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Sammelband Die gemeinsame Geschichte von Letty und Rider ist turbulent, aufregend und steckt voller Erotik. Ihr Start ist holprig und viele Situationen sprechen nicht gerade dafür, dass es einfacher werden könnte zwischen ihnen. Auch Lettys Bruder Luke, der nicht nur ein Mitglied der Devils on the Road ist, sondern auch der beste Freund von Rider, vereinfacht die ganze Lage nicht wirklich. Die Konflikte mit anderen Clubs, sorgen dafür, dass es nie langweilig wird und Letty fragt sich, wo sie da nur reingeraten ist. Dazu kommen noch die verwirrenden Gefühle, die dieser rechthaberische, herrische und absolut nervige Biker in ihr auslöst. Kann es eine gemeinsame Zukunft zwischen einem Mädchen vom Lande und einem Biker-Chef geben? Eins steht fest, beide schenken sich nichts und zeigen sich gegenseitig ihre Zähne, aber wer gibt zuerst nach? Das und mehr erfahrt ihr im ersten und zweiten Band von Devils on the Road. *** Dieses Buch sollte nicht von Minderjährigen gelesen werden, da es sehr ausführliche Erotik-Szenen enthält. *** Das Gesamte Buch entspricht 530 Taschenbuch Seiten
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Seleni Black
Sammelband
Impressum:
Copyright © 2019
Seleni Black
c/o WirFinden.Es
Naß und Hellie GbR
Kirchgasse 19
65817 Eppstein
Covergestaltung: Copyright © 2019
Seleni Black
Coverbilder: Adobe Stock
Korrektur:
Annett Heidecke 20219
Katharina H. 2021
Beth .B.H. 2024
Stand: Dezember 2024
Erste Deutsche Auflage
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.
Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten, Markennamen oder Organisationen sind rein zufällig. Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Eigentümern.
1
Kennt ihr das Gefühl, nicht mehr über das eigene Leben bestimmen zu können?
Tja, mir ging es auf jeden Fall so. Ganz besonders in diesem Moment, denn gerade eben hatte mir mein Vater gesagt, dass ich diesen schmierigen, eingebildeten Arsch von Nachbarsjungen heiraten sollte. Hallo? Ich war erst neunzehn und hatte ganz bestimmt keine Lust, mein Leben an der Seite dieses Mistkerls zu verbringen.
»Nein. Auf gar keinen Fall werde ich das tun!«
Mein Vater baute sich vor mir auf. »Du wirst, ob du willst oder nicht. Unsere Farm braucht diese Verbindung. Mit dem zusätzlichen Land, welches wir dadurch bekommen, könnten wir die Weiden vergrößern und haben auch noch weiteres Anbauland.«
Er war immer nur auf den Profit aus. Wie ich mich aber bei dieser Sache fühlte, war ihm völlig egal.
»Nein, lieber sterbe ich!« Damit drehte ich mich um und rannte in mein Zimmer, wo ich die Tür hinter mir zuwarf und absperrte. Ich hatte es so satt. Diese Farm würde mein Verderben bedeuten. Immer hieß es, »Leticia, kümmere dich um die Pferde« oder »Leticia, heute kannst du nicht zur Schule, die Felder müssen bestellt werden.«
Wie ich meinen Einser-Durchschnitt hatte halten können, war mir bis heute ein Rätsel. Genauso der Abschluss. Ich hatte das Zeugnis, als eine der Besten des Jahrganges erhalten.
Jetzt wollte ich aufs College gehen, doch mein Vater hielt das für Zeitverschwendung. Außerdem hatte er andere Pläne für mich, beteuerte er immer. Ja klar, mich wie Vieh an den Meistbietenden zu verschachern! Toller Plan! Ich wollte nicht hier auf dem Land versauern.
Ein Wagen näherte sich unserem Haus und mit Schrecken musste ich feststellen, dass es der Nachbarsarsch mit seinem Vater war.
»Leticia, komm nach unten und sag Hallo«, rief mein Vater nach mir.
»Nein!«, antwortete ich ihm trotzig.
»Du kommst sofort nach unten und begrüßt deinen Verlobten, sonst bekommst du die Konsequenzen zu spüren.«
»Und wenn du mich zu Tode prügelst, ist mir das tausend Mal lieber, als bei dieser Scheiße mitzumachen. Nie im Leben werde ich diesen Arsch heiraten.« Mir war durchaus bewusst, dass die beiden Gäste mich hörten, aber das wollte ich auch. Sollten sie nur wissen, dass ich bei der Sache nicht mitmachte. Vielleicht waren sie ja so schlau und verstanden, dass ich niemals einwilligen würde. Und wenn ich ganz viel Glück hatte, würden sie das alles vergessen.
»LETICIA!«, brüllte nun mein Vater.
Gott, wie ich meinen Namen hasste, besonders, wenn er voll ausgesprochen wurde. »NEIN!«, brüllte ich zurück, dann drehte ich meine Musikanlage auf, damit ich nichts mehr hören konnte.
Irgendwann sah ich, wie die beiden wieder wegfuhren und drehte meine Musik leiser. Ein leises Klopfen ließ mich von meinem Buch aufsehen.
»Letty, mach bitte auf.«
Meine Mutter war die liebste Frau, die ich kannte. Immer half sie mir, wo sie nur konnte. Sie war immer freundlich und erhob nur sehr selten ihre Stimme. Nur leider konnte sie sich nicht gegen meinen Vater durchsetzen.
Ich schloss die Tür auf und ließ sie in mein Zimmer.
»Es tut mir so leid, mein Schatz. Ich weiß auch nicht, was auf einmal mit deinem Vater los ist. Hier, ich habe dir dein Abendessen mitgebracht.« Sie stellte einen Teller mit Broten auf meinen Schreibtisch. »Dein Vater sagte zwar, es würde nichts für dich geben heute, aber er ist nicht da, also ist es egal, was er sagt.«
»Mom, wieso lässt du dir das von ihm gefallen?« Wieso ich sie das fragte? Wenn ich das nur wüsste.
»Manchmal muss man bestimmte Dinge ertragen, um Personen, die man liebt, zu schützen.« Dabei sah sie mich an und lächelte schwach.
Da wurde mir klar, dass meine Mutter in derselben Lage war wie ich und gezwungen wurde, jemanden zu heiraten, den sie weder kannte, noch liebte.
Da ich das Nesthäkchen der Familie war, würde sie so lange nicht von hier weggehen, bis für mich gesorgt war. Ich hatte noch einen älteren Bruder, doch Luck war schon seit vier Jahren weg. Nach einem heftigen Streit mit unserem Vater, hatte er seine Sachen gepackt und war einfach gegangen. Seitdem war er nie mehr wiedergekommen.
Ich hatte damals bitter geweint, ich liebte meinen Bruder über alles und dass er fort war, tat bis heute weh. Doch als die ersten Postkarten eintrafen, wusste ich, er hatte mich nicht vergessen. Und so schrieb er mir Postkarten, wann immer er auf Reisen war. Doch das Schönste war, dass ich ihm Nachrichten aufs Handy schicken konnte, wann immer ich wollte. Er hatte mir auf drei Postkarten Zahlen geschrieben und mit der vierten Karte erklärt, dass es seine Nummer wäre, wenn ich sie zusammensetzte. Er antwortete mir sofort und war für mich da, wenn ich ihn brauchte. Warum ich ihm aber diese neueste Sache nicht schrieb, verstand ich selbst nicht.
Jeden Tag fing ich die Post ab, um zu verhindern, dass mein Vater die Collegebriefe fand. Durch meine Noten hatte ich durchaus die Möglichkeit, ein Stipendium zu ergattern. Mein Entschluss stand fest, ich würde von hier weggehen.
»Mom, ich muss hier weg. Ich kann das alles nicht mehr.«
Verständnisvoll nickte sie. »Ich weiß mein Kind, und ich würde dir so gerne helfen.«
Ich wusste, würde ich heute sagen, ich haue ab, sie würde mir noch beim Packen helfen und mich in die Stadt zum Bus bringen. »Danke, Mom.« Wir beide wussten, dass ich nur noch auf eine Collegeantwort wartete, dann erst würde ich mich entscheiden, wie es weitergehen würde.
Meine Mutter gab mir einen Kuss auf die Stirn und verließ mein Zimmer. Ich selbst sah mir noch einen Film an und ging danach schlafen, da die Tage hier sehr früh begannen.
***
Drei Tage später, war die Stimmung weiterhin im Keller und mein Vater wich nach wie vor nicht von der Idee ab, mich zu verheiraten. Selbst das Einmischen meiner Mutter hatte nichts gebracht, er blieb stur und bestellte sogar schon die Einladungskarten.
Zwischen ihm und mir herrschte Funkstille und jedes Mal, wenn er mit mir redete, war es wegen dieser Heiraterei. Immer wieder sagte ich ihm, dass ich da nicht mitmachen würde, es war ihm egal. Er deutete nur an, wenn ich mir nicht bald ein Kleid besorgen würde, würde er es tun. Denn ganz bestimmt würde er nicht zulassen, dass ich in Jeans und Hemd heiratete.
Da mein Vater heute geschäftlich unterwegs war, hatte ich frei. Mom würde meine Aufgaben übernehmen und ich konnte meine Freundin Molly besuchen. Damit ich schneller dort war, nahm ich mein Motorrad, denn sie wohnte fast eine halbe Stunde entfernt. Mit meiner Maschine würden es nur zwanzig Minuten sein, da ich querfeldein fahren konnte.
Ich liebte es, über die Felder zu rasen, dabei hatte ich immer das Gefühl, ich wäre frei. Niemand, konnte mir in diesem Moment etwas anhaben.
Als ich ankam, sprang Molly aus dem Haus und zu mir rüber. Sie war immer fröhlich und schien keine Sorgen im Leben zu haben. Gut, sie hatte wunderbare und nette Eltern, was ihr das Leben deutlich vereinfachte. Außerdem war sie Einzelkind und hatte somit deutlich mehr Spielraum in ihrem Tun, da ihre Eltern sie verhätschelten.
»LETTY«, schrie Molly und fiel mir in die Arme.
»Hey Molly, wie ich sehe, geht es dir gut.«
Meine Freundin sah mich an und grinste breit. Sie hatte eine kräftige Statur, kurze braune Haare und braune Augen. Sie sah gut aus und durch ihre fröhliche Natur, musste man sie einfach gernhaben.
»Sicher! Du dagegen siehst schrecklich aus. Was ist denn los?«
»Mir geht es auch nicht so gut. Ich muss dir da unbedingt was erzählen.« Wir setzten uns auf die Veranda und ich legte los.
Als ich fertig war, schwieg Molly, dann sprang sie auf und begann umherzuwandern.
»Das kann doch nicht sein Ernst sein? Diesen kleinen Pisser sollst du heiraten? Gott, ich würde sterben, würden meine Eltern mich dazu zwingen.«
»Na, was glaubst du wohl, wie ich mich fühle. Aber wenn alles klappt, bekomme ich in den nächsten Tagen meinen Brief, auf den ich warte und dann bin ich weg. Soll mein Vater ihn doch heiraten, wenn er so auf eine Hochzeit besteht.«
Molly fing an zu lachen, doch dann sah sie mich traurig an. »Aber, wenn du weggehst, sehen wir uns ja gar nicht mehr.«
»Ich werde dich, so oft ich kann, besuchen kommen. Das versteht sich von selbst. Nur, ich kann hier nicht mehr bleiben.«
Sie nickte, doch der traurige Ausdruck blieb.
»Lass uns einfach die Zeit, die wir noch zusammen haben, so gut es geht nutzen.«
Jetzt lächelte sie wieder. »Dann würde ich sagen, wir reiten aus.«
Gesagt, getan.
Der Stall von Mollys Eltern war fantastisch, hier gab es Morgan Horses, ThoroughbredHorses, Appaloosa Horses und noch viele andere wundervolle Tiere. Ich selbst bevorzugte ja das Thoroughbred Pferd, ein wundervolles Tier. Schnell sattelten wir unsere beiden Tiere und gingen aus dem Stall.
Wir unterhielten uns über alles, was uns einfiel. Machten an einem kleinen Bach Rast und begannen eine kleine Wasserschlacht, was bei den Sommern hier in Kansas manchmal echt gut tat.
Nachdem wir einige Zeit auf der Wiese lagen und trockneten, machten wir uns wieder auf den Rückweg. Es wurde Zeit für mich, nach Hause zu fahren. Ich hatte Mom versprochen, auf dem Rückweg noch einzukaufen und das wollte ich erledigt haben, bevor mein Vater zurück war. Einer der Farmarbeiter nahm uns die Pferde ab, um sie zu versorgen und trocken zu reiben. Wir selbst gingen zu meiner Maschine.
»Du musst mich unbedingt auf dem Laufenden halten und wehe, du gehst einfach, ohne dich von mir zu verabschieden.«
»Als würde ich so etwas tun. Ich schreib dir, sobald ich Neuigkeiten habe. Bye.« Damit startete ich meine Maschine und mein Bike schoss mit mir davon. Dieses Mal nahm ich die Straße, hier konnte ich noch mehr Gas geben.
Etwa auf halber Strecke begann meine Maschine zu mucken, stotterte ein paar Mal und dann Stille.
»Mist, verdammter. Das darf doch jetzt wohl nicht wahr sein«, fluchend stieg ich ab und begann, nach der Ursache zu suchen. Zum Glück kannte ich mich damit aus. Luck hatte mir alles darüber beigebracht, was mir nun zugutekam.
Ich tippte auf die Batterie, denn alles andere wäre ruckartig passiert und nicht so schleichend. Dann würde ich wohl schieben müssen. Was aber wiederum bedeutete, ich käme zu spät.
Schöner Mist!
Nach etwas mehr als einer Meile, war ich nass geschwitzt und hatte echt die Nase voll. Doch ein Biker, ließ nie seine Maschine zurück. Also, schob ich weiter.
Ein stetiges Dröhnen, das immer lauter wurde, riss mich aus meiner Lethargie. Als ich mich umdrehte, sah ich mehrere Bikes sich schnell nähern. Ich versuchte mich rechts zu halten, in der Annahme, dass sie vorbeirasen würden. Doch sie wurden langsamer und stoppten neben mir. Ganz toll, zwanzig Männer, die nicht besonders freundlich aussahen. Angst kroch mir den Rücken hinauf. Was nun?
»Kann man helfen?«, fragte mich der Anführer und fixierte mich mit seinen schwarzen Augen.
»Nein danke. Ich komm schon klar. Ist nur die Batterie, ich habe es nicht mehr weit.« Immer freundlich bleiben, vielleicht ließen sie mich dann in Ruhe.
Leider hatte ich nicht so viel Glück. Der Typ stieg ab und zog seinen Helm vom Kopf. Gott sah der Typ gut aus. Ungefähr einen halben Kopf größer als ich, gebräunt, dunkelbraune, fast schwarze Haare, schwarze Augen, zumindest sah es danach aus, schwarze Jacke und Hose. Viel Schwarz, aber ihm stand es ausgesprochen gut.
Ohne mich anzusehen oder auf meinen Kommentar einzugehen, ging er um meine Maschine herum und betrachtete mein Bike. Langsam wurde mir richtig mulmig.
»Ja, ist die Batterie, aber die Zündkerzen könnten auch mal wieder gewechselt werden.«
Er zog einen kleinen Zweig heraus und sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.
»Gerne querfeldein, was? Erklärt das Aussehen der Maschine.«
Einem Impuls folgend, tat ich es ihm gleich und zog ebenfalls die Augenbraue hoch. »Was soll ich sagen, Straße fahren kann jeder. Im Gelände beweist sich, wer es tatsächlich kann.« Tiefe Bässe und Baritone drangen an mein Ohr. Das Lachen von mehreren Männern war zu hören, doch als der Mann vor mir in die Runde sah, schwiegen schlagartig alle.
»Du bist schlagfertig, das gefällt mir. Ich bringe dich zurück, komm.«
Verdutzt sah ich ihn an. »Nein, ich lasse meine Maschine hier nicht zurück.«
»Wer sagte denn etwas von zurücklassen? Mike wird sich um dein Bike kümmern und es dir nach Hause bringen. Oder zumindest bis zur Einfahrt.«
Mike? Skeptisch sah ich zu dem Mann, auf den er zeigte. Dieser lächelte mich an und schob seine eigene Maschine nach vorne, um sie hinter meine zu stellen. Ein Berg von einem Mann. Da nicht zurückzuzucken, war definitiv eine Leistung.
Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Überlegungen. »Ja?«
»Letty, du musst noch einkaufen. Wo bist du denn? Ich dachte, du wolltest früher zurückkommen?«
Mist, ein Blick auf die Uhr sagte mir, ich war spät dran.
»Ich fahre direkt in die Stadt und erledige alles, bin bald zurück.« Schnell legte ich auf, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte, dann wendete ich mich dem Mann vor mir zu.
»In Ordnung, ich fahre mit. Aber nur, weil ich es wirklich eilig habe.«
»Drück es aus, wie du willst, mir egal.«
Ohne ein weiteres Wort stieg er auf und ich setzte mich hinter ihn. Vorsichtig legte ich meine Hände auf seine Hüfte und hoffte, dass das reichen würde. Er jedoch griff nach beiden Händen und legte sie fest um sich.
»Festhalten, wir wollen ja nicht, dass du runterfällst. Sag meinem Mann, wo er die Maschine hinbringen soll, damit wir loskönnen.«
Ich schnaubte verächtlich. Ich hasste es, wenn man mich herumkommandierte, aber da die Zeit ablief, fügte ich mich, für den Moment.
»Einfach weiter die Straße runter. In etwa zwei Meilen kommt die Einfahrt zu unserer Farm, dort kannst du es an den Baum lehnen.«
Der Mann nickte und packte allen Ernstes beide Maschinen und begann loszulaufen.
Mir blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn schon startete der Mann vor mir sein Bike und rauschte los. Es war ein ganz anderes Gefühl hinter jemandem zu sitzen, als selbst zu fahren und doch passte ich mich ihm schnell an.
So rasten wir über die Straße in die Stadt hinein. Natürlich starrten uns alle an, denn es kam wirklich nur sehr selten vor, dass sich Biker hierher verirrten.
Nachdem alle ihre Motorräder abgestellt hatten, stieg ich ab und richtete mir meine Haare neu. Durch die viele Sonne waren sie hellblond geworden, was einen totalen Kontrast zu meinen dunklen Augen ergab.
»Danke fürs Mitnehmen«, sagte ich, als mein Zopf wieder saß.
»Keine Ursache. Jetzt kannst du uns weiterhelfen. Wo findet man hier einen Platz zum Schlafen, der für uns alle reicht?«
Lachend deutete ich auf das einzige Hotel der Stadt. »Da drüben dürftet ihr genug Platz für alle haben. Was anderes gibt es hier nicht, es sei denn, ihr wollt unter freiem Himmel die Nacht verbringen.« Nickend wandte er sich zum Gehen und drehte sich nicht mal mehr um. Ein »Danke« wäre ja echt nett gewesen, aber ich konnte mir schon vorstellen, dass dieses Wort nicht in seinem Wortschatz vorkam.
Schnell machte ich mich auf den Weg, um alles zu besorgen, was meine Mutter brauchte. Hank der Ladenbesitzer, war so nett und gab mir eine Tasche, in der ich alles verstauen konnte.
»Soll ich dich nach Hause fahren?«, erklang eine Stimme hinter mir.
Erschrocken drehte ich mich um und sah in das Gesicht von Arschloch, meinem zukünftigen Verlobten, wenn es nach meinem Vater ging.
»Nein, da lauf ich lieber.« Ohne ihn weiter zu beachten, nahm ich meine Sachen und verließ den Laden. Natürlich folgte der Trottel mir.
»Stell dich nicht so an, ab sofort wirst du dich an den Gedanken gewöhnen müssen, in meiner Nähe zu sein. In einer Woche ist die Hochzeit.«
»Ich schlag dir die Zähne ein, wenn du mir zu nahekommst. Ich habe diesem Mist nie zugestimmt und werde es niemals tun! Also schlag es dir am besten ganz schnell aus dem Kopf. ES, WIRD, KEINE, HOCHZEIT, GEBEN«, fast keifte ich die Worte, wobei Ärger und Angst in gleichen Teilen in mir wüteten. Die schwere Tasche über der Schulter wollte ich loslaufen, als er mich am Arm packte und zurückzog.
»Du wirst zustimmen, notfalls mit Zwang. Ich habe keine Lust auf deine Spielchen. Also hör auf, rumzuzicken und füge dich, wie jede andere vernünftige Frau auch.«
»Was glaubst du eigentlich, wer du bist, du Schrumpfhoden. Lass deine dreckigen Finger von mir, sonst passiert ein Unglück, das deinem Gemächt nicht guttun wird.« Er packte nur fester zu und ich war mir absolut sicher, dass es blaue Flecken geben würde.
Schlagartig ließ er mich los und ich sah überrascht, wie er zu Boden ging.
»Ich glaube, die Lady hat mehr als deutlich gemacht, dass sie in Ruhe gelassen werden will.«
Mister, Dunkel und Gefährlich war wieder da. Ich sag mal, just right in time. Verwirrt sah Arsch zu uns auf, die Augen weit aufgerissen und ehe wir es uns versahen, rannte er wie ein Hase davon.
»Feigling«, lachte Mister Dunkel, seine Stimme war tief und sexy. »Wer war denn dieser Looser?«
»Mein Verlobter. Zumindest will das mein Vater so.« Das Lachen verschwand aus seinem Gesicht und sein dunkler Blick richtete sich auf mich.
»Und was willst du?«
Tja, was wollte ich? Unwillkürlich entwischte mir ein Knurren. »Ich will nur, so weit wie möglich von hier weg. Ich hoffe, dass ich es noch vor Ende der Woche schaffe. Ich fürchte, dann wird mir die Pistole auf die Brust gesetzt. Eine Hochzeit unter Zwang erwartet mich sonst und das meine ich wörtlich.«
»Sie wollen dich zwangsverheiraten?« Ungläubig sah er mich an.
»Wir sind hier auf dem Land, da herrschen andere Regeln, als in der großen Stadt. Frauen haben zwar laut Gesetz alle Rechte. In natura sieht es aber anders aus. Der Mann ist der Herr im Haus und die Frau hat sich zu fügen.«
»Du scheinst mir aber nicht die Art Frau zu sein, die sich fügt.« Er gestikulierte frech grinsend Gänsefüßchen, während er diesen Satz raushaute.
Ich musste lachen. »Daher meine Pläne, von hier zu verschwinden. Ich warte nur noch auf einen Brief, dann geht es los.«
»Welcher Brief kann so wichtig sein, dass du weiterhin hierbleibst?«
Nun zog ich mir die Tasche fester über die Schulter und sah ihm tief in die schwarzen Augen. »Meine Zusage für Princeton. Wenn ich die habe, bin ich weg. Sie müsste jeden Tag ankommen.«
Er war baff, sein Blick wanderte an mir hinauf und hinab. »Beeindruckend. Hätte ich dir nicht zugetraut.«
»Tun die Wenigsten«, knurrte ich, drehte mich um und lief los.
»Komm mit, ich fahr dich«, erklang es hinter mir tief, aber sanft.
Ich sah über die Schulter zurück. »Nicht nötig. Es ist nicht weit.«
»Sei nicht so stur. Wenn ich dich fahre, bist du schneller zurück.« Er schwang sich auf seine Maschine und sah mich abwartend an.
Hin- und hergerissen stand ich da und überlegte. Doch dann wurde mir klar, dass ich so die Post durchsehen könnte, bevor es mein Vater tat. Als ich auf ihn zuging und mich hinten auf die Maschine setzte, hatte ich noch gesehen wie Mister Dunkel grinste, woraufhin ich nur die Augen verdrehte. Dieses Mal schlang ich von allein die Arme um ihn, bevor er es wieder tun konnte und wartete.
In Windeseile waren wir bei der Einfahrt zu unserer Farm, wo gerade der Postbote die Briefe einwarf. Ich sprang vom Bike und lief zum Briefkasten.
»Nichts, nichts, nichts«, murmelte ich, während ich die Briefe checkte. »Da, ist er!«, rief ich. Schnell öffnete ich den Umschlag und schrie dann vor Glück auf. »Ja, ja, ja. Endlich, goodbye Farm. Hallo Welt.« Glücklich hüpfte ich auf und ab, bis mir klar wurde, dass ich einen Zuschauer hatte. Verlegen blieb ich stehen, grinste aber weiter vor mich hin.
»Sieht so aus, als hättest du deine Nachricht bekommen. Glückwunsch.«
»Danke.«
Er startete die Maschine wieder und fuhr davon. Wieder ohne ein Wort. Das wurde ja langsam zur Gewohnheit. Egal, ich war einfach nur glücklich.
2
Wir waren auf dem Weg nach Hause, zumindest einige von uns.
Ein Teil unserer Gruppe hatte von mir einen Auftrag erhalten, den sie erst noch erledigen mussten, bevor wir uns wieder zusammentun würden. Ich wusste, dass sie es zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigen würden.
Wir machten gerade Rast, als Luck, mein bester Freund seit Jahren, zu mir kam. Irgendetwas schien ihn zu bedrücken.
»Kann ich mal mit dir reden?«
»Klar, was ist los?« Er wirkte nervös, so als wüsste er nicht, wie er mir das sagen sollte, was auch immer ihn gerade beunruhigte. »Hey Bro, jetzt sag doch, was los ist«, beruhigend griff ich nach seiner Schulter und drückte sie sanft, da er immer noch keine Anstalten machte, etwas zu sagen.
Tief seufzend brach schließlich der Damm. »Du weißt, dass nicht allzu weit von hier die Farm meiner Eltern liegt.«
Ich nickte, das hatte er mir einmal erzählt.
»Und du weißt auch, dass ich eine kleine Schwester habe.«
Wieder nickte ich, denn ich wusste immer noch nicht, worauf er hinauswollte. Ja, er hatte mir mal ein Bild seiner Schwester gezeigt. Süßer kleiner Fratz.
»Ich mache mir Sorgen um sie. Irgendetwas stimmt nicht, aber sie will nicht so recht mit der Sprache rausrücken«, endete er schließlich.
Okay, jetzt wusste ich, worauf er hinauswollte. Nur verstand ich nicht so recht, warum er mich nicht einfach fragte. Ich wusste, was ihm seine Schwester bedeutete. Er konnte sich bis heute nicht verzeihen, dass er sie vor vier Jahren nicht mitgenommen hatte. Aber damals war sie fünfzehn, er konnte nichts anderes tun, als sie zurückzulassen.
»Ich würde gerne dort vorbeifahren, um zu sehen, wie es ihr geht und ob alles okay ist.«
»Klar, kein Thema. Ich weiß ja, was sie dir bedeutet«, ich klopfte ihm bestätigend auf die Schulter.
»Danke.«
Ihm zunickend, drehte ich mich zu meinen anderen Männern um. »Aufsitzen«, rief ich ihnen zu, was sie auch sofort taten.
Sie hatten ihre Sachen schon verstaut und waren bereit zum Aufbrechen.
»Ihr wisst alle, dass Luck eine kleine Schwester hat und da er sich Sorgen um sie macht, werden wir nach ihr sehen. Als seine Schwester, gehört sie zu uns.« Alle stimmten mir zu und man konnte Luck die Erleichterung ansehen. Da er immer neben mir fuhr, konnte er uns den Weg zeigen und wir mussten ihm nur folgen. Ich gab das Zeichen und schon ging es los. »Let’s ride«, murmelte ich und schmunzelte dabei.
Wir fuhren eine knappe Stunde, drosselten vor der Stadt das Tempo, denn wir wollten nicht unangenehm auffallen.
An der Straße, die zur Farm von Lucks Eltern führte, hielten wir kurz an.
»Ich werde mich etwas im Hintergrund halten, sie soll mich nicht gleich erkennen«, sagte Luck zu mir.
Ich nickte ihm zu, sein Helm und das Tuch vor Mund und Nase machten die Tarnung perfekt.
Gerade als wir wieder starten wollten, raste ein gutes Stück vor uns ein Motorrad vorbei. Es wurde nicht von einem Mann gefahren, denn ein blonder Zopf wehte im Fahrtwind. Ich sah zu meinem Freund, der sein Tuch wieder herunter schob und mich angrinste. Okay, offensichtlich seine Schwester. Die kleine Wahnsinnige fuhr ohne Helm. Wenn man das bei so einer Geschwindigkeit tat, musste man verrückt sein. Aber ich kannte ja ihren Bruder, das lag wohl in der Familie.
Ich gab meinen Männern das Zeichen zum Weiterfahren.
Es dauerte nicht lange, bis sie wieder in Sicht kam. Irgendetwas schien mit ihrer Maschine nicht zu stimmen, denn sie schob diese nun. Wir näherten uns langsam und sie ignorierte uns. So hatte ich die Gelegenheit, sie eingehend zu mustern. Sie trug kurze Shorts, Tanktop und ihre Haut war gebräunt. Ihre langen Beine steckten in Cowboystiefeln. Gott, das war definitiv kein kleiner süßer Fratz mehr, sondern eine sehr sexy junge Frau. Auch meinem Schwanz gefiel, was da vor uns herlief, er wurde auf der Stelle hart. Mann, sie hatte aber auch einen Arsch.
Neben ihr haltend, fragte ich sie, ob sie Hilfe benötigte. Was sie natürlich verneinte. Das ließ mich grinsen, gutes Mädchen. Offenbar war sie misstrauisch Fremden gegenüber. Jetzt konnte ich auch ihre Augen sehen. Schwarz oder sehr dunkles Braun und doch leuchtend. Ungewöhnlich, zu so hellen Haaren.
Ich stieg ab, um mir ihre Maschine anzusehen. Sie murmelte, dass es nur die Batterie sei, aber es schadete ja nicht, wenn ich nachschaute. Ich zog meinen Helm ab und das Tuch runter. Danach ging ich neben ihrem Bike in die Hocke. Klar war es die Batterie und die Zündkerzen sahen auch nicht mehr besonders gut aus. Ich zog einen kleinen Ast heraus. Da fuhr jemand gerne abseits der Straße. Auf den Mund gefallen war sie jedenfalls nicht, soviel stand fest. Aber bei dem Bruder, war das auch nicht anders zu erwarten.
Sie bekam einen Anruf und nahm diesen entgegen. Ich drehte mich zu Luck um. Man konnte ihm ansehen, dass er sie am liebsten sofort in seine Arme gerissen hätte. Aber das würde er erst tun, wenn er wusste, was Sache war.
Als sie ihr Handy wegsteckte, widmete ich ihr wieder meine Aufmerksamkeit. Anscheinend musste sie in die Stadt und Besorgungen machen. Zu Fuß, eine Ewigkeit. Also überzeugte ich sie davon, sich von mir fahren zu lassen und erst als sie wusste, dass einer meiner Männer sich um ihre Maschine kümmern würde, willigte sie ein.
Ich stieg auf mein Bike und sie setzte sich zögernd hinter mich. Ich spürte ihre Hände leicht auf meiner Hüfte liegen. Aus irgendeinem Grund reichte mir das nicht, daher nahm ich ihre Hände und legte sie an meinem Bauch aufeinander. Wieder musste ich grinsen, denn sie fühlte sich nicht sehr wohl dabei. Nur war mir das egal und meinem Ding ebenfalls, denn er reagierte auf ihre Berührung. Auch wenn es nur mein Buch war, wo ihre Hände lagen.
In der Stadt angekommen, setzte ich sie ab und erfuhr von ihr, wo wir übernachten konnten. Ich nickte ihr noch einmal zu und ging zu meinen Jungs. Diese standen etwas abseits. Luck ließ sie nicht aus den Augen. Er hatte seinen Helm abgenommen, aber das Tuch behielt er oben.
»Sie ist erwachsen geworden«, flüsterte er traurig, als ich mich neben ihn stellte.
Oh ja und wie!
»Ich hätte sie vorher schon mal besuchen sollen.« Er klang wehmütig.
Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter. »Du bist jetzt für sie da, das ist es, was zählt«, beruhigte ich ihn. Er nickte mir zu und schaute wieder zu ihr rüber. Ich folgte seinem Blick, aber nur kurz. Jetzt galt es, unsere Sachen abzuladen und dafür zu sorgen, dass wir unsere Zimmer bekamen.
»Dieser miese Wichser, ich bring ihn um.«
Mit diesen Worten lenkte Luck meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und sah aus, als wollte er jeden Moment losstürmen. Ich schaute in dieselbe Richtung wie er und konnte seine Reaktion verstehen. Letty wurde von einem Lackaffen bedrängt und er wollte sie mit sich ziehen. Dass sie das nicht wollte, war klar zu erkennen. Daher legte ich Luck die Hand auf die Schulter, hielt ihn zurück und setzte mich augenblicklich in Bewegung, als ich sicher war, dass er verstanden hatte, dass ich mich darum kümmern würde.
Ich packte den Pisser und zog ihn ruckartig von ihr weg. »Ich glaube, die Lady hat mehr als deutlich gemacht, dass sie in Ruhe gelassen werden will«, knurrte ich den Penner an, der noch immer auf dem Boden hockte und aussah, als würde er gleich anfangen zu heulen. Da rappelte er sich auf und rannte davon. »Feigling«, das konnte ich mir einfach nicht verkneifen.
Nachdem ich sie gefragt hatte, wer der Kerl war und sie mir die ganze Geschichte erzählte, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich dachte gerade echt, ich wäre im falschen Film. In welchem Jahrhundert lebten wir denn bitte? Einfach unfassbar! Wenn ich das Luck erzählte, würde er seinen alten Herren umbringen und ich würde ihm dabei helfen.
Ich ließ ihr wieder keine Wahl und fuhr sie nach Hause, auch wenn sie sich dagegen sträubte. Schon wieder!
Der Postbote war gerade bei ihnen und als sie ihn sah, sprang sie mir förmlich vom Bike. Zum Glück fuhr ich nicht mehr schnell. Ganz aufgeregt öffnete sie einen Brief und begann, nachdem sie ihn gelesen hatte, auf und ab zu hüpfen. Anscheinend war das ihre Zusage von Princeton, von der sie mir vorhin erzählt hatte.
»Ja, ja, ja. Endlich, goodbye Farm. Hallo Welt«, rief sie während ihres Rumgehopses.
Da schien sie sich plötzlich zu erinnern, dass ich ebenfalls noch anwesend war, stand still und sah mich mit großen Augen an, grinste aber doch weiter.
»Sieht so aus, als hättest du deine Nachricht bekommen. Glückwunsch«, kommentierte ich das Ganze.
»Danke.«
Da nickte ich ihr wieder zu und fuhr zurück zu meinen Männern.
Die Jungs warteten an derselben Stelle auf mich, wo sie vorher schon gestanden hatten.
»Bewegung Männer, Zeit sich auszuruhen.« Natürlich waren sie begeistert. Ich jedoch, schnappte mir Luck auf einen Kaffee, um ihm die Dinge zu erklären, die ich erfahren hatte.
Er tickte fast aus, wollte direkt zu seinem Vater fahren, um ihm alle Knochen zu brechen. Oh, ich konnte ihn sehr gut verstehen. Aber erst mal abwarten und die nächsten Tage beobachten.
Die folgenden Tage würden wir auf jeden Fall hier verbringen und auf ihren Schutz achten.
3
Nachdem Mr. Dunkel, eine Staubwolke hinter sich herziehend, verschwand, ging ich zu meiner Maschine, die sicher an einem Baum lehnte und schob sie die Einfahrt hoch. Ich stellte sie in der Scheune ab und als ich herauskam, sah ich meine Mutter, die mich schon auf der Veranda erwartete.
»Wo warst du denn so lange? Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Dein Vater hat angerufen, er kommt früher zurück wegen eines Zwischenfalles.«
Mist, ich konnte mir schon gut vorstellen, was er damit meinte. Wurde langsam Zeit, von hier zu verschwinden!
»Mom, ich habe meinen Brief bekommen. Ich bin angenommen worden. Im Frühherbst geht es los, aber ich muss hier weg. Schnell! Man kann sich jetzt schon anmelden.«
Ein trauriger Ausdruck huschte über ihr Gesicht, sie nickte jedoch. »Ich verstehe. Es ist wohl so das Beste. Vor allem, wenn man bedenkt, wie sehr dein Vater seine Pläne vorantreibt. Komm mit, ich habe da etwas für dich.«
Sie ging in die Küche und nahm sich einen Stuhl. Diesen stellte sie vor einen Schrank und kletterte darauf. Mit einer Teedose in der Hand kam sie wieder nach unten und öffnete sie. Doch anstatt Tee, holte sie ein sehr dickes Bündel Geld heraus.
»Ich spare das schon zusammen, seit du geboren wurdest. Es sind ungefähr fünftausend Dollar. Ich weiß, es ist nicht viel, aber es wird dir am Anfang helfen. Du bist ein fleißiges und kluges Mädchen, dir wird was einfallen. Du weißt, wie man sich durchschlägt. Es gibt viele Jobs in der Stadt.«
Sprachlos und gerührt, nahm ich sie in den Arm und drückte sie fest an mich. »Ich hab dich lieb, Mom«, flüsterte ich ihr ins Ohr.
»Und ich dich auch, mein Schatz. Geh jetzt deine Tasche packen. Er wird bald hier sein.«
Sie steckte mir das Geld in die Hosentasche und ich gab ihr noch einen Kuss, bevor ich auf mein Zimmer lief und meine Tasche, mit dem Nötigsten zusammenpackte.
Zum Glück besaß ich nicht viel, um das ich nun trauern müsste. Alles was mir wichtig war, hatte ich dabei. Meinen Laptop, bequeme Klamotten, Kulturbeutel, ein Bild von Mom, Luck und mir. Außerdem noch Bilder von Molly und mir. Meine beste Freundin würde immer bei mir sein, im Herzen. Mein Handy und mein Lieblingsbuch durften natürlich nicht fehlen. Als ich die Tasche schloss, stellte ich fest, dass ich immer noch Platz darin hatte. Schon traurig, dass mein ganzes Leben in eine einzige Tasche passte.
Ich hatte diese gerade auf die hintere Veranda gestellt, als mein Vater ins Haus gestürmt kam.
»Du kleines Flittchen, mit welchen Typen treibst du dich herum? Du heiratest in einer Woche, wehe du hast für einen von ihnen die Beine breit gemacht.«
Er packte mich am Kragen und gab mir eine dermaßen heftige Ohrfeige, dass ich kurz glaubte, Sterne zu sehen.
»Wer war dieser Kerl, mit dem du auf dem Motorrad davongefahren bist?«
Alles klar, Arschloch hatte gepetzt.
Ich war so wütend, dass ich nicht nachdachte! »Er ist mein Freund und Jungfrau bin ich schon seit vier Jahren nicht mehr. Gott, in welcher Welt lebst du eigentlich?«
Wieder schlug er heftig zu, dabei packte er mich so fest am Kragen, dass mir die Luft wegblieb. Verzweifelt versuchte ich, mich aus seinem Griff zu lösen, doch er war zu stark. Immer wieder schlug er mich und ich glaubte schon, er würde mich töten.
Da hörte er plötzlich auf und brach kurz darauf zusammen.
Hustend landete ich auf meinem Hintern und sah nach oben. Meine Mutter stand mit der Pfanne in der Hand wie ein Racheengel über ihm und sah auf ihren Mann herab, der bewusstlos am Boden lag.
»Lauf Kind. Wenn er wieder zu sich kommt, wird er mächtig sauer sein.«
»Mom, komm mit mir. Bitte. Du kannst nicht hierbleiben. Er wird dich umbringen für das hier.«
Sie schüttelte nur den Kopf. »Ich kann nicht mit dir kommen, Kind. Sie würden uns zu leicht finden. Aber ich werde gehen, noch bevor er wieder zu sich kommt. Ich habe Verwandtschaft, die mich aufnehmen wird. Dort bleibe ich, bis ich weiß, wie es weitergeht. Ich melde mich bei dir, mein Schatz. Und wenn etwas Zeit vergangen ist, komme ich zu dir.« Damit gab sie mir einen Kuss und ging selbst ins Haus.
Es war ein schneller Abschied, aber es war besser für uns beide.
Eilig nahm ich meine Tasche und lief los. Mit Motorrad wäre es schneller gegangen, doch das war kaputt in der Scheune und eine neue Batterie einzubauen, würde zu lange dauern. Blieb also nur Laufen und das bei der Hitze. Mein Leben war momentan echt beschissen, alles schien sich gegen mich verschworen zu haben.
Als ich es einige Zeit später endlich zu Molly geschafft hatte, glaubte ich wirklich, dass ich jetzt und hier zusammenbrechen würde.
Völlig aus der Puste, zog ich mich die Treppe zur Veranda hoch und klopfte an die Tür. Mollys Mom öffnete und sah mich dann total geschockt an.
»Oh Gott, Kind, was ist denn mit dir passiert? Komm schnell rein.« Sie nahm mir die Tasche ab und führte mich ins Haus.
»Mein Vater und ich sind mal wieder aneinandergeraten. Ich werde gehen und zum College fahren. Konnte nur nicht weg, ohne Molly auf Wiedersehen zu sagen«, schnaufte ich fix und fertig.
Verständnisvoll nickte Mollys Mom, verließ den Raum und rief nach meiner Freundin. Zurück kam sie mit einem Verbandskasten, um meine aufgeplatzte Lippe, meine blutige Nase und den Rest meines Gesichtes zu säubern.
»Scheiße Letty, was ist passiert?«, rief Molly entsetzt, als sie durch die Tür kam. Dabei betrachtete sie mein Gesicht und meinen Hals. »Dieser Mann hat echt einen Schaden. Wie kann er dich nur schlagen?«
»Schon gut, Molly. Ist doch auch egal, ich verschwinde von hier. So kann er mir wenigstens nichts mehr tun.«
Meine Freundin sah mich traurig an. »Du hast also deinen Brief bekommen? Wann willst du los?«
»Sobald wir uns verabschiedet haben. Ich kann nicht länger hierbleiben, mit Sicherheit sucht er schon nach mir.«
»Aber du kannst doch nicht gehen, ohne noch mal mit mir auf unser Lieblingsfest gegangen zu sein. Bitte, Letty«, bettelte sie, wie ein Kind nach Bonbons.
Die Welt konnte untergehen, doch Molly würde sich, glaub ich, noch nicht mal dann einen Tanzabend entgehen lassen.
»Hast du mal mein Gesicht gesehen? So gehe ich auf keinen Fall weg. Sorry.«
»Du musst einfach mit. Wer weiß, wann ich dich das nächste Mal sehen kann.«
Im Gegensatz zu mir, würde Molly hierbleiben und eines Tages, die Farm ihrer Eltern übernehmen, sie liebte das Landleben.
»Wir bleiben auch ganz am Rand und im Dunkeln. Aber bitte, Letty. Ich würde so gerne noch einen Abend mit dir verbringen.«
Meine Freundin so flehen zu hören, machte es mir unmöglich, »nein« zu sagen. »Na gut, nur am Rand und auch nicht lange. Ich muss den letzten Bus erwischen.« Total begeistert sprang sie durch die Küche und schon bereute ich meine Entscheidung. Ich war gerade zusammengeschlagen worden und eigentlich im Begriff, zu verschwinden. Wieso, tat ich das also?
Ach ja, jetzt wusste ich es wieder, weil Molly meine beste Freundin war und ich ihr einfach nichts abschlagen konnte. Na wenn das mal nicht schief ging. Kopfschüttelnd sah ich meiner Freundin weiter zu, wie sie durch die Küche hüpfte und auch ihre Mom grinste dabei.
Tonnenweise Make-up und einige Zeit später, war ich vorzeigbar und man konnte die Verletzungen kaum noch sehen. Molly neben mir hibbelte aufgeregt herum. Ihr Vater war so nett, uns zu fahren. Er würde in der Stadt bleiben, bis ich losmusste und Molly dann wieder mit heimnehmen.
Nach unserer Ankunft, verabschiedete ich mich von ihm und dankte für alles, was er getan hatte. Er versicherte mir, dass ich immer willkommen sein würde, egal was passierte. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit, zu wissen, dass ich immer einen Platz haben würde, zu dem ich flüchten konnte, auch wenn dieser in der Nähe meines Vaters war.
Molly und ich hielten uns, wie versprochen, am Rande des Festes auf. Meine Tasche hatte ich neben mir liegen. Wir hatten nur zwei Stunden, bevor ich losmusste. Diese letzten Stunden verbrachten wir lachend und hatten wirklich Spaß zusammen.
Aber, wie sollte es anders sein, gab es immer jemanden, der alles kaputt machte. In meinem Fall waren es »Arsch« und »Prügel -Arsch- Vater«.
»Wo willst du denn hin? Das kannst du vergessen, einfach so abzuhauen, nach allem, was ich geplant habe und du bereits angerichtet hast.«
Der kleine Arsch, der neben ihm stand, sagte zwar nichts, doch grinste er boshaft über das ganze Gesicht.
Verdammt, war wohl doch keine so gute Idee, am Rand des Festes zu bleiben. Hier sah uns kaum einer und somit hatte ich wirklich ein Problem.
Was nun? Hier stand es zwei Männer, gegen zwei Frauen. Nicht unbedingt fair.
Vorsichtig sah ich mich um, hoffte, dass uns vielleicht jemand sah, den ich um Hilfe bitten konnte. Es war zu dunkel, um Genaues sehen zu können. Jetzt hieß es hoffen, dass ich die ganze Sache irgendwie heil überstand.
4
Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten, trafen wir uns zum gemeinsamen Essen wieder. Jedoch fehlte einer von uns und das bereitete mir etwas Sorgen. Luck war so aufgebracht, als ich ihm von der Sache erzählte. Da er manchmal ein Hitzkopf war, war zu befürchten, dass er etwas Dummes tat. Ich konnte ihm nicht einfach nachfahren, ohne zu viel Aufsehen zu erregen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als auf seine Rückkehr zu warten.
Fuck!
Es dauerte eindeutig zu lange, bis Luck wieder auftauchte.
Gerade, als ich mich doch auf den Weg machen wollte, kam er zurück. Er sah mehr als angepisst aus, er war scheiß wütend. Irgendwie fürchtete ich mich davor, den Grund zu erfahren.
»Er hat sie geschlagen, dieser miese Wichser hat meine kleine Schwester geschlagen. Wegen dir!«, brachte er aufgebracht heraus.
Ich bekam Mordlust bei dem, was er sagte. Am liebsten hätte ich mir meine Maschine geschnappt und wäre zur Farm seiner Eltern gefahren. Er erzählte mir, dass er einen alten Schleichweg kannte, um auf das Gelände zu gelangen, und er zusehen musste, wie sein Vater seine Schwester schlug und trat. Nur, weil dieser feige Penner von Möchtegern-Verlobten gepetzt hatte. Er berichtete mir vom »Pfannenschlag« seiner Mutter, vor der ich allergrößten Respekt hatte. Ich hoffte, dass sie dort verschwunden war, bevor ihr Mann wieder zu Bewusstsein kam.
Wir redeten eine ganze Weile über die Möglichkeiten, die wir hatten. Immerhin war Letty, im Moment in Sicherheit, bei ihrer Freundin Molly. Das war schon mal etwas. Aber dass sie hier nicht bleiben konnte, das stand außer Frage.
Also entschlossen wir uns, sie mitzunehmen. Weg von hier und diesem ganzen Mist. Auch entschieden wir uns, bis nach dem Fest zu warten, denn Luck war sich sicher, dass seine Schwester dort sein würde. Er kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, dass diese Letty dazu bringen würde, noch ein letztes Mal mit ihr dorthin zu gehen.
Am Abend verteilten wir uns am Rand des Platzes, sodass wir uns alle im Blick hatten.
Es dauerte auch nicht lange, bis Letty mit ihrer Freundin auftauchte. Sie hielten sich ebenfalls am Rande des Geschehens auf und auch wenn Letty geschminkt war, man konnte die blauen Flecken in ihrem Gesicht und am Hals deutlich erkennen.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und musste mich zusammenreißen, nicht zu ihr zu gehen, um sie mir über die Schulter zu werfen und dann mit ihr von hier zu verschwinden.
Auch Luck, der neben mir stand, hatte sichtlich Mühe, sich zu beruhigen. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und als er mich ansah, schüttelte ich nur leicht meinen Kopf, um ihm zu sagen, dass er Ruhe bewahren sollte. Er ballte ebenfalls die Hände zu Fäusten, blieb sonst aber ruhig.
Da kam plötzlich Unruhe auf. Letty wurde von einem älteren Mann am Arm gepackt, der sie von dem Fest wegzerren wollte. Neben ihm stand dieser feige Pisser und grinste boshaft. Dieses Grinsen, würde ich ihm nur allzu gern aus dem Gesicht wischen. Auch Luck war jetzt nicht mehr zu beruhigen und ich konnte ihn sehr gut verstehen.
Ich gab den anderen ein Zeichen, die das Geschehen vor uns auch nicht aus den Augen ließen. Sie sammelten sich bei Luck und mir. Zusammen machten wir uns auf den Weg, zu der kleinen Gruppe. Sie waren so sehr mit sich beschäftigt, dass sie uns nicht bemerkten.
Erst als Luck vortrat und sagte: »Lass sie sofort los, Vater«, riss Letty ungläubig die Augen auf, in denen man allerhand an Gefühlen ablesen konnte.
Freude, Trauer, Unglauben und vor allem eins: Wut!
5
Diese Stimme!
Oh, ich kannte diese Stimme mehr als gut. Nur konnte ich nicht glauben, dass er hier und jetzt bei mir stand. Doch als ich den Kopf leicht drehte, wurde meine Vermutung bestätigt.
Luck, mein lange verschollener Bruder, stand in Motorradklamotten da und funkelte unseren Vater böse an.
»Was willst du hier, du missratener Abklatsch eines Sohnes. Verschwinde wieder in das Loch, indem du dich versteckt hast, nachdem du abgehauen bist.«
Luck kam näher und stellte sich dicht vor ihn. »Ich sag es jetzt nur noch einmal, bevor du es bereust. Lass sie los!«
In Ordnung, selbst mir lief bei dem bedrohlichen Ton, den er anschlug, ein Schauer über den Rücken. Doch anstatt mich loszulassen, zog mich unser Vater hinter sich und schob mich direkt in die Arme des Trottels. Dieser packte mich an beiden Armen und bog sie mir soweit auf den Rücken, dass es schmerzte.
Einige der Männer machten einen Schritt nach vorne, doch Mister Dunkel und Gefährlich, hielt sie zurück. Ich konnte die Spannung in ihm sehen, die gleiche, wie bei meinem Bruder. Sie waren kurz davor, zuzuschlagen.
»Ich habe einiges von dir erwartet, doch dass du mit solchen Verkommenen und Kriminellen rumhängst, ist selbst für dich der Tiefpunkt«, höhnte unser Vater.
Und da brach die Hölle los!
Der Schlag, den Luck ihm verpasste, kam so überraschend, dass er zurücktaumelte und sich schmerzend die Wange hielt. Doch Luck setzte sofort nach und landete einen weiteren Treffer in seinen Magen.
Ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mir das keine Freude bereitete. Okay, dass ich ihn auch noch anfeuerte, bemerkte ich erst, als mich ein paar der Männer verwundert ansahen.
Was denn? Ich bin in einer von Männern dominierten Welt aufgewachsen und wenn man mal einen von ihnen verdrosch, hatte ich meine Freude daran. Mein Bruder hatte mir selbst ein paar Handgriffe gezeigt und auch, wie man jemandem richtig weh tun konnte. Allerdings, mit auf den Rücken verdrehten Armen, ging das wirklich schwer.
»Sieh an, sieh an. Wenn das nicht unser kleiner Hasenfuß ist. Meinst du nicht, dass es an der Zeit wäre, sie loszulassen?«, wollte Mister Dunkel wissen, während mein Bruder sich mit unserem Vater prügelte.
Die Unentschlossenheit von Arschloch konnte ich förmlich spüren, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte.
»Lass los, jetzt!«, knurrte Dunkel und machte einen schnellen Schritt nach vorne.
Arschgesicht erschrak so heftig, dass er mich ruckartig losließ und das Weite suchte.
Im letzten Moment fing Mister Dunkel mich auf, sodass ich nicht hinfiel. Mit einem »Danke«, machte ich mich wieder von ihm los und wandte mich meinem Bruder zu.
»Luck, hör auf zu spielen und knock ihn aus. Das ist ein Trauerspiel, das du da veranstaltest.«
»Jetzt verdirb mir doch nicht die Freude daran, dem Alten endlich mal zu zeigen, wo es langgeht. Ich warte schon so lange darauf.«
Ernsthaft?
Ich konnte einfach nur die Augen verdrehen und weiter dabei zusehen. »Wird das heute noch was oder soll ich mir Popcorn besorgen, damit ich nicht verhungere, bis du fertig bist?«
Ein letzter Schlag traf das Gesicht unseres Vaters und ließ ihn bewusstlos zusammensacken.
»Du bist so eine Nervensäge, weißt du das?« Während er sich die Hände massierte, kam er zu mir.
Dass ich ihm allerdings einen ordentlichen Kinnhaken verpasste, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Tja, auch Mädchen können ihren Brüdern ordentlich zusetzen.
Überrascht, sah er mich von seiner Position am Boden aus an. »Was soll denn der Scheiß jetzt?«, knurrte er, während er sich wieder hochrappelte und sich das Kinn rieb.
»Das ist dafür, dass du damals abgehauen bist und mich bei diesem Drecksack zurückgelassen hast!« Ich machte einen schnellen Schritt nach vorne und traf ihn genau zwischen den Beinen. Keuchend ging er wieder zu Boden und hielt sich seinen Schritt. Ich hörte mehrere Männer scharf die Luft einziehen, das kümmerte mich aber nicht sonderlich.
»Und das ist dafür, dass du dich nicht zu erkennen gegeben hast, als ihr hier angekommen seid. Denn ich gehe davon aus, dass du von Anfang an dabei warst. Das alles hättest du verhindern können, wenn du mir gleich gesagt hättest, dass du da bist, denn dann wäre ich nie nach Hause gegangen und dem Wichser von Vater in die Hände gelaufen.« Luck sah zu mir hoch, der Schmerz stand ihm noch deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass es dir gut geht. Hätte ich gewusst, was los ist, hätte ich dich gleich geholt. Wieso hast du es mir nicht sofort gesagt?«
»Oh bitte! Was hättest du denn die letzten Jahre ausrichten können? Außerdem, dass mit dem Arsch, den ich plötzlich heiraten soll, weiß ich selbst erst seit zwei Tagen. Wenn du mal auf dein Handy sehen würdest, könntest du auch die Nachricht bemerken, die ich dir geschickt habe. In der steht, dass ich ein Riesenproblem habe.« Mein Bruder rappelte sich vorsichtig wieder hoch und nahm sein Handy, dabei verzog er das Gesicht.
»Sorry, mein Akku ist leer. Ich wollte es heute Abend noch laden.«
Ja toll und das nützte mir jetzt was, diese Aussage?
»Wie du meinst, ich muss zum Bus.« Damit ging ich zu Molly, die wie versteinert neben meiner Tasche stand.
»Ich melde mich bei dir, sobald ich kann«, versprach ich ihr und drückte sie an mich.
Das löste ihre Starre und sie erwiderte meine Umarmung. »Pass auf dich auf! Wehe ich höre nichts von dir. Zwing mich nicht, dich zu suchen.«
Das brachte mich zum Schmunzeln. Dann schnappte ich mir meine Tasche und machte mich auf den Weg, ohne die Männer zu beachten, die uns beobachteten.
»Letty, jetzt warte doch mal. Ich habe einen Vorschlag für dich.«
Ich war echt sauer auf meinen Bruder, daher ignorierte ich ihn. Doch als er mich an der Schulter nahm und zwang, stehen zu bleiben, schaffte er es, mich richtig sauer zu machen.
»Du fängst dir gleich noch eine, wenn du mich nicht in Ruhe lässt. Ich bin so sauer auf dich, dass ich erst mal nicht mit dir reden will. Geh mir jetzt aus dem Weg. Wenn ich wegen dir den Bus verpasse, rede ich nie wieder mit dir.«
»Darum geht es ja gerade. Du kannst bei uns mitfahren, so haben wir vielleicht etwas Zeit …«
Ich hob die Hand und unterbrach ihn. »Wenn du glaubst, dass ich Zeit mit dir verbringen will, nach allem was passiert ist, dann hast du dich echt getäuscht.«
»Komm schon Letty, sei nicht so. Ich fahre dich, wohin du willst.«
Wohin ich wollte? Es würde bestimmt nicht so lange dauern, wie mit dem Bus und den Zügen. Außerdem wäre es billiger, was mir sehr entgegen kommen würde. Mist, ich dachte wirklich darüber nach.
»Ich habe aber keine Lust, mit dir zusammenzufahren.«
»Dann fährst du eben mit mir«, schaltete sich nun Mister Dunkel ein.
Na, ob das das bessere Los war? Ich überlegte ziemlich lange.
»Jetzt tu nicht so, als müsstest du noch weiter darüber nachdenken. Ich sehe dir an, dass du mitfahren willst.«
Selbst nach all den Jahren, kannte mein Bruder mich gut.
»Na schön. Aber wenn ich die Nase voll hab, steig ich auf den Bus um.« Damit ging ich zu den Maschinen. Dort nahm mir einer der Männer meine Tasche ab und schnallte sie auf eins der Trikes, das einen großen Anhänger hinter sich herzog. Auf diesem stapelten sich bereits mehrere Taschen.
Anschließend stellte ich mich zum Bike, von Mister Dunkel. Ich sollte ihn dringend nach seinem Namen fragen.
Dieser kam und reichte mir einen Helm. »Wir wollen doch nicht, dass diesem Hitzkopf etwas geschieht«, kam es leicht grinsend von ihm.
Maaann, dieser Kerl konnte ja fast lächeln, das war ja ein Ding. So wie es aussah, funktionierten die Gesichtsmuskeln doch noch bei ihm.
»Witzig, wirklich witzig.« Ich legte mir das Tuch um, das bei dem Helm dabei war und setzte ihn dann auf. Nachdem er sich auf seine Maschine gesetzt hatte, stieg ich hinter ihm auf.
»Sag mal, hast du auch einen Namen?«
Er sah mich über seine Schulter hinweg an. »Sicher«, damit startete er und setzte sich in Bewegung.
»Vollidiot«, dachte ich nur, hielt mich an ihm fest, da er ein ordentliches Tempo vorlegte.
6
Mein Bild, von dem kleinen süßen Mädchen, war vollends zerstört, als ich hörte, wie sie ihren Bruder anwies, den Vater fertigzumachen.
Gleich darauf konnte ich beobachten, wie sie ihrem Bruder, einen recht akzeptablen Kinnhaken verpasste und mit einem ordentlichen Tritt in die Eier nachsetzte. Luck tat mir in diesem Moment unheimlich leid. Letty hatte reichlich Feuer in sich und das gefiel mir sehr gut, sie war die perfekte Frau.
Nachdem Luck sich wieder hochgerappelt hatte, versuchte er, seine Schwester zu überreden, mit uns zu kommen. Wir hatten dasselbe Ziel, was sie nicht wusste und das gefiel mir. Ich hatte Luck gesagt, was sie vorhatte, und er wäre beinahe in die Luft gegangen vor Freude, seine Schwester bei sich in der Nähe zu haben.
Da sie aber nichts davon wusste, dass wir in Trenton unser Clubhaus hatten, würde ich darauf wetten, dass das noch ordentlich Ärger geben würde.
»Dann fahr eben mit mir.« Ihr Blick war für mich, einen Moment lang, wie ein offenes Buch. Interesse!
Eine weitere Fahrt mit mir, schien genau das zu sein, was ihr gefallen könnte. Sie überlegte, oder tat zumindest so, denn ihr Bruder kannte sie sehr gut und wusste, dass ihre Entscheidung bereits feststand.
Nun saß sie hinter mir und klammerte sich fest. Warum ich ihr meinen Namen nicht gesagt hatte, wusste ich selbst nicht so genau. Ich glaube einfach, um sie zu ärgern. Ein diabolisches Grinsen überzog mein Gesicht.
Einige Zeit später spürte ich, wie ihr Griff, sich zu lösen begann. Verdammt, sie war ernsthaft dabei, einzuschlafen. Es war mitten in der Nacht, aber in diesem Moment ein Schläfchen zu halten, war keine gute Idee. Vor allem mit den anderen Maschinen hinter uns.
Schnell griff ich nach ihren Händen und legte sie wieder fester um mich. Mit einer Hand zu lenken, war gar nicht so leicht. Doch ich kannte meine Maschine und schließlich gelang es mir, sie zu wecken, sodass sie sich wieder fester hielt.
Wie es der Zufall so wollte, kam ein paar Meilen weiter ein Motel. Wir brauchten alle eine Pause von den letzten Tagen. Warum also nicht die Gelegenheit nutzen?
Als die Ausfahrt kam, bog ich ab und wies Luck an, der neben mir hielt, für uns Zimmer zu besorgen. Anschließend stieg ich ab und ließ mir meine Tasche geben.
»Tom, Dennis, ihr zwei bleibt bei den Maschinen und wehe, auch nur ein Kratzer kommt daran.«
Beide nickten und gingen ihre Sachen holen. Sie waren auf den Trikes die Beifahrer, so konnten sie schlafen, denn sie waren von allen Seiten geschützt. Daher bekamen sie meist die Nachtwache. Aber hauptsächlich taten sie es, weil sie Prospects waren und ich sie gern ärgerte.
Luck kam mit den Schlüsseln für die Zimmer zurück und sah dabei nicht glücklich aus.
»Das hier ist ein Saftladen, es gab nur sechs freie Zimmer.«
Na, das würde kuschlig für die anderen werden. »Macht das Beste draus, ich muss ins Bett.« Damit nahm ich mir meinen Schlüssel und marschierte los.
»Letty, du schläfst am besten bei mir im Zimmer«, hörte ich Luck zu seiner Schwester sagen.
»Sehe ich so blöd aus? Da schlaf ich ja noch lieber hier draußen, oder bei dem Kerl ohne Namen.«
»Hör auf rumzuzicken, wir sind alle müde.«
Ich war mittlerweile oben an meinem Zimmer angekommen, aber das Schauspiel der beiden Geschwister, ließ ich mir nicht entgehen.
»Ich zicke rum, wann es mir passt. Außerdem stelle ich nur etwas klar, und falls du dich erinnerst, ich habe zu Beginn der Fahrt erklärt, dass ich sauer auf dich bin.«
Entnervt warf Luck die Hände in die Luft. »Was hat das jetzt mit der Schlafsituation zu tun?«
Es war einfach zu komisch, wie die beiden diskutierten, aber ich war auch müde.
»Kinder, ich mach dem mal ein Ende. Letty, du schläfst bei mir. Luck verteile die anderen Schlüssel und seht zu, dass ihr euch hinlegt.«
Sofort kam Bewegung in alle, auch Letty schnappte sich ihre Tasche und wollte schon zu mir nach oben kommen, als ihr Bruder sie noch einmal aufhielt. Er sagte etwas zu ihr, und sie riss sich kurz darauf von ihm los, erwiderte etwas, dass ihren Bruder nicht glücklich zu machen schien.
Als sie nach oben kam, sah ich Lucks Blick. Dieser sagte deutlich: »Lass deine Finger von meiner Schwester.« Mal sehen, ich war kein Heiliger, aber aus Freundschaft zu ihm würde ich es versuchen.
Ohne noch weiter darauf einzugehen, drehte ich mich um und öffnete die Tür, wartete bis Letty hineinging und schloss hinter uns ab.
Sie stand etwas verloren in dem kleinen Raum und sah sich um.
»Na, verlässt dich schon der Mut, mit mir allein zu sein?«
Sie ließ die Tasche fallen und drehte sich zu mir um. »Nein, ich habe nur gerade überlegt, wie wir das mit dem Schlafen regeln?«
Ich zog mir meine Jacke aus und setzte mich aufs Bett, um mir meine Schuhe ebenfalls auszuziehen. »Hier ist ein Bett, das genug Platz für zwei bietet.« Ich legte mich darauf und verschränkte die Hände hinter meinem Kopf. »Aber, wenn du den Boden bevorzugst, tu dir keinen Zwang an.« Damit griff ich zur Fernbedienung und schaltete mich durch die paar Kanäle, die angeboten wurden.
Im Augenwinkel bekam ich mit, wie sie wieder nach ihrer Tasche griff und ins Bad verschwand, dabei nuschelte sie irgendetwas vor sich hin, was ich nicht verstand.
Nachdem sie dann eine ganze Weile in dem kleinen Raum verbracht hatte, kam sie mit einem weiten T-Shirt und einer kurzen Hose wieder raus. Verdammt, das Ding bedeckte kaum ihren Arsch.
Ihre Tasche stellte sie neben das Bett und legte sich neben mich. Ich hatte fast damit gerechnet, dass sie sich unter die Decke legen würde, doch anscheinend war das selbst für sie zu warm.
Eine Weile lagen wir einfach nur so da und sahen uns irgendeinen beknackten Film an, bis sie sich dann schließlich mit dem Rücken zu mir drehte und ihre prächtigen Rundungen in meine Richtung streckte.
Jetzt mal ernsthaft, wie sollte man da bitte nicht auf andere Gedanken kommen? Hm, entweder gab ich ihr einen kräftigen Schlag auf den Hintern, oder ich blieb anständig und ließ es für heute gut sein?
Schwere Entscheidung, aber ich glaubte, für heute war es genug. Morgen war ja auch noch ein Tag.
7
Es fiel mir schwer, meine Augen zu öffnen, denn die Wärme, die mich umgab, war mehr als angenehm und ich lag auch erstaunlich bequem. Was sollte es, dann blieb ich eben einfach liegen.
Ich musste wieder eingeschlafen sein, denn das nächste Mal, als ich wach wurde, geschah es durch das Hämmern gegen eine Tür. Etwas hinter mir bewegte sich, auch unter meinem Kopf und dann war die behagliche Wärme weg.
Nein, bitte nicht! Hatte ich etwa mit Mister Dunkel gekuschelt? Bitte, lasst das nur ein Traum gewesen sein. Ich glaubte, die Bemerkungen und den wissenden Blick von ihm würde ich nicht überstehen, ohne knallrot anzulaufen. Am besten, ich stellte mich schlafend und tat, als hätte ich nichts mitbekommen.
Allerdings konnte ich mich nicht lange verstellen, denn kaum, dass sich die Tür öffnete, stürmte mein Bruder ins Zimmer.
»Was hat denn da so lange gedauert?«, fragte er misstrauisch nach.
Die Matratze neben mir senkte sich, und dann landete eine Hand auf meinem Hintern.
»Aufwachen, dein Bruder will wissen, ob ich dich unsittlich berührt habe.«
Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht zu grinsen. Also versuchte ich, möglichst verschlafen zu klingen.
»Meint er denn letzte Nacht, oder jetzt gerade?« In Ordnung, erste Runde geschafft, jetzt nur nicht lachen.
»Weiß nicht. Warte eben, ich frag mal nach.«
»Könnt ihr Zwei mal aufhören so zu tun, als wäre ich nicht anwesend? Ich kann euch hören.«
Verdammt, es fiel mir immer schwerer, nicht zu lachen, vor allem da Mister Dunkel selbst damit anfing und seine Hand nach wie vor auf meinem Hintern lag.
»Wie es scheint, will er sich an unserer Unterhaltung beteiligen«, gluckste der Mann neben mir.