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Ein Vater packt aus: »Die Geburt meiner ersten Tochter. Die beste Mama der Welt ist unendlich tapfer. Und dann drückt mir die Hebamme plötzlich dieses Menschlein in die Hand. Das ist sie also. Die bleibt bei uns. Ich bin fassungslos. Das ist meine Tochter. Das ist das schönste Kind der Welt. - Und was mach ich jetzt damit?«
Das Leben als »moderner Vater« hält für den Wiener Kabarettisten Joachim Brandl so manche Irrung, Wirrung und Erleuchtung bereit. Mit einer kräftigen Portion Selbstironie berichtet er von den neuesten Techniken der Bauchmassage, von der unerträglichen Farbe rosa, von Honigbroten auf Tastaturen und von der Macht des Wörtchens »Nein«.
Charmantes Extra: eine Glückwunschkarte für frisch gebackene Eltern.
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Joachim Brandl
Das wahrscheinlich schönste Kind der Welt
Aus meinem Leben als Vater
Kösel
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Copyright © 2016 Kösel-Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlag: Weiss Werkstatt, München
Umschlagmotiv und Illustrationen im Innenteil: Astrid Henn
Lektorat: Imke Oldenburg
ISBN 978-3-641-19178-8V001
www.koesel.de
Inhalt
Der schönste Bauch der Welt.
Nicht Nora.
Überraschung!
Das Leiden der Schlümpfe.
Wäre doch gelacht.
Das ist kein Buberl!
Feuchttücher sind aus.
Steven Spielberg liest das Wetter.
Kommt eh alles vom Christkind!
Das lauteste Kind der Welt.
Ich mein’s doch nur gut.
Willkommen in der Hölle.
Tee mit Suppe.
Ich rede, also bin ich.
Zur Wurst nur im Zweitwagen.
Von wem hat sie das?
Nur eine Frage des Timings.
Tempo drosseln.
Spiegelbild.
Supergirl.
Es wird eng.
Gute Erziehung.
Tastatur und Honigbrot.
Andere Kinder sind auch so.
Self-made-Mädchen.
Papa wär Ballerina.
Terminator 2.
Das sitzen wir aus.
Angeber.
Schwarze Löcher.
Nummer 2.
Die große Schwester.
Unvorbereitet.
Ein Kind ist kein Kind.
Schwesterliebe.
Und wer bist du?
Meine Wunschliste.
Über den Autor.
Für meine Frau, der ich das alles zu verdanken habe.
Und für meine Töchter, deren Geschichte ich hier erzähle. Ich hoffe, Ihr geniert Euch später nicht dafür. Und falls doch, hoffe ich, dass ich damit genug Geld verdiene, um mir Ruhe zu erkaufen.
Ihr seid die tollste Familie der Welt. Meine Familie.
Der schönste Bauch der Welt.
Unlängst rief mein Freund M. bei mir an. Seit ich wegen meines neuen Jobs nach Wien gezogen bin, hatte ich lange nichts von ihm gehört, ich freue mich. Er erkundigt sich nach meinem Befinden, dann erzählt er ein wenig von sich, und mitten im Satz sagt er etwas, was so gar nicht dort hingehört: »… der Urlaub war fein, wir waren – Nein, nicht den Frosch gießen – in Kroatien und …«
Danach redet er weiter, als wäre nichts gewesen. Keine Erklärung. Wer ist der Frosch? Was macht der in Kroatien? Wer gießt ihn? Und: Geht es M. wirklich gut?
Es geht ihm gut. M. hat keine Probleme, er ist einfach nur Vater.
Eltern sind entweder eine ganz eigene Spezies oder einfach nur sehr, sehr eigenartig. Man weiß nicht so recht, ob man sie dafür bewundern oder sich vor ihnen fürchten soll. Ich habe Eltern Dinge tun sehen, die, wenn man sie ganz, ganz objektiv betrachtet, doch einiger Erklärung bedürfen.
Sie verbieten anderen Personen, Amphibien zu gießen. Sie freuen sich über den Stuhlgang Dritter. Sie laufen in Unterwäsche durch den Strahl eines Rasensprengers und jauchzen dabei. Sie zählen seeehr bedrohlich bis drei. Sie sprechen die eigene Partnerin nur noch mit »die Mama« an. Sie rappen den Titelsong aus Pippi Langstrumpf und genieren sich dafür kein bisschen. Sie benutzen Schokoladeneis als Druckmittel. Sie legen ihre Tagesplanung in die Hände unzuverlässiger, sprunghafter Minder-, nein, geradezu Mindestjähriger! Sie legen mitten im Gespräch auf, nur weil das Kind plötzlich so ruhig ist – »Da stimmt sicher was nicht, ich geh schnell mal nachschauen«. Und sie sind immer so grundlos müde.
Wer keine Kinder hat, kann die meisten dieser Dinge, was sag ich, kann keines dieser Dinge so richtig nachvollziehen. Irgendwie scheint Eltern jegliches Gefühl für Scham und das richtige Benehmen in der Öffentlichkeit abhandengekommen zu sein. Und wenn doch noch Reste davon vorhanden sind, dann sind sie völlig falsch justiert. Eine stinkende Windel in den Papierkorb auf dem Klo zu werfen, ist ihnen zu peinlich, da laufen sie mit dem Unding in der Hand lieber quer durchs Restaurant, bis ihnen ein Kellner den richtigen Mülleimer zeigt.
Wir haben bis jetzt noch kein Kind, sondern nur einen Bauch. Und wir haben uns geschworen, dass bei uns alles ganz anders wird. Wir werden unser Leben nicht für unser Kind aufgeben! Wir werden uns nicht einschränken, unser Leben wird sich nicht großartig verändern. Außerdem werden wir mit dem Kind ganz vernünftig reden, in ganzen Sätzen. Wir werden fair, aber streng sein. Wenn wir eine Entscheidung getroffen haben, werden wir diese beinhart durchziehen und uns von keiner noch so herzerweichenden Raunzerei erweichen lassen. Mama und Papa werden Felsen in der Brandung der kleinkindlichen Emotionen sein.
Außerdem wird der Papa niemals mit einer Wickeltasche unterwegs sein, die nicht schwarz und zumindest mit Totenköpfen verziert ist. Und unsere wunderbare Wohnung wird sich kein bisschen verändern. Ein Kind ist nur ein Kind, was kann das schon anrichten? Muss man halt aufräumen.
Sie sehen, liebe Leserin, lieber Leser, wir sind gewappnet. Und jetzt muss ich dem Bauch meiner Frau etwas vorsingen und ihn dabei mit Avocado-Öl einreiben. Was ich natürlich sowieso schon immer gemacht habe. Ganz ehrlich.
Nicht Nora.
Wir suchen Kindernamen. Unsere Tochter kommt in ein paar Wochen zur Welt und soll heißen. Wie, wissen wir noch nicht, wir wollen sie aber nicht »Tochter« rufen. Außer manchmal, wenn wir streng sein müssen.
Ansonsten sollte sie einen schön klingenden Namen tragen, der nicht zu alt ist, aber schon eher traditionell und der durch ein »i« am Ende nicht völlig entgleist. Anni ist gut oder Hanni oder Rosi. Sabini geht gar nicht, genauso wie Julia. Juli ist ein Monat und kein Kind.
Als werdende Eltern kann man in dieser Zeit einen von zwei Wegen beschreiten: Man kann über Monate hinweg sein Gewissen ergründen, heimlich Bücher lesen, das Internet durchforsten und dann – ganz still für sich – den einen Namen finden. Die beste Frau der Welt hat sich für den zweiten Weg entschieden: Sie ging mit unserem Problem an die Öffentlichkeit und ließ die Familie an der Diskussion teilhaben. Seitdem kämpfen wir gegen all die Vorurteile, die es zu praktisch jedem erdenklichen Namen gibt.
Rechnen wir das mal durch: 15 Menschen (Omas, Opas, Onkel, Tanten, Cousinen, …) reden mit. Jeder hat in seinem Handy schätzungsweise 250 Kontakte gespeichert, und Kontakte sind Namen. Das heißt, dass es zu jedem möglichen Namen für unsere Tochter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Familienmitglied gibt, das etwas sagt wie: »Nein, das geht nicht. So heißt nämlich die alte Frau Schuster und die ist eine richtige Funzen!«
Und die Frau Lorenz ist gemein und die Tochter von der Frau Hubmann – »Weißt nicht, die Hubmann, die dort wohnt, wo früher das Geschäft war, ja kennst du nicht die Frau Hubmann?« – auf jeden Fall hat die Frau Hubmann eine Tochter, die auch so heißt. Und die riecht komisch. Unsere lieben Verwandten haben uns bei der Namenssuche nicht einen Schritt nach vorne, sondern etwa 200 Schritte nach schräg hinten gebracht.
Außerdem kommen später ja noch die anderen Kinder, die alle unglaublich gemein sind! Da überlegt man sich monatelang einen wunderschönen Namen, und dann kommt irgend so ein Kindergarten-Prolet daher und denkt sich was völlig Unsinniges aus. Bevorzugt mit schlechten Reimen: »Joachim – Schnoachim« oder »Jürgen – Würgen«. Kinder sind da nicht so wählerisch.
Fürchterliche Szenen gehen mir durch den Kopf. Kinder von alten Freunden in der Steiermark, die meine Tochter ob ihres Wohnortes Wien »Hauptstadt« rufen. Kinder in Wien, die meine Tochter ob ihrer steirischen Wurzeln »Kernöl« schimpfen. Kinder, die einfach nur irgendwas erfinden. So, wie es in meiner Jugend der Fall war.
Ich wurde mit verschiedenen Namen gerufen: ganz korrekt »Joachim«, als Spitzname »Joki«, als spaßig Abwandlung davon »Schoki« und als kindische Hänselei »Joghurt«. Und dann meinte ein Freund in einem Nebensatz: »Oder wir nennen ihn einfach Manfred.«
Was dann 15 Jahre lang hängen blieb.
Wir nehmen uns also ein Herz und erstellen unsere finale Liste mit möglichen Namen. Dann streichen wir alle weg, die mit einer fürchterlichen Geschichte oder einer fürchterlichen Person behaftet sind, die irgendwie komisch klingen, die irgendwie exotisch klingen, die zu traditionell oder zu modern klingen, die in den einschlägigen Internet-Rankings auf den ersten fünf Plätzen liegen, die zu uncool sind oder zu cool oder unaussprechlich oder alles zusammen.
Am Schluss bleibt Nora.
Das geht aber auch nicht. So heißt schon die Brust von Thomas Anders.
Überraschung!
Wir haben also alles genau geplant.
Wir wissen, wie wir als Eltern sein werden. Wir wissen, wie unser Kind sein wird, nämlich wunderschön, blitzgescheit und handzahm. Das Kinderzimmer ist fertig, der Kindersitz im Auto montiert, die Feuchttücher liegen bereit. Aus unzähligen amerikanischen Sitcoms haben wir alles über Geburten gelernt. Die Mama schreit wie am Spieß, ein untypischer Arzt gibt unpassende, aber eigentlich doch lustige Kommentare ab, das fertige Kind lächelt seine Eltern an und alle fahren glücklich nach Hause.