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„Eine Sensation.“ Der Tagesspiegel „Berlin, Berlin … Der Name klingt ihm wie Musik. Als ob ausgerechnet in Berlin ein gedeckter Tisch und ein weiches Bett auf Willi Kludas warten.“ Anfang der 1930er Jahre lebten in Berlin und anderen deutschen Großstädten infolge der prekären wirtschaftlichen Verhältnisse tausende Jugendliche auf der Straße. Sie verdingten sich als Tagelöhner und Laufburschen, aber häufig führte ihr Weg sie auch in die Kriminalität oder Prostitution. Zuflucht und ein wenig Sicherheit und soziale Wärme fanden sie in selbstorganisierten Gruppen. In stillgelegten Fabrikbaracken traf man sich, trank, tanzte und vergaß für einen Augenblick das Elend, das einen täglich umgab. Poetisch und mit einem tieftraurigen Realismus folgt Ernst Haffner der Jugendbande „Blutsbrüder“, lässt den Leser teilhaben an ihrem oft grausamen Überlebenskampf und schildert den unbändigen Freiheitswillen der Jugendlichen. „Ein sensationelles Buch.“ NZZ „Ein Moment der Stadtgeschichte, das selten mit einer solchen Intensität dargestellt worden ist.“ Berliner Zeitung „Die Schilderung dieses Abenteuers wird kein Leser so rasch wieder vergessen.“ Süddeutsche Zeitung „Temporeich, voller Mutterwitz und Empathie.“ Die Zeit
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Seitenzahl: 236
Veröffentlichungsjahr: 2013
Ernst Haffner
BLUTSBRÜDER
Ein Berliner Cliquenroman
ISBN 978-3-8493-0069-2
© WALDE+GRAF bei METROLIT
Metrolit Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2013
Alle Rechte vorbehalten. Weiterverwendung und Vervielfältigung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages gestattet.
Die Erstausgabe erschien 1932 im Verlag Bruno Cassirer, Berlin
Gestaltung, Satz, Illustrationen
Bon Bon Büro, Berlin
www.bonbonbuero.de
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig www.le-tex.de
www.metrolit.de
Inhaltsübersicht
Cover
Impressum
Über das Buch
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Bildnachweis
Über das Buch
Über den Autor
Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne ...
Anfang der 1930er Jahre lebten in Berlin und in anderen deutschen Großstädten Tausende obdachloser Jugendlicher auf der Straße. Manche waren Opfer der prekären wirtschaftlichen Verhältnisse. Anderen hatte der Erste Weltkrieg die Familie zerstört und zerrüttet. Viele von ihnen waren aus Fürsorgeeinrichtungen geflohen. Aus dem ganzen Land waren sie in die großen Städte gekommen, weil das Elend hier immer noch erträglicher zu sein schien als die Bedingungen, unter denen sie in den Heimen und Jugendanstalten zu leiden hatten. Dort waren sie den Repressalien eines Erziehungssystems ausgesetzt, das physische und psychische Gewalt an ihnen verübte und sie zu brechen versuchte, statt ihnen Hilfe und menschliche Zuwendung angedeihen zu lassen.
Gelang die Flucht, verdingten sie sich als Tagelöhner und Laufburschen, häufig aber führte ihr Weg sie in die Kriminalität oder Prostitution. Ein wenig Sicherheit und soziale Wärme fanden sie in selbstorganisierten Cliquen. Diese Banden boten nicht nur Schutz, sondern waren auch Ausdruck einer proletarischen Jugendsubkultur, die heute wenig bekannt ist. In stillgelegten Fabrikbaracken traf man sich, trank, tanzte, vergaß für Stunden das eigene Elend und feierte nach – wie es der renommierte Literaturkritiker Siegfried Kracauer schrieb – „ziemlich geheimnisvollen und anstößigen Riten romantische Dreigroschenoperfeste“.
In diesem Milieu ist der vorliegende, von Ernst Haffner geschriebene und 1932 unter dem Titel Jugend auf der Landstraße Berlin im Verlag von Bruno Cassirer veröffentlichte Roman angesiedelt. Das Buch wurde unter den Nazis verboten und bei den Bücherverbrennungen öffentlich zerstört. Auch die Spur Haffners, von dem ohnehin wenig bekannt ist – man weiß, dass er als Journalist und wohl auch als Sozialarbeiter tätig war und zwischen 1925 und 1933 in Berlin lebte –, verliert sich in den Jahren nach der Machtergreifung der NSDAP. Ende der 1930er Jahre wird er zusammen mit seinem Lektor zur Reichsschrifttumskammer zitiert. In den Kriegswirren taucht sein Name nicht mehr auf.
Dass sein Buch in Vergessenheit geriet, ist unter diesen Umständen erklärlich und doch überraschend, denn gerade die Literatur der Weimarer Republik ist in Deutschland gut erforscht. Insofern kann man diesen Roman eine Wiederentdeckung nennen, aber was sagt das schon über die Relevanz und Qualität eines Buches aus? Nichts. Und dass dieser Text, weil nun nach über achtzig Jahren endlich wieder zugänglich, eine Lücke schließt, mag stimmen und wäre an sich schon erfreulich. Aber es verrät wenig über das, was das Buch Haffners im Lesenden anzustoßen vermag, indem es sich in der ihm eigenen authentischen, mitfühlenden und unverstellten Weise seinem Erzählgegenstand zuwendet. Was mich für diesen Text eingenommen hat, sind der tieftraurige Realismus und die emphatische und nie pathetische Nähe des Autors zu seinen Figuren, die er an die elendesten Orte, die Berlin zu jener Zeit kannte, begleitet, immer darauf bedacht, ihnen kein falsches Wort in den Mund zu legen, keine Moral unterzujubeln, die nicht die ihre ist.
Gebannt, atemlos zuweilen, folgt man diesen Jugendlichen noch heute. Es ist eine intensive und mitunter physische Schmerzen bereitende Lektüre, die aber nie ohne Hoffnung ist. Haffners Zeitgenossen ging es ebenso. Kracauer schrieb in seiner bereits zitierten Kritik, die 1932 in der Frankfurter Zeitung erschien: „Ich muß gestehen, dass ich selten Schilderungen des ‚Milieus‘ gelesen habe, die so spannend geschrieben sind. Sie spiegeln unbekannte Zustände naturgetreu wider, beruhen spürbar auf eigener Anschauung und begnügen sich zum Glück nicht mit unzusammenhängenden Wirklichkeitsausschnitten, sondern bringen das hier und dort Erlebte auf den Nenner einer Fabel, die uns zwanglos durch das unterirdische Großstadtlabyrinth führt.“
Und im Simplicissimus war über den Roman zu lesen: „Das Buch ist keine Reportage, keine Untersuchung und keine Anklage, es ist einfach packender und wichtiger Lesestoff (…) man liest es mit Gier und Spannung, wie man ehedem Räuber- und Indianergeschichten gelesen hat.“
Für den heutigen Leser kommt noch etwas anderes hinzu: Er erhält Einblicke in eine – ebenso düstere wie wesentliche – Seite einer Zeit, die ihm so bisher sehr wahrscheinlich nicht gewährt worden sind. Ganz einfach deshalb, weil sie in den offiziellen Geschichtsschreibungen der Weimarer Republik zumeist keine Beachtung gefunden haben. Bei Haffner erfährt der Leser – insbesondere dieser Eindruck bleibt haften – wohl aus erster Hand, wie es unzähligen Jugendlichen erging, die zwischen den beiden Weltkriegen in Würde zu überleben versuchten, nur um dann womöglich abermals zum Opfer zu werden: der Willkür des Unrechtsstaates, die ab 1933 in Deutschland wütete, anheimfallend oder auf den Schlachtfeldern des folgenden Krieges ihr Leben lassend. Aber vielleicht, es bleibt im Dunkeln, verdingten sich auch viele dieser jungen Menschen willfährig dem neuen System. Man weiß es nicht, und vermutlich gab es das eine Schicksal ebenso wie das andere.
Das Verdienst dieses Buches liegt darin, diesen Menschen Aufmerksamkeit und Anteilnahme zu schenken und ihre Geschichte, wenn auch fiktionalisiert, in einer Weise zu erzählen, die bis heute berührt. Das ist der eigentliche Grund für die nochmalige Veröffentlichung. Ich verlege dieses Buch, weil mich seine Lektüre unmittelbar begeistert hat, nachdem einer meiner Autoren, Helmut Wietz, mich auf dieses Buch hinwies und es mir zu lesen gab. So sehr hat es mich begeistert, dass ich, und das ist die schönste Aufgabe eines Verlegers, auch anderen dieses erstaunliche Buch zugänglich machen möchte, um nicht zu sagen: muß.
Nicht zuletzt ist Haffners Roman auch ein Roman, der uns etwas über unsere Gegenwart erzählt. Die Krise, vor allem in Südeuropa, hat längst unaufhaltsam begonnen, in den Alltag der Menschen einzugreifen, die Lebensentwürfe junger Menschen zu bestimmen. Die hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist nur ein Indiz für eine soziale Wirklichkeit, die stetig hoffnungsloser und bedrohlicher wird. Von den Lebensumständen, die Haffner beschreibt, mögen wir – zum Glück – noch ein gutes Stück weit entfernt sein. Dennoch ist dieser Roman, wenn man ihn heute liest, ein sehr zeitgemäßes und zugleich menschliches Plädoyer, den Blick auf das Schicksal des Einzelnen zu werfen, statt sich jener allgemeinen Angst zu ergeben, die überall spürbar ist und beinahe zwangsläufig die Herzen verengt. Das macht seine Lektüre für mich so wichtig.
Peter Graf, Berlin im Sommer 2013
Winzige Glieder einer sich durch den langen Industriehof und zwei Etagen windenden müden Menschenschlange stehen die acht Jungen der Clique Blutsbrüder und warten gleich den hundert anderen darauf, endlich aus der furchtbaren Naßkälte in die warmen Wartesäle gelassen zu werden. Drei, vier Minuten wird es noch dauern. Dann, acht Uhr pünktlichst, wird in der zweiten Etage die schwere Eisentür geöffnet. Das Bezirkswohlfahrtsamt Berlin-Mitte in der Chausseestraße hat den ersten Ruck zur Ingangsetzung seines bürokratisch komplizierten Betriebes getan. Der Ruck pflanzt sich vielfach gewunden in der Menschenschlange fort. Die Glieder rücken auf, scharren mit den Füssen, halten in den Händen die unzähligen notwendigen Papiere. Zuvorkommend hat man amtlicherseits einen gedruckten Leitfaden herausgegeben, der in endloser Kolonne die nötigen Papiere aufzählt und an welchen vierundzwanzig Stadtzipfeln man solche ausgestellt bekommt.
Die Schlange hat bereits den riesigen Kassenwarteraum erreicht. Aus der Schlange bilden sich flugs zwei Schlänglein, militärisch exakt organisiert. Das eine Schlänglein wartet geduldig, bis das heisere Amtsfaktotum Paule ihm die Stempelkarten zur Vorbereitung der Auszahlungen abnimmt. Schlänglein Nummer zwei windet sich vor den Auskunftsschalter, um hier nach Beantwortung der Woher- und Wohinfragen eine Pappnummer zu erhalten. Dann stieben die einzelnen Glieder in zwei andere Säle vor die Türen der Herren Expedienten, um hier lammsgeduldig den Aufruf der Nummer zu erwarten. Die Lammsgeduld muß gut und gern fünf, sechs Stunden vorhalten. Die acht Cliquenjungen schließen sich weder dem einen noch dem anderen Schlänglein an, sondern flitzen schleunigst in die . Vielleicht ist noch eine Bank zu ergattern.
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