Das Osteopathie-Selbsthilfe-Buch - Torsten Liem - E-Book + Hörbuch

Das Osteopathie-Selbsthilfe-Buch Hörbuch

Torsten Liem

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Beschreibung

<p><strong>Osteopathie – Beschwerden ganzheitlich lindern</strong></p> <p>Viele kennen die Osteopathie als alternative Methode, um Rücken- und Gelenkschmerzen zu behandeln. Aber das ist lange nicht alles - die Osteopathie hat noch viel mehr zu bieten! Sie betrachtet Mensch und Gesundheit ganzheitlich. Osteopathen mobilisieren Gewebe und haben dabei die wechselseitigen Einflüsse zwischen Körpersystemen und Umweltfaktoren im Blick. So können sie die tiefliegenden Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren, statt nur oberflächliche Symptome zu bekämpfen.</p> <p>Der erfahrene Osteopath Torsten Liem zeigt Ihnen, wie die verschiedenen Systeme Ihres Körpers miteinander vernetzt sind - vom Herz-Kreislauf- über das Immun- bis zum Nerven- und Hormonsystem. Wie Sie diese Zusammenhänge auch allein für sich selbst nutzen und die Sprache Ihres Körpers besser verstehen können, zeigt Ihnen dieses spannende Buch.</p> <p>Lernen Sie überraschende, wissenschaftlich belegte Gesundmacher kennen und übertragen Sie osteopathische Prinzipien in Ihren Alltag. Atmen Sie sich gesund mit den sieben Atemöffnern, synchronisieren Sie Ihre Gehirnhälften mit der Schmetterlingsumarmung und entdecken Sie, warum Intervallfasten Ihre Knochen stärkt. Dabei geht es darum, mit der kleinstmöglichen Veränderung die größtmögliche Wirkung zu erzielen.</p> <p>Nehmen Sie Ihre Gesundheit in Ihre eigenen Hände.</p>

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Zeit:11 Std. 44 min

Sprecher:Verena Scholze
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Das Osteopathie-Selbsthilfe-Buch

Wie Osteopathie wirkt und die Selbstheilung fördert Mit Übungen für jeden Tag

Torsten Liem, M.A. Christine Tsolodimos

1. Auflage 2022

70 Abbildungen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Den Bewohnern der westlichen Industrieländer geht es so gut wie nie zuvor: Die Lebenserwartung steigt noch immer, viele Menschen sind noch im hohen Alter weitgehend gesund und beweglich.

Parallel steigt aber auch die Zahl der Menschen, die unter einer oder mehreren der großen Zivilisationskrankheiten leiden: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Erkrankungen der Atemwege, Krebs, Depressionen und andere seelische Erkrankungen. Alle diese Erkrankungen haben auch mit unserem Lebensstil zu tun: Wie wir uns ernähren, wie viel Bewegung und Schlaf wir bekommen, ob unser Alltag eher hektisch oder ausgeglichen ist, spielt eine große Rolle.

Vielen ist das bewusst und sie möchten ihren Lebensstil zum Guten verändern. Vielleicht gilt das auch für Sie. Dieses Buch soll Ihnen Mut machen und Sie begleiten. Es basiert auf den Prinzipien der Osteopathie, des Heilverfahrens, in dem ich ausgebildet bin und mit dem ich seitdem arbeite. Ein wesentliches Merkmal der Osteopathie ist, dass Diagnose und Behandlung vorrangig mit den Händen erfolgen. Der gesamte Organismus und die Seele des Menschen werden als Einheit angesehen.

Ein wichtiger Grundsatz der Osteopathie lautet »Leben ist Bewegung«. Ernsthafte Therapeutinnen und Therapeuten (das sind die meisten) wenden diesen Grundsatz auch in ihrem beruflichen Leben an: Sie betrachten sich selbst niemals als »fertig ausgebildet«, sondern lernen ständig weiter – von ihren Patientinnen und Patienten, auf Tagungen, von Mediziner/-innen und von Fachleuten anderer Disziplinen. Sie versuchen, Antworten zu finden auf die immer neuen Fragen, die ihnen auf ihrem beruflichen Weg als Behandelnde begegnen.

Ob Ärztin oder Osteopath: Eine der wichtigsten Fragen für Behandelnde aller Fachrichtungen ist, was sie dafür tun können, damit es ihrer Patientin, ihrem Patienten auf Dauer besser geht. Mich beschäftigt diese Frage ständig, und ich denke, dass ich inzwischen einen Teil der Antwort kenne: Meine Behandlung ist nur die Hälfte wert, wenn die Patientin, der Patient nicht daran mitwirkt. Ich bringe mit den Mitteln der Osteopathie Strukturen und Gewebe im Körper in Bewegung. So können Verhärtungen gelöst werden – der Heilungsprozess wird angestoßen. Damit er sich vollenden kann, muss jedoch der oder die Behandelte die Bewegung fortsetzen – zuerst im eigenen Denken und Fühlen. Es muss der Wunsch entstehen, sich auf den Weg zu machen. Das Leben so zu ändern, dass es einem auf Dauer besser geht. Vielleicht sind nur kleine Veränderungen nötig. Es kann aber auch sein, dass jemand für seine körperliche und seelische Gesundheit vieles »opfern« muss, was ihm im Moment noch unverzichtbar erscheint. Dazu müssen die Gedanken in Bewegung kommen.

Darum finden Sie in diesem Buch auch viel Wissenswertes über die Organe und Systeme des Körpers, ihre Aufgaben und Funktionen. Dies soll Ihnen helfen, die richtigen Entscheidungen für Ihr Wohlbefinden zu treffen. Und auch der Körper muss in Bewegung kommen. Denn ohne Bewegung kein Leben. Sie werden in diesem Buch immer wieder davon lesen.

Aber welche Veränderungen helfen wirklich und auf Dauer? Wie macht man den ersten Schritt und wie hält man durch? Das erforschen Wissenschaftler/-innen überall auf der Welt. Wir alle, wirklich jeder und jede, können ihre Erkenntnisse für unsere Gesundheit nutzen. Ich habe mich für dieses Buch selbst auf den neuesten Stand gebracht und war trotz meiner jahrelangen Erfahrung als Therapeut manchmal selbst überrascht, geradezu begeistert darüber, wie einfach es sein kann, sich selbst etwas Gutes zu tun. Mit dieser Begeisterung möchte ich Sie anstecken. Lesen Sie los! Lernen Sie überraschende »Gesundmacher« kennen. Erfahren Sie, was bereits kleine Veränderungen bewirken können. Und wie große Veränderungen, die Sie vielleicht schon ein paarmal erfolglos probiert haben, beim nächsten Mal gelingen können.

Ich selbst bin Osteopath. Das Buch ist deshalb nach den fünf Modellen der Osteopathie gegliedert. Es basiert auf den Prinzipien und Sichtweisen der Osteopathie. Dabei werden aktuelle medizinische Erkenntnisse ausdrücklich einbezogen. Wichtig ist: In diesem Buch stehen Sie im Vordergrund. Es geht weniger darum, was Osteopathen wie tun – also die genaue Beschreibung osteopathischer Behandlungstechniken –, sondern mehr darum, wie Sie auf der Basis osteopathischer Prinzipien, Sichtweisen, Ansätze und Modelle Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden aktivieren, verstärken und stabilisieren können.

Befinden Sie sich gegenwärtig in osteopathischer Behandlung, liefert dieses Buch das nötige sehr praxisnahe Verständnis, damit Sie aktiv am Heilungsprozess teilhaben und im Team mit Ihrer Osteopathin, Ihrem Osteopathen die Fundamente für Ihre Heilung legen können.

Ihr Torsten Liem

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ein paar Worte vorweg

Neue Wege

Aller Anfang … ist nicht schwer!

Übung: Blick in die Zukunft

Wie Gesundheit entsteht

Die Kettenreaktionen des Befindens

Koordinaten der Gesundheit

Aus der Praxis des Osteopathen

Wie der Lebensstil die Gesundheit beeinflusst

Warum ändern so viele Menschen ihr Verhalten nicht?

Die Grundlagen der Osteopathie

Die vier Prinzipien

1. Der Körper ist eine Einheit.

2. Struktur und Funktion beeinflussen einander wechselseitig.

3. Der Körper kann sich selbst regulieren, heilen und gesund erhalten.

4. Eine osteopathische Behandlung folgt den ersten drei Prinzipien.

Die fünf Modelle

Wie Osteopathen behandeln

Körperhaltung und Bewegung

Wunderwerk Körper

Knochen – die Alleskönner des Körpers

Die Rolle der Knochen bei der Fortpflanzung

Die Beziehung zwischen Knochen und Hormonen

Knochen und Muskeln, Sehnen, Bänder

Die Knochen und das Gehirn

Die Knochen und das Herz

Intervallfasten und Knochen

Nieren und Knochen

Vitamine für die Knochen

Depressionen, der Darm und die Knochen

Chronische Entzündungen und die Knochen

Muskeln – unsere Motoren

Leben ist Bewegung!

Es ist nie zu spät!

Wie fangen Sie am besten an?

Fit und ausdauernd mit VO2max

Mehr Sauerstoff durch Ausdauertraining

Kraft- oder Ausdauersport, was ist besser?

Planke

Liegestütz

Kniebeugen

Superman mit Leglift

Bergsteiger

Squat Jumps

High Knees

Hand to Toe

Plank Jacks

Frogger

Burpees

Aufstehen, bewegen!

Aktuelle Forschungsergebnisse

Ausgleichsübungen bei sitzender Lebensweise

Wichtig für alle Übungen:

Sie brauchen:

Toe Touches

Überkopfkniebeuge

Treppensteigen

Boxen im Stand

Große Armkreise

Armbewegungen vertikal und horizontal

Crunches

Dips

Hampelmann

Seilspringen

Stuhl

Tiefer Stand

Vordere Muskelkettenstärkung

Hintere Muskelkettenstärkung

Hintere Stabilisationslinienstärkung

Seitliche Muskelkettenstärkung

Innere Muskelkettenstärkung

Die Muskeln dehnen, Gesundheit gewinnen

Statische Dehnungen

Dynamische Dehnungen

Vorkontraktionsdehnen

Schultern dehnen

Brust und Bauch strecken

Brustmuskel dehnen

Den Kapuzenmuskel dehnen

Stretching für die Wirbelsäule

Rumpf dehnen

Den unteren Rücken dehnen

Die Körperseiten strecken

Beinvorderseite dehnen

Die Rückseite der Beine und die Lendenwirbelsäule dehnen

Die Achillessehnen dehnen

Waden dehnen

Die Hüften dehnen

Die Rotatoren des unteren Rückens und des Bauches dehnen

Atmungs- und Herz-Kreislauf-System

Die Taktgeber des Lebens

Unermüdlich: das Herz-Kreislauf-System

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems

Ist Ihr Blutdruck zu hoch?

Bluthochdruck vorbeugen – 13 Top-Tipps

Frischluftzufuhr: Lunge und Atemwege

Die Lungenbarriere

Was Sie für Ihre Lungen tun können – 18 Top-Tipps

Atme dich gesund!

Die Blasebalgatmung

Zum Stressabbau und bei Einschlafstörungen

Die vier Atemöffner

Vokal-Atemübungen

Klärwerke des Körpers: die Nieren

Was die Nieren für den Körper tun

Was Nieren krank macht

Was den Nieren gut tut und sie schützt:

Stoffwechsel, Immun- und Hormonsystem

Ein starkes Trio

Der Stoffwechsel

Das Immunsystem

Das Hormonsystem

Alles verbunden

Osteopathische Behandlung

Flexibler Energieverteiler: die Bauchspeicheldrüse

Pankreasinsuffizienz

Die Bauchspeicheldrüse pflegen – 9 Top-Tipps

Nahrungsergänzungsmittel

Immer zu Diensten: die Leber

Eine gesunde Leber: 12 Top-Tipps

Das Sensibelchen: der Magen-Darm-Trakt

Osteopathie bei Magen-Darm-Erkrankungen

Wie arbeiten Osteopathen bei Reizdarm und anderen Verdauungsbeschwerden?

Osteopathie ist Feinarbeit

Was Sie für Ihren Darm tun können

Atemübung für Ihren Darm

Kennen Sie Ihr Mikrobiom?

Was Forscher/-innen bisher über das Mikrobiom wissen

Ein gesundes Mikrobiom – 8 Top-Tipps

Gut essen, sich besser fühlen

Gute Fette, schlechte Fette

Gute Fette essen

Zucker: die süße Gefahr

Zucker macht süchtig

Das Erbe der Steinzeit

Ausstieg aus der Zuckersucht – 10 Top-Tipps

Dauerhaft Gewicht verlieren – wie geht das?

Vier wichtige Tricks für gute Entscheidungen beim Essen

Wie unser Energieverbrauch zustande kommt

Jäger oder Landwirt?

Essen nach der Uhr: Intervallfasten

5:2-Methode:

16:8-Methode

Wie Intervallfasten wirkt

Nahrungsergänzungsmittel (NEM)

Brauchen Vegetarier Nahrungsmittelergänzung?

Die »Security« des Körpers: das Immunsystem

Das Immunsystem, kurz vorgestellt

Die Bestandteile des Immunsystems und ihre Aufgaben

Immunsystem aktivieren – 14 Top-Tipps

Niedriggradige Entzündungen

Entzündungen als Ursache von Krebs und Diabetes?

Wie eine »stille« Entzündung dem Organismus schadet

Was LGI begünstigt

Wie Sie eine ständige Erregung des Immunsystems vermeiden

Die Barrieren des Körpers

Die Mundbarriere

Gesunde Zähne, starker Organismus

Wie Parodontitis auf den Organismus wirkt

Gesunde Zähne und starke Barrieren im Mund – 12 Tipps

Die Darmbarriere

Gesundheitsrisiko Leaky Gut

Folgen durchlässiger Barrieren

Die wichtigsten Tipps für eine starke Darmbarriere

Die Hautbarriere

Die Haut und ihre Funktionen

Gesunde Haut, gesunder Mensch

Was Sie für Ihre Haut tun können – 8 Top-Tipps

Die Lungenbarriere

Her mit dem Oxytocin

Die Liebe braucht Oxytocin

Oxytocin braucht Berührung

Soziale Bindungen tun gut

Weitere Wirkungen von Oxytocin auf einen Blick

Den Oxytocinspiegel erhöhen, das Wohlbefinden steigern

Schlafen Sie gut!

Gestörter Schlaf, gestörte Gesundheit

Was eine Nacht ohne Schlaf kostet

Achtung, Blaulicht!

Was sonst noch den Schlaf beeinflusst

Dem Schlaf nachhelfen

Die Zwei-Minuten-Einschlafübung

Die 4–7–8-Methode

Anuloma viloma (Wechselatmung)

Atem- und Visualisierungsübung

Trataka

Cortisolwerte runter!

Test: Cortisolausschüttung in den Nebennieren

Die wichtigsten Gesundmacher bei Stress

Frauengesundheit ist weiblich

Menstruation

Das prämenstruelle Syndrom

Was hilft bei PMS?

Menstruationszyklus und Mikrobiom

Vaginales Mikrobiom

Wechseljahre

Nervensystem

Bewegung, Gefühle und Gedanken

Osteopathische Behandlung

Von Schmerzen frei werden

Wie die Osteopathie bei Schmerzen helfen kann

Weitere Maßnahmen für ein schmerzfreies Leben …

Die 12 Schmerz-Tricks im Detail

Trick 1: Schmerzen verstehen durch Informationen über neurobiologische Prozesse

Trick 2: In Bewegung kommen (passiv) mit Massage und passiver schmerzloser Mobilisierung von Gelenken

Trick 3: In Bewegung kommen (aktiv)

Trick 4: Die Luft anhalten mit Hypoxieübungen

Trick 5: Das Nervensystem anregen mit Transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS)

Trick 6: Berührung spüren lernen mit Übungen zum Lokalisieren von Tast-Reizen

Trick 7: Körperfunktionen steuern lernen mit Biofeedback

Trick 8: Raus ins Grüne, am besten in den Wald!

Trick 9: Unterstützung suchen bei vertrauten Menschen

Trick 10: Schmerzen wegschlafen

Trick 11: Den Schmerz vergessen mit Musik

Trick 12: Den Körper gut nähren mit gesundheitsfördernden Lebensmitteln

Wie Sie den Entspannungsnerv richtig anPAGen

PAG, autonomes Nervensystem und Co.

Stressreaktionen

Physiologische akute Stressreaktionen

Chronische Stressreaktionen

Traumatische Stressreaktionen

Mit PAG und Vagusnerv zur Entspannung: 20 Top-Tipps

Nebel im Gehirn: Brain Fog

Umweltbedingungen und Stress unter Verdacht

Nebel im Gehirn – 10 Top-Tipps

Die inneren Uhren des Organismus

Biopsychosoziale Anpassungen

Der Blick über den Tellerrand

Soziale Einflüsse auf unsere Gesundheit

Raus in den Wald!

Schwermetalle: die unsichtbare Gefahr

Krank durch Schwermetalle?

Bessere Luft atmen

Hintergrund: Schäden durch Luftverschmutzung

Luftschadstoffe

Feinstaub

Ozon

Kohlenmonoxid

Schwefeldioxid

Stickoxide

Blei

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Flüchtige organische Verbindungen (VOCs)

Kohlendioxid

Dioxine

Toxischer Schimmel

10 Strategien für bessere Luft

Elektrosmog verringern

5 Tipps für Schlafräume

7 Tipps für die Nutzung Ihres Smartphones

Entdecken Sie Ihre Kraft!

Stärken entdecken

Count your Blessings

Danke sagen

Bodyscan

Reframing

Helfer und Heiler

Mein Freund, der Baum

Die Schmetterlingsumarmung

Zittern gegen Stress

Muskelzittern im Stehen ➊

Muskelzittern im Liegen ➋,➌

Was uns glücklich macht

Machen Sie sich glücklich!

9 Top-Tipps zum Glücklichsein

Raus aus der Einsamkeit!

Gewohnheiten verändern

Was bringt Gesundheit?

Gewohnheiten verstehen und verändern

Energieräuber identifizieren

Gewohnheitsschleifen identifizieren und verstehen

Eine neue Routine (Gewohnheit) entwickeln.

Psychologische Umkehr

Erster Schritt zur Veränderung

Der bejahende Vertrag

Mögliche Widerstände bei Lifestyleänderungen

Epilog: alt an Jahren, jung im Körper

Wir haben es in der Hand

Ernährung

Bewegung, Nüchterntraining

Schlafrhythmus, UV-Strahlung und Stress

Service

Quellenangaben

Literaturliste

Autorenvorstellung

Sachverzeichnis

Impressum

Ein paar Worte vorweg

Bevor Sie durchstarten können, erfahren Sie hier noch einige grundlegende Dinge über dieses Buch und seine Inhalte.

Neue Wege

Es ist großartig, dass Sie sich entschlossen haben, etwas für Ihre Gesundheit zu tun. Dieser Entschluss ist der erste Schritt auf einem neuen Weg zu mehr Wohlbefinden für Körper und Seele.

Vielleicht haben Sie das Inhaltsverzeichnis überflogen und fragen sich jetzt, ob Sie das alles lesen müssen, bevor Sie anfangen können, gesünder zu leben. Nein, das brauchen Sie nicht! Wenn ein Thema Sie besonders interessiert, fangen Sie einfach dort an zu lesen und die Tipps zu erproben. Ich bin allerdings überzeugt: Sobald Sie in einem Bereich Ihren Lebensstil verändert und die positiven Wirkungen gespürt haben, werden Sie Lust bekommen auf mehr.

Langjährige Gewohnheiten dauerhaft zu verändern ist eine Herausforderung, die zuerst einmal eines braucht: den Mut, den ersten Schritt zu tun. Mut braucht Motivation, den Willen, etwas jetzt zu tun. Motivation entsteht aus Wissen heraus, dem Wissen um Zusammenhänge.

Unser Körper, unsere Organe haben sich über Millionen von Jahren immer wieder an neue Verhältnisse, unsere Umgebung und Lebensbedingungen angepasst. Das Wissen darum, wie groß der Einfluss der Umwelt und unseres Lebensstils auf unseren Organismus ist und wie wir Gesundheit begünstigen können, nutzen nicht nur Osteopath/-innen, sondern auch Sie können damit aktiv Ihre Gesundheit stärken.

Es wartet eine Belohnung auf Sie. Besser gesagt, gleich mehrere: mehr Leichtigkeit. Mehr Wohlgefühl im eigenen Körper. Mehr Vertrauen auf die eigenen Kräfte. Mehr Glück. Das Wunderbare dabei: Die Belohnungen werden nicht erst verteilt, wenn der ganze Weg geschafft ist. Sie stellen sich bereits nach den ersten Schritten ein, bereiten Freude und motivieren zum Weitermachen.

Wie sich die Veränderungen in Ihrem Organismus auswirken, wie sich das messen und beweisen lässt, können Sie in wissenschaftlichen Untersuchungen nachlesen. Die kleinen hochgestellten Zahlen in den Texten verweisen auf die Veröffentlichungen, auf die ich mich beziehe. Die Listen dieser Arbeiten sind online abgelegt (den Link finden Sie ▶ am Ende des Buches).

Aller Anfang … ist nicht schwer!

Vielleicht haben Sie bereits eine Wunschliste von Veränderungen – und fragen sich jetzt: Wie fange ich das bloß an? Kann ich das überhaupt schaffen?

Keine Angst! Das ist ernst gemeint. Wenn Sie eine Lebensstiländerung nur deshalb angehen, weil Sie Angst haben, Diabetes, Krebs oder eine Herzkrankheit zu bekommen, werden Sie keinen bleibenden Effekt erzielen. Angst motiviert nicht, sie lähmt und macht auf Dauer krank.

Ich möchte Sie einladen, Ihren Weg zu einem gesünderen Lebensstil und mehr Glück mit Vorfreude zu beginnen. Die folgende Übung kann Sie darin unterstützen.

Übung: Blick in die Zukunft

Sorgen Sie dafür, dass Sie in der nächsten halben Stunde nicht gestört werden.

Legen Sie ein paar leere Blätter und einen Stift bereit.

Denken Sie an eine Verhaltensänderung, die Ihnen sehr wichtig ist.

Lassen Sie sich jetzt ein paar Minuten Zeit für eine Phantasiereise.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Verhaltensänderung geschafft. Ein halbes Jahr ist seitdem vergangen. Sie haben sich an das neue Verhalten ganz und gar gewöhnt, es ist Ihnen selbstverständlich geworden. Und: Sie spüren die positiven Effekte.

Welche sind das? Schreiben Sie auf, wie sich Ihr Befinden, Ihre Stimmung, vielleicht auch Ihr Aussehen verändert haben.

Wie fühlen Sie sich heute insgesamt?

Wenn Sie gefragt würden: »Und was hat es dir gebracht?«, wie würden Sie diese Frage in einem Satz beantworten?

»Weniger ist mehr!«

Eine Veränderung des Lebensstils ist kein Hochleistungssport, es geht nicht um schneller, höher, weiter. Gefragt sind vielmehr kleine Schritte und Ausdauer.

In einer Meta-Analyse von 150 Forschungsberichten zu Verhaltensänderungen in den Bereichen Rauchen, Ernährung und körperliche Aktivität aufgrund von ärztlichen Empfehlungen wurde festgestellt: Es ist nicht zielführend, sehr viel gleichzeitig zu verändern. Eine moderate Anzahl von Veränderungen bewirkt stärkere Effekte. Wenn das Ziel erreichbar erscheint, ist die notwendige Motivation zur Umsetzung der Veränderungen gewährleistet. ▶ [1] Zwei bis drei Veränderungen bringen den meisten Erfolg. Noch besser wird das Ergebnis, wenn alle Veränderungen zu einer der beiden folgenden Gruppen gehören ▶ [2]:

Aktiv werden (z. B. mehr körperliche Aktivität, häufiger Gemüse und Fisch essen),

Reduzieren/verzichten (z. B. weniger Süßigkeiten essen, Bildschirmzeit reduzieren, Entspannen und Ausruhen).

Veränderungen aus der Gruppe Reduzieren/verzichten sind wirksamer in den Bereichen Ernährung und Bewegung. Beim Rauchen haben Veränderungen aus der Gruppe Aktiv werden den stärkeren Effekt. ▶ [3]

Wie Gesundheit entsteht

Wann ist ein Mensch gesund? Wenn er an keiner bekannten Krankheit leidet, keine Schmerzen hat? Wenn die Blutwerte im Normbereich sind? Das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Die traditionelle westliche Schulmedizin hat den Menschen »aufgeteilt«: Um den Magen z. B. kümmern sich Gastroenterolog/-innen, für die Haut sind Dermatolog/-innen zuständig, Onkolog/-innen behandeln Krebserkrankungen, Psychotherapeut/-innen die Seele. Allerdings sind die Grenzen durchlässiger geworden.

Ich selbst bin durch inzwischen jahrzehntelange Praxis und Lehre zu der Überzeugung gekommen, dass eine ganze Palette von Faktoren Gesundheit und Wohlbefinden bedingen und beeinflussen. Und es braucht eine ganze Palette von Wissenschaften, um diese Faktoren zu verstehen: Epigenetik, Genetik, Biochemie, Psychologie, Sozialwissenschaften – um nur einige zu nennen.

In der Osteopathie wurde von Anfang an der Organismus als Ganzes betrachtet und behandelt, später wurde auch der Lebenskontext des Patienten einbezogen. Aus dieser ganzheitlichen Sichtweise ist die psychosomatische Osteopathie entstanden, eine noch junge Fachrichtung innerhalb der Osteopathie, die ich entwickelt habe. Psychosomatische Osteopath/-innen sehen Körper und Seele als eine bis ins Innerste verwobene Einheit an und gehen z. B. davon aus, dass sich Funktionsstörungen der Gewebe in bestimmten Bewusstseinsmustern widerspiegeln und umgekehrt.

Diese bis ins Innerste und Äußerste verwobene Einheit und gleichzeitig dynamische und sich auch hierarchisch gegenseitig beeinflussende Vielschichtigkeit, die das Befinden eines Menschen ausmachen, kann heute viel differenzierter erkannt und behandelt werden, als es zu den Anfängen der Osteopathie wissenschaftlich möglich war. Funktionsstörungen der Gewebe spiegeln sich auf vielfache Weise in Erlebens- und Bewusstseinsmustern und allen unseren Lebensäußerungen wider und umgekehrt.

Psychosomatische Osteopath/-innen sehen nicht nur Körper, Geist und Seele als Einheit an, sondern untersuchen und behandeln auf differenzierte Art und Weise die Dynamik zwischen Körper, Psyche und dem Lebensumfeld sowie weiteren Zusammenhängen. Zugleich wird der Bewusstheit, der Haltung, dem Verhalten und dem individuellen Potenzial des Patienten, selbst an seiner Genesung mitzuwirken, eine zentrale Rolle im Heilungsprozess zugesprochen. Dadurch nimmt der Patient in der Behandlung eine aktivere Rolle ein als sonst in der Osteopathie üblich.

Einerseits zeigen sich innerliche Erfahrungen immer auch im Körperlichen, andererseits gibt es auch hierarchisierte Entwicklungen, die es in der Behandlung zu berücksichtigen gilt, z. B. ist das Vorderhirn in der Lage, Schmerzempfindungen im Körperlichen zu regulieren und zu relativieren.

Die Kettenreaktionen des Befindens

Gesundheit und Krankheit spielen sich auf verschiedenen Ebenen des menschlichen Befindens ab. In der psychosomatischen Osteopathie wird davon ausgegangen, dass es eine Hierarchie dieser Ebenen gibt; weiter oben stehen die Überzeugungen, weiter unten im System die Aktivitätszustände des autonomen Nervensystems. Eine Gesundheitsstörung kann von oben ausgehen, etwa der Überzeugung eines Menschen, dass ihm von seinen Mitmenschen Gefahr drohe. Diese Überzeugung kann Veränderungen im – für das Gefühlsleben verantwortlichen – limbischen System (wie Angst), und im autonomen Nervensystem (wie Wachsamkeit und Fluchtgefühle) und weiter darunter gelegenen Ebenen bewirken. Sie zeigt sich auch in der Körperhaltung, in Atmungsmustern, spezifischen Muskelspannungen und möglichen körperlichen Dysfunktionen. Das nennen wir »Top-down-Kette«, sie führt von den Gedanken im Vorderhirn zu Gefühlen im limbischen System zum autonomen Nervensystem, zum Hormonsystem etc. Die »Bottom-up-Kette« verläuft in umgekehrter Richtung. Es kann sich z. B. ein verstauchter Fuß auf das Becken, das Nervensystem und die Gefühle auswirken.

Jeder Patient zeigt einen anderen individuellen Cocktail verschiedener Top-down«- und »Bottom-up«-Ketten.

Integration von Top-down- und Bottom-up-Prozessen in die therapeutische Begegnung

Diese Kettenreaktionen sind nicht statisch, sondern zeigen eine Dynamik, eine Entstehungsgeschichte, die zu verstehen wichtig ist. Von der Befruchtung an durchläuft jeder Mensch – und im Gegensatz zu anderen Tierarten auch insbesondere nach der Geburt – zahlreiche Entwicklungsstufen. Das bedeutet aber auch, dass auf jeder Entwicklungsstufe etwas schiefgehen kann und die weitere Entwicklung möglicherweise dadurch behindert wird. Hier kann die Osteopathie unterstützend ansetzen, indem sie diese Beschränkungen aufzulösen hilft.

Koordinaten der Gesundheit

Wie gesund oder krank wir uns fühlen, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. In einer Befindensstörung oder Krankheit spielen mindestens vier Sichtweisen und Einflüsse eine Rolle, will man den Patienten möglichst umfassend verstehen und behandeln. Dies umfasst den Menschen in seiner Beziehung zu messbaren Kategorien wie Muskel-Skelett-System etc., seine Beziehung zu sich selbst, zu anderen und in seinem Lebensumfeld (siehe Tabelle).

Koordinaten der Gesundheit

Beziehung zu sich selbst

Gene und messbare Reaktionen

Werte

Glaubenssystem

Denken

Bedürfnisse

Sinneswahrnehmungen

Körperempfindungen

Wahrnehmung aus dem eigenen Inneren

Gefühle

Genetik

Atmung

Stoffwechsel

Blutbild/Biomarker

Immunsystem

Herz und Kreislauf

Nervensystem

Bewegungsabläufe

Gestik

Verhalten

Beziehung zu anderen

Beziehung zur Umgebung

Partnerschaft

Sexualität

Kernfamilie

familiäres Umfeld

Freundeskreis

berufliches Umfeld

kulturelles Umfeld

Beruf

Einkommen

Gesundheitssystem

Wohnverhältnisse

Wohnumgebung

unmittelbare Umwelteinflüsse

globale Umwelteinflüsse

Aus der Praxis des Osteopathen

Kommen Patienten zu einer Konsultation, dann stellen ihre Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen nur die Spitze eines Eisbergs dar. Unter der Oberfläche liegen eine Vielzahl von Risikofaktoren, Wirkmechanismen und Einflüssen.

»Unter Wasser«, meist relativ unbemerkt, wirken zahlreiche länger und kürzer wirksame, mehr oder weniger wechselwirksame, sich gegenseitig verstärkende oder vermindernde Risikofaktoren, Wirkmechanismen und Einflüsse, wie z. B. Genetik, Verlauf von Schwangerschaft und Geburt, Stress in der frühen Lebenszeit, Infektionen, Unfälle, Top-down- und Bottom-up-Prozesse (beispielsweise Glaubenssysteme, emotionales Erleben, neurovegetative Zustände wie Entspannung, Kampf- oder Fluchtimpulse etc.), Lebensumstände (Beruf, Partnerschaft, Finanzen, Familiensituation, Freundschaften, Wohnverhältnisse) Lebensgewohnheiten, Zustände des Stoffwechsel-, Immun-, Hormon-, Atmungs-, Herz-Kreislauf- und des Muskel-Skelett-Systems.

Mit der Palpation, also der Tastuntersuchung, können wir gewisse Teile des nicht sichtbaren Eisberges erfassen, wie zum Beispiel die Auswirkungen lange zurückliegender Krankheiten, Unfälle oder seelischer Belastungen. Doch es sind weitere Fachkenntnisse und Wahrnehmungstools nötig, um die Befunde mit den genannten Einflüssen in Beziehung setzen zu können. Andere Aspekte können auf diesem Wege nicht befundet werden. Hier sind weitere diagnostische Kompetenzen nötig, wie die Anamnese, die Befundung des Verhaltens, der Mimik etc., und im Weiteren ggf. auch Fragebögen, Laborbefunde etc.

Aus der Auseinandersetzung mit diesen klinischen Bezügen ist die psychosomatische Osteopathie entstanden.

Mögliche Risikofaktoren, Wirkmechanismen und Einflüsse von Symptomen

Wie gesund sind Sie?

Bevor Sie sich auf den Weg zu Ihrem neuen Lebensstil und mehr Wohlbefinden machen, möchten Sie vielleicht wissen, wo Sie heute mit Ihrer Gesundheit stehen. Ein Fragebogen auf meiner Website (siehe ▶ Empfehlungskasten) kann Ihnen dabei helfen. Er enthält Fragen z. B. zu Ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen, Ihrem Bewegungs- und Ernährungsverhalten sowie gesundheitlichen Beschwerden. Sie können ihn heute ausfüllen – und in einem halben Jahr noch einmal. Der Vergleich wird Ihnen zeigen, was sich verändert hat.

Wie der Lebensstil die Gesundheit beeinflusst

Hier geht es um Fakten, die Sie kennen sollten – nicht, um sich ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern als zusätzliche Motivation zur Veränderung. Wir haben es nämlich zu einem großen Teil selbst in der Hand, wie gesund oder krank wir sind.

In den westlichen Industrieländern sind chronische Krankheiten die Hauptursache für körperliche Einschränkungen und Beschwerden. Sie sind zugleich die häufigste Todesursache. ▶ [4] Der Großteil der Ausgaben für das Gesundheitswesen geht auf ihr Konto. ▶ [5] Studien zeigen: Bei den meisten dieser Krankheiten, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes Typ 2, besteht ein Zusammenhang mit schlechter Ernährung und Bewegungsmangel, und: Mehr als 80 % aller chronischen Erkrankungen könnten durch die Umsetzung einer gesunden Lebensweise vermieden werden. ▶ [6] Forscher/-innen sehen die westlichen Industrieländer inmitten einer Gesundheitskrise, die weitgehend auf schlechten Entscheidungen über den Lebensstil basiert.

Deutschland ist da keine Ausnahme: Was Übergewicht (BMI 25–29) und Fettleibigkeit (BMI über 30) angeht, sind die Deutschen Europameister. Weltweit an der Spitze stehen die USA. Dass in Russland die Lebenserwartung der Männer bei nur 65 Jahren liegt, kann u. a. auf den hohen Alkohol- und Zigarettenkonsum zurückgeführt werden. Tatsächlich war es für mich, wenn ich in Russland lehrte, eine große Herausforderung, den vielen Wodkagelagen einigermaßen galant aus dem Weg zu gehen. Meine Versuche, Wasser ins Wodkaglas zu kippen, wurden leider immer ziemlich schnell durchschaut.

Warum ändern so viele Menschen ihr Verhalten nicht?

Untersucht wurde auch, wie viele Menschen, die Empfehlungen für einen gesünderen Lebensstil bekommen, diese auch umsetzen: Geht es um die Ernährung allgemein, tun das 23 %. Von denjenigen, die Empfehlungen zur Gewichtsabnahme und mehr Bewegung bekommen, halten sich 40 % daran.

Warum ist das so? Warum ändern so viele Menschen ihr selbstschädigendes Verhalten nicht? Auch dazu gibt es Untersuchungen:

Eine wichtige Ursache ist Unwissenheit. ▶ [7] Viele unterschätzen mögliche Risikofaktoren wie z. B. Bewegungsmangel. Chronisch Kranken ist vielfach nicht bewusst, dass sie mit ihrer Lebensweise die Krankheit verschlimmern, womöglich zu ihrem Entstehen beigetragen haben. Während der Behandlung bekommen viele kaum Informationen darüber, wie sie einen effektiven, langfristigen Plan zum Erreichen und Stabilisieren ihrer Gesundheit umsetzen könnten. ▶ [8]

Eine weitere wichtige Ursache ist eine »Konsumhaltung« in Bezug auf Gesundheit: Die Medikamente und Therapien werden es schon richten. ▶ [9] Diese Überzeugung begegnet auch mir in meiner Arbeit. Gefördert wird diese Haltung vom Medizinsystem, das sich auf die Behandlung von Krankheiten konzentriert und nicht, wie es angemessen wäre, auf Prävention durch einen gesundheitsfördernden Lebensstil. Eine Studie von 2015 kommt zu dem Schluss, dass die historisch gewachsene Ausrichtung der Gesundheitssysteme auf die Unterstützung der akuten und episodischen Versorgung und nicht auf das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten die Patienten, zumindest in einigen Fällen, einem zusätzlichen Risiko aussetzt.

Hinzu kommt, dass viele die möglichen Schäden durch medizinische Eingriffe unter- und den zu erwartenden Nutzen überschätzen, so eine aktuelle US-amerikanische Studie. Eine ausgewogene Information darüber wäre nötig als Grundlage für realistische Erwartungen und informierte Entscheidungen der Patienten, so die Forscher. ▶ [10]

Auch der Zeitgeist spielt eine Rolle: Seit einigen Jahren engagieren sich Bewegungen wie »Body Positivity« gegen die Diskriminierung von Menschen, deren Aussehen nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht, die also z. B. übergewichtig sind. Eine »Nebenwirkung« dieses an sich positiven Trends ist, dass den gesundheitlichen Auswirkungen von Fettleibigkeit weniger Bedeutung zugemessen wird.

Berichte über die in den westlichen Industrieländern noch immer steigende Lebenserwartung führen vielfach zu der inneren Einstellung: Warum soll ich noch Gesundheitsvorsorge betreiben, wenn ich voraussichtlich sowieso steinalt werde? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie beweglich und selbstbestimmt man im Alter sein möchte. Das hat wesentlich mit dem Lebensstil in den bisherigen Jahren zu tun. Die gesundheitliche Altersvorsorge ist ebenso wichtig wie die finanzielle, doch das ist bisher zu wenigen Menschen bewusst.

Die Grundlagen der Osteopathie

Bevor wir nun »voll einsteigen«, sehen wir uns noch die vier Prinzipien und die fünf Modelle der Osteopathie an.

Die Osteopathie ist zugleich Philosophie, Wissenschaft und Kunst.

Als Philosophie folgt die Behandlung unterschiedlichen Prinzipien, Sichtweisen und Modellen, die den Patienten einerseits als Ganzheit und gleichzeitig im Kontext all seiner Lebenseinflüsse versteht.

Als Wissenschaft passt sich die Lehre stets neuen Erkenntnissen an, gegebenenfalls überholte Sichtweisen werden relativiert.

Als Kunst besitzt die Osteopathie eine fast unendliche Vielzahl an Ansätzen und Techniken, die je nach Patient/-in und dem Zeitpunkt der Behandlung angewandt werden. Dabei wird – auf der Basis fundierter und detaillierter Kenntnisse der gesamten lebendigen Anatomie und Physiologie des Menschen und insbesondere ihrer Wechselwirkungen untereinander – in der Osteopathie insbesondere mittels therapeutischer Berührung behandelt.

Die vier Prinzipien

Die Osteopathie basiert im Wesentlichen auf vier Prinzipien. Sie sind eine Art »Grundgesetz«, das die Begründer der Lehre aufgeschrieben haben. Es wurde inzwischen den sich ändernden Lebensbedingungen behutsam angepasst, in seiner Substanz aber nicht verändert.

1. Der Körper ist eine Einheit.

Der Mensch ist eine Einheit aus Körper, Seele und Geist und seinem biosozialen/kulturellen Umfeld. Aus osteopathischer Sicht gibt es daher keine strikte Trennung zwischen körperlichen und psychischen Beschwerden. Osteopath/-innen sehen nicht nur den Organismus mit seinen Knochen, Muskeln, Sehnen, Bändern, Faszien, inneren Organen, Gefäßen und Nerven als Einheit an, sondern insbesondere, wie diese Gewebe mit dem Leben des Menschen in Beziehung stehen. Denn wie ein Mensch sich fühlt und ob er auf Dauer gesund bleibt, wird von einer Vielzahl körperlicher und seelischer Prozesse sowie seinen zahlreichen Beziehungsgefügen im Privaten und Beruflichen beeinflusst. Dazu zählen insbesondere auch sein Lebensstil, das heißt, sein Ernährungsverhalten, sein Bewegungsverhalten, sein Schlaf etc.

2. Struktur und Funktion beeinflussen einander wechselseitig.

Körperstrukturen im osteopathischen Sinn sind Knochen, Muskeln, Faszien, Bänder, Sehnen, Organe, Nerven, Gefäße sowie die Körperflüssigkeiten (z. B. Blut, Lymphe, Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit). Funktionen sind die physiologischen Prozesse wie zum Beispiel Körperbewegungen, Durchblutung, die Verdauung, der Monatszyklus der Frau oder Denkprozesse und Gefühle. Strukturen und Funktionen stehen in einer engen Wechselbeziehung und beeinflussen sich ständig gegenseitig.

Wird in die Funktion eingegriffen, etwa durch Überlastung oder auch Verletzungen, leidet die Struktur. Dann können z. B. an den Ansatzstellen von Muskeln am Knochen Entzündungen entstehen. Doch diese Vorgänge können auch durch weitere Gelenke, die sich gar nicht an der betroffenen Stelle befinden, beeinflusst werden, z. B. vom Schultergelenk, von der Halswirbelsäule oder sogar vom Zwerchfell, von den Organen oder den Bauchmuskeln. Die Empfindlichkeit für Entzündungen wird u. a. auch vom Ernährungsverhalten beeinflusst. Die Fähigkeit, dieses Wechselspiel »lesen« zu können, ist mitentscheidend für die Qualität einer osteopathischen Behandlung.

3. Der Körper kann sich selbst regulieren, heilen und gesund erhalten.

Gesundheit bedeutet viel mehr, als nicht krank zu sein. Sie kann als das prinzipielle Vermögen verstanden werden, sich selbst, den eigenen Empfindungen und anderen gegenüber offen zu sein und in kommunikativen Austausch treten zu können.

An viele Herausforderungen des Lebens, auf die wir treffen, können wir uns normalerweise aus uns selbst heraus anpassen. Wir können störende Einflüsse wie zum Beispiel leichte Verletzungen, schädlichen Stress oder Krankheitserreger neutralisieren. Das passiert häufig ohne dass wir bewusst daran beteiligt sind. So heilen kleine Wunden innerhalb weniger Tage ab oder Krankheitserreger werden vom Immunsystem abgewehrt.

Manchmal übersteigen die Herausforderungen von außen unsere Fähigkeiten. Dann treten Symptome auf, wie Schmerzen, Übelkeit oder Bewegungseinschränkungen. Dabei sind auch Krankheitssymptome in der Regel selbst Ausdruck der Selbstheilungskräfte des Organismus. Viele Krankheiten heilt der Körper ohne Hilfe.

4. Eine osteopathische Behandlung folgt den ersten drei Prinzipien.

Die osteopathische Behandlung berücksichtigt gleichermaßen die Einheit des Körpers sowie das Wissen um die Selbstheilungskräfte und die Wechselbeziehungen zwischen Strukturen und Funktionen. Die Osteopathie als Heilkunst soll die Individualität von Gesundheit in jedem Menschen berücksichtigen. Krank sein heißt vor diesem Hintergrund, ein gestörtes Verhältnis zu sich sowie zur Mit- und Umwelt zu haben.

Als Osteopath/-innen richten wir unser Augenmerk auf diese Selbstheilungsprozesse. In der Praxis unterstützen wir diese körpereigenen Regulationsmechanismen durch unsere Hände mittels osteopathischer Techniken. Ebenso wirken wir daran mit, dass Patient/-innen die Signale der Symptome verstehen und im Idealfall ihren Lebensstil so verändern, dass die Symptome als »Signalgeber« nicht mehr nötig sind und abklingen.

Die fünf Modelle

Was untersuchen Osteopath/-innen? Wie gelangen sie zu ihren Diagnosen? Wie finden sie heraus, wo sie ansetzen müssen? Hier geht es um das »Navigationssystem« der Osteopathie, die fünf Modelle.

Wir alle haben Stress, ein Leben lang: Körperliche, seelische und soziale Herausforderungen und Belastungen wirken auf uns ein, zudem elektromagnetische Felder, Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten, Umweltschadstoffe. Viele Belastungen entstehen durch die individuellen Lebensbedingungen und den Lebensstil. Zunächst ist unser Organismus bestrebt, mögliche Stressfaktoren aufzulösen. Ist dies nicht möglich, passt er sich an. Dies wird durch Veränderungen im Organismus selbst, auch in den Geweben, erreicht.

Dieser Prozess der Selbstregulation (Fachausdruck: allostatische Anpassung) ist allerdings seinerseits eine Herausforderung und Belastung für den Körper und wird dann, wie Osteopathen sagen, zur allostatischen Last. Je nachdem, wie lange und wie intensiv die Stressfaktoren auf uns einwirken, und je nachdem, wie anfällig wir für diese sind, erschöpfen sich unsere Kräfte der Anpassung. Unser Körper zeigt das durch Symptome wie Schmerzen oder Unwohlsein etc.

Für einen erfahrenen Osteopathen wird dies erkennbar an der Änderung der Beziehung zwischen Struktur (zum Beispiel dem Muskel-Skelett-System) und Funktion (zum Beispiel der Beweglichkeit der Gelenke), noch lange bevor dauerhafte Schäden entstehen. Die Tastuntersuchung zeigt bereits minimale Veränderungen einzelner Bereiche – auch im Organbereich. Bei der Diagnose und Behandlung geht es dem Osteopathen darum, die Kräfte und Faktoren herauszufinden und zu stärken, die zur Heilung beitragen können. Diese Herangehensweise ist eng verwandt mit dem Ansatz der Salutogenese (Entstehung von Gesundheit) in der modernen Medizin. Die Salutogenese untersucht Faktoren, die dafür entscheidend sind, dass sich Menschen in Richtung Gesundheit entwickeln.

Wie Osteopathen behandeln

Die moderne Osteopathie geht davon aus, dass selten ein einzelner Faktor für den aktuellen Zustand eines Patienten verantwortlich ist. In der Regel sind Kombinationen von Faktoren in der Lebensgeschichte eines Patienten beteiligt. Um die Beschwerden zu verstehen und auflösen zu können ist es wichtig, diese Faktoren zu verstehen und einzubeziehen. Die Behandlung ist immer auf die einzelne Person ausgerichtet. So behandeln Osteopathen weniger eine Krankheit – die Behandlung ist vielmehr ganz auf die Eigenheiten des Patienten und seinen Lebenskontext abgestimmt.

Ziel der Behandlung ist es, das Gleichgewicht innerhalb des Organismus und seine Anpassungsfähigkeit insgesamt zu stärken. Dabei helfen die fünf Modelle der Osteopathie ▶ [11]:

das Modell der Körperhaltung und Bewegung (biomechanisches Modell)

das Atmungs- und Herz-Kreislauf-System (respiratorisch-zirkulatorisches Modell)

das System des Stoffwechsels, des Immun- und Hormonsystems (metabolisch-energetisches Modell)

das Nervensystem mit dem Gehirn sowie dem peripheren Nervensystem (neurologisches Modell):

die biopsychosozialen Anpassungen

Jedes Modell umfasst anatomische, physiologische und psychologische Faktoren. Behandelnde in der Osteopathie haben alle diese Modelle im Blick und »in den Händen«. In der Regel werden bei jedem Beschwerdebild, das Patienten zeigen, alle Modelle – individuell unterschiedlich gewichtet – in die osteopathische Behandlung integriert!

Die Osteopathin, der Osteopath untersucht und stellt fest, ob und in welchem Maß die selbstregulatorischen Kräfte schädlichen Stressfaktoren ausgesetzt sind, z. B. Toxinen, metabolischem Stress, emotionalem Stress, sozialem Stress etc. (siehe Abbildung). Es wird aber auch ermittelt, welche Vorgänge im Körper gut laufen. Je nach dem Gesamtbild, das dabei entsteht, setzt sich die Therapie aus den Modellen zusammen. Bei der Behandlung geht es zunächst darum, das, was gesund ist, zu stärken. Dann wird damit begonnen, belastende Gewebespannungen und feinste Bewegungseinschränkungen zu lösen. Die Osteopathie kann als alleinige Therapie, aber auch im Verbund mit anderen medizinischen Behandlungen eingesetzt werden.

Dieses Buch ist nach den fünf Modellen gegliedert. Manche Organe und Systeme hätten ebenso gut auch einem anderen Modell zugeordnet werden können. Daran zeigt sich, wie sehr alle Bereiche des Organismus miteinander vernetzt sind, gemeinsam Aufgaben erfüllen und einander beeinflussen.

Körperhaltung und Bewegung

Dieses Modell betrifft Körperhaltung und Bewegung. Es befasst sich mit den »harten Fakten« – den Knochen, Gelenken, Bändern, Faszien und Muskeln, die unseren Körper stützen, halten und bewegen.

Wunderwerk Körper

Nähern wir uns unserem Körper schrittweise an. Wir beginnen mit den Stütz- und Bindegeweben.

Um die 200 Knochen und rund 140 Gelenke bilden unser Skelett. Über 650 Muskeln sowie Bänder, Sehnen und Fasziengewebe stützen es und machen Bewegungen möglich – den weiten Schritt des Marathonläufers ebenso wie das Beugen eines Fingergelenks beim Greifen einer Saite auf der Geige. Dazu die ungezählten Bewegungen, die unser Körper im Alltag unbemerkt erledigt: eine Jacke vom Haken nehmen, Schuhe anziehen, eine Treppe hinaufgehen. Ein hochkomplexes Zusammenspiel vieler Elemente ist nötig, damit Bewegungen, selbst die banalsten, gelingen. Das beste Mittel, um das zu erreichen: Bewegung. Doch genau daran fehlt es den meisten von uns. Statt sich wie unsere Vorfahren den ganzen Tag u. a. bei der Nahrungssuche und -beschaffung zu bewegen und körperlich anzustrengen, sitzen viele von uns pausenlos in starrer Haltung vor Monitoren, essen und trinken zu viel. Übergewicht, Schmerzen, langfristig auch ernste chronische Krankheiten sind natürliche Folgen. Die gute Nachricht: Sie können das verhindern, und das ist leichter als Sie vielleicht denken.

In diesem Kapitel lernen Sie Ihren Bewegungsapparat besser kennen. Sie erfahren, was er braucht, um Sie durchs Leben zu tragen, jeden Tag aufs Neue, und verlässlich zu funktionieren bei allem, was Sie tun. Vielleicht bekommen Sie noch mehr Respekt vor diesem Wunder der Natur. Vielleicht nehmen Sie sich vor, ab sofort mit Ihren Knochen, Gelenken, Muskeln und Bändern besser umzugehen – nicht, weil Sie »müssen«, sondern weil Sie erkannt haben, dass es sich lohnt. Damit wäre die wichtigste Voraussetzung für ein bewegteres, gesünderes Leben schon erfüllt.

Sie brauchen nicht von heute auf morgen zum Hochleistungssportler zu werden – das wäre auch gefährlich. »Einmal pro Woche ins Fitnessstudio« wäre ein Anfang, genügt aber nicht. Es geht vielmehr darum, Bewegung in Ihren Alltag zu bringen und dafür zu sorgen, dass Ihr Körper immer genug davon hat. Sie werden sehen: Das tut gut und macht Spaß!

Betrachtet werden vom Osteopathen, von der Osteopathin im Kontext dieses Modells

die Körperhaltung und deren Auswirkung auf das Gesamtbefinden;

Störungen an Gelenken, Bändern, Faszien und Muskeln und muskuläre Störungen in Wechselwirkung zum Gesamtorganismus, z. B. zu anderen Bereichen des Bewegungsapparates in Form von Verspannungen, Schonhaltungen, Muskel- und Gelenkschmerzen oder in Wechselwirkung zu Organen/Organfunktionen und umgekehrt;

Störungen des Bewegungsapparates und ihre Einflüsse auf die Durchblutung, das Hormon- und das Nervensystem und umgekehrt. So können z. B. Gelenkschmerzen Rückenmarkssegmente sensibilisieren und dadurch andere Bereiche schmerzempfindlich machen, sodass eine eigentlich harmlose Bewegung plötzlich Schmerzen verursacht und zu einer Verletzung führt;

Einflüsse des Bewegungsapparates auf den Stoffwechsel und umgekehrt;

körperliche Aktivität und Sitzzeit in ihren Wirkungen und Auswirkungen.

Dieses Modell wird von Osteopath/-innen zur Behandlung gewählt, um die Funktion der Knochen, Muskeln, Faszien und Sehnen des Bewegungsapparates so zu beeinflussen, dass Bewegung und Körperhaltung frei, kraftvoll, mit vollem Bewegungsausmaß und auf den Punkt so ausgeführt werden können, wie wir es im Alltag, bei der Arbeit und bei unseren Hobbys brauchen – und natürlich, um Schmerzen zu heilen oder zu lindern.

Osteopath/-innen sind bekannt dafür, den Bewegungsapparat, seine einzelnen Elemente und Wechselwirkungen mit höchster Kompetenz zu untersuchen und zu behandeln. In diesem Buch geht es darum, was Sie selbst tun können, um Ihren Bewegungsapparat für Ihren Alltag fit zu halten und beim Heilen zu unterstützen. Und nicht nur das, Sie erfahren auch, wie seine Funktion Ihre Gesundheit im Ganzen unterstützt.

Dabei werden Sie verblüffende Erkenntnisse gewinnen. Sicher haben Sie gehört, dass Vitamin D irgendwie etwas mit den Knochen zu tun hat, aber wussten Sie auch, dass Sexualität Ihre Knochengesundheit unterstützt und der Knochen seinerseits Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge hilft? Oder dass viel Sitzen nicht nur Ihr Knochen-Muskel-System schädigt, sondern fast alle Organe des Körpers? Auf den folgenden Seiten erfahren Sie außerdem, wie Sie Ihre Knochen gesund erhalten und heilen lassen können. Und damit sind nicht nur die Knochen gemeint, denn eigentlich sind Sehnen-, Bänder- und Muskelprobleme immer auch Knochenprobleme.

Vielleicht finden Sie es auch, ebenso wie ich, unglaublich motivierend zu verstehen, dass das Muskelsystem als Drüse angesehen werden kann, die das Immunsystem kontrollieren kann, wenn es angemessen benutzt wird. Mit zunehmendem Muskelabbau steigt übrigens im Alter die Sterblichkeitsrate an. Deshalb zeige ich Ihnen nicht nur einfache Tests, die Sie selbst ausführen können, sondern Sie erfahren auch, was Sie wissen müssen, um Ihre Muskeln auf die beste Art und Weise zu nutzen, und zwar so, dass Sie es sofort umsetzen können. Sie werden staunen: Das macht nicht nur Spaß, sondern erzeugt auch Energie und Wohlgefühl – und das sofort!

Knochen – die Alleskönner des Körpers

Meistens denken wir nicht viel über unsere Knochen nach. Dabei sind sie echte Alleskönner, denen wir mehr Beachtung schenken sollten.

Für Osteopath/-innen ist der Knochen wesentlich. Das wird schon an dem Namen der Lehre deutlich, der von den griechischen Wörtern für Knochen und für Leiden und Leidenschaft abgeleitet ist. Allerdings sind alle Gewebe und Körpersysteme für Osteopathen bedeutsam. Ein wesentliches Merkmal der Osteopathie ist, wie schon gesagt, dass sie die Beziehungen und Wechselwirkungen im Körper und auch außerhalb des Körpers berücksichtigt.

Osteopathen nutzen den Knochen als Hebel, um Druck oder Zug auf Nerven und Gefäße zu lösen. Sie behandeln auch den Knochen selbst mit ihren Händen, um sogenannte intraossale (d. h. sich im Knochen befindende Spannungen), z. B. nach einem Sturz oder einem Bruch, zu beheben.

Vielleicht ist Ihnen bekannt, dass der Knochen als Stützgerüst für den Körper dient und ihm Stabilität gibt, während die Muskeln die aktiven Bewegungsanteile darstellen. Verbindende Strukturen sind Sehnen, Bänder und Faszien. Doch die Funktionen des Knochens gehen weit darüber hinaus, uns einfach Stabilität zu verleihen. Möglicherweise haben Sie schon einmal gehört, dass der Knochen als Speicher für Calcium, Magnesium und Phosphor dient. Aber hätten Sie beispielsweise gedacht, dass unser Knochensystem eng mit der Fortpflanzung verbunden ist? Oder dass es einen Zusammenhang gibt zwischen den Knochen und der ▶ Gedächtnisleistung?

Was sind Faszien?

Faszien sind Bindegewebehäute, die u. a. Muskeln, Knochen, Organe, Nerven und Gefäße umhüllen. Sie ermöglichen, dass diese sich gegeneinander bewegen könnten, dienen der Kraftübertragung, besitzen Fühlorgane z. B. zur Wahrnehmung der Information aus dem Körperinneren und haben zahlreiche weitere Funktionen. Durch Fehlbelastung, Entzündung oder zuviel Sitzen können Faszien »verkleben«. Dabei entstehen möglicherweise Schmerzen. Alle in diesem Kapitel gezeigten Übungen verbessern auch die Faszienfunktion.

Im Folgenden werden Sie viele weitere Beziehungsgefüge kennenlernen und so die große Bedeutung des Knochens für den Körper viel besser verstehen und wertschätzen lernen. Denn der Knochen steht ganz im Dienst des Körpers.

Die Knochen und ihre wichtigsten Beziehungsgefüge

Unsere Knochen stehen in Beziehung zu

Fortpflanzung

Stillen

Hormonsystem

Hoden

Muskel

Gehirn

Intelligenz

Herz

Bauchspeicheldrüse

Stoffwechsel

Niere

Darm

Die Rolle der Knochen bei der Fortpflanzung

Calcium aus dem Knochen ist notwendig für den Eisprung und die Menstruation. Es leitet zudem die Geburt ein: Der Mineralstoff führt in der Membran der Fruchtblase zu einem Elastizitätsverlust und löst dadurch einen Blasensprung und in der Folge Wehen aus.

Die Beziehung zwischen Knochen und Hormonen

Das Geschlechtshormon Östrogen ist eine Art »Knochenwächter«: Es hemmt direkt und indirekt den Knochenabbau. In der Menopause verringert sich der Östrogenspiegel, es kommt zum Knochenabbau und in der Folge werden Osteoporose und Fetteinlagerung in Stammzellen (Knochenmarkverfettung) begünstigt.

Osteoblasten – Zellen, die Knochengewebe bilden – produzieren auch Osteocalcin. Das vor allem im Knochen gebildete Protein hat eine Vielzahl von Funktionen im Körper: Es reguliert den Zuckerstoffwechsel (mittels Insulinbildung), die Energieabgabe und die männliche Fruchtbarkeit. Die Insulinausschüttung wiederum erhöht den Energieverbrauch im braunen Fettgewebe und in den Muskeln, stellt ihnen also Energie bereit, um sich zu bewegen.

Spezialisierte Knochenzellen produzieren Hormone und setzen damit Prozesse in Gang, die zur Regulation des körpereigenen Mineral- und Nährstoffhaushalts beitragen.

Testosteron beeinflusst neben der Libido u. a. auch den Aufbau von Knochenzellen. Vitamin D ist u. a. an der Bildung von Testosteron beteiligt und hilft damit indirekt auch der Knochengesundheit und der Libido. ▶ [12]

Verminderte sexuelle Aktivität kann zu einer verringerten Testosteronproduktion im Hoden führen, die wichtig für die Spermienproduktion wäre. Folge ist, dass im Knochen unkarboxyliertes Osteocalcin freigesetzt wird, um die Testosteronproduktion im Hoden anzuregen. Dabei kommt es zu Abbau von Knochenmasse und damit langfristig zu Osteoporose.

Eine gesunde Schilddrüse ist wichtig für einen guten Knochenaufbau. Vor allem das Schilddrüsenhormon T3 (für Triiodthyronin) beeinflusst den Knochenstoffwechsel. Eine Überproduktion (Schilddrüsenüberfunktion) kann indirekt den Abbau von Knochengewebe beschleunigen. Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann zur Folge haben, dass der Reparaturmechanismus der Knochen gestört wird und kleine Risse nicht mehr (wie beim ganz gesunden Menschen) unbemerkt heilen. Deshalb muss bei Knochenproblemen auch die Schilddrüsenfunktion untersucht werden.

Knochen und Muskeln, Sehnen, Bänder

Viele Probleme mit Muskeln, Sehnen und Bändern, wie z. B. der Tennisellenbogen oder die Reizung der Achillessehne, sind eigentlich Knochenprobleme. Begünstigt werden sie durch ein sesshaftes Leben und Bewegungsmangel – das sind die schlimmsten Feinde der Knochengesundheit. Bewegungsmangel führt zu schlechterer Durchblutung und als Folge davon zu einem chronischen Sauerstoffmangel sowohl im Knochen als auch in fast allen anderen Geweben, wie beispielsweise in der Sehne, im Muskelbauch und am Knochen-Sehnen-Übergang, im Bindegewebe und auch in der Haut. Das erhöht die Anfälligkeit z. B. für Entzündungen. Schließlich bewirkt viel Inaktivität eine Abnahme der Zugfestigkeit und Schwächung der Befestigungen von Muskeln, Bändern und Sehnen, eine schlechte Regeneration von Muskelfasern und die Entstehung von Gewebeschäden am Knorpel. Das begünstigt Verletzungen wie zum Beispiel Bänderrisse.

Was Sie dagegen tun können? Ganz einfach: die Sitzzeit verringern, sich den Tag über viel bewegen und aktiv bleiben! Bewegung und Belastung stärken nicht nur die Knochen und Muskeln, sondern lösen auch piezoelektrische Impulse (piezoelektrische Impulse: mechanische Beanspruchung wird in elektrische Impulse verwandelt) aus, die unter anderem an der Knochenbildung und der Hormonausschüttung beteiligt sind.

Dauerbaustelle Skelett

Die Knochen sind ein Leben lang in Bewegung: Knochenmasse wird auf- und abgebaut, sodass das Skelett sich stetig erneuert. Zudem passt es sich den aktuellen Bedürfnissen des Körpers an. Beim Sport zum Beispiel baut der Organismus in den Regionen, die gerade besonders bewegt und belastet werden, Knochenmasse ab. Sobald der Körper zur Ruhe kommt, wird wieder Knochenmasse aufgebaut. Deshalb ist es so wichtig, nach sportlicher Belastung eine Ruhephase einzulegen. Wohldosierte Belastung, z. B. durch gezieltes Krafttraining oder Laufen mit den entsprechenden Ruhepausen, baut dauerhaft Knochenmasse auf und stabilisiert so die Knochen.

Bei gesunden jungen Erwachsenen ist der stetige Aufbau und Abbau von Knochenmasse nahezu im Gleichgewicht; bereits ab etwa dem 30. Lebensjahr überwiegt der Abbau geringfügig. Bewegungsmangel, körperliche Überlastung, bestimmte Krankheiten und auch Mangelernährung (Magersucht!) haben langfristig zur Folge, dass deutlich mehr Knochenmasse abgebaut wird. Dann erhöht sich das Risiko, an Osteoporose (krankhaftem Abbau der Knochensubstanz) zu erkranken.

Sicherlich wird es für Sie jetzt schon verständlich sein, dass bei Sportlern und bewegungsaktiven Menschen die kleinste funktionelle Einheit im Knochen – die Osteone (zentrale Knochenkanälchen mit Blutgefäß und konzentrisch darum angeordnete Knochenlamellen) – viel zahlreicher und leistungsfähiger sind als bei Menschen, die sich kaum bewegen.

Die Knochen und das Gehirn

Das vor allem im Knochen gebildete Protein Osteocalcin verbessert die Insulinsensibilität (Fähigkeit der Körperzellen, auf Insulin zu reagieren) und damit die Energieaufnahme im Gehirn. Es begünstigt das räumliche Lernen und das Gedächtnis. ▶ [13]

Die Knochen und das Herz

Knochengewebe ist wie ein Tresor, es umschließt das Knochenmark und die darin enthaltenen Stammzellen des Körpers. Stammzellen haben noch keine konkrete Funktion. Sie können sich vermehren und zu spezialisierten Zellen weiterentwickeln. z. B. zu Abwehrzellen oder Herzzellen, die für die Gesundheit und Regeneration des Herzens wichtig sind.

Intervallfasten und Knochen

Häufiges, über den Tag verteiltes Essen fördert den Knochenabbau u. a. durch Entzündungsprozesse (bei jeder Nahrungsaufnahme kommt es zur Entzündung als Schutz vor möglichen Erregern in der Nahrung) und viel Insulinausschüttung. Tun Sie sich und Ihren Knochen etwas Gutes und verlängern Sie die Zeiträume, in denen Sie nichts essen und essen Sie nicht öfter als 2–3-mal pro Tag. Ein starker Gesundmacher, auch für die Knochen, ist das ▶ Intervallfasten.

Nieren und Knochen

Ein Nierenproblem kann unter Umständen langfristig auch zu einem Knochenproblem werden und Osteoporose begünstigen. Beispielsweise ist die Niere wichtig für den Aufbau von aktivem Vitamin D, welches wiederum Osteoblasten (knochenaufbauende Zellen) stimuliert und die Aufnahme von Calcium im Darm fördert.

Vitamine für die Knochen

Vitamin K begünstigt die Aufnahme von Calcium in den Knochen. Bei Vitamin-K-Mangel leiden zuerst die Knochen, dann auch das Gehirn, da die Neubildung von Hirnzellen beeinträchtigt wird. Tun Sie etwas Gutes für Ihre Knochen und achten Sie auf ausreichend Vitamin K, z. B. aus Blattsalat oder Spinat. Sollten Vitaminpräparate nötig sein, ist meist eine Kombination von Vitamin D und Vitamin K sinnvoll, da beide synergistisch wirken, also einander in ihrer Wirkung verstärken.

Depressionen, der Darm und die Knochen

Ein hoher Serotoninspiegel spielt nicht nur bei Depressionen eine Rolle, der Neuotransmitter ist auch ungünstig für die Knochengesundheit. Hier besteht ein wichtiger Zusammenhang zum Darm: Ein durchlässiger Darm ( ▶ Leaky Gut), führt zu einem Anstieg von Serotonin im Blut; dadurch wird indirekt der Knochenabbau gefördert. ▶ [14] Fördern Sie deshalb einen gesunden ▶ Darm. Ggf. können Sie Ihren Serotoninspiegel beim Arzt bestimmen lassen.

Chronische Entzündungen und die Knochen

Entzündungen nehmen das Immunsystem in Anspruch. Wenn das Immunsystem aufgrund chronischer Entzündungen ständig aktiv sein muss, ist das schädlich für die Knochengesundheit: Es verbraucht dann nämlich etwa 6-mal so viel Calcium und 4-mal so viel Magnesium wie im Normalzustand, und diese Mineralstoffe bekommt es aus dem Knochen. Das hemmt auf Dauer den Aufbau von Knochensubstanz. Chronische niedriggradige ▶ Entzündungen im Körper vermindern den Knochenaufbau. ▶ [15] Tun Sie deshalb alles, um sie zu vermeiden oder zu beseitigen.

Die Knochen stärken

Alles, was Sie für Ihre Gesundheit tun, hat direkt oder indirekt auch auf die Knochen positiven Einfluss. Besonders wirksam sind diese Maßnahmen:

Regeneration und Ruhe nach Bewegung und Sport

ausreichend Schlaf, am besten 7,5–8,5 Stunden pro Tag

Intervallfasten (13–16 Stunden pro Tag)

nicht mehr als 2–3 Mahlzeiten pro Tag

regelmäßig gelebte Sexualität

ein normaler Spiegel der Hormone Testosteron und Östrogen sowie der Vitamine D und K (Tests beim Arzt oder als Selbsttests zum Einsenden an ein zertifiziertes Labor)

eine hohe VO2max (VO2max ist die maximale Sauerstoffmenge, die vom Körper während einer maximalen Ausbelastung, etwa bei einem intensiven Intervalltraining, ▶ aufgenommen werden kann.)

eine ausreichende Zufuhr von Acetylcholin (steuert u. a. die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln), z. B. durch Eier, Fisch und Meeresfrüchte;

eine ausreichende Zufuhr des Vitamins Folsäure, das u. a. am Zellwachstum und der Blutbildung beteiligt ist (Kohlarten und grünes Gemüse)

eine ausreichende Calciumaufnahme; sie kann durch ballaststoff- und faserreiche Nahrung sowie Bifidobakterien (erhältlich als Nahrungsergänzungsmittel) verbessert werden.

Muskeln – unsere Motoren

Dass wir Muskeln brauchen, um uns bewegen zu können, ist Allgemeinwissen. Aber unsere Muskeln sind viel mehr als simple Motoren.

Der menschliche Körper hat mehr als 650 Muskeln. Bewusst können wir die Skelettmuskulatur mittels Nervenimpulsen steuern. Sicherlich ist Ihnen bekannt, dass Muskeln Körperbereiche in Bewegung bringen. Aber wussten Sie, dass Muskelaktivität bzw. Bewegung quasi eine Wunderpille sind? Sie senken nachweislich das Risiko für Gesamtmortalität, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Schlaganfall, metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes, Brust- und Dickdarmkrebs, Depression und Stürze. ▶ [16] In der Evolution war Nahrungsaufnahme immer mit Bewegung verknüpft. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Gewichtsabnahme und -regulation nur durch eine Kombination von gesunder Ernährung und Bewegung gut klappt.

So produzieren Skelettmuskelfasern hunderte von heilsamen Stoffen (wie Proteine und Wachstumsfaktoren ▶ [17] u. a.), besonders, wenn diese angespannt werden ▶ [18] und nach körperlichem Training ▶ [19] und entfalten dabei eine Schutzfunktion gegen Krankheitsphänotypen. So wirkt die Muskulatur wie eine Hormondrüse auf den Körper ▶ [20], deren Stoffe »Myokine« genannt werden. Diese wirken beispielsweise stoffwechselaktivierend, entzündungshemmend, immunmodulierend ▶ [21], krebshemmend ▶ [22], alterungsverzögernd und antioxidativ ▶ [23], ▶ [24]. Sie stimulieren außerdem die Ausschüttung des Brain-derived neurotrophic Factors (BDNF), der Neuronen und Synapsen schützt und ihr Wachstum fördert ▶ [25]. Joggen und andere leichte körperliche Aktivitäten fördern außerdem mittels eines bestimmten Myokins, Irisin, die Bildung von gutem braunem Fettgewebe und damit optimiert es den Energiestoffwechsel im Körper, verbessert die zelluläre Wärmebildung, hemmt die ungesunde Fettbildung und fördert die Knochengesundheit. ▶ [26]

Regelmäßige Bewegung erneuert und optimiert unser Muskelfasersystem, sodass unsere Muskeln jung bleiben. Je früher im Leben damit begonnen wird, desto besser. Hohe Muskelmasse geht mit guter Insulinsensibilität einher ▶ [27] und ist zudem ein wesentlicher Garant für ein langes Leben. ▶ [28] Umgekehrt erhöht jedes Prozent Muskelmasseverlust im Alter das Sterberisiko. ▶ [29]

Die Lust sich zu bewegen wird zentral mittels Motivation reguliert und ist mit dem dopaminergen System im Gehirn verbunden. Umgekehrt verbessert Bewegung auch die Dopaminverfügbarkeit im Gehirn und so die kognitive Leistungsfähigkeit. Wollen Sie erfolgreich in Bewegung kommen, ist es außerdem wichtig zu wissen, dass niedrige Blutzuckerwerte die Freisetzung von Dopamin verbessern, während erhöhte Blutzuckerwerte diese vermindern. Auch ein hoher BMI-Wert, das heißt Übergewicht, vermindert die Lust auf Bewegung. ▶ [30]

Darm und Muskulatur sind über die sogenannte Darm-Muskel-Achse verbunden: Auf der einen Seite kann Übertraining die Dünndarm-Homöostase stören. Auf der anderen Seite hat das Dünndarmmikrobiom Einfluss auf die Muskelfunktion. Ein ausbalanciertes Darmmikrobiom kann außerdem Entzündungen reduzieren, antioxidativ wirken und den Darmblutfluss bei muskulärer Belastung reduzieren, sodass die Muskulatur besser durchblutet und so die sportliche Leistungsfähigkeit verbessert wird. ▶ [31]

Darüber hinaus gibt es noch die Fettgewebe-Muskel-Achse: Skelettmuskel und Fettgewebe sind die beiden größten Organe des Körpers und beide wirken als hormonelle Organe, die Zytokine, die Myokine bzw. Adipokine ausschütten. ▶ [32] Myokine verbessern die Zuckeraufnahme und Fettoxidation im Muskel ▶ [33] und im ganzen Körper ▶ [34], ▶ [35] und schützen gegen die Ablagerung von Fett in der Leber und im Muskel ▶ [36]. Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert außerdem unsere Fettwerte. ▶ [37]

Risikofaktoren für Sarkopenie

Leben ist Bewegung!

Lassen Sie Sport in Ihr Leben – es lohnt sich. Wer sich bewegt, lebt länger und besser, die körperliche und auch die seelische Gesundheit profitieren.

Studienergebnisse aus aller Welt zeigen, dass regelmäßige körperliche Betätigung das Risiko für eine Reihe von Krankheiten (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und Dickdarmkrebs) senkt und sogar als Behandlung für diese wirksam ist. Weiterhin senkt sie das Risiko für Osteoporose, Übergewicht und Beschwerden am Muskel-Skelett-Apparat. Sogar eine Wirksamkeit von regelmäßiger körperlicher Aktivität bei Depressionen wird diskutiert. ▶ [38] Auch bei der Lebenserwartung zeigen sich die positiven Auswirkungen von Sport auf die Gesundheit: In Studien konnte beobachtet werden, dass ausreichende körperliche Aktivität mit einer höheren Lebenserwartung assoziiert ist. ▶ [39]

Wie viel Bewegung ist genug?

Das Robert-Koch-Institut (die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention) empfiehlt, dass jede/r »mindestens an drei, am besten an allen Tagen der Woche wenigstens eine halbe Stunde körperlich so aktiv sein sollte, dass er oder sie dabei leicht ins Schwitzen gerät«. ▶ [40]

Eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besagt, dass Erwachsene pro Woche mindestens 2,5 Stunden mit mäßiger oder 75 Minuten mit anstrengender Intensität trainieren sollten. Dabei sollte immer mindestens 10 Minuten am Stück Sport gemacht werden. ▶ [41] Diese Werte erreichen in Deutschland laut einer Schätzung der WHO von 2018 lediglich 46 % der Erwachsenen zwischen 18 und 64.

Es ist nie zu spät!

Das größte Gesundheitsrisiko für die Menschen in der westlichen Welt sind die »Non-communicable Diseases« (NCDs). Gemeint sind damit Erkrankungen, die nicht übertragbar und vom Lebensstil beeinflusst sind, z. B. Krebserkrankungen, Diabetes Typ 1 und Typ 2, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie psychische Störungen. Sie gehören mittlerweile weltweit zu den häufigsten Todesursachen der Welt. Es gibt verschiedene Risikofaktoren für die Entwicklung einer NCD. Dazu gehören:

körperliche Inaktivität

ungesunde (Über-)Ernährung

Alkohol- und Nikotinkonsum

schlechte Luftqualität

Wir können also, was diese häufigen Krankheiten angeht, unser Risiko selbst beeinflussen. Bewegung spielt dabei eine wichtige Rolle. Wer sich ein Leben lang ausreichend bewegt, hat ein deutlich geringeres Risiko, im Alter unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden. Muskelschwund und das Nachlassen der Beweglichkeit sind nicht, wie viele glauben, unvermeidliche Alterserscheinungen. Hauptursache ist, dass viele Menschen sich immer weniger bewegen, je älter sie werden. Kinder und Jugendliche haben in der Regel noch ein ausreichendes Level an körperlicher Betätigung. Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter nimmt die sportliche Aktivität bei den meisten Menschen kontinuierlich ab – Muskelmasse, Kraft und Beweglichkeit schwinden. Wird jedoch lebenslang Ausdauer- und Krafttraining zur Erhaltung der Muskelmasse absolviert, bleibt die Funktion des Muskelsystems bis ins hohe Alter erhalten. ▶ [42]

Falls Sie all das verpasst haben, vielleicht schon die Auswirkungen langjähriger Bewegungsarmut spüren: Kommen Sie jetzt in Bewegung. Fangen Sie einfach an. Vielleicht mit den Körperübungen für den Alltag in diesem Buch oder einem Spaziergang in der Mittagspause. Wissenschaftler/-innen haben nämlich auch eine gute Nachricht für uns: Bewegung hilft in jedem Alter. Wer mit 70 anfängt und konsequent dabeibleibt, wird schon bald spüren, was im Alltag alles leichter geht und mit 71 über die eigene Fitness staunen. Körperliche Betätigung ist grundlegend für den allgemeinen Gesundheitszustand im Alter. ▶ [43]

Wie fangen Sie am besten an?

Zur Prophylaxe und insbesondere ab dem 50. Lebensjahr ist ein ausgewogenes Training aus Koordinations-, Ausdauer- und Kraftübungen wichtig. Mobilisierung, Dehnung und isometrische Übungen (Anspannung der Muskeln ohne Bewegung und ohne Hilfsmittel) sollten ebenfalls enthalten sein. Um ein entsprechendes Programm, angepasst an Ihre Bedürfnisse und Ihre körperliche Belastbarkeit, zusammenzustellen, brauchen Sie Unterstützung, etwa durch eine/-n Osteopath/-in oder Physiotherapeut/-in mit entsprechender Spezialisierung.

Sofort beginnen können Sie mit der Umstellung Ihrer Lebensweise, wie eine Forschergruppe um den amerikanischen Kardiologen James O’Keefe vorschlägt. Ihre These: Die systematische Verlagerung von einem körperlich sehr aktiven Lebensstil in einer natürlichen Umgebung im Freien, wie die menschliche Spezies ihn über weite Teile ihrer Geschichte praktizierte, zu einem sitzenden Lebensstil in Innenräumen ist eine Hauptursache für viele chronische Zivilisationskrankheiten. ▶ [44] Wir brauchen viel und intensive Bewegung, um uns wohlzufühlen und gesund zu bleiben. Der Vorschlag der Forscher/-innen ist so einfach wie überzeugend: sich bewegen wie ein Steinzeitmensch. Zwar gehört es nicht mehr zu unserem Alltag, unsere Nahrung selbst zu erlegen und zu sammeln und dafür weite Strecken laufend zurückzulegen. Wir können diese Aktivitäten jedoch durch andere ersetzen, die in unseren Alltag passen und so die ursprünglichen Aktivitätsmuster simulieren.

Fit wie ein Steinzeitmensch

Aktivitäten der Jäger und Sammler

Aktivitäten für Sie

Tragen von Baumstämmen

Tragen von Lebensmitteln, Gepäck

Tragen von Fleisch (20 kg) zurück zum Lager

Tragen des Rucksacks beim Laufen

Tragen von Kleinkindern

Tragen von Kleinkindern

Pirsch auf Tiere, Jagen

Intervalltraining

Graben (Knollen im Feld)

Gartenarbeit

Tanzen (zeremoniell)

Tanzen (Aerobic)

Tragen, Stapeln von Steinen

Gewichte heben

Schlachten eines großen Tieres

Holzspalten mit der Axt

Gehen – normales Tempo (Felder und Hügel)

Gehen – normales Tempo (draußen)

Sammeln von pflanzlichen Nahrungsmitteln

Unkraut jäten im Garten

Bau von Unterkünften

Schreinerarbeiten

Werkzeugbau

grobe Hausarbeit (Staubsaugen, Böden wischen)

Jäger- und Sammlertätigkeiten und empfohlene Äquivalente ▶ [45]

Klein anfangen, allmählich steigern

Vielleicht waren Sie bisher eher inaktiv und scheuen ein wenig davor zurück, das zu ändern. Wie Ungeübte in Bewegung kommen, ist gut erforscht.

Inaktiven Menschen ist anzuraten, ihre körperliche Aktivität angemessen, das heißt, langsam und allmählich, zu steigern. ▶ [46] Am besten fangen Sie mit zügigem Gehen an. ▶ [47] Sie können die körperliche Aktivität über den Tag verteilt, in Blöcken von beispielsweise 10 Minuten, durchführen.

Es besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und Gesundheit. Dabei sind die positiven Auswirkungen größer, wenn über die Mindestempfehlungen hinaus trainiert wird. Körperliche Aktivität sollte aber je nach individueller Fitness und eventuell bestehenden Erkrankungen angepasst werden.

Nur ein kleiner Prozentsatz der Erwachsenen mittleren und fortgeschrittenen Alters praktiziert regelmäßig Bewegung im Sinn von Sport, obwohl die Vorteile bekannt sind. Das liegt vor allem daran, dass Motivation und die Fähigkeit zum Selbstmanagement (etwa, Zeiten für Bewegung einzuführen und einzuhalten) fehlen. Deshalb wurde untersucht, wie sich die Fähigkeit zum Selbstmanagement steigern lässt. Als günstig hat sich eine der Person angepasste Mischung von Maßnahmen erwiesen. Dazu gehören eine Klärung der Motivation und der Ziele, das Erkennen und Verändern von negativen und selbstzerstörerischen Einstellungen und Unterstützung durch andere.

Ein lange eingeübtes Verhalten wie »bewegungsarm leben« ändert sich nicht von allein. Nötig sind dazu Motivationsfaktoren (»Was zwingt mich, mein Verhalten zu ändern?« »Was gewinne ich durch die Veränderung?«), Erwartungen (»Wie wird mein Leben sein, wenn der Erfolg meiner Verhaltensänderung sichtbar wird?«) und Selbstregulation (Anpassung an die neuen, selbst bestimmten Bedingungen).

Unbewusst führt unser Gesundheitsmanager im Gehirn ständig eine Kosten-Gewinn-Rechnung durch: Wie viel muss ich geben und was kriege ich dafür? Und habe ich überhaupt genug Energie und kann mir die Veränderung leisten? Motivation entsteht u. a. durch Bewusstmachung z. B. von dem, was ich durch Bewegungen, Übungen und durch formulierte Ziele gewinne. Ziele wirken dann am stärksten, wenn sie selbst gesetzt und realistisch sind. Für den Anfang genügen kleine Ziele: Selbst eine geringe Steigerung der körperlichen Aktivität kann die Lebensqualität, das seelische Wohlbefinden, das Denkvermögen und die körperliche Gesundheit deutlich steigern ▶ [48] und auch das körperliche Erscheinungsbild verbessern.

Mit Unterstützung, z. B. durch eine/-n Behandler/-in oder Trainer/-in, können Strategien erarbeitet werden, die Verhaltensänderung auch durchzuhalten. Dazu gehören neben dem Setzen realistischer Ziele Aktionspläne zu ihrer Erreichung, eine positive und gewinnorientierte Botschaft über den Sinn der Verhaltensänderung, eine klare Kommunikation der Vorteile von Lifestyle-Veränderungen, das Einbinden sozialer Netzwerke (Partner, Familie, Freunde) und Ermutigung, regelmäßiges Feedback zu und Anerkennung von Fortschritten, Anreize für nachhaltiges Aufrechterhalten von Verhaltensänderungen und Motivationssteigerung wie Belohnungen für das Durchhalten und/oder für hervorragende Leistungen. ▶ [49]

Selbstwirksamkeit