Deep Secrets - Geheimes Begehren - Lisa Renee Jones - E-Book

Deep Secrets - Geheimes Begehren E-Book

Lisa Renee Jones

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Beschreibung

Nichts mehr zwischen uns


In Paris sind Sara und Chris einander so nahe gekommen wie nie zuvor. Sara ist bereit, endlich alle Geheimnisse, die zwischen ihnen stehen, aus dem Weg zu räumen. Doch Chris fürchtet noch immer, dass er Sara verletzen könnte, wenn sie sich ihm voll und ganz hingibt. Und als die beiden nach San Francisco zurückkehren, wird ihre Liebe auf eine noch viel härtere Probe gestellt ...


"Ein unglaubliches Buch, das mich atemlos zurückgelassen hat." ROMANTIC BOOK AFFAIRS


Die DEEP-SECRETS-Reihe:

1. Berührung (Sara und Chris)
2. Enthüllung (Sara und Chris)
3. Hingabe (Sara und Chris)
4. Sein Geheimnis (E-Book-Novella, Chris‘ Sicht)
5. Rebeccas Tagebücher (E-Book-Bonus-Storys)
6. Geheime Sehnsucht (E-Book-Novella, Marks Sicht)
7. Verbotene Träume (E-Book-Novella, Marks Sicht)
8. Geheimes Begehren (Sara und Chris)
9. Tiefe Leidenschaft (E-Book-Novella, Marks und Crystals Sicht)
10. Dunkle Liebe (Roman, Marks und Crystals Sicht)
11. Alles von mir für dich (E-Book-Novella)

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Seitenzahl: 391

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

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Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Lisa Renee Jones bei LYX

Impressum

LISARENEEJONES

Deep Secrets

Geheimes Begehren

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Michaela Link

Zu diesem Buch

Es schmerzt auf eine bittersüße Art, und obwohl ich mich entblößt und verletzbar fühle, habe ich gelernt, dass diese Dinge mich auf eine Weise erregen, wie ich sie nie für möglich gehalten habe …

Was ist mit Rebecca geschehen? Sara McMillan dachte, sie hätte das Rätsel um das Verschwinden der jungen Frau endlich gelöst. Doch dann nimmt Ava Perez, die gestanden hat, Rebecca ermordet zu haben, ihre Aussage plötzlich wieder zurück – und erhebt zudem schwere Vorwürfe gegen Sara, denen die Polizei von San Francisco sofort nachgeht. Ehe Sara es sich versieht, wird gegen sie ermittelt und jeder noch so intime Teil ihres Lebens durchleuchtet. Vor allem ihre Beziehung zu dem geheimnisvollen Mark Compton scheint die Beamten zu interessieren, zumal dessen Galerie kurz vor dem Bankrott steht. Dabei hätte Sara eigentlich erst einmal ein bisschen Zeit gebraucht, um das, was in Paris geschehen ist, zu verarbeiten. Beinahe hätte sie ihren Verlobten Chris verloren. Denn Chris’ Furcht, dass er Sara verletzen könnte, wenn sie sich ihm voll und ganz hingibt, droht ihre Liebe zu zerstören – mehr noch als die Anschuldigungen, die auf Sara lasten. Sara ist bereit, endlich alle Geheimnisse, die zwischen ihnen stehen, aus dem Weg zu räumen. Doch kann Chris die Mauern, die er um sich errichtet hat, ein für alle Mal einreißen?

Für Diego,

dafür, dass er diese Reise mit mir unternommen und sie verschönert hat.

November 2012, Tagebucheintrag Nummer 1

In einem Flugzeug von Paris nach San Francisco

Bald werde ich Sara Merit sein statt Sara McMillan. Ich kann es kaum glauben, dass Chris Merit, der umwerfende, talentierte, begabte Mann auf dem Ledersitz neben mir, in Kürze mein Ehemann sein wird. Ich sollte mich an ihn kuscheln, mich ausruhen und mich an der erstaunlichen Verbindung zwischen uns ergötzen, die immer stärker zu werden scheint, doch ich kann mich nicht entspannen. Ich bin wegen gestern Nacht und allem, was in diesen wenigen Stunden vor unserem Aufbruch in Paris passiert ist, völlig durcheinander. All das Verrückte des vergangenen Monats wirbelt mir im Kopf herum, verwirrt mich und lässt mich im nächsten Moment spontan lächeln.

Und so sitze ich nun hier und schreibe in ein Touri-Tagebuch, in dessen Einband ein Bild des Eiffelturms geprägt ist (der auf quasi allem drauf ist, was man in Paris kaufen kann). Ich habe es am Flughafen erworben und schreibe meine Gedanken nieder, wie Rebecca es getan hat. Getan hat. Mir ist speiübel dabei, in der Vergangenheitsform über sie zu schreiben. Sie ist eine Fremde und sie ist tot, und doch gehört sie voll und ganz zu mir. Es ist unmöglich zu erklären, wie innig und tief greifend ihr Leben und ihre Worte mich berührt haben.

Seit ich Rebeccas Tagebücher lese, habe ich oft daran gedacht, mit einem eigenen zu beginnen, und jetzt, da ich es endlich tue, habe ich das Gefühl, als hätte ich sie nicht verloren – als sei da noch Hoffnung, dass ich sie vielleicht eines Tages kennenlerne. Möglicherweise ist es meine Art der Verleugnung, mein Klammern daran, dass Ava sie doch nicht getötet hat. Ich verspüre ein beinahe verzweifeltes Bedürfnis zu entdecken, dass sie immer noch irgendwo existiert, dass sie immer noch mit diesem heißen, reichen Mann die Welt bereist, mit dem sie angeblich davongelaufen ist, um Mark zu vergessen. Und wenn ich diesen Gedanken nachhänge, kann ich mir vorstellen, was Mark empfinden muss und wie tief ihn dies verletzt haben muss. Ich habe den Schmerz in seinen Augen gesehen, nachdem Ava gestanden hatte, Rebecca getötet zu haben. Einen Schmerz, der eine Person ganz schwach und seelisch wund hinterlässt, so wie der Verlust meiner Mutter mich damals getroffen hat.

Vor nur einer Woche, als ich zum ersten Mal in meinem Leben in Paris ankam und erfuhr, dass Ava aus ihrem Geständnis eine Anklage gegen Mark und mich machte, war ich entsetzt und überwältigt, voller Angst, wohin das führen und was es für mich bedeuten würde. Doch jetzt hat sich meine Furcht in Zorn verwandelt und das Gefühl der Niederlage in die Bereitschaft zu kämpfen. Ich nehme an, ich brauchte die Zeit, um mit dem Schlag der Nachricht von Rebeccas Tod fertig zu werden und dem Anschlag auf mein eigenes Leben – unmittelbar nachdem ich Dylan verloren hatte und dann beinahe Chris dazu.

Sosehr ich mich dagegen gewehrt habe, nach Paris zu reisen, so froh bin ich, dass ich es getan habe. In unserer letzten Nacht in Paris, nur Stunden vor unserem Abflug, haben Chris und ich einen echten Durchbruch in unserer Beziehung erzielt. Ich bekomme noch immer nicht die Erinnerung an Ambers mitternächtlichen Telefonanruf aus dem Kopf, an ihre Rettung und erst recht nicht daran, wie wir sie gefunden haben: in Isabels »Spielzimmer« mit zahlreichen Striemen auf der Haut. Aber so entsetzlich es war, es hat sie endlich bewogen, dafür zu sorgen, dass sie wieder zu sich findet. Außerdem hat es Chris zu der Einsicht geführt, dass er mir gegenüber nicht so offen war, wie er hätte sein sollen. Und es hat zu seinem Heiratsantrag geführt.

Ich kann kaum glauben, wie falsch ich in Bezug auf sein Geheimnis gelegen habe, und ich mache mir Vorwürfe, nicht tiefer in den Mann geblickt zu haben, den ich liebe. Ich weiß, wie Herzschmerz und böse Erlebnisse sich tief in die Seele eingraben, und dass sich die Schutzschichten darüber nicht leicht wegschälen lassen. Ich hatte zu schnell akzeptiert, dass seine große Enthüllung in Paris sich um seine Gründe drehte, warum er vor Jahren begonnen hatte, sich auspeitschen zu lassen. Dass es darum ging, dass er einen Teenager erschossen hatte, als seine und Ambers Familie überfallen worden waren, und darum, dass er außerstande gewesen war, ihre Mutter und ihren Vater zu retten. In Wahrheit ging es aber gar nicht um seinen jährlichen Zusammenbruch am Jahrestag des Überfalls.

Sein wahres Geheimnis, diese tiefere Schicht war, dass Dylans Tod ihm gezeigt hatte, wie sehr er die Peitsche immer noch brauchte. Letzte Nacht hat er mir gestanden, dass er, als er zu Dylans Beerdigung gereist war, diese Art der Erleichterung wieder und wieder gesucht habe. Chris kann nicht mehr von sich sagen, dass er die Peitsche nie wieder brauchen wird, daher werden wir uns dieser Ungeheuerlichkeit gemeinsam stellen und sie überwinden. Ich werde ihm zeigen, dass ich stark bin und nicht zusammenbrechen werde. Er wird mich nicht zerstören, wie er – das behauptet er felsenfest – Amber zerstört hat. Er hat Angst, dass er auch mich zerbrechen wird. Wie könnte er das? Er hat mich viele Male gerettet.

Jetzt bin ich an der Reihe, ihn zu retten.

1

»Wir sind zu Hause, Baby.«

Ich greife nach Chris’ warmer Hand, und er hilft mir aus der schwarzen Limousine, die er für die Fahrt vom Flughafen zu unserer Wohnung in San Francisco gemietet hat. »Endlich«, murmele ich. Ich habe das Gefühl, als sei ich Wochen unterwegs gewesen, nicht nur sechzehn Stunden.

»Endlich«, stimmt Chris zu und führt mich aus dem kühlen Novemberwind unter das Vordach des Eingangs, während wir darauf warten, dass unser Gepäck ausgeladen wird. »Und du weißt, was ›zu Hause‹ bedeutet«, fügt er hinzu, zieht mich an sich und legt die Hand flach über meinen Trenchcoat, genau auf meinen in Jeans steckenden Hintern.

»Ja«, versichere ich ihm und bin mir nur allzu bewusst, dass er auf seine geplante »Bestrafung« anspielt, eine Strafe für meine Weigerung, mich dem berühmten Mile High Club anzuschließen, trotz des Privatjets, den er für unsere Reise gechartert hat. »Du hast deine Absichten ziemlich deutlich klargemacht.«

Er senkt den Kopf, sein Mund findet mein Ohr, und stachelige Spitzen seines blonden Haares kitzeln meine Wange. »Du hattest Angst, dass wir verhaftet würden, wenn wir im Flugzeug Sex hätten. Wären wir nicht, aber wenn doch, hätte ich dafür gesorgt, dass es die Sache wert gewesen wäre.«

»Wir tun es nicht vor Publikum«, rufe ich ihm ins Gedächtnis und löse mich von ihm, bevor ich in diesem erdigen, reichen Duft vergehe, der für mich Verführung pur ist.

Er hat nicht vor, mich freizugeben, und umschlingt meine Taille, zieht mich an sich, während meine Hände sich unter seiner Lederjacke an seine harte Brust schmiegen. Er fügt hinzu: »Ich habe dir angeboten, der Flugbegleiterin zu sagen, dass sie sich verziehen soll.«

»Wollen Sie, dass ich jetzt Ihr Gepäck nach oben bringe, Mr Merit?«, fragt der Portier.

Chris verzieht den Mund. »Jetzt wäre gut.« Der heiße Blick, den er mir zuwirft, bevor er mich loslässt, verkündet, dass er nicht über die Taschen spricht.

Ich trete zurück und beobachte, wie Chris mehreren Angestellten ein großzügiges Trinkgeld gibt, dann kommt er zurück und legt den Arm um meine Schultern. Unsere Hüften berühren sich, und mir wird am ganzen Körper warm, als wir durch die Schiebetüren in die Eingangshalle treten – nicht nur wegen all der unartigen Dinge, die mir im Kopf herumgehen und die Chris gleich geschehen lassen wird. Ich habe erfolgreich all den Ärger ausgeblendet, der uns morgen mit der Polizei wegen Ava ins Haus steht. Stattdessen schwelge ich in der Erinnerung an meinen ersten Besuch hier und wie weit wir seither gekommen sind. Es ist eine Erinnerung, die vervollständigt wird, als wir Jacob entdecken, der diesseits der Rezeption auf uns wartet. Von Kopf bis Fuß sieht er wie ein abweisender Mann vom Sicherheitsdienst aus, in seinem dunklen Anzug und mit Headset, genauso wie damals.

»Willkommen daheim, Mr Merit«, begrüßt er Chris, dann sieht er mich an und fügt hinzu: »Ms McMillan.«

Als ich ihn angrinse, zieht er eine Augenbraue hoch. »Ist mir etwas entgangen?«

»Nein«, versichere ich. »Ich habe Sie und Ihre stoisch förmliche Begrüßung vermisst. Es fühlt sich wie zu Hause an.«

»Mir war nicht bewusst, dass ich stoisch bin«, entgegnet er und sieht absolut stoisch dabei aus.

»Wie der Terminator, nur dass Sie keine große Knarre haben«, witzelt Chris.

Ich kann ein Lachen kaum unterdrücken und schnaube leise, was Jacob nicht zu bemerken scheint. Er bedenkt Chris mit einem Blick und sagt mit vollkommen ungerührter Miene: »Es verstößt gegen die Firmenpolitik, bei der Arbeit große Waffen zu benutzen. Aber bei Auftragsarbeiten für Blake ist alles erlaubt.«

Nur mit Mühe kann ich ein weiteres Schnauben zurückhalten und hebe die Hände. »Viel zu viel Männergerede für mich.«

Chris kichert und küsst mich auf die Wange.

Der Name des Privatdetektivs, der sowohl Rebeccas als auch Ellas Verschwinden nachgeht, verursacht mir Unbehagen. »Da wir gerade von Blake sprechen«, sage ich und versuche lässig zu klingen, obwohl ich plötzlich ängstlich bin bei dem Gedanken an den morgigen Termin auf dem Polizeirevier, »gab es während unseres Fluges Neuigkeiten von ihm über Ava, Rebecca oder Ella?«

»Nichts, wovon man mir berichtet hätte«, antwortet Jacob.

Chris schiebt mich Richtung Aufzug und sagt zu Jacob: »Wir brauchen Schlaf. Tun Sie so, als seien wir nicht hier.«

Ich drehe mich um und ergänze: »Es sei denn, Sie hören etwas von Blake.«

»Aber es sollte besser wichtig sein«, fügt Chris hinzu, als der Aufzug sich öffnet und wir eintreten.

Da ich den Verdacht habe, dass Chris etwas weiß, was er mir nicht erzählt, warte ich, bis die Tür sich schließt, bevor ich ihn zur Rede stelle. »Wenn ihr – du oder Jacob – irgendetwas wisst und es mir nicht erzählt …«

Er fällt mir ins Wort, indem er mit einer Hand meine Handgelenke ergreift und mich an sich zieht. Dann streichelt er über meinen Hintern und presst mich noch enger an sich. »Ich weiß nichts, was du nicht auch weißt«, verspricht er. »Erinnere dich an das, was wir in Paris gesagt haben, Baby.« Er lässt meine Hände los und spreizt die Finger auf meiner Wange, und sein Daumen zeichnet eine verführerische Linie über mein Kinn. Seine Stimme ist leiser und tiefer, als er hinzufügt: »Keine Geheimnisse. Nichts zwischen uns.«

Nun macht sich zwischen uns eine gewisse Anspannung bemerkbar. Chris ist die treibende Kraft. Seine Stimmung hat sich verdüstert und schlägt um. Diese Stimmungsumschwünge habe ich bereits kennengelernt und erwarte sie regelmäßig. Er wirkt nicht mehr spielerisch und leichtfüßig – aber ich bin es ebenfalls nicht mehr. Jetzt sind wir spannungsgeladen, mit einem dunklen Unterton, wie eine Strömung, die zwischen uns verläuft und rau und animalisch ist, doch gleichzeitig weich und sinnlich.

Chris streichelt mein Haar und lässt die Hand an meinem Hals hinuntergleiten, über meine Schulter, meinen Arm, und ich kann beinahe spüren, wie meine Nerven flackernd zum Leben erwachen und ihn und das Vergnügen willkommen heißen, das er so meisterhaft in mir zu wecken versteht. Aber als unsere Blicke sich treffen, ist da mehr als dieses Bewusstsein des Kommenden. In den Tiefen dieser zauberhaften, dunkelgrünen Augen entdecke ich etwas, das ich nicht verstehe, etwas noch Intensiveres als das erregende Summen in meinem Bauch.

Unsicherheit vielleicht? Verletzlichkeit? Vielleicht. Ich bin verwirrt, doch ich weiß, dass ich nichts sehe, was Chris mir nicht zeigt.

Der Aufzug gibt ein Pling von sich, und ich drehe mich zur Tür um, die direkt in unsere Wohnung führt. Wie in der ersten Nacht, als ich hierherkam, verspüre ich auch jetzt das starke Gefühl, nie wieder dieselbe zu sein, sobald ich durch diese Tür trete. Das Leben wird nie wieder dasselbe sein.

Mir fällt auf, dass Chris mich nicht mehr berührt. In jener Nacht hat er mich auch nicht berührt. Es ist, als habe er das Gefühl, ich müsse allein die Entscheidung treffen weiterzugehen, und in gewisser Weise weiß ich, warum. Er muss jetzt wissen, dass ich mich bei ihm immer noch geborgen fühle, zu Hause. Es erinnert mich daran, warum wir uns gefunden haben, warum wir wie fehlende Teile eines Puzzles zusammenpassen. Ganz gleich, wie perfekt seine Unvollkommenheit ihn für mich macht – er wird das selbst niemals so sehen wie ich. Er wird niemals das Gefühl haben, dass er nicht fehlerhaft ist. Er wird immer als Ergänzung meinen Blickwinkel brauchen, so wie ich den seinen.

Ich betrete den glänzenden, hellen Holzboden der Wohnung. Unsere Koffer stehen bereits im Eingang, wo der Hausservice sie hingestellt hat. Ich wiederhole absichtlich, was ich während jenes ersten Besuchs hier getan habe. Ich spüre, dass es das ist, was er will, und gehe die Stufen hinunter zu dem tiefer liegenden Wohnzimmer. Meine Handtasche lasse ich auf den Couchtisch fallen, als ich daran vorbeikomme, und gehe weiter, bis ich vor dem bodentiefen Fenster stehe. Ich beobachte, wie der orangefarbene Widerschein der Sonne auf dem Wasser verblasst. Ich sehe, wie die Sterne sich über der Stadt zeigen, die so voller Geheimnisse ist, wie Chris und ich es einst waren. Doch jetzt ist diese leere Leinwand mit Farben bemalt, nicht mit Ängsten, und Liebe ist erblüht, wo einst nur Leidenschaft war.

Musik ertönt, und ich lächele, als ich »Broken« von Lifehouse höre. Ich bin erstaunt, dass Chris sich tatsächlich an den Song erinnert, den er in der ersten Nacht gespielt hat, als wir zusammen waren. I’m falling apart, lautet ein Vers. I’m barely breathing. Ich falle nicht auseinander, aber als Chris hinter mich tritt, strömt seine Hitze durch mich hindurch, und ich kann definitiv kaum Atem holen.

Er streift mir den Mantel von den Schultern, und diese Wiederholung der Vergangenheit sendet einen erotischen Kitzel mein Rückgrat hinab. Als er seine Hände sinken lässt, schließe ich die Augen, mein Atem stockt, während ich seine Berührung erwarte, willig, bis seine Hände sich endlich besitzergreifend um meine Taille legen. Er beugt sich zu mir vor, und es erregt mich unglaublich, als ich seine Erektion an meinem Hintern spüre. Es folgt eine zarte, verlockende Berührung seiner Finger, die mein Haar von meinem Hals heben, und sie überläuft mich wie warme Sonnenstrahlen, die durch einen gerade geöffneten Fensterladen fallen.

»Nimm die Hände hoch und leg sie an die Scheibe«, befiehlt er leise.

Das Kommando erregt mich, und die Versuchung zu tun, was er verlangt, um unsere erste gemeinsame Nacht noch einmal zu durchleben, ist groß. Doch ich habe das entnervende Gefühl, dass ich auch die Unsicherheit noch einmal durchleben würde, von der ich gedacht habe, ich hätte sie hinter mir gelassen. Ich verstehe dieses Gefühl nicht, und es gefällt mir nicht.

In dem verzweifelten Bemühen, es zu vertreiben, drehe ich mich zu Chris um. Einen Moment bin ich überwältigt davon, wie hochgewachsen und breit, wie perfekt männlich er ist. Und als ich blinzele, statt zu sprechen, fordert er die Kontrolle wieder zurück. Er presst mich gegen das Fenster, seine mächtigen Schenkel nehmen meine Beine in die Mitte, seine Hände brandmarken meine Hüften.

Er neigt den Kopf zu mir, und die Stoppeln an seinem Kinn kratzen köstlich über meine Haut, als er verkündet: »Ich werde dich wieder am Fenster nehmen.«

Bitte. Ja. Lass mich nicht betteln, denke ich, und der Rest der Welt beginnt davonzugleiten. Da ist nur dieser Mann, die prickelnde Hitze, die er in mir erzeugt, und die leise Gewissheit, dass ich etwas Wichtiges zu sagen hatte. Er knabbert an meinem Ohrläppchen, leckt erotisch über die Stelle, in die er eben gebissen hat, seine Hände wandern aufwärts, über meinen Brustkorb, und seine Finger streifen die Wölbungen meiner Brüste.

Meine Brustwarzen ziehen sich zusammen, und das schwache Prickeln, das er in meinem Geschlecht im Laufe von Stunden verbaler Neckerei erzeugt hat, erblüht und intensiviert sich. »Chris«, wispere ich, und ein Flehen liegt in meiner Stimme. Nach ihm. Ich will ihn, will ihn ganz.

»Hände über den Kopf«, befiehlt er abermals.

Ich will gehorchen. Diesem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein, ist der größte Adrenalinrausch meines Lebens, aber das Gefühl überkommt mich wieder, das Gefühl, dass irgendetwas nicht ganz richtig ist. Ich lehne mich an ihn, kralle die Finger in sein Hemd und suche sein gut geschnittenes, undeutbares Gesicht. »Alles klar zwischen uns?«

Überraschung blitzt in seinen Augen auf, wieder gefolgt von diesem undefinierbaren Ausdruck, den ich Verletzlichkeit nennen will, was aber nicht ganz zutrifft. Ich weiß nicht, was es ist. Er umfasst mein Gesicht. »Ich brauche dich zu sehr, als dass es irgendeine andere Antwort geben könnte als Ja.«

»Warum fühlt es sich dann so an, als seist du gerade ganz woanders?«

»Das bin ich nicht. Ich bin genau hier, und ich brenne für dich in jeder erdenklichen Weise.«

Ich begreife den tiefen Schmerz in seinen Worten nicht, und noch weniger verstehe ich, mit welchem Gefühl er kämpft. »Was heißt das?«

Er zieht die Schultern hoch und verströmt Anspannung. Sekunden verstreichen wie Stunden, und er senkt schließlich seinen gepeinigten Blick auf mich herab. »Ich denke immer noch an letzte Nacht. Ich erlebe es immer wieder von Neuem.«

»Was heißt das?«, frage ich noch einmal.

»Ich weiß nicht, was es heißt«, gesteht er. »Das ist das Problem. Das ist meine Angst.«

»Chris, du verwirrst mich. Hilf mir zu verstehen.«

»Als du nach Dylans Tod in den Club gekommen bist, war ich nicht mehr zurechnungsfähig und verdammt nahe daran, wie von Sinnen zu sein. Wäre ich geblieben, weiß ich nicht, was ich dir angetan hätte – oder mit dir getan hätte.«

Das ist es also. Ich erinnere mich, dass er mir erzählt hat, dass er früher wie Amber gewesen sei, dass er es in vieler Hinsicht immer noch sei. »Ambers Zusammenbruch hat in dir die Sorge geweckt, dass du wieder zusammenbrechen könntest.«

»Das werde ich. Ich bin eine tickende Zeitbombe. Irgendwann wird es passieren.«

»Das kannst du nicht wissen.«

»Doch. Ich habe es immer gewusst, aber ich habe es bisher geleugnet. Doch nun nicht mehr. Wir werden irgendwie damit fertig werden müssen.«

Das »wir« lockert sofort meinen Rücken. Ich lege ihm die Hände auf die Arme und suche seinen Blick. »Ich habe keine Angst.«

»Ich weiß.«

Aber er hat immer noch Angst, und das ist das wahre Problem. Diese verdammte Sache mit dem Auspeitschen, die uns womöglich auseinanderbringen kann, steht immer noch zwischen uns.

Die Gegensprechanlage summt, und Chris richtet sich auf, geht zur Tür und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Neugierig und besorgt, was den Grund für die Störung angeht, lausche ich, als Chris auf den Knopf der Gegensprechanlage drückt und knurrt: »Das sollte besser wichtig sein.«

»Detective Grant ist hier«, antwortet Jacob. »Er besteht darauf, dass ich ihn nach oben kommen lasse.«

Adrenalin strömt durch meinen Körper, und ich laufe die Stufen hinauf zu Chris. »Warum ist er hier? Wir sollen doch erst morgen Nachmittag zur Befragung auf dem Revier erscheinen.«

Chris hebt besänftigend eine Hand, dann antwortet er Jacob: »Sagen Sie ihm, dass wir morgen mit ihm sprechen werden. Und rufen Sie Blake an, um sich davon zu überzeugen, dass es nichts Neues gibt, wovon ich wissen müsste.«

»Betrachten Sie die Angelegenheit als erledigt«, bestätigt Jacob.

Chris lässt den Knopf der Gegensprechanlage los, dreht sich zu mir um und lässt die Hände an meinen Armen entlanggleiten. »Tief durchatmen, Baby. Es ist okay. Höchstwahrscheinlich wollte er uns in die Enge treiben, um in Davids Abwesenheit an mehr Details zu kommen.«

»Warum sollte er unserem Anwalt ausweichen wollen? Und werden wir nicht verdächtig wirken, wenn wir nicht mit ihm reden?«

»Er hofft, dass wir genau das denken werden, aber wir haben nichts zu verbergen, warum sollten wir uns also darum scheren, was er glaubt? Er erwartet, dass kluge Menschen mit guten Anwälten es ablehnen, mit ihm zu reden.«

»Aber das ist genau der Punkt. Wir haben nichts falsch gemacht. Ava hat mich angegriffen und zu töten versucht. Warum sollte er versuchen, uns in die Enge zu treiben?«

»Wahrscheinlich ist das die Regel bei jedem Verdächtigen, der in der Öffentlichkeit steht, aber ich rufe David an, um sicher zu sein.«

Er zieht sein Handy aus der Tasche, kehrt in den Wohnbereich zurück und wendet sich zum Fenster. Ich zwinge mich, mich auf die Kante des Sofas zu setzen. Obwohl ich versuche mich zu konzentrieren, um sein Gespräch mit David nachvollziehen zu können, gelingt es mir nicht.

Schließlich beendet er das Telefonat, setzt sich neben mich und zieht meine Beine über seinen Schoß. »David sagt, am Freitag sei eine Anhörung zur Anpassung der Kaution für Ava angesetzt. Sie werden wahrscheinlich alle verfügbaren Zeugen bitten auszusagen.«

Ich stütze die Ellbogen auf die lederne Armlehne hinter mir. »Was ist eine Anhörung zur Anpassung der Kaution?«

»Ihr Rechtsbeistand bittet darum, die Kaution zu verringern, und diese Anhörung gibt ihnen etwas mehr Spielraum für Zeugenaussagen als es bei der Festlegung der Kaution der Fall gewesen ist.«

»Sie könnte rauskommen?«

»Wollen wir es nicht hoffen.«

Meine Schultern sacken herab. »Also ja.«

»Sie haben sie beim ersten Mal nicht gehen lassen. Hoffentlich haben sie genug gegen sie in der Hand, um sie auch diesmal in Haft zu behalten. Morgen auf dem Polizeirevier dürften wir mehr erfahren.«

»Bedeutet das, dass wir heute Abend lieber mit dem Detective hätten reden sollen?«

»Nein. David will dabei sein. Sie haben ihm nicht genug erzählt, daher fühlt er sich nicht wohl genug und weiß nicht genau, in welche Richtung sich das Gespräch entwickeln wird. Er hat außerdem betont, dass wir ein Wahljahr haben, was bedeutet, dass der Bezirksstaatsanwalt sich mit der Wiederwahl konfrontiert sieht.«

»Was eine Motivation ist, den Fall zu lösen und ein Urteil zu erwirken.«

»Ja. So ist es.«

Ich warte und rechne damit, dass er mehr sagt, doch als er es nicht tut, dämmert mir langsam die Realität und mir dreht sich beinahe der Magen um. »Eine Verurteilung um jeden Preis – zur Not muss ein Sündenbock gefunden werden.«

»Ich würde zu gern glauben, dass der Bezirksstaatsanwalt seine Verantwortung ernster nimmt.« Sein Telefon klingelt, und er geht ran, wieder hört er aufmerksam zu. »Rufen Sie mich einfach an, wenn Sie ihn erreichen«, ist alles, was er sagt, bevor er das Telefon auf den Couchtisch legt. »Jacob kann Blake nicht erreichen. Er wird uns anrufen, sobald er ihn an die Strippe bekommt. Er versucht außerdem, Mark für uns zu erreichen, da der Mistkerl meine Anrufe ignoriert.«

»Also hängen wir in der Luft und warten auf Antworten.«

»Ja, aber zumindest tun wir es zusammen.« Er zieht mich an sich, und ich kuschele mich an seinen festen Körper, mein Kopf liegt auf seiner Brust, während ich im Geiste die Schläge seines Herzens zähle. Zusammen, wiederhole ich innerlich. Ich schließe die Augen und wiederhole dieses Wort wieder und wieder.

2

Als ich mich wach blinzele, ruhen Chris’ schöne, grüne Augen auf mir, und langsam wird mir bewusst, dass ich am Sofakissen lehne und unsere in Jeans steckenden Beine auf intime Weise ineinander verschränkt sind. »Hey«, murmele ich und fahre mit den Fingern über die sexy Bartstoppeln auf seinem Kinn.

»Hey.«

»Ich könnte mich wirklich daran gewöhnen, jeden Tag neben dir aufzuwachen.«

Er schließt die Hand über meinen Fingern und küsst sie. »Ich hoffe, das wirst du immer.«

Ich verziehe den Mund. »Ich brauche mehr Übung. Viel mehr Übung. Wie lange haben wir geschlafen?«

»Ungefähr zwölf Stunden.«

»Was?« Ich rappele mich hoch, stütze mich auf und streiche mir den verhedderten, dunkelbraunen Haarschleier aus den Augen, um in das Sonnenlicht zu spähen, das durch die Fensterfront fällt. »Wie ist es überhaupt möglich, dass es taghell ist und wir es nicht mal ins Bett geschafft haben? Wir haben immer noch unsere Kleider an.«

»Ich habe uns vor ungefähr drei Stunden die Schuhe ausgezogen, als du aufgewacht und ins Badezimmer gegangen bist.«

»Ich bin ins Badezimmer gegangen?«

»Ja. Ich hatte vor, ins Schlafzimmer zu wechseln, wenn du zurückkommst, aber anscheinend bin ich gleich wieder eingeschlafen.«

»Ich erinnere mich an nichts von alledem. Habe ich auch irgendwelche Rückrufe von Blake oder Mark verschlafen?«

»Keine Anrufe von irgendjemandem.« Er streckt die Hand nach dem Couchtisch aus und überprüft noch einmal sein Telefon, bevor er es wieder weglegt. »Nein. Nichts.«

»Warum hat Blake dich nicht angerufen?«

»Ich schätze, er hat uns nichts Neues mitzuteilen und wollte uns nicht ohne Grund wecken. Es ist erst acht Uhr morgens.«

»Das ist wohl nachvollziehbar – aber dass Mark uns ignoriert, ist es nicht. Wir haben jetzt seit Tagen versucht, ihn zu erreichen. Ich hatte wirklich gehofft, dass er uns vor heute Nachmittag Einblicke geben würde, wie die Polizei bisher mit dem Fall umgegangen ist.« Ich klettere halb über Chris hinweg, um mir meine Handtasche vom Couchtisch zu nehmen.

»Dein Knie, Baby«, brummelt er und ergreift mein Bein. »Dein Knie.«

»Uuups, tut mir leid«, sage ich, grapsche schnell nach meinem Handy und checke die Anruferliste, während ich mich wieder neben Chris fallen lasse. »Mich hat auch niemand angerufen. Hm. Die einzigen beiden Vollzeitangestellten, die noch in der Galerie übrig sind, sind Amanda und Ralph. Vielleicht kann ich Ralph erwischen, und der kann uns sagen, was mit Mark los ist.« Ich beginne die Nummer der Galerie einzutippen, zögere aber, weil ich nicht recht weiß, was ich sagen soll, wenn er Fragen stellt. Falls er drangeht. Niemand scheint im Moment mit uns reden zu wollen. »Was glaubst du, wie viel die Mitarbeiter der Galerie über die Vorgänge wissen?«

»Ich habe mit David und Blake geredet, kurz bevor wir nach Paris aufgebrochen sind, und beide haben bestätigt, dass nichts außer Riccos und Marys Verhaftung an die Öffentlichkeit gedrungen ist.«

»Ich dachte, dergleichen Dinge kämen immer in die Presse.«

»Die Polizei kann die Akte mit einem Sperrvermerk für öffentliche Anfragen versehen, und anscheinend haben sie das hier getan. David sagt, der Bezirksstaatsanwalt wolle nicht, dass ein ungelöster Vermisstenfall mit dem Wort ›Mord‹ in Verbindung gebracht wird, bis es eine Verurteilung gibt.«

Mord. Mein Herz krampft sich zusammen, und ich schiebe das Wort schnell beiseite, bevor es anfängt, mich verrückt zu machen. »Ich frage mich, was Mark den Mitarbeitern erzählt hat, und ob er überhaupt etwas gesagt hat. Ich sollte eine Nachricht für Ralph hinterlassen. Vielleicht haben wir sogar schon etwas von Blake oder Mark gehört, bis er ins Büro kommt.«

»Hinterlass deine Nachricht«, erwidert er. »Ich werde mich anderweitig beschäftigen, während wir warten.« Er zieht mich in die Ecke des Sofas und senkt sein wunderbares, schweres Gewicht auf mich.

»Hmmm«, murmele ich, während die dicke Wölbung seiner Erektion sich in meinen Bauch presst, »anscheinend hat mein Knie dich nicht allzu schlimm verletzt.« Ich deute auf mein Handy und drücke auf Wählen. »Benimm dich. Ich mache meinen Anruf.«

»Was immer du willst«, verspricht er, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht von meinem Anruf spricht, als er mich von der Taille bis zu den Brüsten liebkost.

»Hör auf damit«, schelte ich. »Es klingelt.«

Er schiebt unbeirrt mein T-Shirt an meinem Bauch hoch, und seine Finger necken die zarte Haut, die er entblößt hat.

»Stopp«, verlange ich und fahre mit den Fingern in sein wildes, sexy blondes Haar, um ihn festzuhalten und seinen heißen Blick von mir abzuwenden.«

»Nein«, erwidert er schlicht.

»Doch.«

»Doch ist eine gute Antwort«, stimmt er zu, und trotz meines Griffs in sein Haar schafft er es, den Daumen zwischen meine Schenkel gleiten zu lassen und die Naht meiner Jeans für ein erotisches Reiben zu benutzen.

Meine Lider flattern wegen der Hitze, die an meinem Geschlecht leckt, und ich kann nicht umhin mir vorzustellen, wie er mich dort leckt. Irgendwie bekomme ich trotzdem die Optionen aus dem Anrufbeantworter-Menü mit und lasse Chris los, um den Knopf zu drücken, damit ich Ralph erreichen kann. Chris nutzt die Gelegenheit, um meine Jeans zu öffnen und den Reißverschluss herunterzuziehen. Und als sein Mund sich auf die jüngst entblößte Stelle herabsenkt und seine Zunge in meinen Bauchnabel taucht, dringt zur gleichen Zeit Ralphs Stimme an mein Ohr. Aber ich bekomme kein Wort heraus, geschweige denn zusammenhängende Sätze.

Chris greift nach meinem Handy, ich halte es jedoch fest. »Nein. Ich muss anrufen.«

»Ruf an, wenn geöffnet ist.« Er nimmt mir das Handy ab und wirft es auf den Sessel zu meiner Rechten. »Vor dem Termin haben zu viele Zeit totzuschlagen, als dass du solchen Stress machen müsstest.«

»Zeit, die wir nutzen sollten, um Antworten zu bekommen.«

»Und diese Antwort wird ›Ja‹ lauten, wenn ich dir dein Stichwort gebe.« Er zieht mir die Jeans über die Hüften und meinen Slip gleich mit.

»Versuch zuerst, Blake anzurufen, Chris.«

Er wirft meine Jeans hinter sich, so wie er mein Handy weggeworfen hat, und beginnt mein T-Shirt über meinen Brustkorb nach oben zu schieben. »Wenn wir hier fertig sind.« Er hakt meinen BH auf, bedeckt meine Brüste mit den Händen, und seine Finger reizen meine Brustwarzen, dann beugt er sich vor, um an einer der harten, schmerzenden Knospen zu lecken. »Irgendein Problem mit diesem Plan?«

»Problem?«, frage ich atemlos. »Welches Problem?«

Er grinst und zieht mir das T-Shirt das letzte Stück hinauf und über den Kopf. Ich versuche, die Hände herunterzunehmen, aber er hält sie entschlossen über meinem Kopf fest. »Lass sie da. Wenn du sie bewegst, wirst du die Strafe zu spüren bekommen, die ich gestern Nacht nicht ausgeführt habe.« Er streicht mir über die nackte Brust und zupft grob an meinen Brustwarzen, und ich spüre ein ekstatisches Stechen bis in mein Geschlecht.

Adrenalin rauscht durch mich hindurch, teils aus Furcht vor dem Unbekannten, teils vor weißglühender Erregung. »Wie willst du mich bestrafen?«, frage ich, während meine Beine sich aus eigenem Antrieb um seine Hüften klammern.

Sein begehrlicher Blick streift meine aufgerichteten Brustwarzen und meine schweren, geschwollenen Brüste, bevor er mir in die Augen sieht. »Wir haben die Liste der Möglichkeiten gestern im Flugzeug besprochen.«

Eine Hitzewelle überflutet mich bei der Erinnerung an diese geflüsterten Versprechen, die alle furchterregend außerhalb meines Wohlfühlbereichs liegen. »Ja. Das haben wir.«

Er spreizt meine Beine, schiebt zwei Finger in die glitschige, feuchte Hitze meines Körpers und streichelt mit dem Daumen meine Knospe. »Willst du meinen Mund hier haben?«

»Ja«, entringt es sich mir.

»Was ist, wenn ich eine dieser Strafen wähle, falls du kommst, bevor ich es dir erlaube?«

Ich lache, ein kehliges, nervöses Keuchen, und rufe ihm ins Gedächtnis: »Das haben wir schon früher probiert. Ich werde versagen. Ich werde übrigens, wenn du auch nur falsch atmest – oder richtig – sofort kommen.«

Sein erotischer, teuflischer Mund verzieht sich befriedigt. »Dann sollten wir vielleicht direkt zu der Strafe übergehen.«

Mir ist ganz kribbelig vor Nervosität, gemischt mit genug Adrenalin, um mich zittern zu lassen. Oder vielleicht ist es einfach er, der mich erzittern lässt. »Ich verdiene den Orgasmus, wenn ich die Strafe annehme«, bringe ich gerade noch heraus.

Er lacht, und es klingt frech und dominant, als habe er bereits beschlossen, welches dieser verderbten Versprechen aus dem Flugzeug er einlösen will. »Lass uns sehen, wie bereit du wirklich bist«, murmelt er, lässt erst einen Finger in mich hineingleiten, dann einen weiteren und streichelt mich, und das Gefühl der Wonne breitet sich aus. Ich kämpfe dagegen an, ihm meine Hüften entgegenzuheben, und gegen das Brennen der Erlösung, und er scheint zu verstehen, scheint zu wissen. »Du kannst deinen Orgasmus haben, Baby«, verspricht er, »aber wenn du die Hände bewegst, dann werde ich dich bestrafen.« Er legt die Hand um meinen Hintern und hebt mich in die Bewegung seiner Finger hinein. »Verstanden?«

»Ja«, hechle ich. »Ja.« Ich weiß kaum, wozu ich zustimme, denn die winzigen Pfeile der Ekstase schießen von dem Ort, wo er mich streichelt, durch jeden Teil von mir.

»Gut.« Er beugt sich vor und küsst meinen Bauch, dann spüre ich, wie er über die geschwollenen Knospen meiner Brustwarzen züngelt. »Entweder Strafe«, murmelt er dicht an meiner Haut und hält für einen Moment inne, um hinzuzufügen: »Oder keine Strafe.«

Strafe oder keine Strafe. Die Worte spulen sich in meinem Geist noch einmal ab, und unwillkürlich folgt ihnen Rebeccas Tagebucheintrag. Du weißt, dass ich dich bestrafen muss. Ich habe nie verstanden, warum sie so eindringlich betonte, wie Marks Worte sie süchtig machten, aber jetzt verstehe ich es. Ich verspüre die gleiche Furcht und das Begehren, das sie in diesem Zusammenhang mit ihm beschrieben hat, den Schmerz, der Furcht und Lust in einem einzigen Atemzug ist.

Chris’ Schultern stoßen an meine Knie, sein heißer Atem streicht über meine geschwollene Klitoris, und die Erwartung in mir ist fast unerträglich. Ich bin tatsächlich drauf und dran die Hände zu bewegen und ihn an mich zu ziehen, reiße mich aber zusammen. Wenn ich ihm trotze, wird meine Strafe garantiert damit beginnen, dass er mir seinen Mund verwehrt, und ich will seinen Mund. Will ihn so sehr.

Wieder streicht sein heißer Atem über mich hinweg, und seine Zunge wispert über die Innenfläche meines Oberschenkels. Ich muss mich an die lederne Armlehne klammern, um meine Hände zurückzuhalten. Er neckt mich, versucht, mich dazu zu bringen zu tun, was er mir verboten hat. Aber ich tue es nicht. Ich werde es nicht tun. Ich warte auf die ultimative Belohnung, und endlich kommt sie.

Sein warmer Mund schließt sich über meiner Klitoris, und es ist, als springe der harte Ball der Anspannung, der in mir zurückgehalten wurde, an jede Stelle meines Körpers. Jetzt habe ich seinen Mund, seine Zunge, aber ich sehne mich nach diesem süßen, perfekten Moment, in dem alles um mich herum in Ekstase explodiert. Und er ist nah, so nah. Seine Zunge ist wie magisch, wenn sie über meine Klitoris streicht, leckt, züngelt, während seine Finger in mich stoßen. Ich bin ohne Hemmungen, keuche, bewege mich mit ihm, bis ich fast das Gefühl habe, ich werde in Stücke zerbersten. Er hält mich absichtlich zurück, drosselt das Tempo, obwohl ich eine Beschleunigung brauche, bewegt sich schneller, wenn ich ein Anhalten benötige. Ich kann es nicht länger ertragen. Ich greife nach ihm, meine Hand senkt sich auf seinen Kopf, und einfach so hört er auf mit dem, was er tut. Ich ringe nach Luft und strecke die Hände nach ihm aus, aber es ist zu spät für mich, um ungeschehen zu machen, was ich getan habe.

Er lehnt sich über mich und sieht mir in die Augen. »Ich habe dir gesagt, dass du dich nicht bewegen sollst.«

»Ich weiß, aber …«

»Kein Aber. Strafe oder keine Strafe. Das waren die Optionen.« Er überrascht mich, indem er mich umdreht und mich auf meine Knie zieht, sodass sich mein Gesäß ihm entgegenstreckt. Mein Herz rast, und Adrenalin schießt in der Gewissheit durch mich hindurch, dass nun die Strafe kommt.

Plötzlich schlägt er mir mit der nackten Hand auf den Hintern, und das Brennen erschreckt mich, es strömt über meine Haut und mein Rückgrat hinauf. Ich keuche und wölbe den Rücken, und das ist ein Fehler. Ich bewege mich in den nächsten Schlag seiner Hand hinein. Irgendwie erinnere ich mich daran, was er mich gelehrt hat, und beginne mit dem nächsten Schlag seiner Hand zu zählen. Drei, vier, fünf. Ich halte den Atem für den sechsten Schlag an, der jedoch nicht kommt. Chris dreht mich wieder um und drückt mich mit dem Gewicht seines Körpers in das Sofa. Seine Finger schlingen sich um mein langes Haar. Sekundenlang atmen wir zusammen, die Luft um uns herum ist mit Spannung aufgeladen, voller Energie. Ich kann diesen Mann überall in mir spüren, in jeder Pore, jedem Nerv. Und als sein Mund sich auf meinen senkt, heiß und hart, in unmissverständlichem Tadel, der besagt, dass er die absolute Kontrolle hat, will ich niemals in meinem Leben anders als so eindringlich geküsst werden. Ich gehöre ihm, und nichts in mir ist in der Lage, ihm diesen Anspruch zu verwehren. Nichts in mir lehnt ihn ab oder hält ihn für unrecht. Da ist einfach nur das, was er sich von mir nehmen kann. Meine Unterwerfung.

Ich keuche, als er seinen Mund von meinem losreißt und mein Haar loslässt, sodass es über meinen Körper gleitet. Er schiebt sich zwischen meine Beine, und ich wimmere, als sein Mund sich auf meine Klitoris herabsenkt. Er saugt und leckt und sendet quälende Gefühle in jeden Teil von mir. Und diesmal nimmt er mich dorthin mit, wo ich hingehen will, und ich bin verloren, reif für die Erlösung, die mich überkommt. Er leckt mich ein letztes Mal, und mein Geschlecht krampft sich um seine Finger zusammen, jeder Muskel in meinem Körper spannt sich an, bevor die Wonne endlich über mich hinwegrollt. Alles versinkt in einem Rausch von Gefühlen, in dem nichts anderes existiert. Langsam kehre ich in die Realität zurück, keuchend von den Nachwehen dessen, was er gerade mit mir gemacht hat.

Chris löst sich von mir, und um den Moment noch ein wenig hinauszuzögern greife ich nach ihm, versuche, ihn zurückzuziehen. »Warte. Bitte.« Und prompt werde ich hochgehoben und über seine Schulter geworfen. Er legt die Hand auf meinen Hintern und kneift mir grob in die Pobacke. Mein Herz rast in der Gewissheit, dass er mich erneut übers Knie legen wird, und mein Atem stockt.

Er betritt unser Badezimmer, knipst das Licht an und setzt mich auf den weiß gefliesten Waschtisch. Dann geht er zur Dusche, dreht sie auf und zieht sein Hemd aus. Mit Blicken verschlinge ich seinen muskulösen Rücken und beobachte, wie seine Drachentätowierung sich mit jeder Bewegung dehnt und bewegt. Er strahlt Macht und Kontrolle aus, pure, männliche Dominanz. Er ist mein zukünftiger Ehemann, und die Vorstellung, die Frau dieses Mannes zu sein, hat etwas verdammt Erotisches.

Er dreht sich zu mir um, in seinen Augen pure, weißglühende Lust. Dann knöpft er seine Jeans auf und schiebt sie an seinen kräftigen Beinen hinab, und ich bin mir jeden Zolls seines perfekten, steinharten Körpers bewusst.

»Komm hierher«, befiehlt er, und ich zögere nicht einmal. Er hat mich bezichtigt, seine Kontrolle zu genießen, und er hat recht. Ich mag sie nicht nur, ich sehne mich danach, biete ihm freiwillig meine Unterwerfung. Niemals würde ich jedoch in Erwägung ziehen, sie jemand anderem anzubieten.

Nachdem ich vom Waschtisch hinuntergeglitten bin, erregt von dem leichten Brennen in meinem Hintern, durchquere ich den Raum. Und als ich vor ihm stehe, zittere ich vor Sehnsucht nach seiner Berührung. Es fühlt sich so an, als hätte ich sie schon Jahre entbehrt und nicht bloß Sekunden.

Ich rechne damit, dass er mir die Berührung verwehrt, dass er mich warten lässt, aber in einem dieser Stimmungswechsel lässt Zärtlichkeit seine Augen und sein Gesicht weicher werden. Im nächsten Moment zerrt er mich in die Dusche und in seine Arme.

Ich lege die flache Hand auf seine Brust. »Du hast mir den Hintern versohlt. Und du hast mich nicht vorgewarnt.«

Er presst mich an die Wand. »Was meinst du, warum?«

Er ist wieder angespannt, und das färbt auf mich ab. Ich stottere bei meiner Antwort. »Ich … ich weiß es nicht.«

»Weil es, wenn es mich wieder überkommt, keine Warnung geben wird. Du musst darauf vorbereitet sein. Wir müssen vorbereitet sein.«

Mein Herz schmerzt, ich verstehe ihn. Er stößt mich nicht weg wegen Amber. Er zieht mich dichter an sich. Ich lege die Arme um ihn. »Das werden wir sein.«

»Wir müssen es sein«, betont er abermals, schmiegt sich an mich und hält mich ein wenig zu fest, als habe er Angst, mich zu verlieren. Also halte ich ihn auch ein wenig zu fest, weil er es braucht.

Es ist fast Mittag, als ich aus dem Schlafzimmer komme und Chris aus dem Fenster starren sehe, während er telefoniert. Er trägt schwarze Dieseljeans, ein dazu passendes Diesel-T-Shirt und Bikerstiefel, die ich mit ihm in Paris ausgesucht habe, und hält eine Tasse Kaffee in der Hand. Sein steifer Rücken und die Anspannung in seinen Schultern wirft in mir die Frage auf, ob er in der vergangenen Nacht viel weniger geschlafen hat, als er behauptet hat. Und ob er sich erheblich mehr sorgt, als er bei unserem Gespräch gestern hat durchblicken lassen.

Ich setze mich auf den dick gepolsterten, braunen Ledersessel ihm gegenüber, und er dreht sich um und beendet sein Gespräch. Sein Blick fällt auf mich, und das Sonnenlicht fängt sich in den bernsteinfarbenen Einsprengseln in seinen Augen und färbt sie golden. Er kommt mit lässigem Schritt auf mich zu, und als er meinen heiß gemusterten schwarzen Rock und Pullover mit dem V-Ausschnitt sieht, wird sein Blick raubtierartig.

Er setzt sich auf die Ottomane mir gegenüber, legt mir die Hand aufs Knie und die Finger auf den oberen Rand meiner Stiefel. »Du siehst gut aus, Baby«, sagt er mit rauer Stimme.

Hitze steigt in meine Wangen. »Danke. Ich dachte, ich sollte für den Termin professionell gekleidet sein.«

»Zieh dich an, um dich selbst zu beeindrucken, nicht sie.« Seine Augen funkeln schelmisch, was ich so entzückend finde, und er fügt hinzu: »Zieh dich aus, um mich zu beeindrucken.« Ich versuche zu lächeln und scheitere kläglich, und Chris bemerkt es sofort. »Hey«, sagt er und liebkost meine Wange. »Immer mit der Ruhe, Baby. Du brauchst dir keine Sorgen wegen dieses Termins zu machen.«

Forschend schaue ich ihm ins Gesicht und suche nach Spuren von Anspannung, aber sie sind nicht zu finden. Vielleicht habe ich es mir eingebildet. »Wir stolpern blindlings in diese Sache hinein, und das macht mir zu schaffen. Mark ruft uns einfach nicht zurück. Auch Ralph hat sich nicht gemeldet, obwohl ich ihm zwei Nachrichten hinterlassen habe. Blake und David haben uns nichts Neues zu erzählen. Es muss einen Grund geben, warum der Detektive gestern Nacht hier war. Und bitte, sag mir, dass das am Telefon gerade David war.«

»Offensichtlich muss ich dich von zwei Tassen Kaffee runterbringen, du bist ja auf hundertachtzig«, zieht er mich auf. »Nein, es war nicht David. Es war der Juwelier, von dem ich dir erzählt habe. Ich habe ein Ringdesign entworfen, das ich dir zeigen will, aber ich wollte sicher sein, dass er mit dem etwas anfangen kann, was mir vorschwebt.«

»Du hast einen Ring für mich entworfen?«, frage ich begeistert. »Ich werde ein Chris-Merit-Original am Finger tragen!«

»Und im Bett«, neckt er mich. »Aber ja. Ich habe einen Ring entworfen. Ich muss noch einmal letzte Hand daran legen, dann werde ich dir die Skizze zeigen.«

Es kommt einfach über mich, ich strahle ihn an. Irgendwie hat Chris es geschafft, alle Probleme wegzuwischen und alles absolut richtig zu machen. Ich beuge mich vor und lege ihm die Hände fest an die Wangen. »Meinen Ring zu entwerfen ist das allergrößte Geschenk für mich.«

Er verzieht den Mund, bedeckt meine Hände mit seinen und zieht sie zwischen uns. »Lass uns hoffen, dass du auch noch so denkst, wenn du den Entwurf siehst.«

»Du weißt, dass es so sein wird. Ich will nicht warten. Kann ich einen winzig kleinen Blick darauf werfen? Bitte? Es ist mir egal, dass die Zeichnung noch nicht fertig ist.«

Er steht auf und zieht mich mit sich. »Nach dem Treffen mit der Polizei.«

Wie ein Schwall kalter Winterluft holt mich das wieder runter und in die Realität zurück. »Stimmt ja«, sage ich und schlucke. »Das Treffen.«

»David will sich vorher mit uns in einem Café in der Nähe des Polizeireviers treffen, aber wir haben immer noch jede Menge Zeit, bevor wir uns auf den Weg machen müssen. Warum fahren wir nicht bei der Galerie vorbei und schauen, was wir über Mark in Erfahrung bringen können? Vielleicht wird sich alles einrenken.«

»Ja«, stimme ich schnell zu. »Ich glaube, das ist eine gute Idee.« Es ist eine gute Idee, doch warum krampft sich mir plötzlich der Magen zusammen?

»Ralph und Amanda werden Fragen stellen«, warnt er mich.

»Genau wie die Polizei. Es wird eine gute Vorbereitung darauf sein, und ich werde mich besser fühlen, wenn ich aufs Revier gehe und wir so gut informiert wie möglich sind.«

Er unterzieht mich einer scharfen Musterung. »Bist du dir sicher?«

»Ja«, antworte ich. »Ich bin mir sicher.« Er wirkt nicht überzeugt, und mein Magen verkrampft sich noch einmal. Irgendwie will ich nicht in die Galerie zurückkehren, und ich weiß nicht, warum.

Wie die Dornen an den Rosen, die er mir so gerne schenkt, habe ich den Schmerz der Peitsche willkommen geheißen, die in meinen Rücken gebissen hat. Es ist die Flucht vor all dem, was ich verloren habe, vor all dem, was ich gesehen und getan habe und bereue. Er gibt mir etwas. Er ist meine Droge. Der Schmerz ist meine Droge. Er fährt durch mich hindurch, und ich spüre nichts als den bitteren Biss des Leders und die süße Seide der Dunkelheit und der Wonne, die darauf folgt.

Rebecca Mason

3

Ich kann nicht erkennen, ob Avas Café geöffnet ist, als wir in die kleine Straße hinter der Galerie einbiegen. Ich weiß nicht, warum mich das überhaupt interessiert, aber da mein Magen anfängt, Purzelbäume zu schlagen beim Anblick des Schildes von Cup O’Café, ist es wohl so. Vielleicht habe ich mich deshalb innerlich dagegen gesperrt hierherzukommen – oder vielmehr ist Ava der Grund. Wegen ihr müssen wir alle die Hölle durchmachen. Sie ist das Monster, das Rebecca ermordet hat und das mich fast selbst ins Grab gebracht hätte.

Glücklicherweise parkt Chris nur wenige Augenblicke später den 911 auf dem Parkplatz hinter der Galerie und lenkt mich mit anderen Dingen ab. »Das ist Ralphs Wagen«, sage ich und zeige auf einen schwarzen Toyota Camry, den einzigen anderen Wagen auf dem Parkplatz. »Amanda nimmt den Bus, aber alle Praktikanten würden hier hinten parken, ebenso wie das Verkaufspersonal. Ich frage mich, wer die Galerie in Marks Abwesenheit leitet.«

Chris drückt seine Tür auf und stellt seinen bestiefelten Fuß auf das Pflaster. »Ich nehme an, dass nach deinem Weggang und dem Ausfall von Mary nicht viel los sein wird. Blake sagt, die Galerie sei die ganze Woche über für die Öffentlichkeit geschlossen gewesen. Kannst du am Empfang anrufen und feststellen, ob sie uns reinlassen können?«