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Meine Leidenschaft ist verhängnisvoll
Seit Sara McMillan die erotischen Tagebücher der jungen Rebecca gefunden hat, ist nichts in ihrem Leben mehr, wie es einmal war. Von Rebecca fehlt noch immer jede Spur, und Sara ahnt, dass die Suche nach der Unbekannten ihr zum Verhängnis werden könnte. Allein in den Armen des dominanten Künstlers Chris Merit fühlt sie sich geborgen. Doch hinter seiner verführerischen Fassade verbirgt Chris eine Welt voller Schmerz und Dunkelheit, die Sara nicht nur überwältigen, sondern auch zerstören könnte ...
"Ich konnte dieses Buch nicht aus der Hand legen!" FICTION VIXEN
Die DEEP-SECRETS-Reihe:
1. Berührung (Sara und Chris)
2. Enthüllung (Sara und Chris)
3. Hingabe (Sara und Chris)
4. Sein Geheimnis (E-Book-Novella, Chris‘ Sicht)
5. Rebeccas Tagebücher (E-Book-Bonus-Storys)
6. Geheime Sehnsucht (E-Book-Novella, Marks Sicht)
7. Verbotene Träume (E-Book-Novella, Marks Sicht)
8. Geheimes Begehren (Sara und Chris)
9. Tiefe Leidenschaft (E-Book-Novella, Marks und Crystals Sicht)
10. Dunkle Liebe (Roman, Marks und Crystals Sicht)
11. Alles von mir für dich (E-Book-Novella)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 489
LISARENEEJONES
Roman
Ins Deutsche übertragen von
Michaela Link
Zu diesem Buch
Er ist alles, was ich bin, und alles, was ich nicht bin. Ich erinnere mich nicht daran, wo ich aufhöre und er anfängt oder wo er aufhört und ich anfange. Nur zu gern bin ich ganz sein.
Seit Sara McMillan die erotischen Tagebücher der jungen Rebecca fand, ist nichts in ihrem Leben mehr, wie es einmal war. Von Rebecca fehlt noch immer jede Spur, und Sara, die sich der Unbekannten auf unerklärliche Weise verbunden fühlt, will um jeden Preis herausfinden, was mit ihr geschehen ist. Auf der Suche nach Antworten kommt Sara ihrem Chef, dem geheimnisvollen Galeriebesitzer Mark Compton, gefährlich nahe. Aber je mehr sie über seine und Rebeccas Vergangenheit erfährt, desto größer wird ihr Verdacht, dass Mark sie nur manipulieren will. Schon bald ist der Künstler Chris Merit der Einzige, dem Sara noch trauen kann. Wenn Sara mit Chris zusammen ist, vergisst sie alles um sich herum – sie liebt seine dominante Art und ist zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich. Doch Sara kennt Chris, dunkelstes Geheimnis und weiß, dass der verführerische, faszinierende Mann eine Welt voller Schmerz und Dunkelheit in sich verborgen hält. Sara möchte für Chris da sein, ihn heilen, aber sie ist sich nicht sicher, ob sie das kann, ob er es ihr erlaubt … oder ob Chris nicht vielleicht doch der geheimnisvolle Mann aus den Tagebüchern ist, der Rebecca zum Verhängnis wurde.
Für Diego und seinen dauerhaften Glauben an mich und diese Serie
Tagebuch Acht, Eintrag Eins
27. April 2012
Dunkelheit hüllte mich ein, eine völlige Abwesenheit von Licht, die mich innerlich zittern ließ. Nein. Es war nicht die Dunkelheit, die mich zittern ließ. Er war es. Ich spürte ihn, obwohl ich ihn nicht sah. Oh ja, ich spürte ihn. Mit jeder Pore meiner Haut, jeder Nervenzelle, die ich besaß, spürte ich ihn. Er schlich sich an. Forderte mich für sich, obwohl er mich noch nicht berührt hatte. Ich war ihm vollkommen ausgeliefert, nackt und auf Knien, in der Mitte eines weichen Wollteppichs. Enge Riemen pressten mir die Waden an die Oberschenkel, während eine weitere Fessel mir die Brust umschlang und die Arme hinter dem Rücken festhielt. Es schmerzte auf eine bittersüße, erregende Art, und auch wenn ich mich entblößt und verletzlich fühlte, hatte ich gelernt, dass diese Dinge mich auf eine Weise erregten, wie ich sie nie für möglich gehalten hätte. Unglaublich, dass ich Angst davor haben konnte, wohin er mich als Nächstes bringen würde, und dennoch vor Erregung bebte. Und ich hatte Angst, während ich in der Dunkelheit kniete. Angst davor, wie wenig Kontrolle mir über die Reaktion meines eigenen Körpers geblieben war, wie sehr er mich kontrollierte, wenn ich es nicht tat. Wie sehr ich es brauchte, dass er mich kontrollierte. Ich erkenne diesen Teil von mir nicht wieder, jetzt, während ich dies schreibe, aber wenn ich mit ihm zusammen bin, werde ich zu dem, was er von mir erwartet. Ich werde seine willige Sklavin, auch wenn ich gelernt habe, dass ich nur eine Spielfigur in seinen Spielen bin. Er hat mir nichts anderes versprochen, als mich in Besitz zu nehmen. Er wird mir niemals so gehören, wie ich ihm gehöre. Ich werde ihn niemals kontrollieren, wie er mich kontrolliert. Ich spiele nach seinen Regeln, und ich weiß vorher nie, wie sie sich verändern werden oder was oder wer Teil des neuen Spiels sein wird, zu dem unsere Begegnungen werden. Und letzte Nacht, als plötzlich ein Scheinwerfer auf mich gerichtet war, und nur auf mich, als er aus der Dunkelheit vor mich hintrat, war es der Mann, der an seiner Seite stand, der mich bis ins Mark erschütterte. Zwei Männer, davon einer, den ich nicht bei uns haben will. Er weiß es sehr wohl, und doch hat er diese Person eingeladen, sich zu beteiligen. Ich wollte Einwände erheben. Ich hätte Einwände erheben sollen. Aber dort, in diesem Raum, war ich nicht Rebecca. Ich war einfach sein. Manchmal, im Morgenlicht, wenn er mich nicht berühren kann, wenn wir voneinander getrennt sind, denke ich, ich will einfach ich sein, will wieder Rebecca sein. Nur dass ich mir nicht sicher bin, wer das ist. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich noch kenne. Wer ist Rebecca Mason?
In der vollkommenen Dunkelheit, die mich einhüllt, bekomme ich kaum Luft. Sie wurde von dem plötzlichen Stromausfall in der Lagerhalle verursacht, in der ich herumgestöbert habe, in der Hoffnung, Hinweise auf Rebeccas Verbleib zu finden. Ich bin mitten in einen gruseligen Horrorfilm hineingeraten, so einen, wie ich sie hasse, und ich stelle mir sofort mich selbst als das Mädchen vor, das immer genau das Falsche tut und am Ende blutverschmiert und leblos daliegt. Ich, Sara McMillan, bin eine vernünftige Person, und ich befehle mir, meine Furcht als irrational zurückzudrängen. Dies ist lediglich einer der Stromausfälle, die in San Francisco während der letzten Monate immer wieder vorkamen, und eine Maus, die über meine Füße huschen könnte, ist meine größte Sorge.
Aber denkt nicht genau das auch das Mädchen, das in den Horrorfilmen immer getötet wird? Es ist nur ein Stromausfall. Es ist nur eine Maus.
Es war dumm von mir, in der Nacht allein hierherzukommen – so ist es nun mal, und ich versuche, nicht dumm zu sein. Ich wusste doch aus einer früheren Begegnung, dass der Angestellte hier unheimlich ist, aber ich habe nichts darauf gegeben. Ich war einfach zu verzweifelt und brauchte das Gefühl, etwas zu tun, um Rebecca zu finden. Außerdem versuchte ich verbissen, mich von Chris’ Schweigen seit unserem SMS-Austausch heute Morgen abzulenken. Ich habe ihm gestanden, dass ich ihn vermisse. Ich fürchte, seine Reise zu der Wohltätigkeitsveranstaltung hat ihm den nötigen Abstand verschafft, um zu erkennen, dass er mich nicht vermisst. Schließlich hatte er mich in der Nacht zuvor herausgefordert, eins seiner dunkelsten Geheimnisse kennenzulernen, und ich habe genau das getan, was er prophezeit hatte – obwohl ich geschworen hatte, es nicht zu tun, ihn nicht wegzustoßen. Nicht wegzurennen, korrigiere ich mich im Geiste und denke an die Worte, die Chris ziemlich oft benutzt hat, um mein Verhalten vorauszusagen.
Ein Knacken durchdringt die unheimliche Stille, und das ist wahrlich beängstigender als Chris’ Schweigen. Ich bemühe mich vergebens, das Geräusch zu identifizieren. Oh ja, in der Tat, es war verdammt dumm, dass ich allein hergekommen bin. Und obwohl ich mir gern einrede, dass ich nur hin und wieder ein bisschen dumm bin, beweist die heutige Nacht, dass ich, wenn ich schon etwas Dämliches anstelle, es in großem Stil tue.
Ich wage nicht, mich zu bewegen, geschweige denn zu atmen. Dennoch kann ich ein leises, raues Keuchen hören und begreife entsetzt, dass es nicht von mir kommt. Ich versuche, mich zu zwingen, keinen Laut von mir zu geben, aber es funktioniert nicht. Mein Hals ist wie zugeschnürt, und es fällt mir immer schwerer, Atem zu holen. Ich brauche Luft. Ich brauche sie verzweifelt. Ich glaube, ich hyperventiliere. Ja. Das ist es.
Ich erinnere mich, das gleiche Gefühl schon einmal gehabt zu haben – als ob mein Körper fremdgesteuert ist. Es war der Moment, in dem mein Arzt vor fünf Jahren das Krankenhauszimmer meiner Mutter verlassen und mir gesagt hat, dass sie tot sei. Obwohl ich weiß, was mit mir passiert, atme ich weiter flach und keuchend. Ich bin überzeugt, dass meine Atemzüge verraten, wo ich mich befinde. Ich verstehe nicht, wie ich wissen kann, was mit mir geschieht, und trotzdem außerstande bin, es zu verhindern.
Irgendwie stehe ich, aber ich erinnere mich nicht daran, mich aufgerichtet zu haben. Papiere, an die ich mich ebenfalls nicht erinnere, rutschen mir aus der Hand. Panik steigt in mir auf und sagt mir, dass ich schreien und wegrennen sollte. So drängend und klar ist dieses Kämpfen-oder-Fliehen-Gefühl, dass ich einen Schritt vorwärts mache, aber ein weiterer Knacklaut lässt mich erstarren. Mein Blick huscht zur Tür, und ich versuche, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Doch da ist nichts als dieses tiefe, schwarze Loch, das mich zu verschlingen droht. Wieder dieses Knacken. Was ist das für ein Geräusch? Noch ein Laut – das Schlurfen eines Fußes, denke ich – dringt von der Tür an mein Ohr. Adrenalin rast durch meine Adern, und ich denke nicht bewusst, ich handle nur.
Ich hechte durch den Raum, in eine Richtung, von der ich annehme, dass sie frei von Hindernissen ist. Tür, Tür, Tür! Ich muss zur Tür. Wo ist die verdammte Tür?
Meine Finger greifen ins Leere und dann noch mal, bis sie endlich auf kalten Stahl treffen und Erleichterung mich durchflutet, während ich die Tür zuknalle. Ich stemme die Hände gegen das Metall. Was jetzt? Was jetzt? Verschließ die Tür!
Aber ich kann nicht. Die Realität trifft mich mit Macht. Das Schloss ist außen, und – oh Gott – wer immer draußen ist, könnte mich einschließen. Oder … wenn nun die Person, die ich auf dem Gang gespürt habe, schon hereingekommen ist?
Bei dem Gedanken wirbele ich herum und presse mich gegen die Tür. Mir fällt ein, dass ich mein Handy in der Jackentasche habe; ich versuche es zu ertasten. Ich kann nichts sehen. Ich kann nicht einmal klar denken. Wie ist es möglich, dass ich bisher nicht an mein Handy gedacht habe? Als ich es endlich habe, rutscht es mir aus der Hand und landet auf dem Boden. Hektisch lasse ich mich auf alle viere hinab, um danach zu tasten, und bin erleichtert, als sich meine Finger um das Plastikgehäuse schließen. Doch ich bin viel zu fahrig, um die Tastensperre aufzuheben.
Ich springe auf, voller Angst, dass ich erstochen werde, während ich zu wählen versuche – und diesmal hindert nichts meine Flucht. Wegrennen mag eine weitere dumme Idee sein, aber in dieser Situation fühlt es sich auch verdammt dumm an, nicht wegzurennen. Ich reiße die Tür auf, noch mehr Dunkelheit begrüßt mich, aber es ist mir egal. Ich renne los und bete, dass ich nicht der Person in die Arme laufe, die mit mir in der Lagerhalle ist, oder über meine eigenen Füße in das schwarze Loch falle, das mich umgibt.
Ich will nur raus. Raus. Raus. Raus. Das ist alles, woran ich denken kann. Das ist es, was mich auf direktem Wege auf den Ausgang zutreibt. Ich bin ein Bündel aus Furcht und Adrenalin, und jede Vernunft, die ich noch Sekunden zuvor zusammenraffen konnte, ist ausgelöscht.
Ich suche nach dem Ausgang, nach Licht, aber die Außentür ist jetzt geschlossen, und ich renne mit einer Wucht dagegen, dass meine Zähne aufeinanderschlagen. In meinem Mund schmecke ich Blut, weil ich mir auf die Zunge gebissen habe, aber ich lasse das nicht meine Entschlossenheit erschüttern. Ich taste nach der Klinke und stoße erleichtert den Atem aus, als sie sich niederdrücken lässt und die Tür sich öffnet.
Binnen eines Sekundenbruchteils bin ich aus dem Gebäude heraus, die fahlen Laternen auf dem Parkplatz und die kalte Nachtluft von San Francisco sind nach der erstickenden Dunkelheit des Gebäudes wie eine Erlösung. Ich renne zu meinem Wagen. Meine Muskeln ziehen und brennen, aber ich befürchte, dass jemand hinter mir ist, und wage es nicht, kostbare Sekunden zu verschwenden, um mich umzusehen und diese Vermutung zu bestätigen oder zu verwerfen. Ich habe mir die empfindliche Haut meiner Handfläche eingeklemmt, weil ich meine Schlüssel krampfhaft umklammert halte. Jetzt mühe ich mich, den elektronischen Klicker zu finden, um die Autotür zu entriegeln. Während ich gegen den Drang kämpfe, mich doch noch umzuschauen, und stattdessen die Tür aufreiße, scheint die Zeit stillzustehen.
Davon überzeugt, dass irgendjemand mich von hinten packen wird, werfe ich mich auf meinen Sitz und knalle die Tür zu. Dann schließe ich mich im Wagen ein. Hektisch schaue ich aus dem Fenster und sehe niemanden, erwarte aber, jeden Moment Glas splittern zu hören. Meine Hände zittern so heftig, dass ich die eine mit der anderen festhalten muss, um den Schlüssel ins Zündschloss zu bekommen. Sobald er steckt, lasse ich den Motor an und lege ruckartig den Rückwärtsgang ein. Reifen quietschen, und mein Herz donnert. Ich trete auf die Bremse und werde durch den Ruck an die Lehne gepresst. Mein Atem rasselt, und das Geräusch erfüllt den unheimlich stillen Wagen, während ich auf die offene Tür des Gebäudes starre und nichts Spektakuläres oder Furcht einflößendes sehe. Es steht einfach … da. Und ich bin hier. Niemand sonst scheint in der Nähe zu sein.
Es spielt keine Rolle. Je länger ich hier sitze, desto mehr fühle ich mich wie ausgesetzt, verletzlich und wie eine Zielscheibe. Ich trete aufs Gaspedal. Ich muss weg von diesem Parkplatz, sofort.
Ich bin kaum auf der Nebenstraße, die zum Highway führt, die Hände ums Lenkrad gekrallt, als mir klar wird: Der Lagerraum ist unverschlossen. Ich habe ihn offen gelassen und fahre weg.
Ich biege auf eine Tankstelle ein, parke neben dem Gebäude und sitze einfach nur da, eine Minute oder zwei oder zehn. Ich bin mir nicht sicher. Ich bin nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Also lasse ich den Kopf auf das Lenkrad sinken und versuche, mich zu konzentrieren.
Der Lagerraum. Rebeccas Geheimnisse, ihr Leben. Ihr Tod.
Ich reiße den Kopf hoch. Nein. Sie ist nicht tot. Sie ist nicht tot … und doch weiß ich intuitiv, dass dieser Lagerraum ein Geheimnis über sie verbirgt, ein Geheimnis, von dem irgendjemand nicht will, dass ich oder sonst jemand es entdeckt.
»Ich muss zurückfahren und den Raum abschließen«, flüstere ich. Ich könnte die Polizei bitten, sich dort mit mir zu treffen. Sie würden mich nicht dafür verhaften, dass ich mich vor der Dunkelheit fürchte. Sie würden vielleicht lachen, sie wären vielleicht verärgert, aber diesmal werde ich auf Nummer sicher gehen und klug sein.
Mein Handy klingelt auf dem Beifahrersitz. Ich kann mich nicht erinnern, es dort hingeworfen zu haben, darum zucke ich zusammen und balle die Faust zwischen meinen Brüsten. »Gütiger Himmel«, tadele ich mich selbst. »Reiß dich zusammen, Sara.«
Ich schaue auf die Nummer. Chris. Es überläuft mich heiß. Zwischen uns ist so vieles ungeklärt, es gibt so viele Gründe, warum wir nicht füreinander bestimmt sind. Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb habe ich nie so sehr das Bedürfnis gehabt, die Stimme eines Menschen zu hören, wie ich jetzt seine hören möchte.
»Sara«, murmelt er, als ich rangehe, und mein Name klingt seidig und kratzig, ein perfektes männliches Timbre, das durch mich hindurchströmt und sich in dem tiefen Hohlraum meiner Seele breitmacht, den offenbar nur er ausfüllen kann.
»Chris.« Meine Stimme bricht, denn verdammt, meine Augen brennen. Wie ist es möglich, dass ich, nachdem mich in den letzten Jahren kaum einmal etwas innerlich bewegt hat, binnen Wochen ins Gegenteil verfalle? »Ich … ich wünschte, du wärst hier.«
»Ich bin hier, Baby«, sagt er, und ich glaube, ich hoffe, dass ich seine eigenen Gefühle aus den Worten heraushöre. »Ich bin vor deiner Haustür. Mach auf.«
Ich blinzle verwirrt. »Ich dachte, du wärst wegen der Wohltätigkeitsveranstaltung in L.A.«
»Das war ich auch, und ich muss morgen früh wieder hinfliegen, aber ich musste dich sehen. Mach auf und lass mich rein.«
Verblüfft halte ich inne. Ich habe mir den ganzen Tag wegen seines Schweigens Sorgen gemacht. Habe befürchtet, dass er jeden Gedanken an mich abgewehrt hat, so wie ich ihn in der vergangenen Nacht abgewehrt habe. »Du bist nach Hause gekommen, nur um mich zu sehen?«
»Ja. Ich bin nur gekommen, um dich zu sehen.« Er scheint zu zögern. »Willst du mich draußen stehen lassen?«
Das Gefühl, das ich nicht zu fühlen versuche, explodiert in mir, und das Brennen in meinen Augen droht sich in Tränen zu verwandeln. Er ist gekommen, um mich zu sehen, hat sich ein Bein ausgerissen, um aus einer anderen Stadt hierherzufliegen, selbst nach meiner Reaktion auf sein Geständnis gestern Abend im Club. »Ich bin nicht zu Hause.« Meine Stimme ist kaum hörbar. »Ich bin nicht dort, und ich wäre es so gern. Kannst du bitte hierherkommen?«
»Wo ist hierher?«, fragt er und klingt so drängend wie meine Sehnsucht.
»Einige Häuserblocks entfernt. An einer Tankstelle unweit der Lagerhalle, von der ich dir erzählt habe.« Ich kann mich nicht dazu überwinden, Rebeccas Namen auszusprechen, und ich weiß nicht, warum.
»Ich bin gleich da.«
Ich öffne den Mund, um ihm den Weg zu beschreiben, aber die Leitung ist bereits tot.
Ich bin im Nu aus dem Wagen und sehe Chris’ Porsche auf den Parkplatz einbiegen, und das Frösteln, das ich empfinde, hat nichts mit der kalten Luft zu tun, die vom nahen Ozean heranweht, sondern nur mit dem Erlebnis vorhin in der Lagerhalle. Ich schlinge mir die Arme um den Leib und beobachte, wie Chris auf meinen silbernen Ford Focus zufährt. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Plötzlich bin ich nervös und unsicher, und ich hasse diesen Zug an mir, den ich nicht ändern kann. Was, wenn ich seinen Besuch falsch gedeutet habe und er hier ist, um zu beenden, was zwischen uns war? Was, wenn meine Reaktion auf seine große Offenbarung gestern Nacht in Marks Club ihn von dem überzeugt hat, was er mir so oft erklärt hat? Dass ich nicht in seine Welt gehöre?
Schwungvoll gleitet der 911er in die Parklücke neben meiner, und ich versuche, nicht daran zu denken, dass es der gleiche Wagen ist, den mein Vater fährt. Mein Vater ist die letzte Person, an die ich denken sollte, doch ich habe ihn während dieser letzten Wochen einfach nicht aus dem Kopf gekriegt, ohne zu wissen, warum. Ich habe mein inneres Gleichgewicht verloren, meine Gedanken sind wirr, erschüttert von den Ereignissen der Nacht und meiner Angst vor dem, was jetzt zwischen Chris und mir geschehen wird.
Ich beobachte, wie Chris aus dem Wagen steigt, und allein sein Anblick, wie er über dem Dach des Porsche aufragt, lässt meinen Puls von Neuem rasen. Er trägt schwarze Jeans, Bikerstiefel und eine Lederjacke, auf deren Kragen sein blondes Haar wippt. Er sieht zerwühlt und sexy aus, so verdammt rau und männlich. Seine langen Schritte sind so energisch, wie es mich auch zu ihm drängt, und ich stürze auf ihn zu.
Die wenigen Schritte zwischen uns kommen mir wie ein Ozean vor, bevor ich endlich in seinen Armen liege, eingehüllt in den warmen Kokon seiner Umarmung. Er fängt mich mit seinen kräftigen Armen praktisch auf. Der Streit aus der Nacht zuvor ist vergessen, als hätte es ihn nie gegeben. Ich schmiege mich an die harten Konturen seines Körpers, schiebe die Hände unter seine Lederjacke und inhaliere den wunderbaren Duft nach Sandelholz und Moschus, der so herrlich mit Chris verbunden ist.
Mühelos manövriert er mich auf die Seite des Wagens, wo die Mauer uns vor den Blicken der Menschen verbirgt, die in die Tankstelle gehen oder sie verlassen. »Rede mit mir, Baby«, befiehlt er und mustert mich in dem schwachen Schein der Parkbeleuchtung des Porsche. »Alles okay?«
Unsere Blicke treffen sich, und selbst in dem schummrigen Licht kann ich die Verbindung zwischen uns spüren, die Tiefe seiner Gefühle für mich. Chris hat Eigenheiten, von denen ich nicht behaupten kann, sie zu verstehen, aber ich bedeute ihm etwas, und ich will, dass er sieht, was ich ihm letzte Nacht nicht zeigen konnte. Ich will ihn verstehen. Ich will ihn, will ihn ganz, einschließlich jener Gepflogenheiten, von denen ich das Gefühl habe, dass ich nicht mit ihnen umgehen kann.
»Ja«, flüstere ich. »Jetzt, wo du hier bist, ist alles okay.«
Ich habe die Worte kaum ausgesprochen, als sich sein Mund auf meinen drückt, und ich kann sein Drängen schmecken, seine Furcht, die ich jetzt als meine eigene erkenne, eine Furcht, dass wir nach unserem Besuch in Marks Club niemals wieder an diesen Punkt kommen würden, so sein würden. Ich dränge mich an ihn, trinke seine Leidenschaft, verzehre mich nach allem, was er ist und was er für mich sein könnte. Das dunkle Gefühl, das mich im Lagerraum beschlichen hat oder vielleicht in der vergangenen Nacht im Club, steigt in mir auf, aber mein Verstand sperrt sich dagegen. In dem verzweifelten Wunsch, den Dingen zu entfliehen, denen ich mich nicht stellen will, tue ich, was ich normalerweise niemals wage, und gebe mich dem Augenblick ganz hin. Ich spüre, wie ich mich in meiner Leidenschaft verliere, völlig befangen von der Hitze, die tief in meinem Bauch brennt, dem Verlangen, das sich feucht und heiß zwischen meinen Schenkeln ausbreitet. Da ist nichts als die Bewegung von Chris’ Zunge an meiner, sein Geschmack und Duft, das Gefühl seiner Hände, die mich besitzergreifend an seinen Körper pressen. Das brauche ich. Ich brauche ihn.
Ich schiebe die Hände unter sein Hemd, fühle straffe Haut über harten Muskeln, drücke mich enger an ihn. Ein raues Geräusch des Verlangens entringt sich seiner Brust, und ich schwelge in seiner Wonne, seinem Verlangen nach mir, in der Art, wie seine Hände an meinem Rücken hinabwandern, über meinen Hintern, bevor er mich heftig an seine Lenden zieht. Mit der Zunge erkunde ich seinen Mund, während ich seine Erektion hart an meinem Bauch spüre, und etwas löst sich in mir. Es ist mir egal, wo ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin, ich will nur Chris. Ich kann nicht aufhören, ihn zu berühren, ihn zu kosten. Wenn wir übereinander herfallen, bin ich verloren. Und trotzdem ist es nicht genug, um dieses dunkle Gefühl in Schach zu halten. Ich brauche etwas … mehr. Ich brauche …
»Sara.«
Ich keuche auf, als Chris seinen Mund von meinem löst, und seine Stimme klingt rau und hitzig vor Begehren. Ohne eine Vorstellung davon, wie viel Zeit verstrichen ist, lehne ich an der Wand, und weder erinnere ich mich, wie ich dorthin gekommen bin, noch interessiert es mich. Ich versuche, Chris wieder zu küssen. Er schiebt seine Finger in mein Haar, hält mich zurück, und er atmet genauso schwer wie ich. »Wir müssen aufhören, bevor man uns verhaftet. Und im Moment würde ich alles riskieren, nur um in dir zu sein.«
Ja. Bitte. Chris in mir, Chris, der mich ausfüllt. Ich ersehne das mehr als meinen nächsten Atemzug. Ich blinzle ihn an, benommen, aber völlig klar, was ich will, nämlich ihn. Jetzt. Hier. Aber das Geräusch eines Motors und das Lachen eines Kindes dringen mit einem Schlag in mein Bewusstsein, und ich versteife mich. Alles, was in der vergangenen Stunde passiert ist, trifft mich wie ein Faustschlag im Magen. Ich bin entsetzt, dass ich vergessen habe, wo ich bin, vergessen habe, wie dringend ich Rebeccas Sachen sichern muss.
Ich spreize die Hand über Chris’ Brust und spüre seine Wärme. »Ich habe die Zeit vergessen.« Ich keuche. Wie sollte es auch anders sein, mit den Hüften dieses Mannes eng an meinen, die mir eine süße Flucht versprechen, wie nur er sie mir ermöglichen kann? Ich versuche im Nebel aus Lust einen klaren Gedanken zu fassen. »Ich habe vergessen, den Lagerraum abzuschließen. Ich muss dorthin zurück, bevor die Halle schließt.«
Ich will ihm alles erzählen, was passiert ist. Er ist der einzige Mensch, mit dem ich über meine Ängste bezüglich Rebecca reden kann, aber ich weiß instinktiv, dass er ausflippen und zu viele Fragen stellen wird, und dazu ist keine Zeit. Ich muss schnell zur Lagerhalle zurück. »Kannst du mir dorthin folgen? Ich muss mich beeilen.« Ich warte nicht auf eine Antwort, sondern schiebe mich an der Wand entlang, um zu entwischen, und versuche an ihm vorbeizukommen.
Er stützt sich mit der Hand an der Mauer neben meinem Kopf ab und hält mich zurück. »Was brauchst du so spät in der Nacht aus Rebeccas Lagerraum?« Sein Kinn ist auf diese sture Weise verkrampft, die ich langsam zu deuten weiß, und trotz seiner Starrsinnigkeit schwelgt ein Teil von mir darin, dass ich ihn schon ein bisschen kenne.
Ich streiche mit der Hand über die dunkelblonden Bartstoppeln an seinem Kinn, die für das köstliche Brennen an meiner Wange verantwortlich sind. »Kann ich es auf dem Weg dorthin erklären? Bitte, Chris. Ich will wirklich nicht vor verschlossener Türe stehen.«
Sein scharfer Blick durchdringt das Schummerlicht, und verdammt, ich hatte so recht mit meiner Annahme. Er ist wie ein Fels, unverrückbar. Nicht bereit, mich ohne Erklärung entkommen zu lassen. »Was hast du mir nicht erzählt, Sara?«
»Für den Fall, dass du es nicht weißt: Du kannst sehr anmaßend sein, Chris. Ich werde es dir auf dem Weg dorthin erzählen.«
»Erzähl es mir jetzt.«
»Sie werden das Gebäude abschließen.«
Er bewegt sich nicht. Natürlich nicht. Chris hat immer die Kontrolle.
Nicht immer, sagt eine Stimme in meinem Kopf, und ich erinnere mich daran, dass er mir sein Hemd angeboten hat, damit ich mich wegen meiner Nacktheit nicht unsicher fühle, während er bekleidet war. In kleinen, aber wichtigen Dingen teilt er die Macht mit mir.
»Ich bin vorbeigefahren, um zu sehen, ob ich noch irgendetwas anderes finden könnte, das mir verrät, wie ich Rebecca erreichen kann.« Mehr will ich nicht sagen, aber er starrt mich an, und meine Neigung zu nervösem Geschwafel schlägt zu. »Ich habe jedes Zeitgefühl verloren, und dann ist plötzlich der Strom ausgefallen, und es war stockfinster. Ich hatte das Gefühl zu ersticken und konnte nichts sehen, und ich habe es mit der Angst zu tun bekommen. Ich habe ein merkwürdiges Knacken gehört und das Gefühl gehabt, als sei ich nicht allein.«
»Was meinst du damit, du hattest das Gefühl, nicht allein zu sein?«
»Ich weiß einfach, dass ich nicht allein war. Irgendjemand war in dem Gebäude. Es war, als würde er sich an mich heranpirschen. Ich wusste nicht, ob ich mich verstecken oder weglaufen sollte, und ich konnte mein verdammtes Handy nicht finden. Schließlich bin ich weggelaufen, und als ich am Wagen war, bin ich hierhergefahren. Darum habe ich den Lagerraum unverschlossen gelassen. Ich bin gerade hier eingebogen, als du angerufen hast.«
Er mustert mich noch einen Moment, dann stößt er sich von der Mauer ab und flucht leise, während er die Hände in die Hüften stemmt. »Fuck, was hattest du überhaupt nach Einbruch der Dunkelheit allein in dem Lagerraum zu suchen?«
Mein Widerspruchsgeist erwacht, gerade weil ich weiß, dass es nicht das Klügste war, was ich je getan habe. Es ist nicht leicht, sich der eigenen Dummheit zu stellen. »Fluch nicht, Chris.«
»Mach keine Sachen, die dich in Gefahr bringen, und ich werde nicht fluchen.«
Ich werde aufsässig. »Ich kann auf mich selbst aufpassen. Das habe ich jahrelang getan.«
»Und hast du das auch heute Abend getan?« Sein Ärger ist mit Händen zu greifen, er knistert wie eine elektrische Ladung. »Auf dich selbst aufgepasst? Denn wenn du das meinst, machst du mir eine Scheißangst, Sara. Ich habe dir gesagt, dass ich jemanden darauf ansetzen werde, nach Rebecca zu suchen, und das bedeutet, dass du die Sache verdammt noch mal anderen überlassen wirst.«
Jetzt bin ich alles andere als defensiv. Ich bin sauer. Ich brauche nicht noch einen Mann, der mir sagt, dass ich nicht auf mich selbst aufpassen kann. »Wir haben dieses Gespräch bereits geführt, Chris. Nur weil du mich fickst, hast du nicht das Recht, über mein Leben zu bestimmen.«
Ein Muskel in seinem Kinn spannt sich an, und auch wenn der Schatten das Grün seiner Augen verbirgt, bin ich ziemlich sicher, dass sie jetzt vor Ärger glühen. »Ist es das, worum es geht, Sara? Ich ficke dich? Ist es das, wohin uns die letzte Nacht geführt hat? Weshalb du auf einem Parkplatz in meine Arme läufst? Denn wenn du willst, dass ich dich ficke, werde ich dich ficken, bis du dich nicht mehr an deinen verdammten Namen erinnern kannst und dafür meinen niemals vergisst.«
Hitze durchströmt mich, denn ich weiß, wie sehr er dazu in der Lage ist, seine Worte wahr zu machen. Unterschwellig geht es allerdings um etwas anderes, und er weiß nicht, dass ich ihn niemals vergessen werde und es auch nicht versuchen will. Ich öffne den Mund, um das zu sagen, aber ich bekomme die Chance dazu nicht.
»Entscheide dich jetzt, Sara«, verlangt er. »Wenn du mir mehr bedeuten sollst als ein bisschen Geficke, werde ich verdammt sicher alles in meiner Macht Stehende tun, um dich zu beschützen, und du wirst damit fertigwerden müssen.«
Meine Stimmung schlägt um. Ich befinde mich bereits auf altem, vermintem Terrain, und plötzlich kann ich das Gift der Vergangenheit in jedem meiner gezischten Worte schmecken. »Mich beschützen oder mich kontrollieren, Chris?«
Ich warte auf seine Reaktion, warte darauf, dass er versucht, meine Worte abzuschmettern, von mir zu verlangen, was er als sein Recht betrachtet. Einerseits will ich, dass er sich dieser Herausforderung stellt. Andererseits fürchte ich, dass er es tun wird. Nun, falls er es tut, weiß ich zumindest, wie ich damit umgehen muss.
Doch Chris tut nie, was ich erwarte, weder jetzt noch sonst irgendwann. Er sieht mich nur an, seine Miene undeutbar, die Kiefer verkrampft.
Lange, angespannte Sekunden verrinnen, dann greift er in seine Jacke und zerrt seine Schlüssel aus der Tasche. »Lass uns gehen und den verdammten Lagerraum abschließen.«
Er dreht sich um, und ich spüre, wie mir der Magen in die Knie sackt. Ich will mich nicht mit ihm streiten. Und ich streite mich ohnehin nicht mit Chris, begreife ich. Ich streite mich mit meiner Vergangenheit, und ich weigere mich, meine alten Dämonen zwischen uns kommen zu lassen.
Ich spurte vorwärts und schiebe mich zwischen ihn und den Wagen, lege ihm eine Hand auf die Brust. Er berührt mich nicht, sondern starrt vollkommen gefühllos auf mich herab. Ich habe diesen Ausdruck in dem Weinkeller gesehen, nachdem ihm sein Vater etwas gegeben hatte und er emotional dichtgemacht hat, und ich werde ihm das jetzt nicht durchgehen lassen. Nicht bei mir. Nicht, weil mir ein verfluchter Dämon der Vergangenheit in die Quere gekommen ist.
Meine Brust wird eng, ich senke die Lider. »Es tut mir leid.« Ich hole tief Luft und sehe ihm in die Augen. Ich habe eine Todesangst davor, mich bei diesem Mann verletzlich zu zeigen, diesem Mann, der, ohne irgendetwas zu tun, mehr Macht über mich hat als irgendjemand vor ihm, aber ich rufe mir ins Gedächtnis, dass seine Rückkehr sein Olivenzweig war, eine Offenbarung seiner Verletzlichkeit. »Ich brauche dich, und auf einmal bist du hier, und das bedeutet mir mehr, als du ahnen kannst. Ich weiß nicht, wie ich das derartig vermasseln konnte, Chris. Bitte, lass nicht zu, dass ich das jetzt verpfusche wie gestern Nacht.«
Für einen Moment ist er steif und unnachgiebig, sieht mich unter halb gesenkten Lidern mit einem Blick an, den ich nicht zu deuten weiß. Aber plötzlich legt er die Hände auf diese vertraute Art um meinen Hals und zieht meinen Mund so nah an sich, dass er nur einen Luftzug von seinem entfernt ist. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Unterschied zwischen Beschützen und Kontrollieren immer kenne. Das musst du wissen.«
Oberflächlich gesehen ist seine Warnung ganz Alphamännchen, aber darunter liegt noch mehr. Er ist nicht aus Stahl und Granit, zumindest nicht bei mir, und wie so vieles an Chris berührt mich das. »Und du musst wissen, dass ich es dir sagen werde, wenn du die Grenze überschreitest.«
Er streift meine Lippen mit seinen, sanft, aber irgendwie besitzergreifend. »Ich freue mich darauf«, versichert er mir und geht damit so weit er kann, um mir entgegenzukommen. Das Kratzige in seiner Stimme kribbelt wie ein verführerisches Versprechen mein Rückgrat hinunter und zischelt in jede Zelle meines Körpers. Wie so oft bei Chris spüre ich, dass hinter seinen Worten eine Bedeutung steckt, die sich erst noch offenbaren muss. Ich will das verstehen – und ihn.
Er lehnt sich zurück und schaut auf mich herab, und plötzlich entsteht etwas zwischen uns. Etwas, das ich nicht benennen kann, aber mein Geschlecht zieht sich zusammen, und ich ersehne dieses Etwas, tief und quälend. Etwas, das ich noch für mich zu entdecken habe, und ich weiß, dass Chris es mir zeigen kann. Und ich weiß, dass ich bereit bin, mit ihm an Orte zu gehen, an die ich mit niemandem sonst gehen würde. Nein. Es geht tiefer als Bereitschaft. Es ist ein körperliches Verlangen.
Chris parkt den 911er vor dem Gebäude, direkt an der Tür, statt auf dem leeren Parkplatz. »Ich werde gehen und abschließen«, sagt er, schaltet in den Leerlauf und knipst die Parklichter ein. »Welche Lagerraumnummer ist es, und brauche ich einen Schlüssel?«
»Eins-Zwölf. Es ist ein Kombinationsschloss, das ich an der Tür offen habe hängen lassen«, antworte ich, während mein Blick auf der Lagerhalle ruht. Wir scheinen die Einzigen hier zu sein, und das Gebäude liegt immer noch im Dunkeln. Chris macht Anstalten auszusteigen, und ich halte ihn am Arm fest. »Die Tür steht offen.«
»Ist das nicht der Sinn des Ganzen? Rechtzeitig hierherzukommen, um abzuschließen?«
»Ja«, sage ich und schaue auf die Uhr an seinem Armaturenbrett. »Aber es ist dreißig Minuten nach der Schließzeit. Die Halle sollte nicht mehr offen sein.« Ich schaue wieder zur Tür und in das schwarze Loch dahinter. Ich erinnere mich daran, wie stickig es im Inneren war, schaudere und schlinge die Arme in der Gewissheit um mich, dass jemand mit mir dort drin war.
»Was ist los, Baby?«, hakt Chris nach und hebt sanft mein Kinn, um mir forschend ins Gesicht zu sehen. »Was denkst du und sagst es nicht?«
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