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''Bildungsstandards'' sind seit dem politischen Erfolg der Pisa-Studien zu einem zentralen Steuerungsinstrument bildungs- und schulpolitischer Entwicklungen geworden. In Bildungsstandards wird festgelegt, über welche ''Kompetenzen'' Schüler am Ende einer bestimmten Jahrgangsstufe verfügen sollen. In der bildungspolitischen Praxis hat sich das Konzept der ''Bildungsstandards'' als Leitidee weitgehend durchgesetzt; in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion ist es jedoch umstritten geblieben, und in der schulischen Wirklichkeit konkurriert es weiterhin mit den inhaltsorientierten Lehrplänen. Der Band untersucht kritisch die Möglichkeiten und Grenzen dieses Konzepts der ''Bildungsstandards'' im internationalen Vergleich, er beleuchtet die politischen Rahmenbedingungen seiner Implementierung und betrachtet die praktischen Probleme, die sich bei seiner Umsetzung stellen.
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Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2013
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"Bildungsstandards" sind seit dem politischen Erfolg der Pisa-Studien zu einem zentralen Steuerungsinstrument bildungs- und schulpolitischer Entwicklungen geworden. In Bildungsstandards wird festgelegt, über welche "Kompetenzen" Schüler am Ende einer bestimmten Jahrgangsstufe verfügen sollen. In der bildungspolitischen Praxis hat sich das Konzept der "Bildungsstandards" als Leitidee weitgehend durchgesetzt; in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion ist es jedoch umstritten geblieben, und in der schulischen Wirklichkeit konkurriert es weiterhin mit den inhaltsorientierten Lehrplänen.
Der Band untersucht kritisch die Möglichkeiten und Grenzen dieses Konzepts der ''Bildungsstandards'' im internationalen Vergleich, er beleuchtet die politischen Rahmenbedingungen seiner Implementierung und betrachtet die praktischen Probleme, die sich bei seiner Umsetzung stellen.
Praxiswissen Bildung Herausgegeben von
Walter Herzog
Bildungsstandards
Eine kritische Einführung
Verlag W. Kohlhammer
Alle Rechte vorbehalten © 2013 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlagmotiv: © Anja Greiner-Adam – Fotolia.com Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart
Print: 978-3-17-022600-5
E-Book-Formate
pdf:
epub:
978-3-17-025370-4
mobi:
978-3-17-025371-1
Vorwort
1 Qualität, Leistung und Standards
1.1 Was mit Bildungsstandards erreicht werden soll
1.2 Standards begründen Institutionen
1.3 Von Standards zu Bildungsstandards
1.4 Fazit
2 Kompetenzen und Kompetenzmodelle
2.1 Kontinuität einer Reformidee
2.2 Was sind Kompetenzen?
2.3 Probleme des Kompetenzbegriffs
2.4 Viel Rhetorik
3 Steuerung und Kontrolle
3.1 Was mit Output-Steuerung gemeint ist
3.2 Was die Output-Steuerung beabsichtigt
3.3 Die Kybernetik als Grundlage der Standardbewegung
3.4 Schule als Fabrik
3.5 Fazit
4 Messung und Tests
4.1 Messung von Schülerleistungen
4.2 Messung von Bildungsstandards
4.3 Wozu testen?
4.4 Testen in den USA
4.5 Wem nützen die Testergebnisse?
5 Schule jenseits des Regelkreises
5.1 Zweckrationalität
5.2 Steuerung vs. Regelung
5.3 Kritik der Standardbewegung
5.4 Amerikanisierung der deutschen Schule?
Literatur
„Bildungsstandards“ sind das pädagogische Schlagwort der Stunde. Wie kein anderer Begriff bestimmen sie die Diskussion um die Erneuerung und Umgestaltung unserer Schulen. Im Schlepptau haben sie weitere Begriffe, wie „Kompetenzen“ und „Output-Steuerung“, die für einen bildungspolitischen Paradigmenwechsel stehen. Durch die Ausrichtung von Schule und Unterricht an Standards und Kompetenzen, deren Einhaltung mittels Tests überprüft wird, sollen die Qualität des Unterrichts verbessert und das Niveau der Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler erhöht werden. Bildungsstandards, Kompetenzen und standardisierte Leistungstests sind Teil einer politischen Reformstrategie, die das Bildungswesen stärker kontrollieren und die Lehrkräfte vermehrt zur Rechenschaft ziehen will.
Noch stehen wir mitten drin im Prozess der standardbasierten Schulreform. Über vieles besteht Unklarheit, und manches befindet sich in schneller Veränderung. Wohin der Weg führt, ist oft nicht leicht zu sehen, auch wenn das Fernziel klar scheint, nämlich (wieder) aufzuschließen zu den erfolgreichen Bildungsnationen der Welt, wie sie uns von internationalen Schulleistungsstudien vor Augen geführt werden. Das macht eine Einführung in Bildungsstandards nicht ganz einfach. Um der Schwierigkeit zu begegnen, gehe ich vergleichend vor und werde den Blick öfter über den Atlantik auf ein Land werfen, in dem die standardorientierte Umgestaltung des Schulsystems schon weit fortgeschritten ist. Gemeint sind die USA, die auch über eine lange Erfahrung mit Schulleistungstests, Schulevaluation und schulischen Rechenschaftssystemen verfügen. Der Blick auf die USA ist auch deshalb sinnvoll, weil die nationalen Bildungssysteme ihre Eigenheiten zunehmend verlieren und im Begriff sind, sich weltweit anzugleichen.
Der Standarddiskurs im deutschen Sprachraum soll aber nicht zu kurz kommen. Der Vergleich mit den USA steht im Interesse, die Anliegen einer Reformbewegung, die aufgrund einer fast schon inflationären Verwendung ihrer Grundbegriffe in jüngster Zeit an Profil verloren hat, in ihrer ursprünglichen Intention zurückzugewinnen. Dabei werden wir allerdings sehen, dass auch viel Rhetorik im Spiel ist. In nicht wenigen Fällen werden die Begriffe absichtlich vage und mehrdeutig gehalten, um Zustimmung für eine Reform zu erwirken, die nicht ohne Probleme ist.
Meine Einführung in die begrifflichen und konzeptuellen Grundlagen der standardbasierten Schulreform wird daher kritisch ausfallen, auch weil mich gewisse Tendenzen der laufenden Umgestaltung unserer Schulen mit Besorgnis erfüllen. Es macht sich ein Reduktionismus breit, eine technokratische Simplifizierung von Schule und Unterricht, die ich mit dem Begriff des (kybernetischen) Regelkreises einzufangen versuche. Die Reduktion von Schule und Unterricht auf Zweckrationalität beinhaltet nicht nur die Gefahr der Demontage des Lehrerberufs; sie wird auch kaum dazu führen, dass die erhofften Verbesserungen der Unterrichtsqualität und der Schülerleistungen eintreten werden. Bildungsstandards sind zwar ein potentes Mittel der Schulreform, aber sie sollten weder als Wundermittel noch als Allheilmittel missdeutet werden.
Liebefeld (Schweiz), im Juni 2013
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Die Einführung von Bildungsstandards steht in Verbindung mit der vermeintlich oder tatsächlich ungenügenden Qualität nationaler Bildungssysteme. In den USA und in England wurde der Ruf nach einer standardbasierten Schulreform bereits in den 1980er Jahren laut. In Deutschland, Österreich und der Schweiz waren es die unerwartet schlechten Ergebnisse der ersten PISA-Welle, welche die Bildungspolitik auf den Plan riefen und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung von Schule und Unterricht auslösten. So zog die KMK1 an ihrer Plenarsitzung vom 5. und 6. Dezember 2001 „erste Konsequenzen aus den Ergebnissen der PISA-Studie“ und beschloss sieben „konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der schulischen Bildung in Deutschland“ (KMK 2001). Darunter sind Maßnahmen zum Ausbau von schulischen und außerschulischen Ganztagsangeboten sowie „zur konsequenten Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Unterricht und Schule auf der Grundlage von verbindlichen Standards“ (ebd.).
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