Der Campus Vienna Biocenter - Maria Wirth - E-Book

Der Campus Vienna Biocenter E-Book

Maria Wirth

4,4

Beschreibung

Die Life Sciences haben sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Disziplin entwickelt, der in der Forschungs- und Wissenschaftspolitik große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mit dem Campus Vienna Biocenter beherbergt die Stadt Wien einen international renommierten Standort, der universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ebenso wie eine Fachhochschule, biotechnologische Firmen und Akteure aus dem Bereich der Wissenschaftskommunikation verbindet. Der Campus gilt heute nicht nur als "Hot Spot" der Wiener Biowissenschaften und als einer der bedeutendsten Life Sciences-Standorte in Österreich. Von ihm sind immer wieder auch wichtige Impulse für die Forschungs-, Innovations- und Universitätslandschaft ausgegangen. Die Studie von Maria Wirth zeichnet seine Geschichte von den 1980er Jahren bis in die Gegenwart nach und verortet diese im forschungspolitischen Kontext. Sie beleuchtet die Genese seiner Institutionen und Gebäude im Zusammenspiel von Unternehmen, Politik und Wissenschaft und analysiert seine Bedeutung für den Forschungs- und Innovationsstandort Wien sowie die Universitäten.

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Maria Wirth

Der Campus Vienna Biocenter

Innovationsmuster

in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte Band 8

Herausgegeben von

Rupert Pichler, Michael Stampfer und Wolfgang Polt

Maria Wirth

Der Campus Vienna Biocenter

Entstehung, Entwicklung und Bedeutung für denLife Sciences-Standort Wien

© 2013 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-5723-8

Satz: Studienverlag/Roland Kubanda, www.rolandkubanda.com

Umschlag: Studienverlag/Dominika Nordholm

Registererstellung durch die Autorin

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der Standort – das Gelände des Campus Vienna Biocenter und seine historische Entwicklung

1.1. Das Siechenhaus St. Marx

1.2. Die Marxer Brauerei

1.3. Das Hornyphon-Werk von Philips

1.4. Der Schlachthof St. Marx

2. Das Gründungsinstitut – das Institut für Molekulare Pathologie (IMP)

2.1. Boehringer Ingelheim, Bender und die Zusammenarbeit mit Genentech in der Gentechnik

2.1.1. Boehringer Ingelheim

2.1.2. Bender

2.1.3. Bender und die Zusammenarbeit mit Genentech

2.2. Ein gemeinsamer Forschungsstandort

2.2.1. Wien als möglicher Standort

2.2.2. Verhandlungen mit der Universität

2.2.3. Verhandlungen mit der Politik

2.3. Die Anfänge einer aktiven Biotechnologiepolitik in Österreich

2.3.1. Unterstützung durch die öffentliche Hand

2.4. Von der Oncogenplanungs- und ErrichtungsgesmbH zum Institut für Molekulare Pathologie

2.4.1. Der wissenschaftliche Leiter

2.4.2. Der institutionelle Aufbau

2.4.3. Das Institutsgebäude

2.5. Die Institutseröffnung – Begeisterung über das neue Forschungsinstitut und erste Kritik an der Gentechnik

2.5.1. Begeisterung …

2.5.2. … und kritische Stimmen

2.6. Die weitere Entwicklung

2.6.1. Der Ausstieg von Genentech 1993

2.6.2. Weitere Förderung durch die öffentliche Hand

2.6.3. Personelle und organisatorische Änderungen

3. Das Wiener Biozentrum – die Universität am Campus

3.1. Die beteiligten Universitätsinstitute

3.1.1. Das Institut für Biochemie an der Medizinischen Fakultät

3.1.2. Das Institut für Allgemeine Biochemie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät

3.1.3. Das Institut für Molekularbiologie an der Medizinischen Fakultät

3.1.4. Das Institut für Mikrobiologie und Genetik an der Naturwissenschaftlichen Fakultät

3.2. Zwei neue Lehrstühle und ein neues Institut

3.2.1. Die inhaltliche Ausrichtung der Lehrstühle

3.2.2. Ein Ordinariat für Biochemie II (Zellbiologie) und ein Institut für Molekulare Genetik

3.3. Das neue Universitätsgebäude

3.3.1. Der inneruniversitäre Entscheidungsprozess zur Übersiedlung

3.3.2. Das Gebäude

3.4. Kooperationen mit dem IMP

3.4.1. Gemeinsame Infrastrukturen und die Schaffung der Max Perutz Library

3.4.2. Ein gemeinsames PhD-Programm

4. „Gründerjahre“ – neue Akteure und Gebäude am Campus

4.1. dialog<>gentechnik – Wissenschaftskommunikation am Campus

4.1.1. Das Gentechnik-Volksbegehren 1997

4.1.2. Von der „Plattform Gentechnik & Wir“ zu dialog<>gentechnik

4.1.3. Das Vienna Open Lab und dessen Vorbildfunktion für weitere offene Labore in Österreich

4.2. Intercell – das erste Biotech-Start-up am Campus

4.2.1. Gründung durch IMP- und Universitätsmitarbeiter

4.2.2. Die Gründungsfinanzierung

4.2.3. Unterstützung durch die Politik

4.2.4. Die Vienna Life Science Laboratories – der Campus Vienna Biocenter 5

4.2.5. Die weitere Entwicklung

4.3. Life Sciences und Biotechnologie als Förderschwerpunkt

4.3.1. Von Seiten des Bundes …

4.3.2. … und der Stadt Wien

4.4. Ein „Gründerzentrum“ – der Campus Vienna Biocenter 2

4.4.1. AFFiRiS – eine Biotech-Erfolgsgeschichte

4.5. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Campus

4.5.1. Die ÖAW und ihr verstärktes Engagement im Bereich der Life Sciences

4.5.2. Das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA)

4.5.2.1. Institutsgründung nach dem Vorbild und in Kooperation mit dem IMP

4.5.2.2. Der wissenschaftliche Leiter

4.5.2.3. Der Institutsaufbau

4.5.3. Das Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI)

4.5.4. Das Life Sciences Zentrum der ÖAW

4.5.5. Die weitere Entwicklung

5. Die Max F. Perutz Laboratories (MFPL)

5.1. Unzufriedenheit mit den bestehenden Strukturen und Vergleich mit dem IMP

5.2. Erste Konzepte und ein Gutachten

5.3. Die Gründung der Max F. Perutz Laboratories

5.3.1. Die Umwandlung der Medizinischen Fakultät in eine eigene Universität

5.3.2. Eine Stiftungsprofessur für Bioinformatik

5.3.3. Die Max F. Perutz Laboratories

5.3.4. Ein gemeinsamer Direktor

5.4. Zwei Zentren – das Zentrum für Medizinische Biochemie und das Zentrum für Molekulare Biologie

5.5. Die weitere Entwicklung

5.5.1. Vorbildfunktion für andere Universitäten

6. Aktuelle Entwicklungen

6.1. Die „Vision 2020“

6.1.1. Keine „Elite-Universität“ in St. Marx

6.1.2. Die „Vision 2020“

6.1.3. Die Campus Support Facility GmbH

6.2. Neue Gebäude – der Campus wächst weiter

6.2.1. Das neue Intercell-Gebäude – der Campus Vienna Biocenter 3

6.2.2. Das Solaris-Gebäude

6.2.3. Die Marxbox

7. Schlussbemerkung

Literatur

Internetadressen

Quellen

Interviews

Abkürzungen

Bildnachweis

Personenregister

Einleitung

Die Life Sciences oder Lebens- bzw. Biowissenschaften1 haben sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Disziplin entwickelt, der in der Forschungs- und Wissenschaftspolitik in vielen Staaten und Kommunen eine große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Besonders der Biotechnologie,2 die nach der Kerntechnik und Mikroelektronik bzw. elektronischen Datenverarbeitung zu den zentralen Schlüsseltechnologien nach 1945 zählt,3 wird weltweit ein enormes Wachstums- und Innovationspotential attestiert.

Mit dem Campus Vienna Biocenter im dritten Gemeindebezirk beherbergt die Stadt Wien einen international renommierten Standort in genau diesem Bereich. Auf einem Gelände, das Hunderte WissenschaftlerInnen und Studierende aus über 40 Nationen versammelt, sind universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ebenso wie eine Fachhochschule, biotechnologische Firmen und Akteure aus dem Bereich der Wissenschaftskommunikation angesiedelt.4 Die den Life Sciences oft zugesprochene (und auch von der Politik geförderte) Neigung zur Konzentration und Clusterbildung, die den Transfer und Austausch von Wissen erleichtern und vielfältige Möglichkeiten für Kooperationen ermöglichen soll, ist hier somit deutlich sichtbar.

Wie ein Blick in den aktuellen Bericht über die Life Sciences in Wien zeigt, ist der Campus Vienna Biocenter nicht der einzige Life Sciences-Standort in Wien. So nennt dieser als weitere Life Sciences-Zentren bzw. „Hot Spots“ der Wiener Biowissenschaften auch den Campus MedUni Wien (bzw. das AKH und die in seiner Umgebung angesiedelten Institute), den Campus Vetmeduni, die TU Wien und das an der Universität für Bodenkultur (Boku) angesiedelte Life Sciences-Zentrum Vienna Muthgasse.5 Der Campus Vienna Biocenter gilt jedoch als besonders wichtiges „Aushängeschild“ der Wiener Life Sciences-Szene und wird häufig als bedeutendster Life Sciences-Standort in Österreich bezeichnet.6 Wesentlich ist hierfür nicht nur, dass er maßgeblich dazu beigetragen hat, Wien auf der internationalen Life Sciences-Landkarte zu platzieren. Bedeutend ist vor allem, dass er – wie auch die nationalen und städtischen Forschungsprogramme der letzten Jahrzehnte belegen – ein wichtiges „Zugpferd“ für die Entwicklung Wiens zum Life Sciences-Standort war bzw. er darüber hinaus der gesamten österreichischen Wissenschafts- und Forschungslandschaft wichtige Impulse verliehen hat.7

Im internationalen Vergleich hat die kommunale bzw. staatliche Förderung der Life Sciences bzw. Biotechnologie zwar verspätet eingesetzt. Heute zählt die Stadt Wien die Life Sciences – sowohl was den Wissenschafts- und Forschungs-, als auch den Unternehmenssektor betrifft – jedoch zu ihren wichtigsten Stärkefeldern. So beherbergt sie insgesamt 22 Forschungsinstitute mit Life Sciences-Schwerpunkten – darunter fünf Universitäten und zwei Fachhochschulen sowie 15 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen –, in denen mehr als 14.000 MitarbeiterInnen beschäftigt und 35.000 Studierende ausgebildet werden. In rund 400 Unternehmen – darunter 99 Firmen, die der Biotechnologie und Medizintechnik als Kernbereiche der Wiener Life Sciences zuzurechnen sind – arbeiten desweiteren mehr als 9.000 Menschen. An Fördermitteln haben allein die Wiener Fördereinrichtungen (Wiener Wirtschaftsförderungsfonds/WWFF bzw. Wirtschaftsagentur Wien/WAW, Zentrum für Innovation und Technologie GmbH/ZIT und Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds/WWTF) zwischen 1998 und 2009 117 Millionen Euro für Life Sciences-Projekte ausgegeben. Weitere 430 Millionen Euro hat die Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) in den letzten Jahren in die Life Sciences in Wien investiert.8

Sich mit dem Campus Vienna Biocenter zu beschäftigen, ist somit besonders vor dem Hintergrund dieser Entwicklung interessant. Seine Entstehungsgeschichte reicht in die 1980er Jahre zurück, als Wien im Bereich der Biowissenschaften nur wenig zu bieten hatte. Den Anfang machten das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) sowie ein neues Universitätsgebäude. Ende der 1990er Jahre, als die Life Sciences und Biotechnologie sowohl von Seiten des Bundes als auch der Stadt Wien zu einem wichtigen Fördergebiet wurden, folgten die Gründungen der Biotech-Firma Intercell sowie jene von zwei neuen Instituten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Mit Intercell, dem Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und dem Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) erhielt der Campus nicht nur neue Akteure, sondern auch neue Gebäude. Zugleich wurde mit der Bildung von dialog<>gentechnik der Erkenntnis Folge geleistet, dass Wissenschaft und Forschung auch einer modernen Wissenschaftskommunikation bedürfen und erste Pläne für die späteren Max F. Perutz Laboratories (MFPL) als heutigem Joint Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien entwickelt. Weitere Gebäude für Firmen, darunter auch das erfolgreiche Biotech-Start-up AFFiRiS, und akademische Institutionen folgten. Zuletzt wurde mit dem Bau des Solaris-Gebäudes und der Marxbox sowie der Entwicklung und Umsetzung der „Vision 2020“ nicht nur dafür Vorsorge getroffen, dass Raum für ein weiteres Wachsen vorhanden ist, sondern der Campus auch in Zukunft auf moderne Facilities zurückgreifen kann.

In der Medienberichterstattung nimmt der Campus Vienna Biocenter seit vielen Jahren – nicht zuletzt deshalb, da eine Reihe wichtiger Wissenschaftspreise an seine Institute gegangen sind und er „Vorzeigefirmen“ im Bereich der Biotechnologie beheimatet – einen fixen Platz ein. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit ihm ist abgesehen von einer 2004 an der Universität Wien approbierten Diplomarbeit,9 auf Grund seines jungen Alters und den damit verbundenen Problemen beim Zugang zu wichtigen Unterlagen jedoch bis jetzt ausgeblieben.10 Die vorliegende Studie unternimmt einen Versuch, diese Lücke zu schließen und die Geschichte des Campus Vienna Biocenter von seinen Anfängen bis herauf in die Gegenwart (mit Abschluss Ende 2012) nachzuzeichnen.

In einem ersten Kapitel erfolgt eine kurze Beschreibung des Geländes, auf dem sich der Campus Vienna Biocenter befindet und dessen historischer Entwicklung. Der Campus soll eingangs somit im Stadtgebiet und dessen Geschichte verortet werden, da diese in seinem Zusammenhang nicht nur immer wieder angesprochen wird, sondern auch in seiner Selbstdarstellung eine wichtige Rolle spielt.11 Ihm angeschlossen sind eine Darstellung der Geschichte des Campus Vienna Biocenter, seiner Institutionen und Gebäude, wobei die wichtigsten Entwicklungslinien im Kontext der nationalen und städtischen Wissenschafts- und Innovationspolitik beleuchtet werden. Besondere Beachtung kommt hierbei der „Frühgeschichte“ des Campus und dem Zusammenspiel von Wissenschaft, Unternehmen und Politik, den Universitäten am Campus, den wichtigsten hier ansässigen Firmen und seiner Bedeutung für die Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationspolitik zu. Desgleichen verfolgt die Studie insofern einen biographischen Ansatz, als jene Personen vorgestellt werden, die zentral für die Geschichte des Campus sind, seine Entwicklung bestimmt, ermöglicht oder mitgetragen haben.

Die Studie wurde durch eine finanzielle Unterstützung von IMP, MFPL, WWTF und der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7), Wissenschafts- und Forschungsförderung, ermöglicht und begleitet von einem Beirat bestehend aus Mag. Harald Isemann (IMP), Univ.-Prof. Dr. Andrea Barta (MFPL), Dr. Michael Stampfer (WWTF) und Dr. Rupert Pichler (BMVIT) durchgeführt. Sie stützt sich – soweit ein Zugang zu schriftlichen Quellen möglich war – auf Aktenmaterialien, die Medienberichterstattung und eine Reihe von Interviews. Wichtige Dokumente konnten insbesondere im Archiv des IMP und jenem der Universität Wien, in den Rektoraten der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien sowie der Magistratsabteilung für Finanzwirtschaft und Haushaltswesen (MA 5), dem WWTF und der Raumabteilung des BMWF eingesehen werden.12

Ich danke allen Institutionen und Personen, die trotz vorhandener Schutzfristen einen Zugang zu projektrelevanten Unterlagen ermöglicht und mich bei der Recherche unterstützt haben bzw. bereit zu einem Interview waren: Univ.-Prof. Dr. Peter Swetly; Univ.-Prof. Dr. Gottfried Schatz (Universität Basel); Univ.-Prof. Dr. Max Birnstiel, Dr. Heidemarie Hurtl, Mag. Harald Isemann, Gerti Kölbl, Univ.-Prof. Dr. Kim Nasmyth, Prof. Dr. Nikolaus Zacherl (IMP); Univ.-Prof. Dr. Andrea Barta, Georg Bauer, Univ.-Prof. Dr. Roland Foisner, Dr. Barbara Hamilton, Mag. Claudia Kögler, Univ.-Prof. Dr. Karl Kuchler, Univ.-Prof. Renée Schroeder, Rektor Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schütz, Univ.-Prof. Dr. Tim Skern, BM a. D. Univ.-Prof. Dr. Hans Tuppy, Univ.-Prof. Dr. Georg Winckler, Univ.-Prof. Dr. Erhard Wintersberger (Universität Wien, Medizinische Universität Wien, MFPL); Univ.-Prof. Dr. Arndt von Haeseler, Dr. Heiko Schmidt (CIBIV); Mag. Thomas Maisel, Michaela Nußbaum (Archiv der Universität Wien); Mag. Dieter Spadt (RRM der Universität Wien); Univ.-Prof. Dr. Alexander von Gabain, DI Olivier Jankowitsch, Mirja Kokkonen (Intercell); Julia Bock, Dr. Walter Schmidt (AFFiRiS); Manuela Ringbauer, MSc (Vienna Open Lab), Dr. Evelyn Breiteneder, Dr. Stefan Sienell, Univ.-Prof. Dr. Werner Welzig (ÖAW); VB Mag. Renate Brauner; VB a. D. Dr. Sepp Rieder; OAR Gerhard Kammerer (MA 5); Kathrin Harrauer (MA 27); Mag. Christian Bartik (ZIT); Ing. Robert Wolfgring, Mag. Gerhard Hirczi, Mag. Martin Pahr (WWFF/WAW); Dr. Heinrich Berg (WStLA); Dr. Michael Stampfer (WWTF); BM a. D. Dkfm. Ferdinand Lacina; BM a. D. Dr. Caspar Einem; SC i. R. Dr. Wolf Frühauf; SC Mag. Friedrich Faulhammer (BMWF); Mag. Hana Keller, Thomas Helesic, Dieter Lautner (ÖStA/AdR); Dipl.-Ing. Martin Reishofer (FFG); Mag. Werner Matt (Stadtarchiv Dornbirn); Mag. Regina Wonisch (VGA); Prof. Karl Hauer (Bezirksmuseum Landstraße).

 

1 Unter dem Begriff „Life Sciences“ werden alle Wissenschaften zusammengefasst, die mit dem Leben und seinen Prozessen im Zusammenhang stehen. Hierzu gehören etwa die Biologie, Ökologie, Medizin und Veterinärmedizin. Der Begriff „Life Sciences“ umfasst die Grundlagenforschung ebenso wie die industrielle F&E, Biotechnologie und Medizintechnik.

2 Die Biotechnologie verbindet Erkenntnisse aus Biologie und Biochemie mit technischer Nutzbarkeit. Biologische Systeme, lebende Organismen oder deren Produkte werden für technologische Herstellungsverfahren und Anwendungen genutzt. Die moderne Biotechnologie arbeitet vor allem mit Methoden der Gentechnik und Molekularbiologie. Fälschlicherweise wird „Biotechnologie“ häufig mit „Life Sciences“ gleichgesetzt.

3 Wieland, Thomas, Neue Technik auf alten Pfaden? Forschungs- und Technologiepolitik in der Bonner Republik. Eine Studie zur Pfadabhängigkeit des technischen Fortschritts, Bielefeld 2009.

4 Vgl.: http://www.viennabiocenter.org

5 LISAvienna, Vienna Life Science Report. Sector Survey: Facts and Directory 2011/2012, Berlin 2011, 14f.

6 Vgl. etwa: http://www.wien.gv.at/forschung/staerkefelder/lsfoerderungen.html (14.11.2012).

7 Dies hat zuletzt auch der aus Österreich stammende Nobelpreisträger Eric Kandel im Rahmen der Tagung „Der lange Schatten des Antisemitismus“ am 11.10.2012 im Archiv der Universität Wien betont.

8 LISAvienna, Vienna Life Science Report. Sector Survey: Facts and Directory 2011/2012, 4 und 6ff.

9 Fischl, Iris, Der „Campus Vienna Biocenter“. Zur politischen Strategie der Clusterbildung in der Biotechnologie, Univ. Dipl.-Arb., Wien 2004.

10 Das österreichische Bundesarchivgesetz und auch das Wiener Archivgesetz sehen eine Schutzfrist für Unterlagen, die jünger als 30 Jahren sind, vor. Um diese Unterlagen trotzdem einsehen zu können, sind Sondergenehmigungen erforderlich. Zusätzliche Schwierigkeiten kann bei so jungen Unterlagen die Frage bereiten, wo sich diese – bereits im Archiv oder noch bei der Akten produzierenden Stelle – befinden.

11http://www.viennabiocenter.org/sites/about/history.html (15.11.2012).

12 Keinen Aktenzugang hat – trotz einer Unterstützung von IMBA und GMI – die ÖAW für Unterlagen gewährt, die die Entstehungsgeschichte dieser beiden Institute betreffen. Die Ablehnung des Ansuchens auf Akteneinsicht hat die ÖAW damit begründet, dass sie sich der herrschenden Rechtslage in Österreich bzw. den geltenden Schutzfristen anschließt.

1. Der Standort – das Gelände des Campus Vienna Biocenter und seine historische Entwicklung

Der Campus Vienna Biocenter befindet sich im dritten Wiener Gemeindebezirk. Zwischen äußerem Rennweg, Landstraßer Hauptstraße (bzw. der parallel zu ihr verlaufenden Dr. Bohr-Gasse) und Viehmarktgasse gelegen, befindet er sich auf einem Areal, das heute zum pulsierenden Stadtentwicklungsbiet Neu Marx zählt. Als der Campus in den 1980er Jahren auf den Gründen der ehemaligen Hornyphon-Fabrik zu entstehen begann, zeigte es sich jedoch als verlassenes Industriegelände am Stadtrand, das direkt an den Schlachthof St. Marx grenzte.

1.1. Das Siechenhaus St. Marx

Dort, wo heute die Landstraßer Hauptstraße und der Rennweg aufeinander treffen, befand sich ab Mitte des 13. Jahrhunderts ein Siechenhaus des Lazarus Ordens, in dem – weit weg von der historischen Stadt – ansteckende Krankheiten und die Pest gebannt werden sollten. Eine ab dem Beginn des 14. Jahrhunderts dokumentierte Kapelle, die dem Heiligen Markus gewidmet war, wurde im Volksmund bald „St. Marks“ genannt und hat später dem gesamten Stadtteil seinen Namen gegeben. Das Siechenhaus wurde 1394 zum Bürgerspital zu St. Marks, in dem vor allem Arme betreut wurden und 1529 zur Kampfstätte während der ersten Türkenbelagerung Wiens. 1683, während der zweiten Türkenbelagerung, wurde das Spital weitgehend zerstört, in den Folgejahren als St. Markser Bürgerspital aber wieder aufgebaut und um ein Gebäude für Geisteskranke erweitert. 1728 erhielt es die Aufgabe, die Kranken aus den Gefängnissen und Bettelkottern, „Verruckte“, Aussätzige, gebrechliche Armen und „schwangere Weibspersonen“ aufzunehmen. Nach der Eröffnung des Allgemeinen Krankenhauses 1784 bzw. der Übersiedlung der Kranken, Irren und Gebärenden in dasselbe wurde das St. Markser Bürgerspital bis zu seiner Schließung 1861 zum Versorgungshaus St. Marks und diente somit als Altersheim.13

1.2. Die Marxer Brauerei

Die im Areal dieser Anlage befindliche Bierbrauerei wurde ab 1840 von Adolf Ignaz Mautner – zunächst als Pächter, später als Besitzer – sukzessive ausgebaut.14 Dokumentiert ist eine Brauerei auf dem Gelände des Siechenhauses bereits seit dem 14. Jahrhundert, später hatte das Armenhaus das Recht, Bier zu brauen auch aus dem Grund, um nicht von Spenden allein abhängig zu sein. Die Marxer Brauerei umfasste ab 1861 das gesamte Areal des ehemaligen Bürgerspitals und war um die Jahrhundertwende nicht nur eine der größten Brauereien der Monarchie, sondern die drittgrößte Europas.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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