Der alte Kojote - G.F. Barner - E-Book

Der alte Kojote E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Brackett war keine 40 Yards mehr von Grayton entfernt, und er hatte keine blasse Ahnung, daß Graytons Gewehr mitten auf seine Brust zeigte. Ich werde ihn umbringen, dachte Grayton, ehe er auf mich feuern kann. Dieser verfluchte Traum. Plötzlich fühlte Grayton, wie ihm die Angst den Schweiß aus allen Poren trieb. Es war dieselbe Angst, wie in der letzten Nacht, ehe er schweißgebadet erwacht war und nach seinen linken Rippen gegriffen hatte. Dort hatte ihn Brackett getroffen. Er wird mich erwischen, wenn ich ihn nicht vorher erledige, dachte Grayton. Brackett, der Mann aus Gila Bend, hob den Kopf, blickte auf die beiden Felsblöcke. Sie lagen so dicht beieinander, daß zwischen ihnen ein kaum zollbreiter Spalt klaffte, durch den Graytons Gewehrmündung gerade paßte. Grayton ließ den Mann nicht aus den Augen. Brackett wandte den Kopf, blickte hinüber zur Nordwestflanke der Sauceda Mountains und lenkte gleichzeitig seinen hochbeinigen Braunen etwas nach rechts. Crayton sah den Wagen und Colfax, der dicht nebenher ritt. Die hagere Gestalt von Colfax ragte über die beiden Männer auf dem Sitzbrett des Wagens hinweg. Sie hatten – hatte es Lordan beschrieben – den Flachwagen ohne Plane genommen. Kein Mensch hätte normalerweise vermutet, daß sich auf einem offenen Flachwagen mehr als 1000 Dollar befinden konnten. Gewöhnlich transportierte man eine derartige Summe in der Stagecoach, doch seitdem sie zweimal überfallen worden war, hatte man die Transportart geändert. Wer sollte annehmen, daß die Lohngelder für die Kupfermine mit einem der üblichen Transportwagen befördert wurden? Nur ein Mann, der Brackett und Colfax kannte, konnte auf die Idee kommen, und Grayton kannte sie beide. Sie waren das reinste Gift, gefährlich wie die Sandvipern und kaum zu überraschen. Dennoch war Grayton überzeugt, daß er sie überraschen würde.

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G.F. Barner – 166 –

Der alte Kojote

G.F. Barner

Brackett war keine 40 Yards mehr von Grayton entfernt, und er hatte keine blasse Ahnung, daß Graytons Gewehr mitten auf seine Brust zeigte.

Ich werde ihn umbringen, dachte Grayton, ehe er auf mich feuern kann. Dieser verfluchte Traum.

Plötzlich fühlte Grayton, wie ihm die Angst den Schweiß aus allen Poren trieb. Es war dieselbe Angst, wie in der letzten Nacht, ehe er schweißgebadet erwacht war und nach seinen linken Rippen gegriffen hatte. Dort hatte ihn Brackett getroffen.

Er wird mich erwischen, wenn ich ihn nicht vorher erledige, dachte Grayton.

Brackett, der Mann aus Gila Bend, hob den Kopf, blickte auf die beiden Felsblöcke. Sie lagen so dicht beieinander, daß zwischen ihnen ein kaum zollbreiter Spalt klaffte, durch den Graytons Gewehrmündung gerade paßte.

Grayton ließ den Mann nicht aus den Augen. Brackett wandte den Kopf, blickte hinüber zur Nordwestflanke der Sauceda Mountains und lenkte gleichzeitig seinen hochbeinigen Braunen etwas nach rechts. Crayton sah den Wagen und Colfax, der dicht nebenher ritt.

Die hagere Gestalt von Colfax ragte über die beiden Männer auf dem Sitzbrett des Wagens hinweg. Sie hatten – hatte es Lordan beschrieben – den Flachwagen ohne Plane genommen. Kein Mensch hätte normalerweise vermutet, daß sich auf einem offenen Flachwagen mehr als 1000 Dollar befinden konnten. Gewöhnlich transportierte man eine derartige Summe in der Stagecoach, doch seitdem sie zweimal überfallen worden war, hatte man die Transportart geändert. Wer sollte annehmen, daß die Lohngelder für die Kupfermine mit einem der üblichen Transportwagen befördert wurden?

Nur ein Mann, der Brackett und Colfax kannte, konnte auf die Idee kommen, und Grayton kannte sie beide. Sie waren das reinste Gift, gefährlich wie die Sandvipern und kaum zu überraschen.

Dennoch war Grayton überzeugt, daß er sie überraschen würde. Sie wußten nichts von Hiram Hadley, dem ehemaligen Deserteur, dem die Armee einmal den Umgang mit allen möglichen Sprengstoffen beigebracht hatte. Vielleicht hätte sie es nicht tun sollen, denn Hadley hatte ein schweres Gewitter über Fort Yuma ausgenutzt.

Die Ladung, die Hiram Hadley an den nicht besonders stabilen Safe des Zahlmeisters gelegt hatte, war so schwach gewesen, daß sie im Rollen des Donners nicht zu hören gewesen war.

Es donnerte immer noch. Grayton begriff, was Bracketts Aufmerksamkeit erregt hatte. Brackett hatte zwar zu den Felsen hier oben geblickt, aber aus den Augenwinkeln doch noch jene typische Sprengwolke hinter dem Rücken der Sauceda-Kette gesehen. Südöstlich des Lookout-Berges droben sprengten Prospektoren Felsen, unter denen sie Kupfer vermuteten.

Brackett wandte sich halb im Sattel um – er ritt 15 Yards vor dem Wagen –, und dann sagte er irgend etwas zu Colfax. Wenig später war Brackett auf 20 Yards heran und verschwand hinter einem Felsausläufer. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis er sich unterhalb von Grayton befand.

Die Anspannung fiel von Grayton ab, ein dünnes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Er war nicht entdeckt worden. Er konnte nun in den Wagen blicken. Colfax schien die tödliche Drohung nicht zu ahnen.

Murphy, der ältere Fahrer – ein erfahrener Mann, wie Lordan gesagt hatte – sprach mit Colfax. Lanning, ein etwa fünfundzwanzigjähriger Bursche, hielt das Gewehr zwischen den Knien. Nach Lordans Worten sollte Lanning schießwütig sein, keiner Prügelei ausweichen und in der Mine den Ruf eines Hartgesottenen besitzen.

Graytons Blick flog über die Vorderkante des Kastens und an Lannings Gewehrkolben vorbei auf die Kiste. Sie stand unter dem Sitz, etwas nach hinten geschoben und mit schweren Eisenbändern beschlagen. Es mußte die Geldkiste sein, die sie in Gila Bend übernommen hatten.

Eine Segeltuchplane war auf der Ladefläche des Kastens hinter dem Sitz über einige Dinge ausgebreitet worden. Anscheinend handelte es sich um Kisten, denn die eckigen Gegenstände zeichneten sich unter der Plane ab.

Während sich Grayton noch fragte, ob es wirklich Kisten waren und was vielleicht darin sein mochte, schurrte es leise schräg hinter ihm. Grayton wandte den Kopf. Der Wagen verschwand hinter dem hochragenden Felsen, auch Colfax.

Hadley hatte sich bewegt. Der ehemalige Pionier und Deserteur hielt die beiden zusammengebundenen Sprengpatronen in der Linken. Sein scharfgeschnittenes Gesicht zeigte keinerlei Regung. Grayton, der heftig in der Bullenhitze des Mittages schwitzte, sah keinen Schweißtropfen auf Hadleys rotbraun gebrannter Haut. Hadley, der keine Nerven kannte, hatte nur eine Schwäche: Frauen.

Als sich ihre Blicke trafen, nickte Hadley kurz. Er redete ohnehin sehr wenig, und das war das eine, was Grayton nicht gefiel. Das andere war die Tatsache, daß Hadley damals bei der Armee wegen Kameradendiebstahls vier Wochen Arrest erhalten hatte und wieder zum Private degradiert worden war. Grayton haßte Leute, die ihre Partner bestahlen, wenngleich es ihm nichts ausmachte, Fremde zu bestehlen.

»Schnell, den Hut, James!« zischelte Hadley.

James Grayton nahm den Hut ab, dessen Schweißleder regelrecht triefte, und dann beobachtete er nur noch Hadley. Der ehemalige Mineur hielt die beiden Patronen mit der kaum handlangen Zündschnur ganz ruhig. Zugleich führte er die Fernrohrlinse hoch, und die Sonnenstrahlen fingen sich im geschliffenen Glas, wurden als hauchdünne Bündel auf die Zündschnur gerichtet, die funkensprühend zu brennen begann.

Grayton vergaß beinahe, den aufsteigenden Rauch mit seinem Hut zu verwedeln.

Hiram Hadley schob sich unmittelbar an die Felsbrüstung, wechselte die Patronen von der Linken in die Rechte und hatte die Linse wieder auf das Tuch zurückgelegt. Grayton folgte Hadley kriechend, riskierte einen Blick über die Felsbrüstung.

Brackett war etwa 40 Yards vor ihm, und der Wagen kam gerade um die Felsen. »Fertig!«

Das war alles, was Hadley sagte. Der sehnige Mineur schnellte auf die Beine, holte weit aus und schleuderte die beiden Sprengpatronen in hohen Bogen durch die Luft.

Die Patronen fielen hinter Murphy auf die Plane, blieben aber nicht darauf liegen. Sie glitten an dem eckigen Ding, das unter der Plane auf dem Kasten stand, ab und verschwanden zwischen Kastenkante und Planenwulst.

Murphy zuckte zusammen, wandte den Kopf, sah den aufsteigenden Rauch, und sprang auf, als hätte ihm der Teufel ins Gesäß getreten. Er schrie, als er sich vom Wagen warf: »Lanning, spring ab!«

Im selben Moment krachte es.

*

Es war, als öffnete sich der Schlund der Hölle vor Grayton und Hadley. Aus dem Blitz wurde ein riesiger Feuerball, der den ganzen Wagen einhüllte.

James Grayton duckte sich instinktiv und hörte Hadleys gellenden Warnschrei. Dann packte ihn der Luftdruck der Explosion, die viel stärker ausgefallen war, als er jemals erwartet hatte.

»Runter!«

Und mehr brachte Hadley nicht hervor.

Es war, als ob eine Riesenfaust Hiram Hadley erwischte. Mit dem letzten Blick, ehe es Hadley nach hinten schleuderte, sah er noch, wie Colfax samt Pferd zur Seite gefegt wurde.

Als die Detonation die Felsen erreichte, flog auch James Grayton hintenüber, wobei er sein Gewehr verlor. Hadley wußte nun, was unter der Plane gelegen hatte: Sprengkapseln.

Das Brüllen in den Ohren, fand sich James Grayton auf dem Boden wieder und erkannte, daß Hadleys Anschlag viel schlimmere Auswirkungen gehabt hatte, als sie berechnet hatten. Grayton raffte sein Gewehr an sich, sprang auf und eilte zur Felskante.

Der Anblick, der sich ihm bot, übertraf seine schlimmsten Befürchtungen. In der Rauchwolke wälzte sich das Pferd von Colfax am Boden. Ganz in der Nähe lag die hagere Gestalt des Transportbewachers wie tot.

Das gesamte hintere Ende des Wagens war durch die Gewalt der Detonation zerrissen worden. Der Sitzbock war verschwunden, ebenso die Geldkiste. Grayton sah Lanning rechts vor dem Wagen liegen, Murphy neben dem auf die Seite geschleuderten linken Gespannpferd.

Die Sitzbank hatte das eine Gespannpferd niedergestreckt, das andere richtete sich gerade auf. Dann entdeckte Grayton auch Bracketts Gaul.

Der galoppierte reiterlos davon. Von Brackett war nichts zu sehen. Die Staubwolke wallte an der Felswand entlang.

»Mann, Hadley, was war das?« stammelte Grayton entsetzt. »Was ist auf dem Kasten gewesen?«

Hiram Hadley tauchte neben ihm auf.

»Sprengkapseln«, antwortete er. »Das Dreckzeug ist in die Luft geflogen. Wo ist die Kiste wohl geblieben?«

Er war schneller als Grayton auf dem Felsabsatz, sprang über ihn hinweg und hatte nun den nischenförmigen Einschnitt vor sich, durch den er herunterrutschen und auf den Weg gelangen konnte. Hinter ihm schwang sich auch Grayton hoch, starrte angestrengt in den nebelartigen Staubschleier und warnte: »Vorsicht! Brackett muß irgendwo stecken. Paß auf und...«

Während Hadley in die Tiefe rutschte und in dem Einschnitt verschwand, bewegte sich etwas in der Staubwolke dicht an der Felswand. Aus dem Dunstschleier tauchte jäh Brackett auf. Der große, breitschultrige Transportbegleiter hielt in jeder Faust einen Revolver, und als Grayton ihn entdeckte, war es bereits zu spät.

James Grayton riß verzweifelt sein Gewehr hoch. Es ging um Leben oder Tod.

Schon glaubte Grayton, Brackett zu erwischen, als beide Revolver Feuer spuckten. Ehe Grayton abdrücken konnte, traf ein heftiger Schlag seine linke Seite, und er knickte mit einem Stöhnen ein. Während er zur Seite strauchelte und sich krümmte, hörte er durch das Heulen und Kreischen, das in seinen Ohren gellte, ein mehrfaches dünnes Singen. Es waren Bracketts Kugeln, die an ihm vorbeizischten.

Gleichzeitig landete Hadley unten in der Nische der Felswand, duckte sich tief, lud sein Gewehr sicherheitshalber durch und schnellte dann um die Ecke. Er sah Brackett mit den beiden Colts in den Fäusten und dahinter die beiden Schatten aus dem Dunst auftauchen. Es waren Bishop und Sanders, zwei seiner drei Partner.

Zu Hadleys Entsetzen entdeckte ihn Brackett sofort. Der ehemalige Deputymarshal wirbelte herum und schoß aus beiden Läufen.

Es gelang Hadley nicht mehr, sein Gewehr auf Brackett zu richten, geschweige denn zu schießen. Hadley konnte sich nur noch zurückwerfen, sah unmittelbar vor sich an der Felskante die Staubfontänen der einschlagenden Kugeln und stieß einen wilden Fluch aus, der im Belfern unterging. Zugleich polterte es über dem Deserteur. Hadley sah das durch die Rinne heruntersausende Gewehr. Es landete vor seinen Füßen, während ganz oben James Grayton erschien. Der kippte oben über die Kante und kam mit verzerrtem Gesicht und an den Leib gepreßten Händen die Rinne herab. Hadley sah das Blut schon, ehe Grayton dort landete, wo auch sein Gewehr aufgeprallt war. Er war nicht fähig, seinen Sturz mit den Armen abzufangen, und fiel aus der Nische ins Freie. Dort erst blieb er liegen.

Mike Sanders schrie: »Ich habe Brackett erwischt!«

Hadley sprang vor, flog über Grayton hinweg, der die Besinnung verloren zu haben schien und wie ein Toter auf dem Geröll lag. Wiehernd steilte das rechte Gespannpferd, und daran vorbei sah Hadley, daß sich Colfax auf die Knie erhob. Der hagere Transportbegleiter war durch das Pferd gegen die Sicht von Sanders und Bishop gedeckt. Er lugte über sein anscheinend totes Pferd hinweg, griff nach dem Holster und zog den Revolver, als Hadley feuerte. Im Krachen des Schusses fiel Colfax zur Seite, um reglos neben seinem Pferd liegenzubleiben.

Breitbeinig ins Freie springend, blickte Hadley nach rechts. Brackett lag auf dem Gesicht. Seine dunkelgraue Jacke hatte im Rücken einen Fleck, und neben ihm stand Sanders wie ein lauernder Wolf.

Hal Bishop, einer von Graytons Rudel, starrte mit großen Augen auf das reglose Gespannpferd.

»Die Kiste liegt unter dem Gaul!«

Ohne sich noch um Grayton zu kümmern, stürmte Hadley los.

Lanning rührte sich nicht mehr. Auch Murphy lag wie tot am Boden. Hadley stieß einen Fluch aus, als er den Griff der Kiste packte und mit aller Gewalt daran riß. Die Kiste war fest eingeklemmt, er konnte sie ohne Hilfe nicht unter dem toten Pferd vorzerren.

»Hal, Mike, her zu mir!« rief Hadley. »Raus aus dem Ding, und dann nichts wie weg. Wo bleibt Antonio?«

Da war er auch schon zu hören. Antonio Padero, der Greaser, kam mit den Pferden um die Felsen. Der Mexikaner warf einen Blick auf die am Boden liegenden Männer.

»Madonna, was ist mit Jimmy?«

»Sieh nach ihm, aber laß die Pferde nicht los!« befahl der ehemalige Corporal Hadley gepreßt. »Verdammt, macht schnell, wir müssen hier verschwinden! Hast du was gesehen, Tony?«

»Weit und breit nichts, Hadley.«

»Wir müssen Jim mitnehmen, ob er tot ist oder nicht«, sagte Hadley. »Nichts zurücklassen, woran man auf uns schließen könnte. Du wirst die Spuren verwischen und die leeren Patronenhülsen einsammeln. Entlade auch Bracketts Revolver, wir brauchen Patronen.«

Murphy und Lanning lebten noch, und Hadley fragte sich, ob es nicht besser war, sie zu töten. In einem Jahr, das Hadley in Fort Grant verbracht hatte, war ihm das kaltblütige Töten zur zweiten Natur geworden. Er hatte allein an vier Apachenjagden teilgenommen, und sie hatten damals keine Gnade gekannt.

Während Hadley noch zögerte, kauerte Padero bereits neben Grayton und meldete sich erregt: »Er lebt – Gott sei Dank. Nur er kennen Weg zu Wasserloch in Sierra de Lumas Mecras, er werden zeigen.«

»Muß nicht sein«, entgegnete Hadley barsch. »Wir können auch auf dem Weg zurückreiten, den wir gekommen sind.«

»Auf keinen Fall«, sagte Mike Sanders. »Wir ändern den Plan nicht. Sie werden uns genau dort suchen, und ich sage dir, sie alarmieren alles an der Grenze, was ein Gewehr schleppen kann. Nur nicht auf direktem Weg zurück, sonst erwischen sie uns, ehe wir über die Grenze sind. Was meinst du, Hal?«

Hal Bishop wuchtete gerade ein Kastenbrett unter das tote Pferd, um es anzuheben und die Kiste freizubekommen.

»Hadley«, sagte er, »wenn einer die Gegend hier kennt und weiß, wo man sich verkriechen muß, dann Jimmy. Ist das klar? Er wollte kein Risiko eingehen. Damit sind wir immer gut gefahren. Wir reiten nach Plan.«

»Wenn der reiten kann«, bemerkte Hadley mit einem Blick auf den stöhnenden James Grayton. »Das Wasser reicht für vier Tage. Was ist, wenn wir mit ihm nicht vorankommen?«

»Wir machen, was Boß gesagt«, meldete sich der Mexikaner. »Von Lumas Mecras an ich kenne Wüstenberge. Kommen hinüber, ich weiß – Jimmy, was du gemacht?«

»Ich habe eine Kugel in der Seite«, ächzte Grayton. »Mach mir einen

festen Verband, Tonio, damit ich reiten kann. Wenn ich schlapp mache, legt mich in eine Trage zwischen zwei Pferde. Hab ihr die Kiste?«

»Sie ist heil geblieben«, verkündete Hadley. »He, Jim, sollten wir nicht den Plan ändern? Du hältst den riesigen Umweg nicht durch. Warum nicht direkt zur Grenze?«

»Weil das unser glatter Tod wäre«, erwiderte Grayton. »Wir müssen zwei Dingen aus dem Weg gehen: den Suchtrupps und Lordan. Haltet euch an die Route, die wir beschlossen haben, oder wir landen noch alle in der Hölle.«

Unwillkürlich dachte Grayton an Avery Lordan. Der erfuhr alles, was an der Grenze geschah. Binnen vierundzwanzig Stunden würde er wissen, wer »seinen« Geldtransport überfallen hatte.

Er würde nachsehen, ob noch jemand in Graytons Versteck war. Und fand er es leer, würde er seine Freunde zusammentrommeln.

Für zehntausend Dollar bringen sie uns um, dachte Grayton. Wir haben Lordan die Idee gestohlen, und er wird mindestens zwei Drittel der Beute haben wollen. Bekommt er sie nicht freiwillig, holt er sie sich mit Gewalt.

Lordan darf uns nicht finden, sonst war alles vergebens.

*

Lordans Winchester entlud sich krachend. Unfähig, auch nur eine Hand zu rühren, sah Grayton, wie der Mündungsblitz aus den Büchsen zuckte und die erste Kugel Temple aus dem Sattel schleuderte.

»Allmächtiger, er schießt!« hörte Grayton den bärtigen Lee McDunn, den sie den »alten Kojoten« nannten, hervorstoßen. »Chico, der verfluchte Strolch …«

Da brüllte auch das Gewehr des Halbbluts Chico Gonzales auf. Der lag neben Lordan zwischen den Hartdornbüschen. Grayton sah, wie Chico sofort durchhebelte. Drei weitere Schüsse folgten, während Eiseskälte von Graytons Beinen aufstieg und sich in seinen Leib fraß. Er bekam einen Schüttelfrost.

Die Augen weit aufgerissen, sah Grayton, wie der zweite Reiter drüben in der Senke die Arme hochwarf und dann seitlich vom Pferd stürzte. Chicos Kugel hatte ihn getroffen. Der dritte Mann drehte sich im Sattel um, streckte seine Rechte nach dem Gewehrkolben aus. Graytons Geschoß ließ ihn auf den Hals des Pferdes kippen. Und während er sich an den Mähnenhaaren festklammerte, feuerte Lordan zum zweitenmal.

»Lordan, nicht schießen! Du Schweinehund hetzt uns alle Grenzposten auf den Hals.«

Grayton schrie, aber es war zu spät. Auch der vierte Mann wurde von Lordan getroffen.

Grayton fühlte, daß sich etwas zwischen seine Lippen zwängte. Wasser rieselte ihm in den Mund, und während er verzweifelt schluckte, drang Antonio Paderos Stimme an sein Ohr: »Du trinken, Jimmy, nicht schreien. Lordan doch nicht hier, Jimmy.«

Grayton begriff nichts mehr. Lordan war doch hier, er hatte ihn gerade noch gesehen, wie er Tom Temple den Streifenführer der kleinen Grenzpatrouille, aus dem Sattel schoß. Hier war die Senke der Malpais-Wüste, steckte er mit Sanders, Bishop und Tony Paderos hinter den staubgrauen Kakteen. Neben ihm mußte der alte Kojote seine beiden Maultiere halten.

»Lordan hat sie abgeknallt«, stieß Grayton zitternd hervor, nachdem kein Wasser mehr in seinen Mund floß.

»Jimmy – Jimmy!«

Jemand rüttelte an seiner Schulter, daß es schmerzte. Zuerst sah Grayton alles verschwommen, doch dann schälte sich Antonios beinahe quadratisches Gesicht aus den Schleiern, und er entdeckte weit hinten den stahlblauen Himmel, vor den sich Mike Sanders schob.

»Jimmy«, sagte der Mexikaner eindringlich, »Kojote nicht hier, Lordan nicht. Du schlimmes Fieber.«

»Du hast geschrien«, sagte Sanders, indem er sich über das schweißnasse Gesicht fuhr und an ihm vorbeisah. »Ruhig, Jim, nur ruhig, du hast Schüttelfrost. Verstehst du? Ganz ruhig liegen, Jim, das geht vorbei.«

»Es – geht – vorbei«, brachte Grayton zähneklappernd heraus. Er ballte seine Hände. »Wo – wo sind – wir?«

»Acht Meilen südwestlich von San Cristobal Valley«, antwortete Sanders. »Schon vorbei an den Aguila Bergen. Es ist Nachmittag, Jimmy.«

»Nicht weiter?« flüsterte Grayton bestürzt. Er konnte wieder klar denken, aber ihm fiel nicht ein, wann Brackett auf ihn gefeuert hatte. »Wird – schon – besser. Setzt mich – hin.«

»Du liegst doch«, meldete sich Hadley, »seit gestern. Weißt du das nicht mehr? Du hast noch vor Dunkelheit schlapp gemacht.«

»Ja«, sagte Grayton, »ich weiß schon. Tonio…«

»Si, Jim, was soll ich tun?«

»Hast du die Spuren gelöscht?«

»Alles gut gemacht«, erwiderte der Mexikaner. »Du keine Sorge, Jim. Mächtig starker Wind gekommen heute mittag. Spuren alle tot. Jetzt geritten neun Meilen Süden.«

»Neun Meilen«, wiederholte Grayton. Es war ihm, als umspannten zudrückende Hände seinen Kopf, so daß er Mühe hatte, folgerichtig zu denken. »Seid ihr durch die Aguila-Berge?«

»Genau. Wenn Verfolger, sie denken, wir reiten nach Gila River. Du keine Sorge, Jimmy. Noch was trinken?«

»Ja«, antwortete Grayton mühsam. Er kämpfte mit der Hitze, die nicht von außen sondern von innen kam und wie ein Feuer in ihm wütete. »Wieviel Wasser noch, Hal?«

Die Frage galt Hal Bishop, der die Wasserschläuche auf seinem Ersatzpferd hatte.

»Wenn wir sparsam damit umgehen, reicht es noch für knapp drei Tage, Jim. Warum fragst du?«

Grayton wandte den Kopf, blinzelte und sah nun die Segeltuchjacke vor sich. Plötzlich überkam ihn ein irgendwie beunruhigendes Gefühl. Er hatte an alles gedacht, sogar an die Segeltuchplanen, falls sie von einem Wüstensturm erwischt werden sollten. Nun konnte man daraus eine stabile Trage machen.

»Das Blei muß heraus, oder ich sause über den Jordan. Habe ich recht, Hal?«

Der schwieg, ebenso wie Padero.