Calendar Girl März - Audrey Carlan - E-Book
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Calendar Girl März E-Book

Audrey Carlan

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Beschreibung

Mr März wäre jede Sünde wert. Doch er hat ein Geheimnis ... Warum zahlt ein Mann Mia 100.000 Dollar dafür, dass sie einen Monat lang seine Verlobte spielt? Vor allem, wenn er so göttlich aussieht wie Tony Fasano, Box-Star und Besitzer der größten Restaurantkette von Chicago? Bevor Mia herausfinden kann, ob Tonys Körper hält, was er verspricht, erlebt sie die Überraschung ihres Lebens. Tony lernt dafür in diesem Monat viel über die Liebe. Lektion Nummer 1: Erkenne, was du willst. Und wen.

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Das Buch

Warum zahlt ein Mann Mia 100.000 Dollar dafür, dass sie einen Monat lang seine Verlobte spielt? Vor allem, wenn er so göttlich aussieht wie Tony Fasano, Box-Star und Besitzer der größten Restaurantkette von Chicago? Bevor Mia herausfinden kann, ob Tonys Körper hält, was er verspricht, erlebt sie die Überraschung ihres Lebens. Tony lernt dafür in diesem Monat viel über die Liebe. Lektion Nummer 1: Erkenne, was du willst. Und wen.

Die Autorin

Audrey Carlan schreibt mit Leidenschaft heiße Unterhaltung. Ihre Romane veröffentlichte sie zunächst als Selfpublisherin und begeisterte damit eine immer größere Fangemeinde, bis der Verlag Waterhouse Press sie unter Vertrag nahm.

Ihre Serie »Calendar Girl« stürmte die Bestsellerlisten von USA Today und der New York Times und wird als das neue »Shades of Grey« gehandelt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Kalifornien.

Homepage der Autorin: www.audreycarlan.com

AUDREY CARLAN

MÄRZ

Aus dem Amerikanischen von

Christiane Sipeer

Ullstein

Titel der amerikanischen Originalausgabe: The Calendar Girl – March (Waterhouse Press)

© 2015 Waterhouse Press, LLC

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ISBN 978-3-8437-1353-5

Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage Juni 2016

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Titelabbildung: © FinePic®, München

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Heather White

Deinetwegen ist Mia in Chicago.

Auch du hast das Vertraute hinter dir gelassen und dich auf eine Reise begeben.

In diesem Monat zeigt das Buch, wie gut es sein kann, Risiken einzugehen.

Manchmal verändert es dein Leben, stellt es völlig auf den Kopf.

Doch meistens lohnt es sich.

Du bist wunderschön, und ich bin so froh, dass es dich gibt.

BESOS, meine Liebste.

Kapitel 1

Sobald meine Füße am Flughafen von Vegas den Boden berührten, wurde ich zwischen zwei Körpern eingequetscht. Der eine war groß und lang, der andere eher klein und zappelig. Der Geruch von Pfefferminz und Kirsche stieg mir in die Nase, als die beiden kreischend auf und ab hüpften. Das Geräusch stimmte exakt mit dem überein, das die Hyänen in ihrem Käfig im Zoo von Seattle gemacht hatten, als ich mit Alec dort gewesen war.

»O mein Gott, ich hab dich so vermisst«, sagte Gin und gab mir einen feuchten Kuss mitten auf den Mund. Da war also der Minzkaugummi. Dann wurde sie beiseitegeschoben, und meine kleine Schwester Maddy schlang ihre langen Arme um mich. Kirschen. Schon als kleines Mädchen hatte sie immer nach Kirschen gerochen. Ich wollte gar nicht wissen, warum. Ich akzeptierte es wie alles andere auch. Nur darauf kam es an. Maddy drückte mich an sich. Sie war viel größer als ich, so dass ich mir mit meinen eins fünfundsiebzig klein vorkam. Ich war zwar die große Schwester, aber Maddy hielt in unserer kleinen Familie mit eins achtzig den Größenrekord. Sie war neunzehn und auf jeden Fall eine Schönheit. Allerdings war sie deutlich schlanker als ich in ihrem Alter. Sie schien einen unschlagbaren Stoffwechsel zu haben, der sie nicht zunehmen ließ. Die Glückliche.

Maddy stiegen die Tränen in die Augen. Ich umfasste ihre Wangen. »Das hübscheste Mädchen der Welt«, flüsterte ich und sah, wie die Tränen kullerten. »Aber nur wenn du lächelst …«

»Das sagst du immer.« Sie zog die Mundwinkel nach oben und schenkte mir das Lächeln, das ich mehr liebte als das jedes anderen Menschen auf der Welt.

»Stimmt ja auch. Nicht wahr, Gin?«

Gin kaute geräuschvoll auf ihrem Kaugummi herum und hakte sich bei mir unter. »Yeah. Und jetzt lass uns verdampfen.«

Ich verdrehte die Augen. »Das heißt abdampfen, Gin.«

Ginelle blieb mitten im Ankunftsbereich des Flughafens stehen. »Ist doch egal, Miststück, du weißt doch, was ich meine. Hast du vielleicht ’nen Duden gefrühstückt?«

Ich musste laut lachen, und das fühlte sich gut an. Ziemlich gut sogar. Die Anspannung wich aus meinen Poren, als würde sie tatsächlich tropfenweise auf dem Linoleumboden landen und Pfützen bilden. Ach war das schön, wieder zu Hause zu sein.

Die Mädchen führten mich zu Gins Wagen. »Wo ist denn Dads Auto, Mads?« Ich stopfte meine Tasche in den Kofferraum und setzte mich auf den Beifahrersitz.

Maddy stieg hinten in Ginelles Honda ein und spielte mit einer Haarsträhne. »Na ja …« Sie sah aus dem Fenster, und ihre Augen bewegten sich hin und her, als würde sie überlegen, was sie sagen sollte.

Ich ließ die Schultern hängen. »Was ist mit Dads Auto?«

»Nichts.« Sie seufzte, zwirbelte weiter ihre blonden Haarsträhnen um den Finger und drückte den Rücken in den Sitz. Was es auch war, sie wollte es mir nicht verraten.

»Sag’s ihr, Mads«, drängte Gin.

Maddy schnaubte und setzte sich gerade hin. Sie schloss kurz die Augen, dann blitzte Entschlossenheit in den unergründlichen grünen Tiefen auf. »Die Typen, die Dad fertiggemacht haben, haben auch sein Auto demoliert.«

Mir wurde ganz heiß. »Wieso zum Teufel hast du nichts gesagt?« Wut schoss in mir hoch, durch die Wirbelsäule bis in die Hände, die sich fest zu Fäusten ballten. Wenn mir jetzt jemand zu nahe käme, hätte er Pech gehabt.

»Ich dachte …«

»Was dachtest du? Wie kommst du zur Uni?«

»Meistens mit dem Bus, manchmal fährt mich Ginelle.« Ihr Blick wanderte zu meiner besten Freundin. Gin lächelte kurz. »Oder Matt, der Typ, von dem ich dir erzählt habe. Der hat mich auch ein paarmal gefahren. Er sagte, er würde mir helfen, wo er kann.« Ihre Stimme klang leicht angespannt.

»Na, das glaub ich sofort. Mads, das ist nicht sicher. Die Uni ist nicht gerade in der Nähe, und nach den ganzen Seminaren bist du total erledigt. Und was ist, wenn du mal länger in der Bibliothek bleibst?«

Ich atmete tief ein und stieß die Luft wütend wieder aus, als ich mich nach hinten umdrehte. Meine Schwester war in Gefahr. Dads Auto konnte sie nicht mehr nehmen, weil Blaine und seine verdammten Schläger es geschrottet hatten. Was noch? Was konnte wohl sonst noch passieren?

Maddy legte mir ihre warme Hand auf die Schulter. »Ist okay, Mia. Es geht schon. Wir kommen mit dem klar, was wir haben, oder?«

»Ganz bestimmt nicht. Morgen besorgen wir dir ein Auto. Ich fass es nicht, dass du die ganze Zeit keins hattest.« Mit dem ausgestreckten Finger pikte ich Gin in den Arm. »Und du hättest mir gefälligst sagen sollen, was los ist.« Ich seufzte und strich mir die Haare aus dem Gesicht.

»Das kannst du dir doch gar nicht leisten, Mia …«

»Erklär mir nicht, was ich mir leisten kann und was nicht. Ich bin seit fünfzehn Jahren für dich verantwortlich. Nur weil du neunzehn bist, werde ich nicht auf einmal aufhören, mich um dich zu kümmern.« Ich presste die Zähne zusammen und versuchte, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Himmel noch mal, wenn ich mir vorstelle, wie du von der Bushaltestelle durch unsere Gegend nach Hause gehst, kriege ich die Krise, Mads! Mach das nicht wieder. Bitte, mir zuliebe.« In sanfterem Tonfall sagte ich: »Ich besorge dir morgen ein Auto. Ich habe mit den letzten beiden Kunden ein bisschen extra verdient.«

»Ach wirklich?« Gin musterte mich von der Seite. Sie wusste, was für ein zusätzliches Gehalt nötig war. »Und wie hast du das gemacht, Schätzchen? Im Liegen?« Sie kicherte.

Diesmal schlug ich ihr gegen den Arm … und zwar fest.

»Autsch, Miststück. Das war total unangebracht.«

»Nennst du mich etwa Nutte, du Nutte? Das war angebracht.« Ich kniff die Augen zusammen und starrte sie an. Sie musste zwar fahren, aber ich wusste, dass sie die Wut in meinem Blick spürte.

»Na schön, es war angebracht. Aber ich werde dir den hässlichen blauen Fleck bei jeder Gelegenheit unter die Nase halten.«

»Mach doch. Kannst du Mads und mich morgen fahren, wenn wir nach einem Auto suchen?«

Sie nickte. »Ich hab mir freigenommen, solange du hier bist.«

»Oh, wie süß von dir.«

»Ich kann auch süß sein.« Gin runzelte die Stirn.

»Ich hab doch gar nichts anderes behauptet.«

»Aber du hast damit angedeutet, dass ich sonst nicht süß bin. Dann erzähle ich dir mal von dem Typen gestern, der meinte ständig, was für eine süße Mu…« Ich beugte mich rüber und hielt ihr den Mund zu.

»Kannst du das vielleicht ein andermal erzählen?« Ich deutete mit den Augen in Richtung Maddy auf der Rückbank.

»Ja, genau«, warf Maddy dazwischen. »Als wüsste ich nicht, wovon sie redet. Du hältst mich immer für so unschuldig.«

Ich ließ Gin los und drehte mich blitzartig um. »Soll das heißen, du bist nicht unschuldig?« Ich hätte fünfzig Dollar darauf gewettet, dass meine normalerweise gebräunte Haut in diesem Moment kalkweiß aussah.

Maddy verschränkte die Arme und verdrehte die Augen. »Ich bin noch Jungfrau. Das würde ich dir ja wohl erzählen, Herrgott. Aber ich weiß halt, was Lecken ist. Ich bin ja nicht doof.«

»Hat das jemand bei dir gemacht?« Ich hielt die Luft an und war mir gar nicht sicher, ob ich das wissen wollte.

Sie schüttelte den Kopf, biss sich auf die Lippe und schaute aus dem Fenster. »Nein, aber manchmal macht es mich einfach wütend, dass du so tust, als wäre ich ein Kind. Ich bin erwachsen, Schwesterchen. Das musst du akzeptieren. Und wenn ich will, dass ein Typ mir zwischen die Beine geht und meine Mumu küsst, dann lass mich doch.«

»Deine Mumu küssen?«, wiederholte Gin. »Du meinst wohl deine Pu …« Ich kniff sie ins Bein, bevor sie etwas sagen konnte, was Maddy noch mehr verärgerte.

»Halt bloß die Klappe«, knurrte ich so leise, dass nur Gin es hören konnte. Ihre Augen wurden größer, und sie schlug meine Hand weg.

»Mads, du weißt, dass ich für dich da bin, oder? Wenn du über irgendwas in der Art reden willst.« Ich streckte die Hand hinter den Sitz, und sie griff danach. »Auch wenn ich nicht in Vegas bin, du kannst mich jederzeit anrufen. Tag und Nacht. Okay?«

Sie beugte sich nach vorn und legte die Stirn auf meine Hand. »Du hast mir gefehlt«, flüsterte sie.

Ich drückte ihre Hand. »Du mir erst.«

Dafür erntete ich ihr patentiertes perfektes Lächeln. Meine Güte, Gott hatte es echt gut mit mir gemeint, als er mir meine kleine Schwester schenkte. Eine bessere als Maddy hätte ich mir auch nicht aussuchen können.

»Also, auf zur Rehaklinik?«, fragte Gin, und der Moment war ruiniert.

»Ja, ich muss zu Pops.«

****

Die Rehaklinik lag hoch oben auf einem Berg mit Blick auf einen langen Streifen Wüste. Es war merkwürdig. Als hätte man sie dorthin gebaut, um die Kranken und Reha-Patienten möglichst weit vom eigentlichen Las Vegas fernzuhalten, damit sie das schillernde und glamouröse Bild des Strips nicht verdarben.

Unwillkürlich wurde ich langsamer, als wir durch die Flure liefen. Die Wände waren hellgelb gestrichen und mit ein paar Wüstenmosaiken dekoriert. Wir steuerten auf das Ende des Korridors zu.

Maddy blieb vor einer geöffneten Tür stehen. »Er ist hier drin. Möchtest du allein reingehen?«

»Wenn’s dir nichts ausmacht?« Sie lächelte. Meine Schwester war eine alte Seele. Sie hatte schon immer das Talent gehabt, sich in andere einzufühlen. Im Gegensatz zu mir, das stand mal fest. Wer weiß, wenn ich etwas mehr von ihrer Persönlichkeit hätte und ihre freundlichen Augen, wäre ich vielleicht auch in der Lage gewesen, mich von Männern fernzuhalten, die mir nicht guttaten. Deshalb war sie wahrscheinlich auch noch Jungfrau. Sie erkannte die Mistkerle schon von weitem.

»Na los, Gin, wir gehen in die Cafeteria und schauen, ob Mrs Hathaway wieder ihre berühmten Kekse gebacken hat.«

Ginelles Augen leuchteten, als hätte man ihr gerade einen glitzernden Diamanten geschenkt. »Dann komm.« Sie hakte sich bei Maddy unter, und die beiden machten sich auf die Suche nach Süßigkeiten.

Ich atmete tief ein und ballte meine zitternden Hände zu Fäusten.

Ich schaffe das schon. Es ist Dad. Pops.

Mit langsamen Schritten betrat ich das Zimmer, tastete mich um den zugezogenen Vorhang herum, der für Privatsphäre sorgen sollte, und fand dahinter meinen Dad. Es schien, als würde er schlafen, aber ich wusste es besser. Durch den Tränenschleier konnte ich kaum etwas erkennen, als ich mich auf den Stuhl neben seinem Bett setzte.

Seine Hand lag neben seinem Körper. Ich griff sie mit beiden Händen, beugte mich nach vorne und küsste sie. »Pops …«, sagte ich, aber ich hörte meine eigene Stimme kaum. Ich räusperte mich und versuchte es noch einmal. »Dad, ich bin’s, Mia. Ich bin hier«, flüsterte ich. Ich drückte seine Hand an meine Brust und näherte mich ihm so weit wie möglich. Er sah tausendmal besser aus als noch vor zwei Monaten, als ich ihn gefunden hatte, nachdem Blaine und seine Schläger ihn in die Mangel genommen hatten. Die Blutergüsse in seinem Gesicht waren verschwunden. Ein paar bleistiftdünne rosa Linien zogen sich über seine Schläfe und Wange. Vielleicht würden sie für immer dortbleiben, vielleicht auch nicht. Das würde die Zeit zeigen.

Der Rest machte einen guten Eindruck. Er hatte stark abgenommen. So viel, dass er gar nicht mehr wie mein dicker, kuscheliger Pops aussah, sondern wie eine leblose Hülle, in der einmal ein großartiger Mann gesteckt hatte. Zumindest war er das, bevor Mom ihn verlassen hatte. Ich versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken, aber die Tränen liefen mir trotzdem übers Gesicht.

»Wieso musstest du dich nur auf Blaine einlassen? Wieso?« Ich rieb mein Kinn an seiner Hand, legte mein Gesicht auf seine Brust und ließ alles raus. Meinen Ärger darüber, dass er verletzt war, dass er sich so viel Geld geliehen hatte, gespielt hatte, ein Säufer war und mich am Ende alles in Ordnung bringen ließ. Mal wieder. Wie immer.

»Dad, diesmal hast du es wirklich geschafft. Was ich für dich tue …« Ich verstummte. Ich wollte nicht zugeben, dass ich ein Escort-Girl war. Egal, ob ich mit den Kunden schlief oder nicht, es hörte sich einfach nicht gut an. Schon das Wort Escort hatte einen üblen Beigeschmack.

»Ich tue, was ich kann. Um Maddy zu beschützen. Damit sie auf dem College bleibt. Sie macht das prima. Hat sogar einen Jungen kennengelernt … Vielleicht solltest du aufwachen, damit du ihm die Hölle heißmachen kannst.« Ich starrte ihn an und hoffte, betete, dass er die Augen öffnen würde. Aber nichts geschah.

Ich nahm ein Taschentuch von seinem Nachttisch und putzte mir die Nase. »In den letzten Monaten habe ich ein paar unglaublich tolle Leute kennengelernt. Zuerst dachte ich, es würde ein Alptraum werden, für Tante Millie zu arbeiten. Aber weißt du was, eigentlich ist es gar nicht so schlecht. Mein erster Kunde hieß Weston Channing der Dritte. Genau, der Dritte. Ich hab mich deswegen ständig über ihn lustig gemacht.« Ich lachte und erinnerte mich an Wes und unsere erste Begegnung. Wie ich ihn am ersten Tag die Treppe am Strand hatte hinaufkommen sehen und gleich gewusst hatte, dass er mich um den Finger wickeln würde.

»Wes hat mir gezeigt, wie man surft. Und er hat mir gezeigt, dass nicht alle Männer gleich sind.« Ich kicherte, lehnte mich zurück und legte die Füße auf den Rand von Dads Bett. Dann erzählte ich ihm von meinen beiden Lieblingsmännern. Dass Wes Filme machte und eine tolle Familie hatte. Ich versprach ihm, mit ihm in einen von Wes’ Filmen zu gehen und ihm einen großen Eimer Popcorn zu kaufen, wenn er aufwachte.

»Dann war da noch Alec. Er war Franzose, Pops. Ein richtiger, waschechter Franzose. Hat mich ma jolie genannt. Das heißt ›meine Hübsche‹ auf Französisch. Ich muss schon zugeben, das hat mir gefallen.«

Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, legte den Kopf zurück und starrte an die Decke. An der Decke über Dads Kopf waren Strandbilder zu sehen. Das fand ich schön. Gut zu wissen, dass er als Erstes einen Strand sehen würde, wenn er die Augen aufmachte, und keine leere weiße Fläche.

»Alec hat mich sogar gemalt, Dad. Ein paar der Bilder würden dir wahrscheinlich nicht so zusagen, weil ich nichts anhatte, aber er hat das nicht ausgenutzt. Also nicht richtig. Wir hatten Spaß zusammen, und er mochte mich. Aber es war anders als die Beziehungen, die ich vorher hatte, und auch anders als die echten und intensiven Gefühle, die ich immer noch für Wes empfinde. Ich würde es mit meiner Liebe zu Ginelle vergleichen, nur in der Jungsversion mit etwas mehr Körperkontakt.« Viel mehr Körperkontakt, wenn ich ehrlich sein sollte. Ich grinste und sah rüber zu Dad. Fehlanzeige. Seine Augen waren immer noch geschlossen.

»Von Alec hab ich gelernt, dass es okay ist, außer dir, Mads und Gin auch noch andere Menschen zu lieben. Jemand kann einem wichtig sein, man kann ihn sogar lieben, aber muss trotzdem nicht für immer mit ihm zusammen sein. Das war schön. Die Zeit mit Alec hat mir geholfen, mir über einiges klarzuwerden, was mich angeht. Es ist schade, ich werde die beiden wohl nicht wiedersehen. Obwohl, Wes vielleicht schon. Ich weiß immer noch nicht, wie ich zu ihm stehe, Pops.« Ich sah meinen Dad an, sein Gesicht wirkte so ruhig und friedlich. Mir wurde klar, dass dies der Moment war, in dem ich zugeben konnte, was mich schon seit über einem Monat belastete. Ich konnte die Gedanken, die durch mein Unterbewusstsein spukten, endlich in Worte fassen.

Ich schaute zur Tür, aber niemand war zu sehen. Weit und breit keine neugierigen Ohren. Ich legte los. »Dad.« Meine Stimme zitterte. Ich leckte mir über die Lippen und seufzte. »Ich könnte mich in Wes verlieben, Dad. Und zwar richtig. Und weißt du was?«, fragte ich ihn, obwohl er ja nicht antworten konnte. »Das macht mir verdammt Angst. Meine Beziehungsbilanz ist Müll. Totaler Mist. Vom Herzen her will ich es wirklich wagen, aber ich kann all die Versager, die ich schon hatte, einfach nicht vergessen. Außerdem muss ich auch noch zehn Monate abarbeiten, bis die Schulden bei Blaine bezahlt sind.« Ich schnaubte. »Natürlich hat Wes angeboten, dafür aufzukommen. Und er hat mich gebeten, zu bleiben. Aber das bin ich nicht. Ich hab ihn in Malibu verlassen.«

Ich schloss die Augen und lehnte mich auf dem Stuhl zurück. Dann legte ich mir die Hand aufs Herz. Es tat weh. Es schmerzte, weil das Versprechen auf mehr mit Wes verloren war, weil ich es nicht annehmen konnte. Obwohl ich gewollt hatte. Mehr als alles andere. Ich war kein Mädchen, das große Träume hatte, in denen das Leben aus Geld, Autos und ewiger Jugend bestand. Nein, ich war in Armut aufgewachsen, hatte hart gearbeitet, mich um meine Schwester gekümmert und meinem Dad geholfen zu überleben. Wes’ Leben hatte nicht einmal ansatzweise Ähnlichkeit mit meinem. Darin lag sicher auch der Reiz. Bei Wes und mir stimmte einfach das Timing nicht. Deshalb war es auch so leicht gewesen, sich Alec hinzugeben. Bis das Schicksal sein Recht fordert, kann man ja auch das Leben genießen und seine Erfahrungen sammeln.

»Ich wünschte, du würdest aufwachen.« Ich hielt seine Hand und küsste sie noch einmal. »Schnell, Dad. Bitte wach auf. Wir brauchen dich. Maddy braucht dich. Ich brauch dich.«

Ein paar Minuten später kehrten meine Schwester und Ginelle zurück. Ich hörte zu, wie Maddy an Dads Bett vom College erzählte und den Teil mit dem Typen absichtlich ausließ. Aber ich würde sie später noch löchern. Gin erzählte ein paar Witze, die sie letztens aufgeschnappt hatte, und die ganze Zeit waren drei ängstliche Augenpaare auf meinen Dad gerichtet und warteten auf irgendein Zeichen, dass er noch da drin war. Dass er noch unter uns war.

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