Corona-Maßnahmen - Nutzen, Risiken und Folgen - Günter Kampf - E-Book

Corona-Maßnahmen - Nutzen, Risiken und Folgen E-Book

Günter Kampf

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Beschreibung

Zahlreiche Maßnahmen wurden im Rahmen der COVID-19-Pandemie in Deutschland verhängt. In diesem Sachbuch wird beschrieben, in welchen Körpersekreten infektiöses SARS-Coronavirus-2 nachweisbar ist, welche Erkenntnisse zu Übertragungswegen vorliegen und welche Menschen bzw. Berufsgruppen besonders gefährdet sind. Es werden Maßnahmen wie das Anlegen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Abstand halten, die Desinfektion von Flächen, der Lockdown sowie die Impfung auf wissenschaftlicher Basis bewertet. Wie gut können durch sie die Übertragung des SARS-CoV-2 verhindert werden? Welche Risiken sind mit ihnen assoziiert und welche gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen können sie haben? Anhand von typischen Lebenssituationen wie dem Einkaufen wird erläutert, wie wahrscheinlich eine Übertragung zwischen Menschen ist und welche Faktoren die Übertragung begünstigen. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass nicht von jeder Maßnahme ein Gesundheitsnutzen zu erwarten ist. Im Gegenteil: einige von ihnen können sogar mit relevanten Risiken und gravierenden gesundheitlichen Folgen verbunden sein.

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Günter Kampf

Corona-Maßnahmen

Nutzen, Risiken und Folgen

© 2021 Günter Kampf

Lektorat: Reinhard Blum

Bildquellen:

Anna Shvets von Pexels (Titelseite)

 

Tima Miroshnichenko von Pexels (Rückseite)

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback

978-3-347-24818-2

Hardcover

978-3-347-24819-9

e-Book

978-3-347-24820-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Vorwort

Die Coronavirus-Pandemie ist für Menschen und Medien seit nunmehr einem Jahr das bestimmende Thema. Es nimmt den Hauptteil der Nachrichten ein, und es gibt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen fast keine Talk-Show ohne Bezug zum Coronavirus. Wenn man mit Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten oder Menschen auf der Straße ins Gespräch kommt, dreht es sich meist sehr schnell um die „Corona-Krise“. Wie steht man zu den staatlich angeordneten Maßnahmen und ihren schrittweisen Verschärfungen oder Lockerungen? Wie gravierend ist das Infektionsgeschehen? Wie tödlich ist die Infektion? Jeder wird dazu inzwischen seinen eigenen Standpunkt gefunden haben und in Diskussionen mit Überzeugung vertreten können. Wie stark belastet es die Familie mit „home office“ und „home schooling“? Wie stark belastet es den Arbeitgeber, wenn auf einmal strikte Hygiene-Auflagen erarbeitet und umgesetzt werden sollen? Und später doch eine vorübergehende Schließung des Betriebs im Lockdown durchgesetzt wird? Was machen solche Auflagen mit den Mitarbeitern? Sind sie dankbar, dass der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht so vorbildlich nachkommt oder finden sie manche Maßnahmen völlig überzogen? Was macht die eigene Seele aus den Bildern, die in der Öffentlichkeit zu sehen sind, wenn viele Menschen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, großen Abstand halten und sich am liebsten ganz aus dem Weg gehen wollen?

Ich bin einer von sehr vielen Menschen, die ihr aktuelles Umfeld aufmerksam beobachten und versuchen zu verstehen, was momentan passiert. Das fällt mir nicht immer leicht, wenn ich beispielsweise von Beschlüssen einiger Politiker höre, deren Sinnhaftigkeit ich aus fachlichen Gründen zunächst in Zweifel ziehen würde. Ich wundere mich immer wieder darüber, dass es insbesondere zu den angeordneten Maßnahmen keine fachlich kontroversen Debatten im Fernsehen zu geben scheint. Ich habe mir oftmals gewünscht, dass sich die Experten wie Virologen, Epidemiologen, Soziologen oder Hygieniker mit ganz unterschiedlichen Standpunkten zu einer Fragestellung gegenseitig ihre guten und begründeten Argumente „um die Ohren hauen“ und der Zuschauer sich selber ein Bild davon machen kann, welches der Argumente mehr überzeugt. Doch eine solche öffentliche Debatte konnte ich bislang nicht erleben.

Deshalb habe ich versucht, mir ein eigenes fachliches Bild von verschiedenen wichtigen Aspekten zu verschaffen. Von welchen Quellen wird das Virus übertragen? Welche Rolle spielen dabei die Menschen, die zwar das Virus tragen, aber keine Symptome aufweisen? Welches sind wichtige Übertragungswege, welches sind vernachlässigbare Übertragungswege? Welche der Maßnahmen lassen tatsächlich einen relevanten Gesundheitsnutzen erwarten, d. h. das Vermeiden einer Übertragung bzw. neuen Infektion? Kann es überhaupt ein Null-Risiko geben, und ist es als Ziel sinnvoll? Und wer sollte bzw. darf darüber entscheiden, welches Gesundheits- bzw. Infektionsrisiko für einen Bürger akzeptabel ist? Das sind einige der Fragen, die ich versuchen werde, in diesem Buch zu beantworten. Es wird keine abschließende Bewertung sein können, aber vielleicht trägt es dazu bei, hinsichtlich der Eignung von Maßnahmen eine sachlichere Diskussion zu führen, bei der ein zu erwartender Nutzen mit den jeweiligen Risiken und den absehbaren Folgen abgeglichen werden sollte.

Einige Lebensbereiche wie Schulen oder Pflegeheime sind nicht explizit betrachtet, obwohl es das sicherlich wert gewesen wäre. Vielleicht helfen hier einige Einschätzungen, die ich im Zusammenhang mit Friseursalons, dem Einzelhandel und der Gastronomie beschrieben habe.

Ein wichtiger Aspekt ist in den letzten Monaten für mich hinzugekommen. Es sind die gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen einiger Maßnahmen, insbesondere des Lockdowns. Die gesundheitlichen Folgen sind für zahlreiche Menschen erheblich und deshalb ausführlich beschrieben. Da diese Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Mehrzahl der Medien und Politiker kaum gesehen werden, habe ich einzelne Fallbeispiele eingefügt. Ich hoffe, dass ich auf diesem Weg dazu beitragen kann, diese Menschen mit ihren Schicksalen aus dem medialen und politischen toten Winkel herauszuholen.

Abschließend bitte ich alle Leser, zwei Hinweise zu beachten. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. Der zweite Hinweis betrifft die Aktualität der hier dargestellten Informationen, denn die Entwicklung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in guten Fachzeitschriften ist bei diesem Thema rasant. Täglich kommen neue Veröffentlichungen hinzu. Die hier ausführlicher dargestellten Studienergebnisse habe ich mit größter Sorgfalt zusammengetragen und ich hoffe, bis zum Abschluss des Manuskripts keine wesentlichen Erkenntnisse übersehen zu haben. Doch das ist bei der Fülle an Informationen kaum möglich. Und es kann gut sein, dass schon kurze Zeit später neue wichtige Erkenntnisse hinzukommen, die nicht im Einklang mit hier beschriebenen Ergebnissen stehen. Sie halten also eine Momentaufnahme in den Händen, die Ihnen hoffentlich eine wertvolle Informationsquelle ist, um sich hinsichtlich der Bewertung von Übertragungsrisiken und Präventionsmaßnahmen sowie ihren Folgen ein eigenes fundierteres Urteil bilden zu können.

Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. DAS VIRUS

3. DIE KRANKHEIT COVID-19

3.1. KRANKHEITSBILD

3.2. LONG COVID

3.3. STERBLICHKEIT

Definition: Tod durch COVID-19

Bezug: COVID-19-Fallzahlen

Bezug: COVID-19-Infektionen

3.4. BESONDERS GEFÄHRDETE MENSCHEN

Menschen im höheren Lebensalter

Menschen mit mehreren Grunderkrankungen

Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen

4. DIE COVID-19-PANDEMIE

4.1. KLINISCHE DEFINITION DER LUNGENENTZÜNDUNG

4.2. FALLDEFINITION DER NOSOKOMIALEN LUNGENENTZÜNDUNG

4.3. COVID-19-FALLDEFINITIONEN

Falldefinitionen der WHO

Falldefinitionen des ECDC

Falldefinitionen des RKI

4.4. COVID-19-TODESFALLDEFINITIONEN

Todesfalldefinitionen der WHO

Wahrscheinlichkeit der Todesursache COVID-19

4.5. WELTWEITE COVID-19-FÄLLE UND TODESFÄLLE

Weltweite Fallzahlen

Bevölkerung von Island

Bevölkerung der Slowakischen Republik

Bewohner in Qingdao, China

Bewohner in Wuhan, China

4.6. COVID-19-FÄLLE IN DEUTSCHLAND

Fallzahlen

Reproduktionszahl

Testzahlen und Positivenquote

Fallzahlen in den Medien

4.7. COVID-19-FÄLLE IN DEFINIERTEN KOHORTEN

Rückkehrer aus Wuhan, China

Gemeinde Gangelt

Kupferzell

Bad Feilnbach

4.8. COVID-19-FÄLLE IN KRANKENHÄUSERN

4.9. COVID-FÄLLE IN PFLEGEHEIMEN

4.10. COVID-19-FÄLLE IN SCHLACHTHÖFEN

5. VIRUSNACHWEIS

5.1. NACHWEIS DER VIRUS-RNA (PCR)

Genauigkeit der PCR

Falsch-positive PCR-Ergebnisse

Dauerhafte RNA-Träger

Bedeutung der Ct-Werte

Eignung des PCR-Tests für massenhafte Untersuchungen

PCR-Schnelltests

5.2. NACHWEIS INFEKTIÖSER VIREN

5.3. NACHWEIS VON NUKLEOPROTEINEN (ANTIGENTEST)

6. QUELLEN UND ÜBERTRAGUNG VON SARS-CoV-2

6.1. ATEMWEGSEKRETE

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.2. TRÄNENFLÜSSIGKEIT UND BINDEHAUT

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.3. STUHL

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.4. BLUT

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.5. URIN

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.6. UNBELEBTE FLÄCHEN

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.7. HÄNDE

Häufigkeit als Quelle

Bedeutung für die Übertragung

6.8. HAUSTIERE

6.9. VIRUSTRÄGER OHNE SYMPTOME

6.10. ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG

7. ÜBERTRAGUNGSWAHRSCHEINLICHKEITEN

7.1. ANZAHL MÖGLICHER QUELLEN

7.2. KONTAKT MIT INFIZIERTEN

7.3. ART DES KONTAKTS

Fallbeispiel „Patientenversorgung“

Fallbeispiele „Einkauf“

Fallbeispiel „Restaurant“

7.4. FLÄCHEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

8. OFFIZIELLE ZIELE DER MAßNAHMEN

8.1. ÜBERFORDERUNG DES GESUNDHEITSSYSTEMS VERMEIDEN

8.2. VERDOPPLUNGSZEIT > 14 TAGE

8.3. REPRODUKTIONSZAHL < 1

8.4. VERFOLGUNG JEDER INFEKTIONSKETTE

8.5. INZIDENZWERT UNTER SCHWELLENWERT HALTEN

8.6. FOLGEN EINES ERREICHTEN ZIELS

9. MAßNAHMEN ZUR EINGRENZUNG VON COVID-19

10. HÄNDEWASCHEN

10.1. EMPFEHLUNG DES RKI

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

10.2. EMPFEHLUNG DER WHO

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

10.3. WIRKUNG

10.4. NUTZEN

10.5. RISIKEN

10.6. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

11. HÄNDE DESINFIZIEREN

11.1. ZUSAMMENSETZUNG VON HÄNDEDESINFEKTIONSMITTELN

11.2. EMPFEHLUNGEN DES RKI

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

11.3. EMPFEHLUNG DER WHO

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

11.4. WIRKUNG

11.5. NUTZEN

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

11.6. RISIKEN

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

11.7. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

12. HANDSCHUHE ANLEGEN

12.1. HANDSCHUHARTEN

12.2. EMPFEHLUNG DES RKI

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

12.3. EMPFEHLUNG DER WHO

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

12.4. NUTZEN

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

12.5. RISIKEN

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

12.6. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

13. FLÄCHEN DESINFIZIEREN

13.1. ZUSAMMENSETZUNG VON FLÄCHENDESINFEKTIONSMITTELN

13.2. EMPFEHLUNGEN DES RKI

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

13.3. EMPFEHLUNGEN DER WHO

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

13.4. WIRKUNG

13.5. NUTZEN

13.6. RISIKEN

13.7. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

13.8. WERDEN DESINFEKTIONSMITTEL JETZT LIFESTYLE-PRODUKTE?

14. MUND-NASEN-BEDECKUNGEN

14.1. ARTEN VON MUND-NASEN-BEDECKUNGEN

Alltagsmasken

Mund-Nasen-Schutz / OP-Masken

FFP-Masken

14.2. CHRONIK DER MASKENPFLICHT IN DEUTSCHLAND

Die Begründung des RKI

Sonderfall Düsseldorf

14.3. EMPFEHLUNGEN DES RKI

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

14.4. EMPFEHLUNG DER WHO

Gesundheitswesen

Allgemeinbevölkerung

14.5. EMPFEHLUNGEN DES ECDC

14.6. WIRKSAMKEIT DER VERSCHIEDENEN MASKEN

Alltagsmasken

Mund-Nasen-Schutz / OP-Masken

FFP2- bzw. N95-Masken

Vergleichende Laborstudie mit SARS-CoV-2

14.7. NUTZEN

Nutzen: Reduktion von Atemwegsinfektionen

Fall-Kontroll-Studien

Beobachtungsstudien

Randomisierte kontrollierte Studien

14.8. RISIKEN

Mangelsituation in der Patientenversorgung

Hautläsionen

Die seelische Gesundheit

Herz-Kreislauf-System und Atemwege

Zu geringe physische Distanz

Falscher Umgang mit Masken

14.9. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

Menschen mit Symptomen einer Atemweginfektion

Menschen ohne Symptome einer Atemweginfektion

15. ABSTAND HALTEN

15.1. EMPFEHLUNGEN VON RKI, WHO UND CDC

15.2. MINDESTABSTAND VON 1,5 METERN

15.3. PLEXIGLASSCHEIBEN

15.4. BODENMARKIERUNGEN

15.5. QUARANTÄNE

15.6. NUTZEN

15.7. RISIKEN

15.8. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

16. BARGELDLOS ZAHLEN

16.1. WAHRSCHEINLICHKEIT EINER KONTAMINATION

16.2. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

17. IMPFUNG

17.1. WIRKSAMKEIT EINER IMPFUNG

Prävention der Infektion

Prävention schwerer Infektionen

Prävention der Übertragung

17.2. IMPFSTOFFENTWICKLUNG

17.3. STUDIEN ZUR WIRKSAMKEIT EINER IMPFUNG

17.4. IMPFSTOFFE BZW. IMPFSTOFFKANDIDATEN

Impfstoffarten

Der Impfstoff von AstraZeneca

Der Impfstoff von Sanofi-GlaxoSmithKline

Der Impfstoff von Janssen Pharmaceutica NV

Der Impfstoff von BioNTech-Pfizer

Der Impfstoff von Moderna

17.5. AUSSAGEKRAFT AKTUELLER PHASE III STUDIEN

Eignung der Probanden für Wirksamkeitsnachweis

17.6. INFEKTIONSVERSTÄRKENDE ANTIKÖRPER

17.7. SICHERHEIT DER IMPFUNG – LEHREN AUS 1955

17.8. SICHERHEIT DER IMPFUNG – LEHREN VON PANDEMRIX 2009

17.9. TRANSPARENZ BEI UNERWÜNSCHTEN WIRKUNGEN

17.10. EMPFEHLUNG DER STÄNDIGEN IMPFKOMMISSION

17.11. HAFTUNG BEI IMPFSCHÄDEN

17.12. FREIWILLIGKEIT ODER PFLICHT?

Lehre aus der Geschichte

Aktuelle Situation in Deutschland

Impfplicht in der Bundeswehr?

Flugreisen

Einreise nach Deutschland

Behördliche Registrierung von Ungeimpften

17.13. WERDEN INFEKTIONEN VERHINDERT?

17.14. WERDEN SCHWERE INFEKTIONEN VERHINDERT?

17.15. WERDEN ÜBERTRAGUNGEN VERHINDERT?

17.16. OFFENE FRAGEN

Dauer der Immunität

Wirkung bei älteren Menschen

Langfristige Verträglichkeit

17.17. NUTZEN UND RISIKEN

„Nur“ Schutz vor (schwerer) Infektion

Schutz vor (schwerer) Infektion und Ausbreitung

18. LOCKDOWN

18.1. DER COVID-19-LOCKDOWN

Fallbeispiel Griechenland

18.2. CHRONIK DER LOCKDOWNS IN DEUTSCHLAND

18.3. EMPFEHLUNGEN DES RKI

18.4. EMPFEHLUNG DER LEOPOLDINA

18.5. EMPFEHLUNGEN DER WHO

18.6. WIRKSAMKEIT VON LOCKDOWNS

18.7. RISIKEN VON LOCKDOWNS

18.8. NUTZEN-RISIKO-BEWERTUNG

19. FOLGEN DER MAßNAHMEN

19.1. FALSCH-POSITIVE TESTS

19.2. SCHLAGANFALL

Deutschland

Spanien

Großbritannien

USA

19.3. HERZINFARKT

Deutschland

Großbritannien

Weitere Länder

19.4. AMPUTATIONEN

19.5. KREBS

Deutschland

Großbritannien

19.6. DIABETES MELLITUS

19.7. EINSAMKEIT

Großbritannien

Weitere Länder

19.8. ANGSTSTÖRUNGEN UND STRESS

19.9. DEPRESSION

19.10. SUIZID

Deutschland

Großbritannien

Schweiz

Japan

Südkorea

Hintergründe

19.11. KONSUM VON SUCHTMITTELN

Alkohol

Zigaretten

Drogen

19.12. AUSWIRKUNGEN IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN

19.13. EIN LOCKDOWN IST KEINE „BITTERE MEDIZIN“

20. SINNHAFTIGKEIT VON MAßNAHMEN: FRISEURSALON

20.1. ÜBERTRAGUNGSRISIKO IM FRISEURSALON

20.2. ARBEITSSCHUTZSTANDARD FRISEURHANDWERK

21. RECHT AUF SELBSTBESTIMMTES RISIKO?

21.1. MENSCHENWÜRDE

21.2. FREIWILLIGKEIT ODER PFLICHT?

Vergleich zur Händedesinfektion

Beispiel Supermarkt

Erkenntnisse aus dem Nahverkehr

Plädoyer für Ehrlichkeit

Psychologie des Gehorsams

21.3. ISOLATION IM PFLEGEHEIM

21.4. BEGEGNUNGEN MIT FAMILIE UND FREUNDEN

21.5. BEATMUNGSTHERAPIE

22. ÄRZTE, AUFKLÄRUNG UND WISSENSCHAFT

22.1. MEINUNGSFREIHEIT

22.2. AUFKLÄRUNG ODER AUTORITÄT?

22.3. ÄRZTE UND WISSENSCHAFT

22.4. ÄRZTE UND GLEICHSCHRITT

22.5. SPRACHE

22.6. DEBATTEN STATT DENKVERBOTE

23. EIN ANDERER WEG

23.1. LEBENSSITUATIONEN MIT HOHEM ÜBERTRAGUNGSRISIKO

23.2. LEBENSSITUATIONEN MIT GERINGEM ÜBERTRAGUNGSRISIKO

23.3. SONSTIGE LEBENSSITUATIONEN

23.4. EIN RESTRISIKO WIRD IMMER BLEIBEN

23.5. DIE GREAT BARRINGTON ERKLÄRUNG

24. FACHWORTVERZEICHNIS

25. DANKSAGUNG

26. ÜBER DEN AUTOR

QUELLENVERZEICHNIS

1. Einleitung

In der aktuellen Coronavirus-Pandemie sind manche Einschränkungen für viele Menschen schwer zu ertragen. Dazu zählen die erschwerten oder verbotenen persönlichen Begegnungen mit Familienangehörigen wie der betagten, eventuell dementen Mutter im Pflegeheim oder mit guten Freunden. Das betrifft die Schließung von Schulen und Kitas mit allen Konsequenzen für die Eltern und Kinder (Homeschooling). Es betrifft die Schließung von Sportstätten, Kulturstätten und Restaurants mit allen Folgen für die Inhaber und Angestellten. Das Verbot touristischer Reisen mit der Folge fehlender Erholung für die Reisenden und erheblicher Umsatzrückgänge für die Hotels und Pensionen ist eine weitere Einschränkung, verbunden mit drohender Arbeitslosigkeit für die Mitarbeiter in dieser Branche. Für viele Menschen sind die Einsamkeit, das fehlende Umarmen und Berühren von Personen des näheren Umfelds zu einem großen Problem geworden. Auch der teils stark gestiegene Aufwand, den Alltag zu organisieren, die Unplanbarkeit der nächsten Wochen, die eingeschränkten Erholungsmöglichkeiten sowie die zunehmende Sorge vor den wirtschaftlichen Folgen dieser politischen Entscheidungen wurden zu einer immer stärkeren emotionalen Belastung. Viele der vom Bürger erlebten Einschränkungen werden von Behörden wie dem Robert Koch-Institut (RKI), Wissenschaftlern oder Fachgesellschaften empfohlen. Teilweise werden sie zusätzlich auf politischer Ebene ohne parlamentarische Debatte in Form von Allgemeinverfügungen beschlossen (Bundes- oder Landesebene) und sind in der Folge von den Bürgern umzusetzen. Wer die Umsetzung absichtlich oder unabsichtlich missachtet, kann mit einem Bußgeld bestraft werden [2], im Lebensmittelladen eventuell mit einem Hausverbot versehen oder im Nahverkehr zum Verlassen des Zuges oder Busses aufgefordert werden. Teilweise werden die einzelnen Maßnahmen von Einzelhändlern ohne amtliche Vorgabe implementiert, vermutlich um den Kunden ein sicheres Gefühl zu geben. Das offizielle Ziel der oft als „alternativlos“ beschriebenen Maßnahmen ist, das COVID-19-Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bringen.

Die Kernfrage müsste jedoch lauten: Wie viele Übertragungen lassen sich durch die jeweilige Maßnahme tatsächlich vermeiden, und welche Risiken und Folgen sind möglicherweise mit der Maßnahme assoziiert?

Die wissenschaftliche Nutzen-Risiko-Bewertung ist ein übliches Verfahren zur Bewertung von Arzneimitteln. Dabei hat man zunächst einen Nutzen wissenschaftlich zu belegen, der mit den ebenfalls wissenschaftlich beschriebenen Risiken in einem vertretbaren Verhältnis zu stehen hat. Eine derartige vergleichende Bewertung wurde 2016 in den USA vorgenommen. Bis dahin war es üblich, antimikrobielle Seifen in Haushalten zu verwenden [3]. Zahlreiche Wirkstoffe wie beispielsweise Triclosan, ein Abkömmling des Phenols, wurden für viele Jahre von der Zulassungsbehörde FDA als Wirkstoff in Haushaltsseifen als grundsätzlich wirksam und sicher eingestuft. Insbesondere zu Triclosan häuften sich jedoch die Erkenntnisse, dass die Substanz in der Umwelt schwer abbaubar ist und sogar Antibiotikaresistenzen auslösen kann. Deshalb forderte die Zulassungsbehörde von den Herstellern, den Nutzen des Wirkstoffs in Flüssigseifen nachzuweisen. Dieser Nutzen kann einerseits im Reagenzglas nachgewiesen werden, in dem das Ausmaß der Abtötung von Bakterienzellen in einer definierten Einwirkzeit bestimmt wird (antimikrobielle Wirkung). Die Behörde verlangte jedoch, dass ein Gesundheitsnutzen für den Anwender nachgewiesen sein muss, d. h. dass bei Anwendung einer Triclosan-haltigen Seife zum Waschen der Hände weniger Infektionen auftreten im Vergleich zum Waschen der Hände mit einfacher Seife. Dieser Gesundheitsnutzen konnte jedoch von keinem Hersteller glaubhaft belegt werden. Gleichzeitig zeigten sich immer mehr mögliche Risiken von Triclosan. Die gesamthafte Betrachtung führte zu der Erkenntnis, dass es für Triclosan und die anderen Substanzen in Flüssigseifen keinen nachgewiesenen gesundheitlichen Nutzen gab, dafür aber einige relevante Risiken, so dass seitdem insgesamt 19 Substanzen nicht mehr in Flüssigseifen angewendet werden dürfen [4]. In der Wissenschaft wurde diese Entscheidung ausdrücklich begrüßt, insbesondere wegen der mit Triclosan immer häufiger assoziierten Antibiotikaresistenzen [5].

In einem Bund-Länder-Gespräch am 17. April 2020 wurde als Maßgabe der Entscheidungen mitgeteilt, dass „in dieser schwierigen Situation der Schutz der Gesundheit der Menschen Vorrang haben muss“ [6]. Bundesfinanzminister Olaf Scholz warf den Befeuerern der Debatte um Lockerungen Zynismus vor. Die Maßnahmen gäbe es, um Leben zu retten. Es sei aus seiner Sicht zynisch, darüber zu diskutieren, dass gesundheitliche Fragen hinten anstehen und wirtschaftliche Fragen vorangehen sollten, sagte er im Bericht aus Berlin in der ARD [7]. Selbst wenn die von der Politik beschlossenen Maßnahmen tatsächlich das Ziel haben, Leben zu retten, bleiben sie aus wissenschaftlicher Sicht teilweise umstritten. Sollten einige der Maßnahmen nach heutiger Kenntnis wenig oder nicht geeignet sein, Leben zu retten, wäre es dann nicht zynisch, diese Maßnahmen weiterhin anzuordnen und ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen einfach in Kauf zu nehmen?

Darüber hinaus werden von offizieller Seite die gesundheitlichen Folgen der Maßnahmen für Teile der Bevölkerung nicht in einer (aus meiner Sicht notwendigen) sorgfältigen und kritischen Abwägung betrachtet. Gesundheitliche Schäden als unmittelbare Folge politischer Entscheidungen werden vermehrt sichtbar, doch spielen diese bei den Entscheidern und der Mehrzahl der Medien höchstens eine untergeordnete Rolle. Menschen, die unter den Folgen von Maßnahmen gesundheitlich leiden, haben in der aktuellen gesundheitspolitischen Debatte keine Lobby. Diese Art zu denken und zu entscheiden hat absolutistische Züge, da zu jedem Zeitpunkt ein bestimmter moralischer Wert zum absoluten Wert erklärt wird (Reduktion von COVID-19-Fällen), dem alle anderen Werte untergeordnet und notfalls auch geopfert werden sollen. In diesem Zusammenhang ist es nicht einmal bedeutsam, ob die COVID-19-Fälle tatsächlich mit Symptomen erkrankt sind oder ob bei völlig beschwerdefreien Menschen lediglich das PCR Testergebnis positiv ausfiel.

Die Bedeutung öffentlicher Nachrichten und Bilder ist bei der Wahrnehmung des Themas nicht zu unterschätzen. So wurde im Radio aus dem Kieler Landtag berichtet, dass die Redner mit Mund-Nasen-Bedeckung an das Pult gingen und nach jedem Wortbeitrag die Fläche des Pults desinfiziert wurde. Für den Zuhörer ist die Botschaft, dass es eine Gefahr auf der Fläche des Pults zu geben scheint, die vom Vorredner ausgeht, obwohl dieser einen Mund-Nasen-Schutz getragen hat und die Fläche höchstens mit den Händen berührt wurde. Das sind Botschaften einer diffusen Gefahr, unabhängig davon, ob es sie gibt bzw. wie groß sie tatsächlich sein mag. Durch die hohe Dichte an Sendungen wird darüber hinaus beim Zuschauer dem Thema „Corona-Krise“ eine alles bestimmende Bedeutung beigemessen und deshalb unabhängig von Fallzahlen und Todesfällen bei vielen Menschen eine deutlich überdurchschnittliche Bedrohungslage vermutet. So meint Prof. Dr. Michael Tsokos, Rechtsmediziner aus Berlin: „Die Pandemie-Kommunikation muss besonnener und beruhigender geführt werden. Sonst werden wir am Ende des Jahres eine Übersterblichkeit sehen, nicht durch COVID-Erkrankungen, sondern durch Suizid- und Alkohol-Tote“ [8].

Einzelne Maßnahmen stoßen immer wieder auf Unverständnis. Warum werden drei Jugendliche, die alle eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, vor einem Imbiss mit weniger als 1,5 Metern Abstand als Gefahr betrachtet und mit einem Bußgeld belegt, wenn sich die gleichen Jugendlichen mit weniger als 1,5 Metern Abstand über längere Zeit im geschlossenen Schulbus aufhalten können, ja sogar sollen, und es kein Bußgeld nach sich zieht. In beiden Fällen wurde die Abstandsregel missachtet, aber nur in der Situation mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Übertragung mit einem Bußgeld geahndet. Wie sinnvoll sind also die verschiedenen Maßnahmen? Können COVID-19-Infektionen verhindert werden, wenn ein Ball nach der Verwendung beim Beachvolleyball desinfiziert wird? Ist eine Übertragung im Lebensmittelgeschäft weniger wahrscheinlich, wenn eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen wird?

Nachfolgend werden deshalb auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse die wichtigsten Übertragungswege von SARS-CoV-2 beschrieben und einige Maßnahmen einer Nutzen-Risiko-Bewertung unterzogen, um besser bewerten zu können, wie wahrscheinlich ein gesundheitlicher Nutzen ist und welche Risiken mit der Maßnahme einhergehen können. Darüber hinaus werden die möglichen gesundheitlichen Folgen bestimmter Maßnahmen erläutert, die immer mehr in der medizinischen Fachwelt sichtbar werden.

3. Die Krankheit COVID-19

Die ersten neuartigen schweren Atemweginfektionen, später bekannt als COVID-19, wurden Ende Dezember 2019 in verschiedenen Krankenhäusern in Wuhan in China entdeckt. Am 30. Dezember 2019 wurde das Virus SARS-CoV-2 erstmals bei einem Patienten im Bronchialraum nachgewiesen. Die Mehrzahl der ersten Verdachtsfälle hatte den örtlichen Markt für Meeresfrüchte besucht zu haben, der am 1. Januar 2020 geschlossen wurde. Von Wuhan aus hat sich das Virus erst weiter in China ausgebreitet, um später auf allen Kontinenten der Welt zu Infektionen zu führen [2]. Eine retrospektive Studie deutet darauf hin, dass SARS-CoV-2 in Frankreich bereits Ende 2019 zu mindestens einer Infektion geführt hat, ohne dass der Patient einen Bezug zu China hatte [12]. Diese Entdeckung ist besonders interessant, da es bereits bei den Militärweltspielen im Oktober 2019 in Wuhan einige Fälle grippeähnlicher Infektionen unter den Teilnehmern aus Frankreich und Italien gab, deren Symptome rückblickend auf COVID-19 hindeuten [13].

3.1. Krankheitsbild

Von allen COVID-19-Fällen gelten ca. 81 % als solche mit mildem Krankheitsverlauf, schwere Infektionsverläufe sind in ca. 14 % und kritische Verläufe in ca. 5 % der Fälle zu beobachten [2]. Diese frühe Einschätzung auf Basis der Erkenntnisse aus China gilt in ihrer Größenordnung unverändert. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten mit leichten Symptomen ist innerhalb von ein bis zwei Wochen genesen [2]. Die infektiöse Dosis von SARS-CoV-2 liegt im Durchschnitt bei mindestens 1 000 Viren [14], obwohl in einzelnen Fällen eine kleinere Virenzahl ausgereicht hat, um beim Menschen eine Infektion auszulösen [15].

3.2. Long Covid

Ein Teil der COVID-19-Patienten hat einen langwierigen Verlauf mit andauernden Symptomen, der sich über mehr als vier Wochen oder sogar über mehrere Monate erstrecken kann. Als Kardinalsymptome gelten Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Husten, Gelenkschmerzen und Schmerzen im Brustbereich. Weitere Symptome können Konzentrationsmängel, Depression, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, intermittierendes Fieber oder Herzstolpern sein. Auch wenn die meisten Patienten mit Long Covid vorher im Krankenhaus behandelt wurden, so kann es auch Menschen treffen, die nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten und lediglich milde Symptome hatten [16]. Eine Kohorte in Genf mit 669 Patienten und einem Durchschnittsalter von 42,8 Jahren wurde 30 und 45 Tage nach Diagnosestellung kontaktiert und hinsichtlich ihrer Beschwerden befragt. Von diesen Patienten hatten 68,8 % keinerlei Risikofaktoren, 24,6 % arbeiteten im Gesundheitswesen. Zwischenzeitlich wurden 40 der Studienteilnehmer stationär behandelt. Mehr als 32 % aller Befragten hatte zu den Zeitpunkten der Befragung noch mindestens ein Symptom, meist Müdigkeit, Atemnot bzw. Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns [17].

Fallbeispiel eines schweren chronischen Verlaufs: Nach einer Episode mit trockenem Husten und Veränderungen des Geschmacks- und Geruchssinns litt eine 43-jährige Schweizerin noch drei Wochen an Kraftlosigkeit, Atemnot und bleierner Müdigkeit. Danach folgten drückende Übelkeit und Kopfschmerzen. Später erlebte sie schwere Tremoranfälle, Herzrasen und Schlaflosigkeit. Das Gehirn habe sich völlig vernebelt angefühlt. Selbst nach sechs Monaten geht sie nur am Rollator aus dem Haus [18].

Interessanterweise werden auch nach einer durch Influenza-Viren verursachten Grippe bei einigen Patienten langwierige Folgen beobachtet. Die meisten Menschen, die an Grippe erkranken, erholen sich innerhalb von zwei Wochen. Einige Menschen entwickeln jedoch Komplikationen infolge einer Grippe, die teilweise lebensbedrohlich sein können. Dazu zählen Infektionen der Nasennebenhöhlen und Ohren als mittelschwere Grippekomplikationen. Die Lungenentzündung hingegen ist eine schwerwiegende Komplikation, die entweder allein durch eine Influenzavirusinfektion oder durch eine Ko-Infektion von Grippeviren und Bakterien verursacht werden kann. Andere schwerwiegende Komplikationen der Grippe können Entzündungen des Herzens (Myokarditis), des Gehirns (Enzephalitis) oder des Muskelgewebes (Myositis, Rhabdomyolyse) sowie Multiorganversagen sein (z. B. Lungen- und Nierenversagen). Eine Grippevirusinfektion der Atemwege kann extreme Entzündungsreaktionen im Körper verursachen und zu Sepsis führen (eine lebensbedrohliche Reaktion des Körpers auf eine Infektion). Grippe kann darüber hinaus chronische medizinische Probleme verschlimmern. So können Menschen mit Asthma bei einer Grippe Anfälle von Atemnot erleiden. Menschen mit chronischen Herzerkrankungen können in Folge der Grippe eine Verschlechterung ihres Zustands erfahren [19].

3.3. Sterblichkeit

Definition: Tod durch COVID-19

Nach der Definition der europäischen Seuchenbehörde ECDC liegt ein COVID-19-Tod vor, wenn dieser aus einer klinisch kompatiblen Krankheit in einem wahrscheinlichen oder bestätigten COVID-19-Fall resultiert, es sei denn, es gibt eine eindeutige alternative Todesursache, die nicht mit einer COVID-Krankheit in Zusammenhang gebracht werden kann (z. B. Trauma). Es sollte dabei keine zwischenzeitliche vollständige Genesung zwischen COVID-19 und dem Tod geben. Der Tod aufgrund von COVID-19 kann nicht durch eine andere Krankheit (z. B. Krebs) erklärt werden und sollte unabhängig von bereits bestehenden Vorerkrankungen, die zu einem schweren COVID-19-Krankheitsverlauf führen können, als solcher gezählt werden [20].

Innerhalb der EU verwenden bis Ende 2020 nur sechs der 27 Mitgliedsstaaten diese Definition. In Dänemark wurden beispielsweise zu Beginn alle Todesfälle mitgezählt, die innerhalb von 60 Tagen nach der COVID-19- Diagnose eintraten. Ab dem 29. März 2020 wurde dieser Zeitraum auf 30 Tage gekürzt. Somit könnte die Todesrate in Dänemark überschätzt worden sein. In der Mehrzahl der EU Staaten wird außerdem nicht differenziert, ob COVID-19 die primäre oder sekundäre Todesursache ist [20].

Bezug: COVID-19-Fallzahlen

In den Lageberichten des RKI sowie den Berichten der WHO wird die Sterblichkeit immer als Rate der Todesfälle in Bezug auf die Summe aller COVID-19-Fälle angegeben. Diese Angabe enthält zwei Unschärfen. Zum einen gehen in die Summe im Nenner alle COVID-19-Fälle nach den Kriterien des RKI bzw. der WHO ein (positiver PCR-Test). Damit ist auch der unbekannte Anteil von Personen mit falsch positiven Testergebnissen bzw. von Personen mit länger andauernder RNA-Präsenz auf den Schleimhäuten nach der Genesung in dieser Summe enthalten. In der Folge wird die Summe im Nenner tendenziell zu groß. Andererseits gehen in die Summe aller Todesfälle im Zähler auch diejenigen Verstorbenen ein, die wahrscheinlich oder möglicherweise eine andere Todesursache hatten, jedoch vor dem Ableben mindestens einmal positiv auf SARS-CoV-2 getestet waren. Somit wird die Summe im Zähler ebenfalls tendenziell zu groß.

Ein kurioses Beispiel aus Krefeld wurde am 6. Juli 2020 in diesem Zusammenhang bekannt. An diesem Tag musste die Zahl der Verstorbenen systemrelevant um einen Fall auf 23 heraufgesetzt werden, obwohl es keinen neuen Todesfall im Zusammenhang mit Covid-19 zu verzeichnen gab. Das lag daran, dass Personen, die einmal positiv auf das Coronavirus getestet wurden und später verstarben, grundsätzlich in dieser Statistik aufzuführen waren. Im vorliegenden Fall galt die Person mittleren Alters und mit verschiedenen Vorerkrankungen seit längerem als genesen, nachdem es inzwischen mehrfach negative Testergebnisse gegeben hatte [21].

Wenn man diese Bezugsgröße zugrunde legt, dann beträgt die weltweite Sterblichkeit 2,2 % für das gesamte Jahr 2020 (1 802 206 Todesfälle bezogen auf 81 658 440 COVID-19-Fälle). In Deutschland liegt die Rate bei 1,9 % (33 071 Todesfälle bezogen auf 1 719 737 COVID-19-Fälle). Zum Vergleich: Die Rate an Todesfällen bei den ersten 44 672 COVID-19-Fällen in China wurde mit 2,3 % angegeben [2]. Die Gesamtzahl der COVID-19-Toten ist jedoch deutlich höher als die der jährlichen Grippewellen, die zu 290 000 bis 650 000 Todesfällen führt [22].

Interessanterweise ist die Sterblichkeit bei COVID-19 niedriger als die Rate an Todesfällen bei der SARS-Epidemie 2003 - 2004 mit 9,6 % und niedriger als die Rate an Todesfällen bei der MERS-Epidemie 2012 mit 34 %. Bei der MERS-Epidemie kann es sein, dass die Todesrate überschätzt wurde, da milde Verlaufsformen in Ermangelung diagnostischer Möglichkeiten vermutlich übersehen wurden [23].

Bezug: COVID-19-Infektionen

Da ein relativ hoher Anteil der COVID-19-Infektionen ohne Symptome verläuft, bleiben zahlreiche Infektionen unentdeckt. Ein kleiner Teil von ihnen wird eventuell im Rahmen von Screening-Untersuchungen durch ein positives Ergebnis im PCR-Test gefunden. Wenn eine Person eine Infektion durchlebt, kommt es durch das Immunsystem zur Ausbildung von Antikörpern, die in der Folge das Virus neutralisieren und somit für den Körper unschädlich machen können. Der Nachweis neutralisierender Antikörper auf SARS-CoV-2 gilt als Beleg für eine überstandene Infektion.

So sagte Prof. Dr. Christian Drosten, Virologe an der Charité Berlin: „Unser Körper wird ja ständig von Viren und Bakterien angegriffen. Sie scheitern aber oftmals schon an Barrieren wie der Haut oder den Schleimhäuten in Nase und Rachen. Dort werden sie erfolgreich abwehrt, bevor sie Unheil anrichten können. Nur gegen solche Krankheitserreger, die unseren Körper ernsthaft befallen, entwickelt die Immunabwehr auch Antikörper. Wenn Antikörper da sind, bedeutet das, der Mensch hat tatsächlich eine Infektion gehabt“ [24].

Nach der bislang umfassendsten weltweiten Auswertung von 61 Studien und 8 vorläufigen nationalen Schätzungen wurde die gesamthafte infektions-assoziierte Sterberate mit einem Median von 0,27 % angegeben [25]. Auf dieser Datenbasis kommt der Autor Prof. Dr. John Ioannidis von der Stanford Universität in den USA zu der Einschätzung, dass die Infektionssterblichkeitsrate von COVID-19 an verschiedenen Orten erheblich variieren kann. Das mag an Unterschiedenen in der Altersstruktur der Bevölkerung und im Case-Mix infizierter und verstorbener Patienten oder an anderen Faktoren liegen. Die abgeleiteten Infektionssterblichkeitsraten waren tendenziell viel niedriger als die Schätzungen, die früher in der Pandemie gemacht wurden [25].

Diese Erkenntnisse stehen im Einklang mit Erkenntnissen aus Manaus, Brasilien, wo sich bis zum Oktober 2020 etwa 76 % der Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Für bestätigte COVID-19-Fälle wurde eine Infektionssterblichkeitsrate von 0,17 % ermittelt, für Verdachtsfälle lag die Rate bei 0,28 %. Die vergleichbaren Raten für Sao Paulo, Brasilien, lagen mit 0,46 % bzw. 0,72 % höher, was aus Sicht der Forscher an der älteren Bevölkerung liegen könnte [26]. Für die Gemeinde Gangelt wurde in 2020 eine Infektions-assoziierte Sterblichkeit von 0,35 % festgestellt [27]. Eine Auswertung der ersten hospitalisierten Patienten in China zeigte, dass das Risiko, im Krankenhaus an COVID-19 zu sterben, mit jedem Lebensjahr um weitere 10 % steigt [28].

3.4. Besonders gefährdete Menschen

Menschen mit mehreren Grunderkrankungen

In China deutete eine erste mehrstufige Auswertung von 1 590 bestätigten Fällen aus dem ganzen Land darauf hin, dass Personen mit verschiedenen Grundkrankheiten ein höheres Risiko für eine COVID-19-Infektion aufweisen, nachdem man die Patienten nach Alter und Rauchgewohnheiten in vergleichbare Gruppen unterteilt hatte [31]. Mit folgenden Krankheiten war ein deutlich höheres Risiko für COVID-19 assoziiert:

• Bösartige Tumore: 3,5-fach erhöhtes Risiko

• Chronisch-obstruktive Lungenkrankheit (COPD): 2,7-fach erhöhtes Risiko

• Diabetes mellitus: 1,6-fach erhöhtes Risiko

• Bluthochdruck: 1,6-fach erhöhtes Risiko

Es sind also vor allem ältere Menschen gefährdet, die bereits an einer oder mehreren schweren bzw. chronischen Grundkrankheiten leiden.

Menschen im höheren Lebensalter

Obwohl COVID-19-Fälle in allen Altersgruppen zu finden sind, finden sich die meisten bei älteren Menschen [29, 30]. Bei den bis zum 5. Januar 2021 in Deutschland an das RKI übermittelten 34 824 COVID-19-assoziierten Todesfällen zeigte sich, dass die große Mehrzahl im höheren Lebensalter zu finden ist (Abbildung 2).

Abbildung 2: Anzahl der an das RKI übermittelten COVID-19-Todesfälle in Deutschland nach Geschlecht und Altersgruppe; Stand: 5. Januar 2021 [30].

Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen

Aus Spanien wurde berichtet, dass sich bis zum 20. Mai 2020 insgesamt 51 000 Ärzte und Pflegekräfte an COVID-19 infiziert haben [32]. Aus Großbritannien weiß man, dass bis zum 20. Mai 2020 insgesamt 181 infizierte Mitarbeiter gestorben sind [33]. In Deutschland wurden bis zum 5. Januar 2021 insgesamt 46 870 Beschäftigte im Gesundheitswesen als COVID-19- Fall erfasst, 1 458 von ihnen wurden im Krankenhaus behandelt, und 44 sind verstorben [30]. Ein Vergleich verschiedener Berufsgruppen zeigt, dass Mitarbeiter in Kliniken im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ein 7,4-fach höheres Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 aufweisen [34]. In Pflegeeinrichtungen wurden bis zum 5. Januar 2021 insgesamt 34 428 Mitarbeiter als COVID-19-Fall erfasst, 929 von ihnen wurden im Krankenhaus behandelt, und 106 sind verstorben [30].

Mitarbeiter in Krankenhäusern sind besonders stark gefährdet, insbesondere dann, wenn die persönliche Schutzausrüstung nicht vorhanden oder ungeeignet ist. Auf diesem Weg kann das Virus in die Familien der Mitarbeiter weitergetragen werden.

4. Die COVID-19-Pandemie

Zur Beschreibung einer Epidemie oder Pandemie wird zunächst definiert, welche Personen bzw. Patienten als „Fall“ zu betrachten sind. Dazu bedarf es idealerweise einer international abgestimmten Falldefinition, so dass in der Folge die gleichen Kriterien an die Beschreibung der Ausbreitung angelegt werden kann. Hierbei handelt es sich um eine epidemiologische Falldefinition, d. h. dass diese nur dazu geeignet ist, die Häufigkeit einer Krankheit in der Bevölkerung bzw. die Wirkung von Maßnahmen im Hinblick auf die Häufigkeit einer Krankheit zu bestimmen.

Eine epidemiologische Falldefinition ist nicht gleichzusetzen mit einer Diagnose durch einen behandelnden Arzt, der auf Basis einer Anamnese zur Klärung von Symptomen und deren Verlauf, einer körperlichen Untersuchung und gegebenenfalls weiterführenden Untersuchungen (Röntgen, Labor, EKG etc.) zu einer Verdachtsdiagnose und in der Folge einem Behandlungskonzept kommt.

Die Unterschiede zwischen einer epidemiologischen und klinischen Diagnose werden nachfolgend beispielhaft erläutert.

4.1. Klinische Definition der Lungenentzündung

Die typische bakterielle Lungenentzündung (Pneumonie) tritt meist während der kalten Jahreszeit auf und wird vorrangig bei älteren oder vorerkrankten Personen beobachtet. Oftmals geht ihr ein Infekt im Hals- oder Rachenbereich voraus. Die klassische Pneumonie beginnt häufig mit Schüttelfrost und Fieber über 38,5 °C, das nicht selten bis zu 40 °C ansteigen kann. Die Patienten machen meist einen sehr kranken Eindruck. In der Regel stellt sich nach kurzer Zeit Husten ein. Anfänglich ist er noch trocken. Nach einer Weile wird Schleim abgehustet, der grün, gelb, braun oder rostfarben ist. Auffällig ist bei den Patienten eine meist oberflächliche, angestrengte und schnelle Atmung. Häufig klagen die Patienten über Brustschmerzen vor allem beim Einatmen, die durch eine Begleitentzündung des Lungenfells entstehen. Aufgrund der oberflächlichen und schnellen Atmung ist die Sauerstoffversorgung nicht mehr optimal gewährleistet. Gelegentlich kann man den daraus resultierenden Sauerstoffmangel an Lippen, Nase, Zehen- oder Fingernägeln sehen, die dann bläulich bis violett erscheinen (Zyanose). Die Infektion kann aber auch ganz untypisch mit langsamer Verschlechterung des Allgemeinzustandes verlaufen [35]. Es gibt weitere Definitionen für atypische Lungenentzündungen. Diesen klinischen Definitionen ist gleich, dass es primär die Symptome des Patienten sowie der klinische Befund sind, die auf eine Lungenentzündung hinweisen.

4.2. Falldefinition der nosokomialen Lungenentzündung

Über die Häufigkeit von Infektionen, die im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes beobachtet werden (nosokomiale Infektionen), hat man inzwischen ein recht klares Bild. Die Erfassung dieser Infektionen erfolgt auf Basis von Falldefinitionen, die vom RKI veröffentlicht wurden. Infektionen der unteren Atemwege sind hier in vier Kategorien eingeteilt, die jeweils sehr genau definiert sind. All diesen Definitionen ist gleich, dass es Symptome geben muss. Beispielhaft ist hier die Falldefinition für die klinisch definierte Pneumonie beschrieben [36].

Falldefinition der nosokomial erworbenen Pneumonie

Mindestens eines der folgenden Zeichen lässt sich wiederholt bei Röntgenuntersuchungen des Thorax nachweisen (bei Patienten ohne pulmonale oder kardiale Grundkrankheit reicht ein aussagekräftiger Röntgen-Thorax Befund mit einem der nachfolgenden Zeichen):

• Neues oder progressives und persistierendes Infiltrat

• Verdichtung

• Kavernenbildung

• Pneumatozele bei Kindern unter einem Jahr

und mindestens eines der folgenden:

• Fieber > 38 °C

• Leukozytose (> 12 000 pro mm3) oder Leukopenie (< 4 000 pro mm3)

• Verwirrtheit ohne andere Ursache bei Patienten > 70 Jahre

und mindestens zwei der folgenden:

• Neues Auftreten von eitrigem Sputum / Trachealsekret oder Veränderung des Sputums / Trachealsekrets (Farbe, Konsistenz, Geruch) oder vermehrte respiratorische Sekretion oder vermehrtes Absaugen

• Neuer oder zunehmender Husten oder Dyspnoe oder Tachypnoe

• Rasselgeräusche oder bronchiales Atemgeräusch

• Verschlechterung des Gasaustausches (z. B. erhöhter Sauerstoffbedarf, neue Beatmungsnotwendigkeit)

Anhand dieser differenzierten Beschreibung lässt sich erkennen, dass letztlich aus einer Vielzahl typischer Symptome und Befunde ein Patient als „Fall mit einer nosokomial erworbenen Pneumonie“ gewertet wird. Der einfache Nachweis eines typischen Bakteriums aus den Atemwegen wie beispielsweise Pseudomonas aeruginosa, das häufig eine nosokomiale Pneumonie auslöst, wäre hier ohne die Symptome einer Lungenentzündung als epidemiologische Falldefinition völlig unzureichend.

4.3. COVID-19-Falldefinitionen

Falldefinitionen der WHO

Als bestätigter Fall gilt jede Person, bei der die Diagnose COVID-19 durch den Nachweis im Labor bestätigt wurde, unabhängig davon, ob diese Person klinische Zeichen einer Infektion oder Symptome aufweist. Eine Person gilt als wahrscheinlicher Fall, wenn bei einem Verdachtsfall entweder die Laborergebnisse auf SARS-CoV-2 nicht eindeutig sind oder bislang keine Laboruntersuchung durchgeführt wurde, aus welchen Gründen auch immer. Ein Verdachtsfall liegt vor, wenn der Patient eine Atemweginfektion hat und sich entweder in den 14 Tagen vor Beginn der Symptome in einem COVID-19-Endemiegebiet aufhielt, oder wenn in den 14 Tagen vor Beginn der Symptome Kontakt zu einem bestätigten oder wahrscheinlichen Fall bestand, oder wenn der Patient wegen der Infektion stationär behandelt werden muss und keine andere Diagnose in Betracht kommt, die das klinische Bild der Infektion vollständig erklärt.

Falldefinitionen des ECDC

Die europäische Seuchenbehörde ECDC betrachtet jede Person mit einem positiven Laborbefund (RNA-Nachweis durch PCR) als bestätigten Fall. Als wahrscheinlicher Fall gilt jede Person, die bei vorhandener epidemiologischer Verbindung die klinischen Kriterien erfüllt (mindestens eines der vier Symptome: Husten, Fieber, Kurzatmigkeit bzw. plötzlicher Verlust oder Veränderung des Riechens oder Schmeckens) oder jede Person, bei der die diagnostischen Kriterien erfüllt sind (radiologischer Beleg von COVID-19). Als möglicher Fall gilt jede Person, bei der die oben beschriebenen klinischen Kriterien erfüllt sind [37].

Falldefinitionen des RKI

Laut RKI werden die folgenden Fälle als COVID-19 gewertet und sind über die zuständige Landesbehörde an das RKI zu übermitteln [38] :

• wenn SARS-CoV-2 im Labor von Personen ohne Symptome, ohne Angabe zu Symptomen sowie mit spezifischen oder unspezifischen Symptomen nachgewiesen wurde.

• wenn das spezifische klinische Bild einer Lungenentzündung ohne Labornachweis von SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde und eine epidemiologische Bestätigung vorhanden ist. Diese kann das Auftreten von zwei oder mehr Lungenentzündungen in einer medizinischen Einrichtung, einem Pflege- oder Altenheim sein oder der Kontakt zu einem bestätigten Fall.

Kontakt zu einem bestätigten Fall

Dieser wird vom RKI als Vorliegen von mindestens einem der beiden folgenden Kriterien innerhalb der letzten 14 Tage vor Erkrankungsbeginn definiert [38]:

• Versorgung bzw. Pflege einer Person mit COVID-19, insbesondere durch medizinisches Personal oder Familienmitglieder

• Aufenthalt am selben Ort wie eine COVID-19 Person, während diese symptomatisch war; z. B. Klassenzimmer, Arbeitsplatz, Wohnung bzw. Haushalt, erweiterter Familienkreis, Krankenhaus, andere Wohn-Einrichtung, Kaserne oder Ferienlager.

Nach SARS-CoV-2 wird im Labor mit verschiedenen Methoden gesucht (Kapitel 5): mit der PCR (Nachweis von Nukleinsäure), einem Schnelltest (Nachweis von Nukleoproteinen) oder dem Kulturverfahren (Nachweis von infektiösem Virus).

Jede Person, bei der das Ergebnis der PCR auf SARS-CoV-2 positiv ist, gilt für die WHO, das ECDC und das RKI als ein bestätigter Fall, unabhängig davon, ob Symptome vorhanden sind oder nicht.

4.4. COVID-19-Todesfalldefinitionen

Todesfalldefinitionen der WHO

Als COVID-19-assoziierter Todesfall gilt jeder verstorbene Patient, der zuvor als bestätigter oder wahrscheinlicher Fall eingestuft wurde, es sei denn, dass nachweislich eine andere Todesursache vorliegt [39].

Wahrscheinlichkeit der Todesursache COVID-19

In Hamburg wurden im Frühjahr 2020 alle Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 einer Autopsie unterzogen. Bis zum 18. April 2020 waren es 80 Leichen [40]. Bei der Beurteilung, ob COVID-19 todesursächlich war, wurden 4 Kategorien herangezogen:

• Kategorie 1: Sicher an COVID-19 verstorben; die Autopsie weist eine Lungenentzündung und bzw. oder ein akutes Lungenversagen (ARDS) als Todesursache nach.

• Kategorie 2: Wahrscheinlich an COVID-19 verstorben; die Autopsie weist eine Pneumonie und bzw. oder ein akutes Lungenversagen (ARDS) und eine andere infektiöse Ursache (z. B. Lungenembolie) als Todesursache nach.

• Kategorie 3: Möglicherweise an COVID-19 verstorben; die Todesursache kann nicht mit Sicherheit durch Autopsie bestimmt werden (z. B. Herzrhythmusstörungen bei Kardiomyopathie) oder die Autopsie weist eine Atemwegsinfektion bzw. Pneumonie anderer Genese als Todesursache nach (z. B. Aspirationspneumonie, verschlimmerte chronisch-obstruktive Lungenkrankheit).

• Kategorie 4: Sicherer Nachweis anderer Todesursachen; eindeutige nicht SARS-CoV-2-bedingte Todesursache (z. B. Hirnmassenblutung bei Bluthochdruck, akuter Myokardinfarkt bei Koronarthrombose)

Bei 79 der 80 Leichen konnte die Wahrscheinlichkeit der Todesursache COVID-19 beurteilt werden. Danach war bei 57 Leichen COVID-19 sicher die Todesursache (72 %), bei zehn Leichen war COVID-19 wahrscheinlich todesursächlich (13 %), bei acht Leichen möglicherweise (10 %), und vier Personen starben sicher an einer oder mehreren anderen Krankheiten (5 %; Abbildung 3). Aus Sicht der Autoren waren somit 95 % der Fälle COVID-19-Todesfälle (Kategorien 1 bis 3). Fast alle Patienten (97,5 %) hatten eine oder mehrere ernsthafte Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Lungenkrankheiten, Krankheiten des zentralen Nervensystems, Nierenkrankheiten oder Diabetes mellitus.

Abbildung 3: Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, dass COVID-19 todesursächlich bei den ersten 79 Autopsien verstorbener COVID-19-Patienten aus Hamburg war [40].

4.5. Weltweite COVID-19-Fälle und Todesfälle

Weltweite Fallzahlen

Zum 31. Dezember 2020 lagen weltweit insgesamt 81 658 440 bestätigte COVID-19-Fälle vor, 1 802 206 Menschen sind mit dieser Diagnose verstorben [41]. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über die Länder, die bis zu diesem Zeitpunkt am stärksten betroffen waren.

Die meisten bestätigten Fälle fanden sich in den USA, Indien sowie in einigen europäischen und südamerikanischen Ländern. In China, dem Ausgangspunkt der Pandemie, gab es zuletzt nur noch wenige Neuinfektionen in Form von Clustern. In der Liste der Länder mit den meisten COVID-19 Fällen liegt China zum Jahresende 2020 auf Platz 78. Die meisten COVID-19-assoziierten Todesfälle gab es in den USA, Brasilien, Indien und Mexiko (124 897) [41].

An dieser Stelle sei ein Vergleich zu Grippe-Infektionen erlaubt. Nach einer Schätzung der WHO erkranken durch Influenza-Viren pro Jahr weltweit etwa eine Milliarde Menschen, von denen drei bis fünf Millionen einen schweren Krankheitsverlauf haben und schätzungsweise 250 000 bis 500 000 versterben [22].

Tabelle 1: Anzahl der bestätigten COVID-19-Fälle sowie assoziierten Todesfälle auf Basis der Daten der WHO; Daten aus dem Situationsbericht mit Angaben bis zum 31. Dezember 2020 [41]; *zum Zeitpunkt der letzten Datenerhebung.

Bevölkerung von Island

Die bislang einzige repräsentative Untersuchung eines zufällig ausgewählten Anteils der Bevölkerung eines Landes kommt aus Island. Hier wurden von den ca. 364 000 Einwohnern 13 080 untersucht (3,6 % der Bevölkerung). Bei 100 Personen wurde das SARS-CoV-2 nachgewiesen (0,8 %). Von diesen 100 Personen waren 43 % ohne Symptome [42]. Rechnet man die Zahl der COVID-19-Fälle und asymptomatischen Fälle auf das gesamte Land hoch, dann gab es in diesem Untersuchungszeitraum in Island 2 783 COVID-19-Fälle, von denen 1 197 keine Symptome zeigten.

Eine zweite Kohorte auf Island mit 9 199 Personen wurde ebenfalls auf SARS-CoV-2 untersucht. Hier wiesen alle Personen ein hohes Risiko für eine COVID-19-Infektion auf (vorwiegend symptomatische Personen, die aus Risikogebieten zurückgekehrt waren oder Kontakt mit infizierten Personen hatten). Bei 1 211 dieser Personen wurde das SARS-CoV-2 nachgewiesen (13,2 %), von denen 7 % keine Symptome zeigten [42].

Bevölkerung der Slowakischen Republik

In der Slowakischen Republik leben ca. 5,4 Millionen Menschen. Im Oktober 2020 wurde die gesamte erwachsene Bevölkerung des Landes eingeladen, sich mit einem Antigentest auf SARS-CoV-2 testen zu lassen [43]. Bei 3,625 Millionen Menschen wurde ein Abstrich entnommen und auf SARS-CoV-2 untersucht, das entspricht einem Anteil von 67 % der Bevölkerung. Bei 38 359 Personen war das Ergebnis positiv, so dass 1,06 % der untersuchten Bevölkerung als COVID-19-Fälle eingestuft wurden und in Quarantäne versetzt wurden [44]. Am 31. Oktober und 1. November 2020 wurde die Bevölkerung zum zweiten Mal eingeladen, sich auf SARS-CoV-2 untersuchen zu lassen. Etwa 2 Millionen Menschen ließen sich untersuchen. Bei 57 462 der Untersuchten war das Ergebnis positiv (2,87 % der untersuchten Bevölkerung). Sie wurden mit ihren Familien in Quarantäne versetzt [45].

Bei steigenden Fallzahlen im Herbst konnte durch eine breite Untersuchung der slowakischen Bevölkerung ein Teil der potenziell ansteckenden Menschen identifiziert und isoliert werden. Der epidemiologische Nutzen ist jedoch umstritten.

Bewohner in Qingdao, China

Nachdem es zu einer COVID-19-Infektion in einem Krankenhaus in Qingdao gekommen war, wurde innerhalb von vier Tagen ein Massentest bei den zehn Millionen Einwohnern der Metropole durchgeführt. Es wurden auch Menschen getestet, die in den letzten Tagen vor den Tests aus Qingdao zurückgekehrt waren. So wurden etwa Qingdao-Rückkehrer in Peking von ihren Arbeitgebern oder Nachbarschaftskomitees aufgefordert, sich testen zu lassen. Nach der Auswertung von mehr als sieben Millionen Proben wurde mitgeteilt, dass insgesamt 13 neue Fälle entdeckt wurden [46].

Bewohner in Wuhan, China

In Frühjahr 2020 wurden in Wuhan, dem Ausgangspunkt der COVID-19-Pandemie, etwa 10,6 Millionen Bewohner eingeladen, sich auf SARS-CoV-2 testen zu lassen, von denen 9,9 Millionen an der Studie teilnahmen (92,9 %). Unter den Teilnehmern waren 34 424 genesene COVID-19-Patienten (0,35 %). Bei den Bewohnern ohne eine vorherige COVID-19-Erkran- kung wurde bei 300 die RNA von SARS-CoV-2 nachgewiesen (0,003 %), keine der Personen wies Symptome einer Atemweginfektion auf. Bei 190 von ihnen wurden jedoch im Blut Antikörper auf SARS-CoV-2 nachgewiesen, was darauf hindeutet, dass 63,3 % der asymptomatischen SARS-CoV-2-RNA-Träger infiziert gewesen sind. Bei den verbliebenen 36,7 % waren keine Antikörper zu finden, was auf die Möglichkeit falschpositiver Befunde hindeutet. Im Umfeld dieser 300 asymptomatischen Fälle wurden 1 174 enge Kontaktpersonen untersucht. Bei keiner dieser Personen war die virale RNA nachweisbar. Unter den 34 424 genesenen COVID-19-Patienten war bei 107 Personen der PCR-Test positiv (0,31 %). Bei keinem der insgesamt 407 Bewohner mit einem positiven PCR-Test ließ sich infektiöses SARS-CoV-2 nachweisen [47].

Die massenhafte Testung von Einwohnern chinesischer Metropolen zeigte, dass es im Untersuchungszeitraum praktisch keine COVID-19-Fälle mehr in China gab.

4.6. COVID-19-Fälle in Deutschland

Fallzahlen

Abbildung 4: Anzahl der in 2020 an das RKI übermittelten COVID-19-Fälle pro Tag [48].

Auf Basis der Angaben des RKI wurden bis zum 31. Dezember 2020 in Deutschland insgesamt 1 719 737 Personen als COVID-19-Fälle gemeldet, davon gelten 1 368 100 als genesen. Die Fallzahl pro Tag ist zunächst im März 2020 angestiegen und hatte am 3. April 2020 mit 6 174 neuen Fällen seinen ersten Höchststand erreicht. Danach war die Fallzahl bis zum Mai 2020 rückläufig und stieg danach Ende September wieder deutlich an. Am 18. Dezember 2020 waren es 33 777 neue Fälle, der höchste Tageswert in diesem Jahr (Abbildung 4). Bis zum 31. Dezember 2020 sind insgesamt 33 071 Menschen mit bzw. an COVID-19 in Deutschland verstorben [48].

In Deutschland lag der erste Höhepunkt neuer COVID-19-Fälle im März und April 2020. Über den Sommer gab es nur wenige neue Fälle. Ein zweiter Höhepunkt wurde im zwischen Oktober und Dezember 2020 beobachtet.

Reproduktionszahl

Die effektive Reproduktionszahl R wurde vom RKI ergänzend für eine angenommene Generationszeit von sieben Tagen berechnet (Abbildung 5).

Abbildung 5: Schätzung der effektiven Reproduktionszahl R für eine angenommene Generationszeit von sieben Tagen zwischen dem 6. März und dem 31. Dezember 2020 [48].

Dabei zeigt sich, dass der Wert am 10. März 2020 seinen bislang höchsten Wert mit etwa 3,21 hatte, in den nächsten Tagen stetig fiel und am 22. März 2020 bereits unter eins lag. Seither war R in einer Seitwärtsbewegung und praktisch immer zwischen 0,7 und 1,3.

Testzahlen und Positivenquote

Im April 2020 wurde begonnen, die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests auf die RNA von SARS-CoV-2 an das RKI zu melden. Pro Woche wurden Daten von 90 bis 205 Laboren entgegengenommen und ausgewertet. Danach wurden in KW 11 in 114 Labors insgesamt 127 457 Tests durchgeführt, der höchste Testanzahl wurde in KW 44 mit insgesamt 1 631 343 Tests in 204 Laboratorien festgestellt. Bezieht man die Anzahl positiver Tests auf die Anzahl der durchgeführten Tests, dann sieht man erwartungsgemäß höhere Positivenquoten im April 2020 mit bis zu 9 % sowie im Dezember 2020 mit bis 13 % (Abbildung 6).

Abbildung 6: Anzahl der gemeldeten SARS-CoV-2 PCR-Tests pro Kalenderwoche (linke Achse) sowie die Quote positiver Testergebnisse bezogen auf die Wochensumme der gemeldeten Tests (rechte Achse) [49].

Fallzahlen in den Medien

In der Mehrzahl der Medien wurde und wird in diesem Zusammenhang oft von der Anzahl neuer Infektionen gesprochen.

Deutsches Netzwerk für Evidenz-basierte Medizin e.V.

In den Leitmedien wird nicht zwischen Testergebnissen, Diagnosen, Infektionen und Erkrankungen differenziert. Die immer noch genutzte Aussage „Heute gab es X Infektionen“ ist falsch, da die Gesamtzahl der Infizierten unbekannt bleibt. Dazu bräuchte es eine zeitgleiche vollständige Testung einer repräsentativen Stichprobe aus der Bevölkerung. Eine korrekte Formulierung könnte lauten: „Heute wurden XY neue positive Testergebnisse gemeldet.“ Und „Die Anzahl der Testungen hat sich in der letzten Woche von AA auf BB erhöht.“ [50]

Der Begriff „Neuinfektionen“ ist auch deshalb falsch, da es sich hier um eine epidemiologische Falldefinition handelt. Nach dieser muss eine Person nicht einmal Symptome aufweisen, sondern lediglich ein positives Ergebnis im PCR-Test aufweisen. Und da es immer wieder falsch positive Testergebnisse gibt und die RNA bei manchen Menschen ohne Krankheitsbefund über Wochen nachweisbar ist (siehe Kapitel 5), ist der Begriff „Neuinfektionen“ hier ungeeignet. Auch das RKI spricht in seinem täglichen Lagebericht von „COVID-19-Fällen“ oder „Fällen“. Eine korrekte Beschreibung der Corona-Situation durch die Mehrzahl der Medien (z. B. Anzahl neuer Fälle oder Anzahl positiver Testergebnisse) könnte ein wichtiger Beitrag zu einer sachlicheren und somit glaubwürdigeren Berichterstattung sein.

4.7. COVID-19-Fälle in definierten Kohorten

Rückkehrer aus Wuhan, China

Am 1. Februar 2020 wurden insgesamt 126 Bundesbürger aus Wuhan ausgeflogen. Diese wurden zunächst in Quarantäne gebracht und 114 von ihnen auf SARS-CoV-2 untersucht. Bei zwei der Personen wurde die virale RNA nachgewiesen (1,8 %), beide Personen wiesen keine Symptome auf [51].

Gemeinde Gangelt

In der Gemeinde Gangelt in Nordrhein-Westfalen mit ca. 12 600 Einwohnern fand am 15. Februar 2020 eine Karnevalsveranstaltung mit etwa 300 Teilnehmern statt („Kappensitzung“). In der Folge traten immer mehr COVID-19-Infektionen auf, so dass am 28. Februar 2020 eine Ausgangssperre in Gangelt verhängt wurde. Zwischen dem 31. März und 6. April 2020 wurde eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung untersucht. Von 919

Personen aus 405 Haushalten lagen alle erforderlichen Daten vor. Zusätzlich zum Nachweis der viralen RNA im Nase-Rachen-Raum wurde untersucht, wie viele der Einwohner Antikörper gegen das Virus aufweisen. Bei 33 Einwohnern (3,6 %) war die virale RNA im Nase-Rachen-Raum nachweisbar. Von diesen Personen gaben 22 an, dass bei ihnen bereits vorher der Test positiv gewesen war (2,4 %). Wenn alle Personen mit Antikörpernachweis und viralem RNA-Nachweis zusammen betrachtet werden (138 Personen), dann waren 15,5 % der Personen dieser Stichprobe mit SARS-CoV-2 infiziert. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung in der Gemeinde würde das einer geschätzten Anzahl von 1 956 infizierten Personen entsprechen. In der Gemeinde gab es sieben Todesfälle bei infizierten Einwohnern. Auf dieser Basis beträgt die Infektions-assoziierte Sterblichkeit 0,35 % [27].

Kupferzell

Auf Initiative des RKI wurden aus einer repräsentativen Stichprobe der Bevölkerung zwischen dem 20. Mai und 9. Juni 2020 insgesamt 2 203 Erwachsene auf SARS-CoV-2 untersucht. Bei 7,7 % der untersuchten Einwohner wurden Antikörper nachgewiesen, die eine überstandene Infektion anzeigen. Von diesen Personen waren 16,8 % ohne Symptome, bei 83,2 % war mindestens eines der folgenden Symptome feststellbar: Fieber über 38 °C, Atemnot bzw. Kurzatmigkeit, Lungenentzündung, Schnupfen, Husten, Schmerzen beim Atmen, Halsschmerzen, Geruchs- oder Geschmacksstörung [52].

Bad Feilnbach

Hier wurden nach der gleichen Methode zwischen dem 13. Juni und 14. Juli 2020 insgesamt 2 153 Erwachsene auf SARS-CoV-2 untersucht. Bei 6,0 % der untersuchten Einwohner wurden Antikörper nachgewiesen, die eine überstandene Infektion anzeigen. Von diesen Personen waren 14,5 % ohne Symptome, bei 85,5 % war mindestens eines der oben genannten Symptome feststellbar [53].

Die Untersuchung repräsentativer Kohorten in Deutschland zeigte, dass sich bislang nur ein kleiner Teil der Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infiziert hat (6 % bis 15,5 %).

4.8. COVID-19-Fälle in Krankenhäusern

Die Initiative Qualitätsmedizin veröffentlichte am 21. Dezember 2020 eine Auswertung der stationären Versorgung auf Basis von Abrechnungsdaten aus insgesamt 284 Kliniken [54]. Der Schwerpunkt der Auswertung lag auf Patienten mit schwerer Atemweginfektion (englisch: severe acute respiratory infection, „SARI“) mit den Codes J9 – J22. Zusätzlich wurden die Codes für laborbestätige COVID-19-Fälle (U07.1) und klinisch begründet COVID-19-Verdachtsfälle ohne Labornachweis (U07.2) ausgewertet.

In den beteiligten Kliniken wurden im zwischen Januar und November 2020 insgesamt 3 393 480 Patienten behandelt, das entspricht etwa 22 % aller deutschen Krankenhausfälle. Die Fallzahl schwerer Atemweginfektionen war 2019 mit insgesamt 217 131 Fällen höher als 2020 mit 187 581 Fällen, worin auch die COVID-19 bedingten SARI-Fälle eingeschlossen waren. In dieser Zeit wurden 22 050 bestätigte COVID-19-Fälle in den Kliniken behandelt (Code U07.1), was 0,65 % aller Patienten in dem Zeitraum entspricht. Von diesen hatten 15 313 eine schwere Atemweginfektion (69,4 %), 4 272 (19,4 %) wurden auf Intensivstationen behandelt, 3 079 (14,0 %) wurden maschinell beatmet, von denen 1 252 (40,7 %) verstarben. 15 313 Patienten mit bestätigter COVID-19-Infektion und einer schweren Atemweginfektion wurden außerhalb von Intensivstationen behandelt, von denen 3 044 verstarben (19,9 %).

Gleichzeitig wurden 48 673 klinisch begründet COVID-19-Verdachtsfälle ohne Labornachweis (Code U07.2) in den Kliniken behandelt, was einem Anteil von 1,43 % aller Patienten entspricht. Von diesen Patienten verstarben 3 030 (6,2 %). Die Sterblichkeit der schweren Atemweginfektion war in den ersten elf Monaten des Jahres 2020 insgesamt signifikant höher als im Vergleichszeitraum des Jahres 2019, was auf den hohen Anteil der COVID-19-Fälle zurückzuführen ist.

Der kodierte Anteil der U07.2 war nach Ansicht der Autoren vermutlich nicht Ausdruck mangelnder Testkapazitäten. Sie sahen vielmehr die Unsicherheit im Umgang mit Patienten mit typischen Symptomen und negativem PCR-Test sowie eine Unsicherheit im Kodierverhalten als Ursache [54].

4.9. COVID-Fälle in Pflegeheimen

Bewohner von Pflegeheimen gehören zu den Menschen, die als besonders gefährdet gelten, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, schwer daran zu erkranken und ggf. sogar daran zu versterben. So wurden in 2020 in Gemeinschaftseinrichtungen einschließlich Heimen 69 149 bestätigte Fälle beschrieben, von denen 10 892 in ein Krankenhaus mussten und 9 897 verstarben [30]. In zahlreichen Pflegeeinrichtungen wurden Häufungen von COVID-19-Fällen mit zahlreichen Todesfällen beschrieben (Tabelle 2).

Tabelle 2: Häufigkeit von COVID-19-Fällen bei Bewohnern und Mitarbeitern in Pflegeheimen im Herbst 2020.