Das kommende Buch - Thomas Palzer - E-Book

Das kommende Buch E-Book

Thomas Palzer

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Beschreibung

Großverleger prophezeien den Untergang der Verlage, die Piraten reklamieren den Untergang der Verlage, Amazon forciert den Untergang der Verlage. Wie sieht die Zukunft des Buchs aus, wenn es groß angelegte epische Serienprojekte wie "The Wire", "Game of Thrones", "Sopranos" und "Breaking Bad" gibt, um unseren Hunger nach guten Geschichten zu stillen? Gibt es einen signifikanten Distinktionsgewinn durch eBooks? Lassen sich Klassiker wie Joyce' "Ulysses", Manns "Zauberberg" auch digital verstehen? Klar und illusionslos beschreibt Thomas Palzer in diesem grundlegenden das Wesen der Autorschaft und des klassischen Buchs sowie die grundlegenden Veränderungen, denen sie unterworfen sind.

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Thomas Palzer

DAS KOMMENDE BUCH

MSeB

1.

Als die digitale Revolution ein neues Zeitalter einläutete, gab es schnell Zeitgenossen, die die Ansicht vertraten, dass nun alles auf digitale Weise erfahrbar sein müsse - der Sex, die Nahrungsaufnahme, Literatur, politische Verfahren usw. Man bewunderte den Pioniergeist von Menschen, die in schweren Anzügen mit dicken, verkabelten Handschuhen den Avatar eines anderen Menschen betasteten, der in fünftausend Kilometern Entfernung ebenfalls vor einem Rechner saß. Es war, als beobachtete man zwei Roboter dabei, sich gegenseitig an ihre nicht vorhandenen Geschlechtsteile zu fassen.

Man erinnere sich nur an die autogerechte Stadt, die man in Zeiten halluzinierte, die von Automobilität förmlich besoffen waren. Man fuhr ins Autokino, um Sex zu haben, und man aß auf dem Parkplatz hinter dem MacDrive. Heute wird die autogerechte Stadt, sofern von ihrer Idee noch irgendwo etwas sichtbar ist, schlicht als unterkomplexe Dummheit erkannt und rückgebaut.

Damals wollte man das Auto zur Welt machen, heute ist es die digitale Maschine, mit der der Mensch verschmelzen soll. Aber niemand wird auf den Geschmack eines Essens verzichten, nur, weil er sich dessen Inhaltsstoffe auch per Tablette oder intravenös zuführen kann. Das Menschsein und die Erde, in deren wechselndem Licht es stattfindet, bleiben der entscheidende Maßstab.

Für Paul Valéry war das Buch 1926 noch die »vollkommene Lesemaschine«. Heute wird das anders gesehen, denn für die Gegenwart ist Vollkommenheit steigerungsfähig geworden. Die mechanische Lesemaschine soll elektrifiziert werden - und warum auch nicht. Der anhaltende Streit um das Ebook ist ideologisch. Reiner Text ist so ideologisch wie reines Papier (Judith Schalansky), hinter welchem Streit man die üblichen Verdächtigen vermuten darf: die Politik der Skepsis und die Politik der Zuversicht. Inzwischen zeigt sich mehr und mehr, dass das Ebook ein neues Publikationsformat ist, dessen Vorteile auf der Hand liegen. Das heisst aber nicht, dass alles Geschriebene in das epub-Format abwandern wird. Bücher auf Papier wird es weiterhin geben, zumal, wenn es sich um Literatur handelt. Jedenfalls geht es hier nicht vorrangig um dessen materiellen Träger. Das würde die Sache verfehlen. Es geht vielmehr um die ontologische Differenz, die das Werk von der Enzyklopädie scheidet, die Vollständigkeit von der Geschlossenheit.

2.

Anlässlich der Feiern zum 60-zigsten Thronjubiläum der Queen verbrachten im März 2012 Prinz Charles und seine Frau Camilla, Herzogin von Cornwell, eine Woche in Skandinavien. Als krönenden Abschluss dieser repräsentativen Vergnügungsreise war vorgesehen, beiden königlichen Teilnehmern einen persönlichen Wunsch zu erfüllen - abseits der offiziellen Pflichten.

Camilla entschied sich dafür, das Set der dänischen Fernsehserie The Killing zu besuchen. Von ihrer Schwester war sie auf die TV-Serie aufmerksam gemacht worden, die in Großbritannien längst Kultstatus erlangt hat. Zum Zeitpunkt des königlichen Ausflugs drehte die Filmcrew in Slangerup, auf einem verlassenen Schrottplatz in der Nähe von Kopenhagen. Dem am Set anwesenden Drehbuchautor und Kopf der Serie, Søren Sveistrup, erzählte die Herzogin voller Stolz, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann Prinz Charles die erste Staffel der Serie auf ihrem schottischen Schloss komplett angesehen habe.

TV-Serien sind en vogue. Man spricht über sie auf allen Kanälen, in den Büros, auf Schulhöfen und Parties. Vor allem für Pop-affine Menschen sind sie an die Stelle dicker Romane getreten, die es der Gesellschaft einst ermöglichten, sich über sich selbst zu verständigen. Heute ist das die Fernsehserie. Wer etwas über die Liebe lernen will, vertieft sich nur noch selten in Romane wie Anna Karenina, Rot und Schwarz oder Die Erziehung des Herzens. Man guckt lieber Dates oder Vampire Diaries.

Wann hat eine literarische Neuerscheinung zuletzt für solches Aufsehen gesorgt wie 24 oder Homeland - einmal vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um einen Skandal oder um einen Überraschungserfolg wie Fifty Shades of Grey. Uns allen sind Zeitgenossen bekannt, die mit ihrem obsessiven TV-Serienkonsum geradezu prahlen. In den Feuilletons führender Tageszeitungen gehört es längst zum guten Ton, neu platzierte Serien eingehend zu besprechen und als mächtige Konkurrenten zum klassischen Roman zu handeln. Man schwärmt von der angeblich unübertroffenen Komplexität von Six Feet Under, The Sopranos, Lost, Carnivàle, Californication, Mad Men, Seinfeld uva. Doch jenseits der Frage, ob Lobreden an dieser Stelle gerechtfertigt sind, bleibt festzustellen, dass das serielle Erzählen dem Prinzip der unabschließbaren, enzyklopädischen Erzählung gehorcht, die weder Anfang noch Ende kennt. Die Enzyklopädie belebt das christliche Phantasma vom Buch der Welt neu.

Dass die Fernsehserie, wie man glaubt, dabei ist, dem Roman den Rang abzulaufen, bespiegelt auf eigentümliche Weise eine Tendenz, die sich unter den Marktgegnern breitmacht, nämlich bei Verlagen, die dazu übergehen, Ebooks belletristischer Werke im Format einer Serie zu publizieren.

Wenn man in der Serie die Erzählform der Gegenwart erblickt, fällt auf, dass beide - Serie wie Gegenwart - Endlichkeit leugnen. Die Serie erscheint als die Medizin, mithilfe derer es der Menschheit gelingt, sich von der Krankheit zum Tode zu heilen. Ähnlich wie die Enzyklopädie trägt die Serie den Imperativ der Vervollständigung und Vollständigkeit in sich, womit ein infiniter Prozess in Gang gesetzt wird - und mithin die Weigerung, Tod und Ende zur Kenntnis zu nehmen.

Eine weitere strukturelle Ähnlichkeit ist in der Norm der Gegenwart zu erkennen, der Digitalität. Wenn gilt, dass deren Wesen in der Kopie besteht, kommt der Serie als Schwester der Kopie eine besondere Bedeutung zu. Serien sind Varianten des immer gleichen, sind Variationen einer Kopie. Um genau zu sein, gibt es eine logische Reihe, die gebildet wird von den Elementen Enzyklopädie, Serie und Kopie.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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