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In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Angelina Dommin hielt den Atem an. Sie sah, wie die junge Springreiterin ihr Pferd zum letzten Sprung antrieb. Eine plötzliche unwirkliche Stille breitete sich im Stadion aus, als hielten die über vierzigtausend Zuschauer ebenfalls die Luft an. Dann der Sprung. Das Pferd schien zu fliegen, überwand das letzte Hindernis und landete auf dem weichen Boden des Parcours. Begeisterter Applaus brandete auf. Die junge Reiterin riss die Arme hoch. Sie hatte es geschafft. Auf dem legendären Laurensberg in Aachen, dem bedeutendsten Pferdesportwettbewerb, dem CHIO, hatte die Nachwuchsreiterin die Konkurrenz hinter sich gelassen. Was für ein Erfolg. Angelina Dommin und Dominik von Wellentin-Schoenecker saßen nebeneinander auf der Zuschauertribüne, klatschten und beobachteten, wie die junge Reiterin von ihrer Crew jubelnd in Empfang genommen wurde. Ein großer breitschultriger Mann um die Vierzig hob sie vom Pferd, um sie zu umarmen. Ihre Pferdepflegerin nahm das Turnierpferd entgegen, andere kamen dazu, sodass die zierliche junge Frau für einen Augenblick nicht mehr zu sehen war, sondern in der Menge der Gratulanten verschwand. »Das war Gernot Bielstein, der Daniela Kuhn vom Pferd gehoben hat. Er ist ihr Trainer. Er hat den Namen seiner Frau angenommen. Von Karl Bielstein, seinem Schwiegervater, haben wir die Karten bekommen«, informierte Dominik seine junge Begleiterin. »Woher kennen sich Karl Bielstein und Alexander?«, fragte sie Nick, ohne den Blick von der Reiterin zu nehmen, die immer noch Hände schüttelte und umarmt wurde.
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2025
Angelina Dommin hielt den Atem an. Sie sah, wie die junge Springreiterin ihr Pferd zum letzten Sprung antrieb. Eine plötzliche unwirkliche Stille breitete sich im Stadion aus, als hielten die über vierzigtausend Zuschauer ebenfalls die Luft an. Dann der Sprung. Das Pferd schien zu fliegen, überwand das letzte Hindernis und landete auf dem weichen Boden des Parcours. Begeisterter Applaus brandete auf. Die junge Reiterin riss die Arme hoch. Sie hatte es geschafft. Auf dem legendären Laurensberg in Aachen, dem bedeutendsten Pferdesportwettbewerb, dem CHIO, hatte die Nachwuchsreiterin die Konkurrenz hinter sich gelassen. Was für ein Erfolg. Angelina Dommin und Dominik von Wellentin-Schoenecker saßen nebeneinander auf der Zuschauertribüne, klatschten und beobachteten, wie die junge Reiterin von ihrer Crew jubelnd in Empfang genommen wurde. Ein großer breitschultriger Mann um die Vierzig hob sie vom Pferd, um sie zu umarmen. Ihre Pferdepflegerin nahm das Turnierpferd entgegen, andere kamen dazu, sodass die zierliche junge Frau für einen Augenblick nicht mehr zu sehen war, sondern in der Menge der Gratulanten verschwand.
»Das war Gernot Bielstein, der Daniela Kuhn vom Pferd gehoben hat. Er ist ihr Trainer. Er hat den Namen seiner Frau angenommen. Von Karl Bielstein, seinem Schwiegervater, haben wir die Karten bekommen«, informierte Dominik seine junge Begleiterin.
»Woher kennen sich Karl Bielstein und Alexander?«, fragte sie Nick, ohne den Blick von der Reiterin zu nehmen, die immer noch Hände schüttelte und umarmt wurde. Alexander von Schoenecker war so großzügig gewesen, die Karten für den CHIO an sie und Dominik weiterzugeben. Er selbst sei schon viele Male beim CHIO gewesen, hatte er erklärt und Angelina zugezwinkert. Er wusste, dass er ihr und seinem Adoptivsohn, der von allen nur Nick gerufen wurde, damit eine große Freude machte, denn die beiden waren genauso pferdeverrückt, wie er.
»Alexander und Karl Bielstein kennen sich von früher. Genaues weiß ich leider nicht. Er ist ein sehr bekannter Züchter mit einem großen Gestüt. Ohne erstklassige Pferde hast du keine Chance an die Weltspitze zu kommen. Talent allein reicht dazu nicht aus«, erklärte Nick.
»Dann ist diese Daniela Kuhn also reich?«
»Das weiß ich nicht. Sie hat jedenfalls in der Familie Bielstein sehr einflussreiche Förderer. Frau Bielstein ist als Mäzen tätig. Sie ist die Tochter von Karl Bielstein.«
»Mäzen? Was heißt das?«
»Nun, ohne Geld geht im Spitzenpferdesport gar nichts. Aber ohne talentierte Reiter auch nichts. Damit beides zusammenfindet, braucht es Leute, die mit Leidenschaft nach jungen Reitern Ausschau halten, um in sie zu investieren. Allein beim CHIO liegt die Gesamtdotierung bei mehreren Millionen Euro.«
»Was? Das ist ja … nun sehr viel Geld«, sagte Angelina nachdenklich.
»Wir sind übrigens später noch zu einem Empfang im VIP-Bereich eingeladen. Von der Familie Bielstein höchstpersönlich«, verriet er und grinste.
»Oh, da weiß ich aber nicht, ob ich dahin will. Wenn da nur so Superreiche sind …«, sagte sie betreten.
»Keine Sorge. Du musst nicht mit einem extravaganten Hut auf dich aufmerksam machen. Der CHIO ist für Pferdeverrückte, nicht für Snobs.«
»Aber dann bin ich Angelina Dommin und nicht Pünktchen. Ist das klar?«, fragte sie fast streng. Angelina wurde wegen ihrer rotblonden Haare und der lustigen Sommersprossen von allen Pünktchen genannt.
»Natürlich. In Sophienlust bist du Pünktchen. Hier bist du Angelina«, sagte er lächelnd. Sie lächelte zurück. Die Sechzehnjährige war froh, dass Nicks Mutter, Denise von Schoenecker ihr geholfen hatte, ihre Garderobe etwas aufzubessern.
»Du kannst nicht den ganzen Tag in deinen Reitersachen herumlaufen, Pünktchen. Ihr werdet auch mal ins Restaurant gehen oder bei einem Empfang dabei sein«, hatte sie ihr geraten und sie überredet mit ihr einkaufen zu gehen. Im Gegensatz zur fünfzehnjährigen Angelika, die für hübsche Kleider schwärmte, war Pünktchen das eher lästig gewesen. Jetzt war sie froh, etwas Passendes im Koffer zu haben.
»Haben wir denn vorher noch Zeit für den Voltigierwettbewerb?«
»Ja, der läuft parallel zum Dressurwettbewerb. Beides ist interessant. Was möchtest du lieber sehen?«
»Das Voltigieren«, sagte Pünktchen entschieden.
Nick dachte es sich. Sie verließen ihren Platz auf der Tribüne und liefen zur Voltigierhalle. Um auf dem ausgedehnten Gelände von einer Veranstaltung zur nächsten zu gelangen, musste man gut zu Fuß sein. Nick nahm sich vor, die Uhr im Blick zu behalten, aber die spektakulären Übungen beim Voltigieren fesselten ihn genauso wie Pünktchen. Plötzlich war es schon sehr spät. Eigentlich keine Zeit mehr, um sich umzuziehen.
»Wenn du dich noch umziehen willst, müssen wir los«, brachte er in Erinnerung.
Pünktchen sah an sich herunter. »Was meinst du?«
»Ich finde, dass du so bleiben kannst«, antwortete er ihr und grinste. Für ihn war sie immer hübsch und ihre schlanke Gestalt sah auch in Jeans und weißem T-Shirt perfekt aus.
Pünktchen war unschlüssig. Der Favorit des Wettbewerbs war noch nicht gestartet. Ihn wollte sie nicht verpassen. Morgen zur Abschlussveranstaltung könnte sie das neue Kleid anziehen und jetzt so bleiben, wie sie war. Mit diesem Kompromiss war sie zufrieden und sie sahen sich den Wettbewerb bis zum Ende an. Dann eilten sie zum VIP-Bereich und kamen auf den letzten Drücker etwas außer Atem dort an.
*
Gernot Bielstein stand mit dem Bundestrainer und seiner Frau Vera Bielstein zusammen. Für alle war es ein großartiger Tag. Der Sieg von Daniela Kuhn war auch ihr Sieg. Daniela würde in den Bundeskader der Springreiter aufgenommen werden. Darauf hatten sie jahrelang hingearbeitet. Jetzt war es beschlossene Sache. Der Bundestrainer gratulierte ihnen. Dann zog er weiter.
»Das ist dein Verdienst, Gernot und ein kleines bisschen hat der Zufall auch mitgespielt. Wenn du die kleine Daniela Kuhn nicht angesprochen und überredet hättest, mal zum Probetraining zu kommen, wäre alles anders gekommen. Annette war ja damals gar nicht begeistert von der Idee gewesen«, sagte Vera und lachte gut gelaunt. Annette war Danielas Mutter. Sie war tatsächlich keine Pferdenärrin, wusste aber Danielas Talent für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Sie hatte einen eigenen Kanal und arbeitete gekonnt als Medienprofi. Daniela wurde von ihr, wann immer möglich, in Szene gesetzt. Die damit generierten Werbeeinnahmen waren ein lukratives Geschäft.
Gernot lachte ebenfalls, obwohl er wusste, dass es kein Zufall gewesen war, der seine Hände im Spiel gehabt hatte. Er prostete seiner Frau zu. Sie sah gut aus, wenn man weniger Wert auf Anmut legte und mehr auf Charakter bei einer Frau achtete. Ihr burschikoser blonder Kurzhaarschnitt wirkte immer etwas unfrisiert, sie verzichtete gänzlich auf Make-up und lief am liebsten im Reiteroutfit umher, obwohl sie eine Geschäftsfrau war. Sie war grundehrlich, geradeaus und auch etwas robust. Aber Frauen im Reitsport waren keine Püppchen. Vera war früher Vielseitigkeitsreiterin gewesen. Dressur, Geländeritt und Springen. Gernot sah über Veras Schulter hinweg seinen Schwiegervater mit einem jungen Mann und einem jungen Mädchen zusammenstehen. Das rotblonde Mädchen sah aus wie eine Reiterin, aber er hatte sie noch nie auf einem Turnier gesehen. Sein Schwiegervater kam mit seinen Gästen auf sie zu.
»Darf ich euch Dominik von Wellentin-Schoenecker vorstellen und Angelina Dommin. Dominik ist der Besitzer von Sophienlust, einem Heim für in Not geratene Kinder. Angelina ist einer seiner Schützlinge. Die beiden reiten natürlich auch«, stellte Karl Bielstein sie vor.
»Ich dachte mir schon eine Reiterin vor mir zu haben. Aber Sie sind keine Turnierreiterin, oder?« Gernot sah Pünktchen aufmerksam an. Sie fühlte sich etwas unbehaglich.
»Nein, ich bin Hobbyreiterin«, antwortete sie schnell.
»Und wie gefällt Ihnen der CHIO?«, richtete Vera die nächste Frage an beide.
»Großartig. Eine ganz besondere Atmosphäre. Mein Adoptivvater Alexander von Schoenecker hat wirklich nicht zu viel versprochen«, antwortete Nick.
»Der Höhepunkt kommt noch. Morgen ist ja leider schon die Abschiedsveranstaltung. Ich hoffe, sie haben weiße Taschentücher dabei«, sagte Vera lachend. Pünktchen schaute etwas irritiert und Karl Bielstein erklärte, was es mit den Taschentüchern auf sich hat.
»Das ist eine Tradition beim CHIO. Die Leute winken mit weißen Taschentüchern und versprechen damit nächstes Jahr wiederzukommen.«
»Ah, da ist sie ja«, unterbrach Gernot die Erklärung seines Schwiegervaters. Die Menge der Umherstehenden teilte sich und Daniela Kuhn hatte ihren Auftritt. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportlerinnen verstand sie sich darauf, auch in Abendrobe zu glänzen. Dieses Talent verdankte sie zweifellos ihrer eleganten Mutter Annette, die eifrig Fotos machte. Daniela trug ein dunkelrotes Cocktailkleid. Die langen blonden Haare, die sie im Wettbewerb zu einem strengen Dutt unter dem Helm getragen hatte, fielen ihr nun in weichen Locken über die Schultern. Sie grüßte in alle Richtungen und war sich ganz ihrer Wirkung bewusst. Als sie bei der Familie Bielstein ankam, verteilte sie Küsschen, bevor sie sich Nick und Pünktchen zuwandte. An Nick blieb ihr Blick länger hängen, während sie Pünktchen kaum beachtete. Wieder wurden beide von Karl Bielstein vorgestellt. Pünktchen kam nicht umhin, Daniela wunderschön zu finden und sich selbst unscheinbar. Hätte sie doch das schöne Kleid angezogen. Dann würde sie sich jetzt besser fühlen, dachte sie. Nach einigen weiteren Minuten Smalltalk beschloss man zum Buffet zu gehen. Pünktchen hatte Hunger und lud sich ihren Teller voll. Erst als sie sah, dass Daniela nur eine winzige Portion genommen hatte, wurde sie sich dessen bewusst. Aber da war es zu spät.
»Ich mag Menschen mit einem gesunden Appetit«, sagte Karl Bielstein lachend. Pünktchen verzog den Mund zu einem Lächeln, aber ihr war plötzlich alles peinlich. Nick ließ sie nicht aus den Augen und setzte sich neben sie. Das half. Aber sie konnte nicht aufhören, Daniela zu beobachten und sprach sehr wenig.
»Fühlst du dich nicht wohl?«, flüsterte Nick ihr ins Ohr.
»Doch … doch. Alles gut. Aber ich glaube, ich muss mal an die frische Luft.« Sie stand schnell auf und ging auf die Terrasse, wo sich einige Raucher in Grüppchen zusammenstanden. In einem Strandkorb saß ein Mädchen in ein Buch vertieft. Sie schätzte die Kleine auf zwölf oder dreizehn. Sie wird sich langweilen, dachte Pünktchen und ging ohne bestimmte Absicht auf das Mädchen im Strandkorb zu. Als sie kurz vor ihr stehen blieb, schaute das Mädchen auf, als hätte sie auf Pünktchen gewartet.
»Hi«, sagte sie und lächelte schüchtern.
»Hi. Bist du allein hier?«
»Nein, ich bin mit meinen Eltern hier.«
»Und wer sind deine Eltern?«
»Ich heiße Jette Bielstein. Meine Eltern sind …«
»Ach, Bielstein? Deine Familie habe ich gerade erst kennengelernt …«
»Gehörst du auch zum Zirkus?«
»Zirkus? Ja, ich bin tatsächlich aus einem Zirkus. Aber das ist lange her. Meine Eltern waren Artisten.«
»Oh, ich meine etwas anderes. Ich meinte den ›Reitzirkus‹ hier, den CHIO … Wieso waren?«
Pünktchen setzte sich neben Jette. Der Strandkorb bot Platz für zwei.
»Das war wohl ein Missverständnis. Du meinst der CHIO ist ein Zirkus. Ein Zirkus für Pferdeverrückte. Ich habe über meine Herkunft gesprochen. Meine Eltern waren Artisten. Sie leben nicht mehr. Ich heiße Angelina und wohne in einem Kinderheim.«
»In einem Kinderheim? Wirklich?«
»Ja, genau. Es heißt Sophienlust und ist für mich ein Zuhause, wie man es sich nur wünschen kann … Und du? Bist du auch eine Reiterin?«
»Nein. Ich hatte als Kind einen Unfall. Seitdem reite ich nicht mehr. Ich hasse Pferde«, sagte sie mit Nachdruck.
Pünktchen schaute überrascht in das zarte Gesicht des Mädchens.
»Aber du liest gerne?«
»Ja, sehr gerne. Am liebsten lese ich Harry Potter. Auf Englisch natürlich«, fügte sie hinzu.
Das kam Pünktchen ganz und gar nicht natürlich vor für eine Dreizehnjährige. Selbst Angelika las die Bücher auf Deutsch.
»Ich wünschte, ich könnte auch zaubern … oder auf einem Besen reiten«, fantasierte Jette und ließ eine zarte Hand durch die Luft wirbeln, als hielte sie darin einen Zauberstab.
Pünktchen lachte. »Wollen wir nicht alle manchmal zaubern können?« Jette antwortete nicht, weil etwas ihre Aufmerksamkeit gefangen hielt. Gernot Bielstein war mit Daniela ebenfalls auf die Terrasse gekommen. Sie unterhielten sich leise und wirkten sehr vertraut.
»Ich glaube, mein Papa hätte lieber Daniela zur Tochter.«
»Wie meinst du das?«, fragte Pünktchen, obwohl sie es ahnte.
»Für meine Eltern ist der Reitsport das Wichtigste auf der Welt. Daniela ist eine tolle Reiterin. Ich bewundere sie. Ich wäre auch gerne wie sie, dann würde sich mein Vater mehr um mich kümmern, anstatt nur um Daniela«, sagte sie scheinbar gleichgültig, aber Pünktchen lief ein kalter Schauer über den Rücken.
»Ach, hier hast du dich versteckt!«, rief Vera. Sie eilte auf den Strandkorb zu und nahm Pünktchen in den Blick, als sei sie verantwortlich für das »Versteckspiel« ihrer Tochter. Sie schien etwas sagen zu wollen, was sie dann aber doch nicht aussprach.
»Komm mein Schatz. Morgen wird noch einmal ein langer Tag. Ich bring dich auf dein Zimmer.« Veras Stimme klang etwas ungeduldig.
Jette stand auf. »Sophienlust? Ich würde dich gerne mal besuchen kommen. Du bist nett«, sagte sie und folgte ihrer Mutter.
»Warum nicht«, rief sie der Kleinen hinterher, die sich noch einmal kurz zu ihr umdrehte und winkte. Pünktchen blieb noch eine Weile sitzen und beobachtete Gernot und Daniela. Dann kam noch eine weitere Frau hinzu. Sie sah sehr gepflegt und elegant aus. Sie küsste Daniela auf französische Art. Es wirkte in Pünktchens Augen etwas gekünstelt. Ob das Danielas Mutter war? Die Frau machte viele Fotos.
»Hast du genug frische Luft geschnappt?« Plötzlich war Nick neben dem Strandkorb aufgetaucht.
»Oh, Entschuldigung. Komm, setz dich. Ich habe ein Mädchen namens Jette Bielstein getroffen. Wir haben uns ein bisschen unterhalten.«
»Jette Bielstein? Die Tochter von Gernot und Vera Bielstein?«
»Genau. Stell dir vor. Sie mag keine Pferde.«
»Hm. Das kommt vor. Stell ich mir aber schwierig vor, wenn man in einer Familie von Pferdeverrückten aufwächst. Wo findet man dann seinen Platz?«
»Ja, das dachte ich auch. Jeder Mensch braucht seinen Platz.« Pünktchen hatte ihn in Sophienlust gefunden. Dort lebte sie, seit Nick sie aus den Flammen gerettet hatte. Hier war sie zu Hause mit all den Menschen, die sie liebte und den anderen Kindern, für die Sophienlust ebenfalls ein neues Zuhause geworden war. Ihre Unsicherheit war plötzlich wie weggeflogen und sie genoss diesen Moment neben Nick in einem Strandkorb auf der Terrasse eines Nobelrestaurants. Die Nacht brach herein und überall gingen Lichter an. Anfang Juli war es noch warm und die Sommerleichtigkeit machte ihr Herz weit. Vielleicht könnte sie doch überall glücklich sein, wenn Nick nur in ihrer Nähe war.
*
»Wie war es?« Diese Frage kam von allen Seiten, als Nick und Pünktchen zurück in Sophienlust waren. Die beiden waren mit Spannung erwartet worden und jetzt saßen alle beim Mittagessen im Speisezimmer um den großen Tisch und warteten darauf, was Nick und Pünktchen zu erzählen hatten. Alexander von Schoenecker und Nicks Mutter Denise von Schoenecker waren auch dabei. Sie waren mit dem kleinen Henrik von Gut Schoeneich herübergekommen, das nur einen Steinwurf entfernt lag.
»Es war großartig. Ich glaube, ich habe noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen und es war super spannend …« Pünktchen hatte angefangen, zu berichten, und Nick ergänzte. Zwischendurch mussten Fragen beantwortet werden, die je nach Interessenlage ganz unterschiedlich ausfielen. Angelika interessierte sich besonders für die Prominenz.
»Habt ihr auch Prominente gesehen?«
»Ja, aber so genau kenne ich mich nicht aus. Prinzessin Anne aus England war da. Sie ist ja auch eine begeisterte Reiterin«, sagte Pünktchen.
»Dr. Buehlbecker natürlich. Der Lebkuchen-Fabrikant aus Aachen ist immer dabei«, ergänzte Nick.
Magda hielt eine Illustrierte hoch und zählte viele Prominente auf, die Nick und Pünktchen weder gesehen noch gewusst hätten, wer sie sind. Da war die Köchin besser informiert.
»Wann hast du denn dein schönes neues Kleid getragen, Pünktchen«, wollte Denise wissen.
»Zur Abschlussfeier, Tante Isi. Wusstest du, dass alle Zuschauer und Reiter am Ende weiße Taschentücher schwenken. Das sah ganz toll aus.«
Martin hatte ebenfalls interessiert zugehört. Er wollte später Tierarzt werden und hatte eine etwas kritischere Haltung zu dem Spektakel.
»Ich habe gehört, dass Tierschützer der Ansicht sind, dass es im Spitzenreitsport auch Tierquälerei gibt. Was meinst du dazu, Nick?«