Das Beil des Henkers Reindel - Bernd Kaufholz - E-Book

Das Beil des Henkers Reindel E-Book

Bernd Kaufholz

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Beschreibung

Neun Bücher über authentische Kriminalfälle hat Bernd Kaufholz seit 1999 inzwischen verfasst, und mit jedem davon seine Leserschaft immer wieder gefesselt, zuletzt mit dem »Leichenpuzzle von Anhalt« (2018). Anlass genug, die spektakulärsten davon in einer Best-Of-Ausgabe erneut zu präsentieren. Der Autor hat dafür die spannendsten 60 Fälle herausgesucht, die sich über einen Zeitraum von 386 Jahren spannen, angefangen mit einem historischen Kriminalfall von 1602 über Delikte in der sowjetischen Besatzungszone bis hin zu Schwerverbrechen in der DDR im Jahr 1988. Alle neu aufgelegten Fälle entstammen den nicht mehr lieferbaren Kaufholz-Bänden der Reihe »Spektakuläre Kriminalfälle«.

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Seitenzahl: 142

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Alle abgedruckten Kriminalfälle dieser Ausgabe erschienen erstmals im Mitteldeutschen Verlag, Halle (Saale), in den Bänden „Tod unterm Hexentanzplatz“ (1999), „Der Ripper von Magdeburg“ (2001) bzw. „Die Arsen-Hexe von Stendal“ (2003).

„Der Irrtum des Auftragsmörders“ – mit freundlicher Unterstützung des „pro iure e. V.“ Halle

„Der verhinderte Kaisermörder“ – mit freundlicher Unterstützung der Sammlung Gedenkstätte „Roter Ochse“ Halle

„Das Geständnis auf dem Sterbebett“ – mit freundlicher Unterstützung durch Hannelore Dümecke, Bergzow

2019

© mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)

www.mitteldeutscherverlag.de

Alle Rechte vorbehalten.

Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)

Inhalt

Die Prophezeiung des Pfarrers

Der mordende Büchernarr

Die Naumburger Giftmörderin

Zwei Leben für 300 Taler

Der Irrtum des Auftragsmörders

Der verhinderte Kaisermörder

Das Beil des Henkers Reindel

Familienmörder Unkenstein

Das Geständnis auf dem Sterbebett

Schüsse auf den Forstlehrling

Das Haus der toten Rentner

Die Familie der Vatermörder

Der Mann mit dem stechenden Blick

Der seltsame Tod des Bauern

Die Morde des „doofen Bruno“

Der Hammermord an Schranke 33

Eilgüterzug 8340 kommt nicht an

Der kleine Kindermörder

Die Leichen in der Mistgrube

Der kriminelle Polizeichef

Herta Grzenia – lebendig verscharrt

Der Polizistenmord im Schlachterkeller

Der Mord in den Vehlenschen Bergen

Der Tod der Schlummermutter

Die Prophezeiung des Pfarrers

Pastor M. Georg Zimmermann ist ein zutiefst gläubiger Mann und zudem Astrologe. Als dem Aschersleber Oberprediger 1577 ein Sohn geboren wird, teilt er die Freude seiner Umgebung kaum. Das Kind habe unter einer sehr unglücklichen Planetenkonstellation das Licht der Welt erblickt, verkündet der Sternenkundige. Georg werde einst eines gewaltsamen Todes sterben, sagte der Geistliche voraus.

Fünfundzwanzig Jahre später sind die Entscheidungen der Schöppenstühle zu Jena, Leipzig und Helmstedt, der zuständigen juristischen Fakultäten, eindeutig: Georg Zimmermann, Sohn des Oberpredigers, wohnhaft in Wittenberg, ist schuldig, seine Mutter und seine Schwester am 21. Oktober 1602 ermordet zu haben. Auch das Strafmaß, die Todesstrafe, wird einhellig festgelegt. Lediglich in der Art und Weise, wie der Doppelmörder hingerichtet werden soll, gehen die Meinungen der Schöppenstühle auseinander.

„So wirdt der Gefangene Georg Zimmermann in einen Sack sambt einem Hunde und Affen, Hanen und einer Schlange gesteckt, ins Wasser geworfen, und vom Leben zum Tode erseuffet“, entscheiden die „Doctores zu Jena“. Sollte diese Vollstreckungsart nicht zum Tode des Verurteilten führen, „dan würde ehr durch seinen ganzen Leib in vier Stucke zerhawen … auch solche Viertel uf gemeine vier Wegstraßen öffentlich ufgehenket“.

Mörder Georg Zimmermann wird am 3. November 1602 dreimal um die St.-Stephani-Kirche (rechts) herumgetrieben. Der Tatort dürfte das Haus Nr. 11 (links) gewesen sein.

Die „Sechsischen Schöppen“ meinen: „So möchte er … mit zweien gluhenden Zangen gekniffen, gerissen und dan sambt einem Hunde, Hanen, Schlangen und Katzen … in einen Sack gestaeckt, ins Wasser geworffen und ertrankt“ werden. Als Alternative bieten die Leipziger Juristen an, dass Zimmermann auch „mit dem Rade zum Tode gestraft werden“ könne.

Das Rad favorisieren die „Doctores der Juristen Facultät Helmstadt“ in ihrem Urteil vom 26. Oktober 1602. Der Mörder sei „mit dem Rade durch Zerstossung seiner Glieder, vom Leben zum Tode zu richten“. Zuvor solle er jedoch vor dem Mordhaus in Aschersleben zur Abschreckung „durch gluende Zangen gerissen“ werden.

Da es in Aschersleben an einem Gewässer mangelt, in dem Zimmermann ertränkt werden könnte, wird das Gericht im zehn Kilometer entfernten Emdorf bei Ermsleben um Amtshilfe und zwei Zangen ersucht.

Am 3. November 1602 findet das „hochnotpeinliche Halsgericht“ in Aschersleben statt. Der Verbrecher wird dreimal um die Kirche herumgeführt. Jedes Mal, wenn er an dem Haus vorbeikommt, in dem er gemordet hat (wahrscheinlich die heutige Stephani-Kirchplatz Nr. 11), wird er mit glühenden Zangen gerissen und zuletzt aufs Rad geflochten.

Zwei Jahre nach dem Tode des Vaters und Oberpredigers M. Georg Zimmermann hat sich dessen schreckliche Prophezeiung erfüllt.

Wie kam es dazu, dass aus einem jungen Mann, der die besten familiären Voraussetzungen hatte, um einen ordentlichen Lebensweg einzuschlagen, ein Verbrecher wurde?

Die Eltern scheuen keine Kosten, um aus dem einzigen Sohn einen Studierten zu machen. Doch als der Vater im Jahre 1600 stirbt, gibt Georg Zimmermann jr. das Studium auf und geht nach Wittenberg, um dort als Tuchhändler sein Geld zu verdienen. Diese Entscheidung respektiert seine Mutter nicht nur, sie unterstützt den Sohn auch finanziell „mit mehr als dem von ihm zu erwartenden Erbantheil“, wie es in der historischen „Criminal Acte“ heißt.

Doch als Tuchhändler ist der 25-Jährige nicht sonderlich erfolgreich. Wie der Mutter zugetragen wird, mangelt es dem Sohn am „ernsten Willen, Fleiß, an vermehrter Thätigkeit und Beharrlichkeit“ beim Broterwerb.

Zimmermanns wirtschaftliche Verhältnisse werden immer schlechter. Doch anstatt sich durch Sparsamkeit von den Schulden zu befreien, sinnt er darauf, wie er ohne große Mühe und möglichst schnell zu einem Vermögen kommen kann.

Dabei fällt ihm das Geld ein, das der verstorbene Pfarrer seiner Ehefrau hinterlassen hat. Zimmermann jr. hatte der Mutter immer wieder geraten, die beträchtliche Barschaft nicht im Hause zu behalten. Jetzt kommt es ihm zupass, dass sie sich diesem Wunsch widersetzt hat.

Einen Teil des Geldes will er der Mutter nehmen – wenn es sein muss, mit Gewalt.

Im Oktober 1602 nimmt er sich vor, seinen Plan in die Tat umsetzen. Georg Zimmermann mietet sich in Zerbst ein Fuhrwerk samt Kutscher und gibt vor, über Aschersleben nach Halberstadt reisen zu wollen.

Am Abend des 20. Oktober kommt er in Aschersleben an. Er gibt dem Kutscher einen Gulden und weist ihn an, im Gasthof „Roß“ am Johannestor zu übernachten. Er habe inzwischen mit einem Edelmann Geschäfte zu machen. Am nächsten Morgen wolle er in Richtung Harz weiterfahren.

Doch Zimmermann geht zu keinem Edelmann. Er schlägt den Weg zum Hause seiner Mutter ein, die auf dem Hof der Stephani-Kirche gegenüber dem großen Brauhaus wohnt. Es ist 18 Uhr, als er von der Mutter und der unverheirateten seiner drei Schwestern, die mit im Haus lebt, herzlich empfangen wird.

Wie Zimmermann später aussagt, verlief der Abend harmonisch, ohne Zank und Streit.

Gegen 21 Uhr begibt sich die Familie zur Ruhe. Die Mutter bittet den Sohn, in der Stube zu übernachten. Auch die 23-jährige Schwester hat dort ihr Nachtlager. Denn die gebrechliche Mutter braucht des Öfteren nachts Hilfe.

Nachdem ein Schüler, der im Haus zur Untermiete wohnt, in seine Kammer im oberen Stockwerk gegangen ist, setzt sich Zimmermann ans Bett der Mutter. Er versucht sie zu überreden, ihm 50 Taler vom Gelde des Vaters zu geben.

Doch die Mutter will das Geld „nicht trennen“. „Außerdem habe ich gar keinen Schlüssel zum Kasten“, sagt sie. Und auch die Schwäger hätten über die Verteilung der Taler mitzubestimmen. Die Mutter bleibt standhaft und Georg Zimmermann schläft darüber ein.

Als er erwacht, ist es weit nach Mitternacht. Er sieht Mutter und Schwester ruhig schlafen. „Dies Bild kämpfte noch einmal mit wilden Waffen gegen mein verwildertes Gemüth“, räumt er später vor Gericht ein. Doch seine Geldgier ist größer.

Gegen 3 Uhr fällt sein Blick auf ein großes Küchenbeil, das am Bett der Mutter lehnt. Die kränkliche Frau ist halb wach. Der Pastorensohn ergreift das Beil und schlägt der Frau damit gegen den Kopf. „Ach, du heilige Dreifaltigkeit!“, schreit sie voller Angst und Schmerzen.

Davon erwacht die Schwester. Sie fällt dem Mörder in die Arme. Doch dabei erhält auch sie einen Hieb, der ihren Kopf spaltet, sie jedoch nicht sofort tötet.

Georg Zimmermann ist wie von Sinnen. Er greift zum Messer und sticht auf Mutter und Schwester ein. Die Mutter, von zwei Stichen in den Hals getroffen, stürzt aus dem Bett. Die Schwester wird in Brust und Hals getroffen. Sie röchelt nur noch.

Der Rasende läuft ins obere Stockwerk zum Untermieter. Als er sieht, dass der Schüler wach ist, rennt er die Treppe wieder hinunter. Dort würgt er seine Schwester und erdrosselt sie dann mit einem Band ihrer Schürze. Danach versucht er, den Geldkasten mit den zwei Meißeln zu öffnen, die er in Wittenberg gekauft und vorsorglich mitgebracht hat. Doch in seiner Aufregung bekommt er das Geldbehältnis nicht auf.

Ihm fällt der Untermieter ein. Er fürchtet ihn als Zeugen und entschließt sich, den Jungen ebenfalls zu töten.

Er schleicht mit dem Beil hinterm Rücken ins Schlafzimmer des Untermieters. Dabei erlischt die Kerze. Zimmermann fragt, wie es in der Schule vorangehe. Dabei fühlt er nach dem Kopf des Knaben. Er versucht ihn zu erwürgen und schlägt dann viermal mit dem Beil zu. Doch der Schüler hat sich, Böses ahnend, ins Federbett eingewickelt. Es gelingt ihm, in der Dunkelheit zu entkommen. Auf der Straße ruft er um Hilfe.

Zimmermann läuft nach draußen. „Dunkle, verzerrte Gestalten schienen der Erde zu entsteigen“, gibt der Mörder später seine Empfindungen wieder. „Sie riefen mir zu, mich zu erhenken.“

Der 25-Jährige stürzt sich in den wenige Schritte entfernten Brunnen an der Apotheke. Bleibt jedoch mit dem Kopf nach unten hängen. Er wird herausgezogen. Er rennt von Stadttor zu Stadttor, um aus Aschersleben zu fliehen. Doch alle Tore sind noch geschlossen.

Seine letzte Chance sieht er darin, sich bis zum Morgen zu verstecken. Er verbirgt sich im „Küthof“ im Haus des Dreschers Zippel. Doch dort wird er wenig später festgenommen und ins Gefängnis geschafft.

Am 21. und 23. Oktober wird der Sohn des Aschersleber Oberpredigers verhört. Zimmermann gesteht die Tat. Daraufhin werden die „Criminal-Acten“ umgehend an die Schöppenstühle geschickt, die bereits drei Tage später das Urteil fällen.

Im Sterberegister der evangelischen Kirche wird im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Fällen nicht näher auf die Umstände des Todes von Georg Zimmermann eingegangen. Wahrscheinlich mit Rücksicht auf das Andenken des Vaters. Vermerkt ist lediglich: „Im Martini hatt Herr M(agister) Georgy Zimmermanns, nachgef. Sohn ein Studiosy seine Mutter und Schwester in der ietzigen Schreibschule ermordet. Worauf er justificiret wurde.“

Der mordende Büchernarr

Am 31. März 1814 findet in der Leipziger Nikolaikirche ein Spektakel statt, das von Beobachtern als „einer der furchtbarsten Akte der neueren Zeit in einer protestantischen Kirche“ beschrieben wird. Im Beisein der geistlichen und weltlichen Behörden wird der Pfarrer Johann Georg Tinius aus Poserna seines Amtes enthoben. Der 50-Jährige steht unter Mordverdacht.

Dem Angeschuldigten werden Priesterrock und Halskragen abgenommen. Dann warnt Superintendent Rosenmüller den ehemaligen Pfarrer eindringlich, sich nie wieder im priesterlichen Ornat zu zeigen. Zum Schluss übergibt er den „Laien“ dem weltlichen Gericht, das nun für die Untersuchung zuständig ist.

Der Grund für das aufsehenerregende Geschehen in der Nikolaikirche liegt jedoch schon zwei Jahre zurück. Die Hauptrolle spielt Johann Georg Tinius aus Poserna bei Weißenfels.

Am 28. Januar 1812 kommt gegen 10.30 Uhr ein Mann zum Kaufmann Hans Schmidt in die Grimmasche Gasse von Leipzig. Der etwa 40-Jährige beruft sich auf eine Empfehlung und gibt vor, sich für „sächsische Obligationen“ zu interessieren. Der Mann, der später als „modern gekleideter Landgeistlicher“ beschrieben wird, weiß, dass der betagte Kaufmann selbst solche fest verzinslichen Wertpapiere besitzt.

Das Letzte, an das sich Schmidt erinnert, ist, dass er die Leipziger Stadtobligation, die er dem Besucher gerade gezeigt hat, wieder in die Kassette legt. Dann wird ihm schwarz vor Augen.

Als er wieder zu sich kommt, fühlt er große Schmerzen im Kopf. Blut tropft von seiner Schläfe. „So helfen Sie mir doch“, stöhnt der Verletzte und meint seinen Gast. Doch der ist über alle Berge.

Der Blick des Kaufmanns fällt auf drei Kästchen, die aus seinem Schreibtisch gezogen wurden. Sie sind leer. Es fehlen elf Leipziger Stadtobligationen im Werte von 3.000 Talern.

Nachdem ihn seine Ehefrau verbunden hat, die kurz nach dem Überfall nach Hause gekommen ist, erholt sich der alte Mann nach und nach so weit, dass er Anzeige erstatten kann. Dabei gibt er zugleich die Nummern der gestohlenen Wertpapiere an, damit ihr Verkäufer verhaftet werden kann.

Doch da ist es bereits zu spät. Die Obligationen sind in einem Leipziger Bankhaus zu Geld gemacht worden. Noch in derselben Stunde, da Kaufmann Schmidt überfallen wurde, hatte ein Fremder, dem weder Angst noch Unruhe anzumerken war – so die Aussage des Kassierers – die elf Wertpapiere gegen preußische, sächsische, braunschweigische Louisdors sowie einen Teil Silbergeld eingetauscht.

Schmidt, der nach den Schlägen auf dem Kopf einen Teil seines Gedächtnisses verloren hat, kann sich an das Aussehen seines verbrecherischen Gastes nicht mehr erinnern, und auch die Beschreibung durch den Kassierer ist vage.

In der Nacht zum 6. April 1812 stirbt Kaufmann Schmidt an den Folgen der Tat. Die Leichenöffnung ergibt, dass „durch fremde Hand mehrere heftige Schläge gegen den Kopf“ des alten Mannes geführt wurden. Womit der Täter schlug, ist für den Mediziner so lange nach dem Überfall nicht mehr eindeutig erkennbar.

Über den Fall „Schmidt“ ist gerade etwas Gras gewachsen, da erregt ein neuer Mord das Aufsehen der Leipziger.

Am 8. Februar 1813 schickt Witwe Kunhardt ihr Dienstmädchen kurz nach 8 Uhr, Besorgungen zu machen. Als Hanne nach einer halben Stunde zum Neumarkt zurückkommt, trifft sie auf dem Weg in die vierte Etage, in der ihre Herrschaft wohnt, einen Mann, der ihr bekannt vorkommt. Doch ehe die junge Frau ein Wort an den Mittelgroßen im dunklen Mantel richten kann, fällt die Haustür hinter ihm ins Schloss.

Bereits vor der Wohnungstür hört das Dienstmädchen den Ruf: „Hanne! Hanne!“ In der Wohnung durchfährt sie ein Schreck. Die Briefträger-Witwe liegt im Flur. Der stark blutende Kopf der 75-Jährigen lehnt an der Stubentür. „Der Kerl, der mir eben einen Brief gebracht hat, hat mich blutig geschlagen“, stöhnt die alte Frau. Drei bis fünf Schläge mit einer „hammerähnlichen Waffe“ stellt der Arzt später fest.

Als die Mordkommission kurze Zeit später das sogenannte Kunitz’sche Haus betritt, ist das Opfer bereits ohne Besinnung. Zwei Tage später stirbt es, ohne noch einmal zu Bewusstsein gekommen zu sein.

Der Verdacht fällt auf den Mann, den das Dienstmädchen bei ihrer Rückkehr im Hausflur getroffen hat. Zumal auch die Ehefrau eines Kutschers, die parterre wohnt, den Mann „im Mantel aus dunkelblauem Tuche“ sah.

Bei ihrer Vernehmung durch die Mordkommission fällt Hanne auch wieder ein, woher sie den Verdächtigen kennt. „Ich habe ihn einige Male im Wirtshaus meiner Herrschaft gesehen, bei der ich zuvor im Dienste stand“, gibt sie an.