung haben exekutive Funktionen?

2Förderung exekutiver Funktionen im Klassenzimmer

2.1Unterstützende Maßnahmen

Denkanstöße zur Veränderung der Umwelt

Denkanstöße zur Veränderung der Aufgabe

Denkanstöße zur Veränderung der Interaktion

2.2Spiel- und Übungsformen im Fachunterricht

Spielformen für den Deutschunterricht

Spiel 1: Wörterschatzsuche

Spiel 2: Lernwörter buchstabieren

Spielformen für den Mathematikunterricht

Spiel 3: Zahlen hören

Spiel 4: Zahlenreihen

Spiel 5: Die verbotene Zahl

Spiel 6: Wie viel?

Spiel 7: Größer – kleiner – gleich

Spielformen für den Musikunterricht

Spiel 8: Bruder Jakob

Spiel 9: Sprechvers: Sitzt ein Kuckuck auf dem Baum

2.3Allgemeine Spiele im Klassenzimmer zur Förderung exekutiver Funktionen

Spiel 10: Gegenteilspiel

Spiel 11: Wo bist du? Straßenspiel

Spiel 12: Kim-Spiel mit Personen

Spiel 13: Kim-Spiel im Raum

Spiel 14: Münzenrallye

Spiel 15: Schlüsselspiel

Spiel 16: Wer ist Herbert?

Spiel 17: Stuhlschach

Spiel 18: 1-2-3 gemerkt und bewegt

Spiel 19: Der Bär und die Holzfäller

2.4Achtsamkeitsübungen zur Verbesserung der exekutiven Funktionen

Was ist Achtsamkeit?

Wirkung von Achtsamkeitsübungen

Was ist bei Achtsamkeitsübungen mit Kindern zu beachten?

Achtsamkeitsübungen mit Kindern

Spiel 20: Einstiegsübung Geräusche hören

Spiel 21: Grundübung Atmen

Spiel 22: Reifen hören

Spiel 23: Blinde Schatzsuche

Spiel 24: Häuptling Leise Sohle

Spiel 25: Schuhklau

Spiel 26: Wäscheklammern spüren

Spiel 27: Balance-Übung Der Baum

Spiel 28: Gruppenübung Tierbaby sucht Mama

3Förderung exekutiver Funktionen im Einzel- / Kleingruppensetting

Fördermöglichkeiten zielgerichtet planen

Fragebogen zu den Exekutivfunktionen

3.1Förderung des Arbeitsgedächtnisses

Wie erkennt man Kinder mit schwachem Arbeitsgedächtnis in der Schule?

Wie können Kinder mit einem schwachen Arbeitsgedächtnis im Unterricht unterstützt werden?

Spielerische Förderung des Arbeitsgedächtnisses auditiv

Spiel 29: Tier-Spiel

Spiel 30: Was wurde genannt? Obstsalat auditiv

Spiel 31: Gehörte Memorykarten merken

Spielerische Förderung des Arbeitsgedächtnisses visuell

Spiel 32: Obstsalat

Spiel 33: Mit Memorykarten

Spiel 34: Im Labyrinth

3.2Förderung der Fähigkeit zur Inhibition

Wenn-dann-Plan mit Förderziel Reaktionshemmung

Wenn-dann-Plan mit Förderziel Emotionsregulation

4Förderung exekutiver Funktionen durch Bewegung, Spiel und Sport

Spiel 35: Feuer, Wasser, Sturm mit kognitiven Aufsetzern

Fangspiele

Spiel 36: Fänger auf Signal

Spiel 37: Merk-Fangen

Spiel 38: Harry-Potter-Fangen

Spiel 39: Würfel-Fangen

Spiel 40: Aufgepasst und losgerannt

Staffelspiele

Spiel 41: Drei gewinnt – gerannt

Spiel 42: Flitzmemory

Spiel 43: Mensch ärgere dich nicht – bewegt

Spiel- und Übungsformen mit Elfer-raus- oder Uno-Karten

Spiel 44: Farbe oder Zahl?

Spiel 45: Zahlenstaffel

Spiel 46: 1–6-Zahlenstaffel

Komplexe Spielformen

Spiel 47: Hühnerjagd

Spiel 48: Drachenschatz

Spiel 49: Farben-Brennball

Tanzspiele

Spiel 50: Ku-tschi-tschi

Spiel 51: Kreistanz

5Förderung der Selbstregulation als Aufgabe der Schulentwicklung?

Literatur

Sachregister

Online-Material

Arbeitsblätter und Spielpläne zu vielen der Spiele können Leserinnen und Leser dieses Praxisbuchs auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlags unter http://www.reinhardt-verlag.de herunterladen.

Einleitung – Was Kinder zum Lernen brauchen

20% der 15-jährigen Jugendlichen in Deutschland scheitern beim Lösen einfachster Alltagsaufgaben, weil sie ihre Konzentration nicht hinreichend steuern und nicht planvoll handeln können (Bauer 2015). Wer heutzutage mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, wird von dieser Aussage nicht überrascht sein.

Bereits in der Grundschule klagen viele Pädagogen darüber, dass Kinder zunehmend weniger in der Lage seien, kurz zu warten, zu teilen oder ihre Impulse zu kontrollieren. Dabei ist die Fähigkeit, sich auf eine Sache zu konzentrieren, seine Ideen im Gedächtnis zu behalten und bearbeiten zu können, kurzfristigen Versuchungen und Impulsen zu widerstehen, situationsgerecht reagieren zu können, um ein längerfristiges Ziel zu erreichen, entscheidend, um in der Schule erfolgreich zu sein.

BEISPIEL

Wieso gelingt es also Yannik auch in der dritten Klasse noch nicht, ein einfaches Arbeitsblatt konzentriert zu bearbeiten? Beim kleinsten Geräusch schaut er sofort auf und reagiert darauf. Hört er etwas außerhalb des Klassenzimmers, gibt er seinem spontanen Impuls nach und läuft ans Fenster, um hinauszuschauen.

Oder Leons Arbeitsplatz: Sein Schulranzen und sein Tischfach sind ein einziges Chaos. Hefte, Arbeitsblätter, Reste von Bastelarbeiten und Pausenbrottüten liegen wild durcheinander. Fordert die Lehrerin die Klasse auf, Aufgaben aus dem Rechenheft zu bearbeiten, fängt Leon orientierungslos an zu suchen. Während einige seiner Klassenkameraden bereits die genannten Aufgaben bearbeiten, wühlt er noch frustriert in seinen Materialien.

Marie dagegen ist eine gute Rechnerin. Blitzschnell löst sie die Kopfrechenaufgaben und ruft die Ergebnisse laut in die Klasse. Ihre Mitschüler werden zunehmend ungehalten, da sie keine Chance haben, sich am Unterricht zu beteiligen.

BEISPIEL

Mario ist eigentlich ebenfalls ein guter Rechner. Alle Päckchenaufgaben mit derselben Grundrechenart rechnet er fehlerlos und zügig aus. Wechseln sich jedoch verschiedene Grundrechenarten innerhalb eines Päckchens ab, übersieht er die unterschiedlichen Anforderungen und rechnet stur nach der Methode der ersten Aufgabe weiter.

Diese Liste könnte problemlos fortgesetzt werden, Lehrer und Pädagogen kennen viele Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag.

Eine mögliche Ursache für die Schwierigkeiten dieser Kinder könnte sein, dass ihre Fähigkeit zur Selbstregulation im Vergleich zu ihren Altersgenossen weniger ausgeprägt ist.

DEFINITION

Der Begriff Selbstregulation umschreibt die Fähigkeit, Gefühle, Gedanken und Handlungen kontrollieren und steuern zu können. Die höheren geistigen Prozesse, die der Selbstregulation zugrunde liegen, werden exekutive Funktionen (EF) genannt.

Aus Langzeitstudien ist bekannt, dass die Fähigkeit zur Selbstregulation für den Schulerfolg bedeutsamer und aussagekräftiger ist als der reine Intelligenzquotient (IQ) (Duckworth / Seligmann 2005). Ein hoher IQ bedeutet also nicht unbedingt auch gute Noten.

Im ersten Kapitel dieses Buchs werden alle wichtigen Begrifflichkeiten erläutert, die einzelnen Funktionen wie das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition und die kognitive Flexibilität erklärt sowie die Entwicklung und Bedeutung der exekutiven Funktionen aufgezeigt. Dies erfolgt unter der Prämisse: so viel Hintergrundwissen wie nötig, so viel Praxisorientierung wie möglich.

Kapitel 1

Exekutive Funktionen können in der Grundschule gezielt trainiert werden. Die Förderung kann spielerisch, kognitiv oder körperlich erfolgen (Kubesch 2016). Deshalb befassen sich die ausführlichen Kapitel 2 bis 4 mit Fördermöglichkeiten in der Schule. Dabei wurde darauf geachtet, typische Aspekte des Schulalltags aufzuzeigen.

Kapitel 2

Die gezielte Förderung der exekutiven Funktionen kann sowohl unterrichtsimmanent (im Unterrichtsalltag durch eine entsprechende Struktur und gezielt eingesetzte Spiele im Fachunterricht, Kap. 2.1, 2.2) als auch im rhythmisierten Schultag in Form einer Bewegungspause (Kap. 2.3) oder einer Stilleübung (Kap. 2.4) erfolgen.

Eine heterogene Schülerschaft erfordert ein zunehmend differenziertes Unterrichten und ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder. Bei der Einschulung finden sich Kinder mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen in einer Klasse zusammen. Kinder mit Lernschwierigkeiten und impulsiven Verhaltensweisen kommen in jeder Grundschulklasse vor. Viele Schulen reagieren folgerichtig mit besonderen Förderangeboten.

Auch hier kann es hilfreich sein, die Entwicklung der exekutiven Funktionen genauer zu betrachten, denn es wird vermutet, dass hinter vielen Lernproblemen Schwierigkeiten, die auf die exekutiven Funktionen zurückzuführen sind, stehen (Brunsting 2011). So haben beispielsweise laut Gathercole und Alloway (2014) ca. 70 % der Kinder mit Lernschwierigkeiten im Lesen auch ein schwaches Arbeitsgedächtnis.

Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS / ADHS) fallen besonders durch impulsives Verhalten auf. Darüber hinaus haben sie häufig ein schwaches Arbeitsgedächtnis. Lauth und Schlottke (2009)bezeichnen ADS / ADHS deshalb auch als ‚dysexekutives Syndrom‘.

Kapitel 3 befasst sich mit der gezielten Förderung einzelner Kinder. Ein Fragebogen zur Einschätzung der Stärken und Schwächen eines Kindes erleichtert die Planung von gezielten Fördermaßnahmen. In Kapitel 3.1 kann mit einem einfachen Test das auditive Arbeitsgedächtnis überprüft werden. Aus den Ergebnissen lassen sich anschließend Fördermöglichkeiten ableiten (Kap. 3.1).

Kapitel 3

Besonders jüngeren Kindern fällt die Impulskontrolle noch sehr schwer. Deshalb wird in Kapitel 3.2 eine in der Schule mögliche und erprobte Interventionsmöglichkeit dargestellt.

Besonders effektiv für die Förderung exekutiver Funktionen scheint eine Kombination aus körperlichem und kognitivem Training zu sein (Kubesch 2016), also immer dann, wenn Kinder sich bei körperlicher Belastung gleichzeitig etwas merken, schnell zwischen verschiedenen Anforderungen wechseln oder eine automatisierte Handlung abbrechen müssen. Viele altbekannte kleine Spiele lassen sich so verändern, dass sich das Gehirn immer wieder neu anstrengen muss und somit neuer Spaß in die sportliche Bewegung kommt. In Kapitel 4 gibt es dazu Beispiele.

Kapitel 4

Die Unterstützung bei der Entwicklung der Selbstregulation ist eine Aufgabe aller am Schulleben beteiligter Personen. Aus systemischer Sicht gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Die Anregungen in Kapitel 5 sollen als Denkanstöße und Handlungsimpulse für die Schulentwicklung verstanden werden.

Kapitel 5

Im vorliegenden Buch wurden weibliche und männliche Formen abwechselnd verwendet.

Ein herzliches Dankeschön geht an Lena und ihre Klassenkameraden sowie ihre Lehrer Kerstin Schelle und Thomas Schreiner für ihre Unterstützung bei den Bildern. Meinen Kolleginnen Kirstin Dammaschk, Evelyn Kugel und Carmen Walter danke ich für ihre Rückmeldungen und Anregungen. Ganz besonderer Dank geht an meinen Mann Ralf, der mich mit seinen Anregungen, Ideen und seinem fachlichen Rat begleitet hat.

1Exekutive Funktionen und Selbstregulation

1.1Was sind exekutive Funktionen?

DEFINITION

Der Begriff exekutive Funktionen stammt ursprünglich aus dem Englischen und bedeutet Steuerungs- und Leitungsfunktion (Müller 2013). Es sind höhere geistige Prozesse, die der Handlungsplanung, Handlungsüberwachung und Handlungskontrolle dienen, d.h. mit denen das Verhalten, die Aufmerksamkeit und die Gefühle zielgerichtet gesteuert werden können.

Wir benötigen exekutive Funktionen immer dann, wenn wir uns ein Ziel setzen oder eine Aufgabe erledigen wollen. Sie helfen uns, die Aufgabe zu planen, sie rechtzeitig anzufangen, irrelevante Informationen auszublenden und zu erledigen. Deshalb werden die exekutiven Funktionen häufig mit der Arbeit eines Dirigenten (Brunsting 2011) oder eines Steuermanns (Walk / Evers 2013) verglichen.

Nutzen exekutiver Funktionen

Exekutive Funktionen sind besonders gefordert, wenn wir in einer Situation von einer gewohnten, automatisierten Denk- und Handlungsweise abweichen müssen. Viele Schwierigkeiten beim Lernen, beim Lösen von Problemen oder im sozialen Miteinander lassen sich auf (noch) ungenügend entwickelte exekutive Funktionen zurückführen.

Exekutive Funktionen – ein Regenschirmbegriff? Der Begriff beschreibt eine Vielzahl von geistigen Fähigkeiten zur Handlungsplanung und –kon­trolle. Bis ins Jahr 2016 existiert keine allgemeingültige und einheitliche Definition. In der Literatur werden bis zu 30 geistige Fähigkeiten zu den exekutiven Funktionen gezählt.

DEFINITION

Das Forscherteam um Akira Miyake (2000)schlug deshalb vor, sich auf drei grundlegende Zielfunktionen zu konzentrieren: Arbeitsgedächtnis (Updating), Inhibition (Inhibition) und kognitive Flexibilität (Shifting). Diese drei Mechanismen bilden die Grundlage für komplexe exekutive Aufgaben (Miyake et al. 2000).

Im vorliegenden Buch wurde auf diese Definition zurückgegriffen. Von den meisten im Buch zitierten Wissenschaftlern sowie im Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg wird ebenfalls diese Definition verwendet (Bauer 2015;Mischel 2015;Kubesch 2014;Walk / Evers 2013; Center on the Developing Child der Harvard University 2015 etc.).

Abb. 1:Exekutive Funktionen

Arbeitsgedächtnis

Mit unserem Arbeitsgedächtnis können wir Informationen kurzfristig speichern und zur Bearbeitung aktiv aufrechterhalten. Obwohl wir nur fünf bis sieben Elemente (z.B. Zahlen, Wörter, Zeichen) für wenige Sekunden speichern können, benötigen wir das Arbeitsgedächtnis für eine Vielzahl von Anforderungen.

Arbeitsgedächtnis in der Schule

Die Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis in der Schule bestehen vor allem in:

◼Erinnerungsleistungen, wenn die Lehrkraft die Schüler auffordert: „Holt aus eurem Fach jetzt Schere, Kleber und Wachsmalstifte!“

◼strategischem Denken, wenn die einzelnen Arbeitsschritte im Kopf durchgegangen oder Vor- und Nachteile abwogen werden

◼Verknüpfungen mit dem Langzeitgedächtnis, z.B. „Nenne das Verb des folgenden Satzes: ...“. Um diese Aufgabe zu bewältigen, müssen die Schüler ihr Wissen über Wortarten mit dem gemerkten Satz verknüpfen.

Unterteilung des Arbeitsgedächtnisses

Das Arbeitsgedächtnis ist ein spezieller Teil des Kurzzeitgedächtnisses und wird klassischerweise unterteilt in die „Zentrale Exekutive“ und deren Unterbereiche „visuell-räumlicher Notizblock“ sowie „artikulatorische bzw. phonologische Schleife“ (Müller 2013, 31).

Abb. 2:Arbeitsgedächtnismodell

zentrale Exekutive

Die Zentrale Exekutive hat eine übergeordnete Rolle als Planer (Müller 2013). Sie ist für die Manipulation der gespeicherten Informationen sowie für die Kontrolle der Aufmerksamkeit zuständig.

artikulatorischer und visueller Speicher

Im artikulatorischen / phonologischen Speicher werden gehörte Informationen gespeichert und verarbeitet (z.B. Kopfrechenaufgabe oder Diktat). Im visuellen Speicher lagern wir Informationen, die wir mit dem Auge aufnehmen (z.B. etwas von der Tafel abschreiben).

Bedeutung für das schulische Lernen

Das Arbeitsgedächtnis wird also in der Schule stark gefordert. Es wird auch als Flaschenhals für das Lernen (Kubesch 2013) bezeichnet, d.h., alle Lerninhalte gelangen nur über das Arbeitsgedächtnis ins Langzeitgedächtnis. Sind Informationen erst einmal aus dem Arbeitsgedächtnis verschwunden, müssen sie erneut ins Arbeitsgedächtnis eingegeben werden. Beim Lesen oder Rechnen muss also noch einmal von vorn angefangen werden.

Häufig werden Probleme mit dem Arbeitsgedächtnis in der Schule nicht erkannt. Die Kinder werden als faul, unaufmerksam oder uninteressiert, als typische ‚Träumerchen‘ wahrgenommen. Deshalb wird in Kapitel 3 ausführlicher auf die Diagnose, Fördermöglichkeiten und Hilfestellungen im Unterricht bei schwachem Arbeitsgedächtnis eingegangen.

Inhibition

zum Begriff Inhibition

Der Begriff Inhibition kommt vom lateinischen inhibere und bedeutet hemmen, zurückhalten, hindern. Diese Fähigkeit benötigen wir also immer dann, wenn wir kurz innehalten, eine geplante Handlung unterbrechen oder gar stoppen. Sie wird deshalb auch als das innere Stoppschild bezeichnet und ihre Funktion kann mit dem Ausspruch „Erst denken, dann handeln.“ umgangssprachlich treffend beschrieben werden.

Inhibition in der Schule