Cantrill blufft alle - G.F. Barner - E-Book

Cantrill blufft alle E-Book

G. F. Barner

0,0

Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Shade Cantrill hält an und zieht den Rauch ein. Der Rauch weht auf ihn zu, denn die Luft ist schwer und feucht in der Dämmerung. Der Mann riecht Bratengeruch und Holzrauch. Er sitzt auf einem großen weißen Pferd, dessen Ohren spielen und dessen Hals lang und kräftig wirkt. Nicht weit vor ihm, keine hundertfünfzig Yards entfernt, kracht es einmal dröhnend und kurz. Das Echo rollt am Fluß entlang, dessen Wasser sein Schimmel säuft. Und der Mann hebt den Kopf. Er sieht die Umrisse des Daches über die Büsche hinweg und setzt jäh die Hacken ein. Das große Pferd mit dem prächtigen Sattel macht zwei, drei Sätze durch das Wasser. Dann ist es am anderen Ufer, geht das Steilufer an und hält auf den leisen Zügeldruck hin hinter einem Busch. Shade Cantrill sieht das Haus nun ganz. Er hört eine Mädchenstimme eine Warnung rufen und erkennt eine Kuh, ein Pferd und einen Pulk sich hastig am Boden bewegender Männer. Er sieht aber auch den hellen Rock und den hellen Fleck der Bluse des Mädels. Hinter diesem Mädel ist ein Mann, greift jäh zu und schleudert das Mädel zu Boden. »Ich mag das nicht«, sagt Shade Cantrill fauchend. »Ich mag so etwas gar nicht.« Man sagt von Cantrill, daß er nie drei Sekunden braucht, um sich über eine Sache klar zu werden. Jetzt braucht er nicht einmal eine Sekunde. So leise, wie er gekommen ist, reitet er zurück und rast im Flußbett weiter.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 149

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



G.F. Barner – 322 –

Cantrill blufft alle

G.F. Barner

Shade Cantrill hält an und zieht den Rauch ein. Der Rauch weht auf ihn zu, denn die Luft ist schwer und feucht in der Dämmerung.

Der Mann riecht Bratengeruch und Holzrauch.

Er sitzt auf einem großen weißen Pferd, dessen Ohren spielen und dessen Hals lang und kräftig wirkt.

Nicht weit vor ihm, keine hundertfünfzig Yards entfernt, kracht es einmal dröhnend und kurz. Das Echo rollt am Fluß entlang, dessen Wasser sein Schimmel säuft.

Und der Mann hebt den Kopf.

Er sieht die Umrisse des Daches über die Büsche hinweg und setzt jäh die Hacken ein. Das große Pferd mit dem prächtigen Sattel macht zwei, drei Sätze durch das Wasser. Dann ist es am anderen Ufer, geht das Steilufer an und hält auf den leisen Zügeldruck hin hinter einem Busch.

Shade Cantrill sieht das Haus nun ganz. Er hört eine Mädchenstimme eine Warnung rufen und erkennt eine Kuh, ein Pferd und einen Pulk sich hastig am Boden bewegender Männer.

Er sieht aber auch den hellen Rock und den hellen Fleck der Bluse des Mädels. Hinter diesem Mädel ist ein Mann, greift jäh zu und schleudert das Mädel zu Boden.

»Ich mag das nicht«, sagt Shade Cantrill fauchend. »Ich mag so etwas gar nicht.«

Man sagt von Cantrill, daß er nie drei Sekunden braucht, um sich über eine Sache klar zu werden. Jetzt braucht er nicht einmal eine Sekunde.

So leise, wie er gekommen ist, reitet er zurück und rast im Flußbett weiter. Nach etwa achtzig Yards verläßt er den Fluß und geht zwischen den Büschen durch.

Shade Cantrill sieht jetzt das Haus von hinten. Er nähert sich schnell der Rückseite des Hauses. Dazu benötigt er vielleicht zwanzig Sekunden, mehr nicht.

Vor ihm ist ein Fenster in der Hauswand, das offen ist, und aus dem ihm der Bratengeruch in die Nase dringt.

Cantrill steigt direkt von Sattel aus auf das Fenstersims.

Und es gibt eine ganze Menge Leute, die Shade Cantrill schon fangen sollten und es erlebten, daß er aus einem Fenster sprang und im Sattel eines Pferdes landete. Wie oft er diese Leute genarrt hat, weiß er eigentlich selber nicht. Er steigt durch das Fenster ein und steht im nächsten Augenblick in der Küche.

Dann schreit das Mädel draußen wieder gellend und voller Not. Cantrill sieht den Rücken eines Mannes keine zwei Schritte von der Tür. Er kann den dunklen Kolben des Gewehres erkennen, die Mündung mit einem Stück des Laufes, und er denkt, daß der Lauf aber verdammt kurz ist.

Der Mann draußen sagt grimmig: »Das Geschrei hilft euch auch nicht. Ich habe deinen Bruder Lacy gesehen, diesen verdammten Viehdieb. Warte nur, bis sie mit ihm fertig sind. Für dich denke ich mir noch etwas aus, Judith. Warte nur…«

Der Mann hat eine ziemlich ordinäre Stimme. Sie klingt nach Whisky, nach Rauch und nach einem ziemlich wilden Leben. Cantrill ist es gewohnt, Männer allein nach ihrer Stimme einzuschätzen. Und diese Stimme gefällt ihm nicht.

Langsam bewegt sich Cantrill durch die Küche. Leute gibt es, die von ihm sagen, daß er ein Schleicher ist. Männer haben sich erschreckt verdrückt, wenn Cantrill irgendwo in einem Raum auftauchte und es so leise geschah, daß man ihn erst sah, wenn er schon mitten drin war.

Shade Cantrill trägt Stiefel aus Wildleder, die keine hohen Absätze haben und auch keine Sporen tragen.

Dafür trägt Shade zwei Revolver. Und wer einmal in seine riesigen Colts vom Muster 52 gesehen hat, der vergißt das nicht so schnell.

Geräuschlos nähert sich Shade der Tür. Er steht auf einmal in ihr, und das Leder schabt leise, als seine beiden Revolver herausgleiten.

In Cantrills Händen liegen beide Eisen und gehen hoch.

Und der Mann vor ihm sieht starr und mit der linken Hand einige Schlagbewegungen nachäffend auf die Männer am Boden, die auf einen Mann einschlagen.

Shade Cantrill fragt niemals viel.

Als er die Hand senkt, fällt der Revolver wie von allein herab.

Und Edzel Sullard sieht auf einmal einen gewaltigen Feuerblitz.

In Edzels länglichem Kopf mit Pferdegebiß jagt eine Welle hoch, erschmettert sein Denken und löscht alles aus.

Sullards Hut rutscht schief über das linke Ohr. Dann rutscht Sullard selber zu Boden und verliert dabei sein prächtiges Gewehr. Er liegt lang im Hof, hat den linken Arm unter dem Körper und den rechten ausgestreckt.

Und Sullard weiß gar nichts mehr. Ihm brummt nicht einmal sein Pferdekopf.

Über ihn hinweg kommt ein langes, in einer Cordhose steckendes Bein.

Judith Chamber sieht nur dieses Bein. Ein langes Bein. Ein Mann macht zwei Schritte und springt dann an ihr vorbei.

Sie sieht diesen Mann wie einen Turm aufragen und denkt eine Sekunde an Steve. Aber Steve trägt keine dunkle Hose und keine schwarze Weste. Steve hat auch keinen Hut auf, denn Steve liebt keine Hüte.

Der Mann ist schon weg. Judith stützt sich auf.

Sie sieht den Fremden laufen, dreht sich um und hinter ihr liegt Sullard, als wenn er einen Mittagsschlaf halten will, vor seinem Gewehr.

Shade Cantrill erkennt mur in dem Wirrwarr vor sich, daß es drei Männer sind, die einen vierten verprügeln.

Dann ist er auch schon heran, holt kurz aus und schlägt einem schwarzhaarigen Burschen, dessen Haar lang und ölig aussieht, den Revolver auf den Kopf. Er hat Arapahoe erwischt.

In derselben Sekunde wirft sich Monk hoch.

Und dies ist der erste Augenblick, in dem sich Monk und Cantrill sehen.

Cantrill springt aus dem Sattel los, sieht den Revolver Monks hochkommen und tritt mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit aus.

Shades rechter Fuß gleicht einer abgefeuerten Kugel.

Der Fuß tritt blitzschnell unter Monks linke Hand und schleudert die Hand zurück.

Monk drückt ab. Die Kugel reißt die Luft mit bösem Gejaule entzwei. Sie durchschlägt die Vorderkrempe von Shades Hut und nimmt den großen Hut mit auf die Reise.

Monk fühlt einen Schlag, dann wird seine Hand nach hinten geschleudert, und jemand sagt fauchend wie ein Puma: »Mister, das war eine Dummheit!«

Was eine Dummheit war, das sollte Charly Monk gleich begreifen.

Charly wirft sich zurück. Er kennt den Mann nicht, er hat ihn nie vorher gesehen. Und er denkt an seinen rechten Colt.

Zauberhaft schnell schießt Monks Hand nach unten, umklammert den Kolben, reißt ihn aus dem Halfter und hört das Knurren über sich.

»Narr«, sagt Shade wild. »Narr, ich werde dich lehren…«

In einem Sekundenbruchteil ist sich Shade über die unheimliche Schnelligkeit Monks klar. Und dann handelt er auch schon. Er springt hoch, tritt zu und landet mit dem weichen Leder seiner Stiefelsohle auf dem Handgelenk Monks.

Sein Gewicht preßt Monk die Hand auf den Boden und jagt so viel Schmerz in Monks Arm hoch, daß Monk den Revolver fallen lassen muß.

Dann streckt Shade die linke Hand aus und greift zu.

Shades Hand krallt sich in Monks Hemd. Der Fuß geht jäh vom Handgelenk herunter, und Monk stößt einen heulenden Schrei aus. Dann fliegt er auch schon los, saust auf den jäh aufgeschreckten Limpsy Growman zu und reißt Growman glatt nach hinten.

Limpsy hat den Schrei gehört, den Monk ausstieß, als Shade ihn wirft. Dazu kommt noch, daß die fremde Stimme plötzlich dabei ist. Sie kommt irgendwo her und trifft Limpsy unvorbereitet wie ein Keulenhieb.

Growman kommt hoch, läßt den Jungen fahren und greift nach seinem Revolver.

Genau dies ist der Augenblick, in dem der Schatten Monks über ihm aufwächst. Monk ist schlank und kein schwerer Mann. Er ist leicht hochzuheben und für einen kräftigen Mann wie Shade noch leichter durch die Luft zu werfen. Daß Shade Cantrill dabei den Hebelgriff benutzt, ist beiden Männern nicht klar in dieser Sekunde.

Monk spürt nur, daß er wie abgeschossen wegfliegt.

Dann rammt er auch schon den hochkommenden Limpsy. Und danach sausen sie beide übereinander, fallen zu Boden, und Monk hat nun keine Waffe mehr.

Selbst Limpsy Growman hat seinen Revolver bei diesem Aufprall verloren, aber er ist behende wie ein Wiesel. Monk ist langsamer.

Monk sieht nur die Beine, ist in der Hocke, kommt hoch und wird von der herausschießenden Faust Cantrills genau am Mundwinkel getroffen.

Für Monk geht die Welt in einem wahren Funkenregen unter.

Monk fliegt zwei Schritte weiter, rollt auf den Rücken und steht nicht mehr auf. Er ist ohnmächtig.

Ein wenig anders sieht die Sache mit Limpsy aus, der wirklich flink ist. Limpsy federt hoch, krümmt sich zusammen und springt ab.

Limpsy sieht den Fremden von vorn und streckt beide Arme aus. Er ist berüchtigt als Raufbold, und er benutzt den Trick, den nur er beherrscht.

Growman fliegt auf Shade Cantrill zu, macht eine Rolle, berührt den Boden und kommt mit den Beinen wieder hoch. Es ist ein höllischer Trick, den er einmal einem wilden Gaul abgesehen hat. Und bisher hat er bei jedem Mann gewirkt.

Bei Cantrill sind derartige Späße Zeitverschwendung. Es gibt nichts, was Cantrill nicht kann, was er nicht beherrscht.

Das sagen hundert Leute, ein paar Sheriffs und sogar zwei oder drei Marshals.

Growman wartet auf den Anprall seiner Sporen irgendwo am Körper des Fremden. Sein Körper neigt sich immer mehr, er kracht plötzlich um und fällt dröhnend auf den Rücken.

Und neben ihm sind die Stiefel.

»Nun, Stehaufmännchen«, sagte der Fremde freundlich und hat ihn auf einmal mit unheimlicher Gewalt am Kragen gepackt. »Jetzt werden wir beide uns unterhalten. Wir werden uns sehr gut unterhalten. Still, ganz friedlich, oder…«

Growman reißt sein Bein an und tritt aus.

Im selben Moment erwischt er einen linken Haken und verliert die Übersicht über das, was eben noch war. Er fliegt rücklings hin und steht dann wieder.

Es gibt einen Ruck an seinem Gurt, und er weiß, daß man ihm das Messer entrissen hat.

Links von ihm stöhnt der Junge heiser. Und das Mädel sagt gar nichts. Sie steht da mit ihrem langen, von der Balgerei mit Sullard aufgelöstem Haar und sieht den Fremden wie einen Geist an.

Shade hebt den Bronchobuster Hazale Westons am Kragen an, stellt ihn hin und sagt freundlich: »Mister, ich habe gleich genug von dir und deinen Tricks. Wenn du es so haben willst, dann kann es ganz rauh werden. Willst du ein paar schöne Beulen und eine platte Nase haben?«

Die Fragen dringen wie aus weiter Ferne an Growmans Ohren. Er wird langsam lebendig, aber mit jedem Stück Lebendigkeit mehr kommt auf einmal Furcht.

Limpsy Growman bekommt Angst vor Shade Cantrill.

Er weiß selber nicht, woher diese Angst kommt. Er weiß nur, daß sie da ist.

Cantrill hält ihn von hinten gepackt. Er hat den rechten Arm des Bronchobusters auf dem Rücken fest und dreht den Oberarm nach unten. Der Griff ist so hart, daß sich Growman nach hinten neigen muß und nicht einmal mehr treten kann.

Der Junge stöhnt schwer.

»Miss«, sagt Shade Cantrill ruhig und sieht sich um. »Ich bin nie neugierig, aber diese vier Burschen haben hier wohl keinen Spaß haben wollen. Da liegt ein Gewehr. Ich würde sagen, Sie nehmen es für eine Weile, wenn Sie damit umgehen können. Und dann passen Sie ein klein wenig auf, daß diese wilden Burschen keine Dummheiten machen.«

Er sieht sie an, aber viel von seinem Gesicht ist nicht zu erkennen. Sie sieht nur ein kantiges und strenges Gesicht, in dem zwei funkelnde Augen lodern.

Und sie denkt, daß dieser Mann ziemlich wütend sein muß.

Auf eine Art gleicht er sehr ihrem Bruder Steve.

»Ja«, sagt sie mechanisch. »Ja, ich kann mit einem Gewehr umgehen. Mister, diese Burschen haben gesagt, daß Lacy ein Viehdieb ist, aber er ist keiner. Er hat die Kuh auf unserem Land gefunden, nicht auf ihrem. Wir machen das nicht. Und sie wollten die Kuh erschießen, da ist Lacy auf den Bronchobuster losgegangen, Mister, es ist die Wahrheit, Lacy würde nicht lügen!«

Lacy kommt keuchend auf die Knie. Zu seinem Glück hat er nicht viel auf seinen Kopf bekommen, so daß er wenigstens klar denken kann. Zwar ist sein linkes Ohr etwas lädiert, seine Nase ein wenig aufgeschrammt, aber für eine richtige und landläufige Prügelei ist er schön heil.

»Oh, verdammt!« sagt Lacy Chamber heiser und wankt heftig. Er bückt sich und hebt Monk seinen Revolver auf. Der Hammer geht so spielend leicht, daß sich Lacy wie ein gefährlicher Töter vorkommt. Das dauert nur einen Augenblick, dann sagt Shade Cantrill: »Junge, du bist also wirklich kein Viehdieb, was? Und wie willst du das beweisen? Da ist eine Kuh, sicher hat sie einen anderen Brand. Wie willst du das beweisen?«

Und nach diesen Worten begreift Lacy, daß er gar nichts beweisen kann. Er muß sich alles gefallen lassen, wenn man ihm unterschiebt, daß er ein Viehdieb ist.

»Aber – aber…«, sagte er stockend. »Ich war doch nicht auf dem Land dieser Affen. Ich kann das beschwören.«

Limpsy hebt den Kopf, schielt zu Cantrill hoch und sagt mürrisch: »Ich kann auch beschwören, daß du auf unserem Land gewesen bist, Junge. Mister, es war Ihr Fehler, sich hier einzumischen. Dieser Junge ist gesehen worden. Und ein Mann ist bereit, das zu beeiden. Sie haben sich eine prächtige rauhe Sache eingebrockt.«

»Wirklich?« fragt Shade erstaunt. »Ich dachte immer, man könnte nicht zusehen, wenn jemand eine Lady mit einer Waffe bedroht. Und genau das ist hier passiert. Nun, halt den Mund, Mister. Lacy, Junge, sammel die Waffen ein, aber etwas schnell. Ich sorge schon für Ruhe!«

Er spricht ganz ruhig. Man sagt ihm eine Menge Menschenkenntnis nach. Der Junge geht los und sammelt die Waffen ein.

»Mister, es ist wirklich nicht schlau, sich mit Captain Westons Reitern anzulegen«, sagt Lacy hastig, als er alle Waffen zusammen hat. »Diese Burschen hier sind nachtragend. Und sie lügen wie gedruckt, wenn sie etwas beweisen wollen. Mein Bruder ist Sheriff in der Stadt, sie können ihn nicht leiden. Bald ist Wahl, es kommt gerade zur rechten Zeit, wenn der Bruder des Sheriffs ein Viehdieb genannt werden kann. Nun, das ist der wahre Grund, Fremder!«

»So ist das«, murmelt Shade trocken und verstärkt seinen Griff um Limpsys Arm noch. »Junge, alle Waffen entladen. Sieh zu, wo ihre Pferde sind. Die Karabiner auch leeren. So, dein Bruder ist also Sheriff. Sieh mal einer an!«

Limpsy bekommt einen Stoß und taumelt im nächsten Augenblick drei Schritte weiter. Er ist nahe bei Arapahoe und sitzt auf einmal am Boden.

Shade Cantrill hat ihn einfach losgelassen und zu Boden gestoßen.

Shades Gesicht ist von einer Art Kühle, die weder der Junge noch Limpsy je an einem Mann gesehen haben.

»Bleib da sitzen!« sagt Shade ruhig und behält seinen Revolver in der rechten Hand. »Die Vorstellung hier ist gleich zu Ende. Du kannst versuchen aufzustehen und eine Dummheit zu machen, ich würde es dir aber nicht raten. Sitz still und nimm die Arme hinter den Nacken. Hast du gehört?«

Er bückt sich, nachdem Limpsy die Hände hinter dem Nacken verschränkt hat, und schleift Monk heran. Die drei Männer liegen nun zusammen, und Shade holt auch noch Edzel Sullard.

Der Junge starrt ungläubig auf den großen und trotz aller Schwere geschmeidig wirkenden Mann. Er entlädt die Waffen, holt die drei Pferde und bindet sie an die Fenz.

Ruhig steht Shade Cantrill vor dem Rudel von vier Männern.

Das Mädel beobachtet aus weiten Augen den Fremden, dessen Ruhe auf sie zu wirken beginnt.

»Fertig, Junge?«

Cantrills Frage klingt kühl und nebensächlich.

»Ja«, sagt Lacy.

»Nimm diesem Pferdegesicht den Gurt ab und mach ihn leer!«

Lacy gehorcht augenblicklich. Edzel Sullard ist derartig groggy, daß Lacy es glatt schafft. Schielend sieht Limpsy von der Seite zu und sagt: »Daran wirst du noch denken, kleiner Chamber. Das vergißt dir keiner von uns!«

»Halt den Mund!« erwidert Shade zischend, Limpsy zuckt heftig zusammen. »Droht hier niemandem, oder ihr erlebt einige Dinge. Ich lasse euch zu Fuß zur Ranch laufen, Narren!«

Niemand denkt über seine Worte nach. Und keiner kommt auf die Idee, daß Cantrill anscheinend weiß, wo die Weston-Ranch liegt.

Das Halbblut bewegt sich brummend, als Lacy ihm den Gurt abnimmt.

Arapahoe wacht auf und grunzt dabei wie ein Wasserbüffel.

Der Mischling hat am Kopf eine mächtige Beule, betastet sie stöhnend und sieht sich dann wirr um. Er hockt am Boden, den stieren Blick auf den Jungen gerichtet, und greift langsam nach unten.

In diesem Augenblick, als seine Hand den Griff des Messers im Gurt der Hose berührt, sagt Limpsy kreischend: »Hinter dir, Arapahoe!«

Arapahoe ist noch leicht benommen, wendet den Kopf und sieht sich um. Hinter ihm steht Cantrill, holt kurz mit dem Revolver aus und schlägt dem Mischling das Messer aus der Hand.

Das Messer fliegt weg, und der Mischling ächzt.

Lacy ist zur Seite ausgewichen und steht mit dem Gurt in der Hand still.

»Oh, verflucht!« keucht der Mischling. »Wer ist denn das? Was ist das für ein Hundesohn? Mein Kopf, verdammt, mein Kopf!«

»Nenne mich nie wieder Hundesohn, Halfcast«, sagt Cantrill scharf. »Ich kann das nicht leiden. Sitz still, Mister!«

Das Mischblut schließt die Augen zu schmalen Schlitzen und sieht Cantrill voller Wut an. Der Ausdruck Halfcast macht ihn jäh wütend.

»Tu bloß nichts«, warnt ihn Limpsy hastig. »Der Kerl hat den Satan im Leib. Er hat Monk so schnell erwischt, daß Charly keine Chance hatte. Und das will einiges heißen!«

In den schwarzen Augen des Mischlings taucht Vorsicht auf. So verschlagen der Mann ist, er beherrscht sich in diesem Augenblick eisern.

»Der Boß wird sich freuen«, sagt Arapahoe nur. »Er wird sich mächtig freuen.«

Und danach ist er still. Er sieht nur aufmerksam zu, wie Lacy den Gurt vor ihm hinwirft und sich dann Monk nähert.

Monk liegt wie tot am Boden. Es sieht wirklich aus, als wenn er noch immer besinnungslos ist. Aber Charly Monk ist bereits seit einer ganzen Weile wach. Und Monks Verstellungskunst hat noch fast jeden Mann geblufft. Charly Monk gehört zu jener Sorte rauher Burschen, die erst schießt und dann fragt. Er hört den Fremden reden, dann antwortet der Junge und schließlich flucht Arapahoe.

Charly Monk verhält sich ruhig. Und er denkt nur daran, daß er keine reelle Chance besitzt, sonst würde es sicher anders gekommen sein.

Blinzelnd hat Monk ein wenig die Augen geöffnet. Er kann den Jungen undeutlich erkennen. An der rechten Seite steht der Fremde.