Christsein mit Tora und Evangelium - Klaus Wengst - E-Book

Christsein mit Tora und Evangelium E-Book

Klaus Wengst

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Beschreibung

The link to Judaism is part of the Christian identity. This has consequences in regards to the formulation of Christian theology. The own history & as a German and as a Christian & has to be accepted, traditions are to be checked and updated in such a way, that they serve life & not lastly for "the lives of the others". This is what has been attempted through the interpretation of New Testament texts on central theologian topics. Here, the rigid dogmatic formulas of biblical statements and their Jewish context are being realised. The insights gained through the bible place Christians side by side with Jews whilst respecting remaining differences as part of a solidary partnership.

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Der Bezug zum Judentum ist Teil der christlichen Identität. Das hat Folgen für die Formulierung christlicher Theologie. Die eigene Geschichte - als Deutscher und als Christ - muss angenommen werden, Traditionen sind zu prüfen und so zu aktualisieren, dass sie lebensdienlich sind - nicht zuletzt für 'das Leben der anderen'. Das wird in der Auslegung neutestamentlicher Texte zu zentralen theologischen Themen versucht. Dabei werden starr gewordene dogmatische Formeln von den biblischen Aussagen und deren jüdischem Kontext her wieder verflüssigt. Die hier von der Bibel her gewonnenen Einsichten stellen Christinnen und Christen unter Respektierung bleibender Unterschiede in solidarischer Partnerschaft an die Seite von Jüdinnen und Juden.

Prof. Dr. Klaus Wengst lehrt Neues Testament und Judentumskunde an der Universität Bochum.

Klaus Wengst

Christsein mit Tora und Evangelium

Beiträge zum Umbau christlicher Theologie im Angesicht Israels

Verlag W. Kohlhammer

Alle Rechte vorbehalten © 2014 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany

Print: 978-3-17-025144-1

E-Book-Formate

pdf:

978-3-17-025145-8

epub:

978-3-17-025146-5

mobi:

978-3-17-025147-2

Inhaltsverzeichnis

I. Die eigene Geschichte annehmen

§ 1 Christen als „Amaleks“ Kinder und ihre Verwiesenheit auf Israel: ein offenes Problem

1. Die bleibende Bedeutung der Erinnerung an die Schoa oder die bleibende Bedeutung der Schoa?

2. Was das Erinnern an die Schoa notwendig theologisch einschließt: die Unmöglichkeit, Gott ohne Israel zu denken

3. „Wer gedenken will und sich erinnern kann, der braucht aus der Geschichte nicht zu lernen.“

4. Die universale Bedeutung des partikular Besonderen

§ 2 Auf der Suche nach der eigenen Aufgabe als Neutestamentler: ein autobiographischer Rückblick

1. Herkunft aus der Provinz

2. Studium mit einseitiger Ausrichtung

3. Suche nach Orientierung im politischen Kontext

4. Begegnung mit dem Judentum

5. Zwischen Katheder und Kanzel: Perspektiven auf die Arbeit am Neuen Testament

§ 3 Martin Luther und die Juden: Über theologische Judenfeindschaft als Geburtsfehler des Protestantismus

1. Das Wenige, das man feiern könnte und das doch keine Freude macht

2. „… es muss alles in Christus und nichts außer ihm geschehen“ – Luthers Umgang mit dem Alten Testament

3. Die Vorordnung der Christologie bei Luther und ihre verhängnisvollen Folgen

4. 500 Jahre Reformation: Es gilt nicht nur zu feiern

§ 4 Theologie und Politik bei Karl Barth und Karl Ludwig Schmidt im Jahr 1933

1. Skizze der Lebensdaten Karl Ludwig Schmidts

2. Skizze der Lebensdaten Karl Barths

3. Einem faschistischen Regime keinerlei Loyalität erweisen – Karl Ludwig Schmidt 1933

4. Sich als Mann der Kirche bewähren – Karl Barth 1933

5. Schmidt und Barth über „die Judenfrage“

6. Nach Kriegsende: Keine Rückkehr von Barth und Schmidt nach Bonn

II. Christlich-theologische Grundaussagen in Rückbesinnung auf die Bibel verstehen

§ 5 Neues Testament und dreieiniger Gott: Trinitarisch von Gott reden im Angesicht Israels

1. Einleitendes zur Fragestellung

2. Das Verhältnis Jesu zu Gott

3. Das Verhältnis zwischen Jesus und dem heiligen Geist

4. Die Relation Vater, Sohn und heiliger Geist

5. Ein letzter Punkt: die Einheit Gottes – nicht am Anfang, sondern am Ende

§ 6 Wunder und Auferstehung

1. Wundergeschichten: erzählen über die Realität hinaus

2. Das größte Wunder: Auferstehung der Toten – Auferweckung Jesu

3. Die Rede von der Auferweckung als „wirkliches Gleichnis“

4. Das Zeugnis der Ostererzählungen

§ 7 „…dass der Gesalbte gemäß den Schriften für unsere Sünden gestorben ist“. Zum Verstehen des Todes Jesu als stellvertretende Sühne im Neuen Testament

1. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Das Mitsein Gottes in den Erzählungen von der Passion Jesu

2. „Musste das nicht der Gesalbte leiden …?“ Wider den Triumph faktischer Gewalt

3. „Ich bin’s.“ Jesus als Souverän des eigenen Geschicks in der Passionsgeschichte des Johannesevangeliums

4. „… für uns gestorben“ Die Deutung des Todes Jesu als stellvertretende Sühne oder: Über den in Mitleidenschaft gezogenen Gott

5. Sühne, Wiedergutmachung, Vergebung

§ 8 „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt …“ Die neutestamentlichen Abendmahlstexte in jüdischem Kontext gelesen

1. Jesus als „Brot des Lebens“, von dem die Gemeinde „zehrt“ (Johannes 6,51–58) 208

2. „… verpflichtet, sich selbst so anzusehen, als wäre man aus Ägypten ausgezogen“. Das Pessachmahl als Rahmen der Einsetzung der Eucharistie/des Abendmahls

3. „Das Blut des Bundes“ – „der neue Bund“ Zu den biblischen Bezügen im Becherwort

4. Den Leib (des Herrn) richtig beurteilen – sich selbst richtig beurteilen. Ekklesiologische Dimensionen der Eucharistie/des Abendmahls nach Paulus

5. Rückblickende Erwägungen

§ 9 „Universale Heilsbedeutung Jesu“ und bleibende Besonderheit Israels nach dem Römerbrief des Paulus

1. Zur Fragestellung

2. Die Parallelität von Heilsaussagen in Bezug auf die Gemeinde und in Bezug auf Israel

3. Auch die Völker – und die Voraussetzung des „Auch“

4. „Außerhalb des Geltungsbereiches der Tora“

5. „Diener des Volks der Beschneidung“

III. Solidarische Partnerschaft mit Israel/Judentum gestalten

§ 10 Christsein mit Tora und Evangelium oder: Die Frage nach der Wahrheit zwischen Universalität und Partikularität

1. Gesetz oder Freiheit?

2. Zwischen Sammlung und Sendung, Partikularität und Universalität

3. Die Frage nach der Wahrheit

4. Plädoyer für ein wirkliches Gespräch

§ 11 Jerusalem als Perspektive eines biblisch begründeten Miteinanders von Juden und Christen – auf dem Weg zu einer „biblischen Ökumene“?

1. „Biblische Ökumene“?

2. Der Schluss der jüdischen Bibel und der Schluss des Neuen Testaments als Mitte

3. Die Erdung des himmlischen Jerusalem

4. Die über die bloße Faktizität hinausweisende Dimension des irdischen Jerusalem

5. „Die Braut, die Frau des Lammes“

6. „Jerusalem“ als Bezugspunkt einer solidarischen Partnerschaft von Christen mit Juden

§ 12 Land Israel und universales Heil: Eine theologische Auseinandersetzung mit dem „Kairos Palästina-Dokument“

1. Theologische Grundlegung des Dokuments: die Betonung der Universalität

2. Gott als Gott aller Welt ist und bleibt Israels Gott

3. Der jüdische Jesus und universales Heil

4. Über das Verhältnis der beiden Testamente zueinander

5. Das Problem des Landes

6. Abschließende Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Stellenregister

MICHA BRUMLIK, dem Mitstreiter im Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim DEKT von 1992 bis 2006

Vorwort

Dieser Band knüpft formal und sachlich an mein Buch „Jesus zwischen Juden und Christen. Re-Visionen im Verhältnis der Kirche zu Israel“ an (2., erweiterte Auflage 2004; zuerst 1999). Ich habe hier Vorträge und Aufsätze der letzten zehn Jahre so zusammengestellt und bearbeitet, dass Doppelungen möglichst vermieden werden und ein sinnvoller Zusammenhang entsteht. Zugleich ist aber auch jeder Paragraph für sich lesbar. Weniges aus dem früheren Buch ist um der argumentativen Klarheit willen aufgenommen. Ich habe versucht weiter zu lernen. Manches ist mir klarer geworden und lässt mich entsprechende Konsequenzen ziehen. Bestimmend geblieben ist die Frage nach dem Verhältnis zu Israel, zum Judentum – wie es vom biblischen Zeugnis her zu beschreiben ist und was das für die Auslegung des Neuen Testaments und den Umgang mit der eigenen christlichen Tradition bedeutet.

Edna Brocke, Chana Safrai (ihr Andenken zum Guten!) und Micha Brumlik waren und sind die jüdischen Personen, mit denen ich am längsten verbunden war und bin und von denen ich im Gespräch am meisten gelernt habe. Den beiden Erstgenannten konnte ich bereits je ein Buch widmen. Micha Brumlik und ich sind uns zuerst Ende der 80er Jahre auf einer Tagung zum Johannesevangelium als Antipoden begegnet. Wir trafen uns dann wieder in der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag und fanden uns Anfang 1992 unversehens als deren jüdischer und christlicher Vorsitzender zusammengebunden vor. Wir haben uns zusammengerauft und einander gut ergänzt. Dabei ist mir Micha Brumlik zum Freund geworden, dem ich viel verdanke. Als Ausdruck meines Dankes sei ihm dieser Band gewidmet.

Meiner Frau Helga danke ich herzlich für eine kritische Lektüre des Manuskripts mit hilfreichen Rückfragen und Herrn Florian Specker vom Verlag für wiederum gute Zusammenarbeit und Hilfe beim Formatieren.

Bochum, im November 2013

Klaus Wengst

I. Die eigene Geschichte annehmen

Die eigene Geschichte annehmen – ich bin Christ und ich bin Deutscher. Aus der mir damit vorgegebenen Geschichte kann und will ich nicht aussteigen. Davon ist meine Identität ganz wesentlich bestimmt. Ich habe mir mein Deutschsein nicht ausgesucht; ich bin als Deutscher geboren. Aber auch mein Christsein beruht nicht auf einer persönlichen Entscheidung; ich bin als Säugling getauft worden. Ich habe nie ein Bekehrungserlebnis gehabt. Ich bin in aller Selbstverständlichkeit in christlicher Volksfrömmigkeit aufgewachsen, besonders geprägt durch das Erzählen biblischer Geschichten im Kindergottesdienst. So habe ich mein Christsein ebenso selbstverständlich bejaht und tue es bis heute. In der familiären und ländlichen Umgebung meiner Kindheit waren „deutsch“ und „Deutschland“ höchst positiv besetzte Begriffe. Von den jüngeren Brüdern meiner Mutter seit 1949 fußballverrückt gemacht, habe ich das erste Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft nach dem Krieg gegen die Schweiz am Radio miterlebt und den Sieg bejubelt. Schon bei der Vorbereitung zur Fußballweltmeisterschaft 1954 habe ich mit gefiebert, alle deutschen Spiele der Endrunde am Radio oder – soweit sie dort übertragen wurden – im Fernsehen in Gasthäusern im Dorf gesehen und den schließlichen Triumph genossen, was mein Nationalbewusstsein nachhaltig bestimmt hat.

Nachdem ich als theologischer Lehrer in Vorlesungen und Seminaren begonnen hatte, bei der Auslegung des Neuen Testaments verstärkt mit Texten des Alten Testaments und noch mehr mit jüdisch-rabbinischen Texten zu arbeiten, wurde von Studierenden – wie ich auf einem kurzen Umweg erfuhr – vermutet, ich würde zum Judentum konvertieren. Mich hat das sehr überrascht, da ich selbst nicht einmal die Spur eines Gedankens in diese Richtung hatte. Als ich darüber nachdachte, warum ich sie nicht hatte, ergaben sich mir zwei Argumente, ein positives und ein negatives, die für mich bindende Kraft haben. Das erste ist: Ich bin getauft. Ich bin ein fröhlicher Christenmensch; ich freue mich meines Glaubens und habe an ihm volles Genügen. Ich vermisse nichts, was ich anderswo suchen müsste. Es gab eine Zeit in meinem Leben, gegen Ende meines Studiums, da hätte ich Agnostiker werden können – aber kein Konvertit zu einer anderen Religion. Um nicht missverstanden zu werden: Ich weiß natürlich, dass es Konversionen gibt. Ohne mich darüber zu freuen, aber auch ohne sie zu kritisieren, respektiere ich sie als persönliche Entscheidungen. Für mich jedoch – und das ist das zweite Argument – empfände ich eine Konversion zum Judentum als eine Flucht aus der mir geschichtlich zugewachsenen Verantwortung, indem ich von der Seite der Täter auf die der Opfer wechselte.

Dieser Aspekt macht deutlich: Dass ich als Christ und als Deutscher nicht aus der mir damit vorgegebenen Geschichte aussteigen kann und will, darf nicht heißen, besinnungslos oder auch höchst besinnungsvoll im Strom dieser Geschichte einfach mitzuschwimmen. Sie annehmen heißt auch, sich ihr zu stellen, Traditionen zu prüfen, sie nicht einfach wegzuwerfen, sondern so mit ihnen umzugehen und sie so zu gestalten, dass sie lebensdienlich sind – nicht zuletzt für „das Leben der anderen“.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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