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Taucht ein in die Welt der Porinden, ein kleines Volk im Tal der krummen Linden, wo die Bewohner mit ihrem Po denken! Was passiert, wenn ein mutiger Junge namens Popatsch beschließt, dass es Zeit ist, wieder den Kopf zu gebrauchen? Dieses lustige und lehrreiche Märchen voller Abenteuer und ungewöhnlicher Helden wird Kinder ab 6 Jahren begeistern und zum Lachen bringen.
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Seitenzahl: 49
Klaus Möckel
Das Märchen von den Porinden
ISBN 978-3-68912-094-8 (E-Book)
Das Buch erschien 1988 im Altberliner Verlag.
Das Titelbild wurde mit KI erstellt.
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Das hier ist ein Märchen, erfunden und ausgedacht, aber wie jedes Märchen besitzt auch meins drei Körnchen Wahrheit.
Also: Weit hinter den krummen Bergen, dort, wo im Tal der krummen Linden die krummen Straßen anfangen, lebten die Porinden. Wie sie zu ihrem Namen gekommen waren? Na erstens, weil sich -rinden auf Linden reimt, und zweitens - hört mein Gedicht an:
Im Tal der krummen Linden, da wohnten die Porinden. Sie hatten einen platten Schopf und dachten niemals mit dem Kopf, vielmehr mit dem, worauf man sitzt, drum war ihr Denken abgenützt und wandte sich nach hinten bei sämtlichen Po-rinden.
Nun wisst ihr's, sie dachten mit dem Hinterteil, die Porinden, und das ging schon Jahre, Jahrzehnte, ganze Jahrhunderte so. Der Po war ihr ganzer Stolz, er war rund, weich und breit und auch im Sommer mit einer dicken Wollhose bekleidet. Die Porinden hatten nämlich Angst, dass er sich wehtun oder erkälten könnte. Sie schützten und pflegten ihn. Für die Kinder dort hatte das übrigens Vor- und Nachteile. Nie wurde einem Jungen oder Mädchen von den Eltern das Hinterteil verhaun, sie mochten noch so eigensinnig sein. Dafür gab es reichlich Katzenköpfe.
Die Porinden waren gemütliche Leute, keiner regte sich unnütz auf, und das war angenehm. Sie waren aber auch über alle Maßen bequem, und das brachte ihnen großen Schaden. Einmal zum Beispiel brannte das Dach auf ihrem Gasthaus. Der Wirt, der hinter der Theke saß, roch den Rauch. Da wird's warm für mein Hinterteil, dachte er, und blieb ruhig sitzen. Die Gäste sahen die Flammen und erfreuten sich daran. Über uns brennt's, überlegten sie, das kann unserm Popo nicht zum Schaden gereichen. Erst als das Feuer auf den Gastraum übergriff und die Wollhosen ansengte, standen sie ruhig auf und gingen hinaus. Der Wirt rief die Feuerwehr, doch die Feuerwehrleute brauchten gleichfalls einige Zeit, um von ihren Stühlen hochzukommen. Da hatten die Porinden eine ganze Weile kein Gasthaus mehr.
Bürgermeister bei den Porinden war der Große Popanz. Er war sehr geachtet, denn er stammte noch von jenen Urvätern ab, die den Spruch geprägt hatten: "Ein Kopf ist nichts, bald will er dies, bald das; dem Hinterteil vertrau, darauf ist stets Verlass." Nach diesem Spruch handelte er auch. Im Rathaus standen die weichesten und bequemsten Sessel, die man sich denken konnte. Sie waren von den geschicktesten Tischlern gefertigt, und Popanz hatte sie allesamt persönlich ausprobiert. Er sorgte dafür, dass jedes Jahr ein neuer, noch bequemerer Sessel hinzukam. Die treue Popine, seine Frau, fertigte dafür eigens Daunenkissen an und bezog sie mit Samt.
Wirklich, im Tal der krummen Linden gab es die schönsten Sitzgelegenheiten der ganzen Welt. Herrlich anschmiegsame Schaumstoffbänke im Park, wunderbar gepolsterte Stühle in den Wohnungen, prächtig weiche Tuffs und Hocker im Wartezimmer des Zahnarztes, Sofas im Kino, aber auch Sitzbadewannen und Sesselklos, wie ihr sie euch kaum vorstellen könnt. Alles, was dem Sitzen diente, wurde gefördert und stand in höchster Blüte. Die Porinden hatten das Laufen fast verlernt, und da ihnen das Treppensteigen zu anstrengend war, fuhren sie mit dem Lift meist direkt von ihren Wohnungen in die Garagen hinunter, wo sie sich in die weichen Polster ihrer Autos setzen konnten. Sie arbeiteten nicht gern im Stehn, sondern saßen lieber in ihren Büros. So viele Büros gab es, dass man, unter uns gesagt, manchmal nicht mehr wusste, wozu sie eigentlich dienten.
Die Porinden waren auch sehr für Freizeitbeschäftigung. Natürlich nicht für solche, bei der man Kopf oder Beine gebrauchen musste, fürs Schachspielen etwa oder Radfahren, aber zum Beispiel fürs Fernsehen. Das liebten sie leidenschaftlich, stundenlang konnten sie, auf einem flauschigen Kanapee sitzend, alle möglichen Filme anschaun. Sie brauchten nicht zu denken und spürten förmlich, wie ihr Po immer breiter wurde. Bis spät in die Nacht saßen sie, guckten, tranken Bier und ruhten sich anschließend in ihren Betten aus. Morgens fiel es ihnen dann schwer, bis zum Frühstückstisch zu gehen. Und noch schwerer, danach bis zum Fahrstuhl zu tapsen.
Man kann nicht sagen, dass die Porinden bei so einem Leben große Leistungen vollbracht hätten. Ihre Hosenproduktion war in Schwung, das stimmt, auch Sofas und Sessel stellten sie in reichlicher Menge her, aber schon wenn's um Jacken oder Tische ging, wurde es schwierig. Noch schlimmer war's bei Mützen oder gar bei Lampen, die an der Decke angebracht werden mussten. Keiner wollte ein Dach reparieren oder den Kirchturm. Durch die kaputten Fenster pfiff der Wind, und der Regen lief zu den Haustüren herein, die schon lange nicht mehr schlossen. Auch den Dreck auf den Straßen und selbst in den Wohnungen kehrte keiner weg. Er hätte ja aufstehen und einen Besen holen müssen. Die Stuhlfabrik blies immer neuen Ruß ins Tal, die Porinden aber schauten ruhig zu. Hauptsache, unseren Hintern geht es gut, sagten sie sich. Und dafür war ja gesorgt.
Freilich, ein paar Leute fanden sich, die mit der Lage unzufrieden waren. "Irgendwo soll es Länder geben, wo es einem in der Wohnung nicht auf den Kopf regnet", beschwerten sie sich, oder: "Es wäre schön, wenn der Große Popanz jemanden benennen würde, der überall den Schmutz zusammenfegt."
Doch sie redeten nur und taten nichts. Mehr noch, sobald sie wieder vor ihren Fernsehgeräten saßen, vergaßen sie, worüber sie sich gerade geärgert hatten.
Nur einer setzte sich nicht dauernd vor den Fernseher und vergaß deshalb auch nicht, was ihn ärgerte. Das war ein junger Bursche namens Popatsch, mit dem die Eltern einigen Kummer hatten. Er besaß nämlich keinen so schönen dicken Po wie die anderen. Statt herumzusitzen, lief er ständig durch Haus und Straßen. Einmal war er fast bis zu den krummen Bergen gegangen! Er überlegte sich dies und das, zum Beispiel, dass man einen hohen Turm bauen könnte, um über die Berge ins Land zu schaun. Mit einem Wort, er war ganz aus der Art geschlagen.
Popatsch ärgerte sich also über den Schmutz und den Regen, der durch die Dächer rann. Deshalb machte er sich eines Tages auf ins Rathaus, wo der Große Popanz mit den Ratsherren über die Konstruktion eines neuen Schaukelstuhls beriet. Der Bürgermeister beachtete Popatsch zunächst gar nicht, aber der Bursche sagte: "Erhabener Popanz, ich bin gekommen, mich zu beschweren."