Das lexikalische Minimum für DaF - Jaromin Homa - E-Book

Das lexikalische Minimum für DaF E-Book

Jaromin Homa

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Beschreibung

Der Ansatz gibt einen kritischen Überblick über die bisher erarbeiteten Wortschatzminima und Häufigkeitswörterbücher und dann Voraussetzungen für eine neue - weder objektive noch subjektive, sondern funktionale Wortschatzbestimmung, - wobei eine Abgrenzung zwischen polysemen, homonymen und synonymen Wörtern notwendig ist. Schließlich bleibt für die neue Wortschatzbestimmung die Themenauswahl nicht ohne Bedeutung, weil die bisher erarbeiteten Minima ihren Wert eben aufgrund der veralteten Themenbereiche verloren haben.

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Das lexikalische Minimum für DaF

Das lexikalische Minimum für DaFImpressum

Der Grundwortschatz

Als Lexik oder Wortschatz wird der Bestand der lexikalischen Einheiten einer Sprache definiert, der unter vielen und verschiedenen Forschungsaspekten untersucht werden kann. Der deutsche Wortschatz umfaßt schätzungsweise ca. 500.000 Wörter, wobei nur 1 % davon von einem normalen Sprachbenutzer verwendet wird. Deswegen soll zuerst der Begriff des >Wortschatzminimums< analysiert werden. Drosdowski (1977:1098) definiert ihn als:  "... für die Verständigung notwendiger Bestand an Wörtern in einer bestimmter Sprache, aus denen andere Wörter (Ableitungen, Zusammensetzungen) gebildet werden können.“ Es sollen die am häufigsten gebrauchten Wörter vorkommen, die für das jeweilige Lernziel und die jeweilige Zielgruppe am nützlichsten sind und mit denen jeder Sprachbenutzer imstande ist, seine grundlegenden kommunikativen Ziele zu realisieren. Damit fungieren kommunikative Aspekte der Grundwortschatzbestimmung als Auswahlprinzip und können durch z.B. das Häufigkeitskriterium nicht verdrängt werden.

Kritik der bisherigen Wortschatzbestimmung

Schon im 19. Jh. wurde der Grundwortschatz zum Forschungsobjekt genommen und ist eng mit den sprachstatistischen Untersuchungen verbunden. Die ersten Häufigkeitwörterbücher  von Kaeding (1897) und Morgan (1928) verzeichnen kein Wortschatzminimum, sondern richten sich nur nach den statistischen Aufzählungen. Dann sollten die Listen von Michea (5.000 Wörter), Pfeffer (1964), Oehler (1966-2.000 Grundwörter+3.000 idiomatische Wendungen), Kühn (1979) und schließlich von Chmiel (1982) erwähnt werden. Schon die Erscheinungsdaten erlauben eine Feststellung, daß sowohl das Wortschatzminimum als auch die Auswahlkriterien neu erarbeitet werden sollen. Die Gründe dafür wurden in den  Kapiteln 1.2 und 1.3. ausführlich erörtert und herausgerarbeitet.

Zur Zeit stehen umfangreiche Auswahlkriterien der Wortschatzbestimmung zur Verfügung, was aber nicht zu dem Schluß führen soll, die Untersuchungen in diesem Bereichen befänden sich in einer Krise. Es ist nur ein Beweis dafür, daß die Sprache genau untersucht wird, und daß die Forschungen immer ausführlicher und umfangreicher werden. Im allgemeinen lassen sich zwei Konzeptionen feststellen:

die quantitative Konzeption - sie bilden den größten Teil der Wortschatzforschungen. Es ist festegestellt worden, daß ein Wort, neben semantischen oder  phonologischen Merkmalen, auch neues Merkmal-nämlich Häufigkeit bzw. Frequenz besitzt.

die qulitative Konzeption - sie wird nur selten verwendet, um Unzulänglichkeiten bei den Wortschatzuntersuchungen ausschalten zu können.

Das größte Problem für jeden Lexikographen ist aber die Angabe der Auswahlkriterien und Bestimmungsmethoden (vgl. Hoffmann/Piotrowski, 1979). Entweder ist die Bestimmung subjektiv und läßt sich nicht verifizieren, oder man bekommt Angst, die Untersuchung kann nicht probat angesehen werden. (vgl. Kühn, 1979:40)

Die Wortschatzbestimmung verschafft viele technische Probleme; statistische, semantische, syntaktische, morphologische oder pragmatische Ebene - sie können dabei nicht unbeachtet gelassen werden.

statistische oder frequentielle Untersuchungen gewinnen an Popularität; man geht davon aus, daß eine solche Wortschatzbestimmung reicht, und man kann dadurch die Einsicht in eine bestimmte Sprache erreichen. (vgl. Meier, 1967:3) Was aber an dieser Stelle mißachtet wird, ist die für jeden Sprachforscher eindeutige These: die Wortschatz-selektion richtet sich immer nach Bestimmungsfaktoren der Kommunikation. Alle zusammengestellten  Wortschatzlisten sind nur für die ihnen entsprechenden Korpora charakteristisch. Die häufige Annahme, daß die Sprache stabil bleibt und keinem Wandel unterliegt, ist falsch. Sie läßt sich zwar begründen, wenn die Wortliste die ersten 1000 Wörter enthält, aber dann  bleibt sie völlig nutzlos. Ein anderes Problem ergibt sich im Bereiche des Korpus. Nicht nur die Abhängigkeit der zusammengestellten Wortliste von dem Korpus, sondern auch die repräsentative Auswahl von Texten und anderen sprachlichen Elementen bereiten wesentliche Zweifel. Es ist nämlich die Frage der adäquaten Zusammenstellung der untersuchten Materialien aus den geschriebenen Texten und aus der gesprochenen Sprache. Sie müssen wirklichkeitstreu bleiben, was aber praktisch unmöglich ist, weil die Sprache dynamisch und mobil ist, und jedem Sprachbenutzer viele unterschiedliche Varietäten der Sprachverwendung bietet.

Auch ein breites Spektrum der ausgewählten Korpora und Berücksichtigung verschiedener Textsorten sind keine Beweise für Repräsentanz einer Wortliste. Die Ausweitung des Untersuchungsmaterials ist damit keine Garantie für eine richtige Wortschatzbestimmung. Der Grundwortschatz soll nämlich für bestimmte Ziel- und Lerngruppen getrennt erarbeitet werden. Eine andere Liste eignet sich für die Grundschule, eine andere für das Gymnasium und wieder eine andere für das Lyzeum.

Weitere Komplikationen treten bei den statistischen Untersuchungen auf, wenn festgestellt werden muß, ob es sich um ein und dasselbe Wort handelt (in verschiedenen Formen-lernen, das Lernen), oder ob wir mit vielen und verschiedenen Wörtern zu tun haben. Genauso ist es der Fall, wenn verschiedene Zeitformen der Verben in Betracht gezogen werden müssen (bringen, brachte). An dieser Stelle entsteht die Frage, ob ein oder mehrere Einträge in die Liste gemacht werden sollen. Eine statistische Zusammenstellung einer Wortliste ist aber heutzutage unzureichend. Diese statistisch erarbeitete Liste muß noch vom Gesichtspunkt der Brauchbarkeit aus und danach zwar subjektiv, aber obligatorisch an die Verwendbarkeit und Zuverlässigkeit geprüft werden. Die unten dargestellten Ausschnitte der Wortlisten von drei bekannten Lexikologen gelten als bester Beweis dafür, daß eine statistische Zusammenstellung keine einfache Aufgabe ist.

Morgan 1928

Meier 1967

Oehler/Heupel 1975

  Nachbar

  Namen

  Nachbar

Nachdruck

Natur

Nachfrage

Nachlaß

Nacht

Nachmittag

Nachricht

Nummer

Nachricht

Nacht

Nähe

Nacht

Nachteil

Not

Nadel

Nacken

Name

Nagel

Nadel

Nation

Nähe

Nagel

Neigung

Nahrung

Name

Neues

Name

Nase

November

Narr

Narr

Nachricht

Nase

Nation

Nutzen

Nation

Natron

Namens

Natur

Natur

Nachrichten

Nebel

Nebel

Notwendigkeit

Neid

Neffe

Norden

Nero

Neger

Netz

Neid

Neugier

Nerv

Neuheit

Netz

Norden

Neugier

Not

Nichte

Null

Niederlage

Nummer

Nord(en)

Nutzen

Norm

Not

Nota

Note

semantische Forschungen gehen im Vergleich zu den statistischen einen Schritt weiter. Sie erlauben nicht nur den Ausdruck (das Bezeichnende) zu berücksichtigen, sondern auch das Bezeichnete (den Inhalt). Damit beschränkt sich die Rolle des Wortschatzminimums nicht mehr nur auf den Bereich der Rechtschreibung, sondern wird an die ganze Bedeutungspotenz eines Lexems angewendet. Das Verb

schlagen

kann verschiedene Bedeutungen aufweisen (

mit einer Hand schlagen, gegen etwas prallen, mit großer Schnelligkeit irgendwohin geschleudert werden, plötzlich irgendwohin dringen, mit raschen Bewegungen zum Erklingen bringen, in Schlägen arbeiten, jdn. besiegen, jdn. aus dem Spiel bringen, zu etwas hinzufügen, dazurechnen, in ein bestimmtes Gebiet hineinreichen, greifen oder töten)

. Die Tatsache, daß die Bedeutungsvarianten mißachtet werden, läßt die Behauptung zu, die meisten bisher erarbeiteten statistischen Listen stimmen zwar in den Zahlen und Prozentsätzen, sind aber für Schüler und Lehrer weniger geeignet. Deswegen ist das lexikalische Kriterium ernst zu nehmen, was aber nicht bedeutet, daß sich bei diesem Aspekt keine Probleme zeigen. Die Homonymie selbst bringt große Zweifel mit sich. Soll das Wort

Leiter

ein- oder zweimal in die Liste aufgenommen werden? Wie sollte das oben genannte Verb

schlagen

berücksichtigt und verzeichnet werden? Wieviel synonyme Wörter sollten angegeben werden? Müssen antonyme Wörter gemeinsam auftauchen?

das lexikosyntaktische Kriterium bleibt bei der Grundwortschatzforschung  meistens unbeachtet oder sogar vergessen. Die Valenz des Verbs sollte einen hochrangierten Platz bei den Untersuchungen annehmen, weil sie auch einen entscheidende Rolle bei der Wortwahl spielt:

Fritz spielt.

Fritz spielt Fußball.

Fritz spielt jeden Tag Fußball

Fritz spielt jeden Tag Fußball im Stadion.

Fritz spielt jeden Tag Fußball im Stadion mit seinen Freunden.

Die lexikalisch-syntaktische Distribution, die Leerstellen, die eröffnet werden, dürfen damit bei der Aufstellung einer Häufigkeitsliste nicht außer Acht gelassen werden. Im Gegenteil, man sollte Ergebnisse der Valenzuntersuchungen berücksichtigen, um z.B. thematisch eingeteilte Wortschatzlisten im breitem Spektrum erfassen zu können.

das morphematische Kriterium bringt ein Problem bei der Erarbeitung des Wortschatzminimums - das Problem der Wortbildung. Fast alle bisher veröffentlichten Wortschatz-minima enthalten mehrere Ableitungen, Derivationen oder Komposita. An dieser Stelle entsteht die Frage, ob es nicht vernünftiger wäre, sich in vielen Fällen auf die Intuition oder Intelligenz des Lernenden zu verlassen, statt ganze Wörterbücher neu zu erstellen:

Weltmeister - Welt + Meister,

Mietvertrag - Miete + Vertrag,

Buchregel - Buch + Regal.

Selbst längere Zusammensetzungen lassen sich mühelos “entziffern":

Magenschmerztablette - Magen + Schmerz + Tablette,

Parkplatzsuchen - Park + Platz + Suchen,

Ladenschlußgesetz - Laden + Schluß (schließen) + Gesetz.

Dies trifft vor allem die passive Lexik zu.

Die meisten Formen sind reguläre und serienmäßige Bildungen, die leicht zu merken sind und die dem Sprachbenutzer keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Als Beipiel kann das untrennbare Präfix miß gelten - alle neuen Bildungen weisen auf etwas Ungelungenes hin. Dieser Faktor ist im weitesten Sinne imstande, die Wortschatzminimumliste zu reduzieren und zu beschränken. Dies trifft auch für viele weitere Präfixe und Suffixe zu.

Voraussetzungen für eine neue Wortschatzbestimmung

Die meisten im Kapitel 4.1. genannten Kriterien und Probleme der Wortschatzbestimmung können miteinander kombiniert werden, weil weder die statistische Methode, noch die semantischen oder morphematische Kriterien für ein objektives oder kohärentes Wortschatzminimum einen >Garantieschein< ausstellen können. Dagegen sind subjektive Untersuchungen als wertlos einzuschätzen. Wenn es also keine >objektive< oder >subjektive< Möglichkeit gibt, den Grundwortschatz zu erarbeiten, bleibt dem Wortschatzforscher nichts anderes übrig, als  den >relativen< Untersuchungen nachzugehen. Diese relativen Forschungen können damit zwar nicht in die objektive Sprachforschung eingebettet werden, sind aber wichtig für den Fremdsprachenunterricht, obwohl bei dieser Annahme zugegeben werden soll, daß >relativ< nicht >chaotisch< bedeutet. Mit einem Wortschatzminimum wird dem Lernenden und dem Lehrenden eine Basis, ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, was nicht nur das Zeitsparen erlaubt, sondern auch zur Optimierung der Kommunikationsprozesse beiträgt. Ein anderer Vorteil eines lexikalischen Minimums lautet: der Lernende kann anhand einer thematischen Wortschatzzusammenstellung den lexikalischen Teil einer Sprache quasi selbst erlernen, indem er die ihm bereitgestellte Liste auswendig lernt. Zwar ist dies aus methodischer Sicht etwas problematisch, aber für Selbstlernende und auch für Autoren der Lehrbücher unentbehrlich.