Burning for Her - Kaye Kennedy - E-Book
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Burning for Her E-Book

Kaye Kennedy

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Beschreibung

Er hat immer bekommen, was er will. Bis jetzt.

Als Jüngster der Familie, dazu charmant und gutaussehend, ist es Ryan Hogan gewöhnt, zu bekommen, was er will und seine Karriere als Feuerwehrmann in New York City lässt ihm auch noch die  Frauenherzen zufliegen. Bis zu dem Tag, als Ryan im Krankenhaus aufwacht und seine Krankenschwester die einzige Frau zu sein scheint, die gegen ihn immun ist. Doch jeder sollte wissen: Ryan Hogan gibt niemals auf …

Zoe Powers Job als Krankenschwester in der Notaufnahme ist aufregend und anstrengend. Als einer ihrer Patienten, ein zugegebenermaßen sexy Feuerwehrmann, entschlossen ist, ihr Herz zu erobern, kämpft Zoe mit allen Mitteln dagegen an. Ihre letzte Beziehung hat sie fast zerstört und in New York City will sie nun ein neues Leben anfangen. Sie wird nicht zulassen, dass es ihr wieder genommen wird. Doch die Vergangenheit holt einen immer ein ...

Teil der großen Burning for the Bravest Serie über die mutigsten und toughsten Feuerwehrmänner von New York City. Fans von Claire Kingsley und Whitley Cox werden diese Serie lieben! Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Er hat immer bekommen, was er will. Bis jetzt.

Als Jüngster der Familie, dazu charmant und gutaussehend, ist es Ryan Hogan gewöhnt, zu bekommen, was er will und seine Karriere als Feuerwehrmann in New York City lässt ihm auch noch die Frauenherzen zufliegen. Bis zu dem Tag, als Ryan im Krankenhaus aufwacht und seine Krankenschwester die einzige Frau zu sein scheint, die gegen ihn immun ist. Doch jeder sollte wissen: Ryan Hogan gibt niemals auf …

Zoe Powers Job als Krankenschwester in der Notaufnahme ist aufregend und anstrengend. Als einer ihrer Patienten, ein zugegebenermaßen sexy Feuerwehrmann, entschlossen ist, ihr Herz zu erobern, kämpft Zoe mit allen Mitteln dagegen an. Ihre letzte Beziehung hat sie fast zerstört und in New York City will sie nun ein neues Leben anfangen. Sie wird nicht zulassen, dass es ihr wieder genommen wird. Doch die Vergangenheit holt einen immer ein …

Teil der großen Burning for the Bravest Serie über die mutigsten und toughsten Feuerwehrmänner von New York City. Fans von Claire Kingsley und Whitley Cox werden diese Serie lieben! Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

Über Kaye Kennedy

Kaye Kennedy stammt ursprünglich aus New York, lebt aber jetzt an der Küste Floridas mit ihrem Hund Zeus. Tagsüber leitet sie als CEO erfolgreich ihr eigenes Unternehmen und nachts widmet sie sich ihrer großen Leidenschaft: dem Schreiben von Büchern. Wenn sie sich nicht gerade neue Geschichten ausdenkt, paddelt sie gerne, liest am Strand, besucht eine Brauerei oder reist durch die Welt.

Über Cécile Lecaux

Cécile Lecaux ist Diplom-Übersetzerin und Autorin. Sie lebt in der Nähe von Köln.

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Kaye Kennedy

Burning for her – Ryan

Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Cécile Lecaux

Dieses Buch ist ein fiktionales Werk. Personen, Orte und Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit realen Orten oder Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

TRIGGERWARNUNG:

In diesem Buch werden Drogenkonsum und Drogenabhängigkeit thematisiert. An einigen Stellen werden eine Überdosierungen und ihre Folgen beschrieben

An alle die gegen die Sucht kämpfen oder kämpften, und deren Freunde und Familien, die sie lieben.

Anmerkung der Autorin

Sie halten ein kleines Stück meiner Seele in Händen, und ich kann Ihnen gar nicht genug dafür danken, dass Sie entschieden haben, die Liebesgeschichte von Ryan und Zoe zu lesen.

Witzigerweise war ich selbst früher einmal bei der Feuerwehr, bis eine Verletzung, die ich mir bei einem Hausbrand zugezogen habe, meiner Laufbahn ein Ende machte.

Tatsächlich war ich die dritte Generation in einer Familie von Feuerwehrleuten. Mein Vater war früher Chief, und ich hatte mir geschworen, nie mit einem Feuerwehrmann auszugehen, aber dann habe ich mich in meinen Lieutenant verliebt.

Nach sieben gemeinsamen Jahren haben sich unsere Wege getrennt, aber ich habe eine Menge Insider-Wissen aus meiner Zeit beim FDNY (dem Fire Department von New York City).

Als ich beschlossen habe, Bücher zu schreiben, war mir sofort klar, dass ich aus meinen persönlichen Erfahrungen schöpfen wollte, und so ist die Burning the Bravest-Reihe entstanden.

Ich wusste, dass ich die Arbeit der Feuerwehrleute und die Vorgänge innerhalb des FDNY authentisch würde wiedergeben können, nachdem ich ja selbst lange dazugehört habe. Im Übrigen gelten Feuerwehrleute ja nicht umsonst als besonders sexy, oder? In dieser Reihe bleibe ich so dicht wie möglich an der Wirklichkeit, habe mir aber hier und da auch künstlerische Freiheiten erlaubt in Bezug auf meine Geschichten.

Diese Serie sollte in der richtigen Reihenfolge gelesen werden, da Ihre Lieblingsfiguren immer wieder auftauchen, sollten Sie also die ersten beiden Bände »Burning for More« und »Burning for This« nicht gelesen haben, möchte ich Ihnen die Lektüre ans Herz legen, bevor sie mit »Burning for Her« beginnen.

Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Orten sind rein zufällig, da es sich bei diesem Buch um eine rein fiktive Geschichte handelt.

Allerdings gibt es die Martha’s Country Bakery tatsächlich und sie ist absolut phänomenal. Falls Sie also einmal in New York sein sollten, müssen Sie dort unbedingt vorbeischauen.

Ich hoffe, die Lektüre bereitet Ihnen so viel Freude wie mir das Schreiben.

Herzlichst

Kaye Kennedy

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Impressum

Ryan

Sonnenlicht strömte ins Zimmer, und als ich es durch die geschlossenen Lider wahrnahm, war ich wach. Ich zwang mich, die Augen einen schmalen Spalt breit zu öffnen und drehte den Kopf, um zu sehen, ob jemand neben mir im Bett lag. Die lockige dunkelbraune Mähne auf dem Kopfkissen verriet mir, dass ich nicht allein war. Ich hob den Kopf, um besser sehen zu können, aber sie lag auf der Seite, mit dem Rücken zu mir. Ich ließ den Kopf wieder sinken und nahm meinem Handy vom Nachttisch, um nachzusehen, wie spät es war. Halb acht.

Scheiße. Ich würde zu spät zur Arbeit kommen. Bei der Feuerwehr galt die Devise »Wer nicht früher da ist, ist zu spät«. Darum hatte ich mir auch eine Wohnung nur vier Meilen von meiner Wache gesucht, die sich in Jamaica, Queens, befand. Obwohl meine Schicht erst um neun begann, wurde von mir erwartet, dass ich spätestens um acht dort war und Frühstück mitbrachte.

Ich drehte mich auf die Seite und strich der Frau das Haar aus dem Gesicht. Sie schlief tief und fest. Ich hatte gedacht, dass mir beim Anblick ihres Gesichts ihr Name wieder einfallen würde, aber das war leider nicht der Fall. Das Einzige, woran ich mich erinnerte, war, dass sie eine umwerfende Figur hatte.

Ich rollte mich von ihr weg, schlug das Laken zurück und stellte fest, dass ich splitternackt war. Ich stolperte über unsere auf dem Fußboden verstreuten Kleidungsstücke ins Bad, um zu pinkeln und mir die Zähne zu putzen. Der gestrige Abend war lustig gewesen. Ich war mit ein paar Jungs in der Sportsbar gleich um die Ecke von meiner Junggesellenbude gewesen. Es gab in Forest Hills reichlich trendige Läden, aber das Corner Pub war unser Stammlokal. Kaltes Bier, Billardtische, Dartscheiben und rund um die Uhr Sportübertragungen im Fernsehen, mehr brauchten wir nicht.

Zumindest nicht viel mehr. Ein weiterer Pluspunkt der Bar war nämlich, dass es dort nur so wimmelte von Frauen, die auf Feuerwehrleute standen. Unter uns Jungs war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir, wenn wir in den Corner Pub gingen, immer unsere Shirts vom New York City Fire Department trugen, ein todsicherer Köder für die Groupies. Auf diese Weise hatte ich auch die namenlose Brünette in mein Bett abgeschleppt. Sandra? Oder Cassandra? Egal. Ich würde sie sowieso nicht wiedersehen.

Ein Handtuch um die Hüften gewickelt, ging ich zurück ins Schlafzimmer, wo sie gerade in ihre Jeans stieg. Ihre üppigen Brüste quollen aus ihrem BH, und mein Schwanz zuckte bei der Erinnerung, wie er in der Nacht zwischen ihnen gesteckt hatte.

»Morgen«, sagte ich, den Anblick genießend.

Sie errötete. »Hi.« Es war süß, wenn sie am nächsten Morgen plötzlich ganz schüchtern waren.

»Hast du gut geschlafen?«, fragte ich und strich mir das widerspenstige blonde Haar aus der Stirn.

»Ja.« Sie knöpfte ihre Bluse zu.

Ich nickte. »Gut.«

Ich ging zur Kommode und nahm Boxer-Shorts, das T-Shirt mit der Nummer meiner Wache und die marineblauen Shorts heraus, meine Arbeitskleidung. Ja, ich trug Shorts, obwohl Dezember war. In unseren feuerfesten Hosen wurde einem schnell warm. Ich legte die Anziehsachen auf das Bett und ließ das Handtuch fallen. Als ich aufblickte, sah ich, dass sie mich aus großen braunen Augen anstarrte, dann aber hastig den Blick abwendete.

»Sorry, ich, äh …«

Ich unterdrückte ein Lachen und schlüpfte in meine Unterwäsche. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Süße. Immerhin hast du ihn sehr verwöhnt letzte Nacht.« Ich zwinkerte und fügte leise hinzu: »Da darfst du ruhig hinsehen.«

Ihre Gesichtsfarbe passte sich dem Weinrot ihrer Bluse an, und ich lachte leise. Ich konnte nicht anders. Als ich mich fertig angezogen hatte, war sie schon auf dem Weg nach draußen, und wir trafen uns an der Tür.

»Also dann …« sagte sie und warf mir über die Schulter hinweg einen Blick zu.

Mit einem Meter achtundneunzig überragte ich die meisten Frauen, und sie bildete da keine Ausnahme. Ich umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen, beugte mich herab und gab ihr einen Kuss, der besiegelte, dass sie die Nacht mit Ryan Hogan nie vergessen würde.

Hinterher hob ich den Kopf wieder, beließ jedoch die Hände noch an ihren Wangen. »Danke für letzte Nacht«, sagte ich und schenkte ihr mein unwiderstehlichstes Lächeln.

Sie nickte nur mit offenem Mund, ihr gerötetes Gesicht noch in meinen Händen.

Ich ließ sie los, griff nach dem Türknauf und öffnete ihr die Tür. Sie ging ohne ein weiteres Wort.

Zwei Minuten nach acht betrat ich die Wache mit einer Schachtel Backwaren der Bäckerei, die nur ein paar Häuser von der Feuerwache entfernt war. Ich steuerte geradewegs die Küche an und traf die anderen im daran angrenzenden Aufenthaltsraum an.

»Na, Pretty Boy. Wie schön, dass du dich auch mal blicken lässt«, brummte Joe DelMonico, einer der älteren Kollegen und warf mir über seine Zeitung hinweg einen vielsagenden Blick zu.

»Schon gut, Dicker, ich habe dir die Zimtschnecken mitgebracht, auf die so scharf bist.« Er war nicht direkt dick, hatte aber ein kleines Bäuchlein angesetzt.

Er sprang von seinem Sessel auf und kam in die Küche, um sich eine Schnecke aus der Schachtel zu nehmen, die ich auf die Arbeitsfläche gestellt hatte. Als er hineinbiss, blieb der Zuckerguss an seinem fast vollständig ergrauten Schnauzbart haften. »Es sei dir verziehen«, sagte er kauend.

»Lass Hogan in Ruhe«, sagte Martinez, einer der Jungs, mit denen ich gestern unterwegs gewesen war, mit schwerem Bronx-Akzent, als er sich ebenfalls aus der Schachtel bediente. Ich wäre auch zu spät gekommen, wenn ich die Nacht mit dieser scharfen Braut verbracht hätte.« Er biss von seinem Plunderteilchen ab und wackelte mit den Brauen.

Ich biss mir auf die Unterlippe. »Die Kleine war echt süß.«

DelMonico fuhr sich mit einer Hand über den kahlen Schädel und pfiff anerkennend. »Manchmal vermisse ich die alten Zeiten«, seufzte er. Er hob den Zeigefinger. »Heiratet bloß nicht, Jungs.« Er musste es wissen, nachdem er bereits die zweite Scheidung hinter sich hatte.

Ich lachte. »Keine Angst. Die Ehe ist nichts für mich.«

Martinez ließ die Hand auf die Arbeitsplatte klatschen. »Ich wette, das hat dein Bruder Jesse auch gesagt, und wir wissen alle, was daraus geworden ist.«

Mit sechsundzwanzig war Eddie Martinez ein Jahr jünger als ich und einer meiner besten Freunde. Jesse kannte er ebenfalls gut, da wir oft zusammen abhingen. Zumindest früher einmal. Inzwischen war mein Bruder zu beschäftigt, den Lieutenant zu spielen und in der Brauerei seiner Freundin auszuhelfen.

»Jesse und Lana leben nur zusammen«, entgegnete ich. »Sie heiraten nicht, sondern Dylan und Autumn.«

Dylan war einer meiner anderen Brüder. Er und Autumn würden im Sommer heiraten.

Martinez schob sich das letzte Stück seines Plunderteilchens in den Mund. »Noch nicht. Aber er ist grad dreißig geworden, und ich wette, dass er spätestens in einem Jahr auch einen Ring am Finger hat.

Ich griff nach der Kaffeekanne und schenkte mir eine Tasse ein. »Abwarten.« Lana war eine tolle Frau, und ich hätte nichts dagegen, sie zur Schwägerin zu haben, auch wenn ich mich immer noch nicht daran gewöhnt hatte, dass Jesse wahrhaftig in festen Händen war.

»Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Darum solltest du es auch für dich nicht ganz ausschließen.« Martinez nahm sich eine Tasse und schenkte sich ebenfalls Kaffee ein.

Ich gab Milch und zwei Zuckerwürfel in meine Tasse und genoss meine erste, dringend benötigte Koffeindosis des Tages.

»Zwar würde ich bei dir nicht die Hand dafür ins Feuer legen, so wie du drauf bist, aber man kann nie wissen.« Er musterte mich herausfordernd aus seinen dunkelbraunen Augen, aber ich widersprach nicht.

Also boxte ich ihn stattdessen in den Arm. »Du bist kein bisschen besser als ich, Alter.«

»Stimmt, Ich würde sogar fast sagen, dass ich noch schlimmer bin als du. Aber im Gegensatz zu dir habe ich auch keine Brüder, die mich mit dem Hochzeitsvirus anstecken könnten.«

DelMonico wische sich mit dem Handrücken den Zuckerguss aus dem Gesicht. »Ich wäre zutiefst schockiert, wenn einer von euch beiden heiraten würde. Aber als ich in eurem Alter war, habe ich auch so geredet, und ihr wisst ja, was daraus geworden ist. Ich bin jetzt neunundvierzig, habe fünf Kinder und stelle jeden Monat zwei Unterhaltsschecks aus.«

Nicht mit mir. Niemals würde ich meine Freiheit für eine Frau aufgeben und die Aussicht eines Tages Alimente zu zahlen. Ich hatte die Freundinnen meiner Brüder wirklich gern, und ich freute mich für sie, dass sie so glücklich waren, aber für mich war das nichts. Ich machte lieber mein eigenes Ding, ohne irgendjemandem Rechenschaft schuldig zu sein.

Martinez kratzte sich durch das kurzgeschorene dunkle Haar den Kopf. »Also mir passiert das nicht, soviel steht fest. Mir reicht es schon, dass ich Onkel der Rasselbande meiner Schwester bin.«

Lieutenant Cory Baker steckte den Kopf zur Tür herein. »Kommt in die Gänge, Jungs. Material checken und ab zur Einsatzbesprechung in der Drei.«

Ich trank meinen Kaffee aus und stellte meine Tasse in die Spülmaschine, bevor ich mich zur Fahrzeughalle aufmachte. Vor Beginn jeder Schicht gehörte es zu den Pflichten der Ablöse, die komplette Ausrüstung zu kontrollieren, um sicher zu gehen, dass alles einsatzbereit war, aber vorher bekamen wir vom Officer in Charge (OIC) unsere Aufgaben zugeteilt. Ich arbeitete gerne unter Cory, sorry, Lieutenant Baker. Er war vier Jahre älter als ich, und wir waren zusammen auf demselben Einsatzwagen gefahren, bevor er vor zwei Jahren zum Ladder Company Lieutenant befördert worden war. Nach einem Jahr hatte er auch mich dem Spritzenwagen zugeteilt.

Im Spritzenwagen mitzufahren war okay, aber meine jetzigen Aufgaben machten mir weit mehr Spaß. Ich konnte mir gut vorstellen, für immer auf der Feuerwache 139 zu bleiben. Ich hatte keinerlei Ambitionen, die Karriereleiter hinaufzusteigen wie Jesse und mein ältester Bruder Kyle. Beide waren Lieutenants und würden ganz sicher bald in den Rang eines Captains aufsteigen. Aber ich war nicht aus demselben Holz geschnitzt. Ich war nicht zum Vorgesetzten gemacht.

Die Jungs vom Spritzenwagen waren dafür zuständig, Brände zu löschen, und sie kümmerten sich um unzählige Einsätze als Rettungssanitäter. Die Männer vom Truck oder Leiterwagen waren vielmehr dafür zuständig, den Brandherd auszumachen, Opfer zu bergen und kontrolliert Sauerstoff zuzuführen, um versteckte Brandnester zu finden. Unser Job war viel aufregender als der der Löscheinheiten.

»Wie durch ein Wunder haben wir heute eine vollständige Crew zusammen«, sagte Cory.

Auch das FDNY war von den Budgetkürzungen der Stadt betroffen. Im Idealfall zählte eine Truck-Mannschaft sechs Leute, aber die meisten Wachen verfügten nur über vier, was häufig zu extrem gefährlichen Situationen führte. Wir hatten das Glück, dass unsere Wache die meisten Einsätze in ganz Queens aufwies, so dass wir meistens zu fünft waren und manchmal sogar zu sechst.

Cory fuhr mit dem Einsatzplan fort. »DelMonico ist unser Fahrer, und ich kümmere mich wie immer um die Wärmebildkamera. Martinez, du trägst den Wasserkanister. Brown, du die Eisen. Hogan, du übernimmst das Dach. Bleibt Isaac als OV.« OV stand für Outside Vent und bezeichnete die Person, die die Fenster einschlug.

Das Dach war nicht unbedingt meine Lieblingsaufgabe, aber sie zugeteilt zu bekommen bedeutete immerhin, dass der OIC mir vertraute. Der Einsatz auf dem Dach war gefährlich, und man musste die ganze Zeit über hoch konzentriert sein. Der Mann auf dem Dach war beispielsweise dafür verantwortlich, den Befehl zur Evakuierung des Gebäudes zu geben, wenn die Situation brenzlig wurde, weshalb diese Aufgabe nur erfahrenen Männern vorbehalten war. Ich war jetzt seit fünf Jahren dabei und etwas über ein Jahr Mitglied der Truck-Mannschaft, so dass die Position auf dem Dach für mich noch recht neu war, dementsprechend bedeutete es mir viel, dass Cory, das heißt Lieutenant Baker, mir diese verantwortungsvolle Aufgabe übertrug. Wir lösten das Meeting auf und gingen zur Überprüfung der Ausrüstung über.

Eine knappe Stunde nach Schichtbeginn ertönte der Alarm. Ein bestätigter Brand in einem Gebäudekomplex, in dem mehrere Läden untergebracht waren. Diese Einsätze waren knifflig, weil es schwierig war, ein Übergreifen des Feuers auf die umliegenden Gebäude zu verhindern. Wir stiegen in den Truck und rasten sechsunddreißig Sekunden nach dem Alarm los. Wir übten das regelmäßig und waren stolz, die schnellste Crew in der Gegend zu sein.

»Das ist ja mal ein krasser Einstieg in den Tag«, brüllte Trevor Brown, der sich gerade sein Atemschutzgerät auf den Rücken schnallte. Er war seit zehn Jahren Teil der Truck-Mannschaft, und ich respektierte ihn über alle Maßen.

Wir fuhren zu Reihenhäusern nur fünf Blocks von unserer Feuerwache entfernt. Ich kannte die Adresse und wusste, dass mehrere der Geschäfte um halb zehn an einem Mittwoch bereits geöffnet hatten, was bedeutete, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass Menschen zu Schaden kamen. Ich wusste außerdem, dass es sich um einstöckige Gebäude mit Flachdach handelte. Die Arbeit auf Satteldächern war kompliziert, weil man in der Regel dabei auf einer Leiter stehen musste. Wenigstens bot ein Flachdach mehr Bewegungsfreiheit. Allerdings würde ich das Dach öffnen müssen, da es nur ein Stockwerk gab und die einzigen Fluchtwege sich vorne und hinten befanden. Ich musste also oberhalb des Brandherds ein Loch in die Decke stemmen, um für Ventilation zu sorgen. Das wiederum bedeutete, dass ich heute einiges an Rauch abbekommen würde.

Wir waren als Erste vor Ort, und ich machte mir sofort ein Bild von der Gesamtsituation. Noch brannte nur ein Geschäft, ein Nagelstudio, um genau zu sein, aber es sah aus, als würde das Feuer auf das Versicherungsbüro nebenan übergreifen. Vorn gab es ein großes Schaufenster, das, wie ich wusste, eingeschlagen werden würde, um für Belüftung zu sorgen. Wenn ich nicht gegrillt werden wollte, würde ich also von hinten aufs Dach steigen müssen.

Ich warf mir eine Kreissäge über die linke Schulter, griff nach einem Haken und zog eine knapp fünf Meter lange Leiter aus dem Wagen, die ich mir über die rechte Schulter hängte. Dann machte ich mich auf den Weg zur Rückseite des Gebäudes. Ich fand den Laden und legte das Werkzeug ab, um die Leiter aufstellen zu können. Die Füße der Leiter an die Hauswand geklemmt, hob ich die Leiter an und ließ dabei die Hände seitlich entlanggleiten, bis die Leiter senkrecht stand, dann zog ich die Füße etwas von der Mauer weg, bis die Leiter im richtigen Winkel stand. Ich legte mir die Kreissäge wieder über die Schulter und nutzte den Haken, um auf das Dach zu klettern. Als ich oben war, stieg ich von der Leiter und sprang von der Umrandung, die das Flachdach einfasste.

Als wir eingetroffen waren, waren mir die Flammen vorne im Laden aufgefallen, darum ging ich jetzt auf die Vorderseite des Daches zu. Das Belüftungsloch war am effektivsten, wenn es sich unmittelbar über dem Brandherd befand, und ich durfte über dem Geschäft nur ein einziges Loch ausschneiden. Bei mehr als einem Loch, würde sich der Brand tatsächlich in Richtung der einzelnen Löcher ausbreiten, ich musste mir also vorab gut überlegen, wo ich ansetzen wollte.

Diese Gebäude hatten häufig Zwischendecken, die sich über die gesamte Breite erstreckten und bei einem Brand die Löscharbeiten zusätzlich erschwerten. Wenn dieser Zwischenraum Feuer fing, würde sich der Brand rasend schnell auf das gesamte Gebäude ausbreiten. Das Loch im Dach würde das Feuer förmlich ansaugen und so verhindern, dass es sich weiter ausdehnte. Jetzt war schnelles Handeln angesagt.

Mein Funkgerät knisterte und Brown meldete sich. »Ich komme vorne nicht weiter als drei Meter, dann ist Schluss. Ich versuche es von hinten.«

Mein erster Eindruck hatte mich also nicht getrogen, der Brandherd befand sich vorne in dem Laden. Ich beugte mich über die Dacheinfassung und rief in mein Funkgerät: »Brown, ich schneide nach dreieinhalb bis fünf Metern ein Loch in die Decke, okay?«

Er blickte auf, sah mich und gab mir ein Daumen-Hoch-Zeichen, während er den Bürgersteig entlanghastete.

Ich maß mit dem Haken dreieinhalb Meter von der Dacheinfassung auf der Vorderseite des Gebäudes ab, legte dann den Haken beiseite und warf die Säge an. Ich musste zuerst ein Quadrat von einem Meter zwanzig mal einem Meter zwanzig ausschneiden, wobei ich zwei weitere Schnitte führte, für den Fall, dass wir das Loch später noch erweitern mussten. Auf diese Weise würde ich nicht drei, sondern nur einen Schnitt machen müssen, während die Flammen um meine Arme schlugen.

Bevor ich die Säge ansetzte, stampfte ich auf der Fläche, die ich ausschneiden wollte, kräftig auf, um sicher zu gehen, dass das Dach noch stabil war. Sollte es sich zu irgendeinem Zeitpunkt absenken, würde ich meinen Einsatz abbrechen und eine Evakuierung anordnen müssen. Da ich lediglich über eine Leiter auf der Rückseite verfügte, etwa zwölf Meter von mir entfernt, rechnete ich aus, dass ich fünf Sekunden brauchen würde, um zur Leiter zu gelangen und über die Dacheinfassung zu steigen, falls das Dach einstürzte. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass das Dach hielt, setzte ich das Sägeblatt an, um den ersten Schnitt des Belüftungslochs auszuführen.

Durch Dachmaterial zu sägen war nicht einfach, und es dauerte länger als man meinen könnte. Ich führte vier Schnitte aus, die sich überschnitten, so dass sie ein Quadrat von einem Meter zwanzig mal einem Mater zwanzig bildeten. Anschließend schnitt ich in einer Ecke quer ein Stück heraus. Nachdem ich die Kreissäge ausgeschaltet und beiseitegelegt hatte, griff ich nach meinem Haken und nutzte das stumpfe Ende, um das ausgeschnittene Dreieck einzudrücken.

Als das erledigt war, drückte ich die Sprechtaste meines Funkgeräts und sagte »Ich leite jetzt die Belüftung ein.«

Ich schob das gebogene Ende des Hakens in das Loch, verkeilte es unter dem ausgesägten Quadrat und zog die oberste Dachschicht ab. Sofort quoll Rauch aus dem Loch, und ich setzte meine Atemmaske auf. Es war nicht gerade spaßig, ohne Atemschutzgerät über einem Lüftungsloch zu stehen.

Dann drehte ich meinen Haken wieder um und nutzte erneut das stumpfe Ende, um die zweite Decke hinunter in den Laden zu stoßen. Sobald das geschafft war, schossen Flammen aus dem Loch, und ich brachte mich mit einem Sprung in Sicherheit. Es war geglückt.

»Belüftung aktiv«, gab ich über Funk durch.

»10-4, Hogan«, entgegnete mein Lieutenant.

Ich wartete auf das Rauschen von Wasser, während die Flammen aus dem Flachdach loderten. Ich musste das Loch erweitern. In unmittelbarer Nähe zu einem Feuer zu arbeiten war knifflig, zumal ich durch den Rauch nichts sehen konnte, aber es ging nicht anders. Ich warf die Kreissäge wieder an und ging auf die Seite, auf der sich die verlängerten Schnitte befanden, um diese zu verbinden. Als ich den Schnitt etwa zur Hälfte ausgeführt hatte, fühlte es sich plötzlich an, als stünde ich auf einer Luftmatratze.

»Scheiße!« Ich schaltete die Säge aus und griff nach meinem Funkgerät, während ich gleichzeitig an dem Belüftungsloch vorbei in Richtung Leiter sprintete. »Ich drückte die Sprechtaste und rief »Mayday, mayday, mayday. Sofort raus. Das Dach…«

Das Dach stürze in die Tiefe, noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte, und ich mit ihm.

Heilige Scheiße, ich lebe noch, war mein erster Gedanke nach meiner Landung. Ich musste fürchterlich husten und riss die Augen auf, konnte aber nichts sehen. Die Wolke aus Bauschutt und Rauch, in der ich lag, machte mich orientierungslos. Dass ich gerade fast vier Meter in die Tiefe gestürzt war, machte es auch nicht besser. Ich hob eine Hand an den Kopf und war überrascht, dass ich noch meinen Helm trug. Ich versuchte, mich aufzusetzen, aber aus irgendeinem Grund schaffte ich es nicht. Ich hustete wieder, und plötzlich registrierte ich den Druck auf meiner Brust. Es fühlte sich an, als läge ich unter einem Lastwagen.

»Was zur Hölle«, fluchte ich und versuchte, mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Mein Funkgerät knisterte, und ich hörte Isaacs panische Stimme. »Hogan ist nicht auf dem Dach. Ich wiederhole. Er ist nicht auf dem Dach! Mayday. Mayday. Feuerwehrmann im Gebäude.«

Mayday. Allein bei dem Wort wurde mir ganz anders, zumal ich Gegenstand des Notrufs war. Isaac war als OV eingeteilt, also mussten sie ihn raufgeschickt haben, um mich zu suchen. Ich würde mich nicht retten lassen wie ein Weichei. Ich war bei Bewusstsein, also sollte es mir gelingen, ins Freie zu gelangen. Nacheinander zog ich die Beine an und stellte die Füße flach auf den Boden. Dann versuchte ich, den Oberkörper aufzurichten, aber es ging nicht.

Panik stieg in mir auf. Bitte, lieber Gott, lass mich nicht gelähmt sein, betete ich und versuchte es noch einmal. Meine rechte Schulter löste sich vom Boden, aber meine linke Seite rührte sich nicht von der Stelle. Mein Atemgerät gab ein Alarmsignal ab. »Fuck!« Das Geräusch signalisierte, dass ich mich länger als dreißig Sekunden nicht bewegt hatte. Das Signal sollte den anderen Feuerwehrleuten helfen, einen Kollegen in Not zu orten.

»Steh. Auf«, schrie ich mich durch zusammengebissene Zähne selber an. Ich hatte unmittelbar über dem Feuer gestanden, als das Dach nachgegeben hatte. Wenn die Kollegen es also noch nicht gelöscht hatten, lag ich inmitten eines tausend Grad heißen Infernos. Meine Ausrüstung hielt direktem Kontakt mit Feuer nur zwölf Sekunden stand.

Mein Puls schnellte in die Höhe, und ich sog scharf Luft ein. Ich hatte schon zu viel Zeit vergeudet. Ich musste hier raus.

Dad, lass mich bitte aufstehen. Bitte … Ich betete zu meinem Vater, der selbst Captain beim FDNY gewesen war und als ich zwölf Jahre alt war, einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte. Die Hitze wurde unerträglich, und ich wusste, dass die Situation äußerst kritisch war. Ich wand mich wie jemand, der bei einer Kneipenschlägerei den Kürzeren gezogen hatte. »Gottverdammt!«, brüllte ich nach eine weiteren vergeblichen Versuch, mich aufzurichten. Ich würde nicht so enden. Niemals.

Sengende Hitze durchfuhr meine Brust und meinen Arm. Ich brannte. Obwohl ich die Flammen nicht sehen konnte, war ich ganz sicher. Ich hob die rechte Hand und versuchte, das Feuer auszuschlagen, stieß aber auf halbem Weg auf einen Widerstand. Offenbar lag ich eingeklemmt unter einem glühenden Balken, es war also kein Wunder, dass ich nicht aufstehen konnte. Ich würde bei lebendigem Leib verbrennen.

»Hierher! Er ist hier drüben«, hörte ich Martinez in meiner Nähe rufen. Ich konnte ihn über das Heulen des Alarms kaum verstehen. »Hogan? Du …«

»Mach es aus! Mach es aus!« Ich zerrte an meiner Schulter und versuchte, mich zu befreien, aber der verfluchte Balken war einfach zu schwer.

Martinez goss einen Schwall Wasser aus seinem Kanister über mich, und im nächsten Moment fühlte ich Hände auf meinen Schultern, die die Riemen meines Atemschutzgeräts packten. Es ruckte ein paar Mal, dann glitt ich unter dem Balken hervor und wurde über den Boden geschleift.

Das war das Letzte, woran ich mich erinnerte, bevor um mich herum alles schwarz wurde.

Zoe

Mein Körper schrie nach Schlaf. Hinter mir lagen die ersten drei Stunden meiner dritten Zwölf-Stunden-Schicht in Folge in der Notaufnahme des Queens General Hospital. Normalerweise arbeitete ich auf der Station für Brandverletzungen und kümmerte mich um die Nachsorge der Patienten, aber seit einem Monat war die Notaufnahme unterbesetzt, so dass ich als eine der neuesten Krankenschwestern zu Extraschichten in der Notaufnahme verdonnert worden war. Die zusätzlichen dreißig Überstunden pro Woche waren zwar ein ordentlicher Zusatzverdienst, aber hiervon einmal abgesehen gingen die endlosen Schichten an die Substanz.

Arbeite in einem Krankenhaus, hatten sie gesagt. Das wird spannend, hatten sie gesagt. Das ist genau dein Ding, hatten sie gesagt. Ich hatte einen richtigen Hass auf meine Dozenten, während ich Patientendaten in den Computer eingab. Der Fairness halber musste ich zugeben, dass ich die Arbeitslast in einem Krankenhaus der Monotonie der Hausarztpraxis vorzog, in der ich zuvor als Arzthelferin gearbeitet hatte. Aber wenigstens hatte ich damals genug Schlaf bekommen. Wobei kurze Nächte den Vorteil hatten, dass ich weniger mit meiner Schlaflosigkeit zu kämpfen hatte und den immer wiederkehrenden Alpträumen, also immerhin ein Silberstreifen am Horizont.

Es war das erste Mal, dass ich eine ganze Schicht hindurch gesessen hatte, und mein Körper fasste das als Aufforderung auf, in den Entspannungsmodus zu schalten. Mein Kopf wurde schwer, und ich nickte immer wieder ein, während meine Finger wahllos auf irgendwelchen Tasten herumtippten.

»Du brauchst einen Kaffee«, sagte Brenda, eine Kollegin, von jenseits des Empfangstresens. Sie hatte ihr rabenschwarzes Haar zu einem Dutt geschlungen, aus dem einzelne graue Strähnen hervorschauten. Sie arbeitete seit fünfzehn Jahren in der Notaufnahme und schien sich ganz in ihrem Element zu fühlen in ihrer blauen Arbeitskleidung und mit dem Klemmbrett in der Hand.

Ich lebte seit fünf Monaten in New York City und hatte mich immer noch nicht an den lokalen Akzent gewöhnt. Ich wusste selbst nicht, warum mich die Aussprache des Wortes Kaffee so sehr störte, dass ich sogar schon daran gedacht hatte, auf Tee umzuschwenken, was aber in Anbetracht meiner Koffeinsucht Unsinn war.

»Das Problem ist, dass so wenig los ist. Ich muss in Bewegung bleiben«, seufzte ich und zwang mich, die Patientendaten auf dem Bildschirm vor mir zu aktualisieren.

Brenda nahm einen Stapel Akten vom Schreibtisch. »Du wirst es noch bereuen, dass du das gesagt hast.«

Ich stöhnte. In der Notaufnahme durfte man niemals erwähnen, dass es ruhig war oder man sich langweilte. Damit beschwor man unweigerlich herauf, dass etwas Unerwartetes passierte und die Hölle losbrach.

»Ich gehe in den Aufenthaltsraum und hole mir irgendetwas Koffeinhaltiges.« Mir war egal, in welcher Form ich das Koffein zu mir nahm, Hauptsache, es half.

Ich ging im grellen Neonlicht den Flur hinunter zum Aufenthaltsraum und steuerte die Kaffeemaschine so zielstrebig an wie eine Motte eine Lichtquelle. Ich drückte den Knopf und atmete genüsslich das Aroma nach frisch gemahlenen Bohnen ein, das mir daraufhin in die Nase stieg. Ich atmete tief ein, als könnte schon der Kaffeeduft allein meine Lebensgeister wecken. Als der Kaffee durchgelaufen war, hob ich den Pappbecher an die Lippen und blies auf die heiße Flüssigkeit.

Auf dem Weg zurück zum Empfang, spürte ich eine Vibration in der Tasche. Ich fischte mein Handy heraus und sah den Namen meiner Schwester auf dem Display. Das Wohlgefühl, das der Kaffee mir eben noch beschert hatten, verflog schlagartig.

Beunruhigt nahm ich den Anruf entgegen. »Hallo, Lauren.«

»Zoe, hey.« Sie klang, als wäre sie gerade erst aufgewacht. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr – es war kurz nach zehn am Vormittag. Ehrlich gesagt wunderte es mich, dass sie um diese Zeit schon auf war.

»Was gibt’s?« Ich versuchte, mir meine Verärgerung nicht anmerken zu lassen.

»Ich wollte mich nur mal melden.«

Das war glatt gelogen. Meine Schwester meldete sich niemals »nur so«. »Ich bin auf der Arbeit, Lauren. Was willst du?«

»Der Wagen meines Freundes ist kaputt, und er braucht ihn, um mich zur Arbeit zu fahren.«

Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, die Spannungskopfschmerzen abzuwenden, die Lauren scheinbar jedes Mal bei mir auslöste. Nach meinem letzten Kenntnisstand arbeitete sie als Kellnerin in einer Kneipe in Raleigh, North Carolina, der Stadt, die dem Ort, in dem wir aufgewachsen waren, am nächsten war. Und was ihren Freund betraf, kam mir jedes Mal die Galle hoch, wenn sie ihn erwähnte.

Ich holte tief Luft. »Was ist denn kaputt?«

Sie gähnte. »Die Einspritzdüse hat den Geist aufgegeben. Und es muss wohl eine neue eingebaut werden.«

Ich zupfte an meinem langen blonden Pferdeschwanz. »Wieviel?« Wozu lange um den heißen Brei herumreden.

»Achthundert.«

»Ich komme erst morgen zur Bank.« Ich hatte schon vor Jahren aufgegeben, mit ihr zu diskutieren. Wir wussten beide, dass ich ihr das Geld geben würde.

»Ich brauche es aber unbedingt schon heute.« Sie kratzte sich am Arm. Ich konnte das unverkennbare Geräusch hören, dass ihre brüchigen Fingernägel auf ihrer trockenen, schuppigen Haut verursachten.

Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee, der jedoch plötzlich irgendwie schal schmeckte. »Ich schaue mal, was ich tun kann.«

»Cool. Ich melde mich später nochmal, Zo.«

Sie legte auf, bevor ich etwas erwidern konnte. Wir verzichteten schon lange auf Höflichkeitsfloskeln und Smalltalk. Sie rief nur an, wenn sie etwas brauchte, und ich meldete mich nur bei ihr, um zu sehen, ob sie noch lebte. Unsere Eltern hatten uns beiden Fonds hinterlassen. Ein Drittel des Geldes sollte uns an unserem einundzwanzigsten Geburtstag ausgezahlt werden, das zweite am sechsundzwanzigsten und der Rest am dreißigsten. Ich würde in einem Jahr die zweite Zahlung erhalten und besaß noch eine ordentliche Summe aus der ersten Auszahlung auf verschiedenen Konten. Lauren hatte ihre erste Rate vor zwei Jahren bekommen und bereits alles verpulvert, wobei sie das Meiste in Drogen investiert hatte.

Mir war bewusst, dass ich aufhören sollte, ihr Geld zu geben und damit ihre Sucht zu fördern, aber ich fühlte mich für sie verantwortlich, und ich hoffte, dass sie mir diesmal die Wahrheit sagte. Falls sie tatsächlich einen Job hatte, wollte ich nicht, dass sie diesen wieder verlor, weil sie nicht hinkam. An ihrem Arbeitsplatz war sie wenigstens sicher. Zumindest redete ich mir das ein.

Ich kehrte zurück an den Empfangstresen und stellte meinen Kaffee ab, aber noch bevor ich mich setzen konnte, eilte Brenda herbei. »Zoe, wir müssen uns bereithalten. Sie bringen uns einen Patienten mit schweren Brandverletzungen. In acht Minuten sind sie da.«

Das war mein Ding. Mit Verbrennungen kannte ich mich aus. Ich hatte ein Praktikum auf der Intensivstation in der Abteilung für Patienten mit Brandverletzungen am Raleigh Memorial Hospital absolviert. Ich hatte alles versucht, um versetzt zu werden, weil ich nicht ständig erinnert werden wollte, aber mit der Zeit war mir die Station ans Herz gewachsen. In gewisser Weise hatte mir die Arbeit dort sogar geholfen, mein Trauma zu verarbeiten.

Brenda und ich bereiteten Zimmer Vier für den Patienten vor. Bei Brandwunden musste vor allem eine Infektion vermieden werden. Je weniger Kontakt der Patient mit anderen Personen hatte, desto besser.

Die Vorgehensweise war immer gleich. Einer Infektion vorbeugen, Wunden säubern und verbinden, gegebenenfalls die Stellen für eine Hauttransplantation vorbereiten und dem Patienten möglichst die Schmerzen nehmen. Was mir aber an der Arbeit am besten gefiel, waren die Patienten. Wenn jemand Verbrennungen erlitt, passierte eine ganze Menge. Die Brandnarben waren hierbei das Offensichtlichste, aber die emotionalen Verletzungen waren wirklich einzigartig.

Ich hatte mit so vielen Patienten gearbeitet, von der Aufnahme bis zur Reha, und allen war eins gemeinsam gewesen: Die Abscheu. Sie empfanden Abscheu vor ihrem eigenen Körper. Das war einerseits verständlich, aber vor allem herzzerreißend. Es war eine Sache, sich nicht schön zu finden, aber wenn man das eigene Spiegelbild abstoßend fand, war das schwer zu ertragen. Und hiervon waren nicht nur die Patienten selbst betroffen, sondern auch das Umfeld musste sich erst an die optischen Veränderungen gewöhnen. Viele Leute kommen nicht damit klar. Ein skeptischer Blick eines Familienangehörigen konnte reichen, um einen Patienten Lichtjahre zurückzuwerfen.

Mir lag viel daran, diese Patienten körperlich zu pflegen, aber vor allem versuchte ich alles, damit sie, wenn sie die Station verließen, wussten, dass es Menschen gab, die den Menschen hinter den Narben sahen. Ich wollte ihnen vermitteln, dass ich nicht nur ihre Narben sah, wenn ich sie anschaute. Ich wusste zwar nicht, ob ihnen das langfristig eine Hilfe war, aber es tröstete mich, zu wissen, dass ich immer mein Bestes gegeben hatte, um sie davon zu überzeugen, dass sie noch derselbe Mensch waren, wenn auch in einem Körper, der sich verändert hatte. Es war harte Arbeit, aber ich hatte das Gefühl, dass das meine Berufung war.

Während wir auf den Krankenwagen warteten, stieß Brenda mich an. »Ich habe ja gleich gesagt, dass du es noch bereuen würdest, dich über zu wenig Arbeit beklagt zu haben. Der ist für dich. Du wirst ihn in der Notaufnahme erstversorgen und dann später auf deiner Station weiter pflegen.«

Ich zuckte die Achseln. Ich hätte nie gewagt, laut auszusprechen, dass ich froh war, dass etwas passierte. Natürlich tat mir jeder Mensch leid, der in der Notaufnahme landete, aber tatsächlich zog ich es vor, etwas wirklich Nützliches zu tun, anstatt Däumchen zu drehen oder nur Papierkram zu erledigen. Mein Telefon vibrierte, und als ich das Handy aus der Tasche nahm, sah ich, dass eine Textnachricht von meiner Schwester eingegangen war.

Lauren: Und?

Ich hatte jetzt beim besten Willen keine Zeit für sie. Ich steckte das Telefon wieder ein, als auch schon die Doppeltüren aufflogen und eine Trage hindurchgeschoben wurde. Es ging los.

Brenda nahm den Patienten auf dem Flur entgegen und führte die Sanitäter zu Zimmer Vier. Dort arbeiteten wir im Team, um den bewusstlosen Feuerwehrmann von der Krankenwagentrage auf eine Krankenhaustrage zu hieven. Er war an ein Tragebrett geschnallt, was hilfreich war, da er über eins neunzig groß war, und dazu offenbar sehr muskulös. Die Rettungssanitäter hatten ihn im Krankenwagen intubiert, und einer der Sanis stand an seinem Kopf und betätigte den Beatmungsbeutel.

Der Ärmel seiner Feuerwehrjacke war verbrannt und die Haut darunter war von der Mitte des linken Unterarms bis hinauf zur Schuler verbrannt. Es war den Sanitätern gelungen, die Schutzjacke zu öffnen und das Shirt, das er darunter trag, durchzuschneiden. Der Oberkörper schien weitgehend unverletzt zu sein abgesehen von ein paar Verbrennungen zweiten Grades im oberen Brustbereich. Als erfahrene Krankenschwester agierte Brenda in der Notaufnahme ähnlich wie ein Arzt. Sie prüfte die Lungenfunktion mit ihrem Stethoskop und horchte die Lungen des Verletzten ab, um festzustellen, ob seine Atemwege durch die Hitze Schaden genommen hatten.

Während sie das tat, zog ich den Patienten aus, damit wir uns einen Eindruck davon verschaffen konnten, womit genau wir es zu tun hatten. Ich griff nach unserer schärfsten Schere, weil die Schutzkleidung der Feuerwehr schwer zu schneiden war.

Ich schnitt die Hose auf, und die Sanis traten zurück und überließen uns das Feld. »Wir haben versucht, ihm die Schutzkleidung auszuziehen, aber es erschien uns wichtiger, ihn erst einmal zu stabilisieren.«

Niemand entgegnete etwas darauf. Das war auch überflüssig – sie hatten richtig gehandelt.

»Was ist passiert?«, fragte ich, während ich mich zum Oberschenkel des Mannes hocharbeitete.

»So genau wissen wir das nicht. Er war auf dem Dach eines brennenden Gebäudes, als dieses nachgegeben hat und ihn in die Tiefe gerissen hat.«

»Habt ihr ihn schon auf gebrochene Gliedmaßen hin untersucht?« Das erste Hosenbein klaffte auf, und ich machte mich an dem zweiten zu schaffen, wobei ich jetzt vorsichtiger agierte als beim ersten. Nachdem ich wusste, was passiert war, wollte ich den Patienten nicht mehr bewegen als unbedingt nötig.

Die Verbrennungen schienen sich auf den oberen linken Brustkorb und den Arm zu beschränken. Ansonsten war er mit leichten Rötungen davongekommen, was darauf schließen ließ, dass seine Schutzkleidung dem Feuer überwiegend standgehalten hatte.

»Soweit wir feststellen konnten, hat er sich nichts gebrochen«, entgegnete der zweite Sanitäter.

»Wann hat er das Bewusstsein verloren?«

»Er war bereits bewusstlos, als wir übernommen haben.«

Ich machte mir eine gedankliche Notiz, ein CT zu veranlassen, um eine Kopfverletzung auszuschließen.

Als ich das zweite Hosenbein aufgeschnitten hatte und zog die Hose unter ihm hervor. Dann durchtrennte ich den Stoff seiner Unterhose, was nach dem Kampf mit dem harten Stoff seiner Schutzkleidung ein Kinderspiel war, und wandte mich hinterher seinem rechten Ärmel zu.

Brenda las die von den Sanis ermittelten Vitalzeichen vor. »Blutdruck erhöht, aber stabil. Lunge frei. Kein Pfeifen oder Röcheln.« Das war gut. Wir konnten uns also darauf konzentrieren, die Verbrennungen zu versorgen, ohne uns um innere Verletzungen sorgen zu müssen. »Wie schaut es aus, Zoe?«

»Bisher würde ich schätzen, dass etwa elf Prozent der Haut verbrannt sind, aber ich muss mir erst noch die Rückseite ansehen.« Als ich mit dem Ärmel fertig war, schüttelte ich die Hand aus. Sie schmerzte von der Anstrengung, die vielen Lagen Stoff zu durchtrennen.

Ich schob eine Hand unter seine rechte Schulter und hob diese an, um den Stoff darunter hervorzuziehen. Ich griff mir ein Infusions-Kit und legte einen Zugang an seinem Handrücken. Als ich die Kanüle gerade mit Klebeband fixierte, bewegte er sich.

»Er kommt zu sich«, sagte ich und beeilte mich, das Klebeband anzudrücken.

Er stöhnte. »Alles okay, Sir. Sie sind im Krankenhaus und wir kümmern uns um Sie.

Er riss die Augen auf und versuchte aufzuspringen, aber es gelang Brenda, ihn auf der Trage zu halten. Er fing an, um sich zu schlagen.

»Er reißt den Schlauch raus«, sagte Brenda, und zog den Infusionsschlauch ab, damit er sich nicht daran die Kanüle aus der Hand zog und sich verletzte, während ich mein Bestes versuchte, den Patienten unter Kontrolle zu bekommen.

Als der Infusionsschlauch entfernt warf, brüllte er. »Geh zur Hölle runter von mir.«

Ich ließ seine Hand los und schob mich an seinem Arm aufwärts und blickte in die strahlendsten blauesten Augen, die ich je gesehen hatte. Panikerfüllt starrte er zu mir auf.

Bemüht, möglichst ruhig zu klingen, sagte ich: »Ich bin Zoe. Können Sie mir sagen, wie Sie heißen?«

Er zuckte zusammen. Die Schmerzen setzten ein. »Ryan.«

»Ryan, Sie wurden bei einem Brand verletzt. Wir sind gerade dabei, Sie zu untersuchen und dann werden wir Sie behandeln, aber wir brauchen Ihre Mithilfe, okay?«

Seine Kiefer spannten sich und er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Seine Haut war auffällig klamm, ein sicheres Zeichen dafür, dass er starke Schmerzen hatte.

»Ich werde ihnen schnell Blut abnehmen und dann bekommen Sie etwas gegen die Schmerzen und damit Sie schlafen können.«

»Nein.« Er versuchte, den Kopf zu schütteln, wurde aber von der Nackenstütze daran gehindert. Er griff danach, wodurch jedoch Zug auf die verbrannte Haut in seinem Arm entstand, so dass er aufheulte. »Was ist das?«, schrie er.

»Ryan, sehen Sie mich an. Ryan, Sie müssen sich beruhigen, okay? Sie haben Brandwunden am Arm davongetragen, sie müssen also stillhalten, damit ich Ihnen helfen kann, okay?«

Seine Pupillen waren vor Angst geweitet, und ich wusste, dass ich schnell sein musste. Er war sehr groß und durchtrainiert und uns kräftemäßig haushoch überlegen. Ich nahm die Probenbehälter aus meiner Kitteltasche, hielt den ersten an die Kanüle und füllte ihn mit Blut. Wir mussten sein Blut auf Carboxyhämoglobin untersuchen und eine Blutgasanalyse durchführen, um sicher zu gehen, dass sein Körper keinen erhöhten Kohlenmonoxidspiegel aufwies.

»Sie machen das super, Ryan. Ich bin gleich fertig und dann bekommen Sie ein paar Medikamente.«

Er wimmerte und wand sich, was mich vermuten ließ, dass er gar nicht mitbekam, was ich sagte.

Ich füllte noch ein paar Blutabnahmeröhrchen, und als ich fertig war, reichte Brenda mir eine Spritze Dexmedetomidin, ein Mittel, das ihn ruhigstellen würde, damit wir mit der Untersuchung fortfahren konnten. Brenda hatte den Infusionsschlauch wieder angeschlossen, und ich spritzte das Sedativ in seine Infusionsflasche. Dann wartete ich, dass die Wirkung einsetzte.

»Ryan, Sie werden jetzt eine Weile schlafen, aber ich werde bei Ihnen sein, wenn Sie wieder wach werden, okay?«

Er schlief bereits und antwortete nicht. Wir atmeten alle erleichtert auf.

»Wissen Sie, ob er seine Atemschutzmaske getragen hat, als er ins Feuer gefallen ist?«, fragte ich die Sanis, während ich die gefüllten Blutprobenröhrchen aus der Tasche nahm.

»Ja. Sie haben sie ihm ausgezogen, als sie ihn auf dem Rückenbrett festgeschnallt haben.«

Das war eine gute Nachricht. Das bedeutete, dass er höchstwahrscheinlich kein Inhalationstrauma erlitten hatte und auch keine erhöhten Kohlenmonoxidwerte im Blut zu erwarten waren. Im Übrigen hatten sie ihn intubiert und beatmet, was zwar nicht nötig, aber eine weise Vorsichtsmaßnahme gewesen war. Je länger man mit der Beatmung eines Brandopfers wartete, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Atemwege anschwollen, was das Einführen eines Beatmungsschlauch erschwerte.

»Candace«, rief Breda nach unserer Hilfsschwester, die in einer Ecke des Zimmers auf Anweisungen wartete. »Melde ihn sofort zum Röntgen an.«

Bevor Candace den Raum verlassen hatte, fügte ich hinzu: »Wir brauchen außerdem ein Ganzkörper-MRT, um festzustellen, ob er bei seinem Sturz innere Verletzungen davongetragen hat …« Ich drückte ihr die Blutprobenröhrchen in die Hand. »Und bring die bitte zur Untersuchung ins Labor.«

»Und wenn du zurückkommst, bring bitte eine Tetanusspritze mit«, bat Brenda.

Candace nickte und spurtete los.

Ich ging auf die verbrannte Seite des Patienten und schälte den Stoff von seiner Haut. Als der Arm frei lag, zog ich die Jacke unter ihm hervor, während Brenda auf der anderen Seite genauso verfuhr. Wir mussten ihn auf den Bauch drehen, um seine Rückseite auf Brandwunden zu untersuchen, und Brenda trat an seinen Kopf, um den Hals zu stabilisieren.

»Auf drei«, sagte sie. »Eins. Zwei. Drei.«

Vorsichtig schob ich die Hände unter seinen Oberkörper und rollte ihn auf seine rechte Seite. Als er seitlich gelagert war, entfernten die Sanitäter das Rückenbrett, an das er immer noch festgeschnallt war und bei dieser Gelegenheit auch die restliche Kleidung. Dann verließen sie den Raum. Gott sei Dank konnten wir auf der Rückseite seines Körpers keine Verbrennungen feststellen, so dass wir ihn wieder in Rückenlage brachten.

»Die Verbrennungen beschränken sich auf dieses Areal.« Ich zeigte auf seinen Unterarm, den Bizeps, die obere Brust und die Schulter. »Der Mann hatte Glück. Die Betroffene Körperoberfläche liegt bei elf Prozent. Sieht aus, als hätten wir es überall mit Verbrennungen zweiten Grades zu tun. Hinzu kommen ein paar oberflächliche Verbrennungen an der Brust.« Ich hob den Arm an, damit er höher gelagert war als das Herz, was ein Anschwellen verhindern würde.

Brenda griff nach der Wärmedecke, die wir nach der Ankündigung des Patienten im Zimmer bereitgelegt hatten, und wir deckten ihn damit zu. Verbrennungsopfer kühlen schnell aus, darum war es wichtig, ihn warm zu halten. Ich trat an seinen Infusionsständer und begann die Hydrierungstherapie, eine wichtige Maßnahme, da Verbrennungen dem Körper viel Flüssigkeit entziehen.

Candace kam zurück. »Wir können ihn jetzt zum Röntgen bringen.« Sie reichte Brenda die Tetanusspritze.

»Na dann los«, sagte Brenda, nachdem sie dem Patienten die Tetanusimpfung verabreicht hatte.

Ich legte seinen Arm unter die Decke und achtete darauf, dass er vollständig zugedeckt war, bevor wir ihn aus dem Zimmer und der Intensivstation fuhren. Auf dem Flur hörte ich einen Männerstimme rufen: »Er ist mein Bruder, verdammt nochmal! Ich will wissen, wie es ihm geht, und zwar jetzt gleich.«

»Lieutenant Hogan, er ist erst vor knapp einer Viertelstunde eingeliefert worden. Wahrscheinlich gibt es noch keine genauen Informationen zu seinem Zustand«, sagte eine zweite Stimme.

Es gefiel mir gar nicht, dass ich mit meinem Patienten an dem aufgebrachten Besucher vorbeimusste, aber die Radiologie befand sich nun einmal auf der anderen Seite des Empfangs, so dassso dass wir keine andere Wahl hatten. Als wir um die Ecke bogen, viel mein Blick auf eine Gruppe Feuerwehrleute in voller Montur.

»Mist«, murmelte ich. Kein Zweifel, diese Leute waren wegen meines Patienten hier. Noch bevor wir reagieren konnten, wurden wir entdeckt. Ein großer Mann mit rauchblauen Augen stürzte auf das Bett zu. Die Ähnlichkeit mit meinem Patienten war nicht zu übersehen. Er trug keine Feuerwehrkleidung, aber die anwesenden Feuerwehrleute schienen ihn zu kennen und sprachen ihn mit Lieutenant an.

»Ryan!« Er stieß seitlich gegen das Bett.

»Sir, Sie müssen Abstand halten«, wies Brenda ihn zurecht, aber er schien sie gar nicht wahrzunehmen. »Ryan, ich bin’s, Jesse. Ich bin da. Ich bin bei dir.«

Eine Frau mit hübschen rotbraunen Locken, die größer war als ich selbst, eilte zu ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Jes, wir müssen sie ihren Job machen lassen.«

»Was ist mit ihm? Warum antwortet er nicht?«, rief der Mann geradezu hysterisch.

Ich ließ dies das Bett los und zwängte mich zwischen den Mann und meinen Patienten. »Ich bin Schwester Powers. Ich werde mich um Ryan kümmern, okay? Er hat ein Beruhigungsmittel bekommen, darum hört er sie nicht. Sie müssen uns jetzt bitte durchlassen, damit wir ihn in die Radiologie bringen können. Ich verspreche Ihnen, dass ich im Anschluss zu Ihnen komme.«

Wenn Blicke töten könnten, wäre ich auf der Stelle tot umgefallen.

»Bitte, Babe«, sagte die Frau und zog wieder an seinen Schultern. Ein weicher Ausdruck trat in ihre grünen Augen, und ich ging davon aus, dass sie seine Frau war.

Obwohl ich einen Kopf kleiner war als er, wich ich keinen Zentimeter zurück und winkte stattdessen Brenda und Candace, den Patienten an uns vorbeizuschieben, was sie auch taten. Erst als sie am Empfangstresen vorbei waren, entfernte ich mich rückwärts von dem aufgebrachten Lieutenant. »Ich komme zu Ihnen, versprochen«, rief ich dem Mann – Jesse hieß er, richtig? – noch einmal zu, bevor ich hinter meinem Patienten hereilte.

Knapp zwei Stunden später, nachdem unser Patient geröntgt und im MRT gewesen war, wurde er auf die Station für Schwerbrandverletzte verlegt. Glücklicherweise konnte auch auf dem Röntgenbild kein Hinweis darauf gefunden werden, dass er Rauch eingeatmet hatte, womit diese Gefahr schon mal gebannt war. Während wir noch auf das Ergebnis des MRT warteten, ging ich zum Wartezimmer der Notaufnahme, um mit Jesse zu sprechen, so wie ich es versprochen hatte. Ich traf ihn umgeben von einem guten Dutzend anderer Personen an.

Als er mich sah, kam er sofort auf mich zu. »Was zur Hölle ist mit ihm?«

Zwei weitere überdurchschnittlich große Männer, die ihm verblüffend ähnlich sahen, folgten ihm dichtauf und bestürmten mich ebenfalls mit Fragen.

»Ich beantworte Ihnen gerne alle Fragen, aber lassen Sie uns bitte zu den anderen gehen und uns setzen.« Ich betrat das Wartezimmer und ließ ihnen gar keine andere Wahl, als mir zu folgen und in die Ecke zurückzukehren, in der sie gesessen hatten. Sie folgten mir widerspruchslos, blieben aber stehen. Sie verströmten eine solche Anspannung, als wollten sie sich jeden Moment auf mich stürzen.

Als ich die anderen Wartenden erreicht hatte, begann ich zu sprechen. »Ich bin Zoe Powers, und mit der Pflege von Ryan Hogan betraut.« Alle musterten mich eindringlich, als erwarteten sie, dass ich das Allheilmittel gegen Krebs verkündete. Es waren drei Frauen anwesend, zwei junge und eine ältere, alle anderen waren hünenhafte Männer. Zum Glück war ich nicht so leicht einzuschüchtern.

»Wir haben Mr. Hogan zum Röntgen und zum MRT gebracht. Es liegen noch nicht alle Ergebnisse vor, aber nach aktuellem Stand scheint es, als hätte er keine inneren Verletzungen davongetragen.«

Kollektives Aufatmen.

»Er hat schwere Verbrennungen vom Unterarm bis zur Schulter und auf der Brust davongetragen.« Ich zeigte die jeweiligen Stellen mit der Hand an mir selbst nach. »Wir haben ihn sediert, damit er momentan keine Schmerzen hat. Er wurde zur weiteren Behandlung auf die Station für Schwerbrandverletzte gebracht. Es wird noch einige Stunden dauern, ehe wir Ihnen ein Update zu seinem Zustand geben können.«

»Nehmen Sie es mir nicht übel, Schwester … Zoe? Aber könnten wir vielleicht mit dem behandelnden Arzt sprechen?«, sagte einer der Riesen, die vorhin auf mich zugestürzt waren. Er strahlte Autorität aus, und das nicht wegen seiner imposanten Statur. Er hatte ebenfalls die gleichen strahlendblauen Augen wie mein Patient. Ich nahm an, dass es sich um einen weiteren Bruder handelte. Seine Kiefer waren angespannt und seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.

Ich nickte. »Absolut. Sobald ein Arzt hinzugezogen wurde, werde ich ihn oder sie bitten, mit Ihnen zu sprechen.«

»Er hat noch gar keinen behandelnden Arzt?«, fragte Jesse irritiert.

»Wir haben ihn gerade erst auf die Station gebracht, er wird also bald einen haben. Ich kann Ihnen aber versichern, dass er in den besten Händen ist. Ich bin Schwester auf seiner Station und bin heute nur in der Notaufnahme eingesprungen. Ich versichere Ihnen, dass er bestens versorgt wird.«

»Darf ich zu ihm?«, fragte die ältere Frau mit den schulterlangen grauen Haaren.

»Leider darf er noch keinen Besuch erhalten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Familienmitglieder dürfen sich allerdings im Wartezimmer der Station für Brandverletzte aufhalten.«

»Wann werden wir ihn besuchen dürfen?«, fragte der letzte der drei Männer, die gleich zu Anfang auf mich zugestürmt waren. Seine stahlblauen Augen glitzerten verdächtig.

»Vielleicht morgen. Das ist abhängig davon, wie schnell er sich erholt. Morgen nach der Untersuchung kann ich das besser einschätzen. Wir müssen die Wunden verbinden, bevor wir Besucher zu ihm lassen können.«

»Bullshit«, knurrte der autoritärere der drei.

»Es geht hier um seine Sicherheit. Ich kann wie gesagt Familienmitglieder mit auf die Station nehmen, aber sie werden dort mit dem Wartezimmer vorliebnehmen müssen. Ich muss jetzt los, um mich um ihn zu kümmern.«

Die drei Männer und alle drei Frauen schlossen sich mir an. »Wir fahren zurück zur Wache«, sagte einer der Feuerwehrleute. »Haltet uns bitte auf dem Laufenden und lasst es uns wissen, wenn ihr etwas braucht.«

Einer der Brüder nickte. »Machen wir. Danke.«

Die Angehörigen folgten mir zu den Fahrstühlen, und als wir alle eingestiegen waren, war die Luft zum Schneiden dick. Ich gab mein Bestes, um etwas von der Spannung abzubauen. »Sie sind seine Geschwister, nehme ich an.« Ich wandte mich der älteren Frau zu. »Und Sie müssen seine Mom sein?«

Sie nickte. »Ja, Ryan ist mein Sohn. Und die drei Jungs hier auch. Die Frauen sind meine Schwiegertöchter.«

Ich zückte meinen Notizblock, um die Zeit im Fahrstuhl möglichst sinnvoll zu nutzen. »Darf ich Ihre Namen notieren?« Ich versuchte immer, eine persönliche Beziehung zu meinen Patienten aufzubauen, und dazu gehörte auch, dass ich mich mit den Namen ihrer Angehörigen vertraut machte.

»Ich bin Ann Hogan«, sagte seine Mom. »Streng genommen heiße ich A-I-N-E, aber alle nennen mich nur A-N-N.«

»Ich bin Kyle«, sagte der Mann mit dem militärischen Bürstenhaarschnitt und den hellblauen Augen. »Ryans ältester Bruder.«

»Dylan«, verkündete der mit den hellbraunen Haaren und blaugrauen Augen und zeigte dann auf die zierliche Brünette ans einer Seite. »Das ist Autumn.«

»Und ich bin Jesse.« Er hob die rechte Hand mitsamt der Hand der Frau mit den lockigen Haaren. »Und das ist Lana.« Er seufzte. »Tut mir leid wegen vorhin. »Ich bin angerufen worden, und es hieß nur, mein Bruder sei verletzt, aber ich hatte keine Ahnung, wie schwer. Ich war außer mir vor Sorge, als Sie ihn an uns vorbeigeschoben haben.«

»Kein Problem«, versicherte ich ihm. »Ich verstehe das sehr gut.«

Ein Ping ertönte, und die Türen glitten auf Höhe der Station für Schwerbrandverletzte auf. Ich führte die Gruppe den Flur hinunter zum Wartebereich für Angehörige, und sie verteilten sich auf die Sofas.

»Der Arzt oder ich selbst melden uns bei Ihnen, sobald es etwas Neues gibt.«

Sie bedankten sich, und ich kehrte zurück zu meinem Patienten.

Ich betrat Ryans Zimmer und brauchte einen Moment, um mich an die Hitze dort zu gewöhnen.

Die Behandlungsräume auf dieser Station waren sehr warm, damit die Brandverletzten nicht froren. Auch die OPs wurden entsprechend beheizt, was gewöhnungsbedürftig war.

Seine Augen waren geschlossen, und ich trat an die Apparate, um seine Vitalfunktionen zu überprüfen. Es sah alles gut aus, und so richtete ich mein Augenmerk auf seine Wunden. Ich schlug die Decke bis zur Taille zurück, holte einen sterilen Waschlappen und eine Schüssel Wasser vom Waschbecken in der Ecke und machte mich daran, die Wunden zu säubern. Es ging darum, möglichst viel Ruß und Schmutz auszuwaschen, um einer Infektion entgegenzuwirken und mir einen Eindruck von der Schwere der Verbrennungen zu verschaffen.

Ich betrachtete ihn einen Moment. Bei seiner Einlieferung hatte ich ihn mir nicht näher angesehen, weil ich zu sehr auf seine Verletzungen und seine Erstbehandlung fokussiert gewesen war. Mir war bisher gar nicht aufgefallen, wie gutaussehend er war. Zwar konnte ich seine strahlendblauen Augen nicht sehen, aber ich wusste, dass sie sich unter den Lidern mit den langen Wimpern verbargen, um die ich ihn beneidete. Er hatte goldblondes, etwas struppiges kurzes Haar, das ihm in die Stirn fiel. Ich musste dem Impuls widerstehen, mit den Fingern an seiner Wange entlangzufahren.

Sein Hals war kräftig und muskulös und ging in einen Brustkorb mit klar definierten Muskeln und einem beeindruckenden Sixpack über. Seine Beine waren unter der Decke verborgen, aber ich erinnerte mich, dass seine Oberschenkel zu den kräftigsten gehörten, die ich je gesehen hatte. Dieser Mann hatte einen absoluten Traumkörper. Mein Blick fiel auf seine Verbrennungen, und mir war klar, dass ein Mann seines Aussehens sich schwertun würde, die Narben zu akzeptieren. Ich nahm mir vor, ihn diesbezüglich besonders aufzubauen während seines Aufenthalts bei uns im Verbrennungszentrum.