Das Brot der Tropen - Jürgen Leskien - E-Book

Das Brot der Tropen E-Book

Jürgen Leskien

4,7

Beschreibung

Wie erklärt man Kindern Afrika? In diesem 1982 erschienenen Buch zeigt Jürgen Leskien, der öfter dort gewesen ist, wie es gehen kann. Und er beginnt das Buch mit seiner eigenen Kindheit und einer Erinnerung an seinen Großvater Am besten ist, ich erzähle gleich von meinem Großvater, dann wisst ihr, woran ihr seid; und warum ich nach Afrika gefahren bin, ist leichter zu verstehen. Also, mein Großvater! Mein Großvater ist Berliner, schon immer. Damals wohnte er mit seiner Frau und seinem Sohn, der, wie richtig vermutet, mein Vater ist, in der Blumenstraße. Das ist die Gegend um den heutigen Ostbahnhof, aber mehr zum Alexanderplatz hin. Großvater, Großmutter und der Apfelschimmel Oskar betrieben zu dritt eine kleine Kohlenhandlung. Das war in der Zeit zwischen den beiden Kriegen. Wer die Blumenstraße heute sucht, bemüht sich vergebens. Die Blumenstraße ist im Winter neunzehnhundertvierundvierzig verbrannt. Aber Großvater war nicht nur ein Kutscher mit nur sechs Jahren Schulbildung, sondern auch ein hartnäckiger und sehr neugieriger Mensch und Besitzer eines – Lexikons, wenn auch leider nur den ersten von zwanzig Bänden, von A bis Atlantiden. Und von seinem Großvater und aus diesem Lexikon hörte der kleine Jürgen auch zum ersten Mal von Afrika. Viel später war Jürgen Leskien dann selbst in Afrika, genauer gesagt in Angola und erzählt seinen jungen Leserinnen und Lesern von neuen schwarzen Freunden, die er dort gefunden hat, aber auch vom Heimweh nach seinem 9000 Kilometer entfernten grünen Land. Leskien nennt auch den Grund, weshalb er überhaupt in Afrika war: Wir waren als FDJ-Solidaritätsbrigade hierhergekommen, um junge Angolaner in der Reparatur von Lastwagen zu unterweisen und mit ihnen gemeinsam die Autos in Gang zu halten. Bald aber merkte ich, dass die Zuneigung der Angolaner nicht nur mit unserer Arbeit in der Werkstatt zu tun hatte, sondern dass Gäste aus unserem Land hier immer gern gesehen werden. Hatten wir ihnen doch schon während ihres Befreiungskampfes Medikamente in den Busch geschickt und verwundete Guerillas im Rostocker Krankenhaus gesundgepflegt. So etwas vergisst man nicht. Stück für Stück lernt der Helfer aus der DDR die Menschen in Angola und die Geschichte ihres Landes kennen – ebenso wie die dortzulande wichtigen Sprichwörter. Und ganz am Ende seines Afrika-Buches kommt er, nach seiner Rückkehr, noch einmal auf seinen Großvater zu sprechen, der ihn mit dem Taxi abholt und ihm eine wichtige Frage stellt und zwar die nach …

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Impressum

Jürgen Leskien

Das Brot der Tropen

ISBN 978-3-86394-581-7 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien 1982 bei Der Kinderbuchverlag Berlin

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

© 2012 EDITION digital® Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.com

1. Kapitel

Am besten ist, ich erzähle gleich von meinem Großvater, dann wisst ihr, woran ihr seid; und warum ich nach Afrika gefahren bin, ist leichter zu verstehen. Also, mein Großvater! Mein Großvater ist Berliner, schon immer. Damals wohnte er mit seiner Frau und seinem Sohn, der, wie richtig vermutet, mein Vater ist, in der Blumenstraße. Das ist die Gegend um den heutigen Ostbahnhof, aber mehr zum Alexanderplatz hin.

Großvater, Großmutter und der Apfelschimmel Oskar betrieben zu dritt eine kleine Kohlenhandlung. Das war in der Zeit zwischen den beiden Kriegen. Wer die Blumenstraße heute sucht, bemüht sich vergebens. Die Blumenstraße ist im Winter neunzehnhundertvierundvierzig verbrannt. Was danach blieb, waren Berge verkohlten Gesteins, Menschen, die in den Trümmern nach Menschen suchten.

Zu dieser Zeit war der Kohlenplatz schon lange ohne Kohlen, und Oskar lebte nicht mehr. Großvater hatte ihn, während ich mit Großmutter zitternd vor den Bomben im Hochbunker saß, mit der stumpfen Seite unserer alten Axt erschlagen und das Fleisch am gleichen Abend noch eingeweckt. Besser wäre gewesen, Großvater hätte unser Pferd an die Leute verteilt, die es kannten, an die Nachbarn zum Beispiel oder an die lange Schmidten von der gegenüberliegenden Straßenseite, die war immer auf Suche nach was Essbarem, die Schmidten hatte fünf Kinder. Aber nein, Großvater hatte eingeweckt.

So kam es, dass vom toten Oskar so recht niemand etwas hatte. Die Einweckgläser standen nur drei Tage im Keller, am vierten Tag war das Haus darüber eingestürzt und mit ihm die ganze Blumenstraße. Ich selbst hatte von Oskar, den ich wirklich gut leiden konnte, nur drei Buletten gegessen, die Großmutter nicht einmal das. Aber vergessen, vergessen konnten wir den Apfelschimmel nicht.

Im folgenden Sommer dann, eigentlich blühte man gerade der Frühling, quengelte Großvater und schimpfte. Er müsse raus, müsse sich kümmern, er käme hier um. Also an einem Frühlingstag fuhr Großvater mit dem Zug in Richtung Luckenwalde. Er wollte ein Pferd kaufen. Natürlich lachten alle, und die Soldaten des Kontrollpostens der Roten Armee am Stadtrand hörten sich ziemlich ungeduldig Großvaters Gerede an, aber dann lachten auch sie. Woher jetzt ein Pferd nehmen! Bevor der Krieg die Menschen verschlungen hatte, hatten die Menschen die Pferde geschlachtet! Die Panjepferde der Soldaten mit dem hochaufgewölbten Kummet, die? Die meinte er? Dass ihnen ein Deutscher ein Pferd der Roten Armee abhandeln wollte, das war den Soldaten noch nicht untergekommen. Aber Großvater ließ nicht locker. Die Soldaten wurden ärgerlich. Um ihn loszuwerden, setzten sie ihn auf ein Auto, das in Richtung Stadt den Kontrollpunkt passierte.

Später fuhr der Großvater immer wieder mit dem Zug in Richtung Luckenwalde, und die Soldaten staunten nicht schlecht, als er eines Tages mit einem Pferd vor dem Schlagbaum stand.

Und so hatte ich das Glück, nicht nur mit drei Brüdern, sondern auch mit einem Pferd aufzuwachsen. Und das mitten in Berlin!

Doch das ist nun schon eine ganz andere Geschichte. Ihr versteht, was ich sagen will: hatte sich Großvater einmal etwas in den Kopf gesetzt, ließ er nicht davon ab. Diese Hartnäckigkeit hielt die Familie in schlimmen Zeiten zusammen, aber sie bescherte meiner Großmutter auch so manche schlaflose Nacht. Ja, was der Großvater wusste, dass wusste er! Leute, die diese Zeit von damals genauer kennen, werden sagen, na, mit dem Wissen kann es ja nicht weit her gewesen sein. Nun ja, wahr ist, Großvater hatte nur sechs Jahre die Schule besucht; das lag am deutschen Kaiser. In seinem Auftrag wurde dem Vater meines Großvaters eines Tages die Pickelhaube mit feldgrauem Überzug auf den Kopf gestülpt, und man hieß ihn in einen Militärwagen einsteigen. Der Zug, zu dem der Waggon gehörte, stand auf dem Wriezener Bahnhof, nicht weit weg von der Blumenstraße, und Großvater bekam aus diesem Anlass schulfrei. Doch schon am übernächsten Tag hatte er sich ganz und gar von der Schule verabschieden müssen, denn mit seinen zwölf Jahren war er recht kräftig und wurde in der Kohlenhandlung gebraucht. Dabei blieb es zeit seines Lebens - Arbeit auf dem Kohlenhof.

Trotzdem - Großvater wusste viel. Er war in Berlin herumgekommen, kannte viele Leute, hörte immer genau hin, wenn sie sich in der Kutscherkneipe an der Warschauer Brücke ihre Geschichten erzählten. Und Großvater besaß ein Lexikon! Ja, ein Lexikon. Wie er zu dem kam, ist schnell erzählt.

Ihr könnt euch denken, dass nicht immer Kohlen zu fahren waren, auch später dann, im Frieden, als es wieder welche gab, war es in dieser Hinsicht nicht anders. Aber Felix, so hieß Oskars Nachfolger, sollte nicht kalt stehen, nicht nur das Futter in sich hineinmampfen. Außerdem musste ja auch die Familie ernährt werden. Und so fuhr Großvater für die Leute vom Friedrichshain ab und zu Möbel, half beim Umziehen. Eines Morgens, nach einem solchen Umzug, fand der Großvater in der Futterkiste des Wagens ein Buch. Das Buch war dick und schwer, ein richtiger Wälzer. Weiß der Teufel, wie es in die Futterkiste gekommen war, auf jeden Fall hing das mit dem letzten Umzug zusammen. Mehrfach versuchten wir, den Leuten das Buch zurückzugeben, doch vergebens.

Großvater brachte aus der Markthalle am Alexanderplatz Kistenbretter mit und baute für das Buch ein Regal. Das musste sein, denn es war ein schönes Buch, so meinte die Großmutter. Goldene Buchstaben zierten einen breiten Lederrücken. Es war auch ein nützliches Buch, wie sich aber bald herausstellte, leider nur eins von zwanzig. Es war der Kopf einer Bücherschlange mit zwanzig Gliedern. Aber immerhin der Kopf - Lexikon Band eins von A bis Atlantiden.

Die Ausgabe war in Großvaters Geburtsjahr erschienen, und das deutete er als gutes Zeichen.

Großvater veränderte von nun an sein Leben. Kaum war er vom Kutschbock runter, hatte Felix versorgt, hockte er am Küchentisch neben dem Fenster und las.

Die Nachbarn munkelten bald so allerlei, selbst die Großmutter konnte sich das Verhalten ihres Mannes nicht erklären. Sie suchte eines Tages den Arzt auf und erzählte vom neuen Leben ihres Mannes. Der Arzt aber zuckte nur mit den Schultern und sprach von der Macht der Bildung. Diesen Satz sollte die Großmutter noch des Öfteren aus dem Munde des Großvaters hören.

Es war nicht nur die Lesewut, die alle irritierte, auch gebrauchte Großvater seltsame Wörter. Aus seinem Munde kollerten häufig Sätze, die in unserer Küche niemand so recht verstand.

So verwirrte er Großmutter mit der Anfrage: "Sprich, Hedwig, du kannst doch a priori nicht meinen, dass diese Reibselsuppe ein Äquivalent für das Mittagessen sein soll, hä?"

Das war im Frühjahr siebenundvierzig.

Später dann, so Mitte Juni des gleichen Jahres, hörte ich ihn sagen: "Heute, äh, heute erreichen wir das Äquinoktikum, ich anerbiete mich, die Nacht im Stalle zu verbringen."

Worauf Großmutter die Hände hochriss und jammerte, auch das noch! Sie saß die ganze Nacht am Küchenfenster und behielt die Stalltür im Auge, hinter der ihr Mann verschwunden war.

Großvater ging kaum noch in die Kneipe, vielmehr kamen die Kutscher zu uns ins Haus. Großvater war ein viel befragter Mann geworden. Den größten Nutzen von seinem neuen Wissen aber hatte wohl ich. Immer häufiger erzählte er mir von Afrika, von Amerika. Und eines Tages stellte er fest, dass Afrika und das südliche Amerika einst zusammengehört hatten. So etwas kann man natürlich nicht sofort glauben! Wir stritten uns, aber er konnte mich nicht überzeugen.

Achtzehn Tage lief Großvater stumm und sehr ernst in der Wohnung herum, kaum dass er Pferd und Hof versorgte. Am neunzehnten Tag rief er mich zu sich. Mit dem Jackenärmel wischte er über den Küchentisch. "Setz dich, mein Junge!"

Er stand auf, goss mir Limonade und sich selbst einen Korn ins Glas. Dabei sah er mich unverwandt mit leisem Lächeln an. Wir tranken.

Feierlich klappte er eine Mappe auf.

Zuerst sah ich die Karte, aber schon mit dem zweiten Blick erkannte ich das Kartenblatt als eine Seite meines Schulatlasses. Bevor ich etwas sagen konnte, lenkte Großvater ein. "Ich schreibe deiner Lehrerin einen Brief, doch, das tue ich!"

Dann nahm er die Schere und schnitt Südamerika aus den Ozeanen heraus. "Es ist wegen des Beweises, du verstehst", erläuterte er mir.

Ich schwitzte stark, wagte aber nicht, Großvater zu unterbrechen.

Er schob das ausgeschnittene Südamerika an Afrika heran. "Du siehst, mein Junge, sie gehören zusammen!"

Ich zeigte stumm auf den Zipfel des nordöstlichen Brasilien, der sich nicht so recht in den Golf von Guinea einpassen lassen wollte.

Großvater nahm die Schere und schnitt diese kecke brasilianische Nase einfach ab. Das Weiße Kap, die Städte Natal und Fortaleza, Recife und Maceiö, sie alle stürzten auf den Fußboden unserer Küche.

"Nicht die Augen schließen", knurrte er, "schau es dir an!"

"Und wie sollen sie auseinander gekommen sein?", fragte ich vorsichtig.

"Wie! Wie! Vielleicht mochten sie sich nicht leiden, hatten Kaiser über sich, die die einen auf die anderen hetzten, weiß man's? Vielleicht haben sie in jahrelanger Arbeit mit gewaltigen Schrotsägen das einst große Stück Land in zwei Schollen geteilt, sich, wie auf Flößen, voneinander entfernt? Weiß man's?"

Der Ton, in dem er nun sprach, ließ keinen Widerspruch zu. Großmutter steckte den Kopf zur Tür herein.

"Bitte, Hedwig, wir haben zu tun!"

Großvater prüfte, ob die Küchentür eingeklinkt war. Dann begann er, in der Küche auf und ab zu gehen. "Sie gehörten zusammen, das steht fest. In Südamerika gibt es Leute schwarzer Haut ebenso wie in Afrika, stimmt's?"

Er wartete meine Antwort nicht erst ab, sondern redete weiter. "Sieh dir die Bilder an! Die Brasilianer tanzen wie die Afrikaner, das steht für mich fest. Und die Pflanzen erst! Kaffee hier, Kaffee dort, Bananen hier, Bananen dort. Die Palmen erst und der Maniok! Hast du schon von Maniok gehört? Na, ich sage dir!"

Großvater stützte sich mit den Händen auf den Tisch und sah mich lächelnd an. Er beugte sich noch ein wenig zu mir herab. "Ich weiß jetzt auch, wo die anderen neunzehn Bände unseres Lexikons zu finden sind", flüsterte er.

"Und Elefanten", raffte ich mich auf, "gibt es Elefanten da und auch dort?"

Großvater stieß sich heftig von der Tischplatte ab. "Elefanten? Elefanten! Ja, das ist eine Frage! Wirklich!"

Er klappte die Mappe bedächtig zusammen. An der Küchentür drehte er sich noch einmal um. "Elefanten! Du bist kein Dummer, mein Lieber!"

Leise öffnete er die Tür und verließ die Küche.

Nie wieder haben wir die Elefanten erwähnt, vielleicht weil wir beide wussten, dass es in Südamerika keine Elefanten gab. Großvater aber ahnte wohl, dass die Elefanten für mich sehr wichtig waren, und so sprachen wir mehr und mehr über Afrika.

Wir saßen dabei in der Küche, und niemand durfte uns stören. Der Ahorn auf dem Hof wandelte sich zum Affenbrotbaum, und Mücken nannten wir Moskitos.

Großvater wusste von Skorpionen zu erzählen, die, fühlen sie sich zu Tode bedroht, sich mit dem eigenen Giftstachel den Garaus machen.

An einem langen Abend machte Großvater sich die Mühe, mir zu erklären, warum im südlichen Afrika die Erde häufig rot ist und warum gerade auf dieser roten Erde alles so kräftig wüchse. Der Grund dafür war wohl irgendein Mineral - mehr hatte ich mir nicht merken können...

Er beschrieb mir Pfeilspitzen, die scharf und spitz waren und die Form von Vogelschwingen hatten. Und in warmen Sommernächten, wenn Großvater nicht schlafen konnte, weckte er mich, und wir setzten uns vor das alte Radio, drehten an den Knöpfen und lauschten. Wir warteten auf Stimmen, die unser Afrika uns näher bringen sollten.

2. Kapitel

Liebe und Husten lassen sich nicht verbergen.

An das Datum kann ich mich noch erinnern. Freitag, der 2I.Dezember - Wintersanfang. So stand es im Kalender. Wintersanfang - das galt freilich nur für zu Haus. Den Morgen aber, von dem die Rede sein soll, den erlebte ich im Süden Angolas an der Küste des Atlantischen Ozeans, genauer gesagt, in der Hafenstadt Lobito. In Lobito begann nicht der Winter, Lobito lebte seit einem Monat in der Regenzeit.

Am Tag davor hatte ich mittags 38 Grad im Schatten gemessen, selbst das Meer war mit 28 Grad Wassertemperatur nicht wesentlich kühler.

An diesem Morgen war ich früher als gewöhnlich erwacht. Ich lag auf dem Rücken, schweißnass, über mir wölbte sich das Moskitonetz. Im Haus war es noch still. Ich genoss die ersten Minuten des hellen Tages.

Dann schlüpfte ich unter dem Netz hervor und lief zum Strand, bis zum Wasser waren es weniger als hundert Meter. An der Uferstraße, auf der niedrigen Gartenmauer, saß companheiro Lunga Kindunga. Er hielt die Maschinenpistole auf den Knien und winkte mir zu, begrüßte mich. "Bom dia!"- Guten Tag!

"Bom dia, Lunga! Como esta?" - Guten Tag, Lunga! Wie geht's?

"Bom, obrigado!" - Danke, gut!

Wenn die Sonne nicht mehr hinter den Bergen steckte oder der erste von uns am Morgen aus dem Haus trat, konnte Lunga Kindunga seinen Wachdienst beenden und sich zur Ruhe legen. Er war froh, mich zu sehen, das hörte ich aus seinem Gruß heraus.

Meer und Insel begegneten sich an diesem Morgen sehr behutsam. Ohne Bewegung lagen sie beieinander, die See zeigte sich glatt und grau. Inmitten dieses Spiegels war es nicht schwierig, das fußballgroße Etwas, das nahe dem Ufer auf dem Wasser lag, zu bemerken.

Auch fehlten die Spuren nächtlicher Kämpfe zwischen Sand, Wasser und Wind. Keine frischen Muscheln lagen auf dem Sand, weder glatt geschliffene Hölzer noch gestrandete Tintenfische. Dem stillen Morgen war eine ruhige Nacht vorausgegangen. Es gab wenig zu entdecken, und so wurde dieses graugrüne Gebilde auf dem Wasser wichtig.

Ich schwamm hinaus, wendete aber bald. Ich war neugierig. Was mochte es sein? Ein Fisch? Schon möglich! Die Wölbung des Panzers einer Meeresschildkröte? Die Größe spräche dafür. Dann hob ich das unbekannte Ding aus dem Wasser.

Lunga Kindunga war zum Strand gekommen.

"Cocos", erklärte er. Wir hielten eine gewöhnliche Kokosnuss in den Händen.

Lunga Kindunga nahm das Seitengewehr vom Gürtel und begann die grüne, fasrige Schale von der Nuss zu lösen.