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Dauerkämpfe E-Book

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Beschreibung

In Zeiten, die sich durch eine "postfeministische" Konstellation und zunehmenden Antifeminismus auszeichnen, verweist der Band auf vielfältige Räume und Praxen feministischer (Dauer-)Kämpfe. Die Autor*innen diskutieren geschlechterpolitische Kontinuitäten, Brüche und Widersprüchlichkeiten im Kontext der multiplen Krise und der Autoritarisierung von Staat und Gesellschaft. Ebenso werden feministische Strategien gegen Unterdrückung, Ungleichheit und Gewalt sowie Suchbewegungen für eine andere gesellschaftliche Ordnung aufgezeigt. So zeichnet der Band ein facettenreiches Bild feministischer Gegenwartsdiagnosen.

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Brigitte Bargetz, Eva Kreisky, Gundula Ludwig (Hg.)

Dauerkämpfe

Feministische Zeitdiagnosen und Strategien

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

In Zeiten, die sich durch eine »postfeministische« Konstellation und zunehmenden Antifeminismus auszeichnen, verweist der Band auf vielfältige Räume und Praxen feministischer (Dauer-)Kämpfe. Die Autorinnen diskutieren geschlechterpolitische Kontinuitäten, Brüche und Widersprüchlichkeiten im Kontext der multiplen Krise und der Autoritarisierung von Staat und Gesellschaft. Ebenso werden feministische Strategien gegen Unterdrückung, Ungleichheit und Gewalt sowie Suchbewegungen für eine andere gesellschaftliche Ordnung aufgezeigt. So zeichnet der Band ein facettenreiches Bild feministischer Gegenwartsdiagnosen.

Vita

Brigitte Bargetz ist Lehrbeauftragte am Institut für Sozialwissenschaften an der HU Berlin. Gundula Ludwig, Dr. pol., ist Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Eva Kreisky ist Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Wien.

Inhalt

Brigitte Bargetz/Eva Kreisky/Gundula Ludwig: »Ich habe das Gefühl, ich befinde mich in einem Dauerkampf« – Feministische Zeitdiagnosen und Strategien

Dauerkämpfe hier und dort

Dauerkämpfen!

Literatur

Staat

Gabriella Hauch: Politik mit der Geschlechterkarte: Historische Ambivalenzen in Frauenfreund-Konjunkturen

Geschlossene Grenzen im politischen Vereinsrecht: Ein Blick zurück

Offene Möglichkeiten in der demokratischen Republik: Erste Ambivalenzen …

… und weitere Ambivalenzen: Geschlechterpolitischer Populismus

Literatur

Amy G. Mazur/Dorothy E. McBride: Challenges and Strategies for State Feminism in the 21st Century: A Pragmatic Perspective

Introduction: Hard Times for State Feminism

Movement/Agency Strategies

Strategies for Activists

Bibliography

Nora Gresch/Stefanie Wöhl: Europäische und österreichische Geschlechterpolitik aus geschlechterdemokratischer Perspektive: Wirkungen einer paradoxen Politik

Die Politik der geschlechtsspezifischen Repräsentation und ihre Krise

Geschlechterpolitik in Österreich

Dimensionen von Geschlechterdemokratie

Fazit: Gleichstellung als symbolische Politik

Literatur

Elisabeth Holzleithner: Mühen der Ebene: Rechtsfragen der Gleichstellung am Beispiel des Programms »Für Österreich«

»Für Österreich« – Cherchez la femme

Zum Verbot der Vollverschleierung

Zum Neutralitätsgebot im öffentlichen Dienst

Wider die Kleingeisterei, für Emanzipation durch Recht

Literatur

Demokratie

Andrea Maihofer: Mehr als gleiche Rechte! Zu einem neuen Verhältnis von Freiheit und Gleichheit

Zum gegenwärtigen Verständnis von Gleichstellungspolitik

Was gerät aus dem Blick?

Zur Notwendigkeit, den Zusammenhang von Gleichheit und Freiheit neu zu denken

Literatur

Gabriele Wilde: Wider die Norm: In Verteidigung eines Kampfes um Gleichheit

Chancengleichheit in einer erweiterten Öffentlichkeit

Das Scheitern der Gleichheitsnorm in der vermachteten Öffentlichkeit

Der Streit um Gleichheit in der diskursiven Öffentlichkeit

Literatur

Isabell Lorey: Sorge im Präsens: Von der Repräsentationskritik zur präsentischen Demokratie

Vom Zwischen zum _Mit_

Unterstütztes Handeln

Präsentische Demokratie

Literatur

Körperpolitiken

Cornelia Klinger: Stalins Tod. »Ignoble Care« oder: Die Sorge um Leben und Sterben in einer postpatriarchalen Gesellschaft

Eine banale Geschichte vom Bösen

Wie ›Väterchen‹ Stalin … so stirbt kein Patriarch

Kontinuität in Raum und Zeit

Persönlicher Dienst: Der Leib-Eigen- und Liebesdienst von minores

Das Postpatriarchat nach 1917/18 und das Intermezzo der ›Großen Brüder‹ bis 1945

Entsorgung und »Ignoble Care«

Literatur

Teresa Kulawik: Auf Leben und Tod: Politische Epistemologie und Körperpolitik im Grenzland Europas

Der Wert des Lebens und die Entgrenzung des Politischen

Grenzüberschreitende Theorien

Politische Grenzsetzungen, antagonistische Konstellationen: Polen

Politische Epistemologie: Zum Denkstil der moralischen Nation

Die neuen Technologien: Phantasmen über Ungeborene

Das Unmögliche wagen

Literatur

Kathrin Braun: Grenzenlose Reproduktionsfreiheit? Grenzüberschreitende Mobilisierung weiblicher reproduktiver Ressourcen und die Frage feministischer Gesellschaftskritik

»We, women …«: Die erste Welle feministischer Reprogenetikkritik

Transnationalisierung der Industrie – Nationalisierung der Kritik?

Reproduktionsmedizin, stratifizierte Reproduktion und die Notwendigkeit feministisch-gesellschaftskritischer Analysen

Für eine feministische Kritik transnationaler Vertragsmutterschaft in Europa

Neue Grenzziehungen? Renationalisierung der Vertragsmutterschaft als Herausforderung feministischer Kritik

Literatur

Bewegte Kämpfe

Sabine Lang: NGOisierung revisited: Versachlichte Männlichkeit im zivilgesellschaftlichen Sektor

NGOisierung revisited: Das Korsett des Dritten Sektors

Ressource Frau und versachlichte Männlichkeit

Post-NGOisierung: Die Hoffnung auf solidarisch-radikalere Bewegungen

Literatur

Uta Ruppert: Das Bessere im Transnationalen? Über den Südwind in der Geschlechterpolitik

Radikalität im Süden?

Diskursverschiebungen

Trans-Formationen des Politischen

Literatur

Ina Kerner: Feminismus in Pakistan. Postkoloniale Diagnosen und Strategien

Feminismus und Entwicklungspolitik

Feminismus und Religion

Was bleibt

Literatur

Sabine Hark/Johanna Hofbauer: Lotta continua: Quantifizierte Steuerung und metrisierte Leistungsbeurteilung – neue Anlässe für einen alten Dauerkampf in Wissenschaft und Hochschule

Doxa und Kritik: Mythen jagen

Die symbolische Gewalt der Zahl

Die nivellierende Herrschaft des Abstrakten infrage stellen

Literatur

Rechte Politiken

Katja Chmilewski/Katharina Hajek: Mit Gefühl von Rechts zur Verteidigung der ›Lufthoheit über Kinderbetten‹

Emotionale Pädagogik und die Krise der Selbstverhältnisse

Die Krise der Familie als Krise der Gesellschaft

Misstrauen gegenüber Eliten und ein widersprüchliches Verhältnis zum Staat

Vernünftig, nicht extrem: Selbststilisierung als demokratische, bürgerliche Mehrheit

Mit Gefühl von Links

Literatur

Videos und Online-Auftritte

Marion Löffler: Maskulinismus: Der ganz normale ›Gender-Wahnsinn‹

Vom Skandal zur Normalität

Kalkulierte Ambivalenz als Antifeminismus

Gender-Wahnsinn als Maskulinismus

Literatur

Edma Ajanovic/Stefanie Mayer: Mann, oh Mann … Wenn der Schutz ›unserer Frauen‹ die Antwort ist, was war noch mal die Frage?

Männlichkeiten analysieren

Rechte Diskurse und die Aufrechterhaltung hegemonialer Männlichkeit

Feministisch kämpfen!

Literatur

Sigrid Schmitz: Sprechen können: Gouvernementalität zu ›Köln‹

Einleitung

Die Gouvernementalität und das Sicherheitsdispositiv zu ›Köln‹

Das Sexualitätsdispositiv und die Macht der Normalisierung

Paternalistische Instrumentalisierungen des Sexualitätsdispositivs zu ›Köln‹

Postkoloniale Perspektiven, Körperpolitiken und Eigentum zu ›Köln‹

›Sprechen können‹ zu ›Köln‹

Literatur

Karin Liebhart: Zur symbolischen Bevölkerung ›identitärer‹ Landschaften

Rechtsextremismus 2.0 Light

»Nichts ist dem Feminismus so gefährlich wie ein traditionelles Mädchen«

›Unnatürliche‹ Irritationen

Das/die bedrohte Europa

Conclusio

Literatur

Quellen

Gabriele Dietze: Zwischen Ethnomasochismus und Androsadismus – Bausteine zu einer geschlechtersensiblen Affekttheorie von Rassismus

Literatur

Wie weiter?

Gudrun-Axeli Knapp: Still Loving Feminism

Widerrufe und Aktualisierungen

Ambivalenzen der Differenzierung

Paradoxien des erfolgreichen Scheiterns

Widersprüchliche Folgen der Grundlagenkritik

Neue Unübersichtlichkeit

Literatur

Antke Engel: Konflikthafte Komplexität – Konflikt als Impuls und Praxis politischer Veränderung

Mangelnde Lust an der Komplexität

Queer Theorie – intersektional

Konflikt als Impuls

Das Institut für Queer Theory als Ort des Konflikts

Lust am Konflikt?

Literatur

Claudia Brunner: Vom Ringen mit der Utopie: Gewalt(freiheit), Feminismus und Wissenspolitik

Möglichkeitsbedingungen für Gewalt und Wissen

Utopien von Gewaltlosigkeit/Gewaltfreiheit und Optionen des Gewaltverzichts

Literatur

Gabriele Michalitsch: Die Herrschaft der weißen Männer: Feministische Überlebenskämpfe im Kapitalismus der Gegenwart

Präfaschistische Konstellation: Vom Neoliberalismus zum Rechtspopulismus

Politökonomische Geschlechterordnung

Stichworte: Feministische Zielrichtungen

Antikapitalistische feministische Überlebenskämpfe

Literatur

Ayşe Dursun im Interview mit dem İstanbul Feminist Kolektif (Feministisches Kollektiv Istanbul): Feministische Kämpfe an der Schnittstelle von Neoliberalismus, religiösem Konservatismus und Krieg in der Türkei

Literatur

Anna Gius/Verena Kettner/Julia Sachseder: Vulva Riot! Wider die charakterlose Mainstream-Porno-Muschi. Eine Widerstandsschrift

Von der ekligen Vulva zur ›perfekten‹ Pussy

»Schönheit ist machbar?!« Oder: Das Problem mit der kapitalistisch-neoliberalen Erotik

Start the Vulva Riot now!

Feiere und zeichne deine Vulva

Literatur

Autor*innen

»Ich habe das Gefühl, ich befinde mich in einem Dauerkampf« – Feministische Zeitdiagnosen und Strategien

Brigitte Bargetz/Eva Kreisky/Gundula Ludwig

Zu Beginn des Jahres 2017 eine Einleitung zu einem Band über feministische Zeitdiagnosen, Strategien und Kämpfe zu schreiben und diese nicht mit der Wahl von Donald Trump beginnen zu lassen, fällt angesichts der Unfassbarkeit, dass jemand mit derartig unverhohlenem Sexismus und Rassismus zum Präsidenten der USA gewählt wurde, schwer. Ebenso schwer fällt es allerdings, nicht genauso schnell die zahlreichen und eindrucksvollen Bilder, Statements und Reden des Women’s March zu erinnern, zu dem sich Anfang Januar 2017 global mehr als drei Millionen Menschen versammelten, um gegen Unterdrückung, Ungleichheit, Gewalt und für eine andere gesellschaftliche Ordnung einzutreten – und daher trotz (hetero-)sexistischen und rassistischen Gegenwindes feministisch-kämpferisch zu bleiben.1 So betonte auch Angela Davis (2017) in ihrer Rede in Washington DC: »[L]et us remind ourselves that we the hundreds of thousands, the millions of women, trans people, men and youth who are here at the Women’s March, we represent the powerful forces of change that are determined to prevent the dying cultures of racism, hetero-patriarchy from rising again.«

Diese Gleichzeitigkeit von sexistischem, rassistischem Backlash und feministischem, antirassistischem Aufbruch findet globalen Widerhall: Einerseits lassen sich gegenwärtig im Kontext der Autoritarisierung des Neoliberalismus weltweit Tendenzen der Remaskulinisierung des Politischen und des Staates, die Zunahme (hetero-)sexistischer Politiken und Diskurse sowie das Um-Sich-Greifen von Anti-Genderismus wahrnehmen: In Polen legte die Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) im Herbst 2016 einen Gesetzesentwurf vor, der Abtreibung beinahe komplett und selbst im Falle der Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung verbieten sollte; in Russland gilt häusliche Gewalt seit Februar 2017 nicht mehr als Körperverletzung, sondern als ›Fehlverhalten‹, das lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann; in der Türkei geht mit der gegenwärtigen Repressions- und Verhaftungswelle im Rahmen des von Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem Putschversuch im Sommer 2016 verhängten ›Ausnahmezustands‹ auch ein Anstieg sexualisierter Gewalt von Frauen* in (Untersuchungs-)Haft einher; weltweit sind Frauen* und LGBTIQ in ›Flüchtlingslagern‹ der Gefahr sexualisierter Gewalt ausgesetzt; in Deutschland wettert die Alternative für Deutschland (AfD) beständig gegen den ›Gender-Wahnsinn‹, der angeblich Gegenstand der Gender Studies sei; und in Österreich wäre beinahe ein Mann Bundespräsident geworden, der noch 2016 versucht hatte, das Recht von Frauen* auf Abtreibungen zu beschneiden, um zu verhindern – wie im Handbuch freiheitlicher Politik der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nachzulesen ist –, dass der Uterus jener Ort Österreichs mit der ›höchsten Sterbewahrscheinlichkeit‹ bleibe. Und die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen.

Andererseits gelang es polnischen Feminist*innen durch eindrucksvolle Proteste, das geplante Abtreibungsverbot zu verhindern; in der Türkei reagierten Feminist*innen auf die im Rahmen des ›Ausnahmezustands‹ verhängte Schließung der kurdisch-türkischen Nachrichtenagentur JINHA, die ausschließlich von Frauen* betrieben wurde, mit der Neugründung des Nachrichtenportals SUJIN; um gegen Gewalt an Frauen zu protestieren und einen ›Krisenstab gegen geschlechtsspezifische Gewalt‹ zu fordern, hielten Frauen* im März 2017 auf der Puerta del Sol in Madrid einen Hungerstreik ab; generell wurde zum diesjährigen internationalen Frauentag zu einem weltweiten Frauen*streik aufgerufen, der nicht zuletzt von der südamerikanischen Bewegung gegen Gewalt an Frauen* Ni Una Menos inspiriert war; in Wien versammelten sich im Februar 2017 Frauen*, um gegen das von der Regierung vorgeschlagene Burka-Verbot im öffentlichen Raum einzutreten; und gegen rechte Politiken geht in Österreich unter anderem die feministische Burschenschaft Hysteria mit ironischen und subversiven Aktionen vor. Auch diese Liste ließe sich fortsetzen.

Ein feministischer Blick auf gegenwärtige gesellschaftliche Verhältnisse und Kämpfe zeigt mithin, dass den Gender Studies als einer Wissenschaft zur Analyse und Kritik ungleicher Geschlechterverhältnisse und als einer Plattform, um über emanzipatorische Subjekt-, Beziehungs- und Gesellschaftsformen nachzudenken, der Stoff so schnell nicht ausgeht. Daran ändert auch der gegenwärtige Anti-Genderismus rechter und konservativer Strömungen nichts, der sich unter anderem gegen Gender Studies richtet. ›Alte Themen‹ und die Kritik daran bleiben – wenngleich unter veränderten Vorzeichen – aktuell: die Maskulinisierung von Politik, Staat und Ökonomie, der vergeschlechtlichte Subtext gesellschaftlicher Arbeitsteilung, von Sorgeverhältnissen und der Verteilung gesellschaftlichen Reichtums, die heterosexistische Grenzziehung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, die androzentrische Ausgestaltung von Rechten und Partizipationsmöglichkeiten, die vergeschlechtlichte Ungleichheit, über Körper, Sexualität und Reproduktion bestimmen zu können, die Bedeutung von heterosexistischen Familienkonstruktionen für (National-)Staatlichkeit und nicht zuletzt androzentrische Definitionsweisen, was überhaupt als gesellschaftlich anerkennbares und anerkanntes Wissen gilt.

Ebenso virulent bleibt die Frage, wie unter anhaltenden Ungleichheitsverhältnissen feministische Kritik und feministisches Handeln imaginiert, konzipiert und gelebt werden können: Setzt feministische Kritik an ›Strukturen‹ oder an ›Mikropraxen‹ an – oder wie am besten an beiden zugleich? Begründen sich feministische Strategien im Konsens oder im Konflikt? Wie können Bündnisse geschlossen werden und wo liegen deren Grenzen? Wie viel ›jenseits‹ von androzentrischen Institutionen wie dem Staat oder der Universität ist für feministischen Widerstand erforderlich? Wie sich der Macht entziehen, die zugleich immer auch Verführungen bereithält, um Zustimmung zu Ungleichheitsverhältnissen zu organisieren?

Dauerkämpfe hier und dort

Was sich aus feministischer Perspektive gegenwärtig also abzeichnet, ist, um es im Anschluss an Birgit Sauer (Mesquita/Sauer 2015) zu formulieren, ein »Dauerkampf« angesichts der nach wie vor vorherrschenden (hetero-)sexistischen und androzentrischen Verhältnisse, die vielfältig und in Verschränkung mit anderen Herrschaftsverhältnissen unsere Gegenwartsgesellschaften prägen. Einen Dauerkampf erkennt Birgit Sauer allerdings ebenso – und vermutlich auch aus diesen Gründen – in Bezug auf ihren eigenen feministisch-politikwissenschaftlichen Weg, wie sie in einem Interview 2015 anmerkte: »Ich habe das Gefühl, ich befinde mich in einem Dauerkampf.« (Ebd.)

Für die feministische Politikwissenschaft stellt dieser Dauerkampf von Birgit Sauer seit den 1990er Jahren zahlreiche und überaus vielfältige Anregungen für feministische Zeitdiagnosen, Analysen, Theoretisierungen und Strategien bereit. Suchbewegungen nach alternativen Formen, Wissen zu generieren und vermeintlich ›Selbstverständliches‹ anders zu denken, durchziehen ihre theoretischen wie empirischen Arbeiten. Denn politische und gesellschaftliche Veränderung setzt voraus, sich von jenen androzentrischen Definitionen von und Perspektiven auf ›Geschlecht‹ und ›Geschlechterverhältnisse(n)‹ sowie Ungleichheit, Gewalt, Ausbeutung, Arbeit und Politik zu befreien, wie sie im Malestream an Universitäten und Forschungseinrichtungen ebenso wie in weiten Teilen von Politik, Recht, Öffentlichkeit, Ökonomie, Kultur, Medien oder Medizin als objektive Wahrheiten bereitgestellt werden (z. B. Kreisky/Sauer 1995b; Flicker/Sauer 2015; Sauer 2005).

Grundlegend für Sauers Arbeiten war von jeher die Zurückweisung der vermeintlich ›naturgegebenen‹ androzentrischen Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit. Sauer spricht stattdessen von einem »liberale[n] Trennungsdispositiv« (Sauer 2001: 184), das als fundamentales Regulierungsprinzip westlich-moderner Gesellschaften Geschlechterverhältnisse als Ungleichheitsverhältnisse (mit) hervorbringt und aufrechterhält. Obgleich dieses Trennungsdispositiv sich in der spezifischen Ausgestaltung und nicht zuletzt als Ausdruck gesellschaftlicher Macht- und Kräfteverhältnisse historisch gewandelt hat, bleibt es aktuell wirkmächtig. Denn die Grenzziehung von Öffentlichkeit und Privatheit trägt weiterhin dazu bei, gesellschaftlich notwendige Reproduktionsarbeit, die immer noch zumeist von Frauen* erbracht wird, zu entwerten und unsichtbar zu machen (Sauer 1997a; 2003c; 2014). Zugleich befördert die auch staatlich abgesicherte Grenzziehung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit geschlechtliche Gewaltverhältnisse, die sich durch Verschränkungen von Geschlecht mit nationaler Herkunft, Religion und Klasse noch verstärken (Sauer 2002; 2008d; 2009b).

Sauers Verknüpfung von marxistischen und poststrukturalistischen staatstheoretischen Ansätzen legte nicht nur den Grundstein dafür, diese Ansätze zu einer gesellschaftstheoretisch-feministischen Staatstheorie zu verbinden. Ebenso gelang es auf diese Weise, sowohl Herrschafts- und Machttechniken als auch Widersprüchlichkeiten des westlich-modernen Staates präziser zu fassen (Sauer 2001; 2003a; 2004). Zugleich entwarf Sauer damit eine »anti-essentialistische Perspektivierung von Staatlichkeit« (Sauer 2001: 109), in der das Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft sowie von Staat und Subjekten als stets miteinander verwoben konzipiert wird.

Retrospektiv könnte beinahe der Eindruck entstehen, dass just zu jenem Zeitpunkt, als von den Pionier*innen der feministischen Staatstheorie deren Fundamente formuliert waren (vgl. dazu Kreisky/Sauer 1995a; Kreisky/Sauer 1997), sich deren Gegenstand tiefgreifend zu wandeln begann: Globalisierung, Neoliberalismus, Internationalisierung von Staatlichkeit, Governance und Postdemokratie wurden zu jenen Stichworten, unter denen ab Anfang der 2000er Jahre Staat, Politik und Geschlecht unter neuen Vorzeichen nach Untersuchungen verlangten. Sauer zufolge sollte sich dabei eine paradoxe Geschlechterlogik abzeichnen: Im Kontext der Internationalisierung von Staatlichkeit (Sauer 2003b; 2008b), des multiskalaren Regierens insbesondere im Rahmen der Europäischen Union (Sauer 2008e), der neoliberalen Globalisierung (Sauer 1998; 1999a; 2003c) und der Wandlungsprozesse von Demokratie (Sauer 2011a; 2011d) werden Geschlechterverhältnisse zugleich verfestigt und flexibilisiert (s.a. Ludwig/Sauer/Wöhl 2009). Sauers Arbeiten zu den Veränderungen von Staatlichkeit und Geschlecht verdeutlichen zudem, dass sich Macht- und Herrschaftsverhältnisse auch über die Inkorporierung von Forderungen sozialer Bewegungen wie der Frauen*bewegung(en) fortschreiben: Einerseits brachten Globalisierung, Neoliberalismus, Governance-Strukturen und die Internationalisierung von Staatlichkeit gewisse Freiheitsgewinne für manche Frauen* insbesondere im Globalen Norden mit sich (Sauer 2008f); ebenso eröffneten sich – nicht zuletzt durch feministische Kämpfe – historische ›windows of opportunity‹ für einige Frauen*-Interessen, wie sich an der Einführung von Gender Mainstreaming ablesen lässt (Sauer 2008c). Andererseits wurden zugleich die vergeschlechtlichte, auch globale, Arbeitsteilung und Ausbeutung verfestigt, wie Sauer (u. a. 2014) nie müde wurde zu betonen. Und auch auf der Ebene staatlicher Politik beurteilt sie die geschlechterpolitischen Möglichkeiten von Governance-Strukturen und einer Transnationalisierung von Politik als begrenzt und geprägt von maskulinistischen und männerbündischen Logiken (Sauer 2011b). Denn die »Informalisierung von Politik« (Sauer 2009c: 114) in der Postdemokratie führt gerade dazu, dass jene »Repräsentationsorgane wie z. B. Parlamente, in die sich Frauen einen quotierten Zugang erkämpft haben«, an Einfluss verlieren und Politik in »Hinterzimmern« gemacht wird, »zu denen Frauen schwerer Zugang haben und an denen das Instrument der Quote scheitert« (ebd.). Im Kontext der multiplen Krise, die spätestens mit Ausbruch der Finanzkrise 2008 virulent wurde, wird schließlich deutlich, dass selbst die kleinen Gelegenheitsfenster institutionell nur schwach verankert sind und in Zeiten von Austeritäts- und Sparpolitiken sowie Privatisierungslogiken ohne viel Aufsehen zurückgefahren oder abgebaut werden (Sauer 2009d; 2010).

Dass dabei weder Politik, Arbeit und Wissen noch deren Umgestaltungen nur »mit dem Kopfe gemacht« werden, wie Max Weber einst gefordert hatte (Sauer 1999b), sondern auch affektiv hervorgebracht und legitimiert werden, haben Sauers Beiträge zu Politik, Emotion und Affekt bereits vor dem affective turn vorweggenommen (z. B. Sauer 1997b; 2007; Bargetz/Sauer 2010; Penz/Sauer 2016). Nicht zuletzt weist sie darin das liberale Trennungsdispositiv auch als liberales Gefühlsdispositiv aus. Gegenwärtig ortet Sauer (2016) ein neuartiges Dispositiv, eine neuartige Form des affektiven Regierens in neoliberalen Verhältnissen, über das Transformationen von Staat, (Lohn-)Arbeit und Öffentlichkeit ebenso angezeigt werden wie eine paradoxe Rekonfiguration und zugleich Verstetigung hierarchischer Geschlechterverhältnisse (Penz/Sauer 2016: 220).

Auch für die Analyse und Kritik von geschlechtlichen Körper- und Reproduktionspolitiken gibt Sauers Werk instruktive Instrumentarien zur Hand: In ihren Arbeiten zu Sexarbeit (Hrzeniak/Sauer/Tertinegg 2007; Sauer 2008a; Gurtner/Sauer 2014) und zu Politiken und Diskursen um das »Kopftuch und andere Formen der Körperverhüllung« (Sauer 2015a; s.a. Gresch/Hadj-Abdou/Rosenberger/Sauer 2008; Sauer 2009a) wird deutlich, wie staatliche Macht Körper vergeschlechtlicht, sexualisiert und ethnisiert und wie zugleich andro- und eurozentrische Konstruktionen (weiblicher) Körper und Sexualität bestimmte Formen staatlicher Gewalt legitimieren. Dass sich Geschlechterpolitiken mit Rassismen und Nationalismen verbinden, hat Sauer daran anschließend einerseits in ihren »Überlegungen zu einem intersektionellen Gewaltbegriff« hervorgehoben (Sauer 2011c). Andererseits analysiert sie dies in ihren jüngsten Arbeiten, in denen sie zeigt, wie in rechten und rechts-konservativen Diskursen insbesondere muslimische Migranten* und Asylwerber* als Gefährdung nationaler Sicherheit konstruiert werden, indem ihnen eine imaginierte sexuelle Gewaltbereitschaft unterstellt wird. Über die Konstruktion einer schutzbedürftigen Weiblichkeit wird das maskulinistische Bild des ›starken‹ neokolonialen Nationalstaates als Retter vor Gefahren heraufbeschworen und zur Legitimierung eines rassistischen Sicherheitsstaates herangezogen (Ajanovic/Mayer/Sauer 2014; 2015). Darüber hinaus plädiert Sauer in diesem Zusammenhang für eine geschlechterpolitische Analyse »jenseits offensichtlicher diskursiver Instrumentalisierungen von Geschlechterbildern« (Sauer 2017: 4). Erst eine solche Perspektive ermögliche ein umfassenderes Verständnis des »rechtspolitischen Projekt[s]«, erlaube sie es doch zu begreifen, dass dieses in »langfristigen gesellschaftlichen Konstellationen, z. B. ungleichen Geschlechterverhältnissen und tradierten Geschlechterbildern gründet« (ebd.).

Schließlich lassen sich in Sauers Werk ebenso viele inspirierende Ausführungen und Gedanken für Strategien in feministischen Dauerkämpfen finden: Aus ihrem gesellschaftstheoretischen Staatsverständnis leitet sie ab, dass es keinen ›Ort‹ gibt, der ein machtfreier Ausgangspunkt für feministisches Handeln sein könne. Feministische Kämpfe finden immer schon inmitten vergeschlechtlichter Machtverhältnisse statt. Damit weist Sauer die Vorstellung einer genuin ›frauen*freundlicheren‹ Zivilgesellschaft zurück. Diese ist nicht der Gegenpol des androzentrischen Staates, denn der Staat ist »nur so frauenfreundlich oder genau so maskulinistisch […] wie die Zivilgesellschaft und umgekehrt« (Sauer 2001: 166). Zugleich kann feministische Politik nicht nur den Staat adressieren: Feministisches Handeln ist vielmehr auch alltägliche Intervention in zivilgesellschaftliche Deutungsmuster von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen.

Ein solches Terrain alltäglicher Interventionen und Dauerkämpfe stellt nicht zuletzt die feministische Politikwissenschaft selbst dar. Diese versteht Sauer als »transformative Politik«: Sie überschreitet »die Grenzen traditioneller Politik« und macht das »Private zum Öffentlichen«, ebenso wie sie angeleitet wird von einer »›dissident[en]‹« »Denkpraxis« der »›Entunterwerfung‹«, so Sauer (2015b: 36) im Anschluss an Michel Foucault und Sabine Hark. Diese Haltung impliziert die stetige Reflexion der eigenen Subjektivierungsweisen als wissenschaftliches/akademisches Subjekt sowie das Gewahrsein dessen, dass auch feministische (Politik-)Wissenschaft nicht »machtenthoben« ist (ebd.: 39):

»Wahrheitsansprüche und Autoritätsanmutungen feministischer Theoretisierungen sind immer kritisch zu hinterfragen, da auch feministische Theoriebildungen immer im Horizont einer je historisch-spezifischen Konstellation stattfinden. Feministische Politikwissenschaft muss also ebendiese Wandelbarkeit und Elastizität behalten und Weiterentwicklungen – z. B. der Geschlechtertheorie hin zu postkolonialen und queeren Ansätzen – nicht als Bedrohung, sondern als notwendige kritische Bewegungen, also als ›Grenzhaltungen‹ betrachten.« (Ebd.)

Schließlich muss feministische Politikwissenschaft für Sauer vom Anspruch getragen werden, »Teil der Selbstverständigung über gesellschaftliche Kämpfe und Auseinandersetzungen um neue Geschlechter-, Klassen- und Zugehörigkeitsverhältnisse« zu sein (ebd.: 38). Dies bedeutet, »den Zusammenhang von Institutionen und Subjekten, von Strukturen und Subjektivierungsweisen, von Staat und Ökonomie beziehungsweise Gesellschaft, von Diskurs und Struktur stets neu [zu] entdecken, um in neuen Praxen zu resultieren« (ebd.).

Dauerkämpfen!

Der vorliegende Band zeichnet – die Überlegungen von Birgit Sauer aufgreifend und weiterspinnend – in Form von 26 Essays ein vielfältiges Bild feministischer Gegenwartsdiagnosen und Strategien. Kontinuitäten, Brüche, Widersprüchlichkeiten, Gleichzeitigkeiten und Reaktivierungen im Feld der Geschlechterverhältnisse werden ebenso thematisiert und politisiert, wie feministische Beharrlichkeiten und Einsätze sichtbar gemacht werden, gegen diese anzuschreiben und anzukämpfen. Die Essays sollen damit ein Mosaik feministischer Kämpfe, Kräfte und Strategien ergeben, gerade in Zeiten, die sich durch eine ›postfeministische‹ Konstellation (McRobbie 2010) und zunehmenden Antifeminismus ausweisen.

Zum einen werden in den Essays unterschiedliche geschlechterpolitische Orte und Akteur*innen in den Blick genommen werden. Hierzu zählen der Staat, supranationale Organisationen, das Recht, soziale Bewegungen, auch in transnationaler Perspektive, Ökonomie, Körper, Medien ebenso wie Universitäten als Orte umkämpfter Wissensproduktion. Zentrale Fragen sind hier: Was sind gegenwärtig Orte und Kampfplätze geschlechterpolitischer Interventionen, was sind die spezifischen Gelegenheitsstrukturen? Welche geschlechterpolitischen Kämpfe werden hier geführt? Was sind Herausforderungen, was sind Chancen für feministische Politiken? Welche feministischen Kooperationen und Koalitionen sind möglich und/oder notwendig und was sind ihre Forderungen?

Zum anderen werden aktuelle vergeschlechtlichte Macht- und Herrschaftsformen ebenso wie Politisierungspotenziale fokussiert. Unter anderem werfen die Essays dabei folgende Fragen auf: Welche androzentrischen und maskulinistischen Beharrlichkeiten, aber auch welche Veränderungen werden aktuell deutlich? Welche Verwobenheiten werden gegenwärtig wie artikuliert? Wie stellt sich das Verhältnis von Sexismus, Maskulinismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Kapitalismus und Heteronormativität dar? Wo und wie werden diese Verwobenheiten explizit und was bedeutet dies für die Analyse, die Theoretisierung und die Politisierung dieser Verhältnisse?

Diese – und weitere – Fragen diskutieren im vorliegenden Band einige Wegbegleiter*innen von Birgit Sauer in ihrem feministischen Dauerkampf. Angeordnet haben wir den Band entlang von sechs Schwerpunkten: Im Kapitel Staat befassen sich Gabriella Hauch, Amy G. Mazur und Dorothy E. McBride, Nora Gresch und Stefanie Wöhl sowie Elisabeth Holzleithner mit historischen und gegenwärtigen staatlichen Geschlechterpolitiken auf nationaler und supranationaler Ebene. Feministische Perspektiven auf Demokratie entwerfen Andrea Maihofer, Gabriele Wilde und Isabell Lorey. Im Kapitel Körperpolitiken setzen sich Cornelia Klinger, Teresa Kulawik und Kathrin Braun mit machtvollen Konstruktionen von und Zugriffen auf Körper, Reproduktion und Sorge auseinander. In Bewegte Kämpfe loten Sabine Lang, Uta Ruppert, Ina Kerner sowie Sabine Hark und Johanna Hofbauer Spielräume für zivilgesellschaftliche feministische Kämpfe in unterschiedlichen nationalen und transnationalen Konstellationen aus. Mit Rechten Politiken und dem ihnen zugrunde liegenden androzentrischen ›Gender-Wahnsinn‹ befassen sich Katja Chmilewski und Katharina Hajek, Marion Löffler, Edma Ajanovic und Stefanie Mayer, Sigrid Schmitz, Karin Liebhart und Gabriele Dietze. Anhand der Frage Wie weiter? gehen schließlich Gudrun-Axeli Knapp, Antke Engel, Claudia Brunner, Gabriele Michalitsch, Ayşe Dursun und das İstanbul Feminist Kolektif sowie Anna Gius, Verena Kettner und Julia Sachseder möglichen zukünftigen feministischen Kämpfen und Utopien nach.

Angesichts der Breite von Birgit Sauers Arbeiten sowie ihrer vielfältigen nationalen und internationalen Kooperationen fiel es uns nicht leicht, die Zahl der Autor*innen auf ein Ausmaß zu beschränken, das nicht in einem mehrbändigen Werk resultiert. Angefragt haben wir Kolleg*innen, Freund*innen sowie politische und wissenschaftliche Mitkämpfer*innen aus unterschiedlichen Zusammenhängen sowie verschiedener (politik-)wissenschaftlicher Stationen, deren Arbeiten sich mit feministischen Politiken und ihren aktuellen Herausforderungen befassen. Dass alle Autor*innen umgehend zugesagt haben, legt gleichermaßen Zeugnis ab von der Notwendigkeit feministischen Dauerkämpfens und der Bedeutung von Birgit Sauers Wirken in der Landschaft feministischer Politik/Wissenschaft.

Danken wollen wir Iris Weißenböck für die sorgfältige Endredaktion, dem Campus Verlag und insbesondere Judith Wilke-Primavesi für die gute Zusammenarbeit und die Möglichkeit der Veröffentlichung dieses Bandes in der Reihe Politik der Geschlechterverhältnisse sowie dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien für die finanzielle Unterstützung.

Literatur

Ajanovic, Edma/Mayer, Stefanie/Sauer, Birgit (2015), Umkämpfte Räume. Antipluralismus in rechtsextremen Diskursen in Österreich, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Jg. 44, H. 2, S. 75–85.

Ajanovic, Edma/Mayer, Stefanie/Sauer, Birgit (2014), Intersections and Inconsistencies. Framing Gender in Right-Wing Populist Discourses in Austria, NORA. Nordic Journal of Feminist and Gender Research, Jg. 22, H. 4, S. 250–266.

Bargetz, Brigitte/Sauer, Birgit (2010), Politik, Emotionen und die Transformation des Politischen. Eine feministisch-machtkritische Perspektive, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Jg. 39, H. 2, S. 141–155.

Davis, Angela (2017), Angela Davis’ Women’s March Speech: »This Country’s History Cannot Be Deleted«, The Guardian, 22.1., https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/jan/22/angela-davis-womens-march-speech-countrys-history-cannot-be-deleted (Zugriff am 17.4.2017).

Flicker, Eva/Sauer, Birgit (2015), Modernisierung der Universität Wien? – Sozialwissenschaftliche Geschlechterforschung an der Alma Mater Rudolphina Vindobonensis, in: Karl Anton Fröschl/Gerd Müller/Thomas Olechowski/Brigitta Schmidt-Lauber (Hg.), Reflexive Innensichten aus der Universität. Disziplinengeschichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik, Wien, S. 225–238.

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Staat

»Der Staat ist tot! Es lebe der Staat!«

Birgit Sauer, Die Asche des Souveräns, 2001

Politik mit der Geschlechterkarte: Historische Ambivalenzen in Frauenfreund-Konjunkturen

Gabriella Hauch

Am 29. April 1920 wird in der Konstituierenden Nationalversammlung der jungen Republik Österreich über den Zugang von Mädchen zu Höherer Bildung debattiert. Therese Schlesinger, 57-jährige Feministin und Abgeordnete der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Hauch 2009c), betritt das Podium und spricht über die »Übergangszeit« und die Irritationen, speziell der Männer, seit dem »Umsturze« (Sten. Prot. 1920: 2370ff.). Sie beobachte, dass sich nun auch die Vertreter der »bürgerlichen« Parteien für die Gleichberechtigung der Frauen interessieren würden. Humorvoll konstatiert Schlesinger, dass neben den »Novembersozialisten« nun auch »Novemberfeministen« zu finden seien (ebd.). Ihr Wortspiel rekurriert auf die Republikgründung im November 1918 in der Österreichischen Revolution, als sich die von ihr erwähnten »bürgerlichen« Parteien (ebd.) in der Defensive befanden. Durch die Einführung des Frauenwahlrechts waren frühere Gegner zu einer Kehrtwendung gezwungen, denn es ging um Stimmenmaximierung im demokratischen Wettbewerb zur Machterringung, wofür die weiblichen Stimmen unverzichtbar waren.

Ambivalenzen in Sachen Frauen- und Gleichstellungspolitik aufgrund der angepeilten Stimmenmaximierung prägen auch knapp 100 Jahre später die politische Kultur. Vor allem (rechts-)populistische und konservative politische Kreise scheinen seit der Ankunft vor allem männlicher Flüchtlinge und den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/16 in deutschen Städten ihre Sympathie für die Errungenschaften der Frauenbewegung entdeckt zu haben. Der Diskurs über ›unsere‹ Kultur und Lebensart ist geprägt von der Verteidigung von Frauenrechten ebenso wie von einer Selbstbestimmungsrhetorik – paternalistisch und ethnozentrisch fragmentiert an ›unsere‹ Frauen adressiert. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass sich die Geschlechterpolitik dieses rechten und/oder konservativen politischen Milieus seit Jahren gegen alles richtet, was mit Gender zu tun hat (Rosenkranz 2008; Sten. Prot. 20132; kritisch dazu Hark/Villa 2015).

Ich lese diese Gleichzeitigkeit als Reaktion darauf, dass Gender – als rhetorischer Marker für Versuche, Geschlechterverhältnisse aufzubrechen und Machtverhältnisse zu ändern – in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist: verankert in EU-Verträgen, in Landesverfassungen, in Schul- und universitären Lehrplänen, in Betriebsvereinbarungen etc. Darauf reagierte auch die ›erneuerte‹ Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) – 2005 hatte eine Gruppe um Jörg Haider die Partei verlassen und das Bündnis für Österreich (BZÖ) gegründet. Alle Maßnahmen, Ideen und Performanzen, die das heteronormative bürgerliche Familienmodell und, damit verbunden, die ›traditionellen‹ Geschlechterverhältnisse zu gefährden scheinen, kommen seitdem in den stigmatisierten Gender-Pot: »Ja zu Familien statt Gender-Wahnsinn« (FPÖ 2015).

Die Komplexität der Ambivalenzen von Geschlechterdifferenz, -gleichheit und -De/Konstruktion im Feld des Politischen treibt mich seit meiner Jugend um, geleitet von einem feministischen Erkenntnisinteresse, das sich als widerständig definiert und nach Angelpunkten in der so komplizierten Welt sucht. Besonders elektrisieren mich Konstellationen, in denen sich historische Ereignisse in mein Nachdenken über die Gegenwart drängen wie die Rede von der Sorge um Frauenrechte angesichts der nach Europa fliehenden Menschen aus ›fremden‹ Kulturen. Selbstverständlich haben Begriffe und Sachverhalte immer einen zeitlichen Index, Diskurse verändern sich, Rhetoriken ebenso und Erfahrungen wie Verhältnisse sind in Bewegung. Gleichzeitig gibt es jedoch strukturelle Kennzeichen zu beachten, die die Entstehung der bürgerlichen Moderne und ihre vergeschlechtlichten Politikkonzeptionen von Beginn an begleitet und nachhaltig geprägt haben: Das Projekt institutionalisierte Politik wurde zwar als Männerraum respektive als Spielfeld von Männlichkeit/en gestaltet, jedoch gleichzeitig infrage gestellt. Sobald es um Macht geht, können Gewissheiten um Geschlechterordnungen zu vermeintlichen Gewissheiten werden, wie nicht nur am Beispiel der »Novemberfeministen« zu beobachten ist.

Geschlossene Grenzen im politischen Vereinsrecht: Ein Blick zurück

Der § 30 des österreichischen Vereinsrechts von 1867 schloss »Frauenspersonen, Ausländer und Minderjährige« aus dem politischen Vereinswesen aus; Männer organisierten sich in sogenannten politischen Weltanschauungsvereinen und Frauen in religiösen, kulturellen oder Bildungs-Frauenvereinen. Dies entsprach der Geschlechterdichotomie, die sich bereits in der Revolution von 1848 auch ohne gesetzliche Rahmung heraus kristallisiert hatte: Die demokratischen Wiener organisierten sich im Demokratischen Verein, die Wienerinnen hingegen im Ersten Wiener demokratischen Frauenverein – ein krasses Beispiel von Androzentrismus im Feld des Politischen. Als erste Partei in der Habsburger Monarchie forderte die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) im Namen des Gleichheitsparadigmas die Streichung der Ausschlusskategorie Geschlecht. Sie umging den Paragrafen, indem sie jene Frauen, die seit den 1890er Jahren in diversen Arbeiterinnen-Bildungsvereinen samt Arbeiterinnen-Zeitung organisiert waren, als Parteimitglieder einfach mitzählte.

Aber auch im deutschnationalen Milieu wurde um weibliche Mitgliedschaften gerungen. Die Analyse dieser Überlegungen und ihre Konsequenzen für die politische Praxis scheint mir wichtig zu sein, da sie die holzschnittartige Gegenüberstellung von der am Gleichheitsparadigma orientierten Sozialdemokratie hier und dem am Differenzparadigma orientierten konservativen Lager dort hinterfragt. Das Projekt der »deutschen Volksgemeinschaft« basierte auf dem komplementären Geschlechterverhältnis, das die Zugehörigkeit zum Volk mit der Abstammung verband und damit sexuellen Beziehungen einen zentralen Stellenwert einräumte. Damit korrespondierte die Haltung des in den 1880er Jahren entstandenen rassistischen Deutschnationalismus. Im Gegensatz zum älteren liberalen Deutschnationalismus organisierte er sich – z. B. in Linz an der Donau – nicht in Kulturvereinen, sondern in einem politischen (Männer-)Verein. Im Kontext des erstarkenden Frauenrechtsdiskurses und der deutschnationalen Haltung, dass Aufbau und Festigung der »deutschen Volksgemeinschaft« die »unbedingt nöthige« Anteilnahme der Frauen brauche, wurde 1901 der Deutsche Bund in Oberösterreich als nicht politischer Verein gegründet (Hauch 2013: 52ff.). Mit diesem neuen Organisationsraum umging man den § 30 des Vereinsrechts und machte Frauen zu ›politischen Bündnispartnerinnen‹ für die »deutsche Sache« (ebd.: 52). Das komplementäre Modell der Geschlechterbeziehungen in der Ideologie des Deutschnationalismus wurde durch diese (Auf-)Wertung nicht gestört, sondern auf den öffentlichen Raum ausgedehnt und nachhaltig gefestigt.

Dieses taktische Vorgehen, um Frauen für den politischen Deutschnationalismus zu gewinnen, hielt dessen Elite gleichzeitig nicht davon ab, als Gegner des Frauenwahlrechts zu fungieren. Noch in der Debatte zur Wahlordnung zur Konstituierenden Nationalversammlung lehnte Karl Hermann Wolf im Staatsrat am 27. November 1918 »die Hereinzerrung des weiblichen Elements in die Politik« als »Naturwidrigkeit« ab. Nur »verbohrte Parteifanatiker« und Männer, die dem »weiblichen Geschlechte gegenüber […] nicht die natürliche Pflicht […], die der Mann dem Weibe gegenüber hat«, nachkommen könnten, würden »die Forderungen ihrer in natürlicher Weise nicht befriedigenden [sic] Frauen vertreten« (Staatsrat 1918: 8ff.). Diese Wortspende thematisiert den Zusammenhang von Sexualität/Reproduktion und Nationalismus in der Geschlechterordnung der (deutsch-)nationalen Ideologie. Trotz der Gründung des Deutschen Bundes in Oberösterreich, der vom Weitblick angesichts des nicht zu verhindernden Status der Staatsbürgerin zeugt, war die parteiübergreifende Verunsicherung hinsichtlich des Wahlverhaltens der weiblichen Mehrheit evident. Im christlichsozialen Milieu wandelten sich gar entschiedene Gegner des Frauenwahlrechts zu Befürwortern für die Wahlpflicht der Frauen: Nur so schien gesichert, dass das hegemonial katholisch orientierte weibliche Klientel in ländlichen Regionen auch wirklich zur Wahlurne gehen würde (Hauch 1995: 64f.). Eine andere Idee hatte der Abgeordnete Rudolf Heine: Er schlug vor, zuerst die Zahl der Wahlberechtigten feststellen zu lassen und danach die Altersgrenze für Frauen festzulegen, sodass letztlich ebenso viele Männer wie Frauen wahlberechtigt seien. Heine hatte die Vision, dass erfolgreiche Frauenlisten die Männer aus dem Parlament verbannen würden, das heißt, er übertrug seine Aggression als fantasierten Racheakt auf das neue Gegenüber (Staatsrat 1918: 12). Allerdings war dies zu jener Zeit kein fremder Gedanke. So lautete der Refrain eines Friedrich-Hollaender-Hits aus dem Jahre 1926, gesungen von der Berliner »Kodderschnauze« Claire Waldhoff (Hauch 2009a: 151):

»Raus mit den Männern aus’m Reichstag!Raus mit den Männern aus’m Landtag!Raus mit den Männern aus’m Herrenhaus!Wir machen drausEin Frauenhaus.«

Offene Möglichkeiten in der demokratischen Republik: Erste Ambivalenzen …

Die Geschlechterpolitik in den Jahren der Österreichischen Revolution von 1918 bis 1920 bildete den Auftakt für diesen Essay. Sie fand im Kontext der Koalitionsregierung zwischen SDAP und Christlichsozialer Partei statt. Unter dem Eindruck der sozialrevolutionären Dynamik innerhalb, aber auch außerhalb der Grenzen Österreichs wurden zahlreiche sozialpolitische Reformen verabschiedet. Diese waren nicht nur wegen des sozialen Friedens, sondern auch deswegen notwendig geworden, um den Gleichheitsgrundsatz der Republik, also die Gleichstellung aller Staatsbürger*innen ohne Unterschied des Geschlechts, Realität werden zu lassen.

Ein parteiübergreifendes Anliegen aller im Nationalrat seit den ersten Wahlen im Februar 1919 vertretenen weiblichen Abgeordneten war die Mädchenbildung. Wie damit umgehen, dass es bislang für Mädchen unmöglich war, eine öffentliche höhere Schule zu besuchen, und dass zugleich der neue Staat über zu wenig Geldmittel verfügte, um die bestehenden Privat-Mädchenmittelschulen zu übernehmen bzw. neue zu gründen? Das Ergebnis war ein Kompromiss: Die öffentliche Hand übernahm einige Privat-Mädchenschulen und machte – dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend – die öffentlichen Bubenmittelschulen auch für Mädchen zugänglich. Bei Letzterem schoben die Vertreterinnen der Christlichsozialen und der deutschnationalen Großdeutschen ihre Vorbehalte gegen Koedukation beiseite und investierten viel Energie, um die Parteikollegen von der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen zu überzeugen (Hauch 2009b).

Die Debatten in der Konstituierenden Nationalversammlung zu den Maßnahmen, mit denen die Gleichstellung ohne Unterschied des Geschlechts umgesetzt werden sollte, zeugen nicht nur von der Flexibilität der Abgeordneten, wenn es um ihren politischen Durchsetzungswillen ging. Sie zeugen auch von der massiven Verstörung der (männlichen) Mentalitäten durch die Aufhebung des Frauenausschlusses. Soziale Männerräume wie Universitäten oder verschiedene Berufsgruppen wie Juristen, Techniker, Chemiker oder Lehrer an Höheren Lehranstalten suchten nach Lösungen, um den Status quo zu ihren Gunsten aufrechtzuerhalten: Studieren und promovieren für Frauen ja, aber nicht habilitieren und keinen Zugang zu ›bürgerlichen‹ Berufen.

Therese Schlesinger geht in der Rede vom 29. April 1920 auf diese Problematiken ein – vor dem Hintergrund, dass die Ausgangslage »mit dem Umsturze anders geworden« sei (Sten. Prot. 1920). Nun genügte etwa ein einfacher Erlass des Unterrichtsamtes, der Professoren verbot, Studentinnen von Vorlesungen auszuschließen. Sie stellte jedoch für diese »Übergangszeit« noch anderes fest: die sichtbare Ambivalenz der Vertreter der »bürgerlichen Parteien« (ebd.) gegenüber der Gleichberechtigung von Frauen im Berufsleben. Diese wehrten sich zwar gegen das Eindringen von weiblicher Konkurrenz, wenn es jedoch um die eigenen Töchter oder Schwestern ging, änderte sich der Ton der Argumentation. Dann verlangten sie gute Ausbildung und Berufsmöglichkeiten, damit diese ihnen nicht finanziell auf der Tasche liegen würden. Schlesinger ließ sich weder von »Novemberfeministen« noch von anderen Flexibilitäten blenden: »Aber wo es geht, da möchte man bei allen schönen Worten doch die Frauen [von Ämtern und Berufen, GH] fernhalten. Und es geht leider noch auf sehr vielen Gebieten.« (Sten. Prot. 1920: 2372)

Schlesingers Statement korrespondiert mit dem Taktieren um den Fraueneinschluss in das Feld des Politischen vor dem Ersten Weltkrieg ebenso wie um Frauenrechte im (rechts-)populistischen Diskurs der Gegenwart, in dem nicht Frauengleichberechtigung oder Feminismus als F-Worte fungieren, sondern Gender. Auch hier stehen hinter der medial bemühten modernen Rhetorik von Frauenrechten konträr andere Positionen, nachzulesen im Parteiprogramm der FPÖ oder in der vom FPÖ-Parlamentsclub herausgegebenen Publikation von Michael Howanietz (2013).

… und weitere Ambivalenzen: Geschlechterpolitischer Populismus

Die Geschichte der Frauen- und Geschlechterpolitik der FPÖ hat jedoch eine weitere Tradition aufzuweisen. Jörg Haider, Parteivorsitzender von 1986 bis 2000, zog aus dem Gender Gap in der Wähler*innenschaft von meist rund 11 Prozent, der den Aufstieg der FPÖ seit seiner Machtübernahme begleitete, andere Schlüsse. Am Beginn des Wahljahres 1999 – Wahlen zum Kärntner Landtag, zum EU-Parlament und zum österreichischen Nationalrat – gab Haider eine »politische Erneuerung« der FPÖ bekannt: Im Mittelpunkt stünden »Kinder, Frauen und Familien«, da man »einem neuen Wählerpotential auch weichere Themen anbieten« müsse (Hauch 2000: 69).

Mit der kurz zuvor gegründeten FP-Frauenorganisation und der Freiheitlichen Frauencharta gab sich die FPÖ erstmals ein frauenspezifisches Profil, worin vor allem die grundlegende geschlechtsspezifische Problematik des Modernisierungsprozesses aufgegriffen wurde, also die Vereinbarkeit von außerhäuslicher Erwerbsarbeit und unbezahlter Familienarbeit. Die Lösung hieß »Kinderbetreuungsscheck« und wurde in Kärnten zum zentralen Wahlkampfthema: Jede Kärntnerin sollte, begleitet von Selbstbestimmungs- und Wahlfreiheitsrhetorik, bis zum sechsten Lebensjahr ihrer Kinder 5.700 ATS (rd. 440 Euro) erhalten. Die Strategie war erfolgreich, der Gender Gap sank und die FPÖ-Stimmen stiegen in diesem Bundesland auf 42,7 Prozent. Haiders Kommentar: »Das Vorhaben ist geglückt. Wir wissen jetzt, wie wir über 30 Prozent [auf Bundesebene, GH] kommen können.« (Ebd.: 70) Auch ein weiblicheres Gesicht wollte sich die FPÖ geben, gewonnen werden sollten jüngere, moderne Frauen, die den Sermon von der Unterdrückung und dem Opferdasein der Frauen satthatten. Bei den unter 30-Jährigen ging die Rechnung auf, insgesamt blieb jedoch auch bei der Nationalratswahl 1999 der Gender Gap von 11 Prozent aufrecht (ebd.: 74). Allerdings wurden mehr Frauen in höchste Staats- und Parteiämter gehievt – und zwar Frauen, die nicht aus dem traditionellen deutschnationalen FPÖ-Milieu stammten. Spiritus rector dieser Doppelstrategie war Ursula Haubner, Frauenlandesrätin von Oberösterreich und Haiders Schwester. In ihrer Amtszeit gab es das Jahr der Chancengleichheit und im Landtagswahlkampf 2003 ein Plakat mit dem Konterfei des FPÖ-Spitzenkandidaten Günther Steinkellner mit dem Slogan »Wir Männer müssen umdenken nicht die Frauen!« Die Wählerinnen dankten es nicht. Der populistische Versuch, Frauenstimmen mit ›weichen‹ Themen und ›modernen‹ Kandidatinnen zu gewinnen und den Gender Gap zu schließen, misslang. Aufbrechende Machtkämpfe angesichts unfähiger ›neuer‹ Frauen (und Männer) in Ministerien machten es dem Burschenschaftsmilieu, das Haiders Populismusorientierung für kurze Zeit an den Parteirand gedrängt hatte, leicht, sich wieder in Position zu bringen. Der erneute Aufstieg der FPÖ unter Heinz-Christian Strache seit 2005 wird geschlechterpolitisch von dem eingangs skizzierten Anti-Genderismus begleitet, ein strategischer Kurswechsel in Richtung liberal-moderne Geschlechterverhältnisse ist – abseits der rhetorischen Verteidigung ›unserer‹ Frauenrechte – nicht zu vernehmen.

Die Lebenswelten der vergangenen Jahrzehnte sind gleichzeitig von Verdichtung und Entgrenzung geprägt. Begeisterung für digitale Revolution und Globalisierung ebenso wie Angst davor begleiten diese Entwicklungen. Eine strukturell ähnliche emotionale Gemengelage prägte die »Übergangszeit« vom verlorenen Vielvölkerstaat samt pater Kaiser zur Errichtung der »vaterlosen« Republik Österreich in einer sozialrevolutionären Situation (Federn 1919), als es darum ging, den Gleichheitsgrundsatz in der politischen Praxis umzusetzen. Angestrengt, aber mit nachsichtigem Tenor meinte Therese Schlesinger: »[S]ehen wir doch, wie schwer es den heute erwachsenen Männern wird, sich in den Gedanken hineinzuleben, daß die Frau wirklich gleichberechtigt, gleichbefähigt ist.« (Sten. Prot. 1920: 2373) Eine Zeitdiagnose, die es permanent zu bedenken und zu durchbrechen gilt. Gerade in politischen Umbruch- oder Übergangszeiten ist es wichtig, den Kampf um eine geschlechtergerechte und damit frauenfreundliche Gesellschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Das erkannte auch eine jüngere Verbündete Schlesingers, die Staatswissenschaftlerin und Sozialistin Käthe Leichter. Im Januar 1934 forderte sie angesichts des Endes der Demokratie in Österreich ihre »Genossinnen« dringend auf, wieder zu »Frauenrechtlerinnen« zu werden – denn jede Repression sei mit der »Unterdrückung der Frau untrennbar verknüpft« (Leichter 1947).

Das gilt!

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Challenges and Strategies for State Feminism in the 21st Century: A Pragmatic Perspective

Amy G. Mazur/Dorothy E. McBride

Introduction: Hard Times for State Feminism

As members and co-directors of the Research Network on Gender Politics and the State (RNGS), we had the privilege to work with top gender scholars from Western democracies in Europe and North America beginning in 1990. Together, we endeavored to shed some light on a part of the ›never ending struggle‹ to advance the status of women and gender equity. Our effort focused on state feminism – the alliances between women’s movement actors and women’s policy agencies to gain positive state action. This essay uses RNGS research to understand state feminism in the late 20th century and suggests strategies for coping with the challenges of the 21st century.

Publications from the RNGS project on state feminism have mapped out and analyzed the origins, development, and effectiveness of women’s policy agencies and their alliances with women’s movement actors in Western democracies from the 1970s to the early 2000s. Initially, Comparative State Feminism (Stetson/Mazur 1995) argued that it was the initiatives of Social Democratic governments in the 1970s and 1980s combined with strong pressure from moderate feminist groups that led to creating the most successful agencies. These agencies both had influence in policy making and promoted women’s movement access to power. The lesson from this work is that having a Left wing government is not enough to change policy: while such governments were more likely than governments of other parties to establish an agency to promote women’s equality, without movement pressure, these were not as likely to increase access for outside groups into the policy making processes.

In their 2007 study, Gendering the State in the Age of Globalization, Birgit Sauer and Melissa Haussman (2007) confirmed the findings that Left wing parties generally support women’s policy agencies while Right wing parties ignore or destroy them. They also concluded that women’s movement priorities were important in maintaining state feminism. However, their examination of policy debates in the 1990s revealed retrenchment of agencies from their heyday in the 1970s and 1980s. Agencies were being removed to places remote from power centers and demoted to subsidiary offices. Left wing governments may still have maintained their agencies, but were enticed by ideas of mainstreaming gender to all areas of government, thus weakening previously strong agencies by depriving them of their monopoly on women’s policy initiatives. These trends coincided with evidence of state restructuring, in a similar fashion to that revealed in Women’s Movements Facing the Reconfigured State (Banaszak/Beckwith/Rucht 2003). Whereas Lee Ann Banaszak, Karen Beckwith and Dieter Rucht showed states »uploading«, »downloading«, and »offloading« functions to international, private, and local entities, Sauer and Haussman observed the downsizing of state responsibilities, expansion of the state into new policy areas, and transformations in the constitutional organizations of states. These conclusions portended the challenges that face movements and agencies in the 21st century.

Since the early 2000s, social, economic, and political crises and resulting uncertainties have piled up. Whereas 40 years ago women’s movements brought social change and challenged the states and political parties to respond, these days, it seems that movements and their state-based agency allies must cope with a growing environment of shifting alliances, conflict, dissidence, and fear. All women’s movements face generational change as those who led the charge during the heydays slip from public advocacy. The veterans often leave the public stage convinced that younger women fail to understand the importance of sex and gender discrimination and frustrated that their own accomplishments will fade away as well. Well established concepts of sex and gender are shifting with the rise of demands for change in laws and practices pertaining to transgender people. These days, the idea of supporting a program or state agency for ›women’s status‹ often seems old fashioned to those involved in public advocacy.