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Für Enola gibt es nichts Schlimmeres als Halloween! Ihre Angst vor dem und was damit alles zusammenhängt, lähmt sie geradezu. Sie liebt ihre Arbeit in der Schneiderei ihrer Mutter, denn dort kann sie sich ganz ihrer Leidenschaft hingeben. Entwerfen und produzieren von Mode, ist genau das, was sie machen will. Alles könnte perfekt sein, wäre da nicht der Kostümladen, der eben-falls zum Geschäft gehört. Doch sie hat gelernt ihren Ängsten aus dem Weg zu gehen, was auch jahrelang gut klappte. Bis ER auftauchte! Dieser eigensinnige Geschäftsmann, hat es sich in den Kopf gesetzt, sie völlig durch-einander zu bringen. Gleichzeitig bringt er eine ganz andere Seite in ihr hervor, von der sie nichts ahnte. Aber kann sie ihm vertrauen oder wird er sie enttäuschen? Und vor allem, ist es möglich, ihre Angst zu überwinden? ---------------------------------------------------------------- Dieses Buch ist in sich abgeschlossen. ----------------------------------------------------------------- Das gesamte Buch entspricht 177 Taschenbuch Seiten. ----------------------------------------------------------------- Bitte nicht schon wieder … Reihe: Band 1: St. Patrick’s Day Band 2: Valentine’s Day Band 3: Halloween
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Impressum:
Copyright © 2023
Seleni Black
c/o WirFinden.Es
Naß und Hellie GbR
Kirchgasse 19
65817 Eppstein
Covergestaltung: Copyright © 2023
Seleni Black
Coverbilder: Adobe Stock
Korrektur:
Stefanie Brandt
Katharina H.
Beth .B.H.
Stand: Oktober 2022
Erste Deutsche Auflage
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.
Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten, Markennamen oder Organisationen sind rein zufällig. Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Eigentümern.
Es gab einen Tag im Jahr, den fürchtete ich so sehr, dass ich allein bei dem Gedanken daran eine Gänsehaut bekam:
Halloween!
Der Tag vor dem Hochfest Allerheiligen. Der 31. Oktober auf den 1. November. Dieses Brauchtum war ursprünglich vor allem im katholischen Irland verbreitet. Als die irischen Einwanderer nach Amerika kamen, pflegten sie ihre Bräuche weiter, in Erinnerung an die Heimat und bauten sie noch weiter aus. Bis sie irgendwann wieder zurück nach Europa kamen und sich dort immer mehr ausbreiteten.
Im Zuge der irischen Renaissance nach 1830 wurden in der frühen volkskundlichen Literatur eine Kontinuität der Halloweenbräuche seit der Keltenzeit und Bezüge zu heidnischen und keltischen Traditionen wie dem Samhain fest angenommen. Bis heute werden entsprechende Mutmaßungen des Religionsethnologen James Frazer zitiert.
Für mich bedeutete dieses Fest Stress. Dies lag nicht nur daran, dass ich um diese Zeit herum extrem viel zu tun hatte. Sondern auch, weil ich eine Heidenangst vor diesem Tag hatte. Die ganzen Masken und das Verhalten der Menschen waren etwas, das ich nicht ertrug. Doch versuchte ich diese Zeit so gut es ging zu überstehen. Vor allem weil es Geld brachte.
Meine Eltern betrieben einen gutlaufenden Kostümladen. Die Leute liebten die ausgefallenen Modelle, besonders wenn die Tage anbrachen, wo sich alle verkleiden durften.
In meiner Kindheit war alles damit geprägt. Dieses Verkleiden und Halloween, war ein ganz großes Thema bei uns. Mom fand es toll das Haus, das wir besaßen, von oben bis unten zu dekorieren. Dad erfand sogar kleine Spielereien, die für viele Überraschungen sorgten. Früher hatte es mir nichts ausgemacht, bis zu dem Ausflug, den wir als Familie unternommen hatten.
Der Okanagan-Wenatchee National Forest war traumhaft schön. Wir campten am Lake Wenatchee und hatten eine tolle Zeit. Wandern, Schwimmen, alles, was Spaß machte.
Am Abreisetag verlor ich mich im Spiel, Eichhörnchen und Vögel zu finden. Zu spät registrierte ich, dass meine Eltern nicht mehr in Sicht waren. Sie waren damit beschäftigt zu packen, wodurch sie mein Verschwinden nicht gleich bemerkten. Ich hatte Angst und weinte. Damals war ich erst sieben Jahre alt. Die Rufe meiner Eltern, wenig später, hörte ich durch mein Weinen nicht. So verwirrt und ängstlich ich war, lief ich immer weiter, anstatt stehenzubleiben und zu warten.
***
Zwei Tage dauerte es, bis man mich fand. Es dauerte so lange, weil ich mich in einem hohlen Baum versteckt hatte. In der ganzen Zeit, war meine Angst so extrem geworden, dass ich nur noch ein Häufchen zitterndes Etwas war.
***
Auch Wochen nach diesem Vorfall, weigerte ich mich vor die Haustür zu gehen. Meine Zeit verbrachte ich mit Malen. Was wohl zu meiner Berufswahl als Designerin beitrug.
Nachdem ich mich etwas gefangen hatte, ging ich wieder zur Schule. Es war eine anstrengende Zeit, da ich unglaublich schreckhaft war.
Auch in meinem Studium hatte sich das durchgesetzt. Da ich es nicht weit nach Hause hatte, blieb ich lieber bei meinen Eltern wohnen, denn hier hatte ich meine Ruhe. Dadurch gingen meine sozialen Kontakte praktisch gegen Null. Besonders, da ich meine freie Zeit nutzte, um bei meinen Eltern im Geschäft mitzuhelfen. Natürlich vermied ich es in den Bereich mit den Masken zu gehen. Mir reichte es schon, wenn die Leute damit zur Kasse kamen.
***
Etwa ein Jahr nach meinem Abschluss, starb mein Vater an einem Herzinfarkt. Es kam völlig überraschend, war er doch derjenige, der ständig Wandern ging. Mom war immer bei mir geblieben, doch Dad zog es weiterhin in den Wald.
Kein Wunder also, dass es auch dort passierte.
Man fand ihn zwar schnell, dank seines Peilsenders, doch noch auf dem Weg ins Krankenhaus, starb er.
Wir waren am Boden zerstört, doch schweißte uns das noch fester zusammen, was uns über diese schwere Zeit hinweghalf.
***
Irgendwann verkündete meine Mutter, dass es Zeit für Veränderungen wäre. Sie wollte das Geschäft erweitern. Der Kostümverkauf lief gut, selbst aus Seattle kamen die Leute zu uns. Doch es war ein Saisongeschäft.
Mom wollte etwas, das man übers ganze Jahr verkaufen konnte. Und so kam es, dass wir ein Jahr nach Dads Tod, Herrenanzüge verkauften. Kurz darauf sogar Damenkleidung. Sie hatte mir zu Beginn eine Mappe vorgelegt, darin, all meine Zeichnungen. Alle hatte sie aufgehoben und begann nun, sie zu produzieren. Kostüme, Kleider, Anzüge mit verschiedenen Aufnähern. Schnell füllten sich die Verkaufsräume mit den Prototypen meiner Skizzen. Es war ein tolles Gefühl, ein Teil von allem zu sein.
Was unser Geschäft so gut machte, war, dass die Kunden keine Ware nur von der Stange bekamen. Maßanfertigung, egal in welchem Bereich. Nur die besten Stoffe wurden verwendet. Es wurde auf jedes Detail geachtet. Genau das wollten unsere Kunden und machte uns so erfolgreich.
Mutter war so pingelig in der Hinsicht geworden, dass unsere Näher sie fast schon fürchteten, was das anging. Warum sie uns also nicht in Scharen davonliefen? Ganz einfach, bei uns zählte nicht nur Arbeit. Mom nahm sich für jeden Zeit.
Hatte jemand Probleme, half sie eine Lösung zu finden. Brauchte jemand frei, machte sie es möglich und wenn sie selbst mit anpacken musste. Nach und nach hatte sie sich den Respekt der Leute erarbeitet und so hatte sich alles zu einer Art Großfamilie entwickelt.
Unseren Arbeitern gegenüber, konnte ich locker sein und ganz normal reden. Doch sobald Kundengespräche anstanden, hielt ich mich im Hintergrund und überließ es unseren Angestellten oder meiner Mutter, das zu klären. Jeder kannte mich gut genug, sagte aber nichts, wegen meiner scheuen Art. Im Gegenteil, sie nahmen es hin und so waren wir ein eingespieltes Team geworden.
„Enola, wo sind die Aufträge für heute?“, hörte ich meine Mutter rufen.
„Ich habe die Mappe bereits in deine Tasche getan, zusammen mit den Stoffmustern.“ Natürlich sah sie noch einmal nach, das tat sie immer.
„Danke“, kam es schlicht. „Ich bin in einer Woche zurück.“
„Schon gut. Ich bin nicht das erste Mal hier allein.“
„Sicher. Doch es steht Halloween vor der Tür und ich weiß doch, wie sehr du diesen Tag hasst.“ Sie strich mir über die Wange und sah mich liebevoll an.
„Ich mag den Tag vielleicht nicht, aber sehe ich auch den Nutzen für unsere Geschäfte dahinter. Es wird alles gut gehen, mach dir keine Sorgen.“
„Ich würde nicht gehen, wenn ich nicht wüsste, dass du es hinbekommst.“ Sie nahm ihre Taschen und sah mich noch einmal an. „Sollte irgendetwas sein, ruf mich an, egal zu welcher Tageszeit.“
„Mom, hör endlich auf, dir so viele Sorgen zu machen. Es wird schon nichts Schlimmes passieren. Es ist eine Woche wie viele davor auch. Geh jetzt, bevor du deinen Flug noch verpasst.“ Sie würde eine Woche in Paris verbringen und dort sich die neuesten Modetrends ansehen und vielleicht sich auch inspirieren lassen. Wenn wir ganz viel Glück hatten, könnte sie auch neue Kontakte knüpfen.
„Wir sehen uns, mein Schatz.“
Zum Abschied winkte ich ihr und sah kurz darauf, wie ihr Wagen abfuhr. Zurück im Laden, ging ich die aktuellen Auftragsbestellungen durch, als eine sehr hektische Katy in mein Büro stürmte. Natürlich erschreckte mich das, doch das war schon nichts Neues mehr.
„Oh mein Gott. Oh, mein, Gott“, wiederholte sie immer und immer wieder.
„Okay, abgesehen davon, dass du darauf aus bist mir jedes Mal einen Herzinfarkt zu bescheren, was lässt dich so quietschen?“, wollte ich ruhig wissen.
„Du, er, dass, ich“, stotterte sie herum.
„Tief durchatmen und noch mal neu ansetzen. Was ist passiert?“
Katy holte tief Luft und winkte mich danach aus dem Büro. „Du musst mitkommen“, bekräftigte sie noch.
Da ich mir Sorgen machte, dass etwas Schlimmes passiert war, stand ich auf und folgte ihr. Im Verkaufsraum der Männerabteilung blieb ich stehen, da dort sich mir ein seltsames Bild bot. Ein Mann stand vor dem Verkaufstresen und sah ungeduldig auf seine Uhr. Er sah sehr gut aus, doch sagte mir seine Ausstrahlung, dass man sich vor ihm in Acht nehmen sollte.
„Hier ist sie“, kam es von Katy neben mir und überraschte mich damit.
„Sie sind also die Geschäftsführerin?“, wollte der Mann wissen, nachdem er seinen Blick gehoben hatte und mich nun musternd betrachtete.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte ich ihn, nachdem ich mich wieder gefasst hatte.
„Sie könnten mir sagen, dass Sie mehr als nur diese Anzüge haben.“ Dabei machte er eine ausladende Handbewegung in den Verkaufsraum.
„Natürlich. Wir stellen auch Anzüge auf Maß hier.“
„Gut. Ich brauche einen, gleich.“
„Da muss ich Sie enttäuschen. Sie werden einen Termin machen müssen, wie jeder andere auch.“
„Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt“, fing der Mann an und sah mich nicht gerade begeistert an, weil ich seinem Wunsch nicht sofort nachgekommen war.
„Doch, durchaus haben Sie das. Aber wie ich Ihnen bereits mitteilte, werden Sie sich wie alle anderen Kunden, einen Termin geben lassen müssen.“
„Sind Sie gerade beschäftigt?“, fragte er plötzlich.
Diese Frage überrumpelte mich etwas. „Ich habe im Büro zu tun, also ja.“
„Nein, ich meinte jetzt in diesem Moment.“
„In diesem Moment, rede ich mit Ihnen. Was bezwecken Sie mit dieser Fragerei?“
„Gut, dann können Sie ja meine Maße nehmen und mir einen Anzug machen, jetzt.“
Nun regte sich Zorn in mir. Ich trat zum Tresen, funkelte den Mann sauer an, schlug aber demonstrativ das Terminbuch auf und begann nachzusehen, wann etwas frei war. „Morgen um sechzehn Uhr ist ein Termin frei geworden“, teilte ich ihm mit.
„Das ist zu spät“, erwiderte er ruhig.
Nun stützte ich mich links und rechts vom Buch ab und beugte mich etwas vor. „Nehmen Sie ihn, oder lassen Sie es. Mehr kann ich Ihnen nicht anbieten. Ihre Entscheidung.“ Für einen Moment lieferten wir uns ein angespanntes Blickduell, bevor bei ihm ein Mundwinkel zuckte und er leicht seinen Kopf neigte.
„Dann also morgen.“ Damit drehte er sich um und ging.
Ich blinzelte ein paar Mal, griff aber dann zu einem Stift und wartete. „Und welchen Namen soll ich eintragen?“, wollte ich wissen, da er nicht weitersprach und schon fast zur Tür hinaus war.
Kurz lachte er: „Brown“, antwortete er mir und verschwand.
Kopfschüttelnd trug ich den Namen ein und war schon drauf und dran wieder in mein Büro zu gehen, als ich Katys Blick bemerkte.
„Was?“, wollte ich von ihr wissen.
„Wer bist du?“, fragte sie ehrlich überrascht.
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen.
„Du hast gerade einem Kunden die Stirn geboten und hast nicht einmal gezuckt dabei. Ich sehe zum ersten Mal, eine ganz andere Seite an dir. Wo hattest du die, die ganze Zeit versteckt?“
„Die hat geschlafen“, brummte ich und verschwand.
Sie hatte recht. Normalerweise kuschte ich vor Kunden, zog lieber den Kopf ein und versuchte es allen recht zu machen. Doch dieser Mann hatte irgendeinen Nerv bei mir getroffen. Jetzt, wo ich so darüber nachdachte, sah mir das Verhalten von eben überhaupt nicht ähnlich. Was also war das gerade?
***
Auch am nächsten Tag, beschäftigte mich noch immer die Frage, was da genau abgelaufen war. Je später es wurde, um so nervöser schien ich zu werden. Herrgott, warum war ich denn so hippelig? Er war ein Kunde, wie viele vor ihm auch.
Punkt vier Uhr, ging die Tür auf und besagter Kunde, der mich seit dem Tag zuvor beschäftigte, betrat das Geschäft. Zumindest war er pünktlich.
„Guten Tag, Mister Brown“, begrüßte ich ihn und versuchte so freundlich wie möglich zu klingen.
„Guten Tag. Können wir gleich anfangen?“, wollte er sofort wissen. „Meine Zeit ist eng bemessen“, legte er noch nach.
„Sicher. Man wird sich gleich um Sie kümmern“, teilte ich ihm mit und sah mich nach Katy um, die ihm die Maße abnehmen würde.
„Ich bin im Begriff eine Stange Geld in diesem Geschäft zu lassen. Da wäre es doch nur angebracht, wenn Sie sich auch persönlich, um meinen Auftrag kümmern.“
Schon wieder tat er es. Er schaffte es nun schon zum zweiten Mal, den Nerv in mir zu drücken, der eine Seite in mir hervorrief, die ich nicht kannte.
„Dafür gibt es Personal.“ Ich versuchte so gut es ging meinen Ärger zu verbergen.
„Sie machen es, oder ich gehe und wenn ich das tue, könnte es Folgen für Sie haben, die Ihnen ganz bestimmt nicht gefallen würden.“
„Drohen Sie mir etwa?“, wollte ich nun doch mit mehr Ärger in der Stimme wissen.
„Ich stelle nur etwas fest.“
„Fünfhundert“, sagte ich zu ihm.
„Was?“
„Sie wollen, dass ich das mache? Zahlen Sie jetzt sofort fünfhundert Dollar und ich mache es“, erwiderte ich ruhig.
Kurz kniff er die Augen leicht zusammen, schien abschätzen zu wollen, ob ich das ernst meinte. Da zog er seine Geldbörse und legte besagte Summe auf den Tisch.
„Dafür werden Sie es aber mit einem Lächeln auf den Lippen tun“, verlangte er und beugte sich etwas zu mir herüber.
„Oh, das kostet extra“, erwiderte ich völlig ruhig und wartete.
„Und wie viel?“
„Das kommt darauf an, wie ehrlich es aussehen soll“, gab ich zurück und lehnte mich ebenfalls etwas vor.
„Sagen wir, ich will es sehr ehrlich.“
„Dann würde ich sagen, noch einmal dieselbe Summe.“ Völlig übertrieben, das war mir klar, doch ich wollte diesen Machtkampf hier gewinnen. Dass es einer war, hatte ich sofort bemerkt und nichts würde mich jetzt noch aufhalten können.
Zu meiner Überraschung legte er die Summe ebenfalls auf den Tisch, ließ allerdings noch seine Hand darauf liegen.
„Ich warte“, sagte er nun und zeigte wieder dieses leicht amüsierte Schmunzeln.
Ich zog die Scheine unter seiner Hand hervor, steckte sie mir in die Bluse und setzte augenblicklich ein freundliches Lächeln auf. „Wenn Sie mir bitte folgen würden, Mister Brown“, bat ich mit süßer Stimme und lief zu einem der Räume, in denen wir die Maße abnahmen und erste Anproben durchführten. Dort angekommen, griff ich mir eins der Maßbänder und hängte es mir um den Hals, bis der Mann den Raum betrat.
„Entschuldige die Verspätung“, kam es von Katy, die in diesem Moment hereinkam.
„Schon gut, ich nehme heute die Maße. Würdest du mir aber die A-Muster bringen? Danke.“ Verwundert betrachtete sie mich noch einen Augenblick, bevor sie nickte und verschwand.
„Stellen Sie sich dorthin“, wies ich den Mann als Nächstes an, bevor ich die Männer ansah, die ebenfalls hereingekommen waren.
„Sie können draußen warten, der Raum ist nicht groß genug für so viele Menschen“, erklärte ich ihnen, was sie nur den Mann ansehen ließen. Dass es seine Bodyguards waren, hatte ich sofort festgestellt, sie hatten das gewisse Auftreten.
Erst als der Mann vor mir nickte, gingen sie und schlossen die Tür hinter sich. Ich verdrehte nur kurz die Augen, sagte aber nichts dazu.
„Ziehen Sie das Sakko aus, damit ich die genauen Maße nehmen kann“, verlangte ich. Zur Antwort bekam ich nur ein Augenbrauen hochziehen, also verdrehte ich abermals kurz die Augen, bevor ich erneut ein freundliches Lächeln aufsetzte.
„Was machen Sie heute Abend noch?“, wollte er wissen.
Ich begann die Maße von ihm zu nehmen und notierte sie mir, bevor ich antwortete. „Arbeiten.“
„Und wie lange tun Sie das?“
„Lange.“
„Und wann machen Sie Feierabend?“
„Spät.“
„Gibt es eine Uhrzeit?“
„Nein.“
„Antworten Sie immer so einsilbig?“
„Meistens.“
„Gut. Nachdem Sie mir nicht richtig antworten wollen. Heute Abend um acht hole ich Sie ab.“
„Warum?“ Nun war ich ehrlich überrascht.
„Wir werden essen gehen“, erwiderte er schlicht.
Und wieder regte sich mein Zorn, dieses Mal über seine Unverschämtheit, einfach anzunehmen, dass ich auch nur im Ansatz zustimmen würde. Vor allem nach den Gesprächen, die wir bis jetzt geführt hatten. Als ich vor ihm stand, sahen wir uns kurz in die Augen und ich konnte sehen, dass er sich prächtig amüsierte. Na, wollen wir doch mal sehen, ob er das gleich immer noch tun würde.
Langsam ging ich auf die Knie und beobachtete genau, wie sich sein Blick veränderte. Die Spannung war praktisch zum Greifen. Schon so oft hatte ich gesehen, welche Wirkung das auf Männer hatte, wenn man das tat. Doch gerade in diesem Moment, tat ich es so offensichtlich anzüglich, dass kein Zweifel daran blieb, was es bedeutete.
Ich setzte das Maßband an und ging langsam die Innenseite seines Beines nach oben, bis ich kurz vor seinem Schritt angekommen war. Plötzlich nahm ich das letzte Stück etwas schneller, was meine Hand praktisch genau zwischen seine Beine jagte und ihn überrascht nach Luft schnappen ließ. Er beugte sich etwas nach vorne und verzog leicht das Gesicht.
„Entschuldigung, es ist schon etwas her, dass ich Maß genommen habe“, bemerkte ich, stand wieder auf und notierte mir alles. Mit mir selbst zufrieden, lächelte ich in mich hinein. Das würde ihm eine Lehre sein, sich besser nicht mit mir anzulegen.
Bis Katy zurückkam, schwieg er. Erst als sie den Raum betrat und ich ihm die Muster zeigte, antwortete er mir. Nachdem er sich mehrere Stoffe angesehen hatte und für einen entschied, fragte ich ihn noch, ob er besondere Extras wollte. Als das geklärt war, packte ich alles zusammen und ging mit ihm zurück in den Verkaufsraum.
„Wie lange wird es dauern?“, wollte Brown wissen.
„Nun, ich denke, man kann heute anfangen und in den nächsten Tagen, sollten wir die erste Anprobe machen können.“
„Wie viel?“, wollte er plötzlich wissen.
„Bitte?“
„Was kostet es mich, damit es schneller geht?“
„Nun, ich müsste extra Leute abstellen, was andere Aufträge verzögert“, begann ich zu erklären und ging im Kopf verschiedene Zahlen durch. Plötzlich legte Brown einen Scheck auf den Tresen und als ich die Summe darauf las, hätte ich mich beinahe verschluckt. Da stand ein Betrag, der bereits zwei Anzüge komplett bezahlte.
„Das sollte die Unkosten abdecken.“
Ich sah zu Katy und nickte ihr kurz zu. Sie lief gleich nach oben, um dort dafür zu sorgen, dass man sofort anfing.
„Wenn nichts Unerwartetes geschieht, können wir in zwei Tagen eine erste Anprobe machen“, versicherte ich ihm.
„Sehr gut.“ Brown sah zu der Tür, die in diesem Moment aufging und sah überrascht aus. „Der Kostümladen gehört hier dazu?“
„Ja, es steht unser Name außen.“
„Ich dachte, das wäre nur ein Zufall oder ein Verwandter, der das Geschäft führt“, bemerkte er und lief los.
Ich verstaute den Scheck und folgte ihm dann in den Laden.
„Ich suche noch ein Kostüm, für eine Feier, auf die ich eingeladen bin“, teilte er mir mit.