Verrat am Rio Sabinas - G.F. Barner - E-Book

Verrat am Rio Sabinas E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Die Lampe brennt schwach. Die Gesichter der beiden Männer liegen im Schatten des grünen Schirmes. Der eine Mann steht und hat die Arme über der Brust verschränkt. Seine Augen sind rauchgrau, sein Gesicht bleibt undeutlich. Der Mann trägt mexikanische Calzones. Außerdem hat er Chaparajos über den Hosen, jene zweckmäßigen Lederteile, die gegen Kakteenstachel und Dornbüsche schützen. Von dem anderen Mann hinter dem Schreibtisch sieht man nicht viel mehr. Nur das Blau seiner Uniform leuchtet, und die Schulterepauletten verraten, dass er Major ist. Major der Armee der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Außerdem hockt ein dritter Mann hinter dem Wandschirm. Jetzt wendet der Mann vor dem Schreibtisch langsam den Kopf. »Kommen Sie da heraus, Wessley«, sagt Steven Falcon ruhig. »Ihre Anwesenheit, mein Freund, würde auch ein dümmerer Mann als ich erkennen.« Der Major zuckt zusammen. »Nun«, sagt er bärbeißig. »Falcon, Sie wissen wohl alles. Also, Wessley, ich sehe keinen Grund …« Und dann verstummt er, denn der wesenlose Schatten löst sich aus der Dunkelheit.

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Die großen Western Classic – 94 –

Verrat am Rio Sabinas

G.F. Barner

Die Lampe brennt schwach. Die Gesichter der beiden Männer liegen im Schatten des grünen Schirmes.

Der eine Mann steht und hat die Arme über der Brust verschränkt. Seine Augen sind rauchgrau, sein Gesicht bleibt undeutlich.

Der Mann trägt mexikanische Calzones. Außerdem hat er Chaparajos über den Hosen, jene zweckmäßigen Lederteile, die gegen Kakteenstachel und Dornbüsche schützen.

Von dem anderen Mann hinter dem Schreibtisch sieht man nicht viel mehr. Nur das Blau seiner Uniform leuchtet, und die Schulterepauletten verraten, dass er Major ist. Major der Armee der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Außerdem hockt ein dritter Mann hinter dem Wandschirm.

Jetzt wendet der Mann vor dem Schreibtisch langsam den Kopf.

»Kommen Sie da heraus, Wessley«, sagt Steven Falcon ruhig. »Ihre Anwesenheit, mein Freund, würde auch ein dümmerer Mann als ich erkennen.«

Der Major zuckt zusammen.

»Nun«, sagt er bärbeißig. »Falcon, Sie wissen wohl alles. Also, Wessley, ich sehe keinen Grund …«

Und dann verstummt er, denn der wesenlose Schatten löst sich aus der Dunkelheit.

John Wessley ist klein, er wirkt fast zart. In Grants Gegenspionageorganisation war er einer der leitenden Männer. Und vielleicht ist er nur hier in Laredo aufgetaucht, weil er spanisch so gut wie ein Eingeborener spricht.

Er kommt hoch. Das leichte Lächeln auf dem Gesicht verrät nichts von seinen Gedanken.

»Woher wussten Sie, Captain, dass ich hier stecke?«

»Ich habe auch meine Leute«, erklärt Falcon ruhig. Es klingt beinahe wie leiser Spott. »Schon ehe ich hierherkam, Colonel, wußte ich, dass man etwas von mir wollte. Und wenn Sie, mein Freund, auch in einer geschlossenen Kutsche mit heruntergezogenen Vorhängen ankamen, so kennt man Ihr Gesicht doch. Noch Fragen?«

»Nein«, erwidert Wessley überrascht. »Ich dachte, Ihre Leute seien drüben bei Corona?«

»Meine Leute sind überall dort, wo ich sie brauche, Colonel.«

»Lassen Sie den Dienstrang weg, Captain. Ich bin Privatmann, verstehen wir uns?«

»Mein lieber Mr. Wessley«, entgegnet Steven Falcon mit leichtem Spott, »Sie sind so wenig Privatmann, wie ich der Präsident der Nordstaaten oder noch Captain der Südstaaten bin. Wollen wir uns gleich belügen, oder soll die Unterhaltung einseitiger Natur bleiben?«

Langsam zieht Wessley die Hand aus der Tasche. Und Falcon erkennt mit einem Schlag, dass Wessley etwas sehr Positives wissen muss und darauf die ganze Zeit schon gewartet hat.

Wessley geht bis zum Tisch, legt das Blatt Papier unter die Lampe und beginnt zu lesen: »Capitano Hermano Cejos bekam am 17. Januar 1866 zwei leichte Feldgeschütze, einige Hundert Gewehre – die genaue Stückzahl liegt über fünfhundert – und achtzigtausend Schuss Munition für Springfieldkarabiner. Ferner zehntausend Haumesser, sechshundertdreißig Revolver vom Baumuster Colt Frontier, Single Action, und dazu je hundert Schuss Patronen. Die Anlieferung erfolgte bei Loma Bonita. Anwesend waren Jim Hodge, Pedro Manzatillo und ein Mann, der nicht erkannt wurde. Er trug allerdings Calzones und Chaparajos, sowie Radsporen mit sechzehn Zacken und einem Silberbügel. Die Radsporen waren aus purem Gold …« Er macht eine kleine Pause und geht seitlich um Steven Falcon herum. »Ich glaube«, sagt Wessley mit feiner Ironie, »ich brauche den Mann mit den goldenen Sporen nicht zu suchen. Oder sind Ihre Sporen, Captain, etwa aus Messing?«

»Sie wollen mir doch nicht unterstellen, dass ich unechte Sporen tragen würde, Wessley?« fragt Falcon lächelnd. »Aber immerhin, es mag mehr Männer mit solchen Sporen geben.«

»Ich glaube es auch«, antwortet Wessley. »Aber, mein Freund, es gibt nur einen Mann, dem Benito Juarez goldene Sporen aus der Beute von Monterrey schenkte. Gehörten Sie nicht einmal einem gewissen Detachement-Lieutenant Raoul La Montes?«

»Sie sind erstaunlich gut informiert, Wessley«, erwidert Falcon trocken. »Und jetzt möchte ich wissen, was Sie von mir wollen. Ich bin nur ein kleiner Mann und treibe mit allen Leuten Handel. Was kann ein kleiner Händler für die Armee tun?«

»Nicht für die Armee«, verbessert Wessley leise, »für den Privatmann John Wessley, Mr. Falcon. Würden Sie es jemals vergessen, fände man keine Spur mehr von dem ›kleinen‹ Händler Falcon. Begriffen?«

»So ist das«, murmelt Falcon. »Ich soll also nicht offiziell arbeiten dürfen. Ich kenne meine Hintermänner nicht, sie sind alle Privatleute und können niemand etwas Böses tun.

Zum Beispiel keine Waffen an jemand liefern, der damit andere Leute vom Leben zum Tode befördert. Ist das so, Wessley?«

»Sie sind ein kluger Mann, Falcon«, stellt Wessley sarkastisch fest. »Sie wissen, dass jeglicher Waffenhandel verboten ist, ohne Lizenz der Regierung. Es würde gleich sein, ob es nun hundert Gewehre oder sechstausend sind, wenn man jemand verurteilen will. Das ist Ihnen doch ohne Weiteres klar, Falcon, oder?«

»Mir wird langsam viel klar, fast zu viel«, sagt Falcon grimmig. »Ich habe mich immer gewundert, woher ein gewisser Lex Anthony derartig viel an Waffen auftreiben konnte. Nun, ich werde ihn fragen und …«

Wessley hebt die Hand und lächelt unschuldig.

»Ihre Leute sind also doch nicht überall«, sagt er träge. »Sonst, mein Freund, müssten Sie wissen, dass besagter Lex Anthony nicht mehr in Laredo ist. Sie werden ihn also nicht mehr fragen können. Und sein Nachfolger, ich fürchte, der brave Mann kann sich auch unter Gewaltandrohung nicht an seinen derzeitigen Aufenthaltsort erinnern. Mr. Anthony ist nämlich verschwunden. Ich habe den leisen Verdacht, dass niemand außer Ihnen weiß, wo der Kerl steckt.«

»Ich? Sie sind ja wahnsinnig, Wessley. Dieser Bursche hat also für Sie gearbeitet, die Waffen an mich verkauft und so herausbekommen, dass ich die besten Verbindungen zu den Juaristas habe. Und jetzt wollen Sie mir erzählen, dass ich dem Kerl geholfen haben soll.«

»Wie erklären Sie sich sonst sein spurloses Verschwinden? Er ist weg, das ist das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen. Er hatte Freunde in Mexiko, die Sie kennen, Falcon. Wo kann er stecken?«

»Wessley, Sie sind kein Narr, dass Sie mich für sein Verschwinden verantwortlich machen können«, sagt Falcon bitter. »Liegt hier ein Fehler vor, dann ist der Mann, der ihn verbrochen hat, in diesem Raum. Und der Mann heißt John Wessley. Was also wollen Sie wissen?«

Wessley greift wieder in die Tasche und zieht einen neuen Bogen Papier heraus.

»Ich muss Sie etwas fragen, Falcon«, sagt er spröde. »Und ich muss Sie bitten, mir die reine Wahrheit zu sagen. Haben Sie am 10. Januar von Anthony dreihundertsechzig Springfieldgewehre bekommen? Je tausend Schuss Patronen dazu?«

»Nein«, erklärt Falcon sofort. »Ich nicht, ich bin bereit, das zu beschwören.«

»Gut, ich wußte, Sie würden mir helfen«, sagt Wessley. »Am 27. Januar auch keine zweihundertsechzehn Revolver, verpackt in drei Kisten mit der Aufschrift der South Texas Overland Company?«

»Zum Teufel, nein«, antwortet Falcon scharf. »Wessley, Sie wollen doch nicht sagen, dass Ihr Freund Anthony diese Waffen angeblich an mich verkaufte, sie aber jemand lieferte, den Sie und ich nicht kennen? Wessley, spannen Sie meine Geduld nicht auf die Folter. Ich habe drei gute Männer zu General Cordona geschickt: Drei meiner besten Leute mit sechzehn bis oben beladenen Burros. Machen Sie jetzt keine großen Sprüche, Mann.«

Wessley sieht ihn an und lächelt bitter. »Falcon, ich will Sie nicht auf die Folter spannen, aber es hat den Anschein, als wenn Anthony, der nie mein Freund war, wenn Sie es auch glauben, ein Doppelspiel getrieben hat. Von unseren Händlern, die die Juaristas mit Waffen versorgen, hat niemand diese Waffen verkauft. Sie bleiben als einziger Mann übrig. Und da Sie es nicht gewesen sind, ja …«

»Ich weiß Bescheid«, murmelt Steven. »Man hat also Anthony auf mich angesetzt. Man wußte, dass ich noch einige der geheimen Waffenlager der Südstaatenarmee kannte, wußte weiter, dass ich die Waffen an Benito Juarez verkaufte. Als diese Waffen aufgebraucht waren, trat Lex Anthony auf den Plan und bot mir, welche an, die er angeblich durch Freunde in den Waffenfabriken von Massachusetts bekam. Der Bursche hat die Waffen also von Ihnen bekommen. Und – das ist der Witz der Geschichte, über den man nicht lachen, sondern nur weinen kann – er hat sie nicht allein an mich verkauft, sondern wahrscheinlich an Bazaine oder Mejia, der seine Indianer damit ausgerüstet hat. Wessley, warum haben Sie den Kerl nicht besser überprüft?«

»Warum? Meinen Sie, ich bestimme darüber allein? Es gibt andere Leute, die Anthony vertrauten. Ich bin nicht allein zuständig. Und ich bin Privatmann. Wenn Anthony durch mich Waffen bekommen hat, dann waren es Privatwaffen.«

»Reden wir doch nicht herum«, braust Falcon auf. »Was Sie sind, das weiß jedes Kind. Aber schön, Sie sind Privatmann. Was jetzt? Wo ist dieser Schuft Anthony, und woher wissen Sie von seinem Betrug?«

»Wir haben einen Vertrauensmann bei General Cordona sitzen«, erwidert Wessley. »Ehe er uns jedoch die vollständigen Unterlagen über Ihre Lieferungen an ihn und Porfirio Diaz mitteilen konnte, verging eine beträchtliche Zeit. Wir haben Anthony verhaften wollen, aber das Nest war leer. Irgendwer muss ihn gewarnt haben, aber wer?«

»Woher soll ich das wissen?« fragt Falcon bitter. »Das war Ihr Mann. Ich weiß nur, dass er angeblich in der Sierra del Fraile Bekannte hatte.«

»Ich habe keinen Mann, der zur Sierra del Fraile reiten kann, Falcon. Aber Sie sagten, Sie haben drei Ihrer Leute zu Cordona geschickt? Sechzehn Maulesel? Mit Waffen?«

»Mit Spazierstöcken nicht, das ist doch wohl klar, Wessley. Da Sie so genau Bescheid wissen, es sind die neunhundert Gewehre, die ich vor einer Woche von Anthony bekam.«

»Teufel, gleich neunhundert, Falcon? Und wenn Sie jetzt in die Hände von Colonel de Sarte fallen? Sie wissen, der Marquis de Sarte hat seine eigenen Methoden, mit Rebellen umzugehen.«

»Halten wir uns nicht lange bei der Vorrede auf«, sagt Steven. »Sie wollen also, dass ich die Truppen von Juarez in diesem Abschnitt allein für Sie mit Waffen beliefere. Das ist es doch? Ich kenne alle Wege und Stege bis nach Mexiko Town und Vera Cruz, das wissen Sie. Und wenn ich es nicht tue?«

»Ich fürchte, Sie haben keine andere Wahl, Falcon«, erwidert Wessley unerbittlich. »Auf Waffenhandel steht der Strang. Wir brauchen Sie, aber niemand wird jemals beweisen können, dass wir Anthony vorschoben, um Sie zu bekommen. Sie kommen nicht lebendig hier heraus, wenn ich das will.«

»Tot würde ich Ihnen nicht nützen, schätze ich«, brummt Steven. »Und hängen lassen möchte ich mich auch nicht. Ich werde also annehmen müssen, aber erst muss ich meine drei Leute suchen.«

»Das ist in Ordnung, aber vergessen Sie über diese Suche nicht unseren Freund Anthony. Das Militärgericht wartet auf ihn. Und versuchen Sie kein falsches Spiel, Captain, es könnte das letzte Ihres Lebens sein.«

Falcon geht auf die Tür zu und sagt kühl: »Wir sprechen weiter, wenn ich aus Monterrey zurück bin, Wessley.« Dann geht er hinaus.

»Formlath«, sagt der Major hinter ihm gepresst. »Lassen Sie Mr. Falcon passieren.«

Die beiden Blaujacken geben den Weg frei. Aus dem flachen Bau, der Unterkunft von Forth McIntosh tritt Steven Falcon.

Er sieht den Schatten eines Mannes links auftauchen, ein anderer kommt scheinbar aus dem Nichts von rechts.

Der Mann von links tritt neben ihn und geht ruhig neben ihm her. Er hat die rechte Hand lose herabhängen. Und nur ein scharfes Auge kann erkennen, dass Sego Pradies ein Revolvermann schnellster Sorte ist.

»Ich dachte schon, sie würden dich nicht wieder herauslassen wollen«, sagt Sego mit seiner singenden Stimme. »War es Wessley?«

»Er war es, Cape hat ihn also doch erkannt. Ist etwas, Ward?«

Der Mann rechts hat leise gehüstelt. Er sieht wie ein herumziehender Wanderprediger aus. Ward Hunt trägt einen langen, dunklen Rock, unter dem zwei fünfundvierziger Colts sitzen. Er war Verpflegungssergeant für Falcons Schwadron.

»Ich war bei Anthony«, sagt Ward leise. »Ihn fand ich nicht, wohl aber zwei Dutzend Blaujacken und einen bärbeißigen Captain, der mich gleich festnehmen wollte. Er sah meine Revolver nicht und glaubte mir, dass ich einen meiner Brüder suchte. Steven, sie haben Federigo, Lex Anthonys Housemaster, eingelocht. Wundert dich das vielleicht?«

»Nein, nicht mehr, ich habe einige Dinge erfahren. Kommt mit zu unserem Quartier.«

In der Mauer aus Lehm ist ein Tor, vor dem die drei Männer stehen bleiben. Falcon hebt den schweren Klopfer an.

Mit dumpfem Dröhnen fällt er auf die Bohlen. Das Geräusch verhallt innen.

Dann fragt eine ruhige Stimme: »Wer ist dort?«

»Yo – el Patron«, sagt Falcon kurz.

Dann klirrt etwas, das Tor geht auf, aber eine Kette hält es bereits nach zehn Zoll fest. Ein Gesicht blickt durch den Spalt, ein breitrandiger Hut ist zu sehen. Und dann sagt der Mann innen: »In Ordnung, es ist Steven.«

Und dann wird das Tor geöffnet.

Die Männer treten ein, stehen einen Augenblick still und sehen sich um.

Zwischen den Kisten rechts stehen zwei Männer mit je einem Revolver in der Hand. Ein anderer Mann taucht im hinteren Teil des flachdachigen Hauses auf.

»Gehen wir hinein«, sagt Falcon kühl. »Manuel, kein Licht.«

Der Lichtschein, der hinter den beiden Fenstern des Hauses aufflackert, erlischt schlagartig.

Drinnen steht ein alter Mann mit einer Karaffe voll Wein, nimmt aus dem Regal sechs Gläser und stellt sie schweigend auf den Tisch.

»Manuel«, murmelt Falcon. »Pedro soll mein Pferd satteln, mir Proviant für drei Tage und Verbandszeug in die Satteltaschen stecken. Es muss schnell gehen.«

»Si, Señor Steven«, erwidert der weißhaarige Mexikaner.

Er verschwindet geräuschlos. Einer der Mexikaner schenkt die Gläser voll.

»Lex war ein schmutziger Verräter«, sagt Falcon hart. »Er hat nicht nur an uns Waffen verkauft, sondern auch an Bazaine und Mejia, diesen Halbindianer. Freunde, er ist verschwunden, ehe sie ihn greifen konnten. Was das für uns bedeutet, brauche ich euch wohl nicht zu sagen. Jetzt haben wir auch eine Erklärung für den Überfall auf unseren Transport Ende Januar. Wir mussten die Waffen damals zurücklassen, um unser Leben zu retten. Anthony war ein schmutziger Verräter. Und Jim ist mit Rual und Edmondo nach Monterrey unterwegs. Wenn Anthony Hilfe braucht, wird er einige Dinge tun.«

Sein Gesicht ist völlig ausdruckslos, als er das Glas mit dem schweren Vino Tinto fuerte leert.

Erstarrt sehen ihn die anderen an. Ward Hunt hüstelt und Sego Paradies steht hastig von seinem Schemel auf.

»Steven, willst du uns sagen, dass Anthony uns verraten hat?«

»Der Marquis de Sarte streift mit seinem Regiment in der Gegend von Monterrey umher und sucht nach Juaristas. Freunde, es sieht bitter aus, wenn Anthony uns verraten hat.«

»Du willst also reiten und nachsehen?« fragt Hunt träge. »Und wenn de Sarte wirklich dort ist und Jim Hodge erwischt hat? Meinst du, er würde dich nicht auch jagen? Bekommt er dich, dann machen sie es so wie mit den anderen. Steven, nimm wenigstens einen mit.«

»Ich brauche keinen«, sagt Falcon bitter. »Es ist genug, wenn ich meinen Hals riskiere. Ich muss Jim finden und versuchen, den Verräter zu packen, ehe er sich zu de Sarte durchschlagen kann und den benachrichtigt. Dann wird man unsere Mittelsleute fangen. Und wir müssten neue Ablieferungsplätze suchen. No, keiner kommt mit.«

Der weißhaarige Mexikaner steht stumm in der Tür.

»Patron, das Pferd ist gesattelt. Es ist alles in den Satteltaschen, wie du es befohlen hast.«

»Es ist gut, Manuel. Ward, wenn ich in drei Tagen nicht zurück bin und ihr keine Nachricht bekommen habt, dann sucht mich. Vielleicht lebe ich dann noch. Vielleicht habe ich dann Jim gefunden und … Was ist das?«

Mitten in die Stille hinein donnern Schläge an das Tor.

Die Stimme von Alvarro, dem Türwächter fragt heiser: »Wer ist da?«

»Aufmachen! Hier ist Sergeant Formlath mit drei Posten. Aufmachen, pronto, Greaser!«

Falcons Freunde sind mit einem Satz hoch und haben die Revolver in den Händen. Es ist nicht weit bis zum Rio Grande, einen guten Gewehrschuss weit. Und ein Posten der Unionstruppen bedeutet nicht viel Gutes.

»Ruhig«, sagt Steven Falcon. »Wir werden hier drin auch mit dreißig Mann fertig. Erst wollen wir sehen, was sie wollen.«

Er geht schnell hinaus. Die anderen folgen ihm und verteilen sich blitzschnell.

Und dann winkt Falcon den Mexikanern zu, sich vorerst abwartend zu verhalten. Er eilt an das Tor, entfernt die Sperrkette, zieht es auf und sieht Formlath mit drei Posten bei Gewehr vor sich stehen. Sie bildet ein Viereck, in dessen Mitte die schmächtige Gestalt von John Wessley fast verschwindet, denn er ist viel kleiner als die Soldaten.

Einen Augenblick verdammt Falcon die polternde und laute Art des Colonels, der angeblich ein Privatmann sein will. Er zwingt sich jedoch zu einem knappen Lächeln, als Wessley mit seinen vier Mann durch das Tor kommt.

»Was ist mit dem Pferd dort?« fragt er lauernd.

»Auch ein kompletter Narr würde wissen, dass ich reiten muss«, erwidert Falcon anzüglich. »Genügt die Antwort, Sir?«

»Ja«, sagt Wessley scharf. »Ich habe es mir überlegt, Falcon. Und ich möchte wahrhaftig keinen zweiten Fehler machen. Wohin Sie auch immer reiten, Sie werden nicht ohne Ihren Schatten sein.«

»Ah«, sagt Falcon überrascht. »Und wer, wenn ich fragen darf, wird dieser Schatten sein?«

»Ich selber.«