Can't resist a Rockstar - Tina Keller - E-Book
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Can't resist a Rockstar E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Amanda Carrington ist die taffe Hotelmanagerin des Golden Diamonds in Los Angeles - biestig, furchteinflößend, spaßbefreit. Alle Angestellten zittern vor ihr, und niemand traut sich, ihr die Wahrheit zu sagen - aus lauter Angst, gefeuert zu werden. Niemand außer Mick Dragon, exzentrischer Rock-Gitarrist und für einige Wochen Gast im Golden Diamonds. Ihm macht es ungeheuren Spaß, "Manic Mandy" zu kompromittieren und in Verlegenheit zu bringen. Zu ihrem Ärger fühlt sich Amanda auf unerklärliche Weise zu Mick hingezogen, obwohl diese "personifizierte Impertinenz" sie ansonsten auf die höchste Palme bringt. Auch Mick findet "die chronisch untervögelte Zicke" alles andere als erotisch, und doch kommen sich die beiden näher als geplant. Einem Rockstar kann man schließlich nicht widerstehen - oder doch?

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Lilly

Kapitel 2 - Amanda

Kapitel 3 - Lilly

Kapitel 4 - Amanda

Kapitel 5 - Mick

Kapitel 6 -Tom

Kapitel 7 - Mick

Kapitel 8- Lilly

Kapitel 9 - Amanda

Kapitel 10 - Amanda

Kapitel 11 - Tom

Kapitel 12 - Amanda

Kapitel 13 - Amanda

Kapitel 14 - Mick

Kapitel 15 - Amanda

Kapitel 16 - Mick

Kapitel 17 - Amanda

Kapitel 18 - Amanda

Kapitel 19 - Amanda

Kapitel 20 - Mick

Kapitel 21 - Lilly

Kapitel 22 - Tom

Kapitel 23 - Amanda

Kapitel 24 - Mick

Kapitel 25 - Amanda

Kapitel 26 - Mick

Impressum

Kapitel 1 - Lilly

„Lilly, du musst mir ganz schnell etwas besorgen.“

Amanda, meine Chefin, drückt mir einen Zettel in die Hand. Wie immer sind ihre Anweisungen kurz und bündig, und ein „Bitte“ oder „Danke“ kommt darin grundsätzlich nicht vor.

Reflexartig springe ich von meinem Schreibtischstuhl auf. Eigentlich wurde bei meiner Einstellung festgelegt, dass ich von 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr eine Frühstückspause machen kann, aber Amanda erteilt mir besonders gern zu genau diesen Zeiten ultrawichtige Aufgaben, die ich unbedingt sofort erledigen muss. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das Zufall ist.

Amanda kann es einfach nicht ertragen, wenn ich auch nur zwei Minuten faul herumsitze, denn sie arbeitet schließlich den ganzen Tag. Dabei vergisst sie natürlich, dass sie als Hotelmanagerin ein Vielfaches meines Gehalts kassiert und in ihrer Position Überstunden normal sind. Sie erwartet diesen Einsatz selbstverständlich auch von mir, und ich Idiot mache das auch noch mit.

Missbilligend begutachtet sie mein angebissenes Brötchen, und sofort habe ich den Impuls, mich dafür zu entschuldigen, dass ich ab und zu Nahrung zu mir nehme. Frühstücken könnte ich ja auch um sechs Uhr morgens zu Hause oder unterwegs, wenn ich mal wieder etwas für sie besorge.

Streng genommen gehören diese privaten Erledigungen überhaupt nicht zu meinen Aufgaben, aber natürlich traue ich mich nicht, dagegen etwas zu sagen. Schließlich ist Amanda meine Vorgesetzte.

„Es ist eine spezielle Tinktur. Du bekommst sie nur in dem Geschäft, das ich dir aufgeschrieben habe.“ Amanda sieht mich an, als solle ich den Zaubertrank des Jahrhunderts holen.

Das ist auch so typisch: Meistens weiß ich gar nicht, was genau ich da eigentlich besorge. Außerdem frage ich mich, ob man die Sachen nicht auch verschicken kann oder ob Amanda mich einfach nur gern herumscheucht.

Und braucht sie diese ominöse Tinktur ausgerechnet jetzt? Auf meinem Schreibtisch türmt sich die Arbeit, und ich habe eigentlich keine Zeit, als Botenjunge zu fungieren.

Amandas Augenbrauen wackeln ungeduldig; ein ernstes Zeichen und eine unmissverständliche Aufforderung an mich, jetzt endlich loszubrettern.

„Hier ist das Geld.“ Amanda drückt mir drei Hundert-Dollar-Scheine in die Hand. „Quittung nicht vergessen. 75 Cent bekomme ich zurück.“

Ja, mir ist schon klar, dass ich die 75 Cent bei ihr abliefern muss. Wer dreihundert Dollar für eine seltsame Tinktur ausgibt, hat natürlich keine 75 Cent Trinkgeld mehr übrig. Wo kämen wir denn da hin!

Amanda bringt es fertig, Reisekostenabrechnungen erstellen zu lassen, um einen einzigen Dollar Parkgebühr zurückzubekommen. Der Aufwand ist riesig, und die Zeit, die ich mit dieser Abrechnung verbringe, kostet ja auch was. Aber alles muss seine Ordnung haben, und natürlich ist Amanda nicht geizig, sondern nur korrekt. Darauf legt sie großen Wert.

Ich stelle mein Telefon auf die Zentrale um und sage Sandy an der Rezeption Bescheid, dass ich mal wieder in geheimer Mission für meine Chefin unterwegs bin. Manchmal glaube ich wirklich, Amanda denkt sich diese Erledigungen nur aus, um mich zu schikanieren. Also, irgendwie hat sie ein sadistisches Gen, finde ich.

Amanda Carrington ist die Managerin des Fünf-Sterne-Hotels Golden Diamonds in Los Angeles. Eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass Amanda erst 32 Jahre alt ist, also nur vier Jahre älter als ich. Vor zwei Jahren suchte sie eine persönliche Assistentin, und da ich mir die Arbeit in einem Hotel spannend vorstellte, bewarb ich mich um den Posten.

Schon das Vorstellungsgespräch hätte mich hellhörig machen sollen, denn Amanda fragte spitz, ob es von großer Bedeutung für mich sei, pünktlich Feierabend zu machen. Meine Antwort, meine Freizeit sei mir schon wichtig, schien ihr nicht besonders zu gefallen. Warum sie dann von über dreihundert Bewerberinnen ausgerechnet mich auserwählt hat, weiß ich bis heute nicht. Wahrscheinlich, weil sie schon damals ahnte, dass ich mich sehr gut dazu eigne, mich drangsalieren zu lassen.

Trotzdem bin ich nicht unzufrieden mit meinem Job, denn meine Kollegen sind alle total nett, und meine Aufgaben sind auch sehr interessant. Außerdem lässt Amanda mich weitgehend selbständig arbeiten und mischt sich selten ein. Trotzdem könnte ich sie manchmal auf den Mond schießen. Wie zum Beispiel jetzt, wo sich mein Schreibtisch vor lauter unerledigter Arbeit biegt und ich ihr eine ominöse Tinktur besorgen soll.

Ob das ein Faltenextrakt ist oder eine geheime Mischung, die Amanda so unglaublich agil macht? Wenn ja, könnte sie mir ruhig einen Löffel davon abgeben. Neben ihr komme ich mir immer vor wie die reinste Schlaftablette.

Ich laufe die elf Stockwerke von meinem Büro bis zur Eingangshalle hinunter und mache einen kurzen Stopp bei Sandy an der Rezeption. Mit Sandy habe ich mich gleich am ersten Tag angefreundet, und wir verbringen oft unsere Mittagspause zusammen. Sandy ist so alt wie ich und arbeitet seit fünf Jahren hier im Hotel. Sie hat immer viele spannende Geschichten von den Gästen zu erzählen, denn sie ist nah dran am Ort des Geschehens.

„Na, musst du wieder mal für den Drachen einkaufen gehen?“, lacht sie mich an. „Was ist es denn diesmal?“

Wie immer sieht sie total schick aus in der schwarz-roten Hoteluniform, die jeder im Dienstleistungsbereich trägt. Sandy steht diese Kluft zu ihren langen, schwarzen Haaren und den knallrot geschminkten Lippen besonders gut, und überhaupt ist sie ein echter Hingucker.

Ich zucke mit den Schultern.

„Eine skurrile Tinktur, von der ich wirklich gern wüsste, was das eigentlich ist.“

Sandy grinst von einem Ohr zum anderen.

„Bestimmt ein Liebestrank, mit dem sie irgendwelche Männer ganz willenlos und zu Sexbestien macht.“

Wir fangen albern an zu kichern. Ich stelle mir gerade vor, wie sich Amanda auf einen Kerl stürzt, der vergeblich versucht zu fliehen und ihm die Klamotten vom Leib zerrt.

„Oder ein Energietrank“, vermute ich.

Normal ist es wirklich nicht, dass Amanda immer herumläuft, als hätte sie zehn Duracell Batterien im Rücken stecken. Sie sprüht nur so vor Energie und Tatendrang und hält es jedem vor, der nicht so aufgedreht ist wie sie.

„Du solltest ihr ein paar Valium in ihren Tee geben, damit sie ruhiger wird“, schlägt Sandy vor. „Gestern hat sie ein Mordsspektakel veranstaltet, weil sie unbedingt irgendwelche Zahlen haben wollte, die wir erst zusammentragen mussten. Sie hat die ganze Zeit hier gestanden und permanent mit ihren Krallen auf dem Tisch herum geklappert, das hat mich ganz nervös gemacht. Dadurch ging es natürlich so gar nicht schneller. Ich verstehe nicht, wie du es überhaupt mit ihr aushältst. Du hast wirklich ein sonniges Gemüt.“

„Vielleicht bin ich einfach nur phlegmatisch“, grinse ich. „Was steht denn heute bei dir an?“

Sandy verdreht die Augen.

„Mensch, Lilly, heute ist doch der Tag! Hast du es schon vergessen? Heute beziehen die Jungs von Running Wild die oberste Etage und bleiben vier Wochen lang.“

Ich reiße meine Augen auf. Das habe ich tatsächlich vergessen, obwohl Sandy und ich oft genug darüber gesprochen haben.

Running Wild ist die angesagteste Rockband, die es im Moment gibt. Bei uns wurden höchste Sicherheitsvorkehrungen getroffen, damit den Musikern auch bloß nichts passiert. Vor allem darf nicht an die Öffentlichkeit dringen, dass sie überhaupt hier wohnen.

Sandy sieht ganz aufgeregt aus, obwohl die Musiker natürlich nicht die ersten Prominenten sind, die das Hotel beherbergt. Hier gehen viele Stars und Sternchen ein und aus, aber Rockstars haben wir eher selten zu Gast.

„Ich habe echt nicht mehr daran gedacht“, gebe ich zu. „Wann genau kommen sie denn?“

Sandy zuckt mit den Schultern.

„Das stand wohl noch nicht so genau fest. Irgendwann im Laufe des Tages. Auf keinen Fall werde ich heute Pause machen, sonst verpasse ich sie womöglich noch. Ich muss sie unbedingt sehen.“

Verwundert blicke ich Sandy an, die hektische rote Flecken im Gesicht hat. So kenne ich sie gar nicht. Wir hatten schon Schauspieler und sogar Prinzen zu Gast, und da ist Sandy immer die Ruhe selbst geblieben.

„Glaubst du nicht, dass sie dir in den vier Wochen mehr als genug über den Weg laufen?“, erkundige ich mich.

Sandy schüttelt den Kopf.

„Die meiste Zeit sind sie im Tonstudio. Sie kommen aus allen möglichen Ecken angeflogen, um hier ein neues Album aufzunehmen. Ich glaube nicht, dass wir an der Rezeption sie oft zu sehen bekommen. Wenn überhaupt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie höchstpersönlich einchecken. Das wird irgendein Assistent für sie erledigen.“

„Sehr richtig. Die Musiker haben selbstverständlich ganze Heerscharen von Assistenten, die ihre persönlichen Dinge für sie erledigen.“

Wie aus dem Boden gewachsen steht Amanda plötzlich wie ein Racheengel hinter uns, und ich zucke schuldbewusst zusammen.

„Ich habe eigentlich auch eine Assistentin, die meine persönlichen Dinge für mich erledigen sollte, aber sie scheint es ganz offensichtlich vorzuziehen, hier an der Rezeption zu stehen und während ihrer Arbeitszeit einen privaten Plausch zu halten.“

Amandas Augen verengen sich zu Schlitzen.

Was macht sie eigentlich hier unten? Normalerweise thront sie den ganzen Tag hinter ihrem mondänen Schreibtisch mit atemberaubendem Blick über Los Angeles. An die Rezeption verirrt sie sich nur selten. Außer natürlich, wenn sie mich zurechtweisen will, weil ich mich mit einer Kollegin unterhalte.

„Es tut mir leid.“

Sofort schrumpfe ich auf die Größe einer Erbse zusammen.

„Es ist nur …. Ich dachte, heute ist ein besonderer Tag, weil die Musiker von Running Wild hier einziehen“, versuche ich mich zu rechtfertigen.

Das hätte ich besser nicht sagen sollen. Amanda sieht aus, als würde sie nur mit Mühe den Impuls unterdrücken, mich auf der Stelle zu erwürgen.

„Lilly, hier ziehen jeden Tag etliche Menschen ein und aus“, sagt sie in einem Tonfall, als spreche sie zu einem geistig minderbemittelten Menschen, was ich für sie sicher auch bin.

„Das hier ist ein Hotel, da ist das an der Tagesordnung. Es ist nichts Besonderes. Es ist auch nichts Außergewöhnliches, wenn es sich um Musiker handelt. Ich bitte euch dringend, von jedem Starkult Abstand zu nehmen. Das ist höchst unprofessionell. Ich kann euch versichern: Wenn eine von euch es wagt, einen der Musiker um ein Autogramm anzubetteln, fliegt diejenige raus. Und jetzt würde ich dich, Lilly, doch bitten, endlich deiner Arbeit nachzugehen. Die zehn Minuten, die du mit Sandy verplappert hast, hängst du selbstverständlich heute Abend dran.“

Ich starre Amanda an und spüre, wie es in mir brodelt, doch ich bleibe stumm wie ein Fisch.

Warum nur traue ich mich nicht, Amanda zu sagen, dass dies eigentlich meine Frühstückszeit ist und ich von diesen dreißig Minuten gerade mal zehn Minuten verbraucht habe? Wieso sage ich nicht, dass ich fast jeden Tag eine Stunde länger bleibe und deshalb heute Abend gar nichts an meine Arbeitszeit hängen muss?

Warum zum Teufel stehe ich da wie ein armer Sünder, senke den Kopf und betrachte mit schlechtem Gewissen meine Schuhspitzen? Ich bin wirklich ein elender Feigling.

Natürlich bin ich in der schwächeren Position, denn Amanda ist meine Chefin, aber dennoch müsste ich mir wirklich nicht alles gefallen lassen. Aber wenn sie mich so feindselig anschaut, bin ich wie erstarrt und kriege meinen Mund einfach nicht auf.

Ich habe Angst, dass sie noch unausstehlicher wird, wenn ich aufmüpfig werde und mich ihr widersetze. Schließlich sitzt sie am längeren Hebel und kann mir das Leben wirklich zur Hölle machen. Da gebe ich lieber klein bei und füge mich. Auch, wenn ich mich dabei alles andere als gut fühle, sondern eher wie ein elender Versager. Aber ich kann einfach nicht aus meiner Haut.

Ich stammele irgendetwas, drehe mich um und mache, dass ich aus dem Hotel komme. Irgendwie hat Amanda ja sogar recht. Sie hat mir einen Auftrag gegeben, und anstatt ihn sofort auszuführen, gehe ich erst noch bei Sandy an der Rezeption vorbei und quatsche mit ihr. Das war vielleicht wirklich keine so gute Idee.

Ich renne über die Straße und beeile mich, um zu dem Einkaufszentrum zu kommen, in dem das Geschäft sein soll. Es ist ein esoterisch anmutender, kleiner Laden mit vielen mystisch aussehenden Figuren und einer Unmenge von Lebensratgebern. Mein Blick bleibt an einem dieser Ratgeber mit dem Titel Trau dich! Das Leben ist zu kurz, um feige zu sein hängen. Vielleicht sollte ich mir so was mal zulegen?

Ich händige einer kleinen, zierlichen Frau in einem langen Gewand Amandas Zettel aus. Sie lächelt und verschwindet hinter einem Vorhang, um die Tinktur zusammenzumischen. Wieder denke ich darüber nach, was das für ein Zeug ist.

Natürlich würde ich mich nie trauen, die zierliche Frau genau das zu fragen. Vielleicht kennt sie Amanda persönlich und ruft sie sofort an, um ihr zu berichten, was für eine neugierige Untergebene sie beschäftigt. Und dann schmeißt mich Amanda bei der nächstbesten Gelegenheit raus.

Ich muss eine Weile warten, bis die Tinktur fertig ist, bezahle und verlasse den Laden. Als ich durch das Einkaufscenter laufe, fällt mein Blick plötzlich auf ein Kleid, das in einem Schaufenster auf der gegenüberliegenden Seite ausgestellt ist. Es ist genau mein Stil: Das Oberteil ist zum größten Teil aus schwarzem Netzstoff gearbeitet, der Rock schwingt luftig und ist unten mit Spitze verziert. Das Kleid ist einfach ein Traum. Ich kann nicht anders, ich muss es mir von nahem ansehen. Ich bin so aufgeregt, dass ich einfach loslaufe und weder nach links noch rechts schaue.

Und da passiert es: Ich pralle mit jemandem zusammen und lasse vor Schreck die Tüte mit dem kostbaren Inhalt fallen. Es gibt einen lauten Knall, und die dreihundert Dollar teure Flüssigkeit verteilt sich auf dem marmorierten Fußboden. Voller Entsetzen starre ich auf das Malheur.

Nein. Bitte nicht. Das kann auch wirklich nur mir passieren.

Lieber Gott, bitte mach, dass die Flüssigkeit auf wundersamem Weg wieder in die Flasche zurückfließt, die plötzlich auch wieder intakt ist. Ich kann doch nicht dreihundert Dollar von meinem eigenen Geld zubuttern!

Mir schießen Tränen in die Augen. Heute ist wirklich nicht mein Glückstag. Nein, heute ist ein ausgesprochener Pechtag für mich.

Dann erst nehme ich wahr, mit wem ich zusammengestoßen bin. Mich blicken die irrsten grünen Augen an, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Wow, da ist mein großer Schwarm Robbie Williams ja nichts dagegen. Plötzlich denke ich nicht mehr an diese dämliche Flasche und an das Geld, sondern verliere mich nur noch in diesen wahnsinnigen Augen. Ich bringe kein Wort heraus und bin wie paralysiert.

„Sorry, das tut mir jetzt aber echt leid.“

Der Typ hat nicht nur die absolut schönsten Augen des Universums, sondern auch noch eine total samtene und erotische Stimme, die mir durch und durch geht. Bedauernd schaut er mich an. Ich kann immer noch nicht sprechen. Dieser Mann ist so schön, dass er mich total umhaut. Er hat nicht nur diese Wahnsinnsaugen, sondern auch der Rest ist …. geradezu perfekt.

Und überhaupt: Wieso tut es ihm leid? Ich bin doch der Vollidiot gewesen, der ihn über den Haufen gerannt hat. Er müsste stocksauer auf mich sein. Warum lächelt er mich dann so süß an, als sei er soeben Miss Universum begegnet? Das bin ich ganz sicher nicht.

„Ich hoffe, in der Flasche war nichts Besonderes? Irgendein Dschinn, der jetzt für immer auf und davon geflogen ist?“

„Nein, in der Flasche war kein Gin“, flüstere ich benommen.

Robbie lacht schallend.

„Ich meinte diesen Flaschengeist wie in ‚Bezaubernde Jeanie‘. Die nennt man Dschinn. Sorry, sollte nur ein Scherz sein. Aber egal, was es war, ich ersetze es dir natürlich.“

Diese Stimme lullt mich total ein. Benommen starre ich Robbies Bruder an. Was für ein Flaschengeist? Hat der Typ Drogen genommen?

„Das … geht nicht“, stammele ich. „Ich meine, es ist viel zu teuer.“

Der Typ mit den schönsten Augen der Welt lächelt und ich stelle fest, dass er absolut perfekte Zähne hat. Klar, was auch sonst? An ihm scheint einfach alles perfekt zu sein.

„Das ist sicher relativ. Was genau meinst du mit ‚viel zu teuer‘? Ich meine, so als Zahl?“

„Dreihundert Dollar“, flüstere ich, während mir schwindlig wird. Das wird ihn jetzt umhauen, und er wird sofort von seinem großzügigen Angebot Abstand nehmen.

Robbie zuckt nicht mal mit den geschwungenen, dichten Wimpern.

„Okay, kein Problem. Zahle ich. Was war es denn überhaupt?“

„Ich habe keine Ahnung.“

Robbie hebt amüsiert seine Augenbraue, die nebenbei bemerkt natürlich auch vollkommen ist.

„Du weißt nicht, was du gerade für dreihundert Dollar gekauft hast?“

„Nein.“ Ich kann einfach nicht meine Augen von ihm abwenden.

„Ich meine … es war für meine Chefin. Sie hat mich losgeschickt und mir nicht gesagt, was es eigentlich ist.“

Robbie lacht wieder schallend, und ich schmelze total dahin. Wenn er lacht, sieht er noch besser aus. Okay, das gilt sicher für jeden Menschen, aber er sieht einfach umwerfend aus, absolut anbetungswürdig.

„Bekommst du öfter so abstruse Aufträge von deiner Chefin? Und da fragst du nicht mal nach?“

Jetzt schäme ich mich plötzlich und komme mir vor wie eine Dreijährige. Stumm schüttele ich den Kopf.

„Also los, wir betreiben Schadensbegrenzung, okay?“ Er knipst mir ein Auge. „Wir gehen jetzt zusammen los und kaufen das geheimnisvolle Zeug noch mal. Und natürlich werden wir herausfinden, was es überhaupt ist. Ach so, ich heiße übrigens Tom. Und du?“

„Lilly. Also, eigentlich Lillian“, stelle ich mich vor und ergreife seine Hand, die er mir entgegenstreckt. Im selben Augenblick habe ich das Gefühl, als hätte ich in eine Steckdose gefasst, so sehr kribbelt und brennt meine Hand plötzlich. Du lieber Himmel, ist der Typ elektrisch aufgeladen?

Auch Tom starrt zuerst seine Hand und dann mich an.

„Hey, Miss Hunderttausend Volt“, lacht er. „Du kannst ja die ganze Stadt mit Strom versorgen.“

Was war das denn? So etwas habe ich noch nie erlebt.

„Es tut mir wirklich leid, und du musst nicht für den Schaden aufkommen, denn es war eindeutig meine Schuld. Ich habe das Kleid da drüben gesehen und war so geflashed, dass ich unbedingt sofort rüberlaufen musste.“

Um Himmels willen, warum erzähle ich ihm das alles? Das wird ihn genauso viel interessieren, als wenn in China ein Sack Reis platzt, nämlich gar nicht. Ich bin wirklich total bescheuert.

Doch Robbie-Tom lächelt liebenswürdig und fragt doch tatsächlich, um welches Kleid es sich handelt. Ich zeige es ihm und er lässt den Blick von mir zu dem Kleid hin und her wandern.

„Hey, das würde dir sicher gut stehen. Willst du es anprobieren?“

„Auf keinen Fall“, wehre ich erschrocken ab. „Dann komme ich ja noch später. Amanda wird mir jetzt schon den Kopf abreißen.“

Tom runzelt die Stirn. „Warum hast du eigentlich solche Angst vor ihr? Ist sie so ein Drachen?“

Genauso nennt Sandy sie auch immer.

„Ja, irgendwie schon“, seufze ich. „Sie ist sehr resolut und bestimmend. Aber sonst wäre sie sicher nicht mit 32 Direktorin des Golden Diamonds.“

Erschrocken lege ich meine Hand auf den Mund. Um Himmels willen! Was, wenn Tom jetzt schnurstracks zu Amanda rennt und ihr sagt, wie schlecht ich über sie gesprochen habe?

Ja, ich weiß, dass ich ein ängstliches Wesen bin, das stört mich schon, seit ich denken kann. Und ich wünschte, ich könnte es ändern, aber ich kann es einfach nicht.

„Du arbeitest im Golden Diamonds?“ Überrascht sieht Tom mich an.

Ich nicke. „Ja, wieso? Kennst du es?“

Tom lacht wieder. „Das ist echt ein Zufall. Wir ziehen da heute für vier Wochen ein.“

Ich erstarre augenblicklich zur Salzsäule. Nein. Oh mein Gott! Mein Albtraum wird wahr. Tom wird zu Amanda gehen und ihr sagen, dass ich sie als Drachen betitelt habe. Und sie wird mich feuern, auf der Stelle. Warum habe ich nicht meinen dummen, vorlauten Mund gehalten? Ängstlich wie sonstwas, aber trotzdem vorlaut und unüberlegt, eine echt blöde Kombination.

„Äh … du gehörst zu Running Wild?“, piepse ich verschreckt. „Bist du der Sänger?“

Tom lacht wieder.

„Gott bewahre, nein. Ich bin der Produzent und spiele mit ihnen das neue Album ein.“

„Aber … du siehst viel zu gut aus für einen Produzenten. Du siehst aus wie Robbie Williams.“

Im selben Moment werde ich knallrot. Warum muss ich immer losplappern, ohne vorher nachzudenken? Warum? Warum kann ich nicht ein einziges Mal meine vorlaute Klappe halten? Am liebsten würde ich auf der Stelle im Boden versinken.

Tom amüsiert sich offenbar prächtig.

„Oh, vielen Dank für das Kompliment. Ich werde mich sofort um einen Posten als Robbie Double bewerben. Ja, ich weiß, dass ich ihm ähnlich sehe, aber es gibt Schlimmeres.“

Das finde ich auch.

Kapitel 2 - Amanda

Es ist acht Uhr morgens, und ich sitze seit zwei Stunden an meinem Schreibtisch. Das ist die einzige Zeit des Tages, in der ich ruhig und konzentriert arbeiten kann, bevor das übliche Chaos über mich hineinbricht.

Mir macht mein Beruf großen Spaß, obwohl er stressig und anstrengend ist und mir nicht viel Zeit für andere Dinge lässt. Wenn man erfolgreich sein will, muss man eben Opfer bringen. Und ich will erfolgreich sein, keine Frage.

Ich höre die Tür klappen, und im nächsten Moment steckt Lilly ihren Kopf in mein Büro, um mich zu begrüßen. Lilly ist 28 und meine Assistentin. Ich wollte eigentlich einen Assistenten einstellen, weil es vorher mit den Sekretärinnen überhaupt nicht funktioniert hat. Sie haben sich sehr schwer damit getan, Anweisungen von mir entgegenzunehmen und waren extrem zickig. Ich hatte den Eindruck, sie wollten sich von einer Frau einfach nichts sagen lassen, und das war sehr mühsam. Aber dann habe ich es doch noch mal mit einer Frau versucht, weil Lilly im Vorstellungsgespräch so gar nicht zickig rüberkam.

Dieser Eindruck hat sich zum Glück bestätigt, aber nach meinen negativen Erfahrungen bin ich lieber streng zu ihr, bevor sie genauso aufmüpfig wird wie ihre Vorgängerinnen. Das kann ich einfach nicht gebrauchen, denn es kostet viel Kraft.

„Darf ich dir einen Kaffee bringen?“, erkundigt sie sich.

„Nein, danke“, winke ich ab. „Aber ich bräuchte die Zahlen vom letzten Jahr bezüglich der Auslastung und die Prognose für dieses Jahr. Hast du den Brief an Kenneth abgeschickt? Wo ist der Vertrag für Madison Limited? Denkst du daran, Julian heute anzurufen? Ist der Termin mit Mike fix?“

Lilly wird etwas blass um die Nase. Sie sieht nicht besonders ausgeschlafen aus, und meine Anweisungen sind für sie offenbar am frühen Morgen etwas zu viel. Dafür habe ich allerdings kein Verständnis. Sie bekommt ein gutes Gehalt, und dafür erwarte ich, dass sie acht Stunden am Tag einsetzbar ist. Und zwar ab Punkt acht Uhr früh und nicht erst nach zwei Tassen Kaffee.

Nachdem sie mir meine Fragen beantwortet hat und dabei endlich wach geworden ist, setze ich mich an meine haarsträubende Kalkulation über die Ausgaben des Hotels, die mich den letzten Nerv kosten wird. Mir fehlen noch etliche Zahlen, und die einzelnen Abteilungen kommen damit einfach nicht rüber. Ich trage Lilly auf, sie noch einmal zu erinnern. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, ich bin von lauter Schnarchnasen umringt. Was machen sie eigentlich den ganzen Tag lang?

Mittags habe ich mich mit Warren aus der Buchhaltung zum Essen verabredet. Ich brauche noch ein paar Zahlen von ihm, und da kann ich gleich das Nützliche mit dem Nützlichen verbinden. Nein, ich habe mich nicht versprochen. Es gibt nichts Angenehmes dabei, aber ich muss essen und ich brauche die Zahlen, also schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe.

„Amanda, ich habe die Zahlen dabei“, verkündet Warren leicht verlegen, obwohl das nun wirklich kein Grund ist, verlegen zu sein. Da gäbe es einiges andere bei ihm, aber lassen wir das.

„Danke“, sage ich knapp und nehme die dünne Mappe entgegen.

Kaum sitzen wir, kommt auch schon eine Kellnerin angerannt und händigt uns die Menükarten aus. Jeder hier weiß, dass ich es hasse zu warten, und sei es auch nur eine Minute. Daran halten sie sich alle. Meine Zeit ist schließlich kostbar, und das weiß man.

„Ich nehme den Fisch mit Salat“, bestelle ich, ohne die Karte zu öffnen, denn natürlich kenne ich das Angebot.

„Keine Vorspeise, kein Dessert. Kein Wein, nur Wasser, und zwar medium. Und das alles bitte möglichst schnell.“

„Ich nehme dasselbe“, beeilt sich Warren zu versichern, denn er weiß, wie sehr es mich nervt, wenn ich auf mein eigenes Essen warten muss, nur weil mein Tischpartner sich stundenlang nicht entscheiden kann. Das hat Warren nur beim ersten Mal getan, und danach wusste er, was die Glocke geschlagen hat. Wenn er schon auf meine Kosten mit mir isst, dann soll er das schnell tun. Ich beeile mich schließlich auch.

„Amanda, wir kennen uns jetzt schon einige Jahre.“ Warren sieht mich hinter seiner Aschenbecher-großen Brille aus unnatürlich großen Augen an. Klar, das macht die Brille. Es sieht ein bisschen unheimlich aus.

Ich falte meine Serviette auseinander, ohne zu nicken. Warum auch? Das ist ein Fakt, den ich nicht bestätigen muss. Es scheint Warren zu verunsichern, dass von mir keine Reaktion kommt, aber er spricht tapfer weiter.

„In all diesen Jahren haben wir gut zusammengearbeitet“, fährt er fort und beginnt zu schwitzen. „Ein paarmal waren wir auch zusammen essen. Ich … äh … habe mich nun gefragt, ob … Also, ich wollte dich etwas fragen.“

Ich seufze lautlos auf. Warum diese lange Einleitung? Warum fragt er mich nicht einfach das, was er fragen will? Ich hasse Leute, die nie zum Punkt kommen.

Warren holt tief Luft, während ich die meterhohen Fenster begutachte. Die könnten auch mal wieder geputzt werden. Nicht, dass sie dreckig wären, aber sie sehen an einigen Stellen etwas milchig aus. Sieht das denn niemand? Haben hier alle Tomaten auf den Augen? Wofür bezahle ich den Verein eigentlich?

„Vielleicht könnten wir mal zusammen ausgehen? Ich meine, abends? Zuerst ins Theater, danach essen – oder natürlich in umgekehrter Reihenfolge, ganz wie es dir beliebt.“

Ich starre Warren an. Er ist nicht größer als ich, etwas dicklich, hat fast eine Glatze, diese schreckliche Hornbrille auf der Knubbelnase, und er ist weder amüsant noch wohlhabend.

Warum um alles in der Welt sollte ich mit ihm ausgehen?

Bevor ich etwas erwidern kann, grölt eine laute Stimme hinter mir:

„Na, das ist doch ein verlockendes Angebot. Ich bin sicher, er vögelt dir als Nachtisch das Hirn raus.“

Während Warren die Farbe einer überreifen Tomate annimmt, drehe ich mich um. Dabei merke ich, dass die Kellnerin, die gerade zu uns eilen wollte, wie erstarrt stehenbleibt. Ihr Tablett schwankt gefährlich, und sie hat ihre Augen weit aufgerissen.

Hinter mir sitzt ein männliches Individuum. Irgendein Asozialer mit lächerlich auftoupierten, dunklen Haaren in enger Lederhose und mit blanker Brust. Er trägt zwar einen bunten Fetzen, aber der ist bis zum Bauchnabel aufgeknöpft. Wie kommt denn so ein Kretin in unser Restaurant?

Würdevoll stehe ich auf, gehe auf diesen Gnom zu und sehe ihm tief in die Augen, die übrigens geschminkt sind. Als Mann! Offenbar habe ich eine Transe vor mir.

„Wenn Sie sich nicht benehmen können, Mister, müssen Sie leider unser Restaurant verlassen. Im Übrigen darf ich Sie bitten, Ihre Brust zu bedecken. Aus Rücksicht auf unsere anderen Gäste dulden wir keine halbnackten Gäste in unserem Hotel.“

Der Transvestit grinst unverschämt.

„Okay, ich habe gelogen. Der biedere Buchhalter vögelt dir ganz sicher nicht das Hirn raus. Das schafft der gar nicht. Und was hast du gegen meine Brust? Findest du die nicht höllisch sexy?

„Sie können mit Ihrer Brust gerne am Pool oder am Strand angeben, aber nicht hier im Restaurant“, sage ich scharf. „Entweder Sie knöpfen sich jetzt auf der Stelle das Hemd zu – oder Sie fliegen hier hochkantig raus.“

„Okay, okay.“

Tatsächlich knöpft sich der Typ jetzt das Hemd zu und grinst immer noch.

„Wer bist du denn?“, erkundigt er sich. „Der Feldmarschall? Werde ich erschossen, wenn ich mich nicht züchtig anziehe?“

Er findet sich wohl sehr witzig. Natürlich gebe ich ihm keine Antwort, sondern setze mich wieder auf meinen Platz.

Warren ist immer noch tiefrot und kann mir kaum in die Augen blicken. Er ist auch sonst völlig ohne Grund verlegen, aber diesmal hat er tatsächlich einen Grund.

„Lass den Verrückten doch reden“, winke ich ab. „Ich weiß sowieso nicht, was der hier verloren hat. Hoffentlich frisst er sich nicht voll und kann am Schluss das Essen gar nicht bezahlen.“

„Ich wollte dich … wirklich nur zum Essen ausführen“, stottert Warren. „Selbstverständlich habe ich keinerlei Hintergedanken, Amanda.“

Das will ich doch hoffen. Wenn ich Sex will, gönne ich mir hin und wieder einen Callboy, zu mehr habe ich keine Zeit. Heute soll es mal wieder so weit sein, darum die Tinktur, denn damit ist es noch sehr viel besser.

Die Jungs sind durchtrainiert und eine wahre Augenweide, was man von Warren nun weiß Gott nicht behaupten kann. Es ist geradezu skurril, mir vorzustellen, dass er auch nur im Traum daran denkt, mit mir ins Bett zu gehen. Ich spiele in einer ganz anderen Liga als er, das ist ihm hoffentlich klar.

„Das glaubst du doch selbst nicht“, kommt es wieder von hinten.

„Kein Mann lädt eine Frau zum Essen ein, ohne sie flachlegen zu wollen. Und wenn du das wirklich tust, dann bist du entweder asexuell, schwul oder total bescheuert.“

Jetzt reicht es mir aber.

Ich schiebe meinen Stuhl nach hinten, stehe auf und gehe erneut auf diesen Frechdachs zu.

„Sie verlassen auf der Stelle das Restaurant“, zische ich ihn an. „Ich bin Amanda Carrington, die Direktorin dieses Hotels, und ich dulde es nicht, dass so etwas wie Sie hier herumsitzt. Sie haben ab sofort auf Lebenszeit Hausverbot. Wie ist Ihr Name?“

Ich fasse es nicht. Dieser unverschämte Typ besitzt doch tatsächlich die Frechheit, sich in aller Seelenruhe eine Zigarette anzuzünden, obwohl im gesamten Hotel das Rauchen ausdrücklich verboten ist.

„Hier herrscht Rauchverbot!“, schnauze ich ihn an und nehme ihm den Glimmstängel einfach weg. Am liebsten würde ich die Kippe in seinem dämlich grinsenden Gesicht ausdrücken, aber dann muss sein Teller herhalten. Ich weiß gar nicht, warum, aber dieser Mensch macht mich total aggressiv.

„Jetzt krieg dich mal wieder ein, Manic Mandy“, sagt er süffisant grinsend. „Warum bist du denn so grantig? Lass mich raten: Du bist chronisch untervögelt. Du brauchst mal wieder einen Kerl, der es dir so richtig gut besorgt. Den biederen Typen da an deinem Tisch kannst du für diesen Job allerdings vergessen. Wenn du etwas freundlicher zu mir bist, können wir zwei darüber reden.“

Was bildet sich dieser Ausbund an Größenwahnsinn und Arroganz eigentlich ein? Fast bleibt mir die Spucke weg. Aber zum Glück nur fast. „Sie sagen mir jetzt Ihren Namen und dann verschwinden Sie auf Nimmerwiedersehen“, sage ich zitternd vor Wut. Es ist lange her, dass mich jemand dermaßen in Rage gebracht hat. „Ich bin Mick Jagger“, behauptet der schwarze Teufel und steht auf. Er ist ziemlich groß und verbringt seine Zeit offenbar komplett im Fitnessstudio, so durchtrainiert ist er. Sehr definierte Oberarme, gut ausgebildete Brust (wie ich eben erkennen konnte, als das Hemd noch offen war), breite Schultern …. Ach Gott, warum nehme ich das überhaupt zur Kenntnis? Es ist doch völlig egal, wie er aussieht. Er ist der unverschämteste Kerl, der mir je begegnet ist. „Nein, natürlich bin ich nicht Mick Jagger“, teilt er mir mit. Gut, dass er das sagt. Darauf wäre ich von selbst gar nicht gekommen. „Mein Name ist Mick Dragon. Wenn wir heiraten würden, hättest du den absolut passenden Nachnamen.“ Mir bleibt der Mund offenstehen vor lauter Empörung. Wie kann er es wagen, mich als Drachen zu bezeichnen! „Ich werde im Hotel bekanntgeben, dass Sie hier Hausverbot haben“, informiere ich ihn. „Bitte halten Sie sich in Ihrem eigenen Interesse vom Diamonds fern, Mr Dragon.“ Dieser ausgewachsene Hornochse grinst jetzt noch eine Spur frecher. „Das werde ich schwerlich können, Manic Mandy. Wir sind für die nächsten vier Wochen hier eingebucht. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass du mich dann und wann ertragen musst.“

„Sie sind … wer?“ Ich muss mich an der Tischkante festhalten, um nicht zu kollabieren.

Mick verzieht seinen Mund.

„Schon mal was von Running Wild gehört? Ich bin der Leadgitarrist.“

Jetzt falle ich wirklich gleich tot um. Diese Rockband hat sich mit einer Entourage von sechzig Leuten bei uns eingemietet, und wir verdienen ein Vermögen an ihnen. Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen, dass dieser zottelige Freak ein Rockmusiker sein muss? Ich wusste doch, dass diese wilden Kerle heute bei uns einziehen. Oh Mann, jetzt habe ich mich bis auf die Knochen blamiert. Es ist mir so peinlich, dass ich am liebsten im Boden versinken würde.

„Sie sind der Leadgitarrist von Running Wild?“, wiederhole ich. „Das kann jeder behaupten.“

Was ist bloß in mich gefahren? Nicht genug, dass ich ihn des Hotels verwiesen habe, jetzt zweifele ich auch noch seine Identität an. Und das alles nur, weil er mich bis aufs Blut reizt.

„Guck dir ein Video bei Youtube an“, rät mir Mick lässig und wendet sich zum Gehen. „Du wirst mich sicher wiedererkennen. War nett, dich kennengelernt zu haben. Einen schönen Tag noch.“

Er hebt die Hand zum Abschiedsgruß und verschwindet aus dem Restaurant. Ich bleibe wie erstarrt stehen.

„Ihr Essen, Miss Carrington.“ Unsicher stellt die Kellnerin einen Teller auf den Tisch. „Ich wünsche Ihnen guten Appetit.“

Aber der ist mir gründlich vergangen.

Plötzlich erinnere ich mich wieder an Warrens wenig verlockendes Angebot. Darauf muss ich ihm noch eine Antwort geben.

„Warren, ich würde unseren Kontakt lieber auf das Geschäftliche beschränken“, teile ich ihm mit.

Ich werde ihn nicht anlügen und sagen, dass ich wenig Zeit habe. Ich werde ihm auch nicht die Wahrheit sagen; nämlich, dass ich ihn total unattraktiv und langweilig finde. Ich sage einfach gar nichts weiter.

Warren wartet, doch für mich ist das Gespräch beendet.

„Ja, natürlich, Amanda“, stottert er und sieht mich unglücklich an.

„Bitte verzeih, wenn ich dir zu nahegetreten bin.“

Das ist er glücklicherweise ja noch nicht, und dazu wird es auch niemals kommen.

Ich nicke knapp und beschäftige mich wieder mit meinem Essen. Den Rest der Zeit schweigen wir. Warren schämt sich ganz offensichtlich für seine Offerte – zu Recht, wie ich finde – und ich denke zu meinem Ärger daran, dass dieser impertinente Rockmusiker verdammt gut durchtrainiert war. Vielleicht hat er sogar recht und ich brauche wirklich mal wieder einen Mann. Aber ganz bestimmt nicht Warren.

Nach dem Essen will ich der Rezeption einen Besuch abstatten, denn ich habe immer noch nicht die Infos von den Damen, die ich gestern schon haben wollte. Ich frage mich wirklich, wofür ich sie eigentlich bezahle. Vielleicht sollte ich sie austauschen.

Schon von weitem schallt mir ohrenbetäubendes Gegröle entgegen, und mir ist klar, wer gerade eingetroffen ist. Aber so geht das hier nicht – egal, wie viel Geld diese Rockband samt Begleitung uns einbringt. Wir haben schließlich auch noch andere Gäste, die es abschreckt, wenn die Musiker wie eine Horde Besoffener herumgrölen. Auch Rockstars müssen ein Mindestmaß an Benehmen aufbringen, wenn sie hier wohnen wollen. Und das werde ich ihnen jetzt mal beibringen.

Ich stolpere fast über die Koffer in merkwürdigen Größen, die überall herumstehen. Wahrscheinlich befinden sich darin die Instrumente. Um diese seltsamen Koffer laufen noch seltsamere Menschen herum. Sie tragen trotz sommerlicher Hitze schwarze Lederkleidung oder Hosen im Leopardenmuster. Oder sie laufen wie dieser Drachen-Mick oben ohne herum, was in einem Hotel unserer Klasse ein absolutes No Go ist.

„Einen wunderschönen guten Tag“, begrüße ich die tobende Menge und greife mir einen mit nackter Brust.

„Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es in unserem Hotel nicht gestattet ist, sich mit entblößter Brust in den für alle Gäste zugänglichen Räumen zu zeigen“, weise ich den Typen in der viel zu engen Hose zurecht, in der man deutlichst seine Genitalien erkennen kann. Schrecklich.

Er gafft mich an und fängt dann schallend an zu lachen.

„Was ist denn das für ein Vogel?“, schreit er und schlägt sich auf den Oberschenkel. „Arbeitest du hier als Anstandsdame? Mann oh Mann, da hast du in den nächsten Wochen aber eine Menge zu tun, Baby.“

„Ich bin Amanda Carrington, die Managerin des Golden Diamonds“, stelle ich mich reflexartig vor.

Der Typ stiert mir unverschämterweise auf meine Brüste und schnalzt mit der Zunge.

„Sind die Titten echt oder aus Silikon?“

Für einen Augenblick verschlägt es mir die Sprache, und das kommt wirklich nicht oft vor. Schlimmer noch. Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt. Ich werde rot! Das ist mir seit Jahren nicht passiert, und es ist mir ungeheuer peinlich. In meiner Position hat man sich im Griff und wird nicht verlegen, wenn ein ungehobelter Gast einem Obszönitäten an den Kopf wirft.

„Die scheinen echt zu sein“, schreit der nächste im Zebra Outfit.

„Wahnsinn! Echte Titten in L.A.! Darf ich die mal anfassen?“

Natürlich gebe ich darauf keine Antwort, sondern schreite hoheitsvoll an diesen Idioten vorbei und greife mir Sandy. Wozu habe ich Angestellte? Es ist schließlich nicht meine Aufgabe, diese Rüpel hier zurechtzuweisen. Das können andere übernehmen, die ich gut dafür bezahle.

„Sandy, sag bitte Duncan Bescheid, dass er hier mal Ordnung schafft“, weise ich sie an. „Diese Typen sollen nicht so einen Krach veranstalten, und sie sollen sich vernünftig anziehen. Duncan soll das dem Manager – oder wer auch immer dafür zuständig ist – nachdrücklich klarmachen. So ein Benehmen dulde ich nicht in meinem Hotel. Egal, was sie zahlen – wenn sie sich benehmen wie eine Horde Neandertaler, fliegen sie hier raus.“

Ja, ich kann das entscheiden. Ich bin nämlich nicht nur die Hotelmanagerin, sondern das Hotel gehört meinem Vater. Darum kann ich solche Entscheidungen treffen, ohne mich vor irgendjemandem rechtfertigen zu müssen. Mein Vater besitzt ein weiteres Hotel in New York und lässt mich hier in Los Angeles schalten und walten, wie ich will. Für ihn war sowieso immer alles richtig, was ich getan habe. Ich war seine kleine Prinzessin, die nie einen Fehler machte und geradezu vollkommen war.

Ich gebe zu, ich bin von meinen Eltern, insbesondere meinem Dad, sehr verwöhnt worden. Vielleicht war das nicht immer richtig, aber ich bin dadurch sehr selbstbewusst geworden und lasse mir nicht die Butter vom Brot nehmen.

Jedenfalls kann ich die ganze Truppe rauswerfen, und Daddy würde nie etwas dagegen sagen. Er hat finanziell längst ausgesorgt, und ich damit natürlich auch, denn irgendwann werde ich das alles ja erben. Wenn sie mir blöd kommen, fliegen sie, so einfach ist das. Ich muss mir von den Idioten nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Und ob sie sofort ein adäquates Hotel finden werden, das von heute auf morgen 60 Neandertaler aufnimmt, sei mal dahingestellt. Also werden sie sich von nun an benehmen müssen, sonst werden sie mich noch kennenlernen!

Kapitel 3 - Lilly

Ich befinde mich komplett in Trance, als ich mit Tom an meiner Seite zu diesem Laden zurückgehe. Was heißt „gehen“ - ich schwebe förmlich. Es ist, als sei plötzlich die Sonne aufgegangen. Dieser Typ hat mich einfach verzaubert und ich kann überhaupt nicht mehr klar denken. Ich bin wie in einem rosaroten Nebel und grinse die ganze Zeit dümmlich vor mich hin.

„Uns ist leider ein kleines Malheur passiert“, erklärt Tom der Frau in dem wallenden Gewand, die unablässig lächelt. Wahrscheinlich ist sie schon total high von all den Düften, die durch den Raum wabern.

„Die Flasche ist hingefallen und kaputtgegangen. Das heißt, wir bräuchten das Zeug noch mal.“

Die Frau lächelt weiter. Klar, so schnell verdient man nicht alle Tage im Abstand von wenigen Minuten sechshundert Dollar.

„Sehr gerne mische ich Ihnen das noch einmal“, sagt sie in einem fröhlichen Singsang.

„Was ist es eigentlich?“, stellt Tom ganz lässig die Frage, die ich nie zu stellen wage.

Die Frau blickt uns überrascht an.

„Das wissen Sie nicht?“

Wir schütteln synchron die Köpfe. Jetzt bin ich aber mal gespannt.

„Es verstärkt die sexuellen Empfindungen um ein Vielfaches“, gibt die Frau bereitwillig Auskunft.

„Dennoch ist es keine Droge und völlig frei von Nebenwirkungen.“

„Interessant“, findet der schöne Mann an meiner Seite. „Vielleicht sollte ich mir auch eine Flasche davon mitnehmen.

---ENDE DER LESEPROBE---