Broken - Gefährliche Liebe - Chelsea Fine - E-Book
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Chelsea Fine

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Beschreibung

Heiße Leidenschaft, dunkle Geheimnisse und die ganz große Liebe - Jetzt der Start der Trilogie zum Kennenlernpreis!

Die Semesterferien stellen Pixie Marshall gleich vor zwei Herausforderungen: Sie braucht Geld, und sie braucht eine Bleibe. Ein Job in einem Bed & Breakfast scheint die Lösung ihrer Probleme zu sein. Doch Pixie hat nicht geahnt, dass ihr Zimmernachbar ausgerechnet Levi Andrews sein würde. Der extrem heiß ist. Und den Pixie am liebsten nie wieder sehen würde ... Denn ein Jahr zuvor waren sie dabei, sich ineinander zu verlieben – bis eine schreckliche Nacht alles veränderte. Doch Levi jetzt aus dem Weg zu gehen stellt sich als unmöglich heraus. Was ihn allerdings nicht zu stören scheint …

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Seitenzahl: 352

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Buch

Die Semesterferien stellen Pixie Marshall gleich vor zwei Herausforderungen: Sie braucht Geld, und sie braucht eine Unterkunft. Ein Job in einem kleinen Bed & Breakfast scheint die Lösung ihrer Probleme zu sein. Doch Pixie hat nicht geahnt, dass ihr Zimmernachbar ausgerechnet Levi Andrews sein würde. Der ist extrem heiß – und Pixie hätte ihn am liebsten niemals wiedergesehen. Denn ein Jahr zuvor waren Pixie und Levi dabei, sich ineinander zu verlieben – bis eine schreckliche Nacht alles veränderte …

Autorin

Chelsea Fine lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Phoenix, USA. Sie verbringt möglichst viel Zeit damit zu schreiben und zu malen, um möglichst wenig ungeliebte Hausarbeit erledigen zu müssen. Dafür liebt sie Superhelden, Kaffee und verrückte Socken.

Außerdem von Chelsea Fine bei Blanvalet lieferbar:

Trouble – Süchtig nach DirBesuchen Sie uns auch auf www.facebook/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag.

CHELSEA FINE

Broken

Gefährliche Liebe

Roman

Aus dem Amerikanischen von Babette Schröder

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »Best Kind of Broken« bei Grand Central Publishing, New York.

1. Auflage

Copyright © der Originalausgabe 2014 by Chelsea Lauterbach

Published by arrangement with Chelsea Lauterbach

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2015 by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung eines Motivs von dreamstime.com

Redaktion: Melike Karamustafa

Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-15745-6

www.blanvalet.de

Für Suzie, die immer an mich geglaubt hatAuf alle Enden, die noch kommen werden

1Pixie

Wenn mein schrecklicher Nachbar wieder das gesamte warme Wasser verbraucht, erstickeich ihn im Schlaf.

Ich höre, wie die Dusche endlich abgestellt wird, stürme wutschnaubend durchs Zimmer und sammele meine Duschsachen ein. Ich warte nicht höflich, bis er das Badezimmer verlassen hat, oh nein. Ich stehe mit düsterem Blick vor der Badezimmertür – unter der Dampf hervorquillt – und warte.

Warte noch immer.

Als die Tür aufschwingt, taucht aus dem Nebel ein makelloser männlicher Körper auf. Seine nassen dunklen Haare umrahmen ungeordnet sein Gesicht, was sexy wirkt, obwohl er sich vermutlich, kurz bevor er die Tür geöffnet hat, wie ein Hund geschüttelt hat. Und natürlich trägt er nichts als ein Handtuch um die Hüften.

Hilfe!

Ich spähe genervt ins Bad und versperre ihm den Ausgang.

»Eine halbe Stunde duschen, Levi? Was zur Hölle ist in dich gefahren?«

Er verzieht den Mundwinkel zu einem Lächeln. »Ich war schmutzig.«

Na, darauf möchte ich wetten …

»Ich schwöre zu Gott«, sage ich, »wenn ich schon wieder kalt duschen muss …«

»Du solltest nicht zu Gott schwören, Pix.« Er beugt sich mit seinem Gesicht ganz nah zu mir herunter, der Dampf seiner Haut lässt meine Nase und meine Wangen feucht werden. »Das ist nicht nett.«

Aus dieser Nähe kann ich die winzigen Silberflecken in seinen strahlend blauen Augen sehen und beinahe den Dreitagebart an seinem Kinn spüren. Nicht, dass ich das möchte. Ganz bestimmt nicht.

Ich schürze die Lippen. »Ich will warm duschen.«

»Dann steh früher auf.«

»Ich meine es ernst, Levi.«

»Ich auch.« Sein Blick gleitet kurz zu meinem Mund – nur für den Bruchteil einer Sekunde –, und da ist es. Dieses Kribbeln. Dieses Kribbeln, das es früher nicht zwischen uns gegeben hat.

Er löst den Blick und weicht zurück. Die feuchte Hitze seines Körpers verschwindet mit ihm und irgendein alberner triebhafter Teil in mir protestiert.

»Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.« Er wartet, dass ich aus dem Weg gehe. Was ich nicht tue.

Ich bohre meinen Finger in seine Brust. »Ich habe seit drei Tagen nicht mehr warm geduscht.«

Er packt meine Oberarme, hebt mich vom Boden hoch und befördert mich aus dem Weg, als sei ich leicht wie eine Feder. Dann geht er die zehn Schritte durch den Flur zu seinem Zimmer und verschwindet darin, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Idiot!

Leise vor mich hin fluchend, stapfe ich in das kleine Bad und versuche nicht den Minzegeruch zu genießen, der mir in die Nase steigt und sich auf meine Haut legt. Verdammt! Levi und seine gut duftende Seife.

Vor zwei Wochen ist mein erstes Semester am College zu Ende gegangen, und da man in Arizona den Sommer über nicht im Wohnheim bleiben darf, musste ich mir eine neue Unterkunft und folglich einen neuen Job suchen. Nun arbeite ich für meine Tante Ellen im Willow Inn, denn einer der Vorzüge – und der Begriff trifft es nur sehr ungenau – bei diesem Job ist, dass Kost und Logis frei sind.

Und mein freies Logis teilt sich Flur und Bad mit der Person, von der ich gehofft hatte, ihr nie mehr in meinem Leben zu begegnen.

Levi Andrews.

Heißer Typ. Handwerker. Lange verloren geglaubter … irgendwas.

Ellen hat, geschickt wie sie ist, vergessen zu erwähnen, dass Levi im Inn wohnt, sodass der Tag, an dem ich eingezogen bin, voller Überraschungen steckte.

Überraschung! Levi wohnt auch hier.

Überraschung! Du schläfst im Zimmer neben ihm.

Überraschung! Du teilst mit ihm Waschbecken, Dusche und jeden einzelnen Tag eine Portion unheimliche sexuelle Spannung.

Ellen hat Glück, dass ich sie liebe.

Hätte ich gewusst, dass Levi auch im Inn wohnt und arbeitet, hätte ich die Stelle niemals angenommen und wäre erst recht nicht hier eingezogen. Aber Tante Ellen ist eine gutmütige Hotelbesitzerin und, ehrlich gesagt, waren meine anderen Optionen noch deutlich unattraktiver. Nun bin ich also hier und lebe und arbeite direkt neben einem wandelnden Stück meiner Vergangenheit.

Da wir die einzigen Angestellten sind, die auch im Inn wohnen, sind Levi und ich allein im Ostflügel – eine Ausgangslage, die eigentlich ideal wäre, wäre da nicht dieser riesige rosa Elefant, um den wir bei unseren großartigen Begegnungen stets einen großen Bogen zu machen versuchen.

Erinnerungen kriechen meinen Nacken hinauf, meine Augen brennen. Ich blinzele rasch die Tränen weg, stelle die Dusche an und suche das Bad mit den Augen nach anderen Dingen ab, auf die ich mich konzentrieren kann.

Kleine blaue Punkte auf der Tapete.

Violette Blumen auf meiner Shampooflasche.

Punkte. Blumen. Shampoo.

Nachdem ich die drohenden Tränen wieder unter Kontrolle habe, halte ich meine Hand in die Dusche und entspanne mich ein wenig, als warmes Wasser meine Finger berührt. Ich streife meinen Schlafanzug ab und trete hoffnungsvoll unter den Strahl, doch als das Wasser gerade auf die rechte Seite meines Nackens trifft, wird es eiskalt.

Mistkerl!

Ich werde ihn heute Nacht ersticken. Ich werde ein dickes, fettes Kopfkissen auf Levis dickes, fettes, stoppeliges Gesicht drücken, und er wird leiden.

Ich unterdrücke einen verzweifelten Aufschrei, drehe das Wasser ab und wickele ein Handtuch um meinen halb nassen Körper. Auf keinen Fall werde ich kalt duschen. Dann bin ich heute eben schmutzig. Ich greife hastig meine Sachen und reiße die Badezimmertür genau in dem Moment auf, als Levi aus seiner Zimmertür in den Flur hinausspäht.

Er hat sein Handtuch gegen tief sitzende Jeans eingetauscht, hat es jedoch noch nicht geschafft, sich ein Hemd überzuwerfen, sodass ich zusehen muss, wie sich seine Brustmuskeln anspannen, als er den Türrahmen umfasst.

Er grinst einfältig. »Schon fertig?«

Ich winke ab, gehe in mein Zimmer und schlage wie ein Viertklässler die Tür hinter mir zu.

Ich schlüpfe in meine Sachen, frisiere meine Haare zu einem nachlässigen Pferdeschwanz und ziehe meine Sneakers mit den Farbflecken an, dann betrachte ich mich im Spiegel. Bäh!

Gut zwanzig Sekunden zerre ich an dem V-Ausschnitt meines T-Shirts, dann gebe ich auf und entscheide mich stattdessen für eines mit engem Rundhalsausschnitt. Viel besser.

Mein Handy auf der Kommode piept und als ich danach greife, werfe ich einen Becher mit Pinseln um. Die Pinsel rollen von der Kommode auf den Boden, wo sie sich zu haufenweise herumliegenden Kleidungsstücken und zerknitterten Collegebewerbungen gesellen. Ich blicke auf die SMS und runzele die Stirn.

Ich vermisse dich.

Sie stammt von Matt.

Ich vermisse dich auch, schreibe ich zurück. Was stimmt. Zumindest in gewisser Weise.

Es gibt Neuigkeiten, ruf mich an.

Gerade will ich Matt anrufen, als ich Levis Schritte im Flur höre, als er sich erneut auf den Weg ins Bad macht. Er stöpselt etwas ein und das Geräusch seines Elektrorasierers dringt an meine Ohren. Mit einem boshaften Lächeln lege ich das Telefon zurück auf die Kommode.

Levi sollte es inzwischen wirklich besser wissen.

Ich schlendere durch mein Zimmer, stecke jedes elektronische Gerät ein, das ich besitze, und warte, bis er mit dem Rasieren halb fertig ist. Dann schalte ich alle Geräte gleichzeitig ein. Sofort fliegt die Sicherung heraus und das Surren des Rasierers erstirbt.

»Verdammt, Pixie!«

Ach, der süße Ton eines verärgerten Mannes.

Ich setze eine Unschuldsmiene auf, öffne meine Tür und spähe durch den Flur zum Bad. Levi sieht lächerlich aus, wie er in seinen Jeans im Türrahmen steht – noch immer ohne Hemd – und mich mit halbrasiertem Gesicht düster anstarrt.

Er spannt die Kiefermuskeln an. »Ernsthaft?«

Ich mache ein mitfühlendes Gesicht. »Du solltest deinen Rasierer wirklich hin und wieder aufladen.« Ich verlasse mein Zimmer, gehe den Flur hinunter und singe dabei: »Einen wunderschönen Tag mit halbrasiertem Gesicht!«

Während ich die Treppe hinuntergehe, schlägt die nasse Seite meines Pferdeschwanzes bei jedem Schritt gegen meinen Hals. Erneut muss ich lächeln.

Wenn Levi spielen will, kann er das haben.

2Levi

Zwölf Tage.

Pixie wohnt erst seit zwölf Tagen hier und schon möchte ich mich mit einem Löffel erstechen. Nicht, weil sie dauernd die Sicherung herausfliegen lässt – obwohl dieser wiederkehrende Streich sicher Grund genug wäre –, sondern weil ich mich Pixie gegenüber nicht normal verhalten kann.

Aber kämpfen? Das kann ich.

Nachdem ich mir ein Hemd angezogen habe, marschiere ich nach unten und durch die Hintertür nach draußen. Das riesige Lavendelfeld hinter dem Inn wogt im Morgenwind. Unzählige violette Blüten verströmen ihren Duft und erinnern mich an Dinge, die lieber vergessen bleiben sollten. Dinge, die ich üblicherweise tief in mir vergrabe. So viel dazu.

Ich mache Ellen Vorwürfe. Wenn sie mir Bescheid gesagt hätte, dass Pixie auch hier einzieht, hätte ich mich besser vorbereiten können.

Eine weitere Brise weht noch mehr Lavendelduft in meine Nase.

Oder vielleicht auch nicht.

Der strahlend blaue Himmel über mir ist wolkenfrei, und als ich an der Längsseite des Gebäudes entlanggehe, wirft die frühe Morgensonne einen langen Schatten hinter mir. Ich blicke blinzelnd an der weißen Verkleidung des Inn nach oben und bemerke, dass eines der Schilder gesprungen ist, was allerdings nichts Neues ist.

Das Willow Inn ist knapp hundert Jahre alt, und an manchen Stellen ist es ebenso baufällig wie malerisch. Es ist ein verwunschenes Haus mit einer weißen Verkleidung und einer umlaufenden Veranda unter einem blauen Schindeldach, das zwischen endlosen Lavendelfeldern und wogenden Weidenbäumen liegt. Die Zimmer sind in zwei Flügeln in der oberen Etage untergebracht, außerdem gibt es einen Hauptteil mit der üblichen Lobby, der Küche und dem Speisesaal.

Der frisch renovierte Westflügel verfügt über sieben Schlafzimmer, alle mit eigenem Bad. Dort wohnen die Gäste.

Der Ostflügel muss noch renoviert werden, weshalb Ellen Pixie und mich dort wohnen lässt. Neben meinen anderen Aufgaben als Hausmeister helfe ich Ellen auch dabei, den alten Ostflügel zu entkernen, damit sie den Teil renovieren und Bäder in die Zimmer einbauen lassen kann.

Ich erreiche den Sicherungskasten am Ende des Hauses und lege den mir nur allzu vertrauten Schalter um, damit der Ostflügel wieder mit Strom versorgt wird.

Zum Glück erfordern das Entkernen und der Umbau, dass der Ostflügel seine eigene Strom- und Wasserversorgung hat, sodass die Gäste nicht von meinem Warmwasserverbrauch oder von Pixies Kurzschlüssen gestört werden. Aber verdammt, wir müssen wirklich einen etwas reiferen Umgang miteinander finden.

Ich drehe um, folge meinem Schatten zurück zur Tür und halte den Atem an, als ich an dem violetten Feld vorbeikomme. Als ich eintrete, sehe ich, dass der Holzfußboden besonders glänzt, was bedeutet, dass Eva, das Mädchen, das für das Putzen im Haupthaus zuständig ist, vermutlich früh gekommen und wieder gegangen ist, bevor irgendjemand sie gesehen hat. Sie putzt am liebsten im Verborgenen und beendet ihre Arbeit, bevor jemand aufwacht. Manchmal beneide ich Eva. Um ihre Einsamkeit. Ihre Unsichtbarkeit.

Im Haus taucht vor mir eine Gestalt auf und mir liegt gleich eine ganze Reihe von Flüchen auf der Zunge.

Daren Ackwood.

Ich hasse diesen Trottel, und er kommt direkt auf mich zu.

»Was ist los, Andrews?« Er hebt kurz das Kinn zum Gruß, so wie wir es früher getan haben. Wir sind auf dieselbe Highschool gegangen, und ich glaube, wir hatten im letzten Jahr einen Kurs zusammen, aber wir sind keine Freunde. Er betrachtet mein halbrasiertes Gesicht. »Was zum Teufel ist mit dir passiert?«

»Pixie«, antworte ich.

Er nickt und blickt sich um. »Ist Sarah da?«

Sarah ist Pixies richtiger Name. Die Einzigen, die sie Pixie nennen, sind Ellen und ich und …

Nur Ellen und ich.

»Warum?« Ich verschränke die Arme und blicke auf die Wasserkiste, die er trägt. »Hat sie Wasser bestellt?«

Daren ist der Laufbursche des Willow Inn, er liefert Lebensmittel und Wäsche und alles, was sonst noch gebraucht wird. Leider taucht er deshalb zweimal die Woche mit seinen geschniegelten Jeans und seinen neun Schichten Rasierwasser hier auf. Und immer ist er auf der Suche nach Pixie.

»Nein, aber man weiß ja nie.« Er hebt anmaßend eine Braue. »Sie könnte durstig sein.«

»Sie ist nicht durstig.«

Er blickt erneut auf meine Gesichtsbehaarung. »Ach, ich glaube, sie ist durstig.«

Und ich glaube, Daren braucht einen Schlag ins Genick.

»Morgen, Levi.« Lächelnd kommt Ellen herein und reicht mir meine To-do-Liste für den heutigen Tag. Als sie sich umdreht und den Laufburschen liebenswürdig anlächelt, gleiten die langen Haare über ihre Schulter. »Hey, Daren.«

»Hey, Miss Marshall.«

Während Ellen mit mir über den Feueralarm spricht, beobachte ich, wie Daren ihren Körper mit Blicken misst und an Stellen verharrt, an denen seine Augen nichts zu suchen haben.

Der braucht nicht nur einen Schlag ins Genick.

Ellen Marshall ist eine sehr attraktive Vierzigjährige, die es gewohnt ist, von Männern angestarrt zu werden. Nicht von mir, natürlich. Ellen ist wie Familie für mich und ich respektiere sie, aber so ziemlich jeder andere Kerl, der sie sieht, träumt von ihr, was mich nervt.

»… denn das System ist veraltet«, erklärt Ellen.

»Routineprüfung des Feueralarms«, bestätige ich, wobei ich Daren nicht aus den Augen lasse, der sie noch immer angafft. »Verstanden.«

»Kann ich dir irgendwie helfen?« Ellen lächelt Daren spitz an. »Dein Blick wirkt etwas verloren.«

Er korrigiert seine Blickrichtung. »Äh, nein, Ma’am. Ich habe mich nur gefragt, wo Sarah ist.«

»Sarah arbeitet. Und du auch.« Sie lenkt den Blick aus ihren haselnussbraunen Augen auf die Wasserkiste. »Warum bringst du die nicht in den Speisesaal? Ich glaube, Angelo füllt heute Morgen die Bar auf.«

Er nickt und geht.

Ellen wendet sich wieder mir zu und mustert mein Gesicht. »Hübscher Bart«, stellt sie fest. »Pixie?«

Ich fahre mir mit der Hand über die glatte Seite meines Kinns. »Ja.«

Sie stößt verzweifelt die Luft aus. »Levi …«

»Ich überprüfe den Feueralarm, nachdem ich mich zu Ende rasiert habe«, unterbreche ich sie schnell. Denn ich habe keine Zeit oder auch nicht den Mumm, mich der Unterhaltung zu stellen, die sie mit mir führen will. »Später.« Ich lasse ihr keine Gelegenheit zu antworten, sondern drehe mich schnell um und gehe zur Treppe.

Wieder im Bad, studiere ich mein Spiegelbild und schüttele den Kopf. Pixie hat den Zeitpunkt perfekt abgepasst, das muss ich ihr lassen. Mein Bart ist genau bis zur Hälfte rasiert. Ich sehe aus wie ein Vorher-Nachher-Beispiel aus einer Werbung für Rasierer.

Ich denke an ihren verärgerten Gesichtsausdruck und muss lächeln. Sie war so verzweifelt, als sie dort vor der Badezimmertür stand, mit ihren roten Wangen und ihren vollen Lippen, und mich empört aus ihren grünen Augen angesehen hat.

Warum muss sie nur so verdammt hübsch sein?

Ich schalte den Rasierer ein, lasse die Klingen über mein Kinn gleiten und denke daran, wie sie mich zum ersten Mal mit diesem empörten Blick angesehen hat. Mein Lächeln erstirbt.

Pixie war sechs, ich sieben. Und meine Transformers-Figuren waren weg.

Ich lief in Panik durchs Haus und meinte, mein Lieblingsspielzeug verloren zu haben, bis ich auf Pixie stieß, die im Schneidersitz im Wohnzimmer saß und meine überaus männlichen Transformers neben ihren albernen Puppen aufgebaut hatte.

Ich habe sofort nach meinen Eltern gerufen – »Mom! Pixie hat meine Transformers genommen!« – und mein Spielzeug unverzüglich aus den Klauen des rosa Brechmittels namens Barbie gerettet.

»He!« Pixie versuchte, sie mir wieder zu entreißen. »Das sind die Beschützer. Sie töten die Bösen. Meine Puppen brauchen sie!«

»Deine Puppen sind dumm. Hör auf, meine Sachen zu nehmen. Mom! Mom!«

Ein gehetzter Blick sieht mir aus dem Spiegel entgegen, während ich mich langsam zu Ende rasiere.

Ich wünschte, ich hätte damals schon gewusst, wie wichtig Pixie für mich werden würde.

Ich wünschte, ich hätte eine ganze Menge Dinge gewusst.

3Pixie

Ich betrete die Küche und nehme meine Schürze von der Wand. Sie ist leuchtend gelb, mit roten Kirschen übersät und mit Rüschen eingefasst. Es ist die fröhlichste Schürze der Welt, und vorne drauf steht mein Name mit Filzstift geschrieben. Oh je!

»Guten Morgen!« Mable blickt lächelnd von einer Schüssel Eigelb auf. Ihre dicken grauen Haare hat sie zu einem Knoten hochgesteckt und ihre Pausbacken leuchten wie immer rosig. Sie erinnert mich an eine kecke Mrs. Santa Claus – ohne das rote Kleid mit dem Pelzbesatz und die Brille.

»Guten Morgen.« Ich binde das verrückte gelbe Ding mit den Kirschen in der Taille zusammen, dann gehe ich zur Industriespüle in der Ecke, um mir die Hände zu waschen.

Ich kenne Mable und so ziemlich jeden anderen Angestellten des Inn schon mein ganzes Leben. Fast jeder, den Ellen anstellt, stammt aus unserer Heimatstadt – ein winziger Punkt auf der Landkarte namens Prescott. Es ist eine typische Kleinstadt mit sich abmühenden Geschäftsbesitzern, aufrührerischen Teenagern und Kirchengängern, die für beide beten. Es würde mir nichts ausmachen, diesen Ort nie wiederzusehen.

»Wie hast du geschlafen, Liebes?«, fragt Mable und schlägt das Eigelb mit einer Inbrunst, die mir abgeht. Die Küche und ich sind keine Freunde; wir sind Verbündete in Kriegszeiten. Küchenhilfe war die einzige Stelle, die bei Ellen diesen Sommer noch frei war, und genauso sehr wie ich es hasse zu kochen, hasse ich es, pleite zu sein.

Ich koche allerdings nicht schlecht. Da ich jahrelang für mich und meine Mutter, für die es eine Zumutung bedeutete, mich zu versorgen, das Essen zubereitet habe, weiß ich, wie man eine einigermaßen anständige Mahlzeit herstellt. Wenigstens werde ich jetzt dafür bezahlt, dass ich mich in der Küche abrackere.

»Bis auf Levis wahnsinnig lauten Fernseher?«, antworte ich. »Gut.«

Sie mustert meinen halb nassen Pferdeschwanz. »Kalt geduscht heute Morgen?«

Jeder, der im Gasthaus arbeitet, weiß, wie Levi und ich uns bekämpfen. Nicht nur, weil wir manchmal mit den Türen schlagen und uns anschreien, sondern weil jeder im Inn über uns Bescheid weiß.

In den ersten Tagen nach meinem Einzug hat mich das ziemlich gestört. Ich kannte den wahren Grund für das Flüstern der Angestellten hinter vorgehaltener Hand, und dieser wahre Grund schmerzte mich. Doch ich gebe nichts mehr darauf. Wenn Levi und ich ihnen eine Art tragisches Unterhaltungsprogramm liefern, von mir aus.

Ich blicke hinunter auf die Speisenliste für heute Morgen. »Ja. Die Satansbrut hat wieder zugeschlagen.«

Mable lacht, wie immer, wenn ich von Levi spreche, und ihre Pausbacken leuchten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie ihn trotz ihrer sechzig Jahre lüstern beäugt. Wenn ich Mable nicht so lieb hätte, würde mich das total anekeln.

»Dieser Levi hat etwas Besonderes«, gurrt sie.

»Etwas besonders Selbstsüchtiges vielleicht.«

Sie kippt das Eigelb in eine Pfanne. »Etwas Köstliches.«

Eklig!

Aber wahr.

»Was ist köstlich?« Haley, die kurvige fünfunddreißigjährige Empfangsdame, betritt die Küche durch die Hintertür und späht in eine Schale mit Schokoladenstückchen, von denen sie sich ein paar in den Mund schiebt. Haley tratscht fast genauso viel wie Mable. Und sie ist ein bisschen süchtig nach Schokolade.

Ich beobachte, wie sie noch mehr Schokoladenstückchen hinterherschiebt.

Okay, stark süchtig.

»Levi«, antwortet Mable und wackelt mit den Brauen.

»Mmm. Der ist zum Anbeißen.« Haley steckt sich die schulterlangen schwarzen Haare hinters Ohr und lächelt mich verrucht an. »Den würde ich gerne von Kopf bis Fuß und wieder zurück ablecken.«

Guter Gott! Das ist ja, als würde ich im Hotel »Spitze Weiber« arbeiten.

»Levi ist nicht zum Anbeißen«, widerspreche ich und versuche über Omelettzutaten nachzudenken anstatt darüber, wie sich Levis Bauchmuskeln angespannt haben, als er sich heute Morgen in den Flur gebeugt hat. »Er ist nervig.«

»Mich nervt er nicht. Nervt er dich, Mable?«, fragt Haley.

»Kein bisschen.« Mable lächelt.

Haley greift nach mehr Schokoladenstückchen, und ich schiebe ihre Hand weg. »Weil ihr zwei nicht mit ihm aufgewachsen seid und praktisch eure gesamte Kindheit in seinem Haus verbracht habt.«

Ein unbehagliches Schweigen breitet sich aus.

»Nein«, bestätigt Mable nach einem Moment leise. »Das haben wir nicht.«

Haley räuspert sich und lächelt Mable gezwungen an. »Ist noch etwas Kuchen von gestern Abend übrig?«

Soll Haley die Anspannung ruhig mit einem Dessert lösen.

Ich kümmere mich darum, die Sachen für das Frühstück bereitzustellen, während Mable und Haley über die Hotelgäste tratschen.

Die meisten Gäste des Willow Inn sind Rentner, die wegen der frischen Luft aufs Land kommen und weil es ein ruhiger Rückzugsort ist. Manche von ihnen bleiben Wochen oder Monate und kommen jedes Jahr wieder.

Manche der Gäste, die diesen Sommer hier sind, waren schon häufig da, und da das Willow Inn ein kleines Haus ist, lernen sich viele näher kennen und es geht ziemlich freundschaftlich zu.

Aus Mables Stimme spricht deutliche Dramatik: »… und dann hat Marsha Greenberg Betsy Peterson erklärt, dass sie an ihrem Bridgetisch wegen des Vorfalls mit Mr. Clemons nicht mehr willkommen sei.« Die Zwiebeln in der Hand, blickt sie vom Schneidebrett auf, die Tragweite des Skandals steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Kannst du dir das vorstellen? Vor allem nach dem, was letzten Monat mit Vivian Johnson passiert ist?«, schnattert sie weiter. Haley nickt mitfühlend, während sie sich ein Stück Schokoladenkuchen in den Mund schaufelt.

Man sollte annehmen, dass Senioren, die sich in einem malerischen Inn am Ende der Welt erholen, ruhig und langweilig wären, aber sie benehmen sich wie Teenies. Sie flirten und trinken und schlafen miteinander und es ist einfach nur eklig. Unterhaltsam. Aber eklig.

Haley staunt über Mables Geschichte, die ich nicht weiter verfolgt habe, weil ich mit Arbeiten beschäftigt bin.

»Nein, hat sie nicht.« Haley bleibt der Mund offen stehen, sie kann es nicht fassen.

»Ach, Schätzchen, aber natürlich«, sagt Mable mit einem abfälligen Schnauben. »Ich habe dir ja gesagt, dass die Frau eine Plage ist.«

Haley schüttelt den Kopf und nimmt noch einen Bissen. »Eine Plage, aber wirklich.«

Wow. Hoffentlich erinnere ich mich daran, wenn ich älter bin, nie in einem Inn Ferien zu machen. Das Küchenpersonal könnte über meine täglichen Aktivitäten tratschen.

Das altmodische Telefon neben der Tür klingelt mit einem fröhlichen Kling-a-ling-a-ling, und ich blicke unweigerlich hinüber. Es ist rot und riesig und scheußlich und sein Kling-a-ling ist laut genug, um Tote zu erwecken. Ellen meint, die Wählscheibe und die lange spiralförmige Schnur würden dem Inn mehr Charme verleihen. Ich glaube, Ellen erzählt Mist und hat es einfach noch nicht geschafft, das prähistorische Teil auszutauschen.

Beim zweiten Klingeln wischt sich Mable die Hände an ihrer Schürze ab – in einem zurückhaltenden Hellblau und ohne Früchte und Rüschen – und nimmt das antike Telefon mit einem munteren »Guten Morgen!« ab.

Sie lauscht einen Augenblick in den Hörer, dann verschwindet sie umgehend durch die Schwingtür, die in den Speisesaal führt, und spricht mit gedämpfter Stimme weiter. Immer auf Klatsch aus, bemüht sich Haley, durch die Tür zu lauschen, gibt jedoch schnell auf und wendet sich mir zu.

»Na«, sie verschlingt das letzte Stück Schokoladenkuchen, »ich habe gehört, dass Levi und du die Wochenenden diesen Sommer frei habt. Ihr Glückspilze.«

Wohl kaum …

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die gleichzeitige Freizeit Teil von Ellens teuflischem Plan ist. Sie will Levi und mich dazu bringen, ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen. Da hat sie sich aber geschnitten, denn ich werde mich jedes Wochenende aus dem Staub machen. Levi und ich müssen nicht mehr Zeit als nötig miteinander verbringen.

»Glückspilze, ja wirklich«, bestätige ich trocken.

Sie schiebt die Kuchenkrümel auf ihrem Teller zusammen und zerdrückt sie mit der Gabel, bis sie aneinanderkleben. »Hast du dieses Wochenende etwas Schönes vor?«

»Nicht wirklich. Ich mache nur etwas mit Jenna und Matt.«

Sie leckt die Gabel ab. »Wer ist Matt?«

Ich hole ein paar Paprikaschoten aus dem Kühlschrank. »Mein, äh, Freund.«

Ich habe diese seltsame Angewohnheit »äh« zu sagen, bevor ich das Wort »Freund« benutze. Ich kann nicht anders. Es fällt einfach aus meinem Mund.

»Ach, richtig, der Freund. Den hatte ich fast vergessen«, sagt Haley. »Bist du dir sicher, dass es ihn wirklich gibt? Du sprichst nie von ihm, und ich habe euch auch noch nie zusammen gesehen.«

»Es gibt ihn.« Ich spüle ein Messer ab und schneide Gemüse. »Es ist nur schwierig, weil er unten bei der Uni wohnt und ich hier draußen.«

Die ASU, die Staatliche Universität von Arizona, befindet sich hundert Meilen südlich von meiner Heimatstadt entfernt und irgendwo genau dazwischen, an einem verlassenen Freeway, steht das Willow Inn. Ja, genau, am Ende der Welt.

Haley leckt erneut die Gabel ab, obwohl sie bereits blitzblank ist. »Weiß Levi von deinem Freund?«

Ich blicke sie an. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie er davon nichts mitbekommen haben sollte, so viel wie hier getratscht wird. Und ich kann mir im Übrigen auch nicht vorstellen, warum es ihn interessieren sollte. Er ist wie ein Bruder für mich.« Bei dem Wort zieht sich mein Herz zusammen, und ich versuche, nicht darüber nachzudenken, warum.

»Ein Bruder.« Sie nickt nachdenklich. »Stimmt … stimmt – Mist!« Sie blickt auf die Uhr und lässt ihre blitzblanke Gabel fallen. »Ich muss an die Rezeption. Bis später.« Sie eilt aus der Küche, als Mable gerade aus dem Speisesaal zurückgetänzelt kommt.

Ich beobachte, wie Mable den Hörer auflegt, ohne mir dabei in die Augen zu sehen. Mein Magen zieht sich zusammen. Sie tritt an die Arbeitsplatte und beginnt, eine Frühstücksquiche zu belegen. Ich schneide weiter Gemüse. Minuten vergehen.

Mable atmet tief ein und sagt ruhig: »Das war deine Mutter am Telefon.«

Ich teile eine Paprika in zwei Hälften. »Meine Mutter soll sich zum Teufel scheren.«

Nach meiner Bemerkung ist die Stimmung gedrückt, also blicke ich auf und versuche Mable aufzuheitern. »He, und wenn sie schon einmal da ist, kann sie den Teufel gleich fragen, ob er Levi zurückhaben möchte.« Ich lächele strahlend, aber die gedrückte Stimmung hält an.

Es gibt einen Grund, weshalb ich mich entschieden habe, nach dem Semesterende nicht nach Hause zurückzugehen. Dieser Grund hat mich vor neunzehn Jahren zur Welt gebracht und es seither jeden Tag bereut.

Mable belegt die Quiche zu Ende und schiebt sie mir zu, damit ich sie fertigstelle. »Sie sagt, dass sie dich in ein paar Wochen besuchen kommt. Sie möchte mit dir zu Abend essen.«

Ich hole Käse aus dem Kühlschrank und murmele: »Na, was für ein Spaß.«

Sie lächelt angespannt, weil sie weiß, wie wenig spaßig Sandra Marshall sein kann. Einer der Nebeneffekte, wenn man aus derselben Kleinstadt stammt.

Erneut schwingt die Tür zum Speisesaal auf. Diesmal kommt Levi mit einem Werkzeugkasten herein.

Die Miene der lüsternen Mable hellt sich auf. »Morgen, Levi!«

»Morgen, Mable.« Er lächelt sie an und wirft mir einen düsteren Blick zu.

Ich bemerke, dass er jetzt glatt rasiert ist, und ein Teil von mir vermisst seinen Dreitagebart – was? Nein. NEIN. Ich vermisse seinen Dreitagebart nicht. Das tun nur Irre.

Ich erwidere seinen düsteren Blick und reibe Schweizer Käse.

»Wo befindet sich hier der Feueralarm?«, fragt er in seinem Geschäftston. Er klingt anders als sein Geh-mir-aus-dem-Weg-Ton oder sein Wenn-du-heißes-Wasser-willst-musst-du-früher-aufstehen-Ton.

Mable deutet auf die Wand, anscheinend überglücklich, behilflich sein zu können, während ich den Blick nach unten richte, als er an mir vorbeigeht. Während ich den Käse auf der Quiche verteile, denke ich unwillkürlich, dass geriebener Schweizer Käse wie weiße Bartstoppeln aussieht.

Ich bin nicht irre!

Nachdem die Quiche fertig ist, wende ich mich dem Gemüse zu, das ich gleich dünsten will, und mein Blick fällt automatisch auf Levi. Er bringt mich aus dem Konzept. Er hat die Arme gehoben und seine Schultern sind ganz breit, und er repariert irgendeinen Mist, und es ist … es ist einfach … nervig.

Und noch etwas ist nervig. Dass sich der verrückte Feueralarm direkt neben dem Herd befindet.

Schnaufend und mit ein paar üblen Worten im Kopf nehme ich meine geschnittene Paprika und zwinge meine Füße, sich zum Herd zu bewegen. Ich werfe das Gemüse in eine Bratpfanne, nehme einen Holzlöffel und ignoriere, dass Levi direkt neben mir steht.

Mein Körper vibriert.

Ich ignoriere auch das.

Ich werfe einen verstohlenen Blick in seine Richtung und beobachte, wie sich die kräftigen Muskeln in seinem Unterarm anspannen, als er etwas an dem Alarmkasten schraubt. Warum hat er so viele Muskeln in seinem Unterarm? Das kann nicht gesund sein.

Ich richte den Blick auf die Bratpfanne und konzentriere mich auf die Paprika, weil Paprika interessant ist und keinen Rücken in der Größe Alaskas hat oder haufenweise Unterarmmuskeln besitzt.

Die Unterarmmuskeln, an die ich nicht denke, streifen leicht meine Schulter, und das Vibrieren in meinem Körper verstärkt sich und brummt wie eine Hummel auf Crack.

Ich schalte beiläufig die Temperatur am Herd herunter, als sei das der Grund, warum ich plötzlich ein menschlicher Vibrator geworden bin, und konzentriere mich wieder aufs Rühren. Levi schraubt weiter.

Paprika.

Ich denke an Paprika.

Levi berührt mich erneut, nur dass sein Unterarm diesmal meine Brust streift und mein Körper sofort ausflippt, als wäre ich ein liebeshungriger Teenager, und das Vibrieren läuft in meinem Bauch nach unten, und der Herd wird heißer, und mein Atem wird flach, und plötzlich ist Paprika das erotischste Gemüse der Welt.

Willkommen im Hotel »Spitze Weiber«: Zuhause des Bartstoppelkäses und des sinnlichen Gemüses.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Levis Adamsapfel hüpft, als er nervös schluckt, was nur eins bedeuten kann: das Streifen meiner Brust war ein Unfall.

Mist!

Wenn er versucht hätte, mit seinem klobigen Unterarm ein Gefühl bei mir auszulösen, hätte ich mit einem abfälligen »du Perverser« kontern können. Aber es war keine Absicht, und irgendwie macht es das noch erotischer, und jetzt summt die verrückte Hummel in meinen unteren Regionen, und meine Hände kribbeln, und warum zum TEUFEL ist der Herd so heiß?

Ich drehe die Temperatur noch etwas weiter herunter und atme tief ein. Ich habe einen Freund. Einen großartigen Freund. Die sexuelle Erregung, die mich in Levis Nähe überkommt, ist also kein Grund für mein Hummelliebendes Höschen, gleich ein solches Theater zu veranstalten. Ich muss mich nur beruhigen.

Levi senkt einen Augenblick den Arm, den Blick noch immer auf den Alarm gerichtet, und dehnt seinen Nacken.

Ach, Nackendehnen. Das universelle Zeichen für Stress. Nun, zumindest bin ich nicht allein mit meiner Erregung. Meiner scharfen, verwirrenden Höschen-sind-so-lästig-Erregung.

Moment, WAS?

Wer hat hier was von Höschen gesagt? Ich denke NICHT an Höschen – oder fehlende Höschen. Schert euch zum Teufel, ihr verdammten Paprika!

Ich schleudere den Holzlöffel zur Seite und gehe zurück zur Arbeitsplatte, wo die Gefahr, von einem Handwerker oder einem gebratenen Gemüse erregt zu werden, deutlich geringer ist.

Ich starre auf die Quiche mit dem Dreitagebart und unterdrücke ein Stöhnen. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, unter einem Dach mit Levi zu wohnen? Ich werde diesen Sommer auf keinen Fall überleben.

Verdammt, ich überlebe ja kaum das Frühstück.

4Levi

Sexuelle Spannung ist wie eine aufdringliche Taube. Gibt man ihr einmal Futter, verfolgt sie einen für immer. Sie stirbt nicht und Pause macht sie auch nie. Sie isteinfach da. Und sie ist jedes Mal da, wenn ich in Pixies Nähe bin.

Wie jetzt. In der Küche.

Als ich mit meiner Arbeit fertig bin, achte ich sorgsam darauf, meinen Blick auf alles Mögliche zu richten, nur nicht auf Pixies blonde Haare oder auf die gelbe Schleife ihrer Schürze am Ende ihres Rückens. Aber ich höre sie. Das Schlurfen ihrer fleckigen Sneakers, während sie an der Arbeitsplatte hin- und hereilt, ihr leises und konzentriertes Ein- und Ausatmen.