Bodyguard seines Herzens - Jessica Martin - E-Book

Bodyguard seines Herzens E-Book

Jessica Martin

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Beschreibung

Professor Sam Winter hat mit seinem Lehrauftrag an der Uni und der Erziehung seiner Tochter alle Hände voll zu tun – und dann erfährt er auch noch, dass seine verstorbene Frau aus ihm unerfindlichen Gründen kurz vor ihrem Tod einen Personenschützer für ihn angeheuert hat. Zunächst widerstrebt ihm der Gedanke, auf Schritt und Tritt von Roman begleitet zu werden, doch je besser sie sich kennenlernen, desto schwerer fällt es Sam, seine aufkeimenden Gefühle für seinen Beschützer zu unterdrücken. Obwohl es Roman ähnlich zu gehen scheint und er mehr und mehr Teil der kleinen Familie wird, hält er eisern an seiner Regel fest, nichts mit einem Klienten anzufangen. Ist ihre Liebe wirklich so aussichtslos oder wird Sam einen Weg finden, das Herz seines Bodyguards für sich zu gewinnen?

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Seitenzahl: 575

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Überarbeitete Neuauflage (ePub) September 2022

© 2016 by Jessica Martin

Verlagsrechte © 2022 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk, Eching

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock; AdobeStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: Print Group Sp.z.o.o. Szczecin (Stettin)

ISBN-13: 978-3-95823-964-7

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Professor Sam Winter hat mit seinem Lehrauftrag an der Uni und der Erziehung seiner Tochter alle Hände voll zu tun – und dann erfährt er auch noch, dass seine verstorbene Frau aus ihm unerfindlichen Gründen kurz vor ihrem Tod einen Personenschützer für ihn angeheuert hat. Zunächst widerstrebt ihm der Gedanke, auf Schritt und Tritt von Roman begleitet zu werden, doch je besser sie sich kennenlernen, desto schwerer fällt es Sam, seine aufkeimenden Gefühle für seinen Beschützer zu unterdrücken. Obwohl es Roman ähnlich zu gehen scheint und er mehr und mehr Teil der kleinen Familie wird, hält er eisern an seiner Regel fest, nichts mit einem Klienten anzufangen. Ist ihre Liebe wirklich so aussichtslos oder wird Sam einen Weg finden, das Herz seines Bodyguards für sich zu gewinnen?

Prolog

»Habe ich Sie richtig verstanden, Frau Winter? Sie wollen, dass ich nach Ihrem Tod auf Ihren Mann aufpasse?« Ungläubig sah Roman die hübsche Brünette an, die auf der anderen Seite seines Schreibtischs saß.

Das konnte nur ein Scherz sein, doch sie nickte eifrig, während sie ihren flachen Bauch tätschelte. »Genau. Sie werden sein Bodyguard sein und auf ihn und natürlich unsere Tochter aufpassen.«

Roman runzelte die Stirn und schüttelte langsam den Kopf. »Aber Sie sind weder krank, noch haben Sie vor, in nächster Zukunft zu… na ja… sterben?«

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Richtig. Ich will einfach vorsorgen. Ich möchte, dass Sam und unsere Tochter abgesichert sind, sollte mir etwas passieren.«

Roman sah sie noch immer ungläubig an. Dann betrachtete er das Foto, das sie ihm über die Schreibtischplatte geschoben hatte. Der Mann auf dem Bild war mehr als attraktiv. Kurze blonde Locken rahmten ein schmales Gesicht mit wohldefinierten Lippen, einer schlanken Nase und stechend grünen Augen ein. Wenn er nicht bereits erfahren hätte, dass der Typ gerade 30 geworden war, hätte er ihn sicher ein paar Jahre jünger geschätzt. »Was genau macht Ihr Mann noch mal? Er ist Professor?«

»Ja, er ist Professor an der hiesigen Privatuniversität«, erklärte sie erneut geduldig, wobei sie jedes Wort mit einer Handbewegung unterstrich.

»Und dabei braucht er einen Personenschützer? Ich habe nicht gedacht, dass Professor zu sein, ein besonders gefährlicher Job ist«, bemerkte er immer noch skeptisch.

Die Frau schüttelte den Kopf. »Oh nein, das ist er auch nicht.« Sie atmete tief ein und aus, was Roman vermuten ließ, dass sie langsam die Geduld mit ihm verlor. »Hören Sie, Herr Molter, mir wurde versichert, dass Sie der Beste sind. Und ich möchte, dass meine Familie abgesichert ist. Ich bezahle Sie mehr als gut. Alles, was ich verlange, ist, dass Sie, sollte mir etwas zustoßen, auf meine Familie achtgeben«, sagte sie beschwörend und sah ihn eindringlich an.

Roman wusste nicht, was er davon halten sollte. Es schien tatsächlich ihr Ernst zu sein, jedoch hatte er noch nie ein solches Angebot erhalten. Es wäre ein Vollzeitjob, von dem er nicht wissen konnte, wann oder ob er starten würde. Er schüttelte den Kopf.

Nora Winter sah ihn enttäuscht an. »Sie machen es nicht?«

»Es tut mir leid. Ich müsste jederzeit abrufbereit sein, andere Aufträge abbrechen und Vertragsstrafen einkalkulieren. Das Risiko ist mir zu groß. Außerdem benötigt Ihr Mann eigentlich keinen Personenschützer. Sparen Sie Ihr Geld lieber.« Um sie milde zu stimmen, lächelte Roman sie freundlich an.

Frau Winter reckte trotzig ihr Kinn hervor. »Ich stelle Ihnen 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Zusätzlich erhalten Sie 5.000 Euro Aufwandsentschädigung für jeden Monat, den Sie nicht gebraucht werden, sobald wir den Vertrag unterschrieben haben«, erklärte sie ernst und starrte ihn durchdringend an.

Roman schnappte nach Luft. »Warum sollten Sie das tun? Warum sollten Sie so viel Geld bezahlen für einen nicht erforderlichen Personenschutz? Ist Ihr Mann nun gefährdet oder nicht?«

»Herr Molter, ich habe Ihnen alles erklärt. Ich möchte einfach, dass meine Familie abgesichert ist. Sichergehen, dass meiner Tochter nichts passiert, sollte ihre Mama nicht mehr auf sie aufpassen können. Mein Mann hat keine Feinde, aber wer kann mir garantieren, dass das so bleibt? Hören Sie, ich mache Ihnen ein einmaliges Angebot. Alles, was Sie tun müssen, ist, im Hintergrund zu bleiben und ein Auge auf die beiden zu haben, solange das Geld dafür reicht«, fasste sie ihr Angebot zusammen.

Roman starrte sie ungläubig an. »Moment mal, wie meinen Sie das, im Hintergrund? Ihr Mann weiß überhaupt nichts davon? Sie wollen, dass ich ihn… was? Heimlich beschütze? Bei allem Respekt, Frau Winter, wie stellen Sie sich das vor?«

Sie lächelte. »Ich denke, 2,5 Millionen Euro werden Sie motivieren, eine Lösung zu finden.«

Roman musste schlucken. Er konnte das Geld durchaus gebrauchen. Und vielleicht brauchte er den Job ja nicht anzutreten. Sie schien bei bester Gesundheit zu sein, war lediglich schwanger. Zusätzlich würde er 5.000 Euro bekommen und brauchte nichts dafür zu tun. Und selbst wenn er den Job erledigen müsste, schien es nicht wirklich gefährlich zu werden. Mit einem Budget von 2,5 Millionen Euro würde er sich höchstens für drei Jahre an die Familie binden, was noch okay wäre.

Er sah sie nachdenklich an. »Wir schließen einen Jahres-Vertrag, der sich stillschweigend immer um ein weiteres Jahr verlängert«, schlug er vor. »Ich kann nicht garantieren, ewig als Personenschützer tätig zu sein.«

Nora klatschte in die Hände. »Das ist eine wunderbare Idee. Können wir den Vertrag gleich aufsetzen? Ich lasse ihn dann von meinem Anwalt prüfen und sende den Vertrag im Laufe der Woche zurück.«

»Ich habe da noch eine Frage, Frau Winter. Es ist mir unangenehm das anzubringen, aber unter diesen Bedingungen bräuchte ich natürlich einen Nachweis, dass Sie ihren Verpflichtungen auch nachkommen können.«

Sie nickte eilig. »Das verstehe ich. Mein Anwalt wird es Ihnen unverzüglich mitteilen, sollte mir etwas zustoßen. Außerdem füge ich dem Vertrag einen Nachweis des Kontos bei, von dem Sie Ihr Gehalt beziehen. Es handelt sich um ein Treuhandkonto. Sie werden, sollten Sie den Job antreten müssen, von meinem Anwalt eine Vollmacht über das Konto bekommen und darüber verfügen können. Ich hoffe, dass Sie verstehen, dass mein Anwalt Ihren Einsatz jederzeit kontrollieren wird, da ich dann ja nicht mehr in der Lage dazu bin.«

Roman musste zugeben, dass er sie mochte. Sie war eine Frau, die wusste, was sie wollte, und sie schien es nicht gewohnt zu sein, etwas nicht zu bekommen. Er lächelte sie an. »Natürlich.«

»Eine Frage habe ich noch, Herr Molter«, fügte sie nun scheinbar doch etwas unsicher hinzu.

Er sah sie stirnrunzelnd an und sie schien tatsächlich noch etwas nervöser zu werden. »Fragen Sie!«, forderte er gespannt.

Frau Winter räusperte sich. »Man hat mich informiert, dass Sie… nun ja… homosexuell sind. Ist diese Information richtig?«

»Spielt das denn eine Rolle?« Roman war überrascht. Seine sexuelle Neigung war kein Geheimnis, aber es wunderte ihn, dass es ihr so wichtig zu sein schien.

»Eigentlich nicht. Ich… es interessiert mich einfach«, sagte sie schulterzuckend, doch Roman hatte das Gefühl, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach.

»Ja, ich bin schwul«, bestätigte er jedoch nur knapp, woraufhin sie sogar irgendwie erleichtert aussah.

»Schön, dass wir uns einigen konnten«, sagte sie strahlend. »Es ist ein gutes Gefühl, abgesichert zu sein und meinen Mann in guten Händen zu wissen.«

Kapitel 1

Sam

Langsam schob Sam seine Tochter im Kinderwagen die Straße entlang. Er erspähte denselben schwarzen Audi, den er vor ein paar Tagen bei seiner Runde durch das Viertel schon einmal gesehen hatte. Eigentlich interessierte er sich nicht sonderlich für Autos, doch nun erinnerte er sich, dass sein Nachbar und bester Freund Martin neulich etwas über ein schwarzes, fremdes Auto in der Nachbarschaft erzählt hatte. Entweder schien jemand Neues in dem Haus am Ende der Straße zu wohnen oder er wurde beobachtet. Das Gefühl verfolgte Sam allerdings bereits einige Wochen und er beschloss, dem Rätsel heute auf den Grund zu gehen.

Sicherheitshalber schob er den Kinderwagen zum Haus seiner Nachbarn und klingelte. »Maria, könntest du bitte einen Moment auf Jodi achtgeben«, bat er, als seine Nachbarin öffnete. »Ich hole sie gleich wieder ab. Ich habe nur kurz etwas zu erledigen.«

»Natürlich, Sam, so lange du willst. Martin ist mit den Zwillingen im Garten. Ich nehme Jodi mit nach hinten, wenn es dir recht ist«, sagte sie und hob seine Tochter aus dem Wagen.

Jodi strahlte sie an, daher nickte Sam beruhigt. Er war froh, Maria und Martin als Freunde zu haben. Sie waren vor vier Monaten eingezogen und er hatte sich auf Anhieb mit ihnen verstanden.

Entschlossen ging Sam über die Straße und klopfte an die Fahrerscheibe. Nach einem kurzen Moment glitt die Scheibe hinunter und zwei strahlend blaue Augen blickten ihm entgegen.

Er räusperte sich. »Entschuldigen Sie bitte, wohnen Sie hier in der Gegend?«, fragte er den Fahrer und sah sich kurz im Auto um. Leere Kaffeebecher und Papiertüten lagen auf dem Beifahrersitz verteilt. Als er den Mann, der in seinem Alter sein musste, wieder ansah, bemerkte er, dass dieser ihn fast schon schockiert anstarrte.

»Ähm… nein, nicht direkt«, antwortete der fremde Mann schließlich und das Fenster glitt wieder nach oben.

Sam dachte schon, der Fahrer würde ihn ignorieren, doch dann ging die Tür auf, und Sam trat einen Schritt zur Seite. Er betrachtete den Mann. Er trug eine blaue Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine offene schwarze Jacke. Sie waren gleich groß, jedoch hatte der Typ bei Weitem mehr Muskeln als Sam. Der Kerl hatte schwarze, kurze Haare, ein markantes Gesicht und blaue Augen, die Sam noch immer offenbar nervös anstarrten.

Sam starrte zurück. »Warum lungern Sie dann in unserer Nachbarschaft rum?«, fragte er mutig.

Der Typ leckte sich kurz über die Lippen, dann lächelte er ihn plötzlich freundlich an. »Ich mache hier nur meinen Job«, begann er und hob abwehrend die Arme, sodass seine offene Jacke den Blick auf sein schwarzes T-Shirt und etwas freigab, das Sam das Blut in den Adern gefrieren ließ. »Ich bin…«

»Sind Sie etwa bewaffnet?«, fiel Sam dem Mann erschrocken ins Wort und griff nach seinem Handy, während er rückwärts hinter das Auto stolperte. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich rufe die Polizei.«

»Das wird nicht nötig sein. Hören Sie, Herr Dr. Winter, ich kann Ihnen alles erklären.«

»Woher kennen Sie meinen Namen?«, fragte Sam panisch und wählte geistesgegenwärtig den Notruf. »Bleiben Sie bloß stehen!« Mit klopfendem Herzen hielt er sich das Handy ans Ohr.

»Sie haben die Notrufnummer gewählt, wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung.

»Weinbergstraße 17, mein Name ist Winter«, antwortete Sam ohne groß darüber nachzudenken. »Vor mir steht ein bewaffneter Mann. Bitte schicken Sie jemanden!«

»Gibt es Verletzte? Werden Sie bedroht oder gefangen gehalten?«

»Nein, wir stehen auf offener Straße«, antwortete Sam und runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, was hier vor sich geht.«

»Ein Streifenwagen ist unterwegs. Bleiben Sie ruhig. Provozieren Sie den Mann nicht«, wurde er angewiesen. Nicht, dass er etwas in der Art vorgehabt hätte.

»In Ordnung. Wie lange wird es dauern?«, fragte Sam leise, obwohl er sich sicher war, dass der fremde Typ jedes Wort verstehen konnte. Sam beobachtete ihn aufmerksam. Es schien keine Gefahr von ihm auszugehen, aber Sam wusste nicht, wie lange er noch ruhig bleiben konnte. Leichte Panik begann sich in ihm auszubreiten. Er war unglaublich froh, dass er Jodi bei Maria und Martin gelassen hatte.

»Die Kollegen sind gleich bei Ihnen«, sagte die Frau am Telefon, was ihn aber nur wenig beruhigte.

Im nächsten Moment konnte Sam bereits eine Sirene hören und er beobachtete den Fremden. Der schien überhaupt nicht nervös zu werden, im Gegensatz zu Sam.

Die Sekunden schlichen dahin, dann hielt endlich ein Polizeiwagen mit Sirene und Blaulicht neben ihnen. Sam ließ den Mann dennoch nicht aus den Augen, als die Polizisten ausstiegen und auf sie zukamen.

»Guten Tag, die Herren, was geht denn hier vor?«

»Ihre Kollegen sind da. Vielen Dank«, informierte er die Frau am Telefon und legte auf.

Einer der Polizisten kam zu ihm, der andere ging zu dem fremden Mann. »Haben Sie den Notruf gewählt?«, fragte ihn der Beamte.

»Ja. Der Mann dort treibt sich seit einiger Zeit in unserer Nachbarschaft rum und er ist bewaffnet«, erklärte Sam und zeigte auf den Fremden.

»Können Sie sich ausweisen?«, fragte der Polizist.

Sam zog seinen Geldbeutel aus der Tasche und kramte seinen Ausweis raus.

Der Polizist studierte die kleine Plastikkarte und gab sie ihm dann zurück. Anschließend sah er den fremden Mann an. »Roman?«

»Er steht unter meinem Schutz«, antwortete dieser mysteriöse Roman, doch Sam verstand kein Wort. »Ich habe verdeckt gearbeitet. Er hat mir keine Gelegenheit gegeben, etwas zu erklären. Tut mir leid, Louis. Hier sind die Unterlagen.«

Sam sah verwirrt von einem zum anderen, während der Polizist einen Umschlag entgegennahm und etwas, das wie ein Vertrag aussah, herauszog.

»Alles in Ordnung«, erklärte der Polizist offenbar zufrieden mit dem, was er gelesen hatte.

Sam sah den Beamten schockiert an. »Alles in Ordnung? Was soll das denn heißen? Nichts ist in Ordnung! Der Typ ist bewaffnet!«, rief er und fuhr im nächsten Augenblick zu diesem Roman herum. »Moment, was soll das heißen, ich stehe unter Ihrem Schutz? Das ist totaler Blödsinn. Sind Sie geisteskrank und irgendwo ausgebrochen?«

»Roman, vielleicht solltest du das erklären«, schlug der andere Polizist vor, wobei er Sam neugierig ansah.

»Ich bin Roman Molter. Ich bin Ihr Personenschützer. Ihre Frau hat mich engagiert. Ich musste verdeckt arbeiten, sie hat darauf bestanden«, erklärte der Muskelprotz und hielt Sam die Hand hin.

Blinzelnd schüttelte Sam den Kopf. »Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe!« Er wusste nicht, ob er lachen oder einfach weglaufen sollte. Die ganze Situation war völlig absurd.

Der Polizist, dem gegenüber er sich ausgewiesen hatte, sah von einem zum anderen. Dann hielt er Sam den Vertrag unter die Nase. »Ist das die Unterschrift Ihrer Frau?«

Sam blickte auf das Schriftstück. Er erstarrte und nickte. Es war Noras Unterschrift.

»Sollen wir Ihre Frau anrufen, damit sie dies bestätigen kann?«, fragte der Polizist weiter.

Sam hob langsam den Kopf. In seinen Ohren rauschte es, während er das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen.

Roman

»Das wird nicht möglich sein, Louis«, mischte Roman sich ein. »Seine Frau ist vor elf Monaten gestorben«, fügte er leise hinzu.

Sam tat ihm leid. Der Mann war kreidebleich geworden und zitterte. Er sah aus, als würde er gleich umkippen.

Schnell ging Roman einen Schritt auf ihn zu. »Setzen Sie sich. Kopf zwischen die Knie und tief durchatmen«, forderte er Sam auf und drückte ihn an den Schultern hinunter zur Bordsteinkante. Sein Klient gehorchte und schien, nach einigen tiefen Atemzügen, die Fassung wieder zu gewinnen, daher wandte Roman sich zu den Polizisten um. »Danke, Louis. Tut mir leid, dass ihr umsonst kommen musstet.« Den Rest würde er wohl allein hinter sich bringen müssen.

»Kein Problem, wir waren sowieso gerade in der Nähe.«

Als der Streifenwagen wieder fuhr, ging Roman zu Sam zurück. Der stand bereits wieder und sah ihn durchdringend an.

»Woher kannten Sie meine Frau?«, fragte er berechtigterweise.

»Könnten wir das vielleicht bei Ihnen zu Hause besprechen?« Es war definitiv kein Thema, das Roman auf offener Straße diskutieren wollte. Außerdem war ihm unbehaglich zumute, denn er konnte nur ahnen, was in Sam vor sich ging. Roman selbst hatte seit elf Monaten auf diesen Moment gewartet. Es war ein Wunder, dass sein Klient nicht schon vorher etwas bemerkt hatte.

»Sind Sie irre? Ich lasse Sie doch nicht einfach in mein Haus. Können Sie sich überhaupt ausweisen? Dürfen Sie die Waffe tragen? Warum zum Teufel hat Nora Sie engagiert?«, sprudelte es aus Sam heraus.

Roman war froh, dass Sam ihn nicht einfach so ins Haus gelassen hatte. Sicher hatte der Mann keine Feinde, denn die letzten Monate hatten gezeigt, dass absolut kein Grund für Romans Einsatz bestand, aber Vertrag war Vertrag und er musste ihn erfüllen. Und wenn Sam eine gewisse skeptische Grundeinstellung hatte, vereinfachte das seinen Job ungemein. Außerdem hatte sein Klient eine unglaublich sexy Stimme.

Roman seufzte. »Ähm… okay, der Reihe nach. Vor knapp anderthalb Jahren kam Ihre Frau in mein Büro und hat mich engagiert. Sie hat darauf bestanden, dass ich Sie und Ihre Tochter verdeckt beschütze, sollte ihr jemals etwas zustoßen.«

»Vor wem denn?«, wollte Sam ungläubig wissen.

»Das weiß ich nicht. Das wusste sie wohl selbst nicht. Glauben Sie mir, es besteht keinerlei Gefahr für Sie oder Jodi«, versicherte Roman, um ihn zu beruhigen.

Sam schnaubte. »Warum zum Teufel lauern Sie uns dann auf?«

Roman konnte seine Wut verstehen. Und verdammt, Sams Stimme war sogar noch sexier, wenn er lauter wurde. Trotzdem konnte er sich davon nicht ablenken lassen, sondern musste für Klarheit sorgen. »Weil das mein Job ist. Ich lauere Ihnen auch gar nicht auf, ich bin Ihr Personenschützer. Ihre Frau wollte, dass ich verdeckt arbeite und hat mir, für den Fall, dass Sie dahinterkommen, diesen Brief für Sie hinterlassen.« Er fischte den Umschlag aus seiner Mappe und reichte ihn Sam.

Dieser nahm den Umschlag entgegen und riss ihn vorsichtig auf. Er schluckte sichtbar, dann las er das Blatt und ließ sich wieder auf die Bordsteinkante fallen. Sam war noch blasser als sowieso schon und starrte mit riesigen Augen auf das Papier.

»Atmen Sie!«, wies Roman ihn leise an und hockte sich neben ihn. Er beobachtete, wie Sam tief durchatmete. Dabei war er Roman so nah, dass er seinen Duft wahrnahm. Sam roch nach Pfefferminz, Mann und Aftershave und machte Roman unweigerlich an. Er versuchte, seine Hormone zu ignorieren und half Sam auf. »Bitte, können wir ins Haus gehen?«

Sam nickte und machte sich auf den Weg über die Straße. Roman drückte die Fernbedienung, um das Auto zu verschließen und folgte ihm. Sie gingen durch einen kleinen Flur in die Wohnküche, wo Sam den Brief auf die Theke legte und sich ein Glas aus dem Schrank über der Spüle nahm. Er goss sich Wasser aus dem Hahn ein und trank das Glas leer. Dann ging er zum Esstisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Dabei ließ er Roman nicht aus den Augen.

»Ich will den Vertrag noch mal sehen«, sagte Sam schließlich.

Roman reichte ihm das Schriftstück und wartete, während Sam es las.

Plötzlich schnappte dieser nach Luft und blickte auf. »Zweieinhalb Millionen Euro?« Mit weit aufgerissenen Augen wedelte er mit dem Vertrag.

Roman nickte lediglich. Dass seine Frau den Betrag vorgeschlagen hatte, würde er ihm sicher nicht auf die Nase binden.

»Können Sie sich ausweisen?«, hakte Sam nach, woraufhin Roman ihm seinen Ausweis und gleichzeitig seinen Waffenschein reichte. Sam studierte beides, anschließend nickte er knapp. »Okay, erklären Sie mir das. Sie beobachten mich und meine Tochter seit elf Monaten und beschützen uns vor eigentlich niemandem?«

»Ja, das kann man wohl so zusammenfassen«, stimmte Roman ihm zu. »Und ich bin froh, dass es endlich raus ist. Glauben Sie mir, es ist nicht einfach, Sie im Auge zu behalten, wenn Sie davon nichts wissen dürfen.«

Zu seiner Überraschung lachte Sam. »Das glaube ich Ihnen sogar. Vielen Dank, aber wir brauchen Sie nicht länger.«

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Roman ihn aufmerksam an. »Soll das bedeuten, dass Sie entgegen dem Wunsch Ihrer Frau den Vertrag lösen wollen?«

»Was wäre denn die Alternative? Dass Sie mich gegen meinen Willen beschützen? Vor niemandem? Und dafür soll ich dann auch noch zahlen?«, entgegnete Sam ungläubig.

»Die Bezahlung ist geregelt, darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen«, versicherte Roman. »Aber alles andere ist richtig. Der Wunsch Ihrer Frau war es, dass ich Sie beschütze. Ich bitte Sie, dies bei Ihrer Entscheidung zu bedenken. Sofern Sie mich weiterhin als Personenschützer behalten, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich zukünftig über Ihre Tagespläne informieren. Ich weiß, dass das vielleicht anfangs unangenehm ist, aber ich bin mir sicher, dass –«

»Vergessen Sie es!«, fiel Sam ihm ins Wort. »Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich Ihnen Bericht darüber erstatte, was ich wann mit meiner Tochter vorhabe. Das geht Sie überhaupt nichts an. Ich will Sie nicht als Personenschützer und schon gar nicht, will ich, dass Sie uns Tag und Nacht beobachten.« Er seufzte. »Hören Sie...« Er sah kurz auf den Vertrag. »Herr Molter, meine Frau hatte sicherlich die besten Absichten, als sie Sie engagiert hat, aber wir brauchen Ihren… Service nicht.«

Langsam war Roman genervt. Warum hatte Frau Winter ihrem Mann nichts davon gesagt? Dass Sam sich weigerte, war einzusehen, änderte aber nichts an der Situation. Roman würde ihn nicht aufgrund einer impulsiven Entscheidung irgendeiner Gefahr aussetzen.

»Ich verstehe Ihr Unbehagen«, versicherte Roman, in dem Versuch, seinen Klienten zu beruhigen. »Vielleicht sollten Sie ihren Anwalt, Herrn Adler, anrufen. Sicherlich kann er Ihnen weitere Informationen über die Absichten Ihrer Frau geben. Ich kann Ihnen gern die Telefonnummer geben.«

»Seine Telefonnummer habe ich. Und glauben Sie mir, ich werde ihn anrufen«, entgegnete Sam beinahe trotzig. »Und ich kann Ihnen versichern, die Absichten meiner Frau sind mir durchaus bewusst. Trotzdem brauche ich Sie nicht.«

Roman seufzte. »Das mag sein. Trotzdem werde ich meinen Vertrag erfüllen.« Er hatte noch nie einen Job abgebrochen. Außerdem fühlte er sich unweigerlich zu Sam hingezogen, was masochistisch war, weil sein Klient ganz offensichtlich hetero und noch dazu im Moment ziemlich sauer auf ihn war.

»Gibt es eine Möglichkeit, Sie vom Gegenteil zu überzeugen?«, fragte Sam. »Ich habe was von einer Vertragsstrafe gelesen. Ich übernehme sie, dann können Sie einen sinnvolleren Auftrag annehmen und alle sind glücklich.«

»Ich habe noch nie einen Auftrag abgebrochen. Und Ihre Frau war sehr hartnäckig. Ich werde sie nicht enttäuschen«, entgegnete Roman ernst.

Sam schluckte und mied seinen Blick. »Nora ist tot.«

»Und das tut mir außerordentlich leid. Aber es ändert absolut nichts an dieser Situation, denn genau dafür hatte sie die Vorkehrungen getroffen. Ob es Ihnen passt oder nicht, ich werde in Zukunft Ihr Personenschützer sein.« Roman schob eine Visitenkarte über die Theke. »Unter dieser Nummer bin ich jederzeit zu erreichen. Zögern Sie nicht, mir zu schreiben oder besser noch anzurufen, sollte irgendetwas sein.« Mit diesen Worten ging Roman und hoffte, dass Sam sich früher oder später mit der Situation abfinden würde.

Sam

Nachdem Sam sich mit einem Anruf bei seinem Anwalt über die Richtigkeit des Vertrages informiert und dieser ihm versichert hatte, dass Nora ausdrücklich darauf bestanden hatte, diesen Herrn Molter zu engagieren, ging er frustriert in den Garten. Er sah über die Hecke und winkte Maria zu.

»Ich komme gleich rüber«, rief er und beobachtete einen Moment lang seine Tochter lächelnd, die eingemummelt in einem dicken Skianzug im Schnee saß und diesen inspizierte.

Dann entdeckte sie ihn und strahlte. »Papa komm!«, rief sie.

»Bin gleich da, Maus«, antwortete er, lief zurück in die Küche, durch den Flur und zur Haustür raus.

Als er seinen kleinen Vorgarten durchquert hatte und auf den Fußweg trat, sah er zu seinem Bodyguard hinüber, der an seinem Auto lehnte und ihn beobachtete.

Sam konnte die ganze Sache noch nicht ganz verstehen und beschloss, ihn vorerst zu ignorieren. Als er am Nachbarhaus ankam, traf Martin ihn an der Tür.

»Also, was ist das für ein Typ?«, fragte sein Kumpel sofort. »Ich habe vorhin gesehen, dass die Polizei da war und du sahst nicht glücklich aus, Mann. Müssen wir uns Sorgen machen?«

Sam sah wieder zu dem Auto und dann zurück zu Martin. »Ich weiß es nicht genau. Wie es aussieht, ist er mein Bodyguard, oder Personenschützer, wie er sich selbst nennt. Nora hat ihn engagiert. Ich hatte keine Ahnung davon.«

»Wie bitte? Er ist dein Bodyguard? Warum sollte sie für dich einen Bodyguard engagiert haben?«, fragte Martin verwirrt und sah wieder zurück zum Auto.

Sam schüttelte den Kopf. Er konnte ihm unmöglich den wahren Grund sagen, also griff er zu einer Notlüge. »Keine Ahnung. Das muss ich erst noch rauskriegen. Aber anscheinend folgt er uns bereits seit ihrem… seit Jodis Geburt. Es ist echt gruselig. Er trägt eine Waffe und hat einen schriftlichen Vertrag mit Nora geschlossen, dass er bis auf Weiteres auf uns aufpasst.« Sam wusste nicht, ob er das überhaupt hätte erzählen dürfen. Aber Martin war sein bester Freund und was dieser Herr Molter dachte, war ihm gleich.

»Geht das denn einfach so? Ich meine, musst du da nicht zustimmen?«, fragte Martin skeptisch.

Sam zuckte mit den Schultern. »Ja, schon. Aber ich habe gerade mit meinem Anwalt gesprochen und der meinte, Nora hätte darauf bestanden, und das verunsichert mich irgendwie.«

Martin sah ihn gespannt an. »Und was hast du jetzt vor?«

»Ich habe keinen blassen Schimmer«, antwortete Sam seufzend. »Ich denke, ich ignoriere ihn erst mal, bis mir etwas Besseres einfällt.«

Kapitel 2

Roman

In den ersten drei Wochen nach ihrem offiziellen Kennenlernen sprach Sam kein Wort mit Roman. Er hatte nicht das Gefühl, dass sein Klient die Situation akzeptiert hatte. Er ignorierte ihn, behielt aber seinen Tagesablauf bei und unternahm keine Versuche ihn loszuwerden, wie er es von früheren Klienten kannte. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm.

Roman war so in seine Gedanken versunken, dass er erschrak, als es plötzlich an seiner Autoscheibe klopfte. Sam stand vor ihm und starrte ihn wütend an. Gespannt und gleichzeitig unsicher stieg Roman aus.

»Kommen Sie mit rein«, blaffte Sam ihn an und stolzierte Richtung Haus los.

Roman schluckte und verriegelte das Auto. Dann folgte er Sam ins Haus. Sie gingen durch den Flur und kamen in die offene Wohnküche. Diesmal sah Roman sich genauer um und nahm sämtliche Details auf.

Die Küche konnte durch zwei Türen vom Flur aus betreten werden. Die erste, gleich neben der Eingangstür, führte direkt zum Wohnbereich, in dem sich ein Couchtisch, ein Sofa und ein Sessel befanden. An der gegenüberliegenden Wand standen ein Sideboard und der Fernseher. Die andere Tür lag am Ende des Flurs gegenüber der Haustür und führte direkt in die Küche. Diese war modern eingerichtet und durch eine L-förmige Theke vom Wohnbereich getrennt. Ein Fenster zeigte zum Garten raus, in den man über die Terrassentür auf der anderen Seite der Theke gelangte.

Zwischen Wohn- und Küchenbereich stand ein großer Esstisch der Platz für sechs Personen bot. Jodi saß auf dem Wohnzimmerboden und kritzelte mit Buntstiften auf einem großen weißen Blatt. Sie sah zu Roman auf und lächelte schüchtern. Dann widmete sie sich wieder ihrer Aufgabe.

»Jodi hat nächste Woche Geburtstag«, begann Sam ohne Umschweife und sehr unfreundlich, woraufhin Roman bestätigend nickte.

Er kannte das Datum, und er war sich sicher, dass er es nie vergessen würde. Der Tag, an dem Noras Anwalt mitten in der Nacht angerufen hatte, um ihn über den Beginn seines Auftrags zu informieren. Ein Auftrag, den er nie wirklich hatte antreten wollen, da er auf den viel zu frühen Tod einer jungen Frau folgte.

»Meine Eltern werden herkommen und unsere Nachbarn, sowie meine Schwester. Wir werden eine kleine Feier veranstalten«, fuhr Sam fort, während er seine Tochter ansah.

»Schön«, sagte Roman knapp, denn er war sich nicht sicher, worauf Sam hinauswollte.

Dieser nickte. »Ja. Ich habe allerdings so meine Bedenken, was meine Familie dazu sagt, wenn Sie die ganze Zeit vor meinem Haus rumlungern.«

»Okay, das verstehe ich«, gab Roman zu und wartete weiter ab.

»Sie können sich einen Tag freinehmen«, schlug Sam vor, wobei er Roman durchdringend ansah.

Roman musste sich ein Lächeln verkneifen und schüttelte den Kopf. »Das denke ich nicht. Wenn nicht ich auf Sie aufpasse, dann schicke ich einen Kollegen und ich denke, dass das noch weniger in Ihrem Interesse sein wird.« Er war sich sogar sicher, dass Sam das nicht wollen würde.

»Ich verstehe. Dann werden Sie mit uns feiern.«

Roman starrte ihn ungläubig an. »Was? Nein!«

»Wir sagen, dass Sie ein Kollege von mir sind«, fuhr Sam jedoch unbeirrt fort. »Maria und Martin, meine Nachbarn, wissen, wer Sie sind und werden nichts sagen. Meine Eltern werden an dem Tag sowieso die meiste Zeit um Jodi herumschwirren und meine Schwester interessiert sich nicht für meine Arbeit. Ich denke also, dass Sie mit wenigen Fragen rechnen müssen. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie Ihre Frau oder Familie mitbringen, umso glaubwürdiger wird die Sache. Wenn Sie das nicht möchten, ist das aber auch in Ordnung.«

»Moment, Moment«, unterbrach Roman seinen Klienten perplex. »Ich soll auf Jodis Geburtstag als Ihr Kollege auftreten? Vor Ihrer Familie? Nein, das mache ich nicht.«

Sam sah ihn verärgert an. »Ich bestehe darauf. Wie soll ich meiner Familie erklären, wer Sie sind? Ich kann schlecht sagen, dass ich neuerdings einen Bodyguard habe, den ich nicht brauche. Wie stehe ich denn dann da? Sie verfolgen mich tagein, tagaus und ich erinnere mich, dass Sie über meine Tagespläne informiert werden wollten. Bitte schön. In der nächsten Woche werden Sie Jodi und mich begleiten. Ich möchte, dass sie Sie kennenlernt und keine Angst vor Ihnen hat, das würde auffallen. Nächsten Samstag feiern wir dann ihren Geburtstag.« Herausfordernd starrte Sam ihn an.

Roman musste schlucken. Über die Pläne seines Klienten informiert zu werden, würde seine Arbeit erheblich erleichtern. Zwar kannte er Sams Wochenplan mittlerweile, Veranstaltungen oder Vorkommnisse außer der Reihe im Voraus zu erfahren, war jedoch ungemein hilfreich. Außerdem bräuchte er nicht mehr im Hintergrund zu bleiben, sondern könnte seinen Klienten besser schützen. Roman verdrängte, dass Sam keinen Schutz brauchte und er einen ganz anderen, wenig professionellen und eher primitiven Grund hatte, warum er in seiner Nähe sein wollte.

»Okay«, hörte er sich selbst sagen.

Sam nickte knapp. »Schön. Dann fangen wir gleich an. Ich möchte, dass Sie ab sofort Sam zu mir sagen und wir gehen am besten gleich zum Du über, dann geht uns das später leichter über die Lippen«, meinte er mit wenig Enthusiasmus.

»Okay«, sagte Roman wieder nur, immer noch verwirrt über sich selbst, dass er zugestimmt hatte.

Sam nickte erneut knapp und wandte sich dann ab. Er ging auf seine Tochter zu und hockte sich zu ihr. »Jodi, Maus. Machst du mal eine kurze Pause und kommst mit mir? Ich möchte dir jemanden vorstellen«, sagte er und nahm sie auf seinen Arm. Dann kam er mit ihr herüber und das kleine Mädchen sah Roman neugierig an. »Jodi, das ist Roman. Sagst du Hallo zu ihm?«, bat Sam lächelnd.

»Hallo, Roa.«

Roman war völlig perplex. Sie war nicht mal ein Jahr alt und schien ganz genau verstanden zu haben, was ihr Vater ihr erklärt hatte. Konnten Kinder in dem Alter überhaupt schon sprechen? Er spürte Sams durchdringenden Blick und setzte ebenfalls ein Lächeln auf.

»Hallo, Jodi«, sagte er, woraufhin sie ihn anstrahlte.

»Roa lieb?«, fragte sie ihren Vater und als dieser nickte sah sie Roman wieder an. »Roa malen?«

Mäßig überfordert sah er Sam Hilfe suchend an.

Der sprang sofort ein. »Roman hat jetzt leider keine Zeit, Maus. Wie wäre es, wenn du das Bild allein weitermalst und es uns dann zeigst?«, schlug er vor und als sie nickte, setzte er sie auf den Boden.

Roman starrte ihr ungläubig nach, als sie zurück zu ihren Stiften krabbelte und sich wieder in ihre Kritzelei vertiefte.

Sam folgte seinem Blick. »Faszinierend, nicht wahr? Sie scheint unglaublich intelligent zu sein«, sagte er sanft. »Einen Test kann man aber erst mit frühestens drei oder vier Jahren machen«, fügte er hinzu und als Roman nickte, ging er zu dem aufgeschlagenen Terminkalender, der auf der Küchentheke lag, und reichte ihm einen Zettel. »Das ist unser Plan für die nächste Woche. Termine, zu denen du mich begleitest, sind grün markiert.«

Sam

Sam beobachtete Roman aufmerksam. Es war ihm nicht entgangen, dass seinem Bodyguard die Wandlung der Bedingungen nicht unbedingt gefiel. Sicherlich würde sein Entschluss, ihn in seine Aktivitäten einzuweihen, Roman die Arbeit erleichtern, aber er schien ehrlich überrascht zu sein.

»Herr Dr. Winter, ich denke, wir haben uns da falsch verstanden. Ich entscheide, wann meine Anwesenheit erforderlich ist. Ich recherchiere und überprüfe Ihre Umgebung im Vorfeld, ich weiß, wer Ihre Kollegen, Mitarbeiter oder Studenten sind. Ich weiß, wer Jodis Erzieher sind, welche Ausbildung diese haben, dass Sie dort sicher ist. Ich weiß alles über Sie und Ihr Umfeld. Das mag beängstigend sein, ist aber mein Job. Ich schütze Sie und greife ein, bevor Sie überhaupt merken, dass dies erforderlich war. Das ist meine Aufgabe«, erklärte Roman und blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. »Sie sind bisher in der Uni immer sicher gewesen, es gibt dort einen ausgezeichneten Sicherheitsdienst und ich sehe keinen Grund, warum ich Sie in Zukunft begleiten sollte. Oder sehen Sie das anders?«

»Wir hatten uns auf das Du geeinigt«, erinnerte Sam ihn sachlich, während sein Hirn raste und nach einer Antwort suchte. »Wenn du einen Professor spielen sollst, dann wäre es sicher hilfreich, du wüsstest, wie meine Arbeit genau aussieht.« Sam war klar, dass die Idee, Roman als seinen Kollegen zu verkaufen, riskant war, aber einen Versuch war es wert. Außerdem hatte er ihn schon in ein paar seiner Vorlesungen entdeckt und das hatte ihn erst auf die Idee gebracht. Natürlich würde Sam ihm das nicht verraten. Ebenso wenig, wie viel er eigentlich über seinen Bodyguard wusste.

Er sah, dass Roman die Stirn runzelte. »Gefällt mir nicht. Erzählen Sie mir einfach alles über Ihren Job«, entgegnete sein Bodyguard nach kurzem Nachdenken.

Sam schüttelte den Kopf. »Begleite mich einfach und erlebe es selbst«, beharrte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wusste nicht, warum er seinen Personenschützer unbedingt um sich haben wollte. Eigentlich wusste er es schon, aber es war einfacher, so zu tun, als wäre dem nicht so.

Roman seufzte. »Und wie erklären Sie meine Anwesenheit?«

»Wir sagen, du seist ein Praktikant«, antwortet Sam schulterzuckend.

Sein Bodyguard starrte ihn ungläubig an. »Ist das dein Ernst?«

Sam musste schmunzeln. Wenigstens hatten sie das Sie hinter sich gelassen. »Sicher. Das wird nicht auffallen. Die meisten meiner Kollegen und Mitarbeiter sind älter als ich und warum nicht jemandem auf der Suche nach einer neuen Herausforderung helfen?«, sagte er unschuldig und wartete auf Romans Reaktion.

Sam wusste, dass er mit dem Feuer spielte, aber er wollte sehen, wie weit er gehen konnte. Roman wollte seinen Auftrag behalten und Sam hatte nicht die leiseste Absicht, es ihm leicht zu machen.

Roman schnaubte, sagte jedoch nichts. Stattdessen steckte er den Zettel ein und sah ihn verärgert an.

Sam war etwas enttäuscht, daher stichelte er weiter: »Heute Nachmittag sind wir mit Martin und den Zwillingen verabredet. Ich denke, es wird eine gute Gelegenheit sein, dass Jodi sich an deine Anwesenheit gewöhnen kann. Die drei werden gegen halb vier hier sein. Jodi schläft nach dem Mittagessen, wenn du also irgendwann zwischen halb drei und halb vier reinkommst, wäre das ganz passend. Ich denke, wenn du ein bisschen mit ihr malst oder ein Puzzle zusammensetzt, wird sie dich schnell akzeptieren«, sagte er und war mehr als zufrieden, als Romans Gesichtszüge entgleisten.

»Wie bitte? Ich soll Babysitter spielen?«, fragte er empört und sah Sam kopfschüttelnd an, bevor er unsicher zu Jodi blickte. »Vergiss es. Ich verstehe, dass sie mich kennenlernen soll, aber du kannst nicht von mir verlangen, dass ich sie unterhalte. Das ist nicht meine Aufgabe.«

Sie malte noch immer und mittlerweile war das Blatt kunterbunt und mit Kreisen und Schlangenlinien verziert.

Sam lächelte und sah dann in Romans skeptisches Gesicht. In seinem Magen begann es zu kribbeln und er musste schlucken. Plötzlich fühlte er sich elend. Das Kribbeln wich einem flauen Gefühl, als ihm bewusst wurde, was es zu bedeuten hatte.

»Hey! Geht es dir gut?«, hörte er Roman fragen und Sam blickte erschrocken auf.

»Ja, sicher. Dann sehen wir uns heute Nachmittag. Keine Sorge, du brauchst sie nicht unterhalten, sei einfach anwesend, dann gewöhnt sie sich schon an dich«, sagte er schnell und drehte sich dann weg. Er lief zum Kühlschrank und begann die Zutaten für ihr Mittagessen rauszuholen.

Roman beobachtete ihn abwartend, nickte dann jedoch und wandte sich zu Sams Überraschung an die kleine Künstlerin. »Tschüss, Jodi, bis später«, sagte er und überraschte Sam noch mehr, als er sich hinhockte.

»Roa tschüss?«, fragte sie, während sie auf ihn zukrabbelte. Dann setzte sie sich vor ihm hin und lächelte ihn an.

»Ja, aber ich komme heute Nachmittag wieder und dann zeigst du mir dein Bild, ja?«, bat er und erwiderte ihr Lächeln.

Jodi nickte eifrig und winkte dann. »Tschüss Roa.«

Roman stand auf und sah Sam an. »Bis später«, sagte er leise. Anschließend verschwand er auch schon durch die Küchentür.

Sam hörte die Haustür ins Schloss fallen und atmete langsam aus. Dann begann er das Mittagessen zu kochen.

Roman

Gegen drei Uhr klopfte Roman an die Haustür seines Klienten. Er war sich nicht sicher, was er von dem Treffen mit Sams Nachbarn und dessen Kindern erwarten sollte, aber immerhin würde er einen genaueren Einblick in das Privatleben seiner Schutzperson bekommen.

Mit seiner Tochter auf dem Arm, öffnete Sam die Tür. »Komm rein«, sagte er knapp.

Roman seufzte innerlich, setzte jedoch ein freundliches Gesicht auf und folgte ihm in die Küche. Sam war anscheinend gerade damit beschäftigt, den Esstisch zu decken, und nahm seine Arbeit wieder auf.

Jodi saß in ihrem Hochstuhl und beobachtete ihn dabei. »Jodi auch Teller.«

Ihr Vater grinste. »Natürlich bekommst du auch einen Teller, meine Maus. Möchtest du auch eine Tasse?«

»Elefanten«, antwortete sie ernst.

Sam nickte und holte eine andere Tasse aus dem Schrank. Als Jodi diese abgesegnet hatte, trug er das Kindergeschirr zum Tisch.

Roman sah sich unterdessen um. Die Küche war modern und praktisch eingerichtet. Ebenso das Wohnzimmer mit einer Ledercouch-Sessel-Kombination auf einem weichen, dicken Teppich und mit einem runden Couchtisch. Roman sah nach oben und runzelte die Stirn. Als er sich seinem Klienten zuwandte, bemerkte er, dass Sam und Jodi ebenfalls an die Decke starrten. Roman musste schmunzeln.

»Was gibt es denn da zu sehen?«, fragte Sam.

»Du hast keine Rauchmelder«, erklärte Roman.

»Ähm… nein, das ist richtig.« Sam sah noch einmal ungläubig zur Decke und errötete leicht. »Daran habe ich tatsächlich nie gedacht.«

Roman lächelte beruhigend. »Kein Problem. Die sind ja schnell angebracht.«

»Bekomme ich die im Baumarkt?«

»Ja, oder ich bringe dir welche aus dem Büro mit«, bot Roman an.

»Du verkaufst Rauchmelder?«, hakte Sam skeptisch nach.

Roman musste lachen. »Nein, aber ich habe immer welche da, für den Fall, dass sie irgendwo fehlen und der Klient keine Möglichkeit hat, welche zu besorgen.«

Sam schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich wollte sowieso demnächst hin, da bringe ich welche mit.«

»Jodi Hunger!«, meldete sich Romans bisher jüngste Schutzperson zu Wort.

Sam war inzwischen damit beschäftigt Kaffee aufzusetzen und sah sie über die Schulter hinweg an. »Gleich, Maus. Wir warten noch auf Martin, Anna und Flo, ja?«, sagte er und zählte dann die Kaffeelöffel in die Maschine.

Roman wusste alles über Sams Nachbarn. Der Vater, Martin, arbeitete an der Börse und war dort ziemlich erfolgreich. Die Mutter, Maria, eine hübsche Rothaarige, war Bankerin und arbeitete in Teilzeit. Die Kinder waren drei Jahre alt und gingen in einen privaten Kindergarten gleich um die Ecke. Sie hatten das gleiche schwarze Haar wie ihr Vater, aber das Gesicht eindeutig von der Mutter. Die Familie war im Herbst letzten Jahres in das Nachbarhaus eingezogen und Sam hatte sich offenbar auf Anhieb mit ihnen verstanden, was Roman damals sehr erleichtert hatte.

Die ersten Monate war Sam kaum aus dem Haus gegangen, hatte sich ausschließlich um seine Tochter gekümmert und ein Semester Pause an der Uni eingelegt. Nach dem halben Jahr war er wieder zur Arbeit gegangen und Jodi in die unieigene Kinderbetreuung. Als Maria und Martin zwei Monate später eingezogen waren, war Sam langsam aus der Trauerphase gekommen und hatte Ablenkung gefunden.

Als es an der Tür klingelte, sah Sam ihn an. »Ich lasse sie nie allein im Hochstuhl. Würdest du kurz auf sie aufpassen?«, bat er, woraufhin Roman nickte.

Eine Minute später tobten Anna und Florian ins Wohnzimmer, blieben abrupt stehen und starrten ihn überrascht an. Kurz darauf kamen Sam und Martin hinterher.

»Martin, Florian, Anna, das ist Roman Molter. Roman, das ist mein Nachbar und Freund, Martin Berger mit seinen Kindern«, stellte Sam sie einander vor.

Roman streckte Martin die Hand hin. »Hallo.«

»Nett Sie kennenzulernen«, erklärte Martin und schüttelte seine Hand. »Sagt hallo, Kinder.«

»Hallo«, sagten die Zwillinge, wie aus einem Mund. Dann stürmten sie zu Jodi und setzten sich an den Tisch.

Martin beobachtete ihn aufmerksam, wobei er den Kopf etwas schieflegte. Er schien etwas sagen zu wollen, sich aber nicht zu trauen.

Roman lächelte ihn an. »Was möchten Sie wissen?«

»Sie sind gut«, stellte Martin grinsend fest und deutete auf Sam. »Ist mein Kumpel hier in Gefahr?«

Roman hasste diese Frage. Trotzdem setzte er ein Lächeln auf. »Ich bin da, um dafür zu sorgen, dass er es nicht ist.«

Martin sah nicht überzeugt aus, sagte jedoch nichts, sondern nickte knapp und setzte sich dann an den Tisch. Sam bot Kaffee an und als Martin nickte, goss er ihm ein.

»Für mich nicht, danke«, lehnte Roman ab, als Sam ihn ansah, setzte sich aber trotzdem an den Tisch. Jodi saß zwischen ihnen und blickte ihn neugierig an.

»Roa Keks?«, fragte sie, bevor sie ihm das aufgeweichte und angeknabberte Gebäck hinhielt.

Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass Sam und Martin sich das Lachen verkneifen mussten, doch er lächelte sie an. »Das ist nett von dir, aber iss deinen Keks ruhig selbst.«

Jodi schien damit zufrieden zu sein, steckte sich den Keks in den Mund und kaute eifrig.

»Wie läuft's in der Uni?«, fragte Martin, worauf Sam mit den Schultern zuckte.

»Stressig. Nächste Woche sind die ersten Prüfungen und ich sage dir, du kannst die Studenten noch so oft darauf hinweisen, sie sind immer wieder überrascht und brauchen plötzlich dringend noch Sprechstunden«, erklärte er augenrollend.

»Ach ja, das Los der viel beschäftigten Professoren. Wie einfach könnte euer Leben ohne diese nervigen Studenten sein, nicht wahr?«, zog Martin ihn ganz eindeutig auf.

Sams darauffolgendes Grinsen sorgte für ein Kribbeln in Romans Bauch, das ganz und gar unangebracht war.

»Wem sagst du das«, antwortete Sam lachend und das verdammte Kribbeln wanderte mit beängstigendem Tempo tiefer.

»Was unterrichtest du?«, fragte Roman, um sich abzulenken, und erntete dafür einen verwirrten Blick von Sam.

»Betriebswirtschaftliche Steuerlehre«, antwortete er und sah ihn skeptisch an. »Ich bin davon ausgegangen, dass du das weißt.«

Martin sah gespannt zwischen ihnen hin und her, während er seinen Kaffee trank.

Roman zuckte betont lässig mit den Schultern. »Wollte nur checken, ob meine Infos richtig sind«, antwortete er lahm. Wenigstens war das Kribbeln verschwunden.

Sam und Martin nahmen ihr Gespräch wieder auf, unterhielten sich nun über Martins Arbeit und versuchten dabei, die Sauerei der Kinder auf und unter dem Tisch unter Kontrolle zu behalten. Nachdem die Knirpse satt und wieder sauber waren, entließen sie sie zum Spielen auf den Wohnzimmerteppich, während die Erwachsenen am Tisch sitzen blieben.

Plötzlich zupfte jemand an Romans Hosenbein.

»Jodi fertig malen.« Freudestrahlend wedelte Jodi mit ihrem Bild.

»Das sieht klasse aus. Was hast du denn alles gemalt?«, fragte Roman und beugte sich zu ihr hinunter.

»Kritzel, kritzel«, antwortete sie ernst.

Roman musste schmunzeln. »Und so schön bunt.«

»Jodi viele Stifte«, bestätigte sie erklärend.

»Das ist ja toll.« Roman versuchte, Begeisterung zu zeigen, doch im Umgang mit Kindern war er einfach nicht geübt.

Sam kam ihm schließlich zur Hilfe und hockte sich neben seine Tochter. »Soll ich dein Bild an den Kühlschrank hängen?«

Roman konnte sein Aftershave riechen, so nahe waren sie sich, und richtete sich schnell auf.

»Ja, bitte«, sagte Jodi, woraufhin Sam das Bild in die Küche trug.

Als es zu Jodis Zufriedenheit angebracht war, krabbelte sie zurück zu ihren Freunden.

»Deine Prinzessin hat sich schon wieder so verändert«, bemerkte Martin. »Sie kombiniert die Wörter ja schon richtig und eben hat sie bitte gesagt. Das ist beinahe beängstigend.«

Sam nickte. »Ja, das stimmt. Es ist wirklich beeindruckend. Die Erzieherin meinte, dass sie versuchen, sie zu fördern, wo es nur geht, aber ihre Zeit und Möglichkeiten sind begrenzt. Sie hat mir vorgeschlagen, mich nach einem speziellen Kindergarten für Hochbegabte umzusehen. Was hältst du davon?«

Nachdenklich legte Martin den Kopf schief. »Gibt es so einen denn?«

»Ja, im Nachbarort wohl«, meinte Sam und trank einen Schluck.

»Hm… ich weiß nicht.«

Sam sah Roman an. »Was denkst du?«

Roman war überrascht. »Du willst meine Meinung dazu hören?«

»Sicher, sonst hätte ich nicht gefragt.«

Er zögerte einen Moment. »Ich kenne mich mit Kindern nicht aus. Sie zu fördern, ist sicher sinnvoll, aber sollte sie nicht erst mal die grundlegenden Dinge, wie allein auf die Toilette gehen, selbstständig essen und vor allem Laufen lernen?« Sam sah bestürzt aus und Martin war blass geworden. »Entschuldige, wenn ich was Falsches gesagt habe. Ich habe nur laut gedacht«, erklärte Roman schnell und rügte sich selbst dafür, dass er seine Meinung überhaupt gesagt hatte.

»Nein, das war genau das, was ich auch gedacht habe«, meinte Sam nickend. »Sie ist zwar intelligent, aber beim Motorischen hat sie Defizite.«

Roman sah zu Jodi hinüber, die gerade große Holzsteine auf eine Kette fädelte. »Defizite?«

»Sam sorgt sich, weil sie noch nicht läuft«, klärte Martin ihn auf.

»Sie ist doch noch nicht mal ein Jahr«, warf Roman ein. Warum mischte er sich schon wieder ein? Wahrscheinlich, weil er das dringende Bedürfnis hatte, seinem Klienten zu versichern, dass mit seiner Tochter alles in Ordnung war.

»Genau das sagen wir ihm auch immer wieder«, meinte Martin und sah Sam ernst an. »Sie läuft, wenn sie so weit ist. Da hast du keinen Einfluss drauf.«

»Ja, weiß ich ja«, sagte Sam kleinlaut.

»Ich würde sie erst mal im Unikindergarten lassen. Da ist sie in deiner Nähe und gut aufgehoben. Später kannst du immer noch über einen Wechsel nachdenken, sollte sie sich dort wirklich langweilen«, erklärte Martin dann, woraufhin Sam offenbar erleichtert nickte.

»Denke ich auch. Danke«, sagte Sam und sah erst Martin, dann Roman an.

Sie begannen über Jodis Geburtstag zu sprechen und wechselten dann dazu, darüber zu diskutieren, wer die kommende Saison der Fußballbundesliga als Meister abschließen würde.

Roman stellte fest, dass Sam sich, genau wie er, für diesen Sport begeisterte und immer wieder versuchte, ihn in ihr Gespräch einzubinden. Roman hielt sich jedoch so weit wie möglich zurück, da er als Personenschützer zwar ins Privatleben seiner Klienten integriert, jedoch in erster Linie ihr Angestellter war, und als solchen sah er sich, auch wenn Sam ihn nicht persönlich beauftragt hatte.

Als Martin und dessen Kinder gegangen waren, räumte Sam das Wohnzimmer auf. »Und war es so schlimm heute?«, fragte er, während er das letzte Puzzle in seine Schachtel zurück räumte.

»Ich habe nie gesagt, dass es schlimm werden würde. Ich bin nur einfach kein Babysitter«, erklärte Roman.

»Ja, das weiß ich. Aber ich sorge mich um meine Tochter. Du bist ein Fremder für sie. Für mich ebenfalls. Ich will dich nur etwas kennenlernen, damit ich weiß, wer den ganzen Tag um uns herumschleicht«, rechtfertigte Sam sich und stand auf. Er nahm seine Tochter auf den Arm, bevor sie die Schachtel wieder in die Hände bekam.

Roman lächelte verständnisvoll. »Das kann ich nachvollziehen. Warum reden wir nicht einfach. Stell mir Fragen«, schlug er vor.

Sam nickte. »Okay. Morgen in der Uni?«

»Ist gut. Du fährst um halb acht los?«

»Weißt du, es trägt nicht dazu bei, dass du weniger unheimlich wirkst, wenn du dein Wissen über mich so zur Schau stellst«, meinte Sam stirnrunzelnd.

Roman zuckte mit den Schultern. »Bevor ich gehe, müssten wir noch eine Sache klären.« Er wusste, dass es eine längere Diskussion werden könnte, sollte sein Klient nicht kooperieren.

»Okay«, sagte Sam langsam.

»Normalerweise fahre ich meine Klienten zu ihren Terminen«, begann er, woraufhin Sam sofort den Kopf schüttelte.

»Ich brauche niemanden, der mich durch die Gegend kutschiert.«

»Es geht nicht darum, dass ich dich kutschiere«, entgegnete Roman geduldig. »Es ist nur so, dass ich es erstens sinnlos finde, dass wir mit zwei Autos hintereinanderherfahren und zweitens schränken getrennte Autos meine Aktionsmöglichkeiten stark ein.«

»Was denn für Aktionsmöglichkeiten?«, fragte Sam offenbar gereizt. Er setzte Jodi in den Hochstuhl und ging in die Küche, um ihr Abendbrot aus dem Kühlschrank zu holen.

»Nun, was halt nötig ist, um dich und Jodi zu schützen.«

Sam schnaubte und sah ihn mit einem Blick an, der ihm zeigte, wie unsinnig er dies fand. Roman konnte ein Seufzen nicht unterdrücken.

»Du kannst von mir aus bei uns mitfahren, aber ich fahre in meinem Auto«, meinte Sam dann.

Roman verbuchte dies als Teilsieg und beschloss, es dabei zu belassen. Vielleicht würde Sam seine Meinung noch ändern, wenn sie sich besser kannten und er Roman vertraute. »Dann fahre ich bei dir mit.«

Sam nickte knapp und brachte Jodi dann ihr Brot.

Roman ging ebenfalls zu ihr und beugte sich zu ihr hinunter. »Bis morgen, Jodi.« Er lächelte sie an und sie grinste zurück.

»Tschüss, Roa«, sagte sie, bevor sie in ihr Brot biss.

Roman richtete sich auf und sah seinen Klienten an. »Bis morgen früh.«

Sam nickte knapp. »Bis dann.«

Roman musste sich eingestehen, dass der Nachmittag nicht wirklich zu einer Verbesserung der Situation beigetragen hatte. Vielleicht würde die nächste Woche Fortschritte bringen.

Kapitel 3

Sam

Sam sah auf die Uhr und erschrak, denn es war bereits zehn nach halb acht, als es an der Haustür klingelte. Genervt lief er in den Flur und riss die Tür auf.

»Guten Morgen«, begrüßte sein Bodyguard ihn mit einem Lächeln auf den Lippen, doch für so viel gute Laune hatte Sam keine Nerven.

»Morgen«, grummelte er und rannte zurück in die Küche. Sicher war es nicht gerecht, so unhöflich zu sein, denn es war ja nicht Romans Schuld, dass Jodi zum dritten Mal heute Morgen ihren Kakao ausgekippt hatte. Nun musste er sie noch mal umziehen und würde zu spät zur Arbeit kommen.

Als er in die Küche kam, saß Jodi glucksend in der Kakaopfütze, statt vor der Spülmaschine, wo er sie hingesetzt hatte.

»Jodi, nein! Bitte hör jetzt damit auf und komm her«, schimpfte er und schnappte sich im Vorbeigehen die Küchenrolle vom Tresen. Dann fischte er seine Tochter vom Fußboden und versuchte vergeblich, sie so zu balancieren, dass sie ihn nicht mit Kakao bekleckerte, während er die Flüssigkeit aufwischte.

»Gib her«, sagte Roman plötzlich neben ihm, nahm ihm die Küchenrolle aus der Hand und begann, den Boden zu wischen. »Geh euch umziehen!«

Sam war verblüfft, lief jedoch sofort in den Flur und die Treppe hinauf ins Kinderzimmer.

Als er Jodi und sich umgezogen hatte und die Treppe wieder hinunterkam, war es bereits kurz vor um acht. Er zog sein Handy aus der Tasche, um seine Sekretärin anzurufen. Roman stand neben der Haustür und nahm ihm Jodi vom Arm.

»Na, hat es Spaß gemacht, im Kakao zu baden?«, fragte er, woraufhin sie vor Vergnügen quietschte.

Sam warf seinem Bodyguard einen genervten Blick zu, dann eilte er ins Arbeitszimmer und suchte seine Unterlagen zusammen.

»Lehrstuhl für betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Professor Dr. Winters Büro, Meyer am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?«, beantwortete seine Sekretärin den Anruf mit ihrem Standardspruch.

»Frau Meyer, ich bin es. Ich werde es heute nicht pünktlich schaffen. Wir fahren gleich los, aber vor halb neun bin ich nicht da.« Er hörte, wie sie die Tastatur ihres Computers bearbeitete.

»Alles klar. Dann verschiebe ich Ihr Treffen mit dem Dekan auf morgen 10 Uhr und bitte Ihre Studentin um Geduld.«

Verdammt, er hatte ganz vergessen, dass er für acht Uhr eine Sprechstunde eingeschoben hatte.

»Danke, Frau Meyer. Bieten Sie ihr einen Kaffee an, oder sie soll in meiner Mittagspause noch mal zu mir kommen, wie es ihr passt.«

»In Ordnung«, antwortete seine Sekretärin.

»Gut. Dann bis gleich«, verabschiedete Sam sich, während er seinen Rucksack schnappte und in den Flur zurückrannte. Roman und Jodi waren nicht mehr da. Er riss die Haustür auf und sah, wie sein Bodyguard Jodi im Auto festschnallte. Erleichtert zog Sam die Tür hinter sich zu und schloss ab. Als er zum Auto kam, saß Roman bereits auf dem Beifahrersitz.

»Wo hast du meinen Autoschlüssel her?«, fragte Sam, als er sich hinter das Steuer setzte.

»Jodi hatte ihn in der Hand«, antwortete Roman stirnrunzelnd.

»Wirklich?« Sam überlegte und erinnerte sich schließlich, dass er ihn ihr im Schlafzimmer gegeben hatte, damit sie beschäftigt war und er sich schnell umziehen konnte. »Ja, stimmt.«

»Anschnallen«, befahl Roman, als Sam den Motor gestartet hatte und rückwärts aus seiner Einfahrt gehakt war.

Heute war echt nicht sein Tag. Er zog den Sicherheitsgurt um sich und nach dem vertrauten Klicken, fuhr er los Richtung Uni.

An einer roten Ampel hielt er an und beäugte misstrauisch seinen Bodyguard. »Trägst du gerade deine Waffe?«

»Sieht es so aus?«, fragte Roman zurück, blickte dabei aber weiter aus der Frontscheibe.

Sam schürzte die Lippen. »Ich bin mir nicht sicher.«

»Gut.«

Sam konzentrierte sich wieder auf den Verkehr, an der nächsten roten Ampel sah er ihn jedoch genauer an. Roman trug schwarze Boots, eine blaue Jeans und eine schwarze Lederjacke. Sam versuchte zu erkennen, ob er bewaffnet war, aber die Jacke gab nichts preis. Die enge Jeans dafür umso mehr.

»Es ist grün.«

Eilig legte er den Gang ein und fuhr los, wobei er seine roten Wangen und den Blick seines Bodyguards, den er auf sich spürte, ignorierte. »Verdammt, jetzt fängt es auch noch an zu schneien«, bemerkte Sam genervt und sah dann erschrocken in den Rückspiegel. Eigentlich versuchte er, das Fluchen zu vermeiden, wenn Jodi in Hörweite war, aber gerade war es ihm rausgerutscht.

Seine Tochter war jedoch in ein Buch vertieft. Roman musste es ihr gegeben haben, denn heute Morgen hatte es noch auf dem Wohnzimmertisch gelegen. Sam musste zugeben, dass er es ohne seinen Bodyguard wahrscheinlich noch immer nicht aus dem Haus geschafft hätte.

Zehn Minuten später fuhr er auf seinen Parkplatz vor dem Fakultätsgebäude. Er sprang aus dem Auto und holte seinen Rucksack aus dem Kofferraum. Als er ihn schloss, hatte Roman Jodi bereits auf dem Arm.

»Ich kann sie in den Kindergarten bringen«, bot dieser an.

Sam war hin- und hergerissen. Er würde wertvolle Zeit sparen, aber er kannte Roman nicht gut genug und ihm seine Tochter anzuvertrauen, fiel ihm unglaublich schwer.

»Ich komme gleich danach in dein Büro und du kannst meinetwegen anrufen und dich vergewissern, dass ich sie abgegeben habe«, sagte Roman und setzte sich bereits in Bewegung.

»Ja, okay. Danke«, hörte Sam sich sagen und lief neben ihm her, am Sicherheitsdienst vorbei, dem Roman seinen Ausweis zeigte. »Weißt du, wo du hinmusst?«

»Sicher.«

»Sie ist in Gruppe zwei und Frau Küster ist ihre Erzieherin«, erklärte Sam und zog Jodi in seine Arme, als sie vor dem Fahrstuhl standen. »Hey, meine Maus. Ist es okay, wenn Roman dich heute in die Gruppe bringt?«

»Roa Jodi bringen«, wiederholte sie fröhlich.

»Genau. Ich hole dich aber auf jeden Fall ab. Hab viel Spaß, Maus.« Er musste sich zwingen, begeistert zu klingen, und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen.

»Tschüss, Papa!« Jodi winkte, als sie wieder auf Romans Arm war.

Sam winkte zurück und drückte tapfer lächelnd den Fahrstuhlknopf. »Tschüss, Maus.«

»Bis gleich«, sagte Roman und lief anschließend mit Jodi zum Flur, in dem die Kinderbetreuung untergebracht war.

Roman

»Okay, Jodi, hilf mir mal. Wo müssen wir hin?« Roman sah sich in diesem Gebäudeteil um. Es gab vier Türen in diesem Gang und auf keiner davon stand eine 2.

»Da, Schuhe«, erklärte sein kleiner Schützling und zeigte auf die Garderobenbank an der rechten Seite des Flurs. Er setzte Jodi einfach auf den Boden vor der Bank und sie krabbelte auch gleich zu ihrem Platz.

»Ach so. Wir müssen dich natürlich erst ausziehen«, erklärte er mehr sich selbst als ihr und hob sie auf die Bank. »Erst die Mütze. Gut. Schal und Jacke. Prima machst du das schon«, lobte er und half ihr aus den Ärmeln. »Und jetzt müssen wir die Hausschuhe anziehen?«

»Hose aus«, sagte Jodi.

Roman runzelte die Stirn. »Bist du dir sicher?« Er konnte sie wohl kaum ohne Hose abgeben.

»Guten Morgen.« Eine kleine, rundliche Frau hatte eine der Türen geöffnet und sah ihn fragend an.

»Guten Morgen«, grüßte Roman zurück.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie. »Guten Morgen, Jodi«, sagte sie dann an Jodi gerichtet.

»Sie sind nicht Frau Küster, oder?«, fragte Roman, obwohl er sich da sicher war. Allerdings wollte ihm der Name der Erzieherin gerade beim besten Willen nicht einfallen.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Frau Küster betreut die Mäusegruppe. Samtens ist mein Name, ich bin für die Pinguingruppe zuständig.«

»Molter, hallo. Dr. Winter war heute sehr spät dran und hat mich gebeten, seine Tochter herzubringen. Vielleicht können Sie mir hier helfen? Jodi meinte, dass sie die Hose ausziehen müsse?«

»Hat sie denn noch eine Strumpfhose drunter?«, wollte die Erzieherin immer noch freundlich lächelnd wissen.

Er sah Jodi an, die nickte. »Okay, dann ist das geklärt«, stellte er beruhigt fest und nahm sie auf seinen Schoß. »Braucht sie noch etwas anderes, außer Hausschuhe?«, fragte er, als er ihr die Hose von den Beinen zog.

»Nein, alles andere haben wir hier«, entgegnete die Frau offensichtlich belustigt.

»Gut. Die Mäusegruppe hatten Sie gesagt?«, fragte er noch einmal sicherheitshalber, während er Jodis Hausschuhe unter der Bank hervorholte und sie ihr unter den wachsamen Augen der Erzieherin anzog.

»Ja, gleich hier drüben.« Frau Samtens zeigte auf eine Tür mit einer großen Maus drauf.

Gut, diesen Gruppenraum hätte er wohl auch selbst finden können. »Danke.«

»Gern. Viel Spaß, Jodi«, sagte die Erzieherin und huschte durch die gegenüberliegende Tür.

»So, Jodi, dann wollen wir mal sehen, wer schon auf dich wartet.« Roman klopfte an die Tür und öffnete sie dann langsam. Nachdem er sich suchend im Raum umgesehen hatte, fand er die einzige Erwachsene am Fenster stehend. »Frau Küster?«, rief er über den Kinderlärm hinweg.

Diese drehte sich um und sah ihn fragend an. Dann kam sie auf ihn zu. »Guten Morgen. Hallo, Jodi«, sagte sie und streckte die Arme aus.

»Herr Dr. Winter bat mich, Jodi heute zu bringen. Er hat es leider nicht pünktlich geschafft«, erklärte er, als er ihr die Kleine reichte.

Frau Küster nickte. »In Ordnung. Darf ich Ihren Namen erfahren?«

»Entschuldigung, natürlich. Molter ist mein Name«, antwortete er, beruhigt über ihre Nachfrage.

»Alles klar, Herr Molter. Werden Sie sie auch wieder abholen? Denn dann benötigen Sie eine Vollmacht.«

Roman schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr Vater holt sie ab.«

»Roa auch?«, fragte Jodi und sah ihn fragend an. Auch Frau Küster sah mehr als neugierig aus.

»Ja«, versprach Roman, wobei er hoffte, dass er nicht gerade Zündstoff für die Gerüchteküche lieferte. »Bis heute Nachmittag, Jodi.«

»Tschüss, Roa«, sagte sie und winkte ihm grinsend.

Schmunzelnd wandte er sich ab und ging zur Garderobe zurück. Nachdem er Jodis Kleidung an ihren Haken gehängt und die Winterstiefel unter die Bank gestellt hatte, ging er zum Fahrstuhl zurück.

Er fuhr in die dritte Etage, dann folgte er den Schildern zu Sams Lehrstuhl. Die Bürotür stand offen und er fand sich vor dem Schreibtisch einer blonden, sehr schlanken Frau um die 40 wieder, die ihn neugierig beäugte. Er räusperte sich und ging auf sie zu.

»Herr Molter?«, fragte sie lächelnd, was er mit einem Kopfnicken bestätigte. »Er erwartet Sie.« Mit einem Kopfnicken deutete sie auf die Tür neben ihrem Schreibtisch.

»Danke schön.« Roman lächelte höflich, woraufhin ihr Grinsen breiter wurde und sie sich die Bluse zurechtzupfte.

Roman musste schmunzeln und ging zu Sams Büro. Er klopfte und drückte dann die Klinke runter. Sam saß mit dem Telefon am Ohr hinter seinem Schreibtisch und winkte ihn herein.

»Ja, Frau Küster, das hatte seine Richtigkeit. Nein, das weiß ich doch, das war eine Ausnahme. Natürlich. Ach, wirklich… Aha… Das ist ja wirklich lustig, wo sie das nur wieder herhat… Nein, das ist natürlich nicht schön, darüber reden wir zu Hause«, sagte Sam ins Telefon und errötete.

Roman zog sich den Stuhl von seinem Schreibtisch heran, als Sam darauf deutete, und als er saß, blickte er sich interessiert um. Das Büro war praktisch und freundlich eingerichtet.