Das Echo der Träume - María Dueñas - E-Book

Das Echo der Träume E-Book

María Dueñas

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Beschreibung

Spanien, 30er Jahre. Sira beschließt kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs, ihrer großen Liebe nach Marokko zu folgen. Die junge Spanierin ist auf Anhieb von der pulsierenden Stadt Tanger überwältigt, bis sie von ihrem Geliebten verlassen wird. Mit gebrochenem Herzen muss sie allein in dem fremden Land zurechtkommen. Sie schafft es, sich als Schneiderin zu etablieren, und fertigt schon bald elegante Kleider für wohlhabende europäische Kundinnen. Doch dann trifft Sira auf jemanden, der sie in eine Welt voller Geheimnisse und Verschwörungen, aber auch Gefahr entführt …

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Seitenzahl: 1058

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Buch

Die junge Schneiderin Sira verlässt Madrid nur Monate vor Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges, um ihrer großen Liebe nach Marokko zu folgen. Das Liebespaar lässt sich im exotischen, weltoffenen Tanger nieder, einer Stadt pulsierenden Lebens, in der alles möglich scheint. Alles, sogar Verrat.

Verlassen und bedrängt von den Gläubigern des Mannes, der ihr das Herz gebrochen hat, landet Sira schließlich in Tetuán. Mit Hilfe neuer Bekanntschaften gelingt es ihr dort, sich als Schneiderin zu etablieren. Zu ihren Kundinnen zählen schon bald wohlhabende Europäerinnen, die ein exklusives Leben fern der Heimat und der Kriegswirren führen. In diesen Kreisen macht Sira eine schicksalhafte Begegnung, die sie in ein ganz neues Leben voller Geheimnisse und Verschwörungen entführt…

Autorin

María Dueñas wurde 1964 im spanischen Puertollano geboren, promovierte in englischer Philologie und ist Professorin an der Universidad de Murcia. Sie unterrichtete an nordamerikanischen Universitäten, veröffentlichte wissenschaftliche Texte und hat an zahlreichen kulturellen und verlegerischen Projekten mitgewirkt. Das Echo der Träume ist ihr Debütroman, der in Spanien auf Anhieb ein Riesenerfolg wurde und sich bisher über zwei Millionen Mal verkauft hat.

María Dueñas

DASECHODERTRÄUME

Roman

Aus dem Spanischen von Barbara Reitz und Maria Zybak

Die spanische Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel »El Tiempo entre Costuras« bei Ediciones Temas de Hoy, S.A., Madrid.

1. Auflage

Deutsche Taschenbuchausgabe März 2013 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2009 by María Dueñas und Ediciones Temas de Hoy, S.A., Madrid

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung und Umschlagillustration: bürosüd°, München

Redaktion: Anita Hirtreiter

ED Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-08479-0

www.blanvalet.de

Für meine Mutter, Ana Vinuesa

Für die Familien Vinuesa Lope und Álvarez Moreno,

für die Jahre in Tetuán

und die Sehnsucht, mit der sie stets an diese Stadt dachten.

Für alle früheren Bewohner des

spanischen Protektorats in Marokko

und für alle Marokkaner,

die dort gemeinsam mit ihnen lebten.

ERSTER TEIL

1

Eine Schreibmaschine stellte mein Leben auf den Kopf. Es war eine Hispano-Olivetti, und von ihr trennte mich über Wochen eine Schaufensterscheibe. Heute, nach all den Jahren, fällt es mir schwer zu glauben, dass ein gewöhnlicher mechanischer Gegenstand die Macht besitzt, dem Schicksal eine völlig neue Wendung zu geben und in nur vier Tagen sämtliche Pläne über den Haufen zu werfen. Doch so war es, und ich konnte nichts daran ändern.

Was ich mir ersehnte, waren eigentlich keine großartigen Dinge. Ich hatte lediglich naheliegende Wünsche, die mit den Koordinaten von Raum und Zeit übereinstimmten, in denen ich mich damals bewegte. Zukunftspläne, die zum Greifen nah waren. In jenen Tagen drehte sich meine Welt gleichförmig um einige wenige Fixpunkte, die ich für unerschütterlich hielt, und meine Mutter war stets der wichtigste von allen. Sie war Damenschneiderin und arbeitete als Gesellin in einem Modeatelier für die gehobene Kundschaft. Sie hatte Erfahrung und ein geübtes Auge, aber sie war nie mehr als eine einfache Angestellte. Eine Arbeiterin wie viele andere auch, die sich während ihres Zehn-Stunden-Tages die Finger zerstach und die Augen verdarb, während sie zuschnitt und nähte, Kleidung absteckte und ausbesserte, die weder für ihren Körper noch für Blicke bestimmt war, die ihrer Person galten. Damals wusste ich von meinem Vater nicht viel. Eigentlich gar nichts. Er lebte nicht bei uns, doch seine Abwesenheit machte mir auch nichts aus. Nie war ich neugierig genug, um etwas über ihn erfahren zu wollen, bis meine Mutter– ich muss acht oder neun Jahre alt gewesen sein– sich traute, mir ein paar Dinge über ihn zu erzählen. Dass er eine andere Familie habe und es ihm nicht möglich sei, mit uns zusammenzuleben. Ich schlang diese Brocken Informationen ebenso hastig und gleichgültig hinunter, wie ich den letzten Rest meiner Karfreitagssuppe aus Kichererbsen, Stockfisch und Spinat auslöffelte: Das Leben jenes Fremden interessierte mich weit weniger, als schnellstens nach unten auf den Platz zum Spielen zu kommen.

Ich wurde im Sommer 1911 geboren, im selben Jahr, in dem die berühmte Flamencotänzerin Pastora Imperio den ebenso berühmten Stierkämpfer Rafael Gómez genannt »El Gallo« heiratete, in Mexiko der später sehr populäre Sänger und Schauspieler Jorge Negrete das Licht der Welt erblickte und in Europa der Stern einer Ära sank, die Belle Époque genannt wurde. Von fern vernahm man bereits die Trommeln des Ersten Weltkriegs, und in den Cafés von Madrid las man die Tageszeitungen El Debate und El Heraldo, während auf der Bühne La Chelito das Publikum mit ihren zweideutigen Couplets verzauberte, zu denen sie sinnlich die Hüften schwang. König Alfonso XIII. gelang es– trotz seiner diversen Geliebten– in jenen Monaten sein fünftes legitimes Kind, eine Tochter, zu zeugen. An der Spitze seiner Regierung stand der liberale Canalejas, der noch nicht ahnte, dass er bereits ein Jahr später durch die Hand eines Anarchisten, der zwei Schüsse auf ihn abfeuerte, zu Tode kommen würde, während er sich in der Buchhandlung San Martín gerade die Neuerscheinungen ansah.

Ich wuchs in einem einigermaßen glücklichen Umfeld auf, in dem eher Mangel als Überfluss herrschte, doch ohne große Entbehrungen oder Enttäuschungen. In einer engen Gasse in einem typischen Viertel von Madrid, unweit der Plaza de la Paja, nur einen Katzensprung vom Palacio Real, dem königlichen Palast, entfernt. In unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums mit seinem unaufhörlichen Lärm, in einer Umgebung mit Leinen voller Wäsche, dem Geruch nach Bleiche, dem Geschnatter der Nachbarinnen und Katzen, die in der Sonne dösten. Im Zwischengeschoss eines nahe gelegenen Hauses erhielt ich eine rudimentäre Schulausbildung: In Bänke, die für zwei gedacht waren, quetschten wir uns knuffend zu viert und sagten lauthals das Gedicht La Canción del Pirata und das Einmaleins auf. Dort lernte ich lesen und schreiben, die vier Grundrechenarten und die Namen der Flüsse auf der vergilbten Wandkarte. Mit zwölf Jahren begann meine berufliche Ausbildung, und ich wurde Lehrling in dem Modeatelier, in dem meine Mutter arbeitete. Wie es mir bestimmt war.

Aus dem Geschäft von Doña Manuela Godina, der Inhaberin, kamen seit Jahrzehnten sorgfältig gearbeitete, exzellent geschnittene und genähte Kleidungsstücke, die man in ganz Madrid schätzte. Tageskleider, Cocktailkleider, Mäntel und Capes, mit denen später die vornehmen Damen über den Paseo de la Castellana flanierten, sich im Hippodrom oder im Poloclub an der Puerta de Hierro sehen ließen, im Sakuska ihren Tee tranken oder zur Messe in einem der großen Gotteshäuser erschienen. Es dauerte jedoch einige Zeit, bis ich in die Geheimnisse der Schneiderei eingeweiht wurde, und so lange war ich das Mädchen für alles: diejenige, die die Asche aus den Öfen entfernte und die Stoffreste am Boden auffegte, die über dem Feuer die Bügeleisen erhitzte und, ohne zu schnaufen, zur Plaza de Pontejos lief, um Garn und Knöpfe zu kaufen. Diejenige, die sich darum kümmerte, die soeben fertiggestellten und in dunkelbraune Leinensäcke verpackten Modelle zu den feinen Adressen zu bringen: meine Lieblingsaufgabe, der aufregendste Zeitvertreib in meiner noch jungen Karriere. Auf diese Weise lernte ich die Concierges und Chauffeure der besten Häuser, die Zofen, Haushälterinnen und Butler der wohlhabendsten Familien kennen. Durfte, ohne dass man groß von mir Notiz genommen hätte, einen Blick auf die elegantesten Señoras, ihre Töchter und Ehemänner werfen. Gleich einem stummen Zeugen verschaffte ich mir Zugang zu ihren großbürgerlichen Häusern, aristokratischen Schlössern und luxuriösen Wohnungen in altehrwürdigen Gebäuden. Gelegentlich kam ich nicht weiter als bis zum Dienstboteneingang, und jemand vom Personal nahm mir das gute Stück ab, das ich in Händen hielt. Doch dann wieder bat man mich ins Ankleidezimmer, und um dorthin zu gelangen, hastete ich durch Gänge, spähte in Salons und verschlang mit meinen Augen die Teppiche, die Kronleuchter, die samtenen Vorhänge und die Flügel, auf denen manchmal gerade jemand spielte, während ich darüber nachdachte, wie sonderbar wohl das Leben in einer solchen Umgebung wäre.

Meine Arbeitstage zwischen diesen beiden Welten verliefen ohne größere Zwischenfälle, ja, blieben fast von ihrer Unvereinbarkeit unberührt. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit lief ich durch jene breiten, von Toreinfahrten und großen Portalen gesäumten Straßen, wie ich durch die verschachtelten Gassen meines Viertels voller Pfützen und Abfälle ging, die erfüllt waren vom Geschrei der Händler und dem Gekläffe hungriger Hunde. Jene Gassen, die ein jeder stets eiligst passierte und wo man, wenn der Ruf »Wasser« ertönte, möglichst schnell in Deckung ging, damit man nicht mit Urin bespritzt wurde. Handwerker, kleine Händler, Angestellte und Tagelöhner, die erst seit Kurzem in der Hauptstadt waren, füllten die Mietshäuser und verliehen meinem Viertel die Seele eines Dorfes. Viele seiner Bewohner verließen es höchst selten und nur dann, wenn es unumgänglich war. Meine Mutter und ich dagegen machten uns jeden Morgen, gemeinsam und eiligen Schrittes, schon früh auf den Weg in die Calle Zurbano und gingen in der Schneiderei von Doña Manuela unverzüglich an die Arbeit.

Nachdem ich bereits seit zwei Jahren in der Lehre war, kamen die beiden darin überein, dass ich nun nähen lernen sollte. Mit vierzehn begann ich mit den einfachsten Dingen: Schlaufen nähen, heften, lockere Heftnähte. Darauf folgten Knopflöcher, Absteppen und Säume. Bei der Arbeit saßen wir auf kleinen Stühlen aus Korbgeflecht, über Holzbretter gebeugt, die auf unseren Knien lagen und auf denen wir unsere Arbeit verrichteten. Doña Manuela sprach mit den Kundinnen, kürzte, probierte und änderte. Meine Mutter nahm Maß und kümmerte sich um den Rest: Sie nähte die anspruchsvolleren Dinge und verteilte die übrigen Aufgaben, überwachte deren Ausführung und gab ihrem kleinen Bataillon, bestehend aus einem halben Dutzend Schneiderinnen im reiferen Alter, vier oder fünf jungen Frauen und einigen geschwätzigen Lehrlingen, die stets zum Scherzen und Lachen aufgelegt waren, das Tempo und die Disziplin vor. Einige waren richtig gute Schneiderinnen, andere besaßen nicht das nötige Talent und mussten daher stets die gleichen undankbaren Aufgaben erledigen. Ihr Arbeitsplatz hatte so gar nichts von der heiteren Opulenz der Fassade oder der vornehmen Zurückhaltung des hellen Salons, zu dem lediglich die Kundinnen Zutritt hatten. Die beiden, Doña Manuela und meine Mutter, waren die Einzigen, die sich an seinen mit safrangelbem Stoff bespannten Wänden erfreuen konnten. Sie waren die Einzigen, die sich den Mahagonimöbeln nähern und über das Eichenparkett gehen durften, das wir Jüngeren mit Baumwolllappen zum Glänzen bringen mussten. Nur die beiden erhaschten hin und wieder einen Sonnenstrahl, der es über die vier hohen, auf die Straße gehenden Balkone bis ins Erdgeschoss geschafft hatte. Der Rest der Truppe blieb stets im Hintergrund: in jenem im Winter eiskalten und im Sommer brütend heißen Winkel, der unsere Schneiderei war, jenem grauen Hinterzimmer, dessen zwei winzige Fenster auf einen dunklen Innenhof hinausgingen und in dem die Stunden zwischen geträllerten Liedern und Scherengeklapper wie im Flug vergingen.

Ich lernte rasch. Meine flinken Finger gewöhnten sich schnell an die Nadel und die Textur der Stoffe. An die Maße, die einzelnen Teile und die verschiedenen Größen. Vordere Rumpflänge, Brustumfang, Beinlänge. Ärmelausschnitt, Ärmelloch, Besatzstreifen. Mit sechzehn lernte ich die verschiedenen Stoffe zu unterscheiden, ihre Qualität zu beurteilen und ihr Potenzial zu erkennen. Crêpe de Chine, Seidenmusselin, Georgette, Chantilly-Spitze. Die Zeit verging wie im Flug: Im Herbst fertigten wir Mäntel aus guten Stoffen und Kostüme für die Übergangszeit, im Frühling nähten wir luftige Kleider, die für die Ferien an der weit entfernten, unerreichbaren kantabrischen Küste bestimmt waren, für San Sebastián und seine berühmte Bucht La Concha oder für Santander und seinen Strand El Sardinero. Ich wurde achtzehn, neunzehn. Nach und nach arbeitete ich mich in den Zuschnitt und die Fertigung schwierigerer Teile ein. Ich lernte, wie man Krägen und Revers machte, lernte zu erahnen, wie ein Stoff fallen und das fertige Stück aussehen würde. Meine Arbeit gefiel mir, sie machte mir Spaß. Doña Manuela und meine Mutter baten mich gelegentlich um meine Meinung, begannen mir zu vertrauen. »Das Mädchen hat ein Händchen fürs Nähen und den richtigen Blick, Dolores«, sagte Doña Manuela. »Sie macht ihre Sache gut, und sie wird noch besser, wenn sie uns nicht abspringt. Besser als du, nachlässig wie du bist.« Und meine Mutter arbeitete einfach weiter, als hätte sie nichts gehört. Und auch ich hob nicht den Kopf von meinem Brett, tat so, als wäre nichts gewesen. Doch als ich verstohlen zu ihr hinübersah, bemerkte ich, dass ihre Lippen, zwischen denen Stecknadeln klemmten, ein leichtes Lächeln umspielte.

Es verstrichen die Jahre, es verstrich das Leben. Die Mode änderte sich, und ihrem Diktat gehorchte die Arbeit in der Schneiderei. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs kamen gerade Linien auf, die Korsetts wurden ausgemustert, und man zeigte nun Bein, ohne zu erröten. Als sich jedoch die Goldenen Zwanziger ihrem Ende zuneigten, wanderte die Taille wieder an ihren naturgegebenen Platz, die Röcke wurden länger, man zeigte nicht mehr Dekolleté und nackte Arme, der Ruf nach Sittsamkeit triumphierte. Ein neues Jahrzehnt begann, und es brachte viele Veränderungen. Schlag auf Schlag, unvorhersehbar, fast alle auf einmal. Ich wurde zwanzig, man rief die Republik aus, und ich lernte Ignacio kennen. Wir begegneten uns an einem Sonntag im September im Parque de la Bombilla bei einem Tanzvergnügen mit Lehrmädchen, bummeligen Studenten und Soldaten, die Ausgang hatten. Er forderte mich zum Tanzen auf, brachte mich zum Lachen. Zwei Wochen später schmiedeten wir schon die ersten Heiratspläne.

Wer war Ignacio, was bedeutete er mir? Damals dachte ich, er sei der Mann meines Lebens. In seiner ruhigen Art erkannte ich instinktiv den guten Vater meiner zukünftigen Kinder. Inzwischen hatte ich ein Alter erreicht, in dem jungen Frauen wie mir ohne ordentlichen Beruf außer der Ehe nicht viele Möglichkeiten blieben. Das Beispiel meiner Mutter, die mich alleine großzog und dafür von frühmorgens bis spätabends hart arbeitete, erschien mir nicht erstrebenswert. Und mit Ignacio hatte ich einen geeigneten Kandidaten gefunden, um nicht in ihre Fußstapfen treten zu müssen: jemanden, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen konnte, ohne jeden Morgen mit dem schalen Geschmack von Einsamkeit im Mund aufzuwachen. Mich zog keine glühende Leidenschaft zu ihm hin, doch sehr wohl eine starke Zuneigung und die Gewissheit, dass meine Tage an seiner Seite ohne Kummer oder große Turbulenzen, wie auf ein weiches Kissen gebettet, verstreichen würden.

Ignacio Montes, dachte ich, würde derjenige sein, an dessen Arm ich mich bei unseren zahllosen Spaziergängen festhielte, seine stete Gegenwart würde mir für alle Zeit Schutz und Sicherheit bieten. Zwei Jahre älter als ich, schlank, liebenswürdig, ebenso umgänglich wie sanftmütig. Er hatte die richtige Statur und kein Gramm zu viel auf den Rippen, gute Manieren und ein Herz, das mich mit jeder Stunde, die wir miteinander verbrachten, mehr zu lieben schien. Er war der Sohn einer kastilischen Witwe, die ihre Notgroschen unter der Matratze aufbewahrte, und wohnte mit kurzen Unterbrechungen in schäbigen Pensionen. Er strebte eine Laufbahn in der Bürokratie an und war ewiger Anwärter für jede Verwaltung, die ihm Aussicht auf ein lebenslanges Gehalt bot: sei es das Kriegs-, Finanz- oder Innenministerium. Der Traum von dreitausend Peseten jährlich, zweihundertfünfzig jeden Monat: ein sicheres Gehalt, für das er seine Zeit bis ans Ende seiner Tage in der eintönigen Welt der Behörden und Vorzimmer, von Lösch- und Büttenpapier, von Gebührenmarken und Tintenfässern würde verbringen müssen. Darauf bauten wir unsere Zukunft: auf einem biederen Beamtentum, das sich– von Ausschreibung zu Ausschreibung– beharrlich weigerte, meinen Ignacio auf seine Liste zu setzen. Doch er verlor nicht den Mut und blieb hartnäckig. Im Februar probierte er es mit dem Justiz- und im Juni mit dem Landwirtschaftsministerium und dann das Ganze wieder von vorn.

In der Zwischenzeit verwöhnte mich Ignacio, der sich keine kostspieligen Extravaganzen leisten konnte, mich aber fortwährend glücklich sehen wollte, im Rahmen seiner bescheidenen finanziellen Möglichkeiten: eine Pappschachtel voller Seidenraupen und Maulbeerblätter, Tüten mit heißen Kastanien und inbrünstige Liebesschwüre auf der Wiese unter dem Viadukt. Gemeinsam lauschten wir der Musikkapelle am Kiosk im Parque del Oeste und ruderten im Retiro an sonnigen Sonntagmorgen über den See. Es gab kein Sommernachtsfest mit Drehorgel und Schaukel, das wir nicht besuchten, keinen chotis, den wir nicht genau im Takt tanzten. Unzählige Nachmittage verbrachten wir im Parque de las Vistillas, unzählige Filme sahen wir uns in den Stadtteilkinos für eine Peseta fünfzig an. Eine Mandelmilch war für uns Luxus, ein Taxi unerschwinglich. Ignacios Schmeicheleien hingegen, die ja nichts kosteten, kannten kein Ende. Ich war für ihn der Himmel und die Sterne, die Schönste, die Beste. Meine Haut, mein Gesicht, meine Augen. Meine Hände, mein Mund, meine Stimme. Alles an mir erschien ihm unübertrefflich, war ein nie versiegender Quell der Freude. Und ich lauschte seinen Worten, schalt ihn töricht und ließ mich begehren.

Dessen ungeachtet nahm das Leben in der Schneiderei zu jener Zeit eine andere Wendung. Es gestaltete sich schwierig, unsicher. Mit der Zweiten Republik kehrte Unruhe in den behaglichen Wohlstand im Umfeld unserer Kundinnen ein. In Madrid gärte und rumorte es, die politischen Spannungen waren an jeder Ecke deutlich spürbar. Die wohlhabenden Familien verlängerten ihren Sommerurlaub im Norden Spaniens immer wieder, wollten so lange wie möglich den Unruhen und dem Aufruhr in der Hauptstadt fernbleiben, auf deren Plätzen man lauthals für die kommunistische Tageszeitung El Mundo Obrero warb, während die zerlumpten Proletarier aus den Außenbezirken sogar bis zur Puerta del Sol aufmarschierten. Limousinen fuhren kaum noch durch die Straßen, ein opulentes Abschiedsfest reihte sich ans nächste. Die alten Damen der feinen Gesellschaft beteten Novenen, dass Manuel Azaña, der Präsident der Zweiten Republik, bald gestürzt werden möge. Und täglich kam es zu Schießereien in der Dämmerung, wenn die Gaslaternen in den Straßen angezündet wurden. Die Anarchisten brannten Kirchen nieder, die Falangisten zückten prahlerisch ihre Pistolen. Immer häufiger deckten die Angehörigen der Aristokratie und des Großbürgertums die Möbel mit Laken ab, entließen das Personal, verriegelten die Fensterläden und brachen eilig ins Ausland auf, wohin sie massenhaft Schmuck, Geld und ihre Ängste mitnahmen, während sie sich nach dem König im Exil und einem gehorsamen Spanien sehnten, das nicht in Sicht war.

Von Mal zu Mal kamen weniger Señoras in Doña Manuelas Schneiderei, gab es weniger Bestellungen und folglich weniger zu tun. In einem schmerzlichen Prozess wurden erst die Lehrmädchen, dann nach und nach die übrigen Schneiderinnen entlassen, bis schließlich nur die Inhaberin, meine Mutter und ich übrig blieben. Und als wir schließlich das letzte Kleid für die Marquesa de Entrelagos fertig genäht, die Hände in den Schoß gelegt und sechs Tage mit Radiohören zugebracht hatten, ohne dass die Türglocke Kundschaft angekündigt hätte, teilte Doña Manuela uns seufzend mit, dass sie keine andere Wahl habe, als das Geschäft zu schließen.

Inmitten der Erschütterungen jener Zeit, in der die politischen Krawalle das Parkett in den Theatern erzittern ließen und jede Regierung nur drei Vaterunser lang an der Macht blieb, fanden wir kaum Gelegenheit, das Verlorene zu beweinen. Drei Wochen nachdem wir zur Untätigkeit verdammt worden waren, erschien Ignacio mit einem Strauß Veilchen und der guten Nachricht, dass seine Bewerbung nun endlich angenommen worden war. Unsere kleine Hochzeit würde der unsicheren Vergangenheit ein Ende setzen, und so planten wir auf dem Beistelltischchen das Ereignis. Obwohl mit dem neuen politischen Klima die Mode aufgekommen war, nur standesamtlich zu heiraten, ermunterte uns meine Mutter, in deren Seele mühelos mehrere Überzeugungen Platz hatten– ihr Leben als alleinerziehende Mutter, ihr unbeirrbarer katholischer Glaube und ihre unverbrüchliche Treue zur abgesetzten Monarchie–, kirchlich zu heiraten. In San Andrés, dem Gotteshaus in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Ignacio und ich willigten ein. Wie hätten wir auch dagegen sein können, ohne jene Hierarchie der Zuneigung auf den Kopf zu stellen, in der er alle meine Wünsche erfüllte und ich ohne Widerrede die meiner Mutter? Darüber hinaus hatte ich keinen gewichtigen Grund, mich dagegen auszusprechen: Meine Träume bezüglich der Feier waren bescheiden, und letztlich spielte es für mich keine Rolle, ob ich vor einem Altar mit Pfarrer und Soutane stand oder in einem Saal, in dem die dreifarbige republikanische Flagge hing.

So schickten wir uns also an, das Datum festzusetzen, und zwar bei demselben Pfarrer, der mir vierundzwanzig Jahre zuvor am achten Juni auf der Grundlage des Heiligenkalenders den Namen Sira gegeben hatte. Sabiniana, Victorina, Gaudencia, Heraclia und Fortunata standen an jenem Tag außerdem zur Wahl.

»Sira, Vater, taufen Sie das Mädchen auf den Namen Sira, der ist wenigstens kurz«, hatte meine Mutter im Alleingang entschieden. Und so wurde ich zu Sira.

Die Hochzeit würden wir mit der Familie und ein paar Freunden feiern. Mit meinem Großvater, der im Spanisch-Amerikanischen Krieg seine Beine und den Verstand verloren hatte und der tagaus, tagein schweigend in seinem Schaukelstuhl auf dem Balkon saß. Mit Ignacios Mutter und seinen Schwestern, die aus ihrem Dorf anreisten. Mit unseren Nachbarn Engracia und Norberto, die mit ihren drei Kindern Tür an Tür mit uns lebten. Sie waren Sozialisten und standen uns nicht nur räumlich so nahe, als würde dasselbe Blut durch unsere Adern fließen. Und mit Doña Manuela, die noch einmal zu Nadel und Faden greifen würde, um mir ihre letzte Arbeit zu schenken: mein Hochzeitskleid. Unsere Gäste würden wir mit Baisertorten, süßem Málaga-Wein und Wermut verwöhnen. Vielleicht würden wir auch einen Musiker aus dem Viertel engagieren, der einen Pasodoble spielen konnte, und womöglich würde ein Porträtfotograf ein schönes Bild von uns anfertigen, das unser gemeinsames Heim schmückte, das wir vorerst noch nicht hatten und das anfänglich die Wohnung meiner Mutter wäre.

Zu jener Zeit, inmitten dieses ganzen Durcheinanders, kam Ignacio auf die Idee, ich solle mich ebenfalls für den Staatsdienst bewerben. Sein Posten bei einer Behörde hatte ihm die Augen für eine ganz neue Welt geöffnet: die der staatlichen Verwaltung. Hier taten sich den Frauen ganz andere Perspektiven auf, die nichts mit dem heimischen Herd oder der Waschküche zu tun hatten. Es war eine Welt, in der sie gemeinsam mit den Männern eine berufliche Laufbahn einschlagen konnten. Schon saßen die ersten Frauen als Abgeordnete im Kongress, im öffentlichen Leben waren die Geschlechter von nun an gleichgestellt, den Frauen wurde die Rechtsfähigkeit zuerkannt, das Recht auf Arbeit und das allgemeine Wahlrecht. Trotzdem wäre ich hundertmal lieber wieder nähen gegangen, aber Ignacio brauchte lediglich drei Nachmittage, um mich von seinen Plänen zu überzeugen. Die alte Welt der Stoffe und Steppnähte gab es nicht mehr, ein neues Universum öffnete uns seine Pforten, man musste sich nur an den Gedanken gewöhnen. Und Ignacio höchstpersönlich würde mich darauf vorbereiten. Er kannte sämtliche Bereiche und hatte ausreichend Erfahrung in der Kunst, sich Dutzende Male erfolglos zu bewerben, ohne dabei jemals die Hoffnung zu verlieren. Ich meinerseits war mir bei diesem Projekt vollkommen im Klaren darüber, dass ich nach unserer Hochzeit mit anpacken musste, um die kleine Truppe durchzubringen, die wir gemeinsam mit meiner Mutter, meinem Großvater und der künftigen Kinderschar bilden würden. Also willigte ich schließlich ein. Nachdem wir uns entschlossen hatten, fehlte uns nur eins: eine Schreibmaschine, auf der ich Tippen lernen und mich auf die unumgängliche Schreibmaschinenprüfung vorbereiten konnte. Ignacio hatte Jahre damit zugebracht, auf fremden Maschinen schreiben zu lernen, und einen Leidensweg durch triste Akademien hinter sich, in denen der Geruch nach Tinte und Schweiß hing. Er wollte mir dieses Leid ersparen, und das bestärkte ihn in dem Wunsch, uns eine eigene Maschine anzuschaffen. In den folgenden Wochen machten wir uns auf die Suche nach ihr, als handele es sich um die größte Investition unseres Lebens.

Wir prüften alle Möglichkeiten und rechneten alles immer wieder durch. Ich verstand nichts von Technik, doch mir schwebte für uns eine kleinformatige, leichte Maschine vor. Ignacio wiederum war die Größe egal. Er konzentrierte sich vielmehr auf die Preise, Lieferfristen und Mechaniken. Schon bald kannten wir sämtliche Verkaufsstellen in Madrid, verbrachten ganze Stunden vor ihren Schaufenstern und lernten die ausländischen Namen richtig auszusprechen, die entfernte Orte und Leinwandgrößen heraufbeschworen: Remington, Royal, Underwood. Wir hätten uns für irgendeine Marke entscheiden können; genauso gut für die Schreibmaschine einer amerikanischen Firma wie für die einer deutschen, aber letztlich wollten wir ein italienisches Modell aus dem Hause Hispano-Olivetti in der Calle Pi y Margall. Wie hätten wir ahnen sollen, dass wir mit diesem simplen Entschluss, mit der bloßen Tatsache, eine Türschwelle zu überschreiten, unserer gemeinsamen Zukunft den Todesstoß versetzten und unsere Lebenswege unabwendbar eine unterschiedliche Richtung nehmen würden?

2

»Ich werde Ignacio nicht heiraten.«

Bei diesen Worten erstarrte meine Mutter, und ihre Hand, mit der sie gerade eine Nadel einfädeln wollte, blieb in der Luft stehen.

»Was sagst du da, Mädchen?«, flüsterte sie. Ihre Stimme hörte sich bestürzt und ungläubig an.

»Dass ich ihn nicht mehr mag, Mutter. Ich habe mich in einen anderen verliebt.«

Sie überhäufte mich mit Vorwürfen, flehte alle Heiligen im Himmel um Intervention an und versuchte mich mit den überzeugendsten Argumenten, die ihr einfielen, von meinem Entschluss abzubringen. Als sie feststellte, dass alles nichts nützte, setzte sie sich in den Schaukelstuhl neben meinen Großvater, schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.

Ich tat, als würde mich das alles nicht berühren, und bemühte mich, meine Nervosität hinter meinen mit Entschlossenheit vorgebrachten Worten zu verstecken. Ich hatte Angst vor der Reaktion meiner Mutter: Für sie war Ignacio zu dem Sohn geworden, den sie nie gehabt hatte, mit ihm hatte ein Mann seinen Weg in unsere kleine Familie gefunden. Sie unterhielten sich gerne miteinander, harmonierten, verstanden sich. Meine Mutter kochte ihm seine Lieblingsgerichte, polierte seine Schuhe auf Hochglanz, drehte seine Sakkos auf links, wenn sie mit der Zeit unansehnlich geworden waren. Er wiederum machte ihr Komplimente, wenn er sah, mit welcher Sorgfalt sie sich um seine Kleidung für die sonntägliche Messe bemühte, brachte ihr dulces de yema, feines Gebäck aus Eigelb und Zucker, mit und sagte manchmal– halb im Scherz, halb im Ernst– zu ihr, sie sei hübscher als ich.

Mir war bewusst, dass mein kühner Entschluss dieses angenehme Miteinander zunichtemachen würde und dass ich damit nicht nur mein eigenes Leben auf den Kopf stellen würde, aber das ließ sich nun nicht mehr ändern. Meine Entscheidung stand unverrückbar fest: Es würde weder eine Hochzeit geben noch würde ich an Auswahlprüfungen teilnehmen, ich würde nicht auf dem Beistelltischchen Maschineschreiben lernen und niemals mit Ignacio das Bett teilen und Kinder mit ihm haben. Ich würde ihn verlassen, und keine zehn Pferde würden mich von meinem Entschluss abbringen.

Die Niederlassung von Hispano-Olivetti hatte zwei große Schaufenster, in denen man den Passanten die Produkte des Unternehmens voller Stolz wie Preziosen präsentierte. Zwischen den beiden Fenstern befand sich die verglaste Eingangstür mit einer diagonal verlaufenden Stange aus polierter Bronze. Ignacio stieß die Tür auf, und wir traten ein. Obwohl ein Glöckchen uns angekündigt hatte, erschien nicht sofort jemand, um uns zu bedienen. So standen wir befangen einige Minuten herum, sahen uns mit ehrfürchtigem Respekt um und wagten nicht einmal, die Möbel aus poliertem Holz zu berühren, auf denen jene Wunderwerke der Technik standen, unter denen wir das für unser Vorhaben am besten geeignete auswählen wollten. Im Hintergrund des großen Ausstellungsraums befand sich ein Büro, aus dem Männerstimmen drangen.

Lange mussten wir nicht mehr warten, die Herrschaften wussten, dass Kundschaft gekommen war. Schon eilte ein dunkel gekleideter, rundlicher Mann auf uns zu, der uns liebenswürdig begrüßte und sich nach unseren Wünschen erkundigte. Ignacio begann zu reden, beschrieb dem Verkäufer, was er sich vorstellte, bat um technische Daten und Vorschläge. Daraufhin schickte sich der Angestellte an, uns kompetent die Eigenschaften jeder einzelnen ausgestellten Maschine zu erläutern. In allen Details und mit Fachausdrücken gespickt, derart ausführlich und monoton, dass ich nach zwanzig Minuten vor lauter Langeweile fast einschlief. Ignacio hingegen saugte die ihm geschilderten Informationen mit allen fünf Sinnen auf, ohne mir und allem anderen, das nichts mit den Schreibmaschinen zu tun hatte, die geringste Beachtung zu schenken. Ich beschloss, mich ein wenig abzusondern, denn mich interessierte das alles nicht im Mindesten. Was Ignacio auch auswählen würde, es wäre eine gute Wahl. Was ging mich der Anschlag an, der Hebel für den Wagenrücklauf oder der Klingelton, der den Rand ankündigte?

Also beschloss ich, mich in den anderen Bereichen des Ausstellungsraums umzusehen, um mir die Zeit zu vertreiben. Ich betrachtete die großen Plakate an den Wänden, die mit bunten Bildern und Worten in Sprachen, die ich nicht verstand, für die Produkte des Hauses warben, dann schlenderte ich zu den Schaufenstern und beobachtete die Menschen, die auf der Straße vorbeieilten. Nach einer Weile kehrte ich lustlos wieder in den hinteren Bereich des Geschäfts zurück.

Eine der Wände nahm zu einem guten Teil ein großer Schrank mit Glastüren ein. Ich betrachtete mein Spiegelbild, stellte fest, dass sich ein paar Strähnen aus meinem Haarknoten gelöst hatten, und schob sie wieder zurück. Bei der Gelegenheit kniff ich mich auch gleich in die Wangen, um ein wenig Farbe in mein gelangweiltes Gesicht zu bringen. Dann prüfte ich in aller Ruhe meine Kleidung. Ich hatte für diesen Anlass mein bestes Kostüm gewählt, schließlich hatte dieser Kauf für uns eine ganz besondere Bedeutung. Ich strich mir sorgfältig die Strümpfe glatt, rückte meinen Rock zurecht und ließ die Hände über das Revers meiner Jacke gleiten. Ich fuhr mir noch einmal durch die Haare, besah mich von vorne und von der Seite und betrachtete ausgiebig die Kopie meiner selbst, die das Spiegelglas mir zeigte. Ich probierte verschiedene Posen aus, machte ein paar Tanzschritte und setzte ein Lächeln auf. Als ich meines Anblicks überdrüssig wurde, begann ich wieder in dem Ausstellungsraum herumzuschlendern, um irgendwie die Zeit totzuschlagen, strich mit der Hand langsam über die Oberfläche der Möbel und schlängelte mich lustlos zwischen ihnen hindurch. Dem, was uns eigentlich hierhergeführt hatte, schenkte ich kaum Aufmerksamkeit: Für mich unterschieden sich all diese Maschinen nur in ihrer Größe. Es gab große und robuste, auch kleinere. Einige wirkten leichter, andere schwerer, doch mir erschienen sie lediglich als dunkle Ungetüme ohne den geringsten Reiz. Gelangweilt stellte ich mich vor eine der Schreibmaschinen und tat so, als wollte ich mit dem Zeigefinger knapp über der Tastatur die Buchstaben anschlagen, die am meisten mit mir zu tun hatten. Das S, das I, das R, das A. Si-ra, wiederholte ich flüsternd.

»Ein schöner Name.«

Die männliche Stimme hinter mir klang voll und so nah, dass ich beinahe den Atem ihres Besitzers auf der Haut zu spüren meinte. Mir lief ein Schauder über den Rücken, und ich fuhr erschrocken herum.

»Ramiro Arribas«, stellte sich der Mann vor und streckte mir die Hand entgegen. Ich reagierte nicht gleich. Vielleicht weil ich es nicht gewohnt war, auf so formelle Art begrüßt zu werden. Vielleicht weil ich noch allzu sehr von seinem unerwarteten Auftritt beeindruckt war.

Wer war dieser Mann, woher war er gekommen? Er selbst gab mir die Antwort auf diese Fragen, wobei er mich unverwandt ansah.

»Ich bin der Geschäftsführer. Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht gleich um Sie gekümmert habe. Ich habe gerade versucht, ein Ferngespräch zustande zu bringen.«

Und Sie durch die Jalousie, die das Büro vom Ausstellungsraum trennt, beobachtet, hätte er noch sagen können. Er tat es nicht, doch er ließ es durchblicken. Ich schloss es intuitiv aus seinem intensiven Blick, seiner volltönenden Stimme, aus der Tatsache, dass er zuerst auf mich und nicht auf Ignacio zugegangen war, und daraus, dass er meine Hand ungewöhnlich lange in der seinen behielt. Ich wusste, dass er mich beobachtet hatte, mir mit den Augen gefolgt war, als ich ziellos durch sein Geschäft schlenderte. Er hatte gesehen, wie ich mich vor dem verglasten Schrank zurechtgemacht, meine Frisur wieder in Ordnung gebracht, meinen Rock zurechtgerückt und meine Strümpfe glatt gestrichen hatte, wie ich mit den Händen langsam an meinen Beinen emporgefahren war. Aus dem Schutz seines Büros heraus hatte er meine wiegenden Hüften und jede einzelne meiner Bewegungen beobachtet. Er hatte mich taxiert, meine Figur und die Konturen meines Gesichts prüfend betrachtet. Er hatte mich mit dem sicheren Blick desjenigen studiert, der genau weiß, was ihm gefällt, und der gewohnt ist, seine Ziele mit der Direktheit zu erreichen, die ihm sein Verlangen diktiert. Und er hatte beschlossen, es mir zu zeigen. Noch nie, bei keinem anderen Mann hatte ich dergleichen wahrgenommen, nie hätte ich gedacht, bei einem anderen Menschen eine derart sinnliche Begierde wecken zu können. Doch ebenso wie Tiere Futter oder Gefahr wittern, mit demselben Urinstinkt erkannte mein Innerstes, dass Ramiro Arribas mich wie ein Wolf zu seiner Beute erwählt hatte.

»Ihr Gatte?«, fragte er mit einer Kopfbewegung zu Ignacio hin.

»Mein Verlobter«, stellte ich eilends klar.

Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich meinte, in seinen Mundwinkeln den Anflug eines befriedigten Lächelns wahrzunehmen.

»Wunderbar. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«

Er ließ mich vorangehen, und dabei schmiegte sich seine Hand an meine Taille, als hätte sie ihr Leben lang darauf gewartet. Er begrüßte Ignacio zuvorkommend, schickte den Verkäufer ins Büro und nahm die Angelegenheit mit der Leichtigkeit eines Menschen in die Hand, der mit einem Fingerschnippen die Puppen zum Tanzen bringt. Wie ein Zauberkünstler mit pomadisiertem Haar, mit kantigen Gesichtszügen, einem breiten Lächeln und einem derart imponierenden, männlich-entschlossenen Auftreten, dass mein armer Ignacio daneben wirkte, als würde er noch hundert Jahre brauchen, um sich ein solches Maß an Männlichkeit anzueignen.

Nachdem er erfahren hatte, dass wir die Schreibmaschine zu dem Zweck zu kaufen beabsichtigten, damit ich Maschineschreiben lernte, lobte er dieses Vorhaben, als wäre es eine geradezu geniale Idee. Für Ignacio war er ein kompetenter Fachmann, der technische Details und günstige Zahlungsbedingungen erläuterte. Für mich war er mehr: eine Naturgewalt, ein Magnet, meine Bestimmung.

Es dauerte eine Weile, bis alle Formalitäten besprochen waren, und unterdessen sandte Ramiro Arribas unaufhörlich Signale aus: eine unerwartete Berührung, einen Scherz, ein Lächeln, doppeldeutige Worte und Blicke, die mich wie eine Lanze durchbohrten. Ignacio, ganz von seinen eigenen Dingen in Anspruch genommen, nahm überhaupt nicht wahr, was vor seinen Augen vor sich ging, und entschied sich schließlich für die Lettera 35, eine Reiseschreibmaschine mit runden weißen Tasten, in die sich die Buchstaben des Alphabets so elegant einfügten, als wären sie mit einem Stichel eingraviert.

»Eine ausgezeichnete Entscheidung«, bemerkte der Geschäftsführer zum Schluss und lobte Ignacios kluge Wahl, als hätte dieser ganz allein entschieden und nicht er ihn mit dem Geschick des gewieften Verkäufers beeinflusst. »Entschieden die beste Wahl für so zarte Finger wie die Ihrer Verlobten. Darf ich mal sehen, Señorita?«

Ich reichte ihm schüchtern meine Hand. Zuvor suchte ich mit einem raschen Blick Ignacios Einverständnis zu erlangen, doch dieser hatte sich bereits abgewandt und beschäftigte sich wieder mit dem Mechanismus der Schreibmaschine. Ramiro Arribas streichelte mich aufreizend langsam, Finger um Finger, und mit einer Dreistigkeit angesichts der Arglosigkeit meines Verlobten, mit einer Sinnlichkeit, von der ich eine Gänsehaut bekam und die meine Beine erzitterten ließ. Er ließ meine Hand erst los, als Ignacio den Blick wieder hob und sich erkundigte, wie man den Kauf der Lettera 35 nun abwickeln solle. Die beiden vereinbarten eine Anzahlung von fünfzig Prozent des Kaufpreises noch am selben Nachmittag; der Rest sollte am folgenden Tag beglichen werden.

»Wann bekommen wir die Schreibmaschine?«, fragte Ignacio schließlich.

Ramiro Arribas blickte auf seine Uhr.

»Unser Laufbursche erledigt gerade einige Aufträge und wird heute Nachmittag nicht mehr zurückkommen. Ich fürchte, vor morgen werden wir keine neue besorgen können.«

»Und diese hier? Können wir nicht gleich diese Maschine mitnehmen?«, drängte Ignacio, der die Angelegenheit möglichst bald abschließen wollte. Nachdem er sich für das Modell entschieden hatte, erschien ihm alles andere als lästige Formalitäten.

»Auf keinen Fall, ich bitte Sie! Ich kann nicht zulassen, dass Señorita Sira eine Maschine bekommt, auf der schon andere Kunden herumgespielt haben. Morgen früh, gleich wenn wir öffnen, habe ich eine neue hier, mit Schutzhülle und originalverpackt. Wenn Sie mir Ihre Adresse geben«, sagte er an mich gewandt, »werde ich mich persönlich darum kümmern, dass Sie die Maschine noch vor Mittag erhalten.«

»Wir holen sie selbst ab«, unterbrach ich ihn. Instinktiv spürte ich, dass dieser Mann zu allem fähig war, und bei dem Gedanken, dass er vor meiner Mutter stehen und nach mir fragen könnte, geriet ich in Panik.

»Ich könnte erst nachmittags vorbeikommen, ich muss arbeiten«, erklärte Ignacio. Noch während er redete, schien sich ein unsichtbarer Strick um seinen Hals zu legen. Ramiro brauchte nur noch ein wenig daran zu ziehen, und er würde ihm die Luft abschnüren.

»Und Sie, Señorita?«

»Ich bin nicht berufstätig«, antwortete ich, ohne ihn anzusehen.

»Wenn Sie dann bitte bezahlen möchten«, schloss er in beiläufigem Ton.

Ich wusste nicht, wie ich sein Angebot ablehnen sollte, und Ignacio ahnte nicht im Entferntesten, was dieser scheinbar so belanglose Vorschlag letztlich für uns bedeuten sollte. Ramiro Arribas geleitete uns zur Tür und verabschiedete uns mit einer Herzlichkeit, als hätte das Unternehmen in seiner ganzen Firmengeschichte keine besseren Kunden gesehen. Mit der linken Hand klopfte er meinem Verlobten kräftig auf den Rücken, mit der rechten drückte er wieder meine Hand. Und für jeden hatte er noch ein paar Worte zum Abschied.

»Dass Sie zu Hispano-Olivetti gekommen sind, war eine ausgezeichnete Entscheidung, Ignacio, glauben Sie mir. Ich versichere Ihnen, dass Sie noch lange an diesen Tag denken werden.

Und Sie, Sira, kommen bitte morgen gegen elf Uhr. Ich werde Sie erwarten.«

In dieser Nacht wälzte ich mich schlaflos im Bett hin und her. Es war Wahnsinn, und noch war es nicht zu spät, mich zu retten. Ich musste nur entscheiden, nicht mehr in das Geschäft zu gehen. Ich konnte bei meiner Mutter zu Hause bleiben, ihr beim Bettenmachen helfen und den Fußboden mit Leinöl abreiben, mit den Nachbarinnen auf der Plaza ein Schwätzchen halten und danach auf dem Mercado de la Cebada ein Viertelpfund Kichererbsen oder ein schönes Stück Stockfisch kaufen. Ich konnte warten, bis Ignacio aus dem Ministerium zurückkam, und mit irgendeiner simplen Lüge begründen, warum ich die Schreibmaschine nicht abgeholt hatte: dass ich Kopfschmerzen gehabt hätte, dass ich dachte, es werde gleich anfangen zu regnen. Ich konnte mich nach dem Essen ein Weilchen hinlegen und für einige Stunden ein diffuses Unwohlsein vorschützen. Dann würde Ignacio allein hingehen, beim Geschäftsführer die noch ausstehende Summe begleichen, die Schreibmaschine in Empfang nehmen– und damit wäre die Sache erledigt. Wir hätten nichts mehr mit Ramiro Arribas zu tun, unsere Wege würden sich niemals mehr kreuzen. Mit der Zeit würden wir seinen Namen vergessen und unser Leben weiterleben. Als hätte er niemals mit einer Sinnlichkeit, die mir einen Schauder über den Rücken laufen ließ, meine Finger gestreichelt, als hätte er mich nicht, verborgen hinter einer Jalousie, mit Blicken verschlungen. Es war so einfach, so leicht. Und ich wusste es.

Ich wusste es, ja, tat aber, als wüsste ich es nicht. Am nächsten Tag wartete ich, bis meine Mutter aus dem Haus ging, um ihre Besorgungen zu machen. Sie sollte nicht sehen, wie ich mich herausputzte. Sie hätte geahnt, dass ich etwas im Schilde führte, wenn sie mich dabei ertappt hätte. Sobald ich die Tür hinter ihr zufallen hörte, begann ich mich hastig zurechtzumachen. Ich wusch mich, betupfte mich mit Lavendelwasser, erhitzte die Lockenschere über dem Feuer, bügelte meine einzige Seidenbluse und nahm die Strümpfe von der Leine, auf der sie in der kühlen Nachtluft zum Trocknen gehangen hatten. Es waren dieselben Strümpfe wie am Tag zuvor, ich besaß keine anderen. Ich zwang mich, ruhiger zu werden, und streifte sie sorgfältig über, damit sie in der Eile keine Laufmasche bekamen. Und jede dieser mechanischen, in der Vergangenheit tausendfach wiederholten Bewegungen hatte an jenem Tag zum ersten Mal einen ganz bestimmten Adressaten, einen Zweck und ein Ziel: Ramiro Arribas. Für ihn kleidete ich mich an, für ihn parfümierte ich mich, damit er mich anschaute, damit er mich roch, damit er mich wieder berührte und sich in meine Augen versenkte. Für ihn wollte ich mein Haar, mein glänzendes langes Haar, das mir bis halb auf den Rücken reichte, offen tragen. Für ihn schnallte ich den Gürtel in der Taille so eng, dass ich kaum mehr atmen konnte. Für ihn, alles nur für ihn.

Ich ging schnellen Schrittes durch die Straßen, ohne auf die begehrlichen Blicke und groben Anzüglichkeiten zu achten. Ich zwang mich, nicht nachzudenken: Ich wollte die Tragweite meines Handelns nicht ermessen, ich wollte keinen Gedanken daran verschwenden, ob dieser Weg mich an die Pforte des Paradieses führte oder geradewegs ins Verderben. Ich ging die Costanilla de San Andrés hinunter, überquerte die Plaza de los Carros und steuerte durch die Cava Baja auf die Plaza Mayor zu. In zwanzig Minuten hatte ich die Puerta del Sol erreicht, in weniger als einer halben Stunde begegnete ich meinem Schicksal.

Ramiro erwartete mich bereits. Kaum erkannte er meine Silhouette an der Eingangstür, beendete er sein Gespräch mit einem anderen Angestellten, griff sich Hut und Trenchcoat und kam eilends auf mich zu. Als er vor mir stand, wollte ich ihm sagen, dass ich das Geld in meiner Handtasche hatte, dass Ignacio ihn grüßen ließ, dass ich vielleicht schon am Nachmittag beginnen würde, auf der Maschine zu üben. Doch er ließ mich nicht, begrüßte mich nicht einmal. Er lächelte nur, eine Zigarette im Mundwinkel, berührte mich flüchtig am unteren Ende meines Rückens und sagte: »Gehen wir.« Und ich ging mit ihm.

Der Ort, den er ausgewählt hatte, hätte nicht harmloser sein können. Er führte mich ins Café Suizo. Nachdem ich mit Erleichterung feststellte, dass ich in dieser Umgebung wohl nichts zu befürchten hatte, glaubte ich, dass es vielleicht doch noch eine Rettung für mich geben könnte. Ich dachte sogar, während er einen Tisch suchte und mich bat, Platz zu nehmen, dieses Treffen sei vielleicht nur eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber einer Kundin. Mich beschlich sogar der Verdacht, seine dreisten Avancen könnten nichts weiter gewesen sein als eine Ausgeburt meiner überbordenden Fantasie. Aber dem war nicht so. Trotz der unverfänglichen Umgebung geriet ich bei unserer zweiten Begegnung erneut an den Rand des Abgrunds.

»Seit du gestern gegangen bist, habe ich ununterbrochen an dich gedacht«, flüsterte er mir ins Ohr, kaum dass wir uns gesetzt hatten.

Ich fühlte mich zu keiner Entgegnung fähig, die Worte gelangten gar nicht erst in meinen Mund, wie Zucker in Wasser lösten sie sich an irgendeiner Stelle im Gehirn auf. Wieder nahm er meine Hand und streichelte sie wie am Tag zuvor, ohne den Blick von ihr zu wenden.

»Sie sind ein bisschen rau hier und da. Sag, was haben diese Finger gemacht, bevor sie zu mir kamen?«

Seine Stimme klang ganz nah und sinnlich, fern die Geräusche um uns herum: das helle Klirren von Glas, der dumpfe Klang von Steingut, wenn es mit einer marmornen Tischplatte in Berührung kam, das Gemurmel der morgendlichen Unterhaltungen und die Stimmen der Kellner, die an der Theke ihre Bestellungen aufgaben.

»Nähen«, flüsterte ich, ohne ihn anzusehen.

»Du bist also Schneiderin.«

»Ich war es. Inzwischen nicht mehr.« Endlich hob ich den Blick. »In letzter Zeit gibt es nicht viel zu tun«, fügte ich hinzu.

»Deshalb willst du jetzt Maschineschreiben lernen.«

Er schlug einen freundschaftlichen, vertrauten Ton an, als würde er mich kennen, als hätten unsere Seelen seit Anbeginn der Zeit aufeinander gewartet.

»Mein Verlobter meint, ich solle mich auf die Auswahlprüfungen zum Staatsdienst vorbereiten, damit ich dort eine Stelle bekomme, so wie er«, sagte ich ein wenig verschämt.

Der Kellner brachte unsere Getränke, und es entstand eine Pause. Für mich eine Tasse heiße Schokolade, für Ramiro einen Kaffee, schwarz wie die Nacht. Ich nutzte die Unterbrechung unseres Gesprächs, um ihn zu betrachten, während er ein paar Sätze mit dem Kellner wechselte. Er trug einen anderen Anzug als am Tag zuvor, ein anderes makelloses Hemd. Er besaß elegante Umgangsformen, und trotz dieser Eleganz, die den Männern in meiner Umgebung so fremd war, war er gleichzeitig mit jeder Faser seines Körpers der Inbegriff von Männlichkeit: wenn er an der Zigarette zog, wenn er den Krawattenknoten zurechtrückte, wenn er seine Brieftasche aus der Hosentasche holte oder wenn er die Kaffeetasse zum Mund führte.

»Und warum will eine Frau wie du ihr Leben lang in einem Ministerium sitzen, wenn die Frage nicht zu indiskret ist?«, wollte er wissen, nachdem er den ersten Schluck Kaffee getrunken hatte.

Ich zuckte die Achseln.

»Damit wir uns ein besseres Leben leisten können, denke ich.«

Wieder beugte er sich zu mir, wieder drang mir seine sinnliche Stimme ins Ohr.

»Willst du wirklich ein besseres Leben, Sira?«

Ich nahm einen Schluck von meiner Schokolade, um nicht antworten zu müssen.

»Du hast dich bekleckert, komm, ich mache es weg«, sagte er.

Und er umfasste mein Kinn mit seiner Hand, sodass sie meine Knochen umschmiegte, als wäre sie und keine andere die Form, nach der ich gestaltet worden war. Dann legte er den Daumen an die Stelle am Mundwinkel, wo angeblich der Schokoladentropfen hing, und streichelte mich dort sanft, ohne jede Eile. Ich wehrte mich nicht dagegen: Eine Mischung aus Angst und Lust machte mich unfähig zu jeder Bewegung.

»Hier ist auch noch etwas«, murmelte er mit heiserer Stimme und strich mit dem Daumen über eine andere Stelle.

Eine Stelle an meiner Unterlippe wurde mir zum Verhängnis. Er wiederholte die Liebkosung. Noch langsamer, noch sanfter. Mir lief ein Schauder über den Rücken, und ich krallte die Finger in den Samtbezug des Sessels.

»Und hier auch«, fuhr er fort. Und dann liebkoste er meinen ganzen Mund, Millimeter für Millimeter, von einer Seite zur anderen, rhythmisch, langsam, noch langsamer. Ich war nahe daran, vor Glückseligkeit zu vergehen, ein Gefühl, das ich mir nicht erklären konnte. Es war mir gleichgültig, ob alles gelogen war und sich an meinen Lippen nicht das kleinste Tröpfchen Schokolade fand. Es war mir gleichgültig, dass am Nebentisch drei ehrenwerte alte Herren ihre angeregte Unterhaltung unterbrachen, um die Szene mit begehrlichem Blick zu verfolgen. Vermutlich wünschten sie sich nichts sehnlicher, als dreißig Jahre jünger zu sein.

Dann fiel eine Schar lärmender Studenten in das Café ein, und durch die Unruhe und ihr Gelächter war die Magie des Augenblicks mit einem Mal zerstört, geplatzt wie eine Seifenblase. Und plötzlich, als wäre ich aus einem Traum erwacht, wurden mir mit einem Schlag verschiedene Dinge bewusst: dass ich noch immer festen Boden unter den Füßen hatte, dass in meinen Mund gleich der Finger eines fremden Mannes eindringen würde, dass an meinem linken Oberschenkel eine Hand begehrlich nach oben wanderte und dass ich im Begriff war, mich kopfüber ins Verderben zu stürzen. Nun, da ich wieder Herrin meiner Sinne war, sprang ich auf und stieß, als ich hastig nach meiner Handtasche griff, das Glas Wasser um, das der Kellner mir zu meiner Schokolade gebracht hatte.

»Hier haben Sie das Geld für die Schreibmaschine. Heute noch, am späten Nachmittag, wird mein Verlobter sie abholen«, sagte ich mit gepresster Stimme und legte das Bündel Geldscheine hastig auf den Tisch.

Er packte mein Handgelenk.

»Geh nicht, Sira, sei nicht böse auf mich.«

Ich riss mich los. Ohne ihn anzusehen, ohne mich zu verabschieden, drehte ich mich um und machte mich in bemüht würdevoller Haltung auf den Weg zur Tür. Erst da wurde mir bewusst, dass ich das Glas Wasser umgestoßen hatte, denn mein linkes Bein war ganz nass.

Er folgte mir nicht. Wahrscheinlich spürte er intuitiv, dass es keinen Sinn hatte. Er blieb an seinem Platz sitzen, doch als ich schon ein ganzes Stück entfernt war, schickte er mir einen letzten Pfeil hinterher.

»Komm mal wieder vorbei. Du weißt ja, wo du mich findest.«

Ich tat, als hörte ich ihn nicht, schob mich noch rascher durch die herumstehenden Studenten zur Tür und verschwand im Treiben, das auf der Straße herrschte.

Acht Tage lang legte ich mich mit der Hoffnung schlafen, dass am nächsten Morgen alles anders sein würde, und acht Mal wachte ich am folgenden Morgen mit dem gleichen Gedanken auf: Ramiro Arribas. Die Erinnerung an ihn überfiel mich zu jeder beliebigen Zeit, immer musste ich an ihn denken, jede Minute: wenn ich das Bett machte, mir die Nase putzte, eine Orange schälte oder Stufe um Stufe die Treppe hinunterging– ständig hatte ich ihn vor Augen.

Ignacio und meine Mutter waren unterdessen mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt. Ich aber konnte ihre Vorfreude nicht teilen. Nichts freute mich, nichts weckte auch nur das geringste Interesse bei mir. Es werden die Nerven sein, dachten sie. Ich bemühte mich inzwischen, mir Ramiro aus dem Kopf zu schlagen, damit ich mich nicht mehr an seine Stimme an meinem Ohr erinnerte, an seinen Daumen, der zärtlich über meinen Mund strich, an seine Hand, die meinen Oberschenkel hinaufwanderte, und an jene letzten Worte, die er mir nachschickte, als ich ihm im Café den Rücken zukehrte und ging, überzeugt, dass ich diesem Wahnsinn damit ein Ende machen würde. »Komm mal wieder vorbei, Sira. Komm vorbei.«

Ich kämpfte mit aller Macht dagegen an. Ich kämpfte und verlor. Es gelang mir nicht, der rasenden Leidenschaft, die jener Mann mich hatte fühlen lassen, ein Mindestmaß an Vernunft entgegenzusetzen. Sosehr ich auch danach suchte, ich fand nichts, was mir Kraft gegeben hätte, woran ich mich hätte festhalten können, damit es mich nicht immer weiter zu ihm hinzog. Weder mein zukünftiger Mann, den ich in weniger als einem Monat heiraten sollte, noch meine rechtschaffene Mutter, die sich so viel Mühe gegeben hatte, mich zu einer anständigen und verantwortungsbewussten Frau zu erziehen. Nicht einmal die Tatsache konnte mich bremsen, dass ich kaum etwas über jenen Fremden wusste und keine Ahnung hatte, welches Schicksal mich an seiner Seite erwartete.

Neun Tage nach dem ersten Besuch bei Hispano-Olivetti ging ich erneut hin. Wie bei den Malen zuvor begrüßte mich wieder das Glöckchen über der Tür. Kein dicker Verkäufer eilte herbei, um nach meinen Wünschen zu fragen, kein Ladendiener, kein anderer Angestellter. Nur Ramiro empfing mich.

Ich ging mit, wie ich hoffte, festem Schritt auf ihn zu und hatte mir schon zurechtgelegt, was ich sagen wollte. Doch ich kam nicht dazu. Er ließ mich nicht. Sobald ich vor ihm stand, packte er mich im Nacken und drückte mir einen so heftigen, so sinnlichen und langen Kuss auf den Mund, dass mein Körper vor Überraschung vollkommen wehrlos war, drauf und dran, dahinzuschmelzen und sich in eine Lache zuckersüßer Melasse zu verwandeln.

Ramiro Arribas war vierunddreißig Jahre alt, hatte eine bewegte Vergangenheit und eine derartige Verführungskraft, dass nicht einmal eine Mauer aus Beton ihr hätte Widerstand leisten können. Zuerst: Anziehung, Zweifel und Angst. Dann: abgründige Leidenschaft. Ich sog begierig die Luft ein, die er atmete, und an seiner Seite schwebte ich zwei Handbreit über dem Straßenpflaster. Meinetwegen hätten die Flüsse über die Ufer treten, die Häuser einstürzen und die Straßen von der Landkarte verschwinden, hätten sich Himmel und Erde vereinen und das Universum mir vor die Füße fallen können– es hätte mich nicht gekümmert, solange nur Ramiro bei mir war.

Ignacio und meine Mutter begannen zu argwöhnen, dass etwas Ungewöhnliches mit mir geschah, etwas, das über die simple Angespanntheit angesichts der bevorstehenden Hochzeit hinausging. Aber sie kamen nicht dahinter, warum ich so aufgeregt war, und fanden keine Erklärung für meine ständige Geheimnistuerei, für meine überstürzten Ausflüge und das hysterische Lachen, das ich bisweilen nicht unterdrücken konnte. Es gelang mir nur einige wenige Tage, dieses Doppelleben zu führen, doch das genügte, um zu erkennen, wie die Waage mit jeder Minute mehr aus der Balance geriet, wie sich das Gewicht immer mehr zu Ramiros Gunsten verschob. Es dauerte keine Woche, bis ich wusste, dass ich mich von meinem alten Leben lossagen und mich ins kalte Wasser stürzen musste. Der Moment war gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen.

Am späten Nachmittag stand Ignacio vor der Tür.

»Warte auf der Plaza auf mich«, flüsterte ich ihm durch den Türspalt zu. Meiner Mutter hatte ich es beim Essen gesagt, jetzt durfte ich auch ihn nicht mehr im Unklaren lassen. Fünf Minuten später– ich hatte mir noch die Lippen nachgezogen– ging ich hinunter, in der einen Hand meine neue Handtasche, in der anderen die Lettera 35. Er erwartete mich auf derselben Bank wie immer, auf jenem Stück kalten Steins, wo wir so viele Stunden damit verbracht hatten, eine gemeinsame Zukunft zu planen, die es nun nicht mehr geben würde.

»Du hast einen anderen, stimmt’s?«, fragte er, als ich mich neben ihn setzte. Er sah mich nicht an, sondern hielt den Blick auf den Boden gerichtet, auf die staubige Erde, die er mit einer Schuhspitze hin und her schob.

Ich nickte. Ein entschiedenes, wenn auch stummes Ja. »Wer ist es?«, wollte er wissen. Ich sagte es ihm. Um uns herum ging das Leben geräuschvoll weiter wie zuvor: Kinder lärmten, Hunde bellten, Fahrradfahrer klingelten, die Glocken von San Andrés riefen zur letzten Messe, die Räder der Fuhrwerke polterten über das Pflaster, die müden Maultiere waren auf dem Weg zum Stall. Es dauerte eine Weile, bis Ignacio wieder etwas sagte. Er spürte wohl eine derartige Entschlossenheit, eine derartige Sicherheit hinter meiner Entscheidung, dass er sich nicht einmal seine Bestürzung anmerken ließ. Er dramatisierte nichts, er verlangte keine Erklärung. Er machte mir weder Vorwürfe noch bat er mich, meine Gefühle noch einmal zu überprüfen. Er sagte nur noch einen einzigen Satz, langsam, als müsste er ihn sich Wort für Wort abringen.

»Er wird dich niemals so lieben wie ich.«

Dann stand er auf, nahm die Schreibmaschine und ging damit fort. Ich sah ihm nach, wie er sich im trüben Licht der Straßenlaternen entfernte. Vielleicht musste er sich sehr zusammennehmen, um sie nicht auf dem Boden zu zerschmettern.

Ich blickte ihm nach, wie er von meiner Plaza fortging, bis seine Gestalt sich in der Ferne verlor, bis ich ihn an dem früh hereinbrechenden Herbstabend nicht mehr sehen konnte. Und ich wäre gerne noch eine Weile sitzen geblieben, um über sein Fortgehen zu weinen, diesen kurzen und traurigen Abschied zu beklagen, um mir Vorwürfe zu machen, dass ich unsere hoffnungsvollen Zukunftspläne zerstört hatte. Doch ich konnte es nicht. Ich vergoss keine einzige Träne und machte mir auch nicht die geringsten Vorwürfe. Kaum eine Minute nachdem er aufgestanden war, erhob auch ich mich von der Bank und ging. Ich ließ mein Viertel hinter mir, meine Familie, meine kleine Welt– für immer. Zurück blieb meine ganze Vergangenheit, während ich mich auf den Weg in einen neuen Abschnitt meines Lebens machte. Eines Lebens, das ich mir strahlend hell vorstellte und von dem ich mir vorerst nicht mehr erwartete, als selig in Ramiros Armen zu liegen.

3

Mit Ramiro lernte ich ein anderes Leben kennen. Ich löste mich von meiner Mutter und erfuhr, wie es ist, mit einem Mann zusammenzuleben und ein Dienstmädchen zu haben. Wie es ist, von dem Wunsch beseelt zu sein, ihm jederzeit zu gefallen, und kein anderes Ziel zu kennen, als ihn glücklich zu machen. Und ich lernte ein anderes Madrid kennen: das der eleganten Lokale und angesagten Clubs, der Varietés und Restaurants. Das Madrider Nachtleben. Cocktails im Negresco, in der Granja del Henar, im Bakanik. Filmpremieren im Real Cinema mit Kinoorgel, Mary Pickford auf der Leinwand, während Ramiro mir Pralinen in den Mund schob und ich mit meinen Lippen seine Fingerkuppen leicht berührte, nahe daran, vor Liebe zu vergehen. Die Flamenco-Tänzerin Carmen Amaya im Teatro Fontalba, die Sängerin Raquel Meller im Maravillas. Flamenco in der Villa Rosa, Kabarett im Palacio del Hielo. Es war ein brodelndes und lärmendes Madrid, durch das Ramiro und ich uns bewegten, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Als müssten wir die ganze Welt in einem Atemzug auskosten, für den Fall, dass die Zukunft vielleicht nie käme.

Was hatte Ramiro, was gab er mir, dass ich innerhalb weniger Wochen mein Leben völlig auf den Kopf stellte? Auch heute, so viele Jahre später, kann ich, ohne lange nachzudenken, alles aufzählen, was mich an ihm faszinierte. Und ich bin felsenfest davon überzeugt: Wenn ich hundertmal geboren worden wäre, hätte ich mich hundertmal genauso in ihn verliebt, wie ich es damals tat. Ramiro Arribas, unwiderstehlich, weltgewandt, zum Umfallen schön. Sein kastanienfarbenes, sorgfältig nach hinten gekämmtes Haar, sein durch und durch maskulines Auftreten, sein nie versiegender Optimismus und seine Selbstsicherheit, die er vierundzwanzig Stunden am Tag sieben Tage die Woche ausstrahlte. Einfallsreich und sinnlich, den politischen Turbulenzen jener Zeit gegenüber gleichgültig, als wäre sein Königreich nicht von dieser Welt. Mit vielen befreundet, ohne sich ernsthaft für einen zu interessieren, Erbauer prächtiger Luftschlösser, hatte stets das rechte Wort zur rechten Zeit parat, fand für jede Gelegenheit die richtige Geste. Dynamisch, großzügig, unangepasst. Heute Geschäftsführer einer italienischen Schreibmaschinenfirma, gestern Repräsentant eines deutschen Automobilherstellers, vorgestern etwas anderes, nicht minder Eindrucksvolles, und was morgen sein würde, das wusste allein der liebe Gott.

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