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Das Lächeln des Weisen ist das Lächeln der Freiheit. Das, was der Weise verstanden hat, befreite ihn von unnützen Lasten des Daseins und erhebt ihn in Regionen, wo eine ewige Sonne scheint. Und diese Weisheit, die er zum Preis vieler Anstrengungen erworben hat, an diejenigen weiterzugeben, die mit ihm leben oder zu ihm kommen, das ist der einzige Wunsch des Weisen. Aber wie viel Zeit ist nötig, um den Menschen das zu vermitteln, was man selbst verstanden hat! Das Einzige, was der Weise daher unmittelbar vermitteln kann, ist die Freude, die er aus dieser Weisheit schöpft, diese Freude, die sein Herz erfüllt, die aus seinem Herzen hervorquillt, und das Lächeln ist der Ausdruck dieser Freude, die man auch Liebe nennen kann. Omraam Mikhaël Aïvanhov
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Seitenzahl: 174
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Über den Autor
Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.
Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.
Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.
In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.
Kurzbeschreibung
»Das Lächeln des Weisen ist das Lächeln der Freiheit. Das, was der Weise verstanden hat, befreite ihn von unnützen Lasten des Daseins und erhebt ihn in Regionen, wo eine ewige Sonne scheint. Und diese Weisheit, die er zum Preis vieler Anstrengungen erworben hat, an diejenigen weiterzugeben, die mit ihm leben oder zu ihm kommen, das ist der einzige Wunsch des Weisen. Aber wie viel Zeit ist nötig, um den Menschen das zu vermitteln, was man selbst verstanden hat! Das Einzige, was der Weise daher unmittelbar vermitteln kann, ist die Freude, die er aus dieser Weisheit schöpft, diese Freude, die sein Herz erfüllt, die aus seinem Herzen hervorquillt, und das Lächeln ist der Ausdruck dieser Freude, die man auch Liebe nennen kann.«
Omraam Mikhaël Aïvanhov
Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Kurzbeschreibung
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Der Weise lebt in der Hoffnung
Kapitel 2: Wie ein Hirte über seine Schafe wacht
Kapitel 3: Die Grenzen unserer Seele schützen
Kapitel 4: Die Erwartung, die uns wach hält
Kapitel 5: »Wenn dein Auge rein ist, wird dein ganzer Körper im Licht sein«
Kapitel 6: Der Ernst, die Tränen, das Lachen, das Feiern
Kapitel 7: Die Lampe des Weisen ist voller Heiterkeit
Kapitel 8: Die Sprache des Eisens und die Sprache des Goldes
Kapitel 9: Der Sieg über das Leiden: Das Lächeln Gottes
Kapitel 10: Jedes Opfer prägt uns den Stempel der Sonne auf
Kapitel 11: »Der Größte unter euch soll euer Diener sein«
Kapitel 12: Dank: Quelle von Licht und Freude
Kapitel 13: Möge euer Name im Buch des Lebens eingetragen sein
Kapitel 14: Beim Festmahl
Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke
Vom selben Autor – Reihe Izvor
Vom selben Autor – Reihe Broschüren
Copyright
Kapitel 1: Der Weise lebt in der Hoffnung
Im Laufe eines Tages begegnen wir unterschiedlichen Personen, und es ist interessant, manchmal sogar amüsant, zu beobachten wie sie sich über die Ereignisse oder das Dasein im Allgemeinen äußern. So sind manche nur damit beschäftigt, alles breitzutreten, was schlecht läuft und was ihrer Meinung nach weiterhin schlecht laufen wird oder eher noch schlechter; andere hingegen bemerken und merken sich nur das, was gut und ermutigend ist, und sie machen beständig Fortschritte, wobei sie ausrufen: »Wie schön ist doch das Leben!« Die einen bezeichnet man als Pessimisten, die anderen als Optimisten.
Für den Pessimisten gibt es das ganze Jahr über nur wolkenverhangene und regnerische Tage, die immerhin, wie er zugibt, von ein paar Sonnenstrahlen schwach erhellt werden. Für den Optimisten hingegen gibt es überhaupt nur sonnige Tage, von gelegentlichen, wohltuenden Schauern unterbrochen. Man präsentiert einem Pessimisten ein Projekt? Er sieht sofort einen Berg von Hindernissen, die der Verwirklichung im Wege stehen werden. Der Optimist hingegen akzeptiert jedes neue Projekt mit Begeisterung, überhört die Einwände, die man ihm darlegt, und sieht das Projekt sofort zur größten Zufriedenheit aller verwirklicht. Der Pessimist fühlt sich immer von Krankheit bedroht und denkt beim geringsten Unwohlsein schon ans Krankenhaus und sogar an den Friedhof. Er hat natürlich schon sein Testament gemacht und ist bereit, seine Freunde für ein letztes Lebewohl zusammenzurufen. Der Optimist fühlt sich immer gesund und wenn er krank wird, ist er sich sicher, schnell wieder auf die Beine zu kommen.
Und da es in der Welt schlecht zugeht, die Leute böswillig sind und alle guten Projekte mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt sind, schließt der Pessimist daraus, dass es sich nicht besonders lohnt, etwas zu tun oder gar anderen zu helfen. Er begnügt sich damit, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln und überlässt die Menschen ihrem traurigen Schicksal. Und welch eine Befriedigung für ihn, festzustellen, dass die Mühsal, die Schwierigkeiten oder die Missgeschicke, die er vorhergesehen hat, tatsächlich eintreffen! Pessimismus zieht also Egoismus und sogar Verhärtung nach sich, aber auch Faulheit. Ja, in seiner Überzeugung, dass man durch nichts die Lage verbessern kann, wird der Pessimist faul, außer wenn es darum geht, allen die guten Gründe zu erklären, weshalb er Pessimist ist. Oh, in diesem Falle entfaltet seine Zunge eine unerwartete Aktivität!
Und oft genug schreibt der Pessimist sogar. Wie viele Bücher wurden von Leuten geschrieben, die das Bedürfnis hatten zu betonen, dass die Welt dem Bösen ausgeliefert ist und dass das Dasein absurd ist, dass sich eigentlich überhaupt nichts lohnt. Mein Gott, wenn das Gute niemals triumphieren darf, wenn nichts Sinn macht, wenn sich nichts lohnt, warum auch nur die Anstrengung unternehmen, zu sprechen und zu schreiben? Das ist doch unlogisch. Logischerweise müsste man stumm bleiben. Ja, aus welchem Bedürfnis heraus machen sich diese Autoren daran, den Kopf und das Herz all derjenigen, die sie lesen werden, mit dunklen Wolken zu verfinstern?
Natürlich hat die Medizin festgestellt, dass der Gesundheitszustand des Organismus die psychische Verfassung des Menschen beeinflusst: Pessimisten haben oft eine kranke Leber oder einen kranken Magen. Aber man darf nicht Ursache und Wirkung durcheinanderbringen. In Wirklichkeit rühren diese Leber- und Magenbeschwerden von bestimmten, höchst schädlichen, mentalen Gewohnheiten her, welche die Personen in diesem oder auch in einem vorangegangenen Leben über lange Zeit genährt haben. Und jetzt spiegelt sich dieses schlechte Funktionieren ihres Verdauungsapparates in ihrem Geisteszustand wider. Die Psyche beeinflusst ohne Unterlass die Physis und umgekehrt.1
Und worin liegt der Ursprung des Pessimismus bei den Menschen? Manche geben vor, es sei ihr klarer Verstand. Ganz und gar nicht! Es ist ihr Ehrgeiz, ihre maßlosen Begierden, die sie nicht befriedigen konnten. Daher folgte Enttäuschung auf Enttäuschung und sie blickten schließlich desillusioniert auf die Welt. Pessimismus tritt häufig bei den alten Nationen auf. Sie formten sich aufgrund groß angelegter Projekte, an deren leichtes und gutes Gelingen sie glaubten. Gewisse Erfolge ließen sie glauben, dass sie nicht nur die Nachbarländer beherrschen würden, sondern dass sie ihren Einfluss auch auf entfernte Gegenden ausweiten könnten. Und darin liegt der Irrtum! Man will die ganze Welt verschlingen, aber man müsste sich zunächst einmal fragen, ob man fähig wäre, sie auch zu verdauen; und selbst wenn man zunächst einige Siege davonträgt, nach und nach kommen die Schwierigkeiten, die Sackgassen, die Niederlagen und Verluste. Wie sollte man daher die Zukunft in günstigem Licht sehen?
Die jungen Nationen dagegen, die diese Erfahrungen noch nicht gemacht haben, sind voller Hoffnung. Sie glauben, dass sie dort Erfolg haben werden, wo die anderen gescheitert sind. Natürlich können sie Erfolg haben, aber nur unter der Bedingung, dass sie mit Weisheit und Mäßigung vorgehen, sonst werden auch sie, so wie die anderen, in Enttäuschungen und Pessimismus enden. Denn Nationen sind wie Individuen, sie werden von denselben Gesetzen regiert. Diejenigen, die solche Ambitionen nähren, die ihnen anschließend über den Kopf wachsen, drohen zu scheitern, und diese Misserfolge werden schließlich ihre gesamte Weltsicht in düstere Farben tauchen. Ob nun Nationen oder Individuen, für viele kann das Dasein als Übergang vom Optimismus zum Pessimismus definiert werden.
Für jemanden, der noch jung ist, erscheinen alle Hoffnungen erlaubt, zahlreiche Tore stehen offen, und wenn eines sich schließt, bleiben noch viele andere offen. Aber nach und nach haben sich die Tore eines nach dem anderen geschlossen, und dann werden die Gesichter, die man im Leben lächelnd und zuversichtlich gesehen hat, schließlich zu Masken: Der Blick verdunkelt sich, die Gesichtszüge fallen zusammen und in den Mundwinkeln erscheinen Bitterkeitsfalten. Oh ja, die Jugend macht Pläne und das Alter zieht Bilanz. Eine Bilanz, die nicht immer so berühmt ausfällt.
Meister Peter Deunov sagte: »Die Menschen verfallen deshalb in Pessimismus, weil sie nicht wissen, welche Richtung sie ihrer Aktivität geben sollen.« Um welche Art von Richtung handelt es sich dabei? Der Einfachheit halber kann man von zwei Richtungen sprechen: nach oben, zur spirituellen Welt, und nach unten, zur materiellen Welt. Die materielle und die spirituelle Welt präsentieren uns beide ihre Reichtümer; in beiden Fällen sind sie nicht leicht zu erlangen, aber die Schwierigkeiten werden nicht auf die gleiche Weise erlebt, je nachdem welche man sucht.
Derjenige, der sich auf materielle Verwirklichungen konzentriert, wie Besitztümer, Geld und Macht und der seine Ziele nicht erreicht, wird mit Bitterkeit seine Niederlagen spüren, als hätte er alles verloren. Derjenige hingegen, dem spirituelle Bedürfnisse innewohnen, fühlt sich immer unterstützt. Durch sein Streben nach einem höheren Leben webt er beständig Verbindungen mit der göttlichen Welt, und diese Verbindungen rufen in ihm verborgene Schwingungen hervor. Selbst wenn es ihm nicht gelingt, all seine Bestrebungen vollständig zu verwirklichen, schützen ihn diese Schwingungen, die er in seinem tiefsten Wesen spürt, und bewahren ihn vor Entmutigung.
Es gibt nur einen einzigen Fall, wo ihr das Recht habt, Pessimist zu sein, und zwar wenn ihr eine böswillige Tat begeht. Da ist es gut, anzunehmen, dass ihr scheitert, und umso besser! Zu scheitern ist dann das Beste, was euch geschehen kann, das erspart euch Komplikationen.2 Aber wenn es sich um ein gutes Projekt handelt, ein großzügiges Projekt, müsst ihr Optimist bleiben und die Überzeugung wahren, dass ihr letztlich, selbst wenn ihr bei seiner Verwirklichung auf Schwierigkeiten stoßt, Erfolg haben werdet.
Ihr seht, das Thema Optimismus und Pessimismus ist sehr viel umfassender, als man zunächst denkt. Nur derjenige, der nach spirituellen Gütern sucht, kann wahrhaft Optimist sein; wer jedoch materielle Güter sucht, wird eines Tages, selbst wenn er als Optimist beginnt, seine Illusionen aufgeben müssen und in den Pessimismus zurückfallen. Und darum wiederhole ich: Pessimisten sind oft Menschen mit großem, enttäuschtem Ehrgeiz. Ihre Ambitionen waren Bürden, mit denen sie sich überforderten, weil sie den wahren zu beschreitenden Weg nicht kannten, den Weg nach Oben. Und was tun angesichts der Niederlagen, wenn man bereits all seine Energien völlig umsonst eingesetzt hat?
Optimismus und Pessimismus dürfen daher nicht einzig als eine Frage des Temperamentes angesehen werden, es ist eine wahre Philosophie darin enthalten. Der Pessimist konzentriert sich auf die kleinen Dinge der Erde, der Optimist hingegen öffnet seine Seele den weiten Bereichen des Himmels. In einer Einweihungsschule dürfte man niemals Pessimisten begegnen. Seid euch daher im Klaren, wenn ihr Pessimist seid, dann habt ihr innerlich noch nicht die richtige Richtung eingeschlagen, eure Füße bewegen sich noch nicht auf dem Weg der spirituellen Wissenschaft, denn bereits an der Schwelle dieser Wissenschaft hättet ihr deutlich unterscheiden müssen, dass die wahre Zukunft des Menschen das Licht, die Schönheit, die Freude, das Erblühen seiner Seele ist. Unterwegs trefft ihr natürlich auf Schwierigkeiten, ihr stoßt euch an Hindernissen, aber um sie zu überwinden, dürft ihr auf keinen Fall das Ziel aus den Augen verlieren, sondern sollt euch schon vorher über das Glück freuen, das euch erwartet.
Allein das Bewusstsein unserer göttlichen Bestimmung ermöglicht uns, die Hoffnung aufrechtzuerhalten. Sonst hat natürlich jeder angesichts dieses Weltspektakels alle guten Gründe, pessimistisch, desorientiert, verängstigt und niedergedrückt zu sein. Was bleibt also zu tun? Die einen ziehen Psychologen oder Psychoanalytiker zu Rate, andere befragen Astrologen, Medien und Hellseher, um sich zu beruhigen, wie das heutzutage mehr und mehr geschieht. Das beweist, dass sie nicht verstanden haben, wo und wie sie die wahre Sicherheit und die wahren Gründe suchen sollen, um Vertrauen in die Zukunft zu haben.
Ich leugne nicht, dass es Personen gibt, die fähig sind, in der Zukunft zu lesen, aber es gibt nur wenige.3 Und selbst wenn sie euch über zukünftige Ereignisse unterrichten, wird es trotzdem an euch liegen, herauszufinden, wie ihr handeln müsst, um nicht all eure Aussichten zu verspielen und wie ihr den Prüfungen begegnen könnt. Anstatt daher alle möglichen Personen nach eurer Zukunft zu befragen, ist es vernünftiger, wenn ihr euch darum kümmert, in euch selbst etwas Solides zu errichten, das euch ermöglichen wird, alles, was euch zustößt – Traurigkeit ebenso wie Freuden, Niederlagen oder Erfolge, – eurer Evolution dienstbar zu machen.
Hellsehern und vor allem Hellseherinnen bin ich in meinem Leben so vielen begegnet! Bei der ersten, an die ich mich erinnere, muss ich gerade neun Jahre alt gewesen sein. Es gab damals viele Zigeuner in Bulgarien, und die Frauen sagten die Zukunft vorher. Eines Tages ging ich auf der Straße an einer von ihnen vorüber, die mich anhielt. Sie sagte mir, dass ich viele Feinde hätte. Seht euch das an, mit neun Jahren! Erstaunt fragte ich sie: »Aber warum? Was habe ich getan?« Sie fügte hinzu, dass ich auch viele Freunde hätte. Darauf betrachtete sie meine Hand und erklärte, dass sie ein Mädchen sähe, hübsch, aber füllig, beleibt, das mich liebe. Auch darüber erstaunt, fragte ich sie: »Wirklich, sooo füllig?« Da erzählte sie mir, dass sie am selben Morgen von ihrem Esel gefallen sei und sie das daran hindere, genau zu sehen. Dann streckte sie mir ihre Hand hin, damit ich ihr ein paar Pfennige gäbe.
Die Bulgaren hingegen versuchen eher, die Zukunft aus dem Kaffeesatz zu lesen. Ich erinnere mich noch an eine Frau in Varna, die von allen Nachbarn zum Kaffee trinken eingeladen wurde, damit sie dann den Kaffeesatz prüfte. Macht es wie sie und ihr werdet niemals verdursten!
Und als ich dann in Paris ankam, wie viele Hellseherinnen haben mich da aufgesucht! Vor allem während des Krieges, wo sich ja alle fragten, wann und wie diese Tragödie wohl enden würde. Manche stellten mir Fragen bezüglich der Genauigkeit ihrer Vorhersagen. Und ich antwortete ihnen: »Wenn Sie sich dessen nicht sicher sind, was Sie sagen, wie können Sie sich dann dessen sicher sein, was ich Ihnen sagen werde?
Jetzt überlasse ich es natürlich jedem, nach seinem Verständnis zu handeln. Die Hellseher und Astrologen sind meist weitgehend daran gewöhnt, in erster Linie Erfolge, Liebe, Glück und Gesundheit vorherzusagen, sonst würde sie bald niemand mehr konsultieren. Und es versteht sich von selbst, dass zu irgendeinem Zeitpunkt schließlich etwas Gutes eintreten wird, auch wenn dies nicht von Dauer ist. Nun, sollen diejenigen, die sich zu diesen Praktiken flüchten, um sich hinsichtlich ihres Schicksals sicherer zu fühlen, diese ruhig in Anspruch nehmen, wenn es ihnen gut tut. Ich jedoch bin verpflichtet, euch zu sagen, dass die einzig wirksame Methode, um Vertrauen zu bewahren, darin besteht, mit dem Bewusstsein einer Zukunft im Licht und in der Freude voranzuschreiten, die Gott für seine Kinder vorgesehen hat.
Nach weit verbreiteter Meinung ist Pessimismus angeblich eine Form von Weisheit: Wenn man weiß, dass das Böse zu jeder Zeit von irgendwoher auftauchen kann, ist man wachsam, man trifft Vorsichtsmaßnahmen. Aber nein, diese derart negative Sichtweise hat nichts Weises an sich, sie ist sogar schädlich für die Psyche: Sich überall und zu jeder Zeit auf das Böse zu konzentrieren, hat zur Folge, dass man es nicht mehr sieht, wenn es tatsächlich auftaucht, und man lähmt die lebendigen Kräfte, mit deren Hilfe man reagieren könnte. Wo ist da also die Weisheit, wo ist die Klarheit?
Die Weisheit, die wahre Weisheit, das ist etwas ganz anderes, und was sagt sie? Im Buch der Sprüche Salomons stellt sie sich so dar: Ich, die Weisheit, als Er die Himmel bereitete, war ich da... Als er dem Meer seine Grenze setzte... als er die Grundfesten der Erde legte, da war ich als sein Liebling bei Ihm, ich war seine Lust täglich und spielte vor Ihm allezeit...« (Sprüche 8, 27-30). So spricht die Weisheit. Sie, welche die Pläne Gottes auslotete, weil sie mit Ihm an der Schöpfung der Welt beteiligt war, sie sieht die Zukunft mit Vertrauen und in den herrlichsten und den am meisten leuchtenden Farben. Und sie ist überhaupt nicht traurig, nein, sie ist sogar fröhlich, vergnügt, da sie ja in der Gegenwart Gottes spielt.
Der Weise weiß, dass es die Bestimmung des Menschen ist, eines Tages wieder in seine himmlische Heimat zurückzukehren. Auf dem Weg in diese Heimat wird er allerdings dem Bösen in all seinen Formen begegnen, er wird leiden, wird an den anderen und an sich selbst zweifeln, wird mutlos werden. Aber selbst in den schlimmsten Momenten wird er nicht untergehen, weil in seinem Herzen und in seiner Seele die Wahrheit eingeschrieben bleibt, dass Gott ihn nach Seinem Bilde geschaffen hat, und weil dieses Bild Gottes potentiell alle Reichtümer und alle Siege in sich birgt.4
Ein Pessimist ist also keinesfalls ein Kind der Weisheit, sondern der größten Unwissenheit. Natürlich geht es nicht darum, sich dem Pessimismus mit der Behauptung entgegenzustellen, alles ginge gut. Das wäre lächerlich: Es läuft nicht alles gut, und viele Dinge laufen sogar sehr schlecht. Aber der Optimismus ist ein philosophischer Standpunkt, der sich auf die Kenntnis Gottes, des Universums und des Menschen stützt. Also sollte man hier nicht das Wort Optimismus verwenden. Dem umgangssprachlichen Gebrauch zufolge verwechselt man ihn allzu oft mit Naivität und Unbekümmertheit, die nichts Philosophisches an sich haben. Der Optimismus, von dem ich spreche, ist in Wirklichkeit Hoffnung, das heißt die Gewissheit, dass die Zukunft immer besser werden kann. Selbst wenn die Gegenwart nicht so besonders ist, sind die Kräfte des Lebens und des Guten doch so stark, dass sie immer über das Böse triumphieren können, vorausgesetzt der Mensch entschließt sich, sich mit ihnen zu verbünden.
Manch einer wird fragen: »Aber welche Hoffnung kann ich haben? Alles, was ich unternehme, scheitert, meine Zukunft ist blockiert!« Das hängt natürlich davon ab, was ihr eure Zukunft nennt. Wenn ihr diese Zukunft nur im materiellen, gesellschaftlichen Erfolg seht oder als einen märchenhaften Liebesroman, kann sie in der Hinsicht tatsächlich blockiert bleiben. Aber eure Zukunft als Sohn oder als Tochter Gottes liegt weit offen vor euch. Die Tage gleichen sich nicht. Ihr habt die Sonne heute nicht gesehen? Morgen wird sie aufs Neue scheinen. Nichts ist endgültig für diejenigen verschlossen, die wissen, worauf sie ihre Hoffnung gründen sollten.
Wahre Weisheit hat nichts gemein mit einer pessimistischen Auffassung des Lebens; die wahre Weisheit liegt in der Hoffnung. In seinem ersten Brief an die Korinther schreibt der Apostel Paulus: »Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit… Sondern es ist gekommen, wie geschrieben steht: Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben.« (Kor 2,7-9)
In Wirklichkeit fehlt euch nur eines: der Entschluss. Ihr seid noch gespalten, ihr seid hin und her gerissen: Zur gleichen Zeit, wo ihr sagt, ihr hättet das spirituelle Leben gewählt, lebt ihr weiterhin wie jeder beliebige andere, besorgt um eure Sicherheit und materiellen Erfolg. Denn man weiß nie, sagt ihr, was die Zukunft bringt, und eure Gedanken und eure Zeit werden von dieser Sorge vereinnahmt. Wer seinen Weg und sein Ziel kennt, belastet sich nicht mit diesen Bürden, denn er hat immer den Reichtum seines himmlischen Vaters vor Augen, der ihm alles Nötige geben wird.
Ihr sagt: »Aber man muss trotzdem im Hinblick auf die Zukunft Reserven anlegen, sich für schlechte Tage absichern.« Angesichts der Art und Weise wie man sich auf die schlechten Tage vorbereitet, ist eines sicher: Sie werden kommen! In Wirklichkeit haben wir bereits auf einer Bank Schließfächer, aus denen wir uns bedienen können. Diese Bank, die von Gott selbst versorgt wird, befindet sich in unserem Inneren: in unserem Willen, in unserem Herzen, in unserem Intellekt, in unserer Seele und in unserem Geist. Ich bitte euch, entschließt euch, wenigstens einen dieser Schätze zu heben, die euch anvertraut wurden.
Wahre Optimisten, die gibt es durchaus auf der Erde, das sind nämlich die Gärtner und die Bauern. Ja, sie legen Samen und Keime in die Erde, die auf den ersten Blick nichts Besonderes darstellen; dann warten und hoffen sie... und eines Tages, siehe da, ein Weizenfeld, ein Maisfeld, Plantagen voller Obstbäume. Wie oft schon habe ich eure Aufmerksamkeit auf die Entsprechungen zwischen der Landwirtschaft und dem spirituellen Leben gelenkt! Samen, Keime, alles, was man sät oder pflanzt, wird schließlich wachsen und Früchte tragen. Und das gleiche gilt für unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Wünsche...
In Bulgarien bat uns Meister Peter Deunov, die Kerne der Früchte (Pfirsich- Pflaumen- und Aprikosenkerne), die wir gegessen hatten, nicht wegzuwerfen, sondern sie einzupflanzen. Und ich rate euch dasselbe. Ihr wendet ein, dass ihr dafür keinen Garten habt. Aber pflanzt sie, wo ihr nur könnt, das macht nichts. Das Wesentliche daran ist, dass ihr zur Kenntnis nehmt, dass ein Kern ein Geschöpf ist, dem das Bedürfnis innewohnt, den lebendigen Keim, den es in sich trägt, ins Leben zu rufen; dieses Geschöpf leidet darunter, in seiner Schale diesen Keim gefangen zu halten, der aus Mangel an günstigem Boden zugrunde gehen wird, wo er doch nur danach verlangt, weiterzuleben.