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Für die erfolgreiche Scheidungsanwältin Julie Harrison ist klar, dass Liebe nicht von Dauer ist, und sie niemals die Fehler ihrer Klienten wiederholen will. Für sie sind Männer nur Marionetten, die sie auf Distanz hält und nicht an sich heranlässt - außer Luke Walker, Mitinhaber der Walker Security, der ihr einst das Herz brach und den sie seitdem nicht vergessen kann.
Als einer ihrer Klienten ins Visier eines gefährlichen Kartells gerät, schwebt auch Julie in großer Gefahr und Luke Walker macht es sich zur Aufgabe, sie zu beschützen. Doch was als Job beginnt wird schnell zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Julie und Luke verlieren sich immer mehr in einander und ahnen nicht, wie nah die Bedrohung schon ist ...
DIE NEW YORK TIMES UND USA TODAY BESTSELLER-SERIE: Tall, Dark and Deadly - die drei Walker Brüder leiten sehr erfolgreich ihre eigene Sicherheitsfirma "Walker Security". Jeder Bruder ist einzigartig und hat seine ganz speziellen Methoden und Fähigkeiten. Doch eins haben sie gemeinsam: Sie brennen leidenschaftlich für die Menschen, die sie lieben - und sind gnadenlos, wenn sie für eine Sache kämpfen, an das sie glauben. Kein Fall ist ihnen zu schwer und keine Gefahr zu groß.
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Impressum
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Tall, Dark and Deadly – die drei Walker Brüder führen erfolgreich ihre eigene Sicherheitsfirma »Walker Security«. Und obwohl die Brüder komplett unterschiedlich sind, haben sie doch eines gemeinsam: sie brennen für die Menschen, die sie lieben und sind gnadenlos, wenn sie für etwas kämpfen, an das sie glauben. Kein Fall ist ihnen zu schwer und keine Gefahr zu groß.
Riskante Verführung
Sie bekam keine Gelegenheit, etwas zu sagen, da er ihren Mund eroberte und sie mit der Zunge genüsslich kostete, in Versuchung führte und dahinschmelzen ließ. Er drückte sie enger an sich, und ihr wurde ganz heiß, als sie seinen harten Körper spürte.
Für die erfolgreiche Scheidungsanwältin Julie Harrison ist klar, dass Liebe nicht von Dauer ist, und sie niemals die Fehler ihrer Klienten wiederholen will. Für sie sind Männer nur Marionetten, die sie auf Distanz hält und nicht an sich heranlässt – außer Luke Walker, Mitinhaber der Walker Security, der ihr einst das Herz brach und den sie seitdem nicht vergessen kann.
Als einer ihrer Klienten ins Visier eines gefährlichen Kartells gerät, schwebt auch Julie in großer Gefahr und Luke Walker macht es sich zur Aufgabe sie zu beschützen. Doch was als Job begann wird schnell zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Julie und Luke verlieren sich immer mehr in ihrer Leidenschaft und ahnen nicht, wie nah die Bedrohung schon ist …
»Riskante Verführung« ist der zweite Band der Reihe »Tall, Dark and Deadly« von Erfolgsautorin Lisa Renee Jones.
LISA RENEE JONES
TALL, DARK &DEADLY
RISKANTE VERFÜHRUNG
Aus dem amerikanischen Englischenvon Kerstin Fricke
Liebe Leserin, lieber Leser,
zuerst einmal ein großes Dankeschön dafür, dass ihr meine Walker Boys so gut angenommen habt!
Jedes Mal wenn ich mich an den Schreibtisch setze, um ein weiteres Buch in meiner Tall, Dark and Deadly-Reihe zu schreiben, ist es, als würde ich nach Hause kommen. Jedes Mal erlebe ich diese Alpha-Männer aufs Neue. Das verdanke ich größtenteils euch, meinen Lesern. Royce, Luke und Blake waren die Gründe, die meine Liebe für Alpha-Männer entfachten. Alle drei Walker Brüder sind so überaus männlich – und viel zu sexy, um wahr zu sein, aber genau das ist es, was beim Schreiben so viel Spaß bringt. Das, und ihre Fähigkeit, sich Hals über Kopf in eine Frau zu verlieben und ihr ihr Herz zu schenken.
Ob nun Royce, Luke oder Blake euer Favorit ist – es erwartet euch auf jeden Fall viel Spannung, Action und heiße Leidenschaft.
Denn dafür stehen diese drei Männer und alle weiteren, die noch in der Walker Security Serie folgen werden. Sie beschützen ihre Lieben um jeden Preis, und sie lieben ohne Zögern und ohne Grenzen.
Ich hoffe, ihr genießt diese Helden und ihre Geschichten voll und ganz. Sie werden für immer die ersten Männer sein, die mein Autorenherz gestohlen haben, und ich hoffe, eures stehlen sie ebenfalls.
Danke für so viel Unterstützung und Hingabe für diese Serie, und seid gespannt auf weitere Walker Männer!
Xoxo.
LUKE WALKERDer mittlere Bruder, der in jeder Situation Streit schlichtet. Die ruhige Stimme der Vernunft, wenn alles um ihn herum außer Kontrolle gerät. Er ist loyal, und auch wenn er kein Mann der großen Worte sein mag, so besitzt er eine starke Überzeugung und Leidenschaft.
Größe: 2,05 Meter
Augen: Braun
Haare: Dunkelbraun
Hintergrund: Ehemaliger Navy SEAL, betreibt nun Walker Security mit seinen Brüdern
JULIE HARRISON
Augen: Blau
Haare: Lang, blond
Hintergrund: Scheidungsanwältin
LIEBLINGSZITATE VON LISA RENEE JONESEr küsste sie und brauchte sie in diesem Augenblick so sehr wie noch nie zuvor.
»Was brauchst du?« Julie hatte ihn blinzelnd angesehen, und er erkannte die Unsicherheit auf ihren Gesichtszügen. »Einen letzten Kuss« war ihre Antwort gewesen, und sie hatte ihn federleicht und viel zu kurz geküsst.
Auf einmal zog er sie an sich und küsste sie, und die Kälte und Trübsal waren auf einen Schlag vergessen. Sie brauchte diese Wärme, seine Wärme, mehr als die Luft zum Atmen.
ZU LUKES GESCHICHTEUnd dann war da Luke… dieser sexy Mann… seufz. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er zwischen seinen dominanten Brüdern ein wenig in den Hintergrund tritt.
Blake ist der lebhafte und gefühlvolle jüngere Bruder, Royce der verantwortungsvolle ältere Bruder, und dann ist da eben noch Luke. Er ist normalerweise der Ausgeglichene. Das mag langweilig klingen, doch Luke ist alles andere als das. Zurückblickend auf den Schreibprozess dieses Buches kann ich sagen, dass er und Julie vielleicht den härtesten Weg gemeinsam beschreiten mussten. Sie war eine toughe Frau, die durch nichts zu erschrecken ist, und zusammen waren sie eine überaus explosive Mischung. Bereits Jahre zuvor waren sie einander verfallen, aber die Umstände trennten sie wieder.
Jetzt jedoch ist Luke bereit für diese Frau. Und er setzt alles darauf, ihr Herz zu gewinnen.
»Er hat ein paar widerliche Angewohnheiten«, sagte Elizabeth Moore und machte eine dramatische Pause, bevor sie hinzufügte: »Sowohl im Schlafzimmer als auch außerhalb. Er tut Dinge, die man von einem Richter nicht erwarten würde.«
Julie Harrison sah die baldige Exfrau ihres Klienten über den Schreibtisch hinweg ungerührt an und zeigte absichtlich keine Reaktion. »Mrs Moore, Sie sollten wirklich nicht hier sein. Ich möchte ja nicht gefühllos erscheinen, aber ich vertrete Ihren Mann bei dieser Scheidung und bin dadurch an gewisse Gesetze und bestimmte Grenzen gebunden, die ich nicht einfach ignorieren kann.«
»Es überrascht mich nicht, dass er Sie als Anwältin haben wollte«, erwiderte Mrs Moore spitz. »Er steht auf Blondinen, wissen Sie.« Sie musterte Julies sehr kurvige Figur ziemlich unhöflich.
Es wirkte, als hätte sie Julie mit diesen Worten indirekt als Flittchen bezeichnet. Julie fühlte sich getroffen, denn es erinnerte sie an ihre Mutter, die in Las Vegas als Showgirl gearbeitet hatte, sowie an ihre vier Stiefväter. Sie hatte während des Jurastudiums genug dumme Sprüche gehört, und sie taten weh, aber sie motivierten sie auch, sich noch mehr anzustrengen und sich zu beweisen. Julie hatte schon vor langer Zeit akzeptiert, dass sie nie diese Audrey-Hepburn-Eleganz besitzen würde, die Elizabeth Moore seit Jahren lebte. Meistens zumindest. Hin und wieder konnte sie es aber doch nicht verhindern, dass sie neidisch auf Frauen wie Mrs Moore blickte, denen bereits Respekt gezollt wurde, sobald sie nur einen Raum betraten, anstatt das hervorzurufen, was Julies Anblick bei anderen Menschen bewirkte – was immer das auch war.
»Wie ich bereits gesagt habe, Mrs Moore«, beharrte Julie und versuchte, die Unterhaltung zu einem Ende zu bringen, »halte ich es für das Beste, wenn Sie Ihren Anwalt bitten, mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich hätte mich gar nicht mit Ihnen treffen sollen. Aber da Sie gesagt haben, dass es um Leben und Tod ginge, war ich um die Sicherheit aller Beteiligten besorgt.«
»Ich denke, Sie werden verstehen, was ich gemeint habe, wenn Sie alles gehört haben, was ich Ihnen sagen möchte.« Mrs Moore lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. »Außerdem werden Sie mir vermutlich zustimmen, dass es das Beste ist, wenn die Sache unter uns bleibt. Denn ich bin bereit, die widerlichen Angewohnheiten meines Mannes öffentlich zu machen, falls dies erforderlich sein sollte, um bei dieser Scheidung nicht benachteiligt zu werden.«
Bei dieser erschreckend offenen Drohung gingen bei Julie sämtliche Alarmglocken los, vor allem, da Elizabeth einen Ruf als sehr charmante Frau hatte und im Vorstand mehrerer Wohltätigkeitsorganisationen saß. Nichts von alldem passte zu dem Bild, das sie bei diesem Besuch abgab, aber Richter Moore hatte – sehr zu Julies Missfallen – alle Kreditkarten seiner Frau gesperrt und ihr den Geldhahn zugedreht. Daher befand sich Elizabeth Moore nicht nur in einer schlimmen Lage, sondern sah sich aufgrund ihrer Verzweiflung auch zu Taten getrieben, die weder klug noch wünschenswert waren.
»Die Androhung eines Sexskandals ist doch ein bisschen unter Ihrer Würde«, ermahnte Julie sie leise. Es gefiel ihr nicht, wozu der Richter seine Frau zwang und es war ein Versuch wert sie wieder zur Vernunft zu bringen.
Elizabeth lachte humorlos auf. »Ach, meine Liebe, seine sexuellen Vorlieben mögen nicht ganz der Norm entsprechen, aber sie sind nichts im Vergleich zu seinen anderen, hmm, nennen wir sie doch einfach … Süchten.
Ihre Worte schienen mehrere Sekunden lang im Raum zu schweben, und Julie beschlich allmählich ein ganz ungutes Gefühl. Wider besseres Wissen sagte sie: »Ich bin ganz Ohr.«
Elizabeth’ Miene wirkte triumphierend. »Wie Sie wissen, sammelt er Kunstgegenstände. Aber er stellt nicht all seine Stücke aus, sondern bewahrt einige gut verwahrt auf.« Sie hielt kurz inne, um es spannend zu machen. »In einem verborgenen Safe.« Sie zog ganz langsam die Mundwinkel nach oben. »Es gibt Menschen, die sich sehr für einige der Objekte interessieren würden, die mein Mann dort verwahrt. Sie könnten ihm ziemlichen Ärger einbringen.«
»Was genau wollen Sie mir damit sagen?«, fragte Julie und fürchtete sich fast schon vor der Antwort. Ging es um Pornografie oder, schlimmer gar, Kinderpornografie? Bitte nicht, dachte sie.
Elizabeth stand auf. »Sagen Sie ihm einfach, dass er nicht der Einzige ist, der schmutzige Tricks auf Lager hat. Aber es ist besser, wenn Sie nicht mehr erfahren, denn ich mag Sie zwar nicht, Miss Harrison, aber ich möchte auch nicht Ihr Leben in Gefahr bringen.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ging zur Tür.
»Elizabeth«, rief Julie ihr hinterher, blieb jedoch sitzen, da sie nicht zu neugierig erscheinen wollte.
Elizabeth drehte sich um. »Ja?«
»Wenn es so gefährlich ist, dass ich dieses Geheimnis erfahre, warum bringen dann Sie sich selbst in Gefahr, in- dem Sie diese Drohung aussprechen?«
»Mein Mann würde mich nicht umbringen«, erwiderte Mrs Moore. »Und Sie ebenfalls nicht. Aber es gibt andere, die uns alle töten würden, wenn sie herausfinden, was er verbirgt. Er erwartet so etwas nicht von mir. Ich war immer schwach, wenn es um ihn ging. Jetzt da ich bewiesen habe, dass ich es nicht bin, wird er es nicht riskieren wollen, dass ich in dieser Sache weitergehe, sondern mir lieber geben, was ich will.« Sie nickte kurz. »Auf Wiedersehen, Miss Harrison.«
Julie sah ihr nach und war verblüfft, wie unangenehm die Sache geworden war. Dann drehte sie sich auf ihrem Stuhl herum und genoss die Aussicht aus dem Fenster ihres Büros, das sich im fünfzehnten Stock eines Bürogebäudes im Zentrum von Manhattan befand. »Was in aller Welt ist da gerade passiert?«, murmelte sie. Und warum ist es ausgerechnet jetzt passiert? Morgen wollte sie nach Chicago fliegen, um die Scheidungsvereinbarung eines ihrer zahlreichen Klienten aus dem Profisport auszuhandeln. Einige Tage später sollte ihre beste Freundin Lauren Reynolds heiraten, und sie war ihre Trauzeugin. Da passten ihr Komplikationen gerade überhaupt nicht in den Kram.
Seufzend drückte sie auf den Knopf der Gegensprechanlage. »Gina«, sagte sie zu ihrer Assistentin, die jetzt seit sechs Monaten für sie arbeitete. »Können Sie mir bitte Richter Moore ans Telefon holen?«
»Aber natürlich«, erwiderte Gina prompt. Sie erledigte alles zügig und war zwar kratzbürstig, aber auch effizient, und darauf kam es schließlich an.
Julie griff nach ihrer Kaffeetasse, und obwohl sie eigentlich nur selten Alkohol trank, sehnte sie sich jetzt nach einem Drink. Was sagte das über ihr Leben und ihren Beruf aus? Sie wusste nicht, was in letzter Zeit mit ihr los war, aber in ihr nagte eine Unzufriedenheit, die nicht zu ihrer stetig wachsenden hochkarätigen Klientenliste und dem damit verbundenen Erfolg passte. Möglicherweise sollte sie doch in Betracht ziehen, sich der kleinen Anwaltskanzlei anzuschließen, für die Lauren das Büro des Bezirksstaatsanwalts verlassen hatte. Die Kanzlei, für die Julie jetzt arbeitete, war zwar keine der führenden, aber auch nicht gerade unbedeutend. Allerdings war sie schon fast dreißig und musste an ihre Zukunft denken. Sie konnte nicht behaupten, dass die sieben Jahre, die sie jetzt hier war, ihre Karriere vorangetrieben hätten. Man hatte sie eingestellt, um gesellschaftsrechtliche Fälle zu behandeln, ihr aber nur Scheidungsfälle übertragen, die kein anderer wollte, die sie jedoch mit Bravour regelte.
Die Gegensprechanlage summte. »Sie haben den Richter auf Leitung zwei.«
»Danke«, erwiderte Julie, drückte den Knopf und hob den Hörer ans Ohr. »Richter Moore?«
»Ich bin auf dem Weg ins Gericht, Julie«, erwiderte er gereizt. »Was ist so wichtig, dass es nicht warten kann?«
Julie verkniff sich eine schnippische Bemerkung und antwortete mit emotionsloser Stimme. »Ihre Frau war eben hier.«
»Ach, verdammt«, knurrte er. »Das kann doch bestimmt warten.«
»Ich bin mir da nicht sicher, Richter, sagen Sie es mir. Sie scheint zu glauben, dass sie über Informationen verfügt, von denen Sie nicht wollen, dass sie an die Öffentlichkeit gelangen. Ihre genauen Worte waren: ›Er ist nicht der Einzige, der schmutzige Tricks auf Lager hat.‹«
Kurz herrschte betretenes Schweigen in der Leitung.
»Fahren Sie fort«, sagte er dann etwas zu schnell.
Julie blieb absichtlich vage. »Sie hat irgendwelche Kunstgegenstände erwähnt.«
Wieder schwieg er einige Zeit vielsagend.
»Was genau hat sie zu diesem Thema gesagt?«, wollte er wissen, nachdem er sich geräuspert hatte.
Das ist gar nicht gut, dachte Julie. »Sie scheint zu glauben, dass Sie Stücke besitzen, von denen andere nichts erfahren dürfen«, erläuterte Julie in möglichst neutralem Tonfall und klopfte mit der Bleistiftspitze auf ihren Schreibtisch aus schwerer Eiche.
»Die da wären?«, fragte er mit einem Hauch von Panik in der Stimme.
»Das wollte sie mir nicht sagen«, antwortete Julie betont gelassen. »Sie schien zu denken, dass es besser für mich wäre, wenn ich es nicht weiß.«
Erneutes Schweigen. Julie begriff, dass der Richter gerade mit der Panik kämpfte, und machte sich allmählich Sorgen.
Er räusperte sich ein weiteres Mal, und Julie wartete, doch er sagte nichts. »Richter Moore?«
»Das ist kein Problem«, versicherte er ihr mit angespannter Stimme. »Einige Diebe würden große Anstrengungen unternehmen, um heiß begehrte Kunstwerke in die Finger zu bekommen. Ich war schon immer ein wenig besorgt wegen einigen meiner Stücke. Ich werde die fraglichen Objekte an einen sicheren Ort bringen lassen. Geben Sie mir achtundvierzig Stunden, und dann schauen wir mal, ob sie blufft.«
»Es ist kein Bluff, wenn Sie glauben, dass sie ihren Worten Taten folgen lässt«, meinte Julie. »Und wenn Sie achtundvierzig Stunden brauchen, sagt mir das, dass Sie davon ausgehen. Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, Richter, aber«, sie hielt kurz inne und beschloss dann, ihn direkt darauf anzusprechen. »Ich muss mir sicher sein, dass hier nichts vor sich geht, mit dem ich nichts zu tun haben möchte.«
Er lachte, aber es klang gezwungen. »Ich bin Richter, um Gottes willen. Das muss doch etwas zu bedeuten haben. Ich besitze Meisterwerke, für die bestimmte Sammler im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gehen würden. Daher möchte ich nicht, dass diese Teile öffentlich zu sehen sind. Und jetzt tun Sie, was ich gesagt habe, und finden Sie heraus, ob sie blufft.«
Wieder sprach er von einem Bluff, und das stieß ihr übel auf. »In Ordnung, Richter. Betrachten Sie es als erledigt.«
Julie war ein wenig mulmig. Nichts an dieser Situation war erledigt. Ihr Bauchgefühl ließ vielmehr vermuten, dass diese Sache sehr bald sehr unschön werden könnte.
Chicago O’Hare-FlughafenMittwochnacht, zwei Tage später
Innerhalb von zehn Minuten schaffte Julie es vom Parkhaus zu den Gates. Da ein Schneesturm durch das Land fegte, konnte sie es sich nicht erlauben, ihren Flug zu verpassen, da es der letzte für mehrere Tage sein konnte. Angesichts der Tatsache, dass sie für das Probeessen für Laurens Hochzeit, das Freitag stattfinden sollte, verantwortlich war, wäre das ganz übel. Julie beeilte sich entsprechend. Sie hätte gar nicht erst zustimmen sollen, so kurz vor der Hochzeit noch zu verreisen.
Sie starrte die Gate-Nummern an, entdeckte Nummer sieben, aber sie musste zu zwölf. Inzwischen taten ihr längst die Zehen weh. Sie trug schwarze Schuhe mit acht Zentimeter hohen Absätzen, die gut zu ihrem schwarzen Reisekleid passten. Sie versuchte den Schmerz zu ignorieren und betrachtete sorgenvoll die riesigen Schneeflocken durch die Fensterfront. Es schien immer stärker zu schneien. Als ihr Blick auf die Monitore fiel, sah sie, dass zahlreiche Flüge bereits abgesagt worden waren.
»Bitte lass meinen nicht dabei sein«, murmelte sie und wollte lieber gar nicht erst stehen bleiben, um sich zu vergewissern, da sie Angst hatte, ihren Flieger zu verpassen.
Sie kam an ihrem Gate an, und die leeren Sitze im Wartebereich bewiesen ihr eindeutig, wie spät sie dran war. Aber die Türen zur Rampe waren noch geöffnet, was wiederum bedeutete, dass sie es gerade noch rechtzeitig schaffen würde.
Julie hastete zum Schalter und reichte der Angestellten dahinter ihr Ticket. »Bitte sagen Sie mir, dass ich noch nicht zu spät bin.«
Die Mittvierzigerin lächelte und rückte ihre schwarzrandige Brille zurecht. »Sie haben Glück. Die letzte Gruppe ist eben eingestiegen, aber der Flug hat fünfzehn Minuten Verspätung.«
Julie seufzte erleichtert. »Vielen Dank. Und Sie haben recht, ich habe wirklich Glück, da ich diesen Flug unbedingt erwischen muss. Kann ich mir vielleicht noch ganz schnell etwas zu essen holen, bevor ich einsteige?« Es war schon fast zwanzig Uhr, aber die Scheidungsverhandlungen waren derart hitzig geführt worden, dass sie nicht zum Essen gekommen war.
»Wenn Sie sich beeilen, und zwar wirklich beeilen«, antwortete die Stewardess. »Kommen Sie so schnell wie möglich wieder her.«
»Das mache ich«, versprach Julie. »Nochmals vielen Dank. Bitte warten Sie mit dem Schließen der Türen, bis ich drin bin.«
»Keine Sorge«, versicherte ihr die Frau. »Ich werde mit der Crew sprechen und eintragen, dass Sie gleich kommen werden.« Die Stewardess entfernte sich, und Julie steckte ihr Ticket wieder in die Handtasche und machte sich auf die Suche nach dem nächsten Restaurant.
Sie hatte gerade mal vier der fünf Schritte gemacht, als sie über irgendetwas stolperte – ein Kabel oder was auch immer – und beinahe lang hinfiel. Es gelang ihr gerade so, sich nicht den Knöchel zu verdrehen, aber der Riemen ihres Aktenkoffers rutschte ihr von der Schulter, und der Inhalt breitete sich auf dem Boden aus.
»Warum machst du ihn auch nie richtig zu?«, murmelte sie, hielt ihren Rock fest und hockte sich so damenhaft, wie es unter diesen Umständen möglich war, hin.
»Kann ich helfen?«
Julie erstarrte beim Klang der vertrauten Stimme, die unmöglich dem Mann gehören konnte, an den sie augenblicklich dachte. Aber das vertraute Kribbeln, das ihr über den Rücken lief, verriet ihr, dass er es sehr wohl war. Luke Walker, der Bruder des Mannes, den ihre beste Freundin heiraten würde. Ihm und seinen beiden Brüdern gehörte nicht nur Walker Security, sie hatten außerdem Verträge mit einigen Flughäfen geschlossen, darunter diesem. Julie kniff die Augen zu und konnte es nicht fassen, dass genau der Mann, dem sie in den letzten sechs Monaten aus dem Weg gegangen war, ausgerechnet jetzt vor ihr stand.
Sie sah ganz langsam auf und es kam ihr vor, als würde sie sich in Zeitlupe bewegen. Dabei musterte sie die muskulösen Beine in der Jeans, die schmale Taille und die beeindruckend breite Brust. Als er sich vorbeugte, fiel ihm eine dunkle Haarsträhne in die Stirn, und er sah sie so intensiv mit seinen schokoladenbraunen Augen an, dass es ihr die Sprache verschlug.
Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit überkamen auf sie. Erinnerungen an eine viel zu kurze, heiße Affäre während seines Heimaturlaubs von den SEALs. Es war eine kurzlebige, sichere Angelegenheit gewesen, ohne die Zwänge und Komplikationen, die Paare über kurz oder lang zum Scheidungsrichter führten, wie sie aus Erfahrung wusste. Aber jetzt war er kein SEAL mehr, und dieses Mal würde er nicht wieder weggehen. Nachdem sie mühsam gegen die Wirkung angekämpft hatte, die er auf sie ausübte, wann immer sie sich trafen, war ihr irgendwann klar geworden, dass nichts an ihm jemals sicher gewesen war.
»Wie kommt es, dass du ausgerechnet jetzt hier bist?«, flüsterte sie. Das Timing war unfassbar, selbst wenn er hin und wieder hier arbeitete.
»Das war offenbar Glück«, erwiderte er, und seine vollen, sinnlichen Lippen, mit denen er unglaubliche Dinge anstellen konnte, wie sie genau wusste, umspielte ein Lächeln. »Ich hatte eine Besprechung mit der Flughafenleitung, die gerade rechtzeitig zu Ende gegangen ist, sodass ich dir zu Hand gehen kann.« Er griff nach einem dicken Ordner, schob mehrere Papiere hinein und stützte dann einen Ellbogen auf sein Knie, um ihn ihr zu reichen. »Solltest du nicht in New York bei der zukünftigen Braut sein?«
»Ja«, antwortete sie, stopfte den Ordner wieder in ihre Tasche und war sich nicht mehr so sicher, ob ihr die Glücksgöttin an diesem Abend wirklich hold war. »Das sollte ich. Aber ich musste hier dummerweise noch etwas Wichtiges aushandeln.« Sie stand auf, und er tat es ihr nach und reichte ihr noch eine letzte Akte, die sie schnell verstaute. »Danke für die Hilfe.«
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie noch sagen sollte. Er war ihr so nahe, dass sie den Duft seines Aftershaves riechen konnte. Sie kannte die Marke und wusste, wo er sich damit einsprühte. Außerdem wusste sie, wie gut es roch, wenn er nackt war und nichts anderes trug. Aber sie verdrängte diesen ebenso unpassenden wie verlockenden Gedanken und sprach einfach aus, was ihr als Erstes durch den Kopf ging. »Hast du auch diesen Flug gebucht?«
»So viel Glück hatte ich leider nicht«, erwiderte er und sah aus dem Fenster, bevor er hinzufügte: »Ich wollte eigentlich den nächsten nehmen, aber dieses Wetter stimmt mich nicht gerade optimistisch.«
»Du musst aber mit zurückkommen und mir mit der Hochzeit helfen«, beharrte sie. »Du bist der Trauzeuge. Kannst du nicht irgendjemanden bitten, dir seinen Platz zu überlassen?«
»Wir haben alles versucht, aber es hat nicht geklappt. Doch ich werde schon irgendwie nach New York kommen, selbst wenn es bedeutet, dass ich einen Charterflug nehmen muss.«
»Du kannst doch bei so einem gefährlichen Schneesturm nicht so ein kleines Flugzeug nehmen«, empörte sich Julie. »Bitte sag mir, dass du das nicht tun wirst, Luke.«
»Du hast doch eben selbst gesagt, dass ich irgendwie nach Hause kommen muss.«
»Ja, aber auf einem sicheren Weg.«
Er sah sie fragend an. »Machst du dir etwa Sorgen um mich?«
»Ja«, antwortete sie, ohne zu zögern. Dies war einer der Punkte, bei denen sie ihre Gefühle nicht verbarg. »Ich mache mir Sorgen um dich. Große sogar. Ich weiß, dass du bei den SEALs gewesen bist, aber du musst nicht den Macho spielen. Du kannst genauso gut abstürzen und sterben wie wir anderen auch.«
»Ich spiele doch gar nicht den Macho.«
»Ihr Walker-Männer seid doch die personifizierten Machos.«
»Damit kannst du nur meine Brüder meinen«, witzelte er.
»Du warst ein SEAL. Das ist im Grunde genommen ein anderes Wort für Macho.«
»Ja, das war ich«, stimmte er ihr zu. »Aber die Zeiten sind vorbei.«
Julie stieß diskret die Luft aus, als er das sagte und ihr gewissermaßen eine Botschaft übermittelte. Er war hier. Dieses Mal würde er nicht wieder weggehen. Er sah sie mit seinen schokoladenbraunen Augen an, und die Luft schien dicker zu werden und sich elektrisch aufzuladen. Seine Stimme wurde sanfter. »Weißt du, Julie, wir könnten …«
»Entschuldigen Sie bitte, Miss Harrison«, schaltete sich die Flughafenangestellte ein. »Sie müssen jetzt an Bord gehen.«
»Ich bin schon unterwegs«, versicherte Julie ihr und wartete hoffnungsvoll darauf, dass Luke seinen Satz zu Ende bringen würde.
Er zögerte nur eine Sekunde lang und schien das, was er hatte sagen wollen, zu verwerfen. »Du solltest lieber gehen. Wir sehen uns dann beim Probeessen. Ich werde da sein. Steig du jetzt lieber ins Flugzeug und sorge dafür, dass du ebenfalls da bist.«
»Geh keine unnötigen Risiken ein«, verlangte Julie von ihm.
»Keine Sorge, das werde ich nicht.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
Sie musterte ihn und war sich nicht sicher, ob sie ihm glauben konnte. »Luke …«
»Miss«, warf die Stewardess ein. »Wenn Sie nicht sofort einsteigen, fliegt das Flugzeug ohne Sie los. Sie müssen jetzt wirklich mitkommen.«
Julie ging langsam rückwärts. »Wenn dir etwas passiert, ist die Hochzeit ruiniert.«
»Das ist mir klar.« Er lachte, und dieses tiefe, wundervolle Geräusch schien jedes ihrer Nervenenden zu stimulieren. »Steig in den Flieger. Wir sehen uns dann da. Lebendig.«
Sie holte tief Luft und zwang sich, den Blickkontakt abzubrechen und zur Rampe zu eilen. Dabei sagte sie sich, dass sie sich vor allem wegen der Hochzeit Sorgen um ihn machte. Es war besser, sich darauf zu konzentrieren anstatt auf das, was er beinahe gesagt hätte. Wir könnten … Wir könnten was? Aber das war unwichtig. Zwischen ihnen würde nichts mehr passieren. Das würde sie nicht zulassen.
Doch wieso musste sie bei jedem Schritt gegen den Drang ankämpfen, sich umzudrehen und nachzusehen, ob er noch da war? Sie wollte doch gar nicht wissen, ob er sie längst vergessen hatte, während er ihr immer noch im Kopf herumschwirrte. Luke bedeutete nur Ärger, Kummer und unangebrachte Gefühle, und das alles konnte einfach nicht gut enden. Es gab einen guten Grund dafür, dass sie nie Beziehungen hatte. Sie funktionierten einfach nicht. Dennoch schaffte er es, dass sie ihre Vorsicht am liebsten in den Wind geschossen hätte. Lauren und Lukes Bruder Royce hatten in ihr den Wunsch geweckt, wieder an das Gute zu glauben. Die beiden hatten ihr Happy End verdient. Aber sie würden die Ausnahme sein. Davon war sie überzeugt, denn im Allgemeinen tat die Liebe nur weh. Niemand wusste das besser als sie.
***
Luke Walker sah der einzigen Frau nach, die seine Welt je ins Wanken gebracht hatte. Sie ging zu ihrem Flieger, und ihr knackiger Hintern wippte verführerisch hin und her. Er erinnerte sich an einen anderen Abschied, wobei er sich fragte, ob sie auch hin und wieder daran dachte. Es war zwei Jahre her, und er hatte zurück in den aktiven Dienst gemusst, nachdem er zwei Monate lang vor allem in ihren Armen gelegen hatte. Sie hatte ihn zum Flughafen gebracht. Vor den Sicherheitschecks hatten sie sich lange in die Augen gesehen, während das Schweigen schwer auf ihnen lastete, und er hatte nicht gewusst, was er sagen sollte. Ihre gemeinsame Zeit war nicht besonders lang gewesen. Sie hatten beide von vornherein gewusst, dass es nur eine Affäre sein sollte, ohne jegliche Verpflichtungen und ohne eine Zukunft, aber er hatte nicht gewollt, dass sie endete. Jetzt schloss er die Augen und erinnerte sich an die Vergangenheit.
Sie hatte ihm die Hände auf seine Brust gelegt, und ihre Berührung schien ihn durch den Stoff seines T-Shirts hindurch zu versengen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn zärtlich, und er hätte den Kuss am liebsten erwidert, als wäre es der letzte seines Lebens. »Bleib am Leben, Soldat«, flüsterte sie. »Die Welt braucht mehr Männer wie dich und nicht weniger.«
Er hatte die Arme um sie gelegt und sie an sich gedrückt. »Und was ist mit dir? Was brauchst du?«
Julie hatte ihn blinzelnd angesehen, und er hatte die Unsicherheit auf ihren Gesichtszügen erkennen können. »Einen letzten Kuss«, war ihre Antwort gewesen und sie hatte ihn federleicht und viel zu kurz geküsst. Dann hatte sie sich abgewandte und war fast zum Ausgang gerannt, während er traurig und enttäuscht zurückblieb.
Luke rieb sich den verspannten Nacken. Im Laufe der Zeit hatte er diesen Tag immer wieder vor seinem inneren Auge gesehen. Das war kein richtiger Abschied gewesen.
Eine Lautsprecherdurchsage schallte durch den Flughafen und holte ihn in die Realität zurück. Sein Flug war gestrichen worden. Die Türen von Julies Flieger waren noch nicht geschlossen. Er hatte irgendwie das ungute Gefühl, dass auch sie nicht von hier wegkommen würde.
Luke ging zum Schalter und wandte sich an die Stewardess. »Wird dieses Flugzeug noch starten?«
Sie seufzte. »Sie versuchen, noch eine Freigabe zu bekommen, aber es sieht nicht gut aus.«
»Wenn sie nicht mehr starten, buchen Sie dann ein Hotelzimmer für die Passagiere, da sie schon eingecheckt hatten?«
»Wir zahlen nicht für das Zimmer, da der Flug aufgrund des Wetters ausfällt«, erwiderte sie, »aber wir besorgen ihnen eine Hotelreservierung, wenn sie das wollen.«
»In welchem Hotel?«
»Im Royal Blue«, antwortete sie. »Falls Sie auch dort absteigen wollen, könnte das schwierig werden. Die Fluggesellschaft hat bereits sehr viele Zimmer reserviert. Sie sollten sich schnell erkundigen, ob noch etwas frei ist.«
»Verstehe«, meinte Luke. »Vielen Dank.« Er wandte sich ab und ging los. Neben der Fluggesellschaft hatten auch die Verwaltung und die Security des Flughafens einen Vertrag mit diesem Hotel, und er besaß einen Sicherheitsausweis, mit dem er bei den Reservierungen Vorrang hatte. Daher würde er jetzt zum Royal Blue gehen und dafür sorgen, dass Julie nicht in einem anderen Hotel abstieg. Und wenn sie dann eintraf, würde er sie erwarten.
Eineinhalb Stunden nachdem sie Luke im Flughafen zurückgelassen hatte, trat Julie durch die Drehtür des Hotels und hielt mit ihrem Rollkoffer auf die Rezeption zu. Sie hätte zu gern gewusst, was aus Luke und seinem Flug geworden war, und machte sich immer noch Sorgen um ihn, fragte sich aber gleichzeitig auch, ob sie es wohl beide schaffen würden, rechtzeitig zur Hochzeit wieder zurück zu sein. Die Versuchung, ihn anzurufen, wäre sehr groß gewesen, wenn sie denn seine Nummer gehabt hätte, vor allem, da sie selbst gern schnellstmöglich mit einem Charterflug geflogen wäre. Aber sie hatte seine Nummer nicht und würde auch nicht Lauren und Royce anrufen und wegen des Schneesturms in Panik verfallen, da sie doch hoffentlich früh am nächsten Morgen einen Flug bekommen würde. Andernfalls musste sie sich eben auch einen Charterflug suchen und die Warnung ignorieren, die sie Luke gegenüber ausgesprochen hatte. Aber sie würde eher zu Fuß nach Hause laufen, als Laurens Probeessen zu verpassen.
Julie blieb vor dem mit einem Seil abgetrennten Bereich stehen, um sich anzumelden, und bemerkte, dass noch zehn Personen vor ihr in der Schlange standen, die größtenteils ebenfalls in ihrem Flieger gesessen hatten. Es war großes Glück gewesen, dass sie das erste Shuttle zum Hotel erreicht hatte, sonst hätte sie vermutlich länger warten müssen.
Seufzend stützte sie sich auf ihren Koffer, da sie müde von dem langen Tag war, und spürte, wie ihr die Augen zufielen, als sich die Schlange einfach nicht weiterbewegte. Dabei musste sie an das letzte Mal zurückdenken, als sie sich von Luke verabschiedet hatte. An jenem Tag hatte sie ihn zum Flughafen gebracht, und ihre Affäre war viel zu früh zu Ende gegangen. Damals hatte sie ihm gesagt, dass die Welt mehr Männer wie ihn brauchte. »Was brauchst du?«, hatte er daraufhin wissen wollen. Beinahe hätte sie ihm geantwortet: »Dich. Ich brauche dich, Luke.«
Auf einmal erschauerte Julie und hatte ein derart seltsames Gefühl, dass sie sich aufrichtete und unauffällig in der Lobby umsah. Ihre Aufmerksamkeit wurde augenblicklich von drei Männern angezogen, die mit dem Rücken zu ihr in der Nähe einer Tür standen, durch die man vermutlich ins Restaurant oder zur Bar gelangte. Sie sahen nicht einmal zu ihr herüber und dennoch … Irgendetwas war merkwürdig an ihnen.
Elizabeth Moores Worte hallten wieder durch ihren Kopf. »Mein Mann würde mich nicht umbringen. Und Sie ebenfalls nicht. Aber es gibt andere, die uns alle töten würden, wenn sie herausfinden, was er verbirgt.« Julie rieb sich die Arme und schalt sich innerlich, dass sie ihrer Fantasie derart freien Lauf ließ.
Sie rückte weiter zum Schalter vor und hoffte, dass sie möglichst bald ein Zimmer bekam und endlich diese Lobby verlassen konnte. Hinter dem Schalter nahmen noch weitere Rezeptionisten Platz, und nach wenigen Minuten wurde sie ebenfalls nach vorn gerufen. Unwillkürlich musterte sie die drei Männer noch einmal und stellte fest, dass einer von ihnen verschwunden war. Wieso war sie jetzt nicht erleichtert, sondern wurde noch unruhiger?
Doch sie hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Der Rezeptionist arbeitete schnell, und schon war Julie auf dem Weg zu ihrem Zimmer. Sie stellte ihre Handtasche auf ihren Koffer und ging mit dem Zimmerschlüssel in der Hand in Richtung Fahrstuhl, wo sie rasch in eine leere Kabine stieg. Nachdem sie den Knopf für ihre Etage gedrückt hatte, lehnte sie sich an den Spiegel und freute sich darauf, gleich Ruhe, Frieden und Schlaf zu finden. Oh ja. Einfach nur noch schlafen.
Eine Sekunde, bevor sich die Türen schlossen, schob jemand seine Hand dazwischen, sodass die Türen mit einem lauten Ping wieder aufgingen. Schon lief ihr der unheilvolle Schauer wie zuvor in der Lobby erneut über den Rücken.
Ein Mann betrat die Kabine, sah sie mit seinen dunklen Augen an, und bei dem Blick wurde ihr mit einem Schlag eiskalt. Seine Augen wirkten hart und berechnend. Sie wandte den Blick ab und versuchte, ihren Herzschlag zu beruhigen, während sie sich sagte, dass sie ihn sich erneut ansehen musste, um mehr über ihn zu wissen als nur, dass er groß war, dunkles, welliges Haar hatte und eine helle Jacke trug. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass das noch wichtig werden könnte.
Er wollte drei Etagen weiter nach oben, und sie versuchte, sich damit zu trösten. Wenn er ein Ziel, ein Zimmer und das Recht hatte, hier zu sein, dann war er vermutlich nur ein weiterer gestrandeter Reisender. Doch sie zählte trotzdem die Stockwerke und flehte den Fahrstuhl an, schneller zu fahren. Die Türen öffneten sich erneut, aber sie hatten ihre Etage noch nicht erreicht, auch wenn Julie am liebsten fluchtartig die Fahrstuhlkabine verlassen hätte.
Ein junges Paar kam herein. Julie umklammerte den Koffergriff. Sie sollte aussteigen. Von diesem seltsamen Mann wegkommen, der ihr jetzt die Tür aufhielt. Aber was war, wenn er ebenfalls ausstieg? In Gesellschaft war sie sicherer.
Die Türen schlossen sich wieder, und sie blieb untätig stehen. Ein Stockwerk weiter stieg das Paar wieder aus, sodass Julie erneut mit dem Fremden und ihrer Unruhe allein war. Sie starrte die Türen an und zählte die Sekunden, bis sie zwei Etagen weiter oben erneut anhielten. Sofort nahm sie ihren Koffer und verließ die Kabine.
Sobald sie auf dem Flur stand, entdeckte sie ihr Zimmer auf der rechten Seite. Ein Glück. Sie hatte ihre Zuflucht fast erreicht.
Sie schaute noch einmal über die Schulter zum Fahrstuhl. Die Türen schlossen sich bereits, und der Fremde schien die Kabine nicht verlassen zu haben. Hatte er die Tür lange genug aufgehalten, um zu sehen, wohin sie ging?
Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und versuchte sich einzureden, dass sie in ihrem Zimmer in Sicherheit wäre und dass dort niemand einbrechen konnte. Sie zog die Schlüsselkarte über das elektronische Lesegerät und runzelte die Stirn, als das kleine Licht weiterhin rot blieb. »Verdammt«, murmelte sie und versuchte es erneut.
Das Licht blieb rot.
Nein. Nein. Nein. Das konnte doch nicht wahr sein! Sie ließ den Kopf gegen die Tür sinken, sodass ihr Haar nach vorn fiel und ihr Gesicht verdeckte. Eigentlich weinte sie nicht oft, aber jetzt standen ihr Tränen in den Augen. Die Begegnung mit Luke hatte sie aufgewühlt. Dazu kam noch die Sorge, dass sie die Hochzeit verpassen könnte, und das Treffen mit Elizabeth Moore, das sie offensichtlich stark erschüttert hatte. Himmel, sie war so müde. Und sie machte sich Sorgen. Das passte doch gar nicht zu ihr. Aber allein die Vorstellung, noch einmal in die Lobby hinunterfahren zu müssen, war beinahe unerträglich.
»Gibt es ein Problem?«
Der tiefe, sinnliche Bariton ließ ihre Haut kribbeln und rief ein vertrautes, warmes Gefühl in ihr hervor. Julie hob den Kopf und wirbelte herum.
»Luke?« Er lehnte am Türrahmen des Nachbarzimmers, und sein hellblaues T-Shirt schmiegte sich an seinen muskulösen Oberkörper, den sie früher einmal voller Wonne erkundet hatte. Es war wundervoll gewesen. Sie bekam einen trockenen Mund, und ihre Müdigkeit war nichts im Vergleich zu der Wirkung, die er auf sie ausübte. Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus, und ihr Herz schlug schneller. Dieser Mann war ja noch heißer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Zum zweiten Mal an diesem Abend konnte sie diese glückliche Fügung kaum begreifen. »Wie kommt es, dass du das Zimmer neben meinem hast?«
Er schenkte ihr ein schiefes Grinsen, bei dem sie sein linkes Grübchen sehen konnte, und blickte sie mit seinen schokoladenbraunen Augen an. »Anscheinend hatte ich trotz des gestrichenen Flugs Glück.« Dann deutete er mit dem Kinn auf ihren Koffer. »Brauchst du Hilfe?«
Sie stieß die Luft aus, die sie unwillkürlich angehalten hatte. Ja, Luke war gefährlich. Er konnte ihr Herz und ihren Verstand in Gefahr bringen. Aber bei ihm fühlte sie sich sicher, vor allem an diesem Abend, an dem sie alles zu beunruhigen schien. Sie wusste nicht, warum das so war, aber irgendwie war mit einem Male alles besser, nur weil er da war. »Meine Schlüsselkarte funktioniert nicht. Heute scheint gar nichts zu klappen, aber das hast du ja selbst gesehen.«
Er musterte sie nachdenklich und ging auf sie zu. »Es ist ziemlich nervig, auf der Rollbahn rumzustehen. Ich habe hier rumgesessen und auf dich gewartet, da hatte ich genug Zeit, dir schon mal ein Zimmer zu reservieren.« Er blieb vor ihr stehen. Sehr nah. Unglaublich nah.
»Du hast das Zimmer neben deinem reserviert?«
Seine Augen verdunkelten sich, und die Luft schien zu knistern. »Genau«, bestätigte er, schloss die Hand um ihre Schlüsselkarte, berührte dabei ihre Finger und jagte ihr eine Hitzewelle durch den Arm. »Ich dachte, wir müssen vielleicht zusammen einen Weg finden, nach Hause zu kommen, und ich möchte Royce und Lauren nur ungern beunruhigen, indem ich ihnen sage, dass wir hier festsitzen.«
»Das ist mir auch schon durch den Kopf gegangen«, erwiderte sie. »Ich wollte dich eigentlich wegen des Charterflugs anrufen, musste dann jedoch feststellen, dass ich deine Nummer gar nicht habe.«
»Hast du mich nicht noch gewarnt, dass ein Charterflug viel zu gefährlich wäre?«, konterte er, trat vor ihre Tür und zog die Karte über den Öffnungsmechanismus.
»Ja.« Sie lachte und staunte selbst darüber, dass sie die Energie dafür aufbrachte. »Genau. Aber ich habe gehört, dass es da einen tapferen Navy-SEAL gibt, der mich beschützen kann.« Großer Gott, sie flirtete mit ihm. Das musste sofort wieder aufhören. Sex war eine Ressource, ein Werkzeug, um Stress abzubauen, aber nichts Persönliches. Doch bei Luke hatte das nicht funktioniert. Sie beobachtete, wie er die Schlüsselkarte dreimal ausprobierte. »Das habe ich eben auch schon versucht.« Plapperte sie rasch und versuchte somit schnell von ihrem unbedachten Kommentar abzulenken.
Er zuckte mit den Achseln. »Es kann nicht schaden, es mehrmals zu testen, aber in diesem Fall scheint es nicht zu klappen. Die Karte ist ein Blindgänger. Na, wenigstens ist es keine Granate – es sei denn, sie landet vor deinen Füßen.«
»Ist dir das mal passiert?«, fragte sie und begab sich damit in sehr persönliche Gefilde, die sie bei diesem Mann eigentlich hatte vermeiden wollen, aber sie tat es trotzdem.
»Oh ja«, bestätigte er. »Und ich kann dir versichern, dass es nicht besonders witzig war. Ich habe mich übrigens schon nach einem Charterflug erkundigt. Alles hängt davon ab, wie schlimm es morgen noch stürmt. Wenn es das Wetter erlaubt und die Fluglinien mitspielen, ist es eine Option.« Er griff nach ihrem Koffer. »Wie wäre es, wenn du das Telefon in meinem Zimmer benutzt, um dir eine neue Schlüsselkarte bringen zu lasse?« Er wartete nicht einmal auf ihre Antwort, sondern rollte ihren Koffer, auf dem noch immer ihre Handtasche stand, zu seinem Zimmer.
Julie stand wie erstarrt da und musterte seine breiten Schultern und seinen kräftigen Rücken. Wenn sie ihm folgte, dann würde sie dieses Zimmer nicht wieder verlassen, ohne ihn berührt zu haben.
Ihr Verlangen wurde immer stärker und dringlicher, aber ihre Besorgnis kämpfte dagegen an. Sein Bruder würde ihre beste Freundin heiraten. Sie konnten keine unverfängliche Affäre haben. Und dann lief alles auf etwas hinaus, das sie mit einem Mann nie hatte haben wollen und noch nie gehabt hatte: eine Beziehung.
Er blieb vor seiner Tür stehen und sah sie über die Schulter hinweg herausfordernd an. »Willst du etwa im Flur stehen bleiben?«
Sie wollte ihn. Fast kam es ihr so vor, als würde sie ihn brauchen. Sie sollte das nicht tun, aber … Sie schloss kurz die Augen. Wem machte sie hier etwas vor? Es war ihr schlichtweg unmöglich, Luke einen Korb zu geben. Was wiederum bedeutete, dass sie einen Weg finden musste, mit ihm zurechtzukommen. Möglicherweise hatten sie einfach nicht genug Zeit gehabt, als dass der Sex langweilig werden konnte. Vielleicht fühlten sie sich nur zueinander hingezogen, weil er gegangen war, bevor sie genug voneinander gehabt hatten, und sie machte aus der Sache mit ihm mehr, als eigentlich dran war. Genau. Sie konnte wieder die Kontrolle übernehmen und alles in die richtigen Bahnen lenken. Im Bett ebenso wie in ihrem Kopf und in ihrem Herzen. In ihrem Herzen … Verdammt. Was hatte das denn damit zu tun? Sie hatte nur von ihrem Verstand gesprochen.
Sie sah ihm in die Augen. »Natürlich nicht.« Dann folgte sie ihm in sein Hotelzimmer.
Luke war sich Julies Nähe mit allen Sinnen und jedem Zentimeter seines Körpers bewusst, und ihm war klar, dass er in den nächsten Stunden all seine Willenskraft aufbringen musste. Er wollte sie. Er begehrte sie, wie er noch keine andere Frau begehrt hatte, und genau das war der Grund, aus dem er sie nicht anrühren durfte. Nicht jetzt. Noch nicht. Aber bald, und er wusste, dass sich die Zeit dahin wie eine Ewigkeit anfühlen würde.
Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und er stellte ihren Koffer vor den Schrank in die Ecke, drehte sich um und stellte fest, dass sie auf seinem breiten Bett saß und ihr langes blondes Haar ihre Schultern umspielte. Schultern, von denen er wusste, dass sie cremeweiß waren, ebenso wie er wusste, dass ihre Haut weich und seidig war und ihn dazu verlockte, sie wieder und wieder zu berühren. Sie griff nach dem Telefon. Er lehnte sich an die Wand, und sein Blut geriet in Wallung, wenn er nur daran dachte, wie leicht sie in diesem Bett landen oder an irgendeiner anderen Stelle im Raum nackt übereinander herfallen könnten. Obwohl sich das Bett zwischen ihnen befand, konnte er den schwachen Duft von Jasmin und Vanille riechen, der ihn für alle Zeit an Julie erinnern würde.
Oh ja, er würde auf dieser Seite des Bettes stehen bleiben und einen möglichst großen Abstand zu Julie halten. Er hatte sehr lange darüber nachgedacht, was da zwischen ihnen war, und war zu dem Schluss gekommen, dass der Sex ihre Barriere war, das Einzige, was sie von sich preisgab, um sich ansonsten hinter einer sicheren Mauer zu verstecken. Allerdings war es ihm in der Vergangenheit geglückt, ab und zu an sie heranzukommen – er hatte es in ihren Augen gesehen. Jetzt zeichnete sich dort auch wieder ihre Furcht ab und das Wissen, dass er der Mann war, der ihr wahres Ich kannte.
»Ja«, sagte sie ins Telefon, und sogar ihre Stimme brachte seine Selbstbeherrschung ins Wanken. »Meine Schlüsselkarte funktioniert nicht. Könnten Sie mir bitte eine neue raufbringen lassen? Ich bin im Nachbarzimmer, Zimmer …«, sie schaute auf das Telefon, »813.« Dann machte sie eine Pause, lauschte und fragte enttäuscht: »So lange? Wirklich? Hmm. Ja. Gut. Ich komme runter.« Sie legte auf, erhob sich und drehte sich zu ihm um. »Sie haben im Moment niemanden, den sie raufschicken können, daher muss ich noch mal runterfahren.«
»Dasselbe habe ich auch gehört, als ich etwas beim Zimmerservice bestellen wollte«, erwiderte er. »Vermutlich hätte ich mir denken können, dass es in deinem Fall genauso aussieht.«
»Dann muss ich wohl noch mal zur Rezeption.« Sie strich sich mit den Händen über die Hüften und sah eher nervös aus als sexy und zuversichtlich wie sonst. Nervös war gut. Es bedeutete, dass sie etwas Ungewohntes empfand, dass sie sich bewusst war, wie viel auf dem Spiel stand, und dass es nichts mit Lust zu tun hatte. Na ja, vielleicht ein bisschen, aber nicht nur.
Keiner von ihnen bewegte sich oder sagte ein Wort. Die Luft schien zum Schneiden dick zu sein, das Bett wirkte übergroß und viel zu verlockend. Er musste schnellstmöglich aus diesem winzigen Zimmer raus.