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"Serenity" ist das englische Wort für "Gelassenheit" – mit Sicherheit eine wichtige Eigenschaft für erfolgreiche Trader. Jack Schwager, der legendäre Schöpfer der "Market Wizards", bezeichnete Tom Basso als "Mr. Serenity". Basso gilt als einer der besten Trendfolger unserer Zeit. In diesem Buch teilt er mit Autor Michael Covel seine Gedanken über das Trading und die Feinheiten seines Mindsets: wie man in den Handel einsteigt; was Trendfolge ist und wie und warum sie so gut funktioniert; Aufbau eines Handelssystems; Positionsgröße und Kontoverwaltung; die Work-Life-Balance eines Traders; der Übergang vom unabhängigen Trader zum professionellen Geldverwalter und vieles mehr. Covel vermittelt die Denkweise des Trendfolgers und ermöglicht Ihnen, seine Strategien auch für Ihren eigenen Erfolg zu nutzen.
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Seitenzahl: 346
Veröffentlichungsjahr: 2022
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MICHAEL W. COVEL
Die Lektionen derTrading-Legende Tom Basso
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
Trend Following Mindset – The Genius of Legendary Trader Tom Basso
bei Harriman House Ltd.
ISBN 978-0-85719-814-3
Copyright der Originalausgabe 2021:
Copyright © Michael W. Covel.
Cover Copyright © Harriman House Ltd.
Originally published in the UK by Harriman House Ltd. in 2021, www.harriman-house.com.
All rights reserved.
Copyright der deutschen Ausgabe 2022:
© Börsenmedien AG, Kulmbach
Übersetzung: Egbert Neumüller
Gestaltung, Satz und Herstellung: Daniela Freitag, Timo Boethelt
Lektorat: Sebastian Politz
ISBN 978-3-86470-786-5
eISBN 978-3-86470-787-2
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Danke für alles, Liễu Trịnh
Leben mit „Mr. Serenity“ – Vorwort von Brenda Russell-Basso
Einleitung
Teil I: Interviews
Enjoy the Ride
Fragen und Antworten mit „Mr. Serenity“
Denksportaufgaben
Reisen, Politik und Katastrophen
Werkzeuge, die Leben retten oder töten
Teil II: Gesammeltes Forschungsmaterial und Veröffentlichungen
Die Hinzunahme von Investments mit niedrigem Sharpe Ratio kann das Sharpe Ratio erhöhen
Das algorithmische Trading gerät in Verruf
Anlage in Devisen – den Wohlstand mehren und gleichzeitig schützen
Gutes Trading ist keine Raketenwissenschaft
Ein bisschen Hebelwirkung ist gut, zu viel ist gefährlich
Untersuchung über die Zeit, in denen Trends herrschen oder die Märkte seitwärtslaufen
Zehn Regeln, die Sie bei der Geldanlage beachten sollten
Das ETR Comfort Ratio
Welchen zusätzlichen Nutzen die Kombination von Asset Allocation mit Rebalancing bringt
Gedanken über gute Anlagepsychologie inmitten von Turbulenzen
Wie viel Zeit die Aktien in steigenden, fallenden und seitwärtslaufenden Märkten verbracht haben (Update 2018)
Neues über Market-Timing
Ein System der Risikokontrolle
Die Ermittlung der Volatilität von Futures
Die Logik der Trendfolge und wie man mit dem Magier der Märkte Tom Basso seine Trader-Psychologie verbessert
Über den Autor
Über Tom Basso
Bibliografie
Anhang: Der Trendfolge-Podcast – ausgewählte Interviews mit Michael Covel
Ich lernte Tom eine Woche nach Antritt seines Ruhestands kennen, als wir beide in Scottsdale in Arizona einen Tanzkurs für Two-Step besuchten. Nicht in einem gehobenen Lokal, sondern in einer Cowboy-Spelunke. Beim Gehen fiel mir auf, dass Tom einen eher unauffälligen SUV fuhr, den er später als 12-jähriges Nutzfahrzeug bezeichnete. Nachdem wir uns ein paar Monate lang immer wieder bei den Tanzstunden begegnet waren, unterhielten wir uns häufiger. Ich erfuhr bald, dass Tom gerade voller Eifer, Hingabe und Energie sein Leben im Ruhestand so organisierte, dass es all seine vielen Interessen beinhalten sollte. Später begriff ich, dass er diese Hingabe und diese Energie aus seiner beruflichen Laufbahn mitgenommen hatte. Seine Interessen sind zahlreich. Außer Tanzen gehören dazu Golf, Singen, Kochen, Malen, Angeln, Gärtnern, Lesen und Winzern. Bei diesem Zeitaufwand könnte man eine irgendwie geartete „serenity“ – zu Deutsch etwa „Gelassenheit“, „Heiterkeit“, „innere Ruhe“ – mit einem Fragezeichen versehen, aber als ich Tom näher kennenlernte, begann ich zu verstehen.
Springen wir zu einem von Toms Seminaren über Trading, das ich kürzlich moderiert habe. In einer Pause fragte mich einer der Teilnehmer beiläufig, wie es denn sei, mit „Mr. Serenity“ zusammenzuleben – dieser berühmte Spitzname [im Deutschen unter anderem als „Die Ruhe in Person“ wiedergegeben, Anm. d. Ü.] wurde Tom von Jack Schwager verpasst. Schon nach wenigen Augenblicken hatten wir eine Menschenmenge angezogen. Offenbar interessieren sich die Leute mehr für dieses Thema, als ich gedacht hatte. Wenn man Interviews mit Tom gelesen und seine Methodik sowie seine langjährigen Erfolge als Trader studiert hat, denkt man vielleicht zu Recht: „In diesem Kopf möchte ich nicht stecken.“ Der bewusste Versuch, all die genannten Elemente einzubeziehen, könnte den Ruhestand hektisch und stressig machen. Doch wenn man genauer hinschaut, begreift man, dass er im Ruhestand genauso konzentriert, aber stressfrei vorgeht wie im Arbeitsleben. Er konstruiert seinen „Film des Lebens“ so, dass er zu ihm passt, und jedes Hobby hat sein eigenes Fach und wird entspannt genossen.
Es gibt darin allerdings Anzeichen seines analytischen, technischen Verstands, den er so akribisch darauf trainiert hat, detailliert ausgearbeitete Handelsstrategien zu entwickeln. Als Tom zwölf Jahre alt war, kaufte er ein Buch darüber, wie man sich durch Selbsthypnose in Schlaf versetzt. Ich bin Zeugin: Er kann sich innerhalb von etwa sechs Sekunden in Schlaf versetzen. Als er einmal seinen Golfschlag übte, sagte er: „Ich glaube, ich muss mein Gewicht noch um 30 Prozent mehr auf die linke Seite verlagern.“ Und wenn er gefragt wird, was für ein Hund unser entspannter aus dem Tierheim stammender Banjo ist, sagt er immer: „25 Prozent Zwergpudel, 25 Prozent Zwergschnauzer und 50 Prozent Terrier-Mischling, darin aufgrund der Farbe wahrscheinlich viel Wheaten.“ („Ein Mischling aus dem Tierheim“ würde eigentlich genügen.)
Wenn er ein Kochrezept erfindet, enthält es eine Prise von diesem, einen Spritzer von jenem, dazu diverse unerwartete Zutaten, die gewöhnlich eine wohlschmeckende Kreation ergeben, die sich die meisten nicht vorstellen könnten (ich habe das Glück, seine Testesserin zu sein). Er ist ein wandelndes Lexikon der Rockmusik der 1970er-Jahre und erkennt die meisten Hits und Interpreten in den ersten paar Sekunden (mir ist allerdings Beethoven lieber). Und stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ich erfuhr, dass er eine detaillierte Liste mit 20 Merkmalen hatte, die er sich bei einer möglichen Partnerin wünschen würde (zum Glück habe ich es auf 19,5 gebracht. Der fehlende halbe Punkt? Ich werde nie 1,75 Meter groß werden). Sein Verstand konzentriert sich auf Details. Ein Freund von uns sagt gern: „Frag Tom nicht, wie viel Uhr es ist, denn sonst erklärt er dir, wie man eine Uhr baut!“
Doch kommen wir zum Thema „serenity“ zurück. Ich frage nur selten, wie unsere Portfolios laufen. Ich verwalte unsere Immobilienanlagen und mische mich nicht ins Trading ein. Trotzdem frage ich manchmal: „Haben wir heute Gewinn gemacht?“ Dann antwortet er womöglich: „Nein, wir haben soundso viel Dollar verloren.“ Dann ist mir, als müsste ich mich verschlucken und mir auf die Brust klopfen, aber er sagt das ganz sachlich und emotionslos. Genauso ist es, wenn wir einen recht großen Gewinn erzielt haben und ich eigentlich gern applaudieren und vielleicht die Hacken zusammenschlagen möchte. Doch auch in diesem Fall antwortet Tom auf die gleiche Weise – sachlich und ohne wahrnehmbare Reaktion. Ich habe gelernt, dass er wirklich nach einem seiner Lieblingssprüche lebt: „Der Markt wird tun, was er eben tut.“
Die Antwort auf die Frage des oben erwähnten Teilnehmers lautet, dass das Leben mit „Mr. Serenity“ tatsächlich in jeder Hinsicht heiter und gelassen ist. Ich sehe Tom klar und deutlich vor mir, wie er ruhig und zielgerichtet seine „To-do-Listen“ durchgeht. In unserem Zusammenleben gibt es keine Volatilität. Im Grunde ist es so, dass wir jeden Tag „die Fahrt genießen“.
Brenda Russell-Basso
Ganz übel. Geschwollener Unsinn. Grausam. Der Mann hat Probleme und benutzt diesen Podcast als Therapie. Der reinste Müll.“
Das ist eine meiner Lieblingsrezensionen meines Trendfolge-Podcasts (www.trendfollowing.com/podcast).
Der Podcast steht jetzt bei mehr als tausend Folgen, zehn Millionen Abrufen und beinhaltet sechs Nobelpreisträger, zahlreiche Milliardäre und unzählige Unternehmer und Wissenschaftler von Weltrang. Jedoch empfinde ich es als Ehre, dass sich jemand gezwungen sah, seinen ganzen Ärger niederzuschreiben, denn ein Podcast wie meiner ist nicht für jeden etwas (mehr dazu gleich).
Sie wollen jetzt mit dem Hören anfangen? Das können Sie dann vier Wochen lang täglich rund um die Uhr machen!
Was ich von all diesen großartigen Podcast-Gästen gelernt habe? Ein paar häufige Themen? Da fallen mir sechs ein:
1.Das Richtige tun – die Jetons fallen lassen, wohin sie fallen.
2.Wenn man über die natürliche Begabung eines Gastes spricht, untergräbt man seinen Fleiß und seine Hingabe an sein Handwerk.
3.Den Unterschied zwischen Glück und Geschick erkennen.
4.Vielen Menschen gefällt die Wahrheit nicht.
5.Man kommt voran, indem man den Prozess über das Ergebnis stellt.
6.Das Warum wird man höchstwahrscheinlich nie erfahren, deshalb sollte man dem Trend folgen.
Zwar habe ich (noch) keine Mega-Hörerzahlen wie Joe Rogan oder Tim Ferriss, aber es erstaunt mich immer wieder, welche Reichweite man mit einem Podcast erzielt. Ein Mann, ein Mikrofon und die Übertragung per Skype oder Zoom von einem unbekannten Ort aus, dazu virale Mundpropaganda als treibende Kraft? Fantastisch. In welch einer schönen Zeit leben wir doch.
Die verrückteste Art, wie jemand auf meinen Podcast gekommen ist? Dafür habe ich dem Comedian und „Seinfeld“-Mitschöpfer Larry David zu danken:
„Es ist lustig, wie ich angefangen habe, Sie zu hören. Ich suchte nach Podcasts mit Larry David und stieß auf einen von Ihnen über ‚Curb Your Enthusiasm‘. Von da an vollzog meine Geldanlage einen bedeutenden Kurswechsel. Inzwischen sage ich es meinen Kindern, wenn ich einen Podcast von Ihnen höre, mit dem sie meiner Meinung nach etwas anfangen könnten. Ich mache ihnen aber keinen Druck. Sie werden schon selbst herausfinden, was für sie am besten ist.“
Ist das nicht der Wahnsinn? Die kleine Welt in Aktion.
Und womit fängt ein Podcast wie dieser an? Mit tollen Gästen. Und ich habe das Glück, sie zu haben. Aber er fing nicht gleich am Anfang mit tollen Gästen an. Das hat sich langsam aufgebaut – über Jahre. Allerdings trug ein bestimmter Gast im Jahr 2012 dazu bei, meinen Podcast in Gang zu bringen. Ich lasse einen anderen Leser, der meine Folge 400 kommentierte, diesen Gast vorstellen:
„Ich sagte mir: ‚Auf keinen Fall zum Teufel werde ich mir eine vierstündige Folge mit Tom Basso anhören.‘ Dann kam ich zu Stunde 3 und sagte mir: ‚Heilige ****, ich schulde Ihnen eine Entschuldigung, das ist ja fantastisch.“
Ich hole die Erklärungen nach:
Tom Basso wurde in der Buchreihe Magier der Märkte von Jack Schwager vorgestellt und ist vor allem als „Mr. Serenity“ – „Die Ruhe in Person“ – bekannt. Bevor sich Tom davon zurückzog, im Kundenauftrag Geld zu verwalten, war er Präsident und Gründer von Trendstat Capital Management. Er wurde 1980 „Registered Investment Advisor“ (RIA) und 1984 Registered Commodities Advisor. Er hat ausgiebige Erfahrung mit Trendfolge-Trading und ist eine lebende Legende.
Da überrascht es nicht, dass ich versuchte, ihn für sein erstes Podcast-Interview zu gewinnen, und er sagte freundlicherweise zu. Dann kam er wieder in meinen Podcast, dann wieder und immer wieder. Wie er ankam? Die Begeisterung für Tom, die Legende im Ruhestand, war gewaltig. Was an Tom fand einen derartigen Widerhall? Seine geistige Einstellung. Das Wesentliche. Unverblümt. Auf den Punkt, aber einfühlsam. Eine einzigartige Lebensart.
Dann sagte ich mir eines Tages: „Wie wäre es, wenn ich alle Folgen mit Tom zu einer Mega-Folge zusammenfassen würde?“ Daraus wurde meine Folge 400. Die Mega-Folge 400 schlug sofort ein, aber das war nicht alles. Tom kam immer wieder. Die Hörer liebten ihn, und so lauschte ich als weiser Journalist meinem Publikum.
Was ist so besonders an Tom Basso?Warum muss man auf seine Stimme hören?
Die meisten Anleger versuchen, Angebot und Nachfrage oder irgendeinen anderen fundamentalen Faktor zu untersuchen, von dem sie meinen, er liege irgendeinem Marktwert zugrunde. Sie greifen bei ihren Kauf- und Verkaufsentscheidungen auf die staatliche Politik, auf Wirtschaftsprognosen, Kurs-Gewinn-Verhältnisse und die Analyse von Bilanzen zurück. Das ist eine Religion. Und diese Religion (beziehungsweise dieser Kult) nennt sich Fundamentalanalyse. Letztlich läuft sie darauf hinaus, Geschichten – Storys – zu erzählen, all das, was man täglich rund um die Uhr auf Bloomberg, CNBC und dergleichen sehen kann. All das ist ein großes Ratespiel, ein Spiel mit dem Ego.
Schalten Sie all das ab. Ich möchte, dass Sie anders denken. Ich möchte, dass Sie denken wie Tom Basso – der Trendfolger. Das Ziel, das ich mit „Das Trendfollowing-Mindset“ verfolge, ist einfach: alles, was ich über Tom finden kann, in einem Buch zusammenzufassen. Also all meine (und andere) Interviews und Toms wichtigste Forschungsarbeiten über Trendfolge.
Eine langjährige Kollegin informierte mich über einen neuen Gast für meinen Podcast und fragte: „Hast du eine Fragenliste, die du ihm vorlegen willst?“ Meine Antwort: „Nein.“
Bevor wir zu meinem ersten Interview mit Tom kommen, möchte ich noch etwas zu meiner Interview-Philosophie sagen. Ein gutes Interview stellt keine Fragen. Es ist eine Unterhaltung. Ich stelle keine Fragen zu aktuellen Ereignissen – das wäre sinnlos. Aktuelle Interviews sind Nervengift für Neulinge, die ihr ganzes Geld verlieren wollen. Ich möchte von meinen Gästen zeitlose, universelle Erkenntnisse hören. Und was nun folgt, ist genau das – meine zeitlosen Unterhaltungen mit Tom (Teil 1) und detaillierte Erkenntnisse über das Trading, die Tom im Laufe seiner Karriere gewonnen hat (Teil 2).
Der Autor Seth Godin hat einmal gesagt: „Sobald man sich auf eine Reihe eingelassen hat, lautet die Frage nicht mehr: ‚Soll ich morgen einen Blog-Beitrag schreiben?‘ Sondern: ‚Was wird im morgigen Blog stehen?‘“
Genau so sehe ich meine Bücher und meinen Podcast. Und ich habe riesiges Glück, dass mir ein Mann wie Tom Basso geholfen hat, meinen Podcast und nun auch „Das Trendfollowing-Mindset“ zu lancieren. Nun liegt es an Ihnen. Nehmen Sie Toms Marktweisheit und seine Weisheit des Geldverdienens an oder lassen Sie es bleiben. Es ist Ihre Entscheidung.
Wenn Sie meine kostenlose interaktive Trendfolge-Präsentationhaben wollen, senden Sie ein Foto Ihres Kaufbelegs [email protected]
Folge 10: 25. April 2012
Tom Basso: Das ist das erste Interview, das ich gebe, seit ich mich vor circa acht Jahren zur Ruhe gesetzt habe.
Michael Covel: Ich finde, dass beim Trend-Trading die Erfahrung keine Halbwertszeit hat; sie verschwindet nicht. Es gibt viel Wissen, das man von Leuten aufschnappen kann, die diese staubige Piste bereits befahren haben. Ich bekomme manchmal zu hören: „Ach Covel, was wollen Sie denn von diesen Leuten aus früheren Jahrzehnten lernen?“ Ich erwidere darauf immer etwas in der Richtung von: „Meinen Sie das wirklich ernst?“
Tom: Es ändert sich nicht viel. Es geht immer um das Gleiche. Ich habe heute noch mal nachgeschaut, damit ich weiß, wie es aktuell aussieht, denn ich bin schon lange nicht mehr interviewt worden. Ich habe bei Google meinen Namen und den Namen meiner früheren Firma Trendstat gesucht und war über die Suchergebnisse erstaunt … nach 30 Trefferseiten gab ich es auf. Es war erstaunlich, die vielen Informationen zu sehen, die im Netz erhalten bleiben. Wenn etwas im Netz ist, bleibt es für immer dort, und so machte ich eine Reise durch die Erinnerungen.
Michael: Fangen wir mit Ihren jungen Jahren an. Viele Menschen wollen wissen, wie Tom Basso im Alter von 13 oder 16 Jahren war. Woran dachten Sie damals? Was machten Sie am Anfang und wie geschah die Migration, die Umstellung?
Tom: Als ich zwölf Jahre alt war, trug ich abends Zeitungen aus – das Syracuse Herald-Journal. Ich hatte um die 82 Abonnenten und verdiente zehn Dollar die Woche. Irgendwann in dieser Zeit besuchte ein Investmentfonds-Vertreter meinen Vater. Ich hörte einen Teil der Unterhaltung mit, das Gehörte weckte mein Interesse und ich fing an, Investmentfonds zu kaufen.
Michael: Mit zwölf! Welch ein Vorsprung!
Tom: Als ich aufs College ging, stand ich mit dieser Position wieder auf null, wegen der Gebühren, die der Vertreter zunächst kassiert hatte. Da war ich etwa 18 Jahre und hatte gerade erst den Break-even erreicht. Damals begriff ich, dass die Märkte steigen und fallen. Im dritten Studienjahr begann ich mir Sorgen zu machen, ob ich als Chemieingenieur eine Stelle bekommen würde – meinen Abschluss machte ich auf der Clarkson University in Potsdam im Bundesstaat New York.
Dann hatte ich etwa 25 Stellenangebote und dachte mir, ich könnte die Sache so angehen, dass ich mir die Aktienkurse einiger dieser Unternehmen ausdrucke und mir anschaue, was sie machen. Schließlich ging ich zu Monsanto nach St. Louis. Ich druckte die Aktienkurse von Monsanto aus und handelte schließlich mit der Aktie, weil sie stieg und fiel. Ich begriff, dass es töricht wäre, sie einfach zu kaufen und zu halten, denn sie schien auf 40 Dollar zu schnellen und auf 20 Dollar zurückzufallen. Da dachte ich mir, ich könnte doch jedes Mal Geld daran verdienen, wenn sie das tut, denn damals schien sie nicht weit über 40 Dollar hinauszukommen. Die Rede ist von den 1970er-Jahren.
Das brachte mich noch mehr zu dem Versuch, das zu quantifizieren. „Wie mache ich das, ohne darüber zu viel nachdenken zu müssen?“ Ich hatte nämlich viel zu tun. Ich machte meinen MBA, arbeitete als Chemieingenieur und gründete Kennedy Capital, die Vorläuferfirma von Trendstat. Tatsächlich existiert Kennedy Capital heute immer noch in St. Louis und managt Small Caps. Später verkaufte ich meinen Anteil an Kennedy Capital und gründete Trendstat. Damit ging die Entwicklung einher, dass ich Futures und Devisen mit Trendfolge-Methoden tradete. Schließlich gingen mir die Kapazitäten für das Futures-Trading aus, eins kam zum anderen, recht bald waren 28 Jahre vergangen und ich setzte mich zur Ruhe.
Michael: Menschen wie Sie erzählen solche Geschichten sehr schnell – in gerade mal 30 Sekunden. Aber so schnell kommen Sie mir nicht davon. Wurden Sie abgesehen von Ihren eigenen Studien, Ihren eigenen Chartbetrachtungen und der Beobachtung, dass Trends nach oben und nach unten laufen, von jemandem inspiriert oder beeinflusst, der vor Ihnen da war?
Tom: Eigentlich nicht. Ich war von der Ausbildung her Ingenieur und konnte sehr gut mit dem Computer umgehen, aber Sie müssen sich klarmachen, dass ich nie Broker war. Dass ich nie bei einer Investmentbank gearbeitet habe und nie das Parkett irgendeiner Börse betreten habe. Ich habe vielmehr in einem Investmentklub angefangen, das Geld anderer Leute zu verwalten. Viele Klubmitglieder waren faul und überließen die meiste Arbeit zwei Mitgliedern. Ich war eines davon.
Da ich von Haus aus Ingenieur war, hatte ich eine wirklich große Dosis an Mathematik, Logik, Problemlösungsstrategien und davon mitbekommen, wie man Aufgaben effizient erledigt. Ich erkannte, dass sich die menschlichen Tätigkeiten in zwei Lager aufteilen ließen. Einerseits die Produktionsseite, auf der man sich mit etwas abschuftet, das man auch einem Computer beibringen könnte, von dem man aber aus irgendeinem Grund beschlossen hat, es als menschliches Wesen selbst zu tun. Die andere Seite menschlicher Bestrebungen ist die eher schöpferische, kreative: die Seite, auf der man einem Computer nicht wirklich beibringen kann, etwas Neues zu schaffen – ein Kunstwerk oder etwas anderes.
Mir wurde klar, dass meine Zeit begrenzt war. Wenn ich je kreativ werden und das Trading auf eine neue Stufe heben wollte, indem ich weitere Bücher las und neue Blickwinkel der Forschung erkundete, musste ich die eigentliche Funktion des Tradings erfassen: kaufen und verkaufen. Wo würde ich kaufen, wo würde ich verkaufen?
Ich musste diese Funktionen an einen Punkt bringen, an dem sie so sehr einem Kochbuch ähnelten, dass ich sie in sehr kurzer Zeit erledigen konnte und mir Zeit für die kreativen Dinge blieb, die mir Spaß machen.
Kennen Sie noch den RadioShack TRS-80? Das war der erste Computer, den ich hatte. Danach kamen erst ein PC und dann ein AT von IBM. Ich programmierte und programmierte immer weiter. Mein einziges Ziel war es, mit dem täglichen Trading keine Arbeit mehr zu haben. Ich entwickelte mein Trading zu dem extrem automatisierten Unternehmen Trendstat Capital, das im Grunde Tag für Tag keine menschlichen Entscheidungen mehr benötigte. Dieses hochgradig automatisierte System deckte um die 80 Futures-Märkte, 30 Devisenmärkte und circa 20 Investmentfonds ab, mit denen wir anhand vieler verschiedener Strategien sowie unter Einsatz vieler verschiedener Dollarbeträge handelten. Das war ganz schön kompliziert, aber wir kauften einfach einen weiteren Computer und fütterten ihn mit unserem System.
Michael: Sie sind Autodidakt. Sie sind Außenseiter. Sie gehören keinem Handelsgeschehen irgendwo in New York City an. Sie stehen nicht auf dem Börsenparkett. Erzählen Sie mir, wann Ihnen dämmerte, dass sich so viele andere nach Fundamentaldaten richteten. Warren Buffett zum Beispiel ist Value-Investor. Aber Sie haben beschlossen, dass Sie den Preis als Kernvariable verwenden wollten, und angefangen, dementsprechende Programme zu schreiben.
Es ging nur darum, anhand des Kurses als Variable zu kaufen und zu verkaufen sowie zu berechnen, wie viel Sie einsetzen sollten. Haben Sie das vollständig durch Versuch und Irrtum herausgefunden, ohne jeglichen Einfluss von außen?
Tom: Ich fing an, mir ein paar Sachen anzuschauen, die ich früher gemacht hatte, zum Beispiel, dass ich dem Investmentfonds-Vertreter einen Fonds abgekauft hatte, und Aktienkäufe, die ich danach getätigt hatte. Ich schaute mir ein bisschen die Fundamentaldaten an und begriff, durch welchen Morast an buchhalterischen Informationen man sich da durcharbeiten musste. Das kostete zu viel Zeit.
Mir wurde klar, dass es, egal was ich auch tun würde, immer jemanden geben würde, der viel mehr Zeit und Mitarbeiter hatte als ich. Wenn ich in der Mittagspause bei Monsanto mit anderen Ingenieuren zusammensaß, fragten sie mich: „Wie kommst du darauf, dass du das besser kannst als eine Firma an der Wall Street, in der sich Analystenteams die ganzen Sachen ausrechnen?“ Das gab mir zu denken und so fing ich an, allgemeiner und distanzierter zu denken. Wenn man einen Schritt zurücktritt und sich anschaut, was die anderen machen, wird einem klar, dass alles, was diese Leute machen, irgendwie in einem Kampf endet.
Ich versetzte mich in die Zeit von Waterloo zurück – Napoleon und Wellington beobachten von ihren jeweiligen Hügeln aus ihre Armeen drunten im Tal. Und dann sieht man, wie die Front nach links oder nach rechts wandert, je nachdem, wer gerade die Oberhand hat. Ich fand, das sei ein gutes Bild für das Geschehen an einem Markt. Viele Menschen tun viele verschiedene Dinge, manche von ihnen kaufen, andere verkaufen und alle meinen, sie lägen richtig. Sie meinen alle, sie wüssten, was sie tun, und sie täten es aus einem guten Grund.
Aber letztlich läuft doch alles bloß darauf hinaus, welcher Preis herauskommt. Oder wo sich die Front der Schlacht befindet. Daher dachte ich mir: „Also wenn ich das in einem Diagramm darstellen könnte, dann wüsste ich, wo alle Marktteilnehmer den Preis hintreiben wollen, und wenn ich einfach nur zuschaue, kann ich sehen, dass die eine oder die andere Seite gerade die Oberhand hat.“ Anders ausgedrückt: „Wenn im Moment die Verkäufer den Käufern überlegen sind, dann kann ich doch einfach in die gleiche Richtung gehen, denn es sieht so aus, als würden sie die Schlacht gewinnen. Wenn die Verkäufer die Oberhand haben, wäre es wahrscheinlich gut, in diese Richtung zu gehen.“ Mehr Gedanken mache ich mir über dergleichen selten. Und diese Denkweise pflege ich in meinem Alltagsleben bis heute.
Michael: Ich habe einen E-Mail-Austausch mitbekommen, den Sie vor ein paar Jahren mit Ed Seykota hatten. Sie äußerten sich dazu, dass auf seiner Frage-und-Antwort-Seite jemand geschrieben hatte: „Tom Basso mag es nicht zu heiß.“ Können Sie den Neulingen erklären, was das bedeutet? In Ihrer Antwort an Seykota schrieben Sie: „Nun mal langsam. So kann man das nicht sagen, ich gebe meinen Kunden nur das, was sie verkraften können.“
Tom: Ganz genau. Einer der größten Bereiche, den ich zu meiner Zeit bei vielen Fondsmanagern bemäkelte, jedenfalls in der Anfangszeit, war das Konzept, das Ed als „Hitze“ (heat) bezeichnet. Ich spreche einfach davon, wie viel Risiko man in sein Portfolio hineinpackt. Man kann das Risiko auf viele verschiedene Arten ermitteln. Ich tat das erstens anhand des auf das Kapital bezogenen prozentualen Risikos am Stop-Loss. Aus dem aktuellen Stand und dem Stoppkurs kann man so sein Risiko berechnen. Das ist eine Form des Risikos als Prozentsatz des Kapitals.
Die nächste Art ist die Volatilität. Wie schnell bewegt sich ein Markt jeden Tag nach oben oder nach unten, ausgedrückt in Prozent des Kapitals? Die dritte nimmt irre Sachen wie Euro-Dollar-Futures her – oder in früheren Zeiten andere Handelsinstrumente mit hohem Margin-Hebel und geringer Volatilität, die von Zeit zu Zeit durchdrehen. Wenn man davon zu viel im Portfolio hat, geht man ein zu großes Risiko ein. Die Märkte sind klug genug, um die Margin zu berücksichtigen, und so nahm ich die Margin in Prozent des Kapitals.
Ich führte alle drei Berechnungen durch und nahm diejenige, bei der die geringste Anzahl an Kontrakten herauskam – und so viele kaufte oder verkaufte ich. Ich war also stets lieber zu vorsichtig – ich hatte die kleinste Zahl von Kontrakten und setzte die kleinste Summe aufs Spiel. Dadurch zog ich keine Aufmerksamkeit in der Form auf mich, dass sich die Kunden die Sachen jeden Tag angeschaut und sich übermäßig darüber aufgeregt hätten. Meine Kunden riefen mich nicht jede zweite Stunde an, um mich zu fragen: „Haben Sie gesehen, was heute mit dem Goldpreis passiert ist?“ Das hätte den Kunden nichts gebracht, denn im Grunde sind sie immer begeistert, wenn etwas im Plus steht, und bestürzt, wenn etwas im Minus steht.
Ich versuchte, die Psyche meiner Kunden zu verbessern und dafür zu sorgen, dass auch meine eigene Psyche ausgeglichen blieb. Auch ich wollte nicht in Aufregung geraten. Ich nehme an, deshalb hat mich Jack „Mr. Serenity“ getauft. Alles, was ich als Trader täglich gemacht habe, war auf eine gewisse Art und Weise langweilig.
Michael: Sie haben über den Wunsch gesprochen, sicherzustellen, dass die Hitze für Ihre Kunden zumutbar war, aber bei Ihrem eigenen Portfolio sind Sie anders vorgegangen.
Wenn jemand das hört, denkt er sich vielleicht: „Aha, er hilft seinen Kunden auf die eine Art, aber im Hinblick auf sein eigenes Portfolio ist er zu anderen Maßnahmen bereit.“ Vielleicht können Sie diesen Unterschied erklären? Ich nehme an, Sie wollten damit sagen, Sie waren bereit, ein bisschen mehr Volatilität in Kauf zu nehmen und größere Risiken einzugehen.
Tom: Exakt. Ich verstehe genau, was ich tue, und mir ist klar, wo meine Risiken liegen. Ich kann jedes Geschehen, das ich für möglich halte, anhand von Szenarien zu Tode analysieren und das Gefühl haben, dass ich mit dem, was ich tue, leben kann.
Ein gutes Beispiel ist meine 83-jährige Mutter, deren Vermögen in Form von Rente und Rentensparplan keine 100.000 Dollar beträgt. Sie steht mit null Wissen da. Sie ist schon mit der Frage überfordert, was ein Einlagenzertifikat einer Bank ist – das ist ihr Kenntnisstand. Sie steht also am anderen Ende des Spektrums. Wenn ich anfange, über Finanzangelegenheiten zu reden, macht sie große Augen und hat keine Ahnung, wovon ich rede. Ich versuche, mich in die Lage meiner Kunden und in das hineinzuversetzen, womit sie sich wohlfühlen. Als Vermögensverwalter wird man dafür bezahlt, das Geld anderer Leute zu verwalten, und deshalb sollte man sich gleich am Anfang fragen: „Wie werden wohl meine Kunden aussehen und wie kann ich ihnen etwas bieten, von dem ich glaube, dass sie mich dafür engagieren und für lange Zeit bei mir bleiben?“
Auf der anderen Seite kam es vor allem früher bei vielen Commodity Trading Advisors (CTAs) vor, dass sie im einen Jahr 50 Prozent Plus machten, dann 20 Prozent Minus, im Jahr danach 60 Prozent Gewinn und dann wieder 27 Prozent Verlust. Ein wüstes Auf und Ab. Sie haben die Einstellung: „Ich trade auf die Art, die meiner Meinung nach am besten ist, um langfristig am meisten Geld zu verdienen, und wenn Sie mitfahren wollen, lieber Kunde, dann seien Sie willkommen.“
Ich ging an die Sache umgekehrt heran. Ich sagte mir: „Ich bin bereit, die Zügel ein bisschen straffer zu ziehen, weil es meine Aufgabe ist, Geld zu verwalten. Ich muss an das denken, was meine Kunden wollen, nicht an das, was ich vielleicht selbst will, denn zu dem, was ich tun würde, sind sie nicht bereit.“
Michael: Ich nehme an, dadurch haben Sie sich einiges an Ärger erspart. Ich möchte niemand von den Leuten kritisieren, die große Risiken eingegangen und dadurch mal 50 Prozent im Plus und mal 25 Prozent im Minus lagen, aber ich bin sicher, die haben von ihren Kunden deutlich mehr Negatives zu hören bekommen.
Tom: Tja, und außerdem floss bei ihnen Geld herein und heraus. Sie akquirierten 100 Millionen Dollar, dann fielen sie auf 50 Millionen Dollar zurück, kletterten dann auf 250 Millionen Dollar und sanken danach wieder auf 100 Millionen herab. Ich kann mir nur vorstellen, dass sie ständig Leute eingestellt und wieder entlassen haben. Das muss eine chaotische Art zu sein, ein Unternehmen zu führen.
Michael: Ich wollte auf die Psychologie eingehen – insbesondere auf die Psychologie des Tradings –, weil ich das Gefühl habe, dass darin ein großer Teil des Erfolgs liegt. Und ob man nun Unternehmer ist, dem die Arbeit über den Kopf wächst, oder Trader, es geht um die Psychologie, wie man jeden einzelnen Tag bewältigt.
Tom: Ganz Ihrer Meinung. Das ist beim Trading das Wichtigste und kommt mit großem Abstand vor dem Zweitwichtigsten: Risikokontrolle und Kontrolle der Volatilität sowie im Grunde alles, was mit Money-Management zu tun hat. Mit großem Abstand vor der Bedeutung dessen, worauf alle sich konzentrieren – Simulationen von Modellen für Kauf- und Verkaufsentscheidungen. Darüber braucht man sich am allerwenigsten Sorgen zu machen.
Michael: Die überwiegende Mehrheit liebt diese Einstellung trotzdem.
Tom: Der Grund dafür liegt auf der Hand. Ich habe Studien durchgeführt, die veröffentlicht wurden, und es hat andere Studien gegeben, die weit über meine hinausgegangen sind; demnach kann man einen Markt hernehmen, einen Zufallsgenerator die Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen lassen, dabei gute Stoppkurse setzen und ein gutes Money-Management durchführen und so eine positive Anlagerendite erzielen. Wie wichtig können Modelle für Kauf- und Verkaufsentscheidungen sein, wenn man eine Münze werfen und damit im Laufe der Zeit bei akzeptablem Risiko eine geringe Rendite erzielen kann, sofern dabei ein gutes Money-Management gewährleistet ist?
Aber noch mehr kommt es auf die Psychologie an. Viele Menschen hielten Trendstat und Tom Basso für eine Art Roboterfirma. So, als hätten wir nichts gedacht oder nichts gemacht. Aber in Wirklichkeit war ich der Mann, dem das Unternehmen gehörte. Ich konnte, wenn ich wollte, jeden Augenblick jede der Blackboxes, die wir laufen ließen, ändern.
Wenn ich keine gute Psychologie habe und nicht verstehe, was ich tue, sondern nur verstehe, welche von meinen Knöpfen bei gewissen Arten von Marktgeschehen meistens gedrückt werden müssen, kann das schlimm ausgehen. Wenn ich auf Kurs bleibe und weiß, dass ein bestimmtes Marktgeschehen normal ist, oder weiß, dass etwas anderes nicht normal ist, dann muss ich daran arbeiten. Ich muss mich selbst und auch die Psychologie verstehen, der ich ausgesetzt bin und mit der mein Denken konfrontiert wird. Tue ich das nicht, bin ich verloren. Wenn ich wollte, könnte ich allein wegen der Computer die Modelle jeden Tag verändern.
Die Psychologie ist die wichtigste Sache von allen. Sie bestimmt, was alle tun. Sie veranlasst Menschen, Systeme aufzugeben, die im Grunde solide sind. Bloß weil ein System einen leichten Drawdown verzeichnet, fangen Trader an, an gewissen Dingen herumzuschrauben, sie verkomplizieren oder vereinfachen die Sache zu sehr. Oder sie haben eine Gewinnsträhne, werden eingebildet, übertreiben es mit der Nutzung der Hebelwirkung und es fliegt ihnen um die Ohren. Es kann einen auf viele verschiedene Arten erwischen, aber am wichtigsten ist es, sich selbst zu verstehen.
Michael: Wenn Sie sagen, „sich selbst zu verstehen“, erzählen Sie mir etwas davon, worüber sich Tom aufregt oder eben nicht aufregt. Haben Sie Ihre gesamte Trader-Laufbahn mehr oder weniger gleichmütig durchgestanden? Gab es emotionale Hochs und Tiefs?
Tom: Als ich vielleicht vier oder fünf Jahre im Geschäft war, handelte ich mit Silber. Meine Mutter und mein Vater kamen mich in St. Louis besuchen, wo wir damals unseren Sitz hatten. Als pflichtbewusster Sohn nahm ich mir eine Woche vom Trading frei und spielte den Fremdenführer. Ich arbeitete noch als Chemieingenieur, führte sie herum und hatte daher keine Zeit, meine Sachen auf den neuesten Stand zu bringen. Ich verpasste einen Silber-Trade auf einen Ausbruch hin, aber als der gute, disziplinierte Trader, der ich bin, entschied ich: „Nein, der Ausbruch ist bereits erfolgt. Ich steige nicht verspätet ein.“ Als ich alles auf den neuesten Stand brachte, nachdem meine Eltern abgereist waren, hatte ich ihn einfach verpasst.
Der entgangene Trade stellte sich als der an allen Märkten profitabelste des Jahres heraus. Es war frustrierend, dabei zuzusehen, und da wurde mir klar, dass ich dafür sorgen musste, dass so etwas nicht noch einmal passiert, denn ich wollte nicht noch einmal derart frustriert sein. Ich sagte mir: „Wenn ich eine Strategie erstelle, muss ich in der Lage sein, sie jeden Tag laufen zu lassen, einen Tag um den anderen, ohne etwas zu verpassen.“
Und seither habe ich über Jahre, weitere Jahre und noch mehr Jahre keinen Trade mehr verpasst, weil ich alles eingerichtet hatte. Ich habe Sicherungen eingebaut und dafür gesorgt, dass Stoppkurse gesetzt werden. Egal was ich sicherstellen muss, weil ich beispielsweise mit Ihnen rede und währenddessen die Märkte eröffnen, oder wenn ich Urlaub nehme, dafür ist gesorgt. Diesen Sommer fliege ich nach Italien. Ich werde drei Wochen bleiben und die ganze Zeit traden, aber das wird mich kein bisschen stören. Ich bin trotzdem im Urlaub.
Michael: Ich glaube, viele Menschen würden, wenn sie in dieser Situation wären, nicht hingehen und sich sagen: „Also gut, ich automatisiere diese Methode.“ Stattdessen würden sie sich aufregen. Es klingt so, als wären Sie nicht emotional verärgert gewesen. Das war wohl eher ein Problem, das gelöst werden musste?
Tom: Es war wie ein technisches Problem, das gelöst werden musste. Stellen Sie sich eine chemische Fabrik vor. Auf der einen Seite kommen Stoffe herein, sie werden verarbeitet und kommen auf der anderen Seite wieder heraus. Ich stellte mir einen Großteil des Tradings wie chemische Verfahrenstechnik vor. Via Satellit, über Funk, Internet und so weiter kommen Informationen herein. Man verarbeitet sie entweder „manuell“ mit seinen Augen und seinem Gehirn oder mit einem Computer mithilfe von Datenbanken und einer Programmiersprache – so, wie wir es bei Trendstat machten. Dabei kamen Orders heraus, die an Börsen, Broker, Terminbörsenmakler oder wohin auch immer geleitet wurden.
Für mich war Trendstat meine kleine Chemiefabrik. Und wenn ich mir die Anfänge meines Tradings anschaue, dachte ich damals genauso. Ich habe eine Menge Informationen und muss sie jeden Tag bewältigen. Dafür habe ich keine entsprechende Menge Zeit und deshalb mache ich das so schnell und so automatisiert wie möglich. Ich gebe Orders auf und lebe mein sonstiges Leben weiter.
So sah ich das damals, als Problemlösung. Ein anderes Beispiel, das auch mit Silber zu tun hat, kommt einer emotionalen Reaktion wohl ein bisschen näher, würde ich sagen. Es war ein Silber-Trade. Mein Depot war gewachsen – das war in den ersten Jahren des Tradings, vielleicht von 50.000 auf 100.000 Dollar, den genauen Betrag weiß ich nicht mehr. Ich stieß auf den gleichen Aufschwung des Silberpreises, von dem auch die Brüder Hunt profitieren wollten – so war das damals. Ich befasste mich ausschließlich mit dem Silberpreis, als Trendfolger wollte ich dranbleiben und hatte eine Menge Kontrakte. Ich ließ meine Gewinne laufen und hatte vor, Verluste schnell zu begrenzen. Dann begann der Silberpreis, Limit-Bewegungen nach oben und nach unten zu vollführen, völlig wild, und die Sache mit den Brüdern Hunt kam heraus; der Preis brach ein und meine Stopps griffen. Mir ging es damit gut, aber ich hatte es erlebt, dass mein Depot innerhalb eines Monats oder innerhalb von sechs Wochen oder sonst einer wahnsinnig kurzen Zeit von um die 100.000 Dollar auf 500.000 Dollar angeschwollen war.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen schrumpfte es auf 250.000 Dollar zusammen. Am Ende verdiente ich an diesem einen Trade, was weiß ich, vielleicht 150.000 Dollar, und das dürfte auf diesem Niveau eine Rendite von 150 Prozent gewesen sein. Da hatte ich noch längst nicht begriffen, was mir heute klar ist. Aber davon abgesehen kann ich Ihnen sagen, dass ich den Silberpreis jeden Tag beobachtete. Um den Rest meines Portfolios kümmerte ich mich kaum noch. Ich war emotional sehr daran gebunden. Als der Preis wild stieg und fiel, sagte ich zu mir: „Moment mal …“
Michael: Sie ertappten sich selbst bei dieser emotionalen Bindung.
Tom: Ich ertappte mich selbst bei der emotionalen Bindung. Mein Gehirn hatte schon immer diese Neigung, die mich in die Lage versetzt, mich am Ende des Tages zurückzulehnen und zu beobachten, wie ich mit dem Tag interagiert hatte. Es ist sehr nützlich, ein beobachtendes Ich zu haben, das unparteiisch sein kann. Das klingt nach einer gespaltenen Persönlichkeit, aber ich möchte nicht, dass es verrückt klingt. Man sollte einfach nach innen schauen und keine Urteile fällen. Man sollte sich hinsetzen und sich sagen: „Wie hast du dich heute gemacht? Warst du ausgeglichen? Hast du heute alles erledigt, was du erledigen solltest? Bist du auf jemanden wütend geworden? Hast du dich übermäßig aufgeregt, sodass dir etwas entgangen ist? Bist du emotional geworden?“ Ein Bilanzauszug des Tages.
Als ich mir die Sache mit dem Silber angeschaut hatte, kam ich zu dem Schluss, dass es richtig war, ein guter Trendfolger zu sein, Stoppkurse zu setzen, die Gewinne laufen zu lassen und die Verluste zu begrenzen. Aber auch zu dem Schluss, dass es keinen Grund gab, meine Emotionen wild hoch- und runtergehen zu lassen, wenn ich bloß die Größe meiner Position kontrollierte. Und dies brachte mich auf meinen ersten Plan der Risikokontrolle, der besagt, dass mein Risiko riesengroß wurde, wenn sich die Stopps wie im Falle von Silber immer weiter entfernten. Es gab keinen Grund, fünf oder zehn Positionen zu halten. Vielleicht brauchte ich sechs, vielleicht vier, vielleicht aber auch nur einen Kontrakt.
Ich glaube, wir hatten bei Trendstat, als der Golfkrieg ausbrach, vielleicht einen oder zwei Kunden, die noch einen Rohölkontrakt am Laufen hatten, nachdem die Volatilität über Nacht von 32 auf 40 und wieder zurückgegangen war und am nächsten Tag bei 22 oder so eröffnete. Die Volatilität war irrsinnig und sie warf die Positionen aus den Portfolios aller anderen heraus, weil niemand genug Kapital hatte, um sich auch nur einen Kontrakt leisten zu können.
Michael: Spielen Sie eigentlich Golf?
Tom: Tatsächlich komme ich gerade vom Golfplatz zurück.
Michael: Ich bin kein großer Fan des Golfsports, aber ich bekomme genug mit und habe das Masters-Finale (2012) gesehen. Ein Teil meiner Familie stammt aus den Südstaaten und es gefiel uns sehr, dem großartigen Südstaaten-Original Bubba Watson zuzuschauen. Er trifft bei einem bestimmten Schlag, legt gewissermaßen alles in ihn hinein und gewinnt das Masters. Damit tue ich ihm keinen Abbruch, denn einige sportliche Bravourstücke beruhen auf einem einzigen Versuch, mit dem man dann man in die Hall of Fame einzieht. Aber nun sitzen Sie vor mir und sprechen über Ihren Prozess. Tom konzentriert sich auf Prozesse. Prozesse, Prozesse, Prozesse. Sie sitzen nicht unbedingt da und denken über das Ergebnis nach, sondern Sie konzentrieren sich auf Ihren Prozess. Den erarbeiten Sie sich mühsam.
Ich schaue mir Bubbas Schlag an und sehe Parallelen zum Trading während der Finanzkrise. Ich denke da an einige Leute, die sich während der Immobilienkrise außerordentlich gut geschlagen haben, zum Beispiel John Paulson und Michael Burry. Das sind außerordentlich kluge Leute, die einige großartige Trades durchgeführt haben. Aber vielleicht können Sie den Gedanken erklären, alles aufs Spiel zu setzen. Den Unterschied erklären, ob man in der Welt des Geldes versucht, einen Volltreffer zu landen oder sich mühsam eine Laufbahn zu erarbeiten. Vielleicht können Sie den Hörern das Für und Wider darlegen.
Tom: Ich glaube, viele Menschen deuten an, Buffett falle in diese Kategorie, da er den Löwenanteil seiner Gewinne aus einer sehr kleinen ausgewählten Anzahl großer Volltreffer bezogen hat, die er im Laufe seiner Karriere gelandet hat. Aber er hatte unterwegs auch reichlich Verlierer und darüber wird häufig hinweggegangen. Natürlich haben die Gewinner die Verlierer mehr als ausgeglichen, wie es auch bei der Trendfolge meistens der Fall ist. Das ist in Ordnung. Daher hat er ein tolles Image.
Aber untersuchen Sie im Gegenzug einmal die Trendstats dieser Welt, die sich schlicht abmühen und versuchen, ihre Kunden glücklich zu machen, ohne dabei etwas allzu Auffälliges zu tun. Ich glaube, ich würde mein damaliges Image in der Branche als langweilig bezeichnen. Ich glaube, viele Menschen wären nicht gerade schrecklich begeistert gewesen.
Michael: Für Sie war es aber nie langweilig, oder?
Tom: Für mich war es nie langweilig. Ich führte ein schönes Unternehmen. Ich fand, wir hatten gute Kunden und ein gutes Mitarbeiterteam. Mir machte es Freude, das Unternehmen zu leiten. Jetzt, wo ich es nicht mehr leite, macht mir der Ruhestand Freude. Wahrscheinlich würde ich, egal was ich tue, das Leben jeden Tag genießen. Aber ich glaube, die Lehre, die hier zu ziehen ist, lautet: Wenn man einen Volltreffer landen will, dann ist das in Ordnung, aber man komme nicht auf die Idee, Bubba Watson habe nicht seinen Prozess abgespult.
Er liebt es, den Ball zu bewegen. Erst vor ein paar Wochen war er in meinem Klub. Er schlug von den Back Tees aus 67 Yards und es sah leicht aus. Gleich am nächsten Tag schlug er auf dem ganz schön schwierigen Wüstenplatz Estancia 56 Yards. Er bewegt den Ball gern, damit er weit schlagen kann, er ist Linkshänder und für ihn war dieser Schlag im grünen Bereich. Er kann ihn sich vorstellen, mit einem Wedge schlagen, ihn abwärtsdrehen und so den Ball viel weiter nach links oder rechts fliegen lassen, als es den meisten Menschen möglich sein mag. Das ist sein üblicher Stil. Dieser Schlag beim Masters lag nicht außerhalb seiner Komfortzone. Das war sein Prozess.
Michael: Letzten Sommer habe ich Paul Mulvaney interviewt. Er hatte sein eigenes Trendfolgesystem und im Herbst 2008 nicht die geringste Ahnung, dass ihm der Oktober 40 Prozent Gewinn bringen würde. Er folgte einfach seinem Prozess. Das ist wohl exakt das, was Sie sagen wollen?
Tom: Jawohl, und genauso war es bei den Devisenprogrammen 1997, als der Dollar auf etwa 80 Yen gefallen war. Dann kriegte er die Kurve. Ich weiß nicht mehr, ob er von 150 gefallen war, wendete und wieder auf ungefähr 140 stieg. Ein großer Ausschlag in die eine Richtung, dann ein großer Ausschlag in die andere. Mein Trade lief einfach jeden Monat weiter, noch einen Monat, noch einen und noch einen. Ich steckte anderthalb Jahre im gleichen Trade. Die Leute stellen sich Trading so vor, dass man heute kauft und nächste Woche verkauft. Damals zog sich das Kaufen und Verkaufen am Devisenmarkt über verflixte anderthalb Jahre hin.
Aber das brachte mir und den Kunden dermaßen viel Geld ein! Mit der Erfolgsbeteiligung und all dem anderen … das war wohl ein Rekordjahr. Aber ich hatte keine Ahnung, was passieren würde.