Black Gold Billionaires - Es geht nicht immer ums Geschäft - 4-teilige erotische Serie - Michelle Celmer - E-Book
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Black Gold Billionaires - Es geht nicht immer ums Geschäft - 4-teilige erotische Serie E-Book

Michelle Celmer

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Beschreibung

Begleiten Sie in dieser vierteiligen Serie einige Öl-Tycoone dabei, wie sie um die Stelle des Hauptgeschäftsführers einer lukrativen Raffinerie wetteifern, nachdem der Familienbesitzer sich zurückgezogen hat, um sich auf die Zeugung eines Erben zu konzentrieren. Doch alle Träume scheinen zu entgleisen, als das Geschäft sabotiert wird. Zum Glück hat das Schicksal auch noch etwas anderes für diese sexy Alpha-Männer geplant - die wahre Liebe ... EINE NACHT IST NICHT GENUG Fassungslos starrt Katy ihren verwitweten Schwager Adam an. Der Ölmulti will unbedingt einen Erben! Da hat Katy eine Idee: Und wenn sie nun sein Kind austrägt? Was wird der Mann, für den sie schon lange heimlich schwärmt, zu ihrem gewagten Vorschlag sagen? MEIN MONAT MIT DEM MILLIONÄR "Warum sollte ich dir helfen? Vielleicht möchte ich dich lieber in der Hölle sehen." Die verächtlichen Worte des Ölmultis Emilio Suarez zerreißen Isabelle fast das Herz. Aber sie hat keine Wahl: Früher gehörte sie zur High-Society, jetzt ist sie verwitwet, verarmt und angeklagt - und er der Einzige, der ihr helfen kann! Sie versteht seine Wut. Als Teenager waren sie ein Paar. Bis Isabelle ihn, Sohn der Haushälterin, fallen ließ … Aber als er die Bedingung für seine Hilfe nennt, verschlägt es ihr den Atem: Einen Monat soll sie sein Dienstmädchen sein - und seine Geliebte! EISKALTE GESCHÄFTE, HEIßES VERLANGEN Nichts kann Nathan Everetts Aufstieg an die Spitze von Western Oil stoppen. Außer seine Leidenschaft für Ana, die Erbin eines verfeindeten Energiekonzerns. Gerade glaubte er, ihre heimliche Affäre sei vorbei, da taucht die rothaarige Schöne wieder auf: Verführerisch wie eh und je - und mit einem Baby im Arm, das das verräterische Geburtsmal der Everetts trägt! Durch ihre brisante Beziehung steht plötzlich Nathans Karriere auf dem Spiel, und er muss sich entscheiden: Für den Job, der seinem Leben Halt gibt. Oder für Ana, in deren Armen er spürt, was Liebe ist … DIE MAGIE DEINER LEIDENSCHAFT "Denk dran: Du sollst ihn nicht verführen, sondern überführen!" Als Jane den Auftrag erhält, Jordan Everette auszuspionieren, weiß sie: Das ist der wichtigste Job ihrer Ermittler-Karriere! Getarnt als Sekretärin soll sie Beweise gegen den Geschäftsführer von Western Oil sammeln. Doch der sexy Milliardär wirkt grundehrlich - ist er etwa unschuldig? Jane beschließt, ihn doch zu verführen, um ihm seine Geheimnisse zu entlocken. Ein Spiel mit dem Feuer - denn Jordans Küsse wecken viel mehr als nur Leidenschaft in ihr! Hat sie ihr Herz an einen Kriminellen verloren?

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Seitenzahl: 806

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Impressum

MIRA Taschenbuch Copyright © 2018 by MIRA Taschenbuch in der HarperCollins Germany GmbH Titel der amerikanischen Originalausgaben: "The Tycoon's Paternity Agenda" Copyright © 2010 by Michelle Celmer erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto "One Month with the Magnate" Copyright © 2011 by Michelle Celmer erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto "A Clandestine Corporate Affair" Copyright © 2011 by Michelle Celmer erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto "Much More Than a Mistress" Copyright © 2011 by Michelle Celmer erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with Harlequin Enterprises II B.V./SARL Coverabbildung: Getty Images_Nottomanv1, Vik_Y, erikreis Coverdesign: HarperCollins Germany GmbH, Hamburg / Deborah Kuschel www.mira-taschenbuch.de Werden Sie Fan von MIRA Taschenbuch auf Facebook!

Michelle Celmer

Black Gold Billionaires - Es geht nicht immer ums Geschäft - 4-teilige erotische Serie

1. KAPITEL

Keine Frage – der Mann war eine Zumutung.

Und trotzdem saß sie hier in ihrem Truck auf dem Besucherparkplatz von Western Oil in El Paso, während die gnadenlose texanische Nachmittagssonne auf sie herunterbrannte.

Seit der Beerdigung ihrer Schwester vor drei Jahren hatte Katherine Huntly ihren Schwager Adam Blair, Konzernchef von Western Oil, nicht mehr gesehen. Sein Anruf mit der Bitte um ein Treffen hatte sie völlig verblüfft. Dass er den Nerv besaß, ihr die zweistündige Fahrt nach Süden zuzumuten, anstatt zu ihr nach Peckins zu kommen, war allerdings typisch Adam. Schließlich war er der milliardenschwere Öl-Tycoon und sie nur eine kleine Rinderzüchterin.

Sie hatte seinem Vorschlag zugestimmt, weil sie ohnehin dringende Einkäufe zu erledigen hatte und schon lange nicht mehr auf dem Friedhof gewesen war. Heute Morgen an Rebeccas Grab war ihr wieder einmal die traurige Tatsache zu Bewusstsein gekommen, dass der Tod ihrer großen Schwester sie zum Einzelkind gemacht hatte. Es war einfach nicht fair, dass Becca schon so früh aus dem Leben gerissen worden war.

Katy warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es höchste Zeit war, wenn sie pünktlich sein wollte. Sie öffnete die Fahrertür und stieg aus dem Auto in die glühende Hitze. Es war so heiß, dass die Sohlen ihrer Stiefel fast auf dem Asphalt kleben blieben. Rasch lief sie über den Parkplatz zum Vordereingang und erschauerte, als sie durch die zur Seite gleitenden Glastüren in die klimatisierte Lobby trat. Während sie auf den Metalldetektor zuschritt, machten ihr die misstrauischen Blicke des Wachpersonals deutlich, dass es nicht allzu oft mit Besucherinnen in Jeans und Arbeitskleidung konfrontiert wurde. Und natürlich lösten die Stahlkappen ihrer Sicherheitsstiefel den Alarm aus.

„Bitte leeren Sie Ihre Taschen“, befahl einer der Wachleute.

Gerade als sie erklären wollte, dass ihre Taschen bereits leer waren, erklang eine sonore Stimme: „Sie kann passieren!“

Sie sah auf und entdeckte direkt hinter der Sicherheitsschleuse ihren Schwager.

Ex-Schwager, besser gesagt.

Ohne weitere Fragen winkte der Wachmann sie durch, und Adam trat zur Begrüßung zu ihr.

„Schön, dich zu sehen, Katy.“

„Hallo.“ Sie überlegte kurz, ob sie ihn umarmen sollte, entschied sich dann aber für einen kurzen Händedruck. Als seine Hand sich um ihre Finger schloss, fragte sie sich, ob er wohl die Schwielen, ihre raue Haut und ihre kurz geschnittenen, unlackierten Fingernägel bemerkte. Schließlich war er den Umgang mit Frauen gewohnt, die – wie Rebecca es getan hatte – Stunden in Kosmetikstudios verbrachten, um Maniküre, Pediküre und alle möglichen anderen Behandlungen zu genießen, für die Katy weder Zeit noch Interesse hatte.

Natürlich war es völlig gleichgültig, was er von ihren Nägeln hielt – dennoch verbarg sie nach der Begrüßung ihre Hände in den Taschen ihrer Jeans.

Adam dagegen verkörperte in jeder Hinsicht den milliardenschweren Firmenchef. Sie hatte ganz vergessen, wie hochgewachsen und durchtrainiert er war. Nur wenige Männer überragten Katy, die immerhin knapp einen Meter achtzig groß war, doch Adam maß bestimmt mindestens einen Meter neunzig.

Er trug sein dunkles Haar noch immer so kurz wie früher, doch inzwischen mischten sich an den Schläfen einige graue Strähnen hinein. Das ließ ihn wie alle Männer seines Schlages noch distinguierter wirken. Außerdem entdeckte Katy feine Fältchen um seine Augen und auf seiner Stirn.

Doch für einen Mann von vierzig Jahren war er ungemein attraktiv.

Katy war erst siebzehn gewesen, als ihre Schwester Adam vor zehn Jahren heiratete, und obwohl sie es nie einer Menschenseele verraten hatte, hatte sie doch ein wenig für ihren umwerfenden Schwager geschwärmt.

„Wie war die Fahrt?“, fragte er.

Sie zuckte mit den Schultern. „Wie immer.“

„Darf ich dir eine Tasse Kaffee anbieten?“ Er wies zu dem Coffeeshop am anderen Ende der Lobby.

„Gerne. Warum nicht?“

Die Gäste im Café trugen Business-Kleidung, und die meisten von ihnen saßen vor ihrem Laptop oder hatten das Handy am Ohr. Doch als Adam eintrat, hielten sie alle für einen Moment inne, um ihm zuzunicken oder ihn zu grüßen.

Lieber Himmel! Welch gebieterisches Auftreten! Aber natürlich war er der Boss, und offensichtlich wurde er respektiert – oder gefürchtet.

Sie folgte ihm zur Theke, wo er ein kompliziert klingendes Getränk bestellte, um dann Katy nach ihren Wünschen zu fragen.

„Einfach schwarzen Kaffee, bitte“, antwortete sie. Sie hielt nichts von all den neumodischen Mischungen und Geschmacksrichtungen.

Mit den Getränken in der Hand dirigierte er sie zu einem Tisch nach ganz hinten. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er sie mit in sein Büro nehmen würde, aber hier war die Atmosphäre zumindest etwas weniger förmlich und einschüchternd. Noch immer wusste sie nicht, was er von ihr wollte.

„Wie geht es deinen Eltern?“, fragte Adam, als sie Platz genommen hatten. „Und wie läuft die Ranch? Ich nehme an, das Geschäft floriert?“

„Es geht uns gut. Vielleicht hast du es ja gehört, seit zwei Jahren haben wir komplett auf Bio umgestellt.“

„Großartig. Das ist der Weg der Zukunft.“

Sie nippte an ihrem Kaffee, der genau so war, wie sie ihn mochte – heiß und stark. „Aber du hast mich sicherlich nicht hergebeten, um mit mir über Viehzucht zu reden.“

„Nein“, gab er zu. „Ich möchte etwas mit dir besprechen. Etwas … Persönliches.“

Sie konnte sich nicht vorstellen, was das wohl sein mochte, daher zuckte sie nur mit den Schultern. „Okay.“

„Ich weiß nicht, ob Becca es dir erzählt hat, aber ehe ihre Krankheit diagnostiziert wurde, waren wir wegen unseres Kinderwunsches in Behandlung. Der Arzt schlug damals eine In-vitro-Befruchtung vor, und Becca unterzog sich gerade einer Hormontherapie, als der Krebs entdeckt wurde.“

„Das hat sie mir gesagt.“ Katy wusste, wie sehr ihre Schwester darunter gelitten hatte, nicht auf normalem Weg schwanger zu werden. Es hatte sie geradezu in Panik versetzt, Adam zu enttäuschen, denn ihr ganzes Leben schien sich nur darum zu drehen, ihm alles recht zu machen. Becca verbrachte so viel Zeit und Energie damit, die perfekte High-Society-Gattin zu sein, dass sie kaum noch Zeit für ihre Familie hatte. Adams Terminkalender war so voll gewesen, dass sie es im Jahr, bevor sie krank wurde, nicht einmal zu einem Weihnachtsbesuch geschafft hatten.

Katy hätte an ihrer Stelle vehement darauf bestanden, ihre Familie zu sehen. Auch wenn sie Weihnachten dann ohne ihren Ehemann verbringen müsste. Aber natürlich hätte sie auch nie einen Mann wie Adam geheiratet, der so fordernd und egoistisch war. Und schon gar nicht jemanden, der ihre Liebe zur Ranch nicht teilte. Becca dagegen hatte sich schon von klein auf ein kultiviertes Leben in der Stadt gewünscht.

„Sie war sich so sicher, dass sie die Krankheit besiegen würde“, fuhr Adam fort. „Wir dachten, wir könnten dann eine Leihmutter für das Baby finden. Doch leider durchkreuzte das Schicksal unsere Pläne.“

„Auch das hat sie mir erzählt.“ Katy versuchte, die Bitterkeit zu verdrängen, die in ihr aufstieg. Während die Eizellen heranreiften, hatte Becca die Chemotherapie aussetzen müssen, und das hatte sie vielleicht das Leben gekostet. Katy hatte sie damals angefleht, die Chemo fortzusetzen. Adam und Becca hätten doch später auch ein Kind adoptieren können, doch Becca wusste, wie sehr sich Adam ein eigenes Kind wünschte. Und wie immer hatte sie alles getan, um ihn glücklich zu machen.

Es wäre so einfach gewesen, Adam die Schuld an ihrem Tod zu geben, doch letztlich war es Beccas Entscheidung gewesen. Eine Entscheidung, die ihre Schwester teuer bezahlt hatte.

„Und was hat das mit mir zu tun?“, fragte Katy.

„Ich finde, du solltest wissen, dass ich beschlossen habe, die eingefrorenen Embryos von einer Leihmutter austragen zu lassen.“

Er sagte dies, als sei es die natürlichste Sache der Welt.

Katy brauchte ein paar Sekunden, bis sie den Sinn seiner Worte begriff. Wollte er tatsächlich eine Fremde anheuern, die das Kind ihrer Schwester austragen sollte?

Sie war so geschockt, dass es ihr die Sprache verschlug. Wie konnte er nur?

Sie bemerkte, dass ihr Mund vor Überraschung offen stand, und schloss ihn so energisch, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Adam sah sie erwartungsvoll an.

„Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll“, stammelte sie schließlich.

„Nur zu deiner Information: Ich bitte dich nicht um Erlaubnis oder um deine Zustimmung. Aber anstandshalber, weil es ja auch um Rebeccas Kind geht, dachte ich, ich sollte dich informieren.“

Er war nicht der Typ Mann, der Dinge „anstandshalber“ tat. Er tat nichts, was nicht von Vorteil für ihn war. Vermutlich hatte er vorher einen Anwalt konsultiert, der ihm den Rat gegeben hatte, Beccas Familie zu kontaktieren.

„Ich dachte auch, du könntest mir vielleicht ein paar Tipps geben, wie ich es am besten deinen Eltern beibringe“, fügte Adam hinzu.

Katy war zu perplex, um zu antworten. Als wäre es nicht schwer genug für ihre Eltern gewesen, die Tochter zu verlieren. Jetzt sollten sie auch noch mit dem Wissen leben, dass es da ein Enkelkind gab, dessen Vater schon für einen kurzen Weihnachtsbesuch zu beschäftigt gewesen war? Wie konnte er es wagen, ihnen das anzutun? Und sie sollte ihm dabei auch noch helfen?

„Ich würde dir raten, es nicht zu tun“, erwiderte sie.

„Es ihnen nicht sagen?“ Adam wirkte perplex.

„Verwende die Embryos nicht.“ Vor lauter Ärger zitterte ihre Stimme. „Haben meine Eltern denn nicht schon genug durchgemacht? Ich kann nicht glauben, dass du derart egoistisch bist. Dass du auch nur dran denkst, ihnen das zuzumuten.“

„Ich würde ihnen ein Enkelkind schenken. Ihre Tochter würde in diesem Kind weiterleben. Ich könnte mir vorstellen, dass sie darüber glücklich wären.“

„Ein Enkelkind, das sie nie zu Gesicht bekommen? Du glaubst wirklich, das würde sie glücklich machen?“

„Warum sollten sie das Baby nicht sehen?“

Wollte er sie auf den Arm nehmen? „In den letzten drei Jahren eurer Ehe habt ihr beide, du und Becca, uns vielleicht fünf Mal besucht. Höchstens. Du hattest ja immer so viel zu tun.“

Die neugierigen Blicke, die sich auf sie richteten, machten ihr bewusst, dass ihre Stimme fast hysterisch laut geworden war. Also atmete sie tief durch und zwang sich, leiser zu sprechen. „Warum heiratest du nicht einfach wieder und bekommst ein Baby mit deiner neuen Frau? Du bist reich und attraktiv. Sicher stehen die Frauen Schlange, die sich darum reißen, dich zu heiraten. Oder du adoptierst ein Kind. Aber lass meine Familie aus dem Spiel.“

Adam blieb erstaunlich ruhig. „Wie schon gesagt, ich bitte dich nicht um Erlaubnis, sondern wollte dich aus reiner Höflichkeit informieren.“

„Schwachsinn“, murmelte sie.

Adam hob eine Augenbraue. „Bitte?“

„Ich bin kein kleines, dummes Mädchen vom Land, Adam. Also bitte beleidige meine Intelligenz nicht, indem du mich wie eine Idiotin behandelst. Du hast mich hergebeten, weil dein Anwalt dich vermutlich davor gewarnt hat, dass meine Eltern gegen dein Vorhaben gerichtlich vorgehen könnten. Und dem willst du vorbeugen.“

Seine Miene verdunkelte sich, und ihr wurde klar, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Deine Familie hat keinen Rechtsanspruch auf die Embryos.“

„Das mag stimmen, aber falls wir vor Gericht gingen, könnte sich die Sache über Jahre hinziehen, hab ich recht?“

Er runzelte die Stirn und beugte sich vor. „Dafür fehlen euch die finanziellen Mittel.“

So leicht ließ Katy sich nicht einschüchtern. „Mit Sicherheit gibt es irgendwo da draußen einen Anwalt voller Ideale, der sich einer solchen Sache liebend gern annimmt.“

Er zuckte nicht mit der Wimper. Durchschaute er ihren Bluff? Weder kannte sie einen solchen Anwalt, noch würden ihre Eltern jemals gerichtlich gegen Adam vorgehen. Sie wären zwar todunglücklich, würden sich aber mit den Tatsachen abfinden.

„Ich denke, wir sollten auf dem Boden der Tatsachen bleiben“, bemerkte Adam ruhig und vernünftig.

„Du hast nicht die geringste Ahnung, was es bedeutet, Vater zu sein“, blaffte sie ihn an. „Du hättest doch nicht einmal Zeit für ein Kind. Kannst du dir vorstellen, was auf dich zukommen würde? Windeln wechseln und mitten in der Nacht die Flasche geben. Oder willst du jemand einstellen, der das Kind für dich großzieht? Und ihm die Drecksarbeit überlassen?“

„Du weißt überhaupt nichts von mir“, antwortete er.

„Sehr traurig, wenn man bedenkt, dass du sieben Jahre lang mit meiner Schwester verheiratet warst.“

Er atmete tief durch. „Ich glaube, wir kommen vom Thema ab.“

Im Grunde hatte sie nur das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten verschoben. Nur so konnte man mit Männern wie ihm umgehen. Ein Trick, den Becca offensichtlich nie gelernt hatte.

„Glaub mir, dass ich viel darüber nachgedacht habe, und ich bin letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass ich es tun muss. Und ich versichere dir, dass sowohl du wie auch deine Eltern das Baby sehen werden. Meine Eltern leben beide nicht mehr, sodass ihr außer mir die einzige Familie des Kindes sein werdet. Und diese Familie werde ich ihm nicht vorenthalten.“

„Und das soll ich dir glauben?“

„Es bleibt dir wohl nichts anderes übrig. Denn wir wissen beide, dass die Chancen, einen Anwalt zu finden, der euch kostenlos vertritt, gegen null gehen. Ich bin seit vielen Jahren Geschäftsmann und falle nicht so leicht auf einen Bluff herein.“

Katy biss sich auf die Unterlippe.

„Ich möchte niemanden verletzen, Katy. Ich möchte einfach nur ein Kind.“

Doch warum musste es ausgerechnet Beccas Kind sein? „Vielleicht sind wir nicht so vermögend wie du, aber wir können uns trotzdem dagegen wehren.“

„Ihr würdet nur verlieren.“

Ja, das stimmte. Sie würde einen Riesenzirkus in Gang setzen, ihre Eltern im Prozess durch die Hölle gehen lassen, und sie alle finanziell ruinieren.

Sie hatte keine andere Wahl, als es zu akzeptieren – das war die traurige Wahrheit. Sie musste darauf vertrauen, dass er sein Wort hielt und sie das Baby sehen würden.

„Darf ich fragen, wer die Leihmutter sein wird?“

Er war so gnädig, sich angesichts ihrer offensichtlichen Kapitulation nicht vor Schadenfreude die Hände zu reiben. „Das ist noch nicht sicher. Mein Anwalt überprüft gerade einige mögliche Kandidatinnen.“

„Woher willst du wissen, dass sie vertrauenswürdig sind?“

„Sie müssen ein sehr strenges Auswahlverfahren durchlaufen, und ihre Vergangenheit wird akribisch durchforstet.“

Doch eine hundertprozentige Sicherheit würde es nie geben. Was war, wenn die Frau während der Schwangerschaft rauchte oder Drogen nahm? Oder andere Risiken einging, die dem Baby schadeten? Oder wenn sie schließlich beschloss, das Kind zu behalten?

Oder schlimmer noch, sie könnte einfach auf Nimmerwiedersehen mit Rebeccas Kind verschwinden. Für ihre Eltern – und wahrscheinlich auch für Adam – wäre das dann, als würden sie Rebecca noch einmal verlieren.

„Was ist, wenn du die Frau für vertrauenswürdig hältst, dich aber irrst?“, fragte sie und fühlte sich von Sekunde zu Sekunde unbehaglicher.

„Das wird nicht geschehen“, versicherte ihr Adam.

Katy trank einen großen Schluck Kaffee und verbrannte sich dabei die Zunge. Wenn sie der Sache ihren Lauf ließ, standen ihr neun Monate äußerster Anspannung bevor, in denen sie um die Sicherheit ihrer Nichte oder ihres Neffen bangen müsste. Es gab nur eine einzige Person, die vertrauenswürdig genug war, um das Baby ihrer Schwester auszutragen. Es war völlig verrückt, aber es war die einzige Lösung. Die einzige gute Lösung. Und sie würde alles Menschenmögliche tun, um Adam davon zu überzeugen.

„Ich wüsste, wer die perfekte Leihmutter ist“, sagte sie.

„Wer?“

„Ich.“

Adam hatte mit allen möglichen Reaktionen gerechnet, doch er hätte sich nicht im Traum vorstellen können, dass Katy sich selbst als Leihmutter vorschlagen würde. Was für ihn allerdings keine Option darstellte.

Er hatte sich zuerst an sie gewandt, weil er glaubte, sie sei leicht zu manipulieren, aber die süße, kleine Katy hatte sich verändert. Sie war nicht mehr so naiv wie früher. Und sie hatte ins Schwarze getroffen mit ihrer Vermutung über den Rat seines Anwalts. In einem Rechtsstreit über die Verwendung der Embryos würde er gewinnen, doch bis zu einem Urteil konnten Jahre vergehen. So lange wollte er nicht warten. Wenn er Katy Beccas Kind austragen ließe, würde er zwar den von ihrer Familie zu erwartenden Widerstand umgehen, es würden sich aber eine ganze Reihe anderer Probleme ergeben.

„Das kann ich nicht von dir verlangen“, sagte er.

„Das hast du nicht. Ich habe es angeboten.“

„Ist dir auch nur ansatzweise klar, welche Opfer, physisch und psychisch, du bringen müsstest?“

„Ich weiß genau, worauf ich mich einlasse. Ich habe die Schwangerschaften von einigen meiner Freundinnen miterlebt.“

„Ob man nun jemanden kennt, der schwanger ist, oder ob man selbst ein Kind erwartet, ist vermutlich nicht das Gleiche.“

„Ich möchte es aber, Adam.“

Ihm fiel ein anderes Argument ein, um sie von ihrer Idee abzubringen. „Was würde wohl dein Lebensgefährte dazu sagen?“

„Das wäre kein Problem. Ich bin hin und wieder mit Willy Jenkins zusammen, aber ich würde ihn nicht als meinen Lebensgefährten bezeichnen. Wir sind eher lose befreundet … falls du verstehst, was ich meine.“

Das tat er, und aus irgendeinem lächerlichen Grund hätte er sich diesen Jenkins am liebsten einmal zur Brust genommen. Für ihn würde Katy immer Rebeccas kleine Schwester bleiben.

Doch sie war inzwischen eine erwachsene Frau – sieben- oder achtundzwanzig Jahre alt, wenn er sich recht erinnerte. Es ging ihn wahrlich nichts an, mit wem sie eine Affäre hatte.

Oder warum.

„Die ganze Sache würde ein Jahr lang dauern“, gab er zu bedenken. „Oder auch länger, falls es nicht beim ersten Mal klappt. Was, wenn du in der Zwischenzeit jemanden kennenlernst?“

„Wer sollte das schon groß sein? Peckins hat achthundert Einwohner. Die meisten Männer kenne ich schon seit dem Kindergarten. Wenn es mein Schicksal wäre, mich unsterblich in einen von ihnen zu verlieben, wäre das längst passiert.“

„Hast du an die körperlichen Beschwerden einer Schwangerschaft gedacht?“

„Schau mich an“, sagte sie und wies auf ihre legere Kleidung und ihr zu einem Pferdeschwanz gebundenes aschblondes Haar. „Ich bin nicht wie Rebecca. Ich würde mir keine Gedanken über mein Gewicht oder Dinge wie Schwangerschaftsstreifen machen. Und du wirst niemanden finden, der so verantwortungsvoll ist wie ich. Ich rauche nicht und nehme keine Drogen, nicht einmal rezeptfreie Schmerzmittel. Ich trinke hin und wieder mal ein Bier, aber es macht mir nichts aus, darauf zu verzichten. Außerdem bin ich kerngesund, und mein Arzt sagt mir jedes Mal beim jährlichen Gesundheitscheck, dass ich den idealen Körper zum Kinderkriegen habe.“

Den hatte sie bestimmt. Sie hatte die Figur eines Pin-up-Girls der Fünfzigerjahre. Damals hatten die Frauen noch wie Frauen ausgesehen. In seinen Augen war Rebecca immer viel zu sehr auf ihr Gewicht und ihr Aussehen bedacht gewesen. Sogar während der Chemo hatte sie sich aus dem Bett gequält, um sich zu schminken. Und als sie das Bett nicht mehr verlassen konnte, hatte eine Pflegerin es für sie tun müssen.

Beim Gedanken an Becca fühlte er wie immer den vertrauten schmerzhaften Stich im Herzen.

Überraschenderweise beugte sich Katy über den Tisch und griff nach seiner Hand. Noch mehr überraschte ihn jedoch das leichte Kribbeln, das er spürte, als sich ihre Finger berührten. Ihre Hände waren rau von der Rancharbeit, doch ihre Haut fühlte sich warm an. Ihre Nägel waren unlackiert, aber sauber und gut manikürt. Alles an ihr wirkte sehr … natürlich.

„Adam, du weißt genau, dass du niemanden finden wirst, der so vertrauenswürdig ist wie ich.“

Widerwillig musste er zugeben, dass sie recht hatte. Natürlich würde Katy nie etwas tun, das dem Kind ihrer Schwester schaden könnte. Doch möglicherweise würde sie die Gelegenheit nutzen, um ihn zu manipulieren, und er würde sich nie freiwillig in eine Lage begeben, in der er nicht die Oberhand hatte. Beruflich nicht und schon gar nicht privat.

Doch sie diskutierten hier über das Wohlergehen seines Kindes. War es nicht seine Pflicht als Vater, das Wohl seines Kindes an die erste Stelle zu setzen?

Katy drückte seine Hand so fest, dass seine Finger schon gefühllos wurden und seine Angestellten neugierige Blicke zu ihnen herüberwarfen.

Sanft entzog er ihr seine Hand. „Schau, Katy …“

„Bitte, Adam. Bitte lass es mich machen.“ Sie sah ihn flehentlich an und fuhr fort: „Becca hätte es so gewollt, das weißt du.“

Autsch! Dieser Schlag hatte gesessen. Und das Schlimmste war, dass es stimmte. War er es Rebecca nicht schuldig, dass er Katy dies für sie tun ließ? Hatte er nicht in der Tat Schuld daran, dass Becca den Kontakt mit ihrer Familie hatte abreißen lassen?

„Obwohl ich es besser wissen sollte und gern erst mit meinem Anwalt darüber sprechen würde, ehe ich eine definitive Antwort gebe … so bin ich doch geneigt, Ja zu sagen.“

Erleichterung und Dankbarkeit zeigten sich auf ihrem Gesicht. „Danke, Adam, ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen.“

Unmöglich, denn er bereute es jetzt schon.

Katy brach bald danach auf, und Adam eilte voller zwiespältiger Gefühle zurück in sein Büro.

Einerseits erkannte er klar die Vorteile, wenn Katy als Leihmutter fungierte. Theoretisch war es die ideale Lösung. Doch aus Erfahrung wusste er, dass sich die Dinge nicht immer nach Plan entwickelten. Was heute „ideal“ schien, konnte morgen schon ein Desaster sein.

Vor einer endgültigen Entscheidung musste er mit seinem Anwalt sprechen.

Seine Sekretärin Bren hielt ihn auf, als er an ihrem Schreibtisch vorbei in sein Büro gehen wollte. „Mr Suarez möchte Sie sprechen, sobald Sie Zeit haben.“

„Sagen Sie ihm, jetzt würde es mir passen.“ Wahrscheinlich konnte er sich ohnehin nicht auf die Arbeit konzentrieren – zu viele Gedanken gingen ihm im Kopf herum.

Er betrat sein Büro und schenkte sich an der Bar einen Scotch ein, ehe er sich an den Schreibtisch setzte und den PC einschaltete.

„Hallo, Boss.“

Emilio Suarez, Finanzchef von Western Oil, stand in der Tür.

Als Adam Western Oil von seinem Vater erbte, befand sich der Konzern in einer ernsten Finanzkrise, doch dank Emilios Geschick konnte der Ruin abgewendet werden. Obwohl er aus einer bescheidenen puerto-ricanischen Familie stammte, hatte er mithilfe von Stipendien sein Studium als Jahrgangsbester abgeschlossen und war so Adam aufgefallen, als dieser sein Team von Managern zusammenstellte. Inzwischen war Emilio ein unverzichtbarer Angestellter – und guter Freund – und jeden Penny seines abstrus hohen Gehalts wert.

Adam winkte ihn herein. „Du wolltest mich sprechen?“

Emilio schloss die Tür hinter sich und schenkte sich ebenfalls einen Drink ein. „Ich erhielt heute einen interessanten Anruf von meinem Bruder.“

„Vom Generalbundesanwalt, von dem in Europa oder von deinem anderen Bruder?“

Der „andere“ Bruder war das schwarze Schaf der Familie. Ein Weltenbummler, der sich nur meldete, wenn er etwas brauchte – meistens Geld zum Wetten oder um Schulden zu bezahlen.

„Vom Generalbundesanwalt“, erwiderte Emilio und nahm Adam gegenüber Platz. „Und falls dich jemand fragt … die Information ist nicht von mir.“

„Natürlich.“

„Du kennst doch Leonard Betts?“

„Nur dem Namen nach.“ Er war ein Finanzgenie und Forbes zufolge einer der reichsten Männer von Texas. Man sagte ihm nach, dass er alles in Gold verwandeln konnte, was er anfasste.

„Laut Alejandro ermittelt die Börsenaufsicht gegen ihn, und es sieht so aus, als würden er und seine Frau wegen eines Pyramidenspiels verhaftet.“

Adam schüttelte ungläubig den Kopf. „Seine Frau auch?“

„Und ihre Eltern … oder wenigstens ihre Mutter, denn ihr Vater starb ja vor einigen Jahren.“

„Eine Familiengeschichte also.“

„Vermutlich. Ich wollte dich nur vorwarnen, denn es besteht die winzige Möglichkeit, dass mein Name erwähnt wird, wenn die Medien die Sache aufgreifen.“

Adam richtete sich auf. „Du hast bei ihm investiert?“

„Nein! Nein, die Beziehung ist mehr persönlicher Art.“

Adam runzelte missbilligend die Stirn. „Wie persönlich?“

„Ich war im College mit Isabelle Winthrop verlobt, Betts’ Frau.“

Adam fiel beinahe die Kinnlade hinunter. Emilio hatte nie erwähnt, dass er sie kannte, geschweige denn mit ihr verlobt gewesen war. Oder mit irgendjemand anderem. Ganz im Gegenteil – sein Finanzchef war ein eingeschworener Gegner der Institution Ehe. Adam wäre nie auf die Idee gekommen, dass Emilio jemals auch nur darüber nachgedacht hatte, vor den Traualtar zu treten. „Ich hatte keine Ahnung.“

„Sie hat mich wegen Betts verlassen, zwei Wochen, bevor wir heimlich heiraten wollten.“

„Verdammt! Das tut mir wirklich leid.“

Emilio zuckte mit den Schultern. „Eigentlich hat sie mir damit einen Gefallen getan. Wir waren jung und dumm. Wir hätten uns wahrscheinlich spätestens nach einem Jahr wieder scheiden lassen.“ Er seufzte und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Und nun zu dir. Ich habe da etwas von einer geheimnisvollen Frau gehört …“

„Die Buschtrommeln funktionieren ja gut.“ Er hätte Katy mit in sein Büro nehmen sollen.

„Der Firmenchef kann eben nicht in der Cafeteria mit einer Unbekannten Händchen halten und glauben, dass niemand es bemerkt.“

„Nun, sie ist keine Unbekannte, sondern meine Schwägerin. Und wir haben nicht Händchen gehalten, sondern nur geredet.“

„Ich dachte, du hast keinen Kontakt mehr zu Beccas Familie.“

„Hatte ich auch lange nicht. Aber es gab etwas zu besprechen.“

„Alles in Ordnung?“

Bisher ja. Adam hatte sich noch niemandem außer seinem Anwalt und dem Reproduktionsmediziner anvertraut. Doch Emilio würde mit Sicherheit Stillschweigen über Adams Babypläne bewahren, also weihte er ihn ein.

„Wow“, sagte Emilio und schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich wusste gar nicht, dass du dir Kinder wünschst. Mit Becca zusammen, ja, aber als alleinerziehender Vater?“

„Ich denke schon eine ganze Weile darüber nach und glaube, die Zeit ist reif. Und da ich nicht vorhabe, wieder zu heiraten …“ Er zuckte mit den Schultern. „Scheint mir eine Leihmutter die beste Lösung.“

„Und weshalb war deine Schwägerin hier?“

„Ich habe sie auf Anraten meines Anwalts informiert.“

„Und wie reagierte sie?“

„Sie möchte die Leihmutter sein.“

„Ernsthaft?“

„Ja, sie war sogar ziemlich überzeugend. Sie macht geltend, dass sie die einzige Person ist, der ich uneingeschränkt vertrauen kann.“

„Und vertraust du ihr?“

„Sie würde sicher nichts tun, was Beccas Baby schaden könnte.“

„Aber …“

„Katy wirkt ziemlich … eigensinnig. Wenn ich jemanden anstelle, bin ich derjenige, der das Sagen hat. Katy dagegen könnte alles sehr kompliziert machen.“

„Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, aber wenn du sie abweist, könnte sie die Sache auch kompliziert machen.“

„Genau.“

„Dann steckst du also auf jeden Fall in der Klemme.“

„Mehr oder weniger.“ Und er stand wahrlich nicht gern mit dem Rücken zur Wand.

2. KAPITEL

Was zum Teufel hatte er eigentlich hier verloren?

Adam beugte sich hinab, um die Unterlagen aufzuheben, die vom Ledersitz hinuntergefallen waren, während die Limousine über die löchrige, schlammige Schotterstraße schlingerte und holperte, die zur Viehranch der Huntlys führte.

Reece, sein Fahrer und Bodyguard, würde den Wagen gleich nach ihrer Rückkehr in El Paso durch die Waschanlage fahren müssen. Wenigstens hatte der sintflutartige Regen nachgelassen, und sie fuhren nun schon seit etlichen Meilen unter einem strahlend blauen Himmel dahin.

Adam bemerkte, dass sich seit seinem letzten Besuch vor vier Jahren nur wenig verändert hatte. Die allesamt schon älteren Gebäude waren in gutem Zustand. Üppige Weiden mit grasendem Vieh erstreckten sich, so weit das Auge reichte.

Seit fünf Generationen befand sich die Ranch schon in Familienbesitz. Becca hatte keinerlei Interesse daran gehabt, die Tradition fortzuführen. Soweit es sie betraf, konnte Katy alles haben.

Und das würde sie jetzt auch.

Die Limousine kam vor den Stufen zur vorderen Veranda zum Stehen.

Reece stieg aus, um Adam die Tür zu öffnen. Ein Schwall heißer, feuchter Luft verdrängte augenblicklich die angenehme Kühle im Wageninnern.

Dieses Treffen war Katys Idee gewesen, und Adam war nicht besonders erbaut davon. Nicht, dass er seine früheren Schwiegereltern ablehnte, aber er hatte auch nichts mit ihnen gemeinsam. Doch da sie am Leben seines Kindes teilhaben würden, sollte er sich zumindest um ein wenig Herzlichkeit bemühen. Katy hatte ihm erzählt, wie sehr sein Plan ihre Eltern schockiert hatte, doch die Wogen hatten sich geglättet, nachdem sie erfuhren, dass Katy die Leihmutter sein wollte. Und seit letzter Woche, als er und Katy bei seinem Anwalt einen Leihmutter-Vertrag unterschrieben hatten, war die Sache offiziell. Mit etwas Glück würde sie neun Monate nach ihrem nächsten Eisprung Beccas Kind zur Welt bringen.

Nach Monaten des Überlegens und Planens fiel es ihm schwer zu glauben, dass es endlich so weit war. Endlich bekam er seine Chance. Und trotz aller Bedenken von Katy und ihren Eltern würde er ein guter Vater sein. Anders als sein eigener Vater, der kaum mehr als ein Geist gewesen war, nachdem seine Mutter gestorben war. Adam hatte die meiste Zeit seiner Kindheit in Internaten oder Ferienlagern verbracht. Das Einzige, was sein Vater je für ihn getan hatte, war, ihm Western Oil zu vererben.

„Sir?“

Adam sah auf und bemerkte Reece, der in der offenen Wagentür stand und darauf wartete, dass er endlich ausstieg.

„Ist alles in Ordnung, Sir?“, fragte Reece.

„Alles bestens.“ Adam stieg aus dem Wagen hinaus in die schwüle Hitze.

„Hallo, Fremder“, hörte er jemanden von der Scheune her rufen. Es war Katy, die in Arbeitsklamotten auf ihn zukam. Ihre dicken Lederhandschuhe und die Stiefel waren schlammverkrustet. Das Haar trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und als sie näher kam, entdeckte er auf ihrer linken Wange Schlammspuren. Aus einer seltsamen Laune heraus hatte er das Bedürfnis, ihr den Schmutz abzuwischen.

Er musterte sie von Kopf bis Fuß. „Bin ich zu früh?“, fragte er. „Ich dachte, wir hätten vier Uhr ausgemacht.“

„Nein, du bist genau pünktlich. Durch den Regen kam nur unser Arbeitsplan etwas durcheinander.“ Sie folgte seinem Blick an ihrer schweißgetränkten Bluse und den verschmutzten Jeans hinunter und sagte entschuldigend: „Ich würde dich ja umarmen, aber ich bin ziemlich verdreckt.“

Er war ohnehin nicht der Typ, der andere gern umarmte.

Sie zog den Handschuh aus, wischte die Hand an der Jeans ab und streckte sie ihm entgegen. Ihre Haut war heiß und ihr Handgriff fest. Sie drehte sich zu Reece um und stellte sich selbst vor. „Katherine Huntly, aber alle nennen mich Katy.“

„Reece Wilson, gnädige Frau.“

„Es ist unglaublich heiß heute. Möchten Sie nicht mit ins Haus kommen?“, fragte sie. „Vielleicht etwas Kaltes trinken?“

„Nein, vielen Dank, gnädige Frau.“

„Falls Sie sich wegen des Wagens Sorgen machen … ich verspreche Ihnen, dass ihn niemand klauen wird.“ Katy lächelte Reece an.

Flirtete sie etwa mit seinem Fahrer? „Er kommt schon zurecht“, sagte Adam. „Und wir haben eine Menge zu besprechen.“

Ihr Lächeln verblasste, und Missbilligung lag in ihrer Stimme, als sie sagte: „Gut, dann komm rein.“

Er folgte ihr die Verandastufen hinauf, wo sie die schlammigen Stiefel auszog, ehe sie die Tür öffnete. Hinter einer engen Diele befand sich ein großer Wohnraum, links führte eine Treppe in den ersten Stock hinauf.

Die Möbel waren eine Mischung aus allen möglichen Stilen und Zeitaltern, abgenutzt aber gemütlich. Das einzige moderne Stück war anscheinend der große Flachbild-Fernseher über dem Kamin. Sonst hatte sich nichts verändert. Obwohl Adam zugeben musste, dass er nicht oft genug hier gewesen war, um kleinere Neuerungen zu bemerken. Seine Besuche auf der Ranch in den sieben Jahren seiner Ehe mit Becca konnte er an zwei Händen abzählen.

„Meine Eltern hätten dich gern begrüßt, aber sie wurden auf der Rinderauktion in Bellevue aufgehalten“, sagte ihm Katy. „In einer Stunde werden sie vermutlich zurück sein.“

Eigentlich wollte er sich dann schon längst wieder auf den Rückweg nach El Paso gemacht haben. Er hatte morgen einen langen Arbeitstag vor sich.

„Möchtest du etwas trinken?“, fragte sie. „Eistee oder Limonade?“

„Ich richte mich ganz nach dir.“

Katy drehte sich zu Küchentür und rief: „Elvie? Bist du da?“

Es vergingen einige Sekunden, bis sich die Tür einen Spaltbreit öffnete und ein schüchtern wirkendes lateinamerikanisches Mädchen herauslugte, das höchstens sechzehn Jahre alt sein konnte. Als sie Adam erblickte, machte sie große Augen, senkte dann aber rasch den Blick. „Si, Miss Katy.“

„Elvie, das ist Mr Blair. Bring ihm bitte etwas Kaltes zu trinken und auch seinem Fahrer vor der Tür, okay?“

Das Mädchen nickte und verschwand zurück in die Küche.

Katy blickte an sich hinunter. „Ich sehe schrecklich aus. Ich muss unbedingt schnell duschen und mich umziehen. Es dauert nur eine Minute. Fühl dich ganz wie zu Hause.“

Sie ließ ihn stehen und eilte die Treppe hinauf. Adam vertrieb sich die Wartezeit, indem er zum offenen Kamin hinüberschlenderte und die gerahmten Familienfotos betrachtete, die dort aufgereiht standen.

Er beugte sich vor, um ein Foto von Becca anzusehen, das sie bei ihrer College-Abschlussfeier zeigte. Sie sah so jung aus. Und voller Hoffnungen. Er hatte sie nur wenige Jahre später auf einer Cocktailparty in seinem Haus kennengelernt, zu der sie in Begleitung einer Studienkollegin gekommen war. Obwohl sie fast zehn Jahre jünger gewesen war als er, fand er sie schlicht unwiderstehlich. Und die Anziehung hatte offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruht. Darum hatte er sie eingeladen, mit ihm auszugehen und war ehrlich überrascht gewesen, als sie ablehnte.

Sie sagte, sie fände ihn sehr attraktiv, aber sie müsse sich voll auf ihr Studium konzentrieren. Sie wolle sich eine Zukunft aufbauen und könne nicht von ihrem Plan abweichen. Adams Respekt für sie wurde dadurch nur noch größer.

Doch er war es nicht gewohnt, ein Nein als Antwort zu akzeptieren, und daher bemühte er sich umso mehr, bis sie schließlich einwilligte, sich mit ihm zu treffen. Auf rein freundschaftlicher Basis, wie sie betonte. Er führte sie zum Abendessen aus und ins Theater. Sie hatte ihm nicht einmal einen Abschiedskuss gegeben, doch als er in jener Nacht nach Hause fuhr, wusste er, dass er sie heiraten wollte. Sie verkörperte alles, was er sich von einer Ehefrau wünschte.

Sie gingen noch einige Male miteinander aus, bevor sie sich endlich von ihm küssen ließ, und weitere drei quälende Monate zogen ins Land, ehe sie mit ihm ins Bett ging. Dieses erste Mal war nicht wirklich eine Sensation gewesen – es dauerte einige Zeit, bis sich ihre Körper aneinander gewöhnten, doch auch später war ihr Sexleben nicht unbedingt das, was er verdammt heiß genannt hätte. Überhaupt gründete sich ihr Verhältnis eher auf Respekt als auf Sex. Und er mochte es so.

Sie waren schon fast sechs Monate zusammen, als sie ihm ihre bescheidene Herkunft beichtete – was für ihn überhaupt keinen Unterschied machte – und erst als sie sich ein Jahr später verlobten, stellte sie ihn ihrer Familie vor.

Nach all den Monaten, in denen sie sich über ihre Familie beklagt hatte und darüber, als wie hinterwäldlerisch und primitiv sie das Ranchleben empfand, war er positiv überrascht von ihren Eltern gewesen, die beide gebildete, intelligente Menschen waren. Er hatte nie ganz verstanden, was sie an ihnen so ablehnte. Sie schienen Becca anzubeten, doch sie fand immer neue Ausreden, um sie nicht besuchen zu müssen. Er hatte versucht, mir ihr darüber zu diskutieren, doch sie hatte immer nur schnell das Thema gewechselt.

Elvie erschien mit einem Glas Limonade in der Hand. Mit misstrauischem Blick betrat sie den Raum und ging zum Sofa. Adam ging ihr entgegen, um ihr das Glas abzunehmen, doch sie zuckte zurück, als habe er die Hand gegen sie erhoben. Mit einem lauten Knall stellte sie das Glas auf den Couchtisch und eilte zurück in die Küche.

„Danke“, rief Adam ihr nach und hob das Glas an seine Lippen, doch die Limonade war ein wenig übergeschwappt und hinterließ einen Tropfen auf dem Kragen seines Anzugjacketts.

Verflixt. Nichts hasste er mehr als Flecken auf seiner Kleidung. Er sah sich nach etwas um, womit er den Fleck abwischen könnte, und wollte schon in die Küche gehen, um Elvie um einen Lappen zu bitten. Doch da das Mädchen scheinbar Angst vor ihm hatte, entschied er sich, es lieber oben im Badezimmer zu versuchen, an das er sich von früheren Besuchen noch vage erinnerte.

Er lief die Stufen hinauf, und als er oben angekommen war, tauchte aus dem Nichts ein graubrauner Fellball auf, der sich um seine Knöchel wickelte und ihn fast zu Fall brachte. Er taumelte zurück und bekam gerade noch rechtzeitig das Geländer zu fassen.

Schüchterne Hausangestellte und mörderische Katzen – was würde ihn als Nächstes erwarten?

Er gab der Katze einen kleinen Schubs mit der Spitze seiner italienischen Lederslipper, die Schlammspritzer aufwiesen, wie er bemerkte. Das Tier miaute protestierend, sprang auf eine der Türen zu und drückte sie auf. Adam vermutete dahinter das Badezimmer, folgte der Katze und sah hinein. Doch es war Katys Zimmer. Sie stand neben dem Bett mit nichts am Körper als einem Badetuch.

Verflixt.

Er öffnete den Mund, um sich bemerkbar zu machen, doch zu spät. Noch ehe er ein Wort sagen konnte, nahm sie das Badetuch ab und ließ es zu Boden fallen.

Überrascht versuchte Adam, den Blick abzuwenden. Er wusste, dass er wegschauen sollte, aber irgendwie drang die Botschaft nicht von seinem Gehirn zu seinen Augen.

Ihre Brüste waren rund und voll, genau richtig, um sie mit der Hand zu umfassen, mit kleinen blassrosa Brustspitzen. Für ihre Größe waren ihre Hüften genau richtig geformt. Ihr ganzer Körper schien Adam einfach perfekt proportioniert. Becca war schmal und zart gewesen wie eine Nymphe. Katy dagegen hatte den Körper einer richtigen Frau.

Sein Blick glitt tiefer, und er stellte fest, dass sie eine echte Blondine war.

Es war lange her, seit er zuletzt eine Frau nackt gesehen hatte, daher kam ihm das instinktive Bedürfnis, sie zu berühren, ganz natürlich vor. Aber vor ihm stand Katy, die kleine Schwester seiner Frau.

Die kein kleines Mädchen mehr war.

Ein Wassertropfen lief aus ihrem nassen Haar und zog eine Spur hinunter über die Rundung ihrer Brust. Er beobachtete bewundernd, wie der Tropfen an ihrer Brustspitze glitzerte.

Katy räusperte sich plötzlich und Adam wurde bewusst, dass sie ihn bemerkt hatte, während er sie wie hypnotisiert anstarrte. Er sah auf und begegnete ihrem Blick.

Statt ihn zu tadeln oder sich zu bedecken – oder beides, was angesichts der Situation zu erwarten gewesen wäre – stand sie einfach nur da und schien sich zu fragen, was zum Teufel er dort zu suchen hatte.

Warum bedeckte sie ihren Körper nicht? War sie etwa exhibitionistisch veranlagt? Vielleicht war allerdings die Frage angebrachter, warum er nicht endlich den Blick abwandte?

„Brauchst du etwas?“, fragte sie und stützte zwanglos die Hände in die Hüften.

Adam fiel es schwer, ihrem Blick standzuhalten, da seine Augen zu gern wieder zu ihren Brüsten gewandert wären. „Ich habe das Badezimmer gesucht, dann tauchte plötzlich diese Katze auf und stieß deine Tür auf.“

„Aha.“

„Es war reiner Zufall.“ Ein sehr unglücklicher, wunderbarer Zufall.

„Dann solltest du dich als Gentleman jetzt allmählich umdrehen, findest du nicht?“

„Natürlich. Entschuldige.“ Er drehte ihr den Rücken zu. Was war nur los mit ihm? Normalerweise brachte ihn nichts aus der Fassung, doch im Moment verhielt er sich wie ein sexhungriger Jüngling. Sie musste ihn ja für pervers oder vollkommen schwachsinnig halten. „Entschuldige bitte. Ich war einfach … überrascht.“

„Zwei Türen weiter auf der rechten Seite“, kam ihre Stimme von hinten, nun deutlich näher. So nah, dass er glaubte, sie berühren zu können, falls er sich umdrehte.

Er verspürte eine so plötzliche, starke Lust in seinen Lenden, dass er beinahe aufgestöhnt hätte. „Zwei Türen weiter?“

„Das Badezimmer. Da willst du doch hin, oder?“

„Genau“, erwiderte er mit brüchiger Stimme. Er zwang seine Füße, sich vorwärts zu bewegen.

Seit Beccas Tod hatte er kaum an Sex gedacht, doch mit einem Mal schien seine Libido auf Hochtouren zu laufen.

„Und … Adam?“, fügte sie hinzu.

Er hielt inne, wagte es jedoch nicht sich umzudrehen. „Ja?“

„Nur damit du es weißt – wenn du mich nackt sehen willst, brauchst du mich nur zu fragen.“

Heiliger Himmel!

Katy schloss ihre Zimmertür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und ihre Beine waren so wackelig wie die eines neugeborenen Kalbes. Diese plötzliche, unerwartete Hitze zwischen ihren Schenkeln – sie brannte förmlich vor Leidenschaft. Es war so unerwartet wie beängstigend.

Dieses Feuer in Adams Augen – sie konnte sich nicht erinnern, wann ein Mann sie das letzte Mal so angesehen hatte.

Sie schloss die Augen und presste die Beine zusammen, um das Verlangen allein durch ihren Willen zu vertreiben. Doch das Gegenteil trat ein. Eine jugendliche Schwärmerei war die eine Sache, aber dies hier? Es war völlig unpassend. Er war schließlich ihr Schwager. Der Mann ihrer Schwester. Der Vater des Kindes, das sie vielleicht bald in sich tragen würde.

Ganz abgesehen davon, dass sie ihn nicht einmal mochte. Er war überheblich und arrogant und allgemein kein besonders netter Mensch.

Wenigstens hatte er sie nicht belogen, was den „Zufall“ betraf. Ihre Schlafzimmertür schloss nicht richtig, und Sylvester schaffte es immer, sie aufzudrücken. Sie hätte einfach vorsichtiger sein müssen, aber sie konnte ja nicht ahnen, dass Adam hinaufkommen würde. Und ihre letzte Bemerkung war vielleicht nicht besonders klug gewesen, aber er sollte nicht sehen, wie verunsichert sie war.

Nicht, dass sie sich für ihr Aussehen geschämt hätte, ihr Körper konnte sich durchaus sehen lassen. Sie hatte nur nie damit gerechnet, dass Adam ihn sehen würde. Jedenfalls nicht außerhalb des Kreißsaales.

Sie hoffte nur, er würde ihr leichtsinniges Angebot nicht annehmen.

Natürlich würde er das nicht! Er war genauso wenig an ihr interessiert, wie sie an ihm. Ganz abgesehen von ihrer verwandtschaftlichen Beziehung konnten sie gegensätzlicher nicht sein. Sie hatten nichts miteinander gemeinsam – außer vielleicht diese unerklärliche sexuelle Anziehung. Aber das war eine flüchtige und oberflächliche Angelegenheit. Wie ihre Beziehung zu Willy Jenkins, der gut küssen konnte und gut im Bett war, aber nicht gerade ein begnadeter Gesprächspartner.

Katy hörte ein Auto vorfahren und sah durch die Vorhänge, wie der Truck ihrer Eltern vor der Scheune zum Stehen kam. Gut. Sie musste jetzt so tun, als sei nichts geschehen. Was ja auch stimmte.

Sie zog saubere Jeans und ein T-Shirt an und band ihr feuchtes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. Als sie in ihre Cowboystiefel schlüpfte, hörte sie das Zuschlagen der seitlichen Küchentür und das gedämpfte Gemurmel von Stimmen aus dem großen Zimmer unter ihr. Da sie Adam zu diesem Besuch überredet hatte, erschien es ihr unfair, ihn mit ihren Eltern allein zu lassen. Aber gleichzeitig hätte sie sich gern gedrückt.

Seit sie Adam davon überzeugt hatte, die beste Leihmutter für ihn zu sein, hatte sie versucht, auch ihre Eltern zu überzeugen. Sie alle mussten Adam nun vertrauen, und Katy hoffte nur, dass durch dieses Treffen keine alten Ressentiments hochkochen würden.

Als sie von Beccas Verlobung erfuhren, waren ihre Eltern anfangs hocherfreut gewesen, einen Schwiegersohn zu bekommen. Doch von der ersten Minute des Kennenlernens an war ihnen klar gewesen, dass er aus einer anderen Welt kam. Und so sehr sie sich auch bemühten, ihn zu akzeptieren und in der Familie willkommen zu heißen, so schien es doch immer, als verberge er etwas. Ihre Eltern interpretierten sein Verhalten so, dass er sich für etwas Besseres hielt, auch wenn er sie immer überaus respektvoll behandelte.

Katy hatte zunächst die Regel „im Zweifel für den Angeklagten“ für ihn gelten lassen. Sie wollte einfach glauben, dass er wirklich so großartig war, wie ihre Schwester ihn beschrieben hatte. Doch als er und Becca immer seltener zu Besuch kamen, und Katy erkannte, wie sehr sich Becca bemühte, ihn bei Laune zu halten, musste sie der Wahrheit ins Gesicht sehen. Adam war ein arroganter, kontrollsüchtiger und kritischer Ehemann.

Was Katy jetzt plante, tat sie nicht für ihn, sondern für Becca und ihre Eltern und vor allem für das Baby. Was die eben erlebte Szene zwischen Adam und ihr völlig bedeutungslos werden ließ.

Sie lief die Treppe hinunter in das große Zimmer. Ihre Eltern saßen steif auf dem Sofa, Adam ihnen gegenüber, anscheinend fühlten sich alle unbehaglich. Als Katy den Raum betrat, blickten sie erleichtert zu ihr hin.

„Deine Eltern und ich haben uns gerade wieder miteinander bekannt gemacht“, begann Adam, und der Atmosphäre im Raum nach zu schließen, war die Begrüßung wohl nicht besonders glücklich verlaufen.

Vielleicht kein Wunder, denn Adam wirkte in seinem Anzug kühl und souverän, so als würde er gleich über einen Millionen-Deal verhandeln, während ihre Eltern aussahen wie … nun, wie immer eigentlich. Ihr Vater hatte in den letzten Jahren etwas zugelegt, und sein mit Grau durchzogenes Haar wurde an den Schläfen allmählich dünner, doch für einen Mann von zweiundsechzig Jahren sah er noch immer gut aus. Und ihre Mutter, die bald neunundfünfzig wurde, wirkte in Katys Augen so schön wie mit sechzehn. Sie war noch immer groß, schlank und anmutig mit dem Gesicht eines Engels.

„Ich habe Adam gerade gesagt, wie überrascht wir waren, als wir von seinen Plänen erfuhren“, sagte ihr Vater in leicht missbilligendem Ton.

Katys Mutter legte ihm eine Hand aufs Knie und wandte sich an Adam: „Aber wir hoffen, Sie können uns davon überzeugen, dass alles gut durchdacht ist und unsere Familie mit einbezogen wird.“

Katy biss sich auf die Lippe und betete, dass Adam sich dadurch nicht gleich in die Defensive gedrängt fühlte. Er musste doch wissen, dass ihre Eltern sich Sorgen machten. Schließlich lag der Sinn seines Besuchs ja vor allem darin, diese Sorgen zu zerstreuen.

Aber vielleicht sah er die Sache ganz anders? Vielleicht kümmerte es ihn keinen Deut, wie sie darüber dachten.

„Wie ich Katy schon sagte, habe ich nicht die Absicht, Ihnen das Baby vorzuenthalten“, sagte Adam zu Katys Erleichterung und ohne jede Spur von Ungeduld. „Sie werden schließlich ihre oder seine einzigen Großeltern sein.“

„Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, dass Katy die Leihmutter sein wird“, warf ihr Vater ein.

„Ehrlich gesagt teile ich Ihre Bedenken, Mr Huntly. Aber sie wollte mein Nein nicht akzeptieren.“

„Wir wissen wohl alle, wie dickköpfig sie sein kann“, bestätigte ihr Vater, als wäre sie nicht anwesend. „Mir wäre es lieber, sie würde sich einen Ehemann suchen und eigene Kinder haben.“

Katy war die alte Leier so leid. Nur weil alle Frauen in der Familie jung geheiratet und gleich Kinder in die Welt gesetzt hatten, musste das nicht auch für sie gelten.

„Ich bin noch nicht bereit für eine Ehe und Kinder“, erklärte sie ihrem Vater nun zum x-ten Mal.

„Wenn du den richtigen Mann treffen würdest, sähe die Sache ganz anders aus“, erwiderte er. „Außerdem glaube ich, dass du gar nicht genau weißt, worauf du dich da einlässt. Stell dir bloß vor, du kannst danach aus irgendeinem Grund keine eigenen Kinder mehr haben. Du würdest es für den Rest deines Lebens bereuen.“

„Theoretisch könnte ich auch rausgehen und vom Blitz getroffen werden“, konterte Katy. „Soll ich deshalb das Haus nicht mehr verlassen?“

Ihr Vater warf ihr einen strengen Blick zu, und sie senkte den Blick.

„Gabe“, warf ihre Mutter sanft ein. „Du weißt, meine Schwangerschaften waren völlig unkompliziert, und Katy ist mir in allem sehr ähnlich. Sie wird keine Probleme bekommen. Und es wäre doch schön, ein Enkelkind zu haben.“ Ihre Augen wurden feucht. „Einen Teil von Rebecca bei uns zu haben.“

„Katy wird während der Schwangerschaft die beste medizinische Betreuung bekommen, das verspreche ich“, sagte Adam. „Ihr wird nichts geschehen.“

„Und wenn es eine Mehrlings-Schwangerschaft wird?“, fragte ihr Vater. „Erinnert ihr euch noch an diese Nadya Suleman, die Achtlings-Mutter? Das wäre ein Albtraum.“

„Allerdings. Aber der Arzt hat erklärt, dass er einer Frau in Katys Alter, die noch keine Kinderwunsch-Behandlung hinter sich hat, nicht mehr als zwei Embryos einpflanzen wird. Und wenn sich Katy eine Zwillings-Schwangerschaft nicht vorstellen kann, dann wird eben nur ein Embryo eingepflanzt. Es liegt ganz bei ihr.“

„Aber die Aussichten sind besser, wenn zwei genommen werden, oder?“, fragte Katy.

„Ja.“

„Dann nehmen wir zwei.“

„Bist du sicher?“, fragte Adam. „Vielleicht solltest du dir das noch einmal überlegen.“

„Nein, wir nehmen zwei.“

„Zwei Enkel … stell dir das nur vor“, sagte ihre Mutter leise.

„Ich bin immer noch dagegen“, erwiderte ihr Vater, blickte dann seine Frau an, und seine Miene wurde weicher. „Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass ich von den Frauen in dieser Familie überstimmt werde.“

„Dann ist es abgemacht“, beeilte Katy sich zu sagen, ehe er es sich anders überlegen konnte.

„Wann wird es losgehen?“, fragte ihre Mutter.

„Wir haben nächsten Mittwoch einen Termin mit einem Spezialisten in der Klinik“, antwortete Adam. „Zunächst muss festgestellt werden, ob Katy gesund ist. Dann wird der optimale Zeitpunkt für den Eingriff berechnet.“

„Wenn alles klappt, könnte es also schon sehr bald so weit sein“, fügte Katy euphorisch hinzu. „Womöglich bin ich schon nächsten Monat schwanger.“

„Und wenn nicht?“, warf ihr Vater ein.

„Dann starten wir einen neuen Versuch“, antwortete Adam. „Wenn wir jedes Mal zwei Embryos einsetzen, haben wir insgesamt drei Versuche.“

„Es klingt so einfach“, sagte Katys Mutter. „Auf jeden Fall bin ich froh, dass Sie den ganzen weiten Weg gekommen sind, um mit uns zu sprechen“, fuhr sie fort. „Es hat mir auf jeden Fall geholfen.“

Adam warf einen Blick auf seine Uhr. „Aber jetzt muss ich mich leider verabschieden, ich muss zurück nach El Paso.“

„Du bist doch gerade erst gekommen“, warf Katy überrascht ein. Fühlte er sich so unwohl bei ihrer Familie, dass er es nicht einmal zwei Stunden aushielt? Wie würde es dann nach der Geburt des Babys sein? Würden sie immer zu ihm fahren müssen, um das Kind zu sehen?

„Bleiben Sie doch wenigstens noch zum Abendessen“, schlug ihre Mutter vor.

„Vielen Dank für das Angebot, aber ich habe morgen ein wichtiges Meeting, auf das ich mich vorbereiten muss. Vielleicht ein anderes Mal.“

Ihnen allen war klar, dass er nur versuchte, höflich zu sein. Es würde kein anderes Mal geben.

Katy erhob sich. „Ich bringe dich raus.“

Er verabschiedete sich etwas steif von ihren Eltern und folgte Katy zur Eingangstür. Die feuchtheiße Luft auf der Veranda nahm ihnen fast den Atem. Adams Fahrer hatte sich in die Limousine geflüchtet und las Zeitung, doch als er sie erblickte, stieg er sofort aus. Katy drehte sich zu Adam um, der in seinem Anzug wahrscheinlich vor Hitze schier verging und sicher so schnell wie möglich ins Auto wollte.

„Danke noch mal, dass du gekommen bist und so geduldig mit meinem Vater warst.“

„Ich fand es weniger schlimm, als ich befürchtet hatte. Ich weiß ja, dass er mich für schuldig an Beccas Tod hält, also muss es schwer für ihn sein, mir nun sein einziges Kind anzuvertrauen.“

„Wie kommst du darauf?“, fragte sie.

„Nicht dass ich ihm einen Vorwurf machen könnte. Ich finde ja selbst, dass ich sie hätte retten müssen.“

„Klingt ganz, als würdest du dich schuldig fühlen.“

„Ich habe meinen Frieden mit Beccas Tod gemacht“, sagte er scheinbar unbeeindruckt von ihren Worten. Im nächsten Moment schien es, als ob er noch etwas hinzufügen wollte, doch dann wandte er sich ab und ging die Stufen hinunter. Reece hielt ihm die Autotür auf, aber ehe Adam einstieg, drehte er sich noch einmal um.

„Ich möchte mich übrigens entschuldigen für das, was oben passiert ist.“

Katy verschränkte die Arme vor der Brust. „Du meinst, als du mich angestarrt hast, obwohl ich nackt war.“

Reece machte große Augen, hatte sich dann aber schnell wieder unter Kontrolle. Und falls sie Adam in Verlegenheit gebracht hatte – was Zweck der Übung gewesen war – dann ließ er sich nichts anmerken. Wie ein Roboter schien er frei von menschlichen Regungen zu sein.

„Ja, genau“, erwiderte er.

Sie zuckte mit den Schultern. „Du bist nicht der Erste.“

„Vergiss unseren Termin mit Dr. Meyer am Mittwoch um drei bitte nicht.“

„Als könnte ich das vergessen!“

„Bis Mittwoch dann“, sagte er, und sie hätte schwören können, dass er beinahe gelächelt hätte. Wenn er es doch nur einmal täte, es würde ihn so … menschlich machen.

Er stieg ein und Reece schloss die Tür. Katy schaute ihnen nach, bis sie außer Sicht waren. Wegen der getönten Scheiben konnte sie nicht erkennen, ob Adam sie beobachtete, aber sie spürte irgendwie, dass er es tat. Dann ging sie über die Veranda zum Seiteneingang – und wäre dort fast mit ihrer Mutter zusammengestoßen, die sich Gummistiefel anzog.

Katy stoppte abrupt und gab einen überraschten Laut von sich. Hoffentlich hatte ihre Mutter nichts von der Unterhaltung mit Adam und ihrem frechen Spruch mitbekommen.

„Gehst du in den Stall?“, fragte sie fröhlich. Dem Gesichtsausdruck ihrer Mutter zufolge vielleicht ein wenig zu fröhlich.

„Sei bloß vorsichtig, Katy“, erwiderte ihre Mutter, und damit war klar: Sie hatte alles gehört. „Falls du dich in ihn verliebst, könnte das sehr schmerzlich für dich werden.“

Verlieben? In Adam? Nie und nimmer. Ihre Mutter musste da etwas gründlich missverstanden haben. „Es ist nicht, wie du denkst. Es hat das Bad gesucht und mich beim Umziehen überrascht. Ein dummer Zufall. Ich wollte ihn gerade nur in Verlegenheit bringen.“

Ihre Mutter wirkte nicht überzeugt. „Ich erinnere mich gut, dass du früher ein bisschen für ihn geschwärmt hast.“

„Um Himmels willen! Damals war ich noch ein Kind. Ehrlich gesagt ist er mir nicht einmal sonderlich sympathisch.“

„Er ist anders als wir, Katy.“

Als ob sie das nicht selbst wüsste.

„Ich möchte nur, dass du auf dich aufpasst. Wenn du erst einmal schwanger bist und deine Hormone durcheinandergeraten, kann das deine Gefühle für ihn sehr … verwirren.“

„Ich verliebe mich schon nicht in Adam, glaub mir.“

Allein der Gedanke an eine Beziehung mit ihm war geradezu lächerlich.

3. KAPITEL

Adam traf Katy wie verabredet am Mittwoch in der Klinik.

Sie war vor ihm eingetroffen, und als er die Lobby betrat und sie sah, war er zunächst einmal völlig verblüfft. Tatsächlich erkannte er sie erst, als sie ihm lächelnd zuwinkte. Sie trug eine weiße Baumwollbluse und einen karamellfarbenen knöchellangen Rock und sah aus … wie eine Frau. Sogar der Pferdeschwanz war verschwunden, das Haar fiel ihr in losen Locken bis auf die Schultern. Der Effekt war schlicht atemberaubend.

Er hatte sie immer attraktiv gefunden, aber jetzt sah sie richtig sexy aus.

Es war erst das dritte Mal, dass er sie anders als in Jeans und Stiefeln sah. Das erste Mal bei seiner Hochzeit, dann bei Beccas Beerdigung; doch beide Male hatte er nicht wirklich auf Katys Aussehen geachtet. Vielleicht war sie ja schon immer so unglaublich sexy gewesen, und er hatte es nur nie bemerkt.

Heute allerdings war er nicht der Einzige, dem das auffiel. Die Männer drehten sich nach ihr um, doch er wusste etwas, das sie nicht wussten. Nämlich dass sie ohne Kleider noch schöner war.

Katy dagegen schien die bewundernden Blicke gar nicht zu bemerken. Oder sie waren ihr gleichgültig. Er hatte noch nie eine Frau gekannt, die so wenig eitel war.

„Du bist ja früh dran“, begrüßte er sie.

„Ich weiß, ich wollte nicht zu spät kommen“, sagte sie und fügte dann hinzu, als wäre er blind: „Ich habe extra meine Mädchensachen angezogen.“

„Das sehe ich.“

„Ich bin wirklich nervös.“

„Keine Sorge.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Wir sollten nach oben gehen“, schlug er vor.

Obwohl er sich inzwischen mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass Katy sein Baby austragen würde, hoffte er insgeheim, der Arzt würde einen Grund finden, der dagegen sprach. Doch nach einer gründlichen Untersuchung erhielt sie eine medizinische Unbedenklichkeitsbescheinigung. Nun gab es also endgültig kein Zurück mehr.

Nach der Besprechung mit dem Arzt in dessen Büro, in der ihnen das weitere Vorgehen in allen Einzelheiten erklärt wurde, vereinbarten sie einen Termin zur Einpflanzung von zwei Embryos für die kommende Woche.

„Bist du aufgeregt?“, fragte Katy, als sie anschließend gemeinsam in die Lobby hinuntergingen.

Er zuckte mit den Schultern.

„Komm schon, du wirst doch wenigstens ein bisschen nervös sein.“

„Vermutlich.“ Nachdem er so lange auf diesen Moment gewartet hatte, ging jetzt für seinen Geschmack alles ein wenig zu schnell. „Und du? Hast du Zweifel?“

„Überhaupt nicht. Aber ich bin total aufgeregt. Schon nächste Woche … und ich fürchtete, es würde Monate dauern.“

„Kannst du die Ranch denn für ein paar Tage verlassen?“

„Sicher. Aber da ich nach dem Transfer vierundzwanzig Stunden liegen muss, wäre ich dir dankbar, wenn du mir ein Hotel empfehlen könntest.“

Glaubte sie wirklich, er würde sie allein in einem Hotel lassen? Abgesehen davon, dass es unhöflich und gefühllos von ihm wäre, so wollte er auch in ihrer Nähe sein, um sicherzustellen, dass sie sich an die ärztlichen Anweisungen hielt. Sie hatten nur drei Versuche, es durfte also nichts schiefgehen.

„Unsinn“, antwortete er. „Du bleibst bei mir.“

„Wirklich? Ich möchte dir nicht zur Last fallen.“

Sie traten hinaus in die glühende Nachmittagshitze. Sein Fahrer erwartete ihn bereits mit der Limousine vor dem Eingang. „Aber natürlich tust du das nicht.“

„Dann vielen Dank. Ich bin schon seit Jahren nicht mehr in deinem Haus gewesen.“

Genau genommen seit drei Jahren – seit Beccas Beerdigung.

Sie blieben vor Adams Wagen stehen. Eigentlich musste er dringend ins Büro zurück, aber sie war den ganzen weiten Weg gefahren, und es war nur fair, sie zum Essen einzuladen.

„Was hältst du von einem gemeinsamen Mittagessen?“, fragte er.

„Ich muss wirklich los“, entschuldigte sie sich.

„Gleich um die Ecke ist ein kleines Café.“

„Ich habe versprochen, auf dem Heimweg noch ein paar Einkäufe zu erledigen und will nicht allzu spät nach Hause kommen. Können wir es auf ein anderes Mal verschieben?“

„Klar“, erwiderte er, obwohl ihre ablehnende Antwort ihn erstaunte. Denn normalerweise verteilte er die Absagen.

„Wenn es dir so wichtig ist, dann können wir auch gehen“, sagte sie.

„Gehen?“

„Essen gehen. Du sahst so … ich weiß nicht … enttäuscht aus.“

Tatsächlich? „Nein, natürlich bin ich nicht enttäuscht.“

„Sicher? Ich könnte mir die Zeit nehmen.“

„Aber ja, ich bin sicher.“

Nachdenklich sah sie ihn an. „Ich weiß, dass dir das alles sehr zu schaffen macht. Schließlich wünschst du dir so sehr ein Kind, und es sind Beccas Eizellen. Da kommen bestimmt jede Menge Gefühle wieder hoch.“ Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. „Wenn du jemanden zum Reden brauchst …“

„Nein“, versicherte er ihr, und sein Blick wanderte abwesend zu ihrem Dekolleté.

„Hallo!“, rief sie und schnippte mit den Fingern vor seinen Augen. „Ich versuche nett zu sein, und alles, was dir einfällt, ist, mir auf den Busen zu starren. Ich weiß schon, warum ich mich normalerweise anders kleide.“

„Entschuldige bitte“, sagte er und blickte ihr fest ins Gesicht. „Und nein, ich brauche niemanden zum Reden.“

Sie seufzte. „Okay. Ruf mich an, falls du deine Meinung änderst. Es würde dich vielleicht etwas aufmuntern. Du bist immer so ernst.“

„Du solltest mich mal in Aktion sehen, ich bin ein richtiger Partylöwe.“

Katy verdrehte die Augen. „Bestimmt.“

„Dann bis nächste Woche?“, fragte er, um diese grässliche Unterhaltung zu Ende zu bringen.

„Bis nächste Woche.“

Sie drehte sich um und ging mit schwingenden Hüften und wippenden Locken auf ihren Truck zu. Allein an ihrem Gang konnte man ihre Klasse erkennen.

Und plötzlich sah er sie wieder nackt vor sich und fragte sich, wie sie wohl reagiert hätte, wenn er in ihr Zimmer getreten wäre und die Hände nach ihr ausgestreckt hätte …

„Sir?“, ließ sich Reece vernehmen, und jetzt erst bemerkte Adam, dass sein Fahrer wohl schon eine Weile dastand, ihm die Wagentür aufhielt – und offensichtlich ihr Gespräch mit angehört hatte. „Sie hat etwas, nicht wahr?“

Allerdings hatte sie etwas. Adam wusste nur noch nicht genau, was es war.

„Sie ist ziemlich hübsch.“

„Das könnte man so sagen.“

Reece verstummte, doch in seiner Miene war zu lesen, dass er sehr wohl wusste, dass sein Boss Augen im Kopf hatte. Jeder halbwegs normale Mann musste bemerken, wie sexy Katy war. Natürlich vertraute Adam seinem Fahrer, doch Reece sollte auf keinen Fall auf die Idee kommen, Adam habe ein Auge auf die künftige Leihmutter seines Kindes geworfen. Es gab schließlich Grenzen, die er nicht überschreiten wollte. Nicht einmal in Gedanken.

Die Woche verging wie im Flug, und ehe Katy sich versah, war sie schon wieder auf dem Weg nach El Paso. Adam hatte ihr angeboten, schon am Tag vor dem Arzttermin bei ihm zu übernachten, aber sie hatte abgelehnt, da der Gedanke sie nervös machte, in einem Haus mit ihm zu schlafen. Nicht dass sie befürchtete, er würde versuchen, sie zu verführen, aber es fühlte sich trotzdem seltsam an. Heute allerdings hatte sie keine Wahl.

Ihre Mutter hatte vorgeschlagen, sie nach El Paso zu begleiten und nach der Behandlung wieder mit nach Hause zu nehmen. Sie war offensichtlich auch nicht erbaut davon, dass Katy bei Adam übernachtete. Doch der Arzt hatte strenge Bettruhe vorgeschrieben und von einer zweistündigen Autofahrt dringend abgeraten.

Adam lebte noch immer in dem riesigen Anwesen mit sechs Schlafzimmern und sieben Bädern auf mehr als sechshundert Quadratmetern, das Becca damals als unbedingt notwendig erachtet hatte. Selbst eine ganze Fußballmannschaft an Kindern hätte mühelos hier Platz gefunden. So sehr Katy ihre Schwester auch geliebt hatte, das Prinzip „weniger ist mehr“ schien Becca nie begriffen zu haben.