Betrüge niemals einen italienischen Tycoon! - Andie Brock - E-Book

Betrüge niemals einen italienischen Tycoon! E-Book

Andie Brock

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Beschreibung

Was für eine Chance: Journalistin Emma Quinn soll Milliardär Leonardo Ravenino interviewen! Es knistert so heiß zwischen ihr und dem sexy Italiener, dass sie entgegen jeder Vernunft eine Liebesnacht mit ihm verbringt. Doch am nächsten Morgen erwacht sie allein im Hotel. Frustriert schreibt Emma einen reißerischen Artikel über seine Familie und deren angebliche Machenschaften. Als dieser irrtümlich veröffentlicht wird, kommt es zum Skandal. Wie gut, dass sie Leonardo niemals wiedersehen muss! Doch zwei Monate später steht sie bebend vor ihm und braucht seine Hilfe …

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Seitenzahl: 199

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2021 by Andrea Brock Originaltitel: „From Exposé to Expecting“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2514 10/2021 Übersetzung: Jessica Britzen

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751507042

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Der riesige Blumenstrauß segelte in hohem Bogen durch die Luft. Ohne groß nachzudenken, machte Emma einen Schritt nach vorne, breitete die Arme aus und versuchte, ihn aufzufangen. Sie schaffte es zwar, das kunstvolle Gebinde zu fangen, aber sie hatte das Gewicht des Bouquets unterschätzt. Sie musste es an sich drücken, um nicht umzufallen. Erst dann fragte sie sich, was sie da eigentlich tat, und kam sich albern vor.

Einen Moment stand sie einfach da und presste die ramponierten Blumen an sich. Sie hielt sie so fest, als ob sie eine Belohnung für deren Rettung erwartete, zum Beispiel den Mann ihrer Träume. Ja, klar!

Aber niemand beachtete sie. Vor der Firmenzentrale von Raven Enterprises gab es gerade Aufregenderes zu sehen. Jenseits des abgesperrten Bereiches, in dem sie sich befand, lieferte sich eine bildhübsche Frau mit wallendem schwarzen Haar ein Wortgefecht mit den Sicherheitsleuten. Sie war es, die den Strauß geworfen hatte, und nun ruhten alle Blicke auf ihr. Offenbar verwehrte man ihr den Zutritt.

„Wissen Sie denn nicht, wer ich bin?“ Ihre Stimme hallte durch den Innenhof des Gebäudekomplexes. „Mein Name ist Vogue Monroe, und ich hätte nicht übel Lust, Sie beide feuern zu lassen.“ Sie funkelte die Wachmänner mit wütenden Augen an. Wenn Blicke töten könnten …

Vogue Monroe. Hatte Emma sie also doch richtig erkannt. Sie war eine Hollywood-Schauspielerin und die neueste Eroberung von Leonardo Ravenino, der vor ihr bereits mit einer Reihe anderer Traumfrauen ausgegangen war. Sie rückte ein wenig näher heran, um das Spektakel besser beobachten zu können.

„Es tut mir leid, Miss. Selbst wenn Sie die Queen höchstpersönlich wären … ohne Termin kommen Sie nicht rein.“

„Na schön, ich geb’s auf.“ Vogue hob abwehrend die Hände, und man sah ihre Fingernägel, die wie manikürte Krallen aussahen. „Dann richten Sie ihm Folgendes von mir aus.“ Sie warf den Kopf zurück, und ihre dunklen Locken wippten energisch. „Sie können Leonardo Ravenino sagen, dass er ein … ein selbstsüchtiger, arroganter, egoistischer Bastard ist.“ Sie machte eine Kunstpause. „Ich bedaure ihn. Er ist ein gefühlskalter Klotz, der nie eine richtige Beziehung haben wird, weil er niemanden lieben kann außer sich selbst!“

Ihr Auftritt war oscarreif – das musste Emma ihr neidlos zugestehen. Sie hatte auf jeden Fall die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen. Dafür musste man nur einen kurzen Blick auf die Rezeptionisten werfen, die im Foyer der Firma arbeiteten. Sie wahrten zwar weiterhin ein professionelles Auftreten, hatten aber aufgehört, auf ihre Computerbildschirme zu sehen.

„Und seine Blumen …“ Ihr durchdringender Blick fiel jetzt auf Emma. Grüne Augen taxierten erst das Bouquet, das sie immer noch im Arm hielt, und dann ihr erstauntes Gesicht. „… kann er sich sonst wohin stecken.“

Du lieber Himmel! Emma stand wie versteinert da. Wäre sie doch nur eine Klatschreporterin, diese Story wäre Gold wert.

Aber Emma Quinn arbeitete nicht für die Regenbogenpresse. Sie war eine ernstzunehmende, aufstrebende Journalistin. Sie schrieb für den Paladin, eine seriöse Zeitung, deren Leser sowohl politisch als auch in allen sozialen Aspekten gut informiert waren. Heute sollte sie mit Leonardo Ravenino ein Interview über erneuerbare Energien führen. Allerdings ließ er sie schon mehr als zwei Stunden warten. Was Miss Monroe nicht wusste: Selbst wenn ihr gelungen wäre, sich Zutritt zu Raven Enterprises zu verschaffen, wäre ihr ehemaliger Lover gar nicht da gewesen, um die volle Wucht ihres Zorns zu spüren.

Emma sah der Schauspielerin bei ihrem dramatischen Abgang zu. Eine Limousine mit Chauffeur wartete draußen. Vogue Monroe stieg ein, und die getönten Scheiben schützten sie vor neugierigen Blicken, als der Wagen sich langsam in den Verkehrsstrom einordnete.

Die Vorstellung war vorbei. Nach zwei Stunden Wartezeit war Emma mit jedem Detail des piekfeinen Empfangsbereiches von Raven Enterprises vertraut. Die Rezeption bestand aus einem auf Hochglanz polierten, weißen Empfangstresen. Dort wandten sich die vier Mitarbeiterinnen gerade wieder ihrer Arbeit zu. Sie trugen alle dezentes Schwarz. Eine von ihnen, Nathalie, war sichtlich bemüht, Emma darüber auf dem Laufenden zu halten, wann Signor Ravenino voraussichtlich eintreffen würde. Auch wenn sie es selbst gar nicht genau wissen konnte.

Emma war hartnäckig und blieb. Sie würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Dass sie es geschafft hatte, ein Interview mit Leonardo Ravenino zu ergattern, war der bisher größte Coup ihrer jungen journalistischen Karriere. Der geheimnisvolle italienische Geschäftsmann sprach nur selten mit der Presse – mehr noch, ihm eilte der Ruf voraus, dass er äußerst misstrauisch war. Als der Chefredakteur sie mit der Aufgabe betraut hatte, hatte sie daher vermutet, dass er von vornherein mit ihrem Scheitern rechnete. Aber irgendwie, gegen alle Widrigkeiten, hatte sie es geschafft. Und sie würde es jetzt nicht vermasseln.

Sie hatte intensiv recherchiert und versucht, möglichst viel über diesen gut aussehenden Milliardär herauszufinden. Mehr, als für das Gespräch nötig war, aber dieser Mann faszinierte sie. Er war unvorstellbar reich und hatte eine Vorliebe für Frauen, die im Licht der Öffentlichkeit standen. Dennoch hasste er die Klatschblätter und legte großen Wert auf seine Privatsphäre.

Allerdings gab es jede Menge Fotos, die ihn in Begleitung diverser Schauspielerinnen und anderer Prominenter zeigten. Manchmal waren es Frauen aus dem Landadel, die sich beim Verlassen eines Nachtclubs an seine imposante Gestalt schmiegten. Auch das eine oder andere Model, braun gebrannt und im winzigen Bikini, wurde hin und wieder von den Paparazzi mit ihren riesigen Teleobjektiven dabei abgelichtet, wie es sich auf dem Deck seiner Jacht sonnte.

Geheimnisvoll war ein Wort, das die Boulevardzeitungen gerne regelmäßig gebrauchten, ebenso wie undurchschaubar oder mysteriös. Wenn er wollte, konnte er sehr charmant sein, aber manchmal eben auch wortkarg. Und wenn man ihm mit dem Mikrofon zu nahe rückte oder ein Blitzlichtgewitter über ihn hereinbrach, dann konnte er schon mal unangenehm werden.

Auch seine Herkunft warf Fragen auf. Ziemlich schnell hatte Emma herausgefunden, dass er eigentlich den Titel des Conte di Ravenino hatte erben sollen, welcher bereits seit dem 16. Jahrhundert innerhalb der Familie weitergegeben wurde. Leonardo Ravenino stand an erster Stelle der Erbfolge des kleinen italienischen Fürstentums, dessen Namen er trug. Aber aus unbekannten Gründen hatte er abgelehnt, und der Titel war an seinen jüngeren Bruder gegangen. Emma konnte sich nicht vorstellen, warum.

Nathalie winkte sie zu sich. Sie zeigte auf den voluminösen Blumenstrauß, den Emma immer noch im Arm trug, und fragte: „Soll ich Ihnen den abnehmen?“

„War das Teil des Anforderungsprofils für Ihren Job?“ Emma hob fragend eine Augenbraue. „Dass Sie sich auch um seine Verflossenen kümmern müssen, wenn sie hier auftauchen und mit Blumen um sich werfen?“

Die junge Rezeptionistin lachte. „Nun, sagen wir mal so, wenn Signor Ravenino in der Stadt ist, dann wird es nie langweilig.“

„Er scheint ja einen Ruf wie der Donnerhall zu haben.“ Emma legte die Blumen auf den Empfangstresen.

„Er lässt niemanden kalt, so viel ist sicher“, stimmte Nathalie ihr zu. „Sie werden sehen, was ich meine, wenn Sie ihn treffen.“

„Falls er irgendwann noch kommt.“ Emma verzog ein wenig das Gesicht.

„Es tut mir wirklich leid, dass Sie so lange warten müssen.“

„Ist ja nicht Ihre Schuld.“ Emma zögerte. Vielleicht konnte sie die Zeit, die sie hier totschlagen musste, sinnvoll nutzen, um ein wenig mehr über ihren Interviewpartner herauszufinden. Natürlich nur, weil gründliche Hintergrundrecherche immens wichtig war. „Kommt es öfter vor, dass Signor Ravenino seine Gesprächspartner warten lässt? Und Sie Arme dann Ausreden erfinden und den Terminkalender über den Haufen werfen müssen?“, setzte sie vertraulich hinzu.

Nathalie dachte einen Moment darüber nach. „Er verbringt nicht viel Zeit in der britischen Dependance. Aber wenn er hier ist, haben wir alle Hände voll zu tun.“

„Ist er ein guter Chef?“

„Ja, solange man nichts gegen Überstunden hat. Es hilft auch, positiv eingestellt zu sein, wenn er Aufträge erteilt, die eine echte Herausforderung sind. Bei Signor Ravenino muss man immer auf alles gefasst sein.“

„Was für Herausforderungen denn?“

„Ach, dass man zum Beispiel von einem Moment auf den anderen eine exklusive Privatführung durch das National History Museum arrangieren soll. Oder ein Sternekoch eingeflogen werden muss, damit er auf einer entlegenen schottischen Insel ein Dinner kredenzt. Einmal hat er sämtliche Gemälde einer Ausstellung aufgekauft und wollte dann, dass sie an zwölf verschiedenen Orten platziert werden. Und damit nicht genug, diese Orte lagen in vier verschiedenen Ländern auf zwei Kontinenten. Eines dieser Bilder hängt dort drüben.“ Sie wies auf eine gewaltige Leinwand, die die gegenüberliegende Wand einnahm.

„Also, Leonardo befiehlt und alle springen?“

„So ungefähr. Aber Mia, seine persönliche Assistentin hier im Haus, ist diejenige, die sich mit den Konsequenzen seines komplizierten Liebeslebens herumschlagen muss.“

„Würden Sie sagen, dass Leonardo Ravenino Frauen schlecht behandelt?“

„Nicht direkt.“ Nathalie runzelte die Stirn. „Eher, dass es keine Frau bisher geschafft hat, ihn zu halten. Jede denkt, dass sie ihn zähmen kann und er sie heiraten wird, aber am Ende werden sie alle enttäuscht.“ Sie blickte auf die Blumen. „Mia hat eine Kurzwahltaste nur für den Floristen.“

Emma folgte ihrem Blick. Der extravagante Strauß hatte die Empfängerin vermutlich versöhnlich stimmen sollen, seine Wirkung aber offensichtlich komplett verfehlt. Aber ihre Neugier war geweckt. Sie wollte mehr erfahren. „Ich vermute, wenn man hier arbeitet, schnappt man so einiges auf.“

„Oh, ja.“ Nathalie zögerte – und wurde plötzlich misstrauisch. „Aber Sie sind Journalistin, ich darf vermutlich gar nicht mit Ihnen darüber reden.“

„Es bleibt unter uns, versprochen.“ Emma lächelte ihr aufmunternd zu. „Ich schreibe einen Artikel über Meereswärmekraftwerke. Ziemlich trockene Materie, obwohl es ja um Wasser geht, aber Sie verstehen schon, was ich meine.“

Nathalie lachte. „Okay.“ Sie sah sich kurz um und senkte ihre Stimme. „Aber von mir haben Sie das nicht.“

Emma imitierte die Handbewegung eines sich schließenden Reißverschlusses über ihren Lippen.

„Nun …“ Nathalie lehnte sich verschwörerisch nach vorne. „Es gab da dieses eine Mal …“

Es dauerte noch eine weitere Stunde, bis Leonardo Ravenino endlich erschien. Emma hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als eine schnittige, schwarze Limousine vorfuhr. Kurz darauf betrat eine größere Gruppe Menschen die Empfangshalle, die sich wie ein Schwarm bewegte. Mitten im Getümmel erhaschte sie einen kurzen Blick auf Leonardo. Er war groß und hatte dunkles Haar. Die Schultern durchgedrückt, den Kopf hoch erhoben, erteilte er Befehle an seine Lakaien, während sie geräuschvoll das Foyer durchquerten.

Sie sprang auf und schloss sich dem Tross an. Eilig lief sie nebenher und versuchte vergeblich, auf sich aufmerksam zu machen, indem sie mit ihrem Notizbuch in der Luft herumwinkte. Der Menschenpulk ging zum Aufzug. Wenn sie sich jetzt nicht ranhielt, war Leonardo weg, ohne dass sie ihn auch nur angesprochen hatte. Die Lifttüren öffneten sich, und die Gruppe stieg geschlossen ein. Nein! Irgendetwas sagte Emma, dass dies ihre einzige Chance war. Wenn sie ihn jetzt gehen ließ, dann konnte sie das Interview genauso gut gleich vergessen. Die Türen standen nur noch einen kleinen Spalt offen, als sie den Fuß dazwischenstellte. Sofort ging der Aufzug wieder auf, und da stand die ganze Truppe und starrte sie wortlos an.

„Hi.“ Emma hüstelte verlegen. „Mein Name ist Emma Quinn. Ich arbeite für den Paladin.“

„Junge Dame, nehmen Sie Ihren Fuß da weg.“ Ein muskelbepackter Mann trat vor sie und versperrte ihr die Sicht.

„Oh, ja, natürlich.“ Beinahe hätte sie einen Rückzieher gemacht. „Aber ich habe eine Verabredung mit Signor Ravenino.“ Sie kramte in ihrer Tasche und zog ihr Handy hervor. Mit zitternden Fingern tippte sie darauf herum. „Hier, sehen Sie selbst. Der Termin wurde per E-Mail bestätigt. Ich warte hier schon seit Stunden.“

„Sie blockieren den Aufzug.“ Der Typ hatte ihr gar nicht zugehört.

„Ja, aber …“

„Lass mich das regeln, Harry.“

Eine klangvolle, tiefe Stimme, ein Hauch von italienischem Akzent. Es gab keinen Zweifel, wer da sprach. Plötzlich stand Leonardo Ravenino vor ihr. Er trug einen eleganten, maßgeschneiderten Anzug, dazu ein weißes Hemd und eine perfekt gebundene Krawatte. Nur die Tatsache, dass er nicht zum Rasieren gekommen war, zeigte, dass bereits ein langer Tag hinter ihm lag. Ein dunkler Bartschatten verlieh ihm zusätzlich etwas Verwegenes, fast Gefährliches. Dichte, dunkle Brauen zogen sich über seinen Augen zusammen. So, wie er da stand, wirkte er unbesiegbar, unerschütterlich. Sie hatte schon vorher gewusst, dass er gut aussah, aber mit dieser Art von Charisma hatte sie nicht gerechnet.

Er musterte sie prüfend, und sein Blick war tiefgründig und zugleich finster. Seine Entourage stand immer noch stumm abwartend im Lift. Mit einer kurzen, wegwerfenden Handbewegung gab er ihnen zu verstehen, dass sie ohne ihn nach oben fahren sollten.

„Miss Quinn, nicht wahr?“ Er legte seine Stirn jetzt noch mehr in Falten, als ob er überlegte, woher er sie kannte. Jetzt, wo sie seine volle Aufmerksamkeit hatte, fand sie ihn noch eindrucksvoller.

„Ja.“ Emma schluckte. „Vom Paladin. Wir hatten eine Verabredung für ein Interview.“

Sein fragender Blick war nicht gerade ermutigend.

„Um über die Investitionen zu sprechen, die Raven Enterprises in die Entwicklung von erneuerbaren Energien stecken will“, versuchte sie ihm auf die Sprünge zu helfen. Aber der Groschen war wohl immer noch nicht gefallen. „Wir hatten drei Uhr vereinbart.“

„Wenn das so ist, dann bitte ich um Verzeihung.“

„Ist schon in Ordnung.“ Nein, war es nicht. Er hatte sie offenbar komplett vergessen. Hatten Leute wie er nicht eine ganze Armada von Sekretären und persönlichen Assistentinnen, die ihn an seine Termine erinnerten? Wofür hatte er denn diese Mia? Aber jetzt war er ja da, und nur das zählte. „Vielleicht können wir uns jetzt unterhalten?“

„Mi dispiace … Ich bedaure, Sie haben mich wohl nicht richtig verstanden. Es wird kein Gespräch geben.“ Er presste die Lippen fest aufeinander.

„Nein!“ In einem Anflug von Panik ergriff Emma seinen Arm. Er reagierte auf die Geste mit einem abschätzigen Blick. Schnell zog sie ihre Hand zurück. „Was ich meine, ist, es war doch so vereinbart.“

„Tja, und jetzt habe ich meine Meinung eben geändert.“ Für einen Moment sah es so aus, als wollte er die Stelle an seinem Ärmel, die sie gerade berührt hatte, abklopfen. „Ich hoffe, Sie hatten deswegen nicht allzu viele Umstände.“

„Nein! Ich meine, doch, hatte ich! Wir müssen dieses Interview führen. Sie haben es versprochen.“ Das klang zwar ein bisschen kindisch, aber im Zustand der Panik ging die Rhetorik schon mal flöten.

„Mein Terminkalender erlaubt es leider nicht.“

Nein, du erlaubst es nicht. Emma versuchte, ihre aufsteigende Wut hinunterzuschlucken. Und, umso schlimmer, das macht dir gar nichts aus. Er benutzte die richtigen Höflichkeitsfloskeln, aber sie konnte in seinen Augen sehen, dass er gar nichts bedauerte. Er wirkte eher gelangweilt und gleichgültig.

Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, um nicht laut auszusprechen, was sie wirklich von ihm hielt. Damit wäre nichts gewonnen.

„Es würde auch nicht lange dauern“, flehte sie. „Nur eine Stunde oder eher weniger.“

„Es tut mir leid …“

„Dann eben irgendwann heute Abend, vielleicht?“

„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …“

„Nein!“ Als er sich umdrehte, packte sie ihn wieder am Arm, und diesmal war es ihr egal, was er von ihr dachte.

„Signor Ravenino.“ Emma versuchte, sich zu beruhigen. „Ich weiß, Sie sind ein viel beschäftigter Mann, aber Tatsache ist, dass man mir ein Interview mit Ihnen versprochen hat. Ich habe drei Stunden auf Sie gewartet und bin, ehrlich gesagt, der Meinung, dass Sie Ihrer Verpflichtung nachkommen sollten.“

Sie ließ seinen Arm los, strich sich eine widerspenstige Haarsträhne hinter das Ohr und wartete ab.

Zumindest konzentrierte er sich jetzt wieder ganz auf sie. Ihr stockte der Atem, als er sie langsam musterte. Mit betonter Nonchalance verschränkte er die Arme vor der Brust. Endlich umspielte ein kleines Lächeln seine Mundwinkel, und er wirkte wie eine Katze, die mit einer besonders schmackhaften Maus spielt. „Soso, Sie sind also der Meinung …“

„Ja, unbedingt.“ Emma lief rot an. „Ich finde, Sie schulden mir zumindest eine Stunde Ihrer wertvollen Zeit.“

Er schob die gestärkte Manschette seines Hemdes nach oben, um einen Blick auf seine sündhaft teure Armbanduhr zu werfen. Vielleicht war noch nicht alles verloren.

„Zeitlich richte ich mich ganz nach Ihnen.“ Sie überschlug sich fast vor Eifer.

Er zog eine Augenbraue hoch. Inzwischen brannten ihre Wangen wie Feuer, aber sie gab nicht nach. Außerdem versuchte sie, die Tatsache zu ignorieren, dass sich sein Tonfall geändert hatte. Eben noch war er verärgert gewesen, jetzt flirtete er schon fast mit ihr. Waren da etwa ein paar klitzekleine Schmetterlinge in ihrem Bauch, die durcheinanderpurzelten?

„Also schön.“ Jetzt sah er sie schon wieder so an. Sein ernster, forschender Blick ließ ihre Knie weich werden. Er war extrem sexy. „Heute Abend. Wir treffen uns in meinem Nachtclub.“

In seinem Nachtclub? Im Hobo? Emma war komplett überrumpelt. Sie versuchte vergeblich, es sich nicht anmerken zu lassen.

„Wir machen das Interview also doch?“

„Sì, wir machen das Interview.“ Er legte den Kopf etwas schräg, so als ob er mit jemandem sprach, der eine völlig falsche Schlussfolgerung aus seinen Worten gezogen hatte. Oder, schlimmer noch, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Allein der Gedanke war fürchterlich peinlich. Darum fuhr sie schnell in geschäftsmäßigem Ton fort: „Das lässt sich einrichten.“

„Bene.“ Leonardo änderte seine Körperhaltung ein wenig. Jede seiner Bewegungen hatte etwas Geschmeidiges, Selbstverständliches.

„Dann sehen wir uns also heute Nacht um elf?“

Heute Nacht um elf? Um diese Zeit lag sie mit einem guten Buch im Bett, meistens einer spannenden Biografie oder einem historischen Roman. Sie verkehrte doch nicht zu nachtschlafender Zeit in dubiosen Clubs.

„Ist das nicht ein wenig spät?“

Leonardos Antwort war ein Schulterzucken. Das hier lief nach seinen Spielregeln oder gar nicht.

„Gut. Elf Uhr. Vielen Dank.“ Warum danke ich ihm jetzt? Er ist doch an dem ganzen Durcheinander schuld. Emma hasste solche Machtspielchen.

„Bene. Sie wissen, wie Sie hinkommen?“

„Ja.“ Emma nickte. Natürlich wusste sie das. Das Hobo war einer der angesagtesten Clubs in London. Alles, was Rang und Namen hatte, traf sich dort, aber nur wenig drang nach draußen. Es gab sogar das Gerücht, dass Leonardo das Etablissement bei einer Wette gewonnen hatte.

„Dann sehen wir uns dort. Und kommen Sie ja nicht zu spät.“

Er zog sie auf. Als ob sie zu spät kommen würde. So eine Frechheit! Emma suchte nach einer gepfefferten Antwort, aber er hatte sich schon umgedreht und war bereits fast außer Hörweite. Plötzlich blickte er sich noch einmal um. Seine Augen funkelten übermütig. Denken war plötzlich keine Option mehr. Atmen auch nicht. Leonardo Ravenino hatte ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.

2. KAPITEL

Emma sah sich um. Sie fühlte sich in dem exklusiven Nachtclub komplett fehl am Platz. Wenigstens hatte man sie zu einem Separee eskortiert, das sich in sicherer Entfernung oberhalb der Tanzfläche befand. Unten bewegten sich Menschen zu wummernden Bässen wie in Trance.

Das Separee bot höchstmöglichen Komfort. Gepolsterte rote Ledersessel, niedrige Tische, gedämpftes Licht und sorgfältig ausgewählte Kunstwerke an den dunklen Wänden. Weitere Gemälde aus der Ausstellung, die Nathalie erwähnt hatte? Ein äußerst attraktiver Kellner hatte ihr ein Glas Mineralwasser gebracht. Er servierte es schwungvoll auf einem Silbertablett, als wäre es edelster Champagner.

Emma nahm noch einen Schluck. Sie war eine Stunde zu früh erschienen. Dieses Mal wollte sie nichts dem Zufall überlassen, das Interview musste stattfinden. Sie hatte unter anderem damit gerechnet, wieder umständlich erklären zu müssen, wer sie war. Aber ihr Name hatte genügt, und die livrierten Türsteher hatten sie hineingeleitet.

Sie stand auf und ging zu dem Geländer, das den erhöhten Sitzbereich vom Rest des Clubs abtrennte. Von hier aus hatte sie einen guten Überblick, aber es war nicht hell genug, um einzelne Gesichter zu erkennen. Sie sah eine Menschenmenge, die sich selbstvergessen ganz dem Rhythmus der Musik hingab. Sie schienen Spaß zu haben, aber Emma konnte keinen Gefallen daran finden.

Ausgehen war nicht ihr Ding, für solche Sperenzchen war einfach keine Zeit. Ihr Leben in London war bestimmt gewesen von Studium, Jobsuche und Arbeit. Genau genommen war dies das erste Mal, dass sie überhaupt einen Club betrat. Aber das musste Leonardo Ravenino ja nicht wissen.

„Buonasera.“ Wieder diese tiefe, samtene Stimme. Emma wirbelte herum, und da stand Leonardo. Er war ihr viel zu nah und küsste sie zur Begrüßung auf beide Wangen, so wie die Italiener das eben tun. „Ich hoffe, Sie mussten nicht zu lange warten.“

„Nein, gar nicht.“ Also, zumindest dieses Mal nicht. „Ich habe den Clubbesuchern dabei zugesehen, wie sie sich vergnügen.“

„Ah, ja.“ Er stellte sich neben sie. „Faszinierend, nicht wahr?“

Emma sah ihn verstohlen von der Seite an. Der gestählte Körper, der sich unter teurem Anzugstoff abzeichnete, die geschmeidigen Bewegungen. Die animalische Anziehungskraft, die von ihm ausging, war wie ein dunkler, verführerischer Sog, dem man nicht widerstehen konnte. Kein Wunder, dass alle Frauen ihm zu Füßen lagen.

„Stimmt es, dass Sie diesen Nachtclub bei einer Wette gewonnen haben?“ Die Frage rutschte ihr einfach so heraus.

Er blickte sie an, ein Anflug von Misstrauen verschattete das intensive Grau seiner Augen. Er hielt einen Moment inne, bevor er antwortete.

„Wie ich sehe, hat das Interview bereits begonnen, Miss Quinn.“

Emma wies sich zurecht. Das hätte sie eleganter lösen können. Aber etwas an diesem Mann brachte ihre sorgfältig ausgearbeitete Strategie gründlich durcheinander. „Mir fiel nur auf, dass dieser Club sich von Ihren anderen Unternehmen unterscheidet.“ Sie musste ihren Fehler schnell ausbügeln. „Haben Sie vor, in Zukunft mehr in den Unterhaltungssektor zu investieren?“

Sie konnte an seinem Gesicht ablesen, dass er sie durchschaut hatte.

„Nein. Und um das klarzustellen, das Hobo ging als eine Art Schuldenbegleichung in meinen Besitz über. Sie sollten nicht alles glauben, was in den Boulevardblättern steht.“ Er blickte sie vorwurfsvoll an. „Gerade Sie sollten das wissen.“

„Ja, natürlich.“ Emma richtete sich auf und rückte ihren Blazer zurecht.

„Setzen wir uns.“

Sie atmete erleichtert auf, doch als Leonardo ihre Taille umfasste, um sie zurück zum Separee zu begleiten, blieb ihr erneut die Luft weg. Inzwischen hatte man ihnen eine Flasche Champagner bereitgestellt. Emma setzte sich, und er hielt ihr ein gefülltes Glas hin.

„Oh, nein danke. Ich bleibe bei Mineralwasser.“

„Sehr professionell von Ihnen.“ Leonardo nahm ihr gegenüber Platz. „Wenn auch ein wenig enttäuschend.“

„Enttäuschend?“

„Sì. Wissen Sie, ich dachte, wir könnten ein wenig feiern.“

„Aus welchem Anlass denn?“

„Ich hatte einen erfolgreichen Tag.“ Er lächelte und zog ein wenig die Schultern hoch, um nicht zu selbstgefällig zu wirken. Nur einen? Emma fiel darauf nicht rein. Ihr war klar, dass er immer erfolgreich war, dass er alles dafür tat. Sie nahm das Glas und nippte daran. Der Champagner war köstlich. Sie hatte noch nie so etwas Erlesenes getrunken.

Sie griff nach ihrer Handtasche und zog Notizblock und Stift heraus. Nach kurzem Zögern förderte sie ihr Handy zutage. Er verfolgte jede ihrer Bewegungen mit kritischen Blicken.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich unser Gespräch aufzeichne?“

„Nur zu.“ Leonardo lehnte sich etwas zurück. Er schien entspannt zu sein, aber Emma blieb trotzdem wachsam. Sie durfte keinen Fehler machen. Sie aktivierte die Aufnahmefunktion und legte das Handy auf den Tisch.

„Raven Enterprises ist also ein Zusammenschluss aus verschiedenen Firmen, die sich mit erneuerbaren Energien befassen. Hat Sie dieses Thema schon immer besonders beschäftigt?“

„Die Zukunft der Erde geht uns alle etwas an.“ Er antwortete schnell und souverän.