7,99 €
Eine neue Hoffnung
Adrianople, eine Sternbasis des Sol-Imperiums, wird von insektenähnlichen Gestaltwandlern, den Vuhl, im Handstreich genommen. Die Vuhl haben schon die imperiale Navy unterwandert und sind in der Lage, jedes Bewusstsein zu manipulieren. Gegen diesen übermächtigen Feind scheint jeder Widerstand zwecklos – bis der Pilot Owen Garret zufällig eine Möglichkeit der mentalen Verteidigung entdeckt. Und als das Hohe Nest der Zor herausfindet, dass diese Waffe gegen die Diener des Täuschers bereits in ihrer Mythologie beschrieben wird, keimt erste Hoffnung auf.
Unterdessen wird Jackie Leperrier in der Rolle des Zor-Helden Qu’u auf die geheimnisvolle Welt Center verschlagen. Dort kann sie zwar das
gyaryu, das sagenhafte Schwert der Zor, bergen. Doch sie muss erfahren, dass die Vuhl selbst nichts als Schachfiguren in einem weit größeren Spiel sind …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 759
Das Buch
Adrianople, eine Sternbasis des Sol-Imperiums, wird von den Vuhl im Handstreich genommen. Die insektoiden Gestaltwandler, die schon seit längerem die Imperiale Navy und das Zor-Reich unterwandert haben, sind in der Lage, jedes Bewusstsein beliebig zu manipulieren. Gegen diesen übermächtigen Feind scheint jeder Widerstand zwecklos – bis der Pilot Owen Garret zufällig eine Möglichkeit der mentalen Verteidigung entdeckt. Und als das Hohe Nest der Zor herausfindet, dass diese Waffe gegen die Diener des Täuschers bereits in ihrer Mythologie beschrieben wird, keimt erste Hoffnung auf.
Unterdessen wird Jackie Laperriere in der Rolle des Zor-Helden Qu’u auf die geheimnisvolle Welt Center verschlagen. Dort kann sie zwar das gyaryu, das sagenhafte Schwert der Zor bergen. Doch sie muss erfahren, dass ihre Feinde, die Vuhl, selbst Schachfiguren in einem weit größeren Spiel sind …
Der Autor
Walter H. Hunt, 1959 in Massachusetts geboren, arbeitete lange Jahre als Programmierer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Mit den ersten beiden Bänden seiner großen SF-Abenteuer-Serie – »Die dunkle Schwinge« und »Der dunkle Pfad« – landete er auf Anhieb große Publikumserfolge.
Mehr zu Walter H. Hunt unter www.walterhunt.com
Gewidmet ist dieses Buch folgenden Menschen:
Meiner Frau und besten Freundin Lisa, die immer den ersten Platz in meinem Herzen einnimmt.
Meiner Tochter Aline, die schon alle Titel von Dads Büchern kennt.
Meinem älteren Bruder Raymond, dessen Interesse an meinen Büchern uns einander wieder näher gebracht hat.
Meinem Freund und Kollegen Rob Sawyer – danke für all deine Hilfe und deinen Zuspruch.
Die Hochsprache der Zor umfasst Wörter, die als Anrede unter Individuen verwendet werden. Diese Wörter bestehen aus zwei oder drei Buchstaben, wenn man sie in die Standardsprache übersetzt, und werden »Pränomen« genannt. Sie bezeichnen nicht nur den Status der Person, die angesprochen wird (oder auf die man Bezug nimmt), sondern auch das Verhältnis zwischen dem Sprecher und dieser Person.
Pränomen gibt es in zwei Formen. Eine davon wird benutzt, wenn der Angesprochene oder das Subjekt lebt, die andere, wenn diese Person tot ist. Die verwendeten Pränomen werden nachfolgend beschrieben:
se, si Dies ist die Standardanrede zwischen Individuen, wenn sie den gleichen Status haben oder sich nicht kennen. si wird verwendet, wenn man einen Verstorbenen anredet oder sich auf ihn bezieht. se und si werden ebenfalls benutzt, um eine Person von niedrigerem Status anzusprechen.
ge, gi Mit diesem Pränomen wird ein Geliebter bezeichnet, üblicherweise in einer neutralen oder herabsetzenden Weise. Es wird auch umgangssprachlich benutzt, um eine Person von deutlich niedrigerem Status anzusprechen, zum Beispiel einen Diener (oder einen Nicht-Zor), auch wenn diese Form altertümlich ist. Dieser Begriff wird auch oftmals bei der Herausforderung zum Duell benutzt.
ha, ha’i Dieses Pränomen kommt zum Einsatz, wenn eine Person von höherem Status (andere als der Hohe Lord oder Personen von vergleichbarem Status, beispielsweise der Imperator des Sol-Imperiums) angesprochen wird. Der so Angesprochene verwendet im Gegenzug normalerweise die se-Form.
le, li le wird zwischen Personen benutzt, die in einem intimen Verhältnis zueinander stehen, und drückt ehrliche Zuneigung aus. Die Verwendung ist nur dann erlaubt, wenn eine Beziehung von beiden Seiten akzeptiert wird. Wenn nicht, kann das ein Grund für eine Herausforderung zum Duell sein. li wird nur verwendet, wenn man einen toten Partner anspricht oder sich auf ihn bezieht.
hi, hi’i Diese Form kommt zur Anwendung, um den Hohen Lord des Volks anzusprechen. Mittlerweile wird sie auch gegenüber dem Imperator des Sol-Imperiums benutzt, selbst wenn die Anrede in diesem Fall regelmäßig mit Pränomen und Titel erfolgt – »hi Imperator« –, nicht mit Pränomen und dem eigentlichen Namen. hi’i wird verwendet, wenn von einem verstorbenen Hohen Lord die Rede ist. Dabei ist es üblich, die Flügelhaltung der Ehre gegenüber esLi einzunehmen.
na, ni Diese Form bezieht sich auf einen Diener von esGa’u. Sie wird nur selten verwendet und taucht vorwiegend in der Literatur auf. ni sagt aus, dass die Person verstorben ist.
ra, ri Diese Form, die dem na ähnlich ist, kommt zur Anwendung, um wichtige Diener von esGa’u anzureden, üblicherweise Shrnu’u HeGa’u. Sie ist der ha-Form ähnlich. Die Variante ri wird so gut wie nie benutzt, da der Gedanke nur schwer zu fassen ist, ein solcher Diener könnte tot sein.
Das Raumschiff Trebizond hatte soeben die achte Abtastung des Gebiets um den Orion-Sprungpunkt begonnen, als das Masseradar etwas registrierte, das sich jeder Beschreibung entzog.
»Was zum Teufel …«, begann Captain Richard Abramowicz, der mit ansah, wie sich das Sprungecho auf seinem Pilotendisplay in nichts auflöste. »Rhea, bestätigen Sie, dass alle Systeme einwandfrei funktionieren!«
Rhea Salmonson, der diensthabende Offizier am Steuer, drehte sich nicht um, sondern deutete auf den Bereich oberhalb der Konsole, wo eine Darstellung der Umgebung Gestalt annahm. Sie zeigte zwei immense Sprungstörungen dreißigtausend Kilometer voraus an. Ein Dutzend kleinerer Störungen folgte, während sie hinsah, die auch auf dem Display vor Captain Abramowicz angezeigt wurden.
Sie richtete ihren Blick auf die Konsole vor ihr. »Alle Systeme voll funktionstüchtig, Captain«, antwortete sie dann.
»Schiff gefechtsbereit machen«, befahl Abramowicz sofort und ordnete eine Kursänderung an, die die Trebizond zum Schwerkraftfeld ausrichtete.
Weitere Transponderkodes tauchten auf dem Display auf. Die Schiffe bewegten sich in einer engen Formation, sobald sie den Sprung verließen, vollzogen den Kurs der Trebizond nach und beschleunigten, um das Schiff abzufangen.
»Commodore, sehen Sie sich das mal an.«
Jonathan Durant, Kommandant der Sternbasis Adrianople, sah von der Maschinenstation auf. Sein XO – der derzeit wachhabende Offizier – Arlen Mustafa stand neben dem Pilotendisplay und konzentrierte sich auf ein Gebiet nahe dem Orion-Sprungpunkt, das seit mehreren Minuten nicht mehr aktualisiert worden war.
Das Display einer Sternbasis von der Größe Adrianoples war um einiges umfangreicher als das eines Flottentransporters. Anstatt nur die Bewegungen einer Jägerstaffel beobachten zu müssen, wurde mit dem Display der Sternbasis sämtlicher Verkehr in einem Planetensystem überwacht. Hinzu kam, dass rund um Adrianople mehr los war als anderswo, da die Basis eine zentrale Anlaufstelle für Schiffe war, die mit der Imperialen Großen Aufnahme zu tun hatten.
»Haben Sie eine Diagnose durchgeführt?«
»Auf unserer Seite ist alles in Ordnung«, antwortete Mustafa. »Das Tiefenradar der Überwachungsstation am Orion-Sprungpunkt sendet nicht.«
»Erweitern Sie die Reichweite auf die umliegenden Sektoren. Das kostet uns zwar ein wenig Auflösung, aber wenigstens sehen wir etwas, bis wir jemanden für die Reparatur rausschicken können.«
»Aye-aye, Sir«, sagte Mustafa. »Schalte um.« Er zeigte auf die Konsole, woraufhin die Anzeige zunächst dunkel wurde und sich dann langsam neu aufzubauen begann.
»Mit der nächsten Wache soll sich eine Technikercrew auf den Weg machen und … Augenblick mal, was ist denn das?«
Vor Durants Augen wurden auf dem Display zwei unbekannte Transponderkodes angezeigt. Das Masseradar, das das Sprungecho und die Raumverzerrung aufzeichnete, nannte Zahlen, die keinen Sinn ergaben. In rascher Folge leuchteten mindestens zwanzig kleinere Echos auf, die sich alle bei hoher relativer Geschwindigkeit in das Schwerkraftfeld bewegten.
»Wer ist da im Einsatz?«, wollte Durant wissen, der die Anzeigen studierte. Laut Radar beliefen sich die zwei großen Echos auf über zwei Millionen Tonnen und sollten eine Länge von mehr als drei Kilometern haben.
»Die Trebizond, Sir.«
»Suchen Sie sie.« Durant schaltete ein Display über der Maschinenstation an. Adrianople rechnete in Kürze mit zusätzlichem Personal, einer Eingreiftruppe unter dem Kommando von Admiral César Hsien, die innerhalb der nächsten Standardtage eintreffen sollte. Derzeit war die Station nur schwach besetzt.
Adrianople war ein ruhiger Posten, der nur von Forschungsschiffen angeflogen wurde. Gegen Raumpiraten konnte man sich allemal zur Wehr setzen, aber gegen so etwas wie das da …
Durant kannte Laperrieres Bericht. Duke William, der Erste Lord, hatte ihm diesen Bericht überhaupt nicht zeigen wollen – »das ist ein Bestandteil der Anhörung vor dem Kriegsgericht«, hatte er gesagt –, lenkte aber schließlich doch ein, nachdem er Hsien mit dem größten Teil dessen, was von Cicero zurückgekehrt war, für Reparaturarbeiten nach Denneva geschickt hatte. Durant empfand den Bericht als genauso unglaubhaft wie der Erste Lord, aber es gab keinen Zweifel, dass das Hohe Nest daran glaubte.
Nun war der Hohe Kämmerer fort, der Erste Lord war fort, der größte Teil von Durants Schiffen befand sich außerhalb des Systems – zwar mit dem Befehl, so bald wie möglich zurückzukehren, aber dennoch außerhalb des Systems. Die einzigen Neuzugänge in letzter Zeit waren die Mitglieder eines wissenschaftlichen Teams des Shiell Institute aus New Chicago, die sich die Ausrüstung der Aliens ansehen sollten, die Laperriere bei ihrem Rückzug von Cicero mitgenommen hatte.
Fast ein Jahrhundert Frieden hatte die befehlshabenden Offiziere gelehrt, vorsichtig zu sein, aber nicht unentschlossen. Durant überprüfte seine Ressourcen und dachte über seine Möglichkeiten nach.
Eines war sicher: Er konnte nicht so handeln wie Laperriere. Selbst wenn er es gewollt hätte, würde er dazu gar nicht erst die Gelegenheit bekommen.
»Arlen«, sagte er, »stellen Sie eine Verbindung zu allen Schiffen in dem Gebiet her, vor allem zur Trebizond, falls Sie sie ausfindig machen können. Zehn Minuten. Ich bin in meinem Bereitschaftsraum.«
»Sie verfolgen weiter unseren Kurs, Skip«, sagte Lieutenant Rhea Salmonson. »Die beiden großen Bogeys sind unverändert auf dem Weg ins System.« Die Trebizond war seit zwanzig Minuten unterwegs, die Kom-Station hatte zur Sternbasis Adrianople noch keine Verbindung herstellen können, aufgrund einer das ganze Spektrum umfassenden Interferenz.
Sie waren allein – wenn man von den zehn unbekannten Schiffen absah, die ihnen folgten, während sie die äußerste Umlaufbahn kreuzten. Die Trebizond konnte sich den Verfolgern in den Weg stellen, die am nächsten waren, aber gegen alle zehn würde sie sich wohl nicht behaupten können – und dabei kamen die beständig näher. Noch hatten sie das Feuer nicht eröffnet. Abramowicz hielt es für denkbar, dass sie sich noch nicht in Feuerreichweite befanden. Sollte das tatsächlich der Fall sein, dann würde sich das aber bald ändern. Wenn nicht, ergab dieses Verhalten nicht im Geringsten einen Sinn.
Er blickte vom Pilotendisplay auf und sah, dass sein WS4 die Rampe vom Lift herunterkam. Die Trebizond hatte erst seit Kurzem einen Fühlenden an Bord. Bislang war es Abramowicz nur möglich gewesen, die Vorschriften über den Umgang mit Fühlenden zu lesen, zu mehr war er noch nicht gekommen.
»Melde mich wie befohlen, Captain«, erklärte der WS4 und salutierte.
»Mr. Trang«, entgegnete Abramowicz. »Sie sind mit der aktuellen taktischen Situation vertraut?« Vo Trang war ursprünglich ein Angehöriger der Navy. Abramowicz konnte sich erinnern, dass der Mann zum Waffenoffizier ausgebildet worden war.
»Das bin ich, Sir.«
»Können Sie irgendwas … ähm … fühlen?«
»Ja, Sir, das kann ich. Seit unserem Kurswechsel, Sir, höre ich …«
»Sie ›hören‹?«
»Jawohl, Sir.« Zum ersten Mal bemerkte Abramowicz, dass dem Mann der Schweiß auf der Stirn stand. Einige andere Offiziere hatten den Blick von ihrer Brückenstation abgewandt, da das Gespräch zwischen ihrem Captain und dem Fühlenden sie interessierte. Die üblichen beiläufigen Unterhaltungen waren verstummt, auf der Brücke war es mit einem Mal völlig ruhig.
»Ruder, Bericht!«, befahl Abramowicz ungehalten, der in erster Linie etwas gegen die Anspannung tun wollte.
»Unverändert«, meldete Salmonson. »Nächstes feindliches Schiff zweiundzwanzigtausendsechshundert Kilometer voraus, beschleunigt weiter.«
»Was haben Sie gehört, Mr. Trang?«
»Stimmen, Sir. Ich bin … es … sie wollen, dass ich ihnen zuhöre. Ich kann sie kaum …« Mit dem Handballen rieb er sich über die Stirn. »Je näher sie kommen, umso schwerer fällt es mir, sie zu ignorieren.«
»Was würde geschehen, wenn Sie ihnen zuhören?«
»Befehlen Sie mir das bitte nicht, Captain.« Zorn – oder vielleicht Angst – flackerte in Trangs Augen auf. »Ich halte das für keine gute Idee, Sir.«
»Wieso nicht?«
»Ich … ich bin mir nicht sicher, was den Grund angeht, Sir. Aber ich weiß nicht, ob sie mich gehen lassen würden.«
»Sie sollten das besser erklären, Mister.«
Trang sagte nichts, sah kurz trotzig den Captain an und schaute dann zu Boden.
Abramowicz zuckte mit den Schultern. »Die Stimmen kommen von den Bogeys.«
»Ich glaube ja, Captain.«
»Sie wollen also sagen, dass das, was da an Bord ist …« Abramowicz deutete auf das Display vor ihm, woraufhin die taktische Situation einer Darstellung des vordersten fremden Schiffs wich – ein großes plumpes Ding, unregelmäßig geformt, umgeben von einer gleichermaßen unregelmäßigen Signatur der Abwehrfelder. »… dass das in der Lage ist, seine Stimme über mehr als zwanzigtausend Kilometer zu projizieren – und zwar so stark, dass Sie glauben, es habe Sie erfasst und lasse Sie nicht wieder los?«
»Ja, Sir.«
»Was würden Sie als sichere Entfernung ansehen?«
»Captain?« Trang wandte sich ein Stück von ihm ab, um sich die Daten auf dem Display anzusehen, die langsam aktualisiert wurden.
»Wie weit müssten wir weg sein, damit Sie in Sicherheit sind?«
»Ich bin mir nicht sicher, Captain. Ich glaube …«
Was Vo Trang auch gedacht haben mochte, wurde in diesem Augenblick bedeutungslos. Als sich der Fühlende wieder zu Abramowicz umdrehte, was das, was er in seinen Augen gesehen hatte, durch etwas anderes ersetzt worden.
»Trang?«, fragte der Captain.
»Das ist für Sie einfacher auszusprechen«, erwiderte der, »als der Name, den ich in Wahrheit trage. Dieses Schiff hat unserem k’th’s’s länger als erwartet getrotzt.«
»Was ist denn ein k’th…«
»Unwichtig«, unterbrach ihn Trang oder das, was mit der Stimme des Mannes sprach. »Wichtig ist nur, Captain, dass Sie mir gut zuhören.«
»Und wenn ich das nicht mache?« Abramowicz gab dem Marine Sergeant an der Waffenstation ein Zeichen, doch der starrte so wie jeder andere auf der Brücke reglos ins Nichts – bis auf ihn selbst und den Fühlenden, der neben dem Platz des Piloten stand.
»Dann werden Sie sterben«, sagte Trang beiläufig, »und wir suchen uns einen anderen. Sie sind nicht wichtig, Captain Abramowicz. Diese Fleischkreatur, durch die wir sprechen, ist von Wert. Sie dagegen werden lediglich Nahrung für das k’th’s’s sein. Dennoch haben wir keinen Befehl, Sie zu töten, und das werden wir auch nicht machen, wenn Sie uns gut zuhören und das tun, was man Ihnen sagt. Sie haben eine Standardminute, um sich Ihre Antwort zu überlegen.«
Mehr als zwanzig Holobilder schwebten über dem Tisch in Durants Bereitschaftsraum in der Luft. Keines von ihnen zeigte Rich Abramowicz, obwohl Arlen Mustafa die Trebizond hatte lokalisieren können, nachdem sie in den Erfassungsbereich einer anderen Überwachungsstation gelangt war. Sie befand sich auf direktem Weg ins Schwerkraftfeld und wurde von einem Rudel Höllenhunde verfolgt.
»Ich benötige Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit«, sagte Durant an die Holobilder gewandt. »Ihr Masseradar sollte eintreffende feindliche Objekte anzeigen. Ein paar von ihnen sind … Nun, nichts im Adrianople-System kann ihnen etwas entgegensetzen, aber das ändert nichts daran, dass sie hier sind. Ich habe einen Kom-Strahl vorbereitet und mit den aktuellsten Daten nach Denneva abgesetzt, damit man dort über unsere Lage informiert ist. Die Eurydice und die Aragon habe ich bereits zum Gasriesen geschickt, der sich gegenüber dem zum Orion hin gelegenen Sprungpunkt befindet. Beide haben den Auftrag, zu beobachten, aber nicht einzugreifen.« Jeder der Captains bestätigte das mit einem knappen Nicken oder einer Geste.
»Was ist mit der Trebizond?«, fragte einer der anderen Captains, Darrin Feng von der Arcadia, dem Schwesterschiff der Trebizond.
»Wir konnten keinen Kontakt zur Trebizond herstellen. Es gibt keinen Hinweis auf einen Beschuss, aber aus irgendeinem Grund ist man nicht in der Lage, auf unsere Rufe zu reagieren. Angesichts dessen, was wir über den Feind wissen, befehle ich Ihnen allen hiermit, sich von der Trebizond fernzuhalten.«
»Wir sollen sie sterben lassen?«, fragte Feng, während andere zustimmend murmelten.
Sie ist vielleicht längst tot, dachte Durant. Und wir womöglich auch schon.
Während sie zusahen, zeigte das Masseradar, wie die Trebizond Kurs und Geschwindigkeit änderte. Die Verfolger kamen näher und näher. Plötzlich wurden die Abwehrfelder des Schiffs abgeschaltet, womit es dem Gegner ausgeliefert war.
Nicht ein einziger Schuss war abgefeuert worden.
Kaum hatte Abramowicz mit einem Kopfnicken sein Einverständnis gegeben, brach Vo Trang auf dem Deck zusammen. Plötzlich war die Brücke wieder mit Leben erfüllt, jeder kümmerte sich wie noch ein paar Minuten zuvor um seine Aufgaben, bevor Vo Trang übernommen worden war.
»Dr. Ellis auf die Brücke«, rief Abramowicz in die Bordsprechanlage. »Steuermann, Kurs ändern«, fügte er in kühlem Tonfall an, nannte die neuen Koordinaten und die Fluggeschwindigkeit. Rhea Salmonson drehte sich zu ihm um und sah ihn erschrocken an, doch er nickte nur. »Machen Sie schon.«
»Brücke, hier ist Hafner«, kam die Stimme seines XO aus dem Lautsprecher. »Ich bin im Maschinenraum – wir werden gepackt! Skipper, haben Sie verstanden?«
»Kommen Sie rauf, Kit«, erwiderte er. »Ich weiß, dass wir gepackt werden. Und man wird auch das Schiff entern.«
»Wie bitte?«
»Auf die Brücke, Commander, und zwar sofort. Das ist ein Befehl.« Wenn Sie weiterleben wollen, dachte er und hockte sich hin, um nach seinem WS4 zu sehen. Trang war bewusstlos, schien aber normal zu atmen. Was immer ihn in seinem Griff gehabt hatte, es schien ihn wieder losgelassen zu haben.
»Felder abschalten«, sagte Trang, dessen Augen geschlossen waren.
Abramowicz machte erschrocken einen Satz nach hinten und musste mit einer Hand seinen Sturz bremsen.
»Captain …«
»Tun Sie’s«, zischte er. »Fahren Sie die Felder runter.«
»Captain«, warf Salmonson ein, die ihn ansah. »Wir befinden uns mitten im Kreuzfeuer. Wenn wir die Felder abschalten, sind wir tot.«
»Wir sind tot, wenn wir es nicht machen«, konterte er, packte den bewusstlosen Fühlenden und schüttelte ihn. »Sagen Sie’s ihnen, verdammt!«
Trang schlug die Augen auf und verzog den Mund zum Ansatz eines Lächelns. »Also gut. Sie werden verschont werden, wenn Sie meine Anweisungen exakt befolgen. Schalten Sie Ihre Abwehrfelder ab, und machen Sie sich bereit, ein Abordnung zu empfangen.«
Abramowicz ließ Trang zurück aufs Deck sinken. Irgendwo in den Augen des Mannes konnte er Angst und Entsetzen ausmachen.
»Felder abschalten«, wiederholte Abramowicz. Sein Befehl wurde ausgeführt, und dann sah er auf dem Display, wie eines der feindlichen Schiffe näher kam, um am Shuttlehangar anzudocken.
»Wenn Ihre Abordnung an Bord ist, werden Sie uns dann in Ruhe lassen?«
»Da Sie so gut kooperieren«, erwiderte Trangs Stimme, »lautet die Antwort, ja.«
Trangs Kopf kippte zur Seite weg, er verdrehte die Augen. Abramowicz fühlte seinen Puls – erst am Handgelenk, dann am Hals –, konnte ihn aber nicht finden.
Der Bugschirm der Eurydice zeigte mehr Details, als der Captain eigentlich sehen wollte.
Amir Abu Bakr, dessen Onkel ein Viertel des imperialen Oahu gehörte (und der es zu horrenden Preisen an Höflinge vermietete), hatte einen der ruhigsten Posten im ganzen Sol-Imperium gesucht und gefunden: Captain eines Schiffs, das am Richtung Orion gelegenen Randgebiet mit der Großen Erfassung beschäftigt war. Zumindest war es ein ruhiger Posten gewesen, bis die Kommandantin der Cicero-Basis mit den Überresten ihres Kommandos aufgetaucht war, um anschließend auf einem Schiff der Zor zu irgendeiner Mission aufzubrechen. Seitdem jagten eine Übung und eine Inspektion die nächste, ganz abgesehen davon, dass jeder Einsatz der Eurydice bedeutete, in ständiger Gefechtsbereitschaft zu sein.
Bis zu Laperrieres plötzlichem Auftauchen und ebenso jäher Abreise war die Eurydice so gut wie nie eingesetzt worden, aber das hatte sich jetzt alles geändert.
Und bis vor vier Stunden war Abu Bakr davon überzeugt gewesen, dass das alles bloß Laperrieres Schuld war. Als er nun aber das Ding anstarrte, das den Bugschirm ausfüllte, wurde ihm klar, wie dumm das gewesen war.
Ganz bestimmt, so überlegte er, denkt der Kommandant der Aragon jetzt das Gleiche. Bloß dass der nicht der Neffe von Natan Abu Bakr war.
»Wie sollen wir denn gegen so etwas kämpfen?«, warf er in den Raum und stützte das Kinn auf seine gefalteten Hände, während er im Pilotensitz saß und den Bugschirm betrachtete.
»Unser Befehl lautet, gar nicht einzugreifen«, bemerkte sein XO.
»Das weiß ich auch, Peter«, fuhr er ihn an. »Aber ich glaube nicht, dass die hergekommen sind, um Treibstoff zu tanken. Irgendwann wird irgendjemand gegen sie kämpfen müssen.«
Das Schiff wies eine unregelmäßige Form auf und maß von Bug bis Heck über drei Kilometer. Es hatte nichts vom Stromlinienförmigen der imperialen Schiffe, weder Backbord noch Steuerbord waren zu erkennen. Überhaupt wirkte es so, als habe jemand ein paar Klumpen grauen Tons zusammengedrückt. Scans hatten ergeben, dass das Schiff aus einer Vielzahl von kleinen Sektionen zu bestehen schien.
»Captain«, sagte der Kom-Offizier. »Ich habe den Kontakt zur Aragon verloren.«
»Dann stellen Sie ihn wieder her«, gab Abu Bakr beiläufig zurück.
»Ich … ich kann sie nirgends finden, Captain.«
»Was?« Er schaute vom Bugschirm auf das Pilotendisplay und sah die letzte bekannte Position der Aragon, als das Symbol von Grün zu Blau wechselte – was bedeutete, dass das Masseradar nichts gefunden hatte und stattdessen eine Position anzeigte, die anhand des letzten Bewegungsvektors berechnet worden war.
»Captain!«
Abu Bakr richtete seinen Blick wieder auf den Bugschirm. Ein fremdes Schiff – nicht das gigantische, sondern eines, das mehr der Größe der Eurydice entsprach – näherte sich schnell ihrer Position. Auf dem Pilotendisplay wurden bereits Waffenentladungen registriert, und die Abwehrschilde des imperialen Schiffs begannen, die einwirkende Energie zu absorbieren.
»Zielen und feuern!«, sagte Abu Bakr und klammerte sich an den Armlehnen seines Sitzes fest. »Kurs nehmen auf …« Er gab Kurs und Geschwindigkeit vor und hoffte, ein Stück des Planeten zwischen die Eurydice und den Angreifer zu bringen, der unerbittlich auf sie zuhielt. »Befehl ausführen! Und suchen Sie nach der Aragon!«
Auf der Brücke der Sternbasis Adrianople sah Commodore Jonathan Durant voller Entsetzen mit an, wie die Eurydice und die Aragon sich gegenseitig unter Beschuss nahmen.
Auf der Brücke der Trebizond wandte sich Captain Richard Abramowicz von den beiden Sanitätern ab, die Vo Trangs Leichnam auf einer Trage festgeschnallt hatten, und bemerkte, wie jemand den Lift verließ. Was er erwartet hatte, wusste er nicht so recht, aber es war eindeutig kein Mann in einer Uniform der imperialen Navy. Dennoch stimmte irgendetwas nicht mit ihm – etwas, das seine Augen betraf.
Das ist dein Feind, sagte sich Abramowicz.
Der unbekannte Offizier nahm so gut wie keine Notiz von den beiden Sanitätern, sondern konzentrierte sich ganz auf den Captain.
»Sparen Sie Ihre Kräfte auf, Captain«, sagte der Fremde. »Ihre Loyalität gegenüber dem jungen Mann ist durchaus ehrbar, jedenfalls nach menschlichen Maßstäben. Aber sie hilft Ihnen jetzt auch nicht mehr.«
»Ich nehme an, diese Worte sollen mich trösten.« Abramowicz sah kurz zu seinem XO Kit Hafner, dann widmete er sich wieder dem Alien.
»Es ist nicht meine Aufgabe, Sie zu trösten. Es gibt hier etwas, das ich haben möchte, und ich werde es bekommen. Die Anzahl der Fleischkreaturen, die währenddessen sterben werden, ist für mich bedeutungslos. Ich glaube, ich sagte es Ihnen bereits …« Er ging zum Pilotensitz, nahm Platz und drehte sich herum, damit er den Captain der Trebizond ansehen konnte. »Und ich hasse es zutiefst, mich zu wiederholen. Glauben Sie mir, Captain, Ihr junger Fühlender hegte sehr unfreundliche Gedanken mir gegenüber. Ich benötigte ihn nicht länger.«
»Und mich benötigen Sie, darf ich annehmen.«
»Letztlich auch nicht mehr. Aber bis dahin brauche ich das, wofür ich herkam – und Sie werden mich hinbringen.«
»Wohin?«
»Zur Sternbasis Adrianople. Wenn wir dort eintreffen, sollte sich eigentlich alles so gut wie entschieden haben.«
Der Transponderkode der Aragon verschwand vom Display der Sternbasis Adrianople. Visuell war die Energieentladung noch nicht erfasst worden, während das Masseradar nach dem gleichen Prinzip arbeitete wie die Sprungtechnologie. So war es möglich, dass trotz interstellarer Entfernungen Informationen fast ohne Zeitverlust übermittelt wurden. Die Explosion selbst war aber der Lichtgeschwindigkeit unterworfen, und so hatte die Aragon scheinbar noch ein paar Minuten zu leben, obwohl der Commodore längst die Wahrheit kannte.
»Was ist passiert?«, wunderte sich Mustafa kopfschüttelnd.
»Sie kennen nicht Laperrieres Bericht, ich dagegen schon. So etwas ist nicht zum ersten Mal vorgekommen. Die Aragon und die Eurydice haben sich gegenseitig als feindliche Schiffe identifiziert. Sie dachten …« Durant stützte sich auf den Tisch in seiner Messe und fühlte sich so alt wie noch nie. »Ich weiß nicht. Aber dieser Feind … diese Aliens können uns alles sehen lassen, was sie wollen.«
Plötzlich erlosch auch der Transponderkode der Eurydice.
»Und was sollen wir jetzt machen?«, fragte Mustafa. »Sollen die restlichen Schiffe angreifen?«
»Ich glaube nicht. Ich denke, wir haben nur eine Alternative.«
»Kapitulation?«
»Richtig. Fliehen können wir nicht, und ich will nicht noch mehr Leute in den Tod schicken.«
»So wie die der Eurydice und der Aragon, meinen Sie.« Arlen Mustafa ballte die Fäuste. »Sie wussten, dass es so kommen würde, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Durant und blickte seinen XO an. »Nein.«
Mustafa machte den Eindruck, als wollte er noch etwas sagen, könne sich aber nicht entscheiden. Nach einigen Augenblicken wandte er sich ab.
Die Tür zur Brücke glitt zur Seite. Durant drehte sich um und entdeckte Dr. Edward Comeau, einen der Mitarbeiter des Shiell Institute, der den Bereitschaftsraum betrat.
»Doktor«, begann Durant. »Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für Sie …«
»Doch, die haben sie«, schnitt der Mann, dessen Gesicht von Angst gezeichnet war, ihm das Wort ab. Er holte seinen Computer hervor und beschrieb eine Geste darüber, dann verschwand das Pilotendisplay über dem Tisch und wurde durch ein Holo des Labors ersetzt, in dem man die Technologie der Aliens untersuchte.
Deren Ausrüstung bestand in einem Dutzend sonderbar geformter Objekte aus einem unbekannten Metall, die verschiedene Ein- und Ausbuchtungen aufwiesen. Seit dem Zeitpunkt, da ein Marinetrupp sie von der Duc d’Enghien auf die Sternbasis gebracht hatte, war an ihnen – soweit Durant das verstand – kein Hinweis auf irgendwelche Funktionen festzustellen gewesen.
In der Holodarstellung war dagegen nicht zu übersehen, dass sie aktiv waren. Energiestrahlen verbanden die einzelnen Objekte miteinander und bildeten ein Geflecht, das das Labor überzog. Einer der Laboranten des Shiell Institute hatte offensichtlich am falschen Platz gestanden, als die Ausrüstung zu arbeiten begann. Er war unterhalb des Brustbeins säuberlich in zwei Hälften zerteilt worden. Die untere Hälfte seines Körpers lag auf dem Boden, während die obere Hälfte auf dem Tisch zusammengebrochen war. Die anderen Wissenschaftler hatten sich in Sicherheit gebracht und standen reglos da, den Blick abgewandt.
In der Mitte des Geflechts befand sich etwas … vielleicht aber auch nur ein Hologramm dieses Etwas. Es sah aus wie eine große rechteckige Säule, die mit einem schillernden Gas gefüllt war und auf deren Oberfläche ein silberner Ball trieb. Eine Gliedmaße aus Licht ging von dem Objekt aus und berührte einen der fremdartigen Gegenstände.
»Was ist geschehen?«, fragte Durant, nachdem er und Mustafa sich die Szene angesehen hatten, den Sinn aber nicht ergründen konnten. Er versuchte, Comeaus Gesichtsausdruck zu deuten. »Und was bitte soll das da sein?«
»Die Objekte fingen vor wenigen Minuten an, untereinander diese Verbindungen herzustellen«, erklärte Comeau. »Dr. Warren war auf der Stelle tot – zumindest hoffe ich bei Gott, dass es so war. Dann tauchte das da auf. Es befahl mir, auf die Brücke zu gehen.«
»Um nach mir zu suchen?«, vermutete Durant.
=Das ist korrekt, Commodore.=
Durant drehte sich abrupt um und sah das Holo an. Die Stimme hatte eigentlich nicht gesprochen, dennoch konnte er sie hören. Mustafa und Comeau erging es genauso wie ihm. Es klang wie ein Kratzen und Schaben in seinem Kopf, es gab keine Betonung, keinen Rhythmus. Die Stimme blieb durchgehend gleichmäßig.
Und sie kam aus dem Objekt in der Mitte des Geflechts.
»Wer … was sind Sie? Was wollen Sie?«
=Ich bin der Ór=, antwortete das Objekt. =Ich will Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, und ich werde sie auch bekommen.=
»Zu welchem Zweck?«
=Dieses System und die Basis werden gesichert werden. Sie werden umfassend und auf der Stelle kooperieren, sonst wird Ihre Existenz beendet.=
»Was umfasst diese ›Kooperation‹?«
=Ihr Fleischkreaturen benötigt so viele Erklärungen für Konzepte, die so simpel sind, dass sie auch ein Kind versteht=, gab der Ór zurück. Durant konnte die Verachtung aus den Worten heraushören, auch wenn sich die Tonlage der Stimme nie änderte. =Die im Anflug befindlichen Schiffe werden die Kontrolle über die Sternbasis Adrianople und das Adrianople-System übernehmen. Sie werden sofort kapitulieren.=
»Es sei denn, ich beschließe, die ganze verdammte Sternbasis in die Luft zu jagen – und Sie gleich mit.« Durant sah zu Mustafa, mit dem er erst vor ein paar Minuten über das Thema Kapitulation gesprochen hatte.
=Diese Möglichkeit steht Ihnen nicht länger zur Verfügung, Commodore Durant=, konterte der Ór. =Die Kontrollen und Selbstzerstörungsleitungen sind bereits vom s’s’th’r blockiert worden.=
Durant wusste nicht, was ein s’s’th’r war, und er hatte es auch nicht eilig, eine Erklärung zu bekommen.
»Dann habe ich nur eine Frage.«
=Fragen Sie.=
»Wenn Sie schon längst die Kontrolle über die Basis übernommen haben, wozu benötigen Sie dann noch meine Kooperation?«
»Etwa so, wie Sie das Leben der Menschen an Bord der Aragon und der Eurydice gerettet haben?«, warf Mustafa ein und machte einen Schritt auf das Hologramm zu. »Wie passt das zu Ihren Anweisungen, Leben zu bewahren?«
=Wo immer es möglich ist, sagte ich=, betonte der Ór. =Das war eine notwendige Demonstration. Möchten Sie auch als Demonstration dienen, Commodore Mustafa?=
»Wofür?«
=Dafür.= Ein Energietentakel schoss aus dem Ór hervor, verließ das Holo und traf Mustafa.
Der wandte sich von dem Holo ab und sah Durant an. Auf einmal wurde aus dem wütenden ein verängstigter Gesichtsausdruck, während er weiter seinen Vorgesetzten anblickte. »Nein«, sagte er. »Nein, nein …«
»Was ist los, Arlen?«, fragte Durant und sah zwischen dem Ór und seinem Offizier hin und her. »Was zeigen Sie ihm?«
Arlen war auf die Knie gesunken, die Hände hielt er ausgestreckt, die Augen waren weit aufgerissen, und der Mund war ein wenig geöffnet, doch es kam kein Laut über seine Lippen.
=Zwanzig Sekunden.=
Durant schüttelte den Kopf. »Nein, hören Sie auf. Sie sollen aufhören!«
Mustafa war auf Hände und Knie gesunken, sein Kopf hing nach unten, die Beine zuckten.
»Sie brauchen es nicht länger zu demonstrieren! Sie … Ihre ›Anweisung‹ lautet, Leben zu erhalten. Erhalten Sie seines! Ich brauche ihn, um diese Station zu leiten. Um sie für Sie zu leiten!«
=Fünf Sekunden.=
So plötzlich, wie es begonnen hatte, zog sich der Energietentakel zurück. Mustafa brach auf dem Deck zusammen wie eine Marionette, deren Fäden man durchgeschnitten hatte. Durant eilte zu ihm und kniete sich neben ihn.
Durant fand Mustafas Puls. Sein XO atmete so normal, als sei er nur ohnmächtig geworden.
»Ich sollte ihn sterben lassen«, rief Durant wütend. »Damit Sie sich vergnügen können.«
=Damit ich etwas lernen kann. Benötigen Sie weitere Demonstrationen? Falls nicht, bereiten Sie die Übergabe Ihrer Station vor.=
Das Holo verschwand und wurde durch das Pilotendisplay ersetzt. Durant sah die beiden großen Schiffe der Aliens, die sich im Anflug befanden, ebenso die Trebizond, die von etlichen kleineren Schiffen begleitet wurde.
Während er mit verfolgte, wie die Schiffe sich über das Display bewegten, hoffte er, sich richtig entschieden zu haben.
Als der Feind Adrianople einnahm, gelangte er in den Besitz einer Basis innerhalb des Sol-Imperiums, womit Dutzende von imperialen Welten in Sprungreichweite lagen. Cicero war der erste Schlag gewesen, aber Adrianople war der erste bedeutende Schlag in einem langen und schwierigen Krieg.
Oren Kemal und Mya’ar HeChra
Der Große Krieg, Band 1, 2429
»Fünf. Ich sage fünf.« Dan McReynolds stand auf der Brücke der Fair Damsel und schaute über die Schulter des Piloten auf das Display. Raymond Li, Chefnavigator der Damsel, stand ihm gegenüber, beugte sich über die Anzeige und sah den Captain an.
»Es sind also fünf Schiffe unter der Flagge der Imperialen Navy dort. Und was hat das mit uns zu tun?«
»Muss ich denn alles erklären? Die Station Tamarind« – Dan deutete auf den Bugschirm – »ist vielleicht vierzig Parsec von der nächsten großen Flottenbasis entfernt, und uns trennen nur zwei Sprünge von Crossover. Vielleicht ist es ein Zufall, vielleicht auch nicht, aber wir haben eine Lieferung transportiert, die sich als sehr wichtig entpuppen könnte.«
»Ich dachte, diese … Lieferung … würde dem Hohen Nest gehören.«
»Hören Sie.« Dans finstere Miene genügte dem Piloten, seine Arbeit zu unterbrechen und ihn anzusehen. »Die Imperiale Navy kümmert sich um ihre eigenen Leute. Ich wette einen Liter des besten Whiskeys, den wir hier bekommen können, dass es im Dock von Uniformierten wimmeln wird.«
»Ich kenne Tamarind-Whiskey, Skip, aber ich gehe trotzdem nicht auf die Wette ein. Was haben sie gegen uns in der Hand?«
»Weiß ich nicht. Es ist auch nur so ein Gefühl. Fünf Schiffe der Navy … ich glaube nicht an Zufälle, Ray.«
Mit der Zeit entwickelte man als Befehlshaber eines Handelsschiffs ein Gefühl für bestimmte Situationen. In den Zeiten, als man noch die Ozeane befuhr, konnte ein Captain eine Ahnung bekommen, wenn er den Wind roch, der übers Achterdeck wehte. Oder er bemerkte eine Veränderung am Himmel oder in der Art, wie die Wellen gegen den Bug schlugen. Natürlich waren das keine sachlich begründeten Beobachtungen, doch oftmals waren sie viel genauer als das, was die kläglichen Instrumente lieferten, die ein Captain möglicherweise besaß. Der Instinkt machte den Unterschied zwischen einem erfahrenen und einem toten Seemann.
Im Vergleich dazu mangelt es im All an vielen derartigen Faktoren. Zu Wind, Wellen und Himmel gibt es dort kein Pendant, dafür stellt die hoch entwickelte Ausrüstung, die notwendig ist, um von Stern zu Stern zu reisen, eine Erweiterung der Sinne in Reichweite und Bandbreite dar. Gefahren lassen sich schon lange im Voraus absehen … aber dafür tritt der Tod im All auch schneller und brutaler ein.
Doch es gab auch Gemeinsamkeiten zwischen der hohen See und den Tiefen des Alls. So weiß der Captain eines Handelsschiffs, dass er auf jede Warnung achten muss, ganz gleich von welcher Seite sie kommt.
Während sich die Fair Damsel im Anflug befand, erhielt Dan McReynolds die erste und einzige Warnung: Man hatte ihn nicht nur erwartet, sondern es war auch jemand da, der speziell auf ihn wartete. Das Schiff befand sich tief im Schwerkraftfeld, und wie Ray Li angemerkt hatte – niemand hatte etwas gegen sie in der Hand.
Da er wusste, dass es sich nicht umgehen ließ, ging Dan im Andockbereich für jeden deutlich sichtbar auf und ab, während begonnen wurde, die Ladung der Damsel zu löschen. Nur ein paar Minuten vergingen, dann hatte das uniformierte Sicherheitspersonal von Tamarind ihre Anwesenheit bemerkt, und noch ein paar Minuten später war eine Abordnung auf dem Weg zur Fair Damsel.
»Sehen Sie sich nur ihren Gang an«, meinte Pyotr Ngo, Dans Chefpilot, leise hinter ihm. »Harte Jungs.«
»Zumindest finden das die Einheimischen«, erwiderte Dan. Die Leute machten dem halben Dutzend bewaffneter Männer und Frauen sofort Platz, die geradewegs auf das Schiff zuhielten. Er bemerkte, dass andere Zivilisten untereinander tuschelten, in seine Richtung sahen und zweifellos dachten: Zum Glück trifft das nicht mich … »Holen Sie den Sultan«, sagte er über seine Schulter, ohne sich umzudrehen. »Und bleiben Sie dicht hinter mir.«
Die Gruppe hielt dort an, wo Dan stand und ein Frachtverzeichnis durchsah. Er versuchte bewusst, sie zu ignorieren.
»McReynolds?«, fragte der Anführer der Gruppe, eine große schlanke Frau mit finsterer Miene, deren braune Uniform sie als hoch dekoriert auswies.
»Ich bin Captain McReynolds«, erwiderte Dan. Sultan Sabah und Pyotr Ngo hielten sich dicht hinter ihm. »Was gibt’s?«
»Man will Sie sprechen.«
»Hat ›man‹ auch einen Namen?«
»Imperiale Navy«, gab die Frau abfällig zurück. »Hat nach Ihnen persönlich gefragt.«
»Nach mir?« Dan drehte sich ein wenig zu Pyotr und dem Sultan um und fragte: »Kann sich einer von euch Jungs vorstellen, was die Navy von mir will?«
»Vielleicht will man Sie ja rekrutieren«, meinte der Sultan. »Ich würde sagen, die Navy sucht verzweifelt nach Leuten, die zum Offizier taugen.«
»Bin nicht daran interessiert.« Dan wandte sich wieder den Tamarindi zu. »Lassen Sie ›man‹ wissen, dass er jemanden von seinen eigenen Leuten schicken soll, wenn er mit mir reden will. Meine Papiere sind in Ordnung, und ich muss mich um meine Arbeit kümmern.« Gerade wollte er sich abwenden.
»Hören Sie mal …«
»Nein, Sie hören mal«, fuhr er die Frau an. »Ich habe eine Lizenz für den Handel mit dem Sol-Imperium. Ich habe meine Landeerlaubnis, Andockbefehl, die Erlaubnis für den Liegeplatz … und ein veröffentlichtes Frachtverzeichnis, das mir das Be- und Entladen erlaubt. Das sind alles Dinge, zu denen Sie mich befragen können, Officer. Und wenn ›man‹ mit mir reden will, dann soll ›man‹ seine eigenen Leute schicken, anstatt Ihre und meine Zeit zu vergeuden.«
Er drehte sich auf dem Absatz um und ließ die fassungslose Frau zurück, während er mit dem Sultan und Pyotr zur Fair Damsel ging. Nach kurzem Zögern trat die Frau mit ihren Wachleuten den Rückzug über das hell erleuchtete Deck an.
»Glauben Sie, das war wirklich so eine gute Idee, Skip?«, fragte der Sultan und sah über die Schulter zu den Uniformierten, die sich weiter zurückzogen.
»Keine Ahnung. Aber ich lasse mich nicht von irgendeinem kleinen Wichtigtuer herumkommandieren. Ich habe meinen Dienst hinter mir, und meine Papiere sind auch in Ordnung.« Er blieb an einem der einen Meter hohen Frachtwürfel stehen und setzte sich darauf. »Geben Sie mir mal diesen Computer«, sagte er zum Sultan und begann mit einer Abfrage.
»Ich bringe wohl besser die Truppen auf Trab für den Fall, dass wir uns schnell aus dem Staub machen müssen«, gab der Sultan zurück und wollte sich soeben dieser Aufgabe widmen.
»Augenblick noch.« Dan zeigte Sabah und Ngo den Computer. »Hier steht, das größte Schiff im Dock ist die IS Pappenheim unter dem Kommando eines gewissen Maartens. Sagen euch die Namen irgendwas?«
»Pappenheim«, wiederholte Pyotr Ngo, verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete die Anzeige, die über dem Computer in der Luft schwebte. »Das ist kein Polizeikreuzer – sieht eher aus wie ein Gefechtsschiff, vielleicht für die Imperiale Große Aufnahme oder für einen Einsatz am Rand des Imperiums. Der Name des Skippers sagt mir aber gar nichts.«
»Die anderen Schiffe hier auf Tamarind sind alle kleiner. Das ist keine Gefechtsflotte, das sieht eher aus wie ein Haufen kleiner Jungs, die einen Rock gefunden haben, hinter dem sie sich verstecken können.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Wenn ich nicht völlig danebenliege, Pyotr, dann ist irgendetwas Großes im Gang. Etwas, das die Kommandanten dieser Schiffe in Angst und Schrecken versetzt. Irgendeine Idee?«
»Klingt nach Krieg«, antwortete Pyotr Ngo leise. »Das heißt …?«
»Das heißt, dass die Sache begonnen hat, in die sie hineingeraten ist.« Alle drei wussten, wer mit »sie« gemeint war.
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir machen damit weiter, womit wir im Moment beschäftigt sind, würde ich sagen«, entgegnete Dan. »Und wir warten, bis ›man‹ zu uns kommt.«
Sie mussten nicht länger als eine Stunde warten. Dan war in sein Quartier zurückgekehrt und ließ den Sultan das Entladen überwachen. Er saß an seinem Schreibtisch, als das Kom-Signal für eine eingehende Nachricht auf einem Privatkanal ertönte.
»Captain hier«, sagte er. »Was gibt’s?«
»Persönliche Nachricht für Sie, Skip«, ließ Ray Li ihn wissen. »Soll ich sie durchstellen?«
»Von wem?«
»Von der Pappenheim«, antwortete Ray einen Moment später. »Ein imperiales Raumschiff. Liegt ein Stück weiter angedockt.«
»Ja, stellen Sie durch.« Dan machte eine Geste in Richtung Wand, dann entstand auf der anderen Seite des Schreibtischs ein Holo. Mit dem Handballen schlug er auf eine Stelle an der Wand, dann wurde das Bild scharf. »Hier spricht Dan McReynolds von der Fair Damsel. Was kann ich für Sie tun?«
»Captain McReynolds.« Ein älterer Mann in der Uniform eines Captains der Navy war zu sehen, der in seinem Bereitschaftsraum am Schreibtisch saß. Nahe seinem linken Revers war ein Symbol im Holo, das – wie von Ray Li mitgeteilt – die Unterhaltung als »privat« kennzeichnete, sodass niemand an Bord des Schiffs oder der Station mithören konnte. »Ich bin Georg Maartens von der IS Pappenheim. Ich hatte Ihnen schon einmal eine Nachricht zukommen lassen und Sie gebeten, sich im Kommandozentrum der Station mit mir zu treffen.«
»Ah, ja. Wissen Sie, ich hielt das für eine Schikane der Einheimischen, und der Tonfall gefiel mir gar nicht.«
Zu seinem Erstaunen lächelte Maartens daraufhin. Dan hatte gehofft, Maartens zu einem Wutausbruch zu bringen, da der Mann zumindest so aussah wie ein typischer starrköpfiger Navy-Wichtigtuer. »Das überrascht mich nicht. Vielleicht kann ich ja etwas entgegenkommender sein. Ich würde Sie gern auf einen Drink an Bord einladen und eine Nachricht an Sie weiterleiten.«
»Eine Nachricht?«
»Ganz recht.«
Dan bemerkte, dass die Brücke der Pappenheim in Gefechtsbereitschaft war, obwohl das Schiff angedockt lag. »Mir persönlich? Würden Sie mir verraten, worum es dabei geht?«
»Das hier ist nicht gerade ein abhörsicherer Kanal. Könnten Sie um … sagen wir 1600 Uhr herkommen? Wenn Sie Ihren XO mit an Bord bringen wollen, er ist jederzeit willkommen.«
»Klingt nicht so, als könnte ich auf Ihre Frage mit ja oder nein antworten.«
»Nun … da haben Sie recht. Aber es gibt keinen Grund, dass jeder auf Tamarind davon erfahren muss. Ich kenne mich mit der Einstellung der Kommandanten von Handelsschiffen aus. Ich wüsste nicht, warum ich Sie vorführen lassen sollte, wenn es sich vermeiden lässt. Also um 1600?«
Dan erinnerte sich gut an die Abläufe auf einem imperialen Raumschiff. Viele Jahre war es inzwischen her, seit er sich an Bord eines solchen Schiffs aufgehalten hatte, aber das vertraute »Reich der Offiziere« auf der Pappenheim weckte zu intensive Erinnerungen an die Torrance. Sogar die kühle, antiseptische Luft in den Korridoren versetzte ihn zurück in seine Dienstzeit.
Pyotr Ngo, den er vor allem mitgenommen hatte, damit er selbst nicht den Bezug zur Realität verlor, wirkte einfach nur nervös.
»Was hat es mit der Gefechtsbereitschaft auf sich?«, fragte Dan den Führer des Marinetrupps, als sie einen Lift betraten. Fast fünf Minuten lang waren sie durch die Korridore des Schiffs eskortiert worden. Dan vermutete, dass es einen direkteren Weg geben musste, aber womöglich wollte Maartens sie beide ein wenig beeindrucken.
»Sir?«, erwiderte der Mann mit ausdrucksloser Miene. Er sah Dan nicht an, als sich die Lifttür schloss, und auf seinen Befehl hin setzte sich die Kabine in Bewegung.
»Die Gefechtsbereitschaft. Wieso ist auf dem Schiff Alarm gegeben worden?«
»Tut mir leid, Sir, über Sicherheitsmaßnahmen darf ich mit …
»… Zivilpersonen nicht reden, ich weiß«, schnaubte Dan. »Die Vorschrift kenne ich.«
»Sir.«
»Ich hätte nur gern gewusst, was dieser Captain Maartens von mir will. Was für ein Typ ist er? Oder ist das auch geheim?«
»Der Captain ist ein hervorragender Offizier, Sir.«
»Das habe ich auch nicht anders erwartet. Wie ist er so?«
»Er ist beliebt und wird von der Crew respektiert, Sir.« Die ganze Zeit über blieb die Miene des Marine ausdruckslos. »Captain Maartens kann auf mehr als dreißig Jahre im Dienst zurückblicken, Sir. Und er hat sich um seine Streifen verdient gemacht, Sir.«
Dieser Kommentar war eine Spitze gegen Dan als Captain eines Handelsschiffs. Marines – oder besser gesagt: die Navy insgesamt – und Handelsschiffer waren sich noch nie grün gewesen. Feindgebiet, hielt sich Dan vor Augen. Wenn der Marine glaubte, ihn wütend machen zu können, dann hatte er sich aber getäuscht.
Der Lift erreichte sein Ziel, anschließend wurden die beiden wieder durch etliche Korridore eskortiert, bis sie eine Tür erreichten, die von zwei weiteren Marines bewacht wurde. Der Anführer des Trupps salutierte knapp, dann machte eine der Wachen eine Geste hin zur Tür, ohne den Blick von Dan und Pyotr abzuwenden.
»Herein.«
Die Tür glitt zur Seite, und die Offiziere der Damsel traten ein. Captain Maartens saß an einem großen, aufgeräumten Holzschreibtisch, der von einem leicht verbeulten Modell der Pappenheim dominiert wurde. Mit einer knappen Geste schickte er den Marine fort und zeigte auf drei bequeme Sessel in einem Bereich der Kabine, der als Wohnraum eingerichtet worden war. Er ging zum Sideboard, über dem ein gerahmtes Porträt des Sol-Imperators hing, und schenkte eine bräunliche Flüssigkeit in drei kleine Gläser ein, die er dann auf einem Silbertablett zu seinen Gästen brachte. Nachdem er sich selbst ebenfalls gesetzt hatte, streckte er eine Hand zum Toast aus. »Auf günstige Winde«, zitierte er den traditionellen Toast unter Seglern, dann tranken sie alle einen Schluck.
»Guter Brandy«, kommentierte Dan einen Moment später. Er war wirklich gut, nicht die Sorte billiger Tropfen, von der er eher erwartet hätte, dass ein Frontoffizier sie zwei Handelsschiffern anbieten würde. »Womit haben wir das verdient?«
Maartens trank noch einen Schluck, womit Dan Gelegenheit hatte, den Mann eingehender zu mustern. Der Captain der Pappenheimwar deutlich über fünfzig, sein Haar war grau und wurde schütter, die tief liegenden Augen prägten das Gesicht, das der Dienst in der Navy gezeichnet hatte. Das Quartier spiegelte das Maß an Luxus wider, das er sich durch diesen Dienst bei der Navy erarbeitet hatte: edler Schreibtisch, bequeme Sessel, Teppich … Dieser Mann war schon lange Captain dieses Schiffs.
»Das ist kein gewöhnlicher Bordbesuch, wie Sie sich bestimmt schon gedacht haben. Meine Augen und Ohren auf der Station verraten mir, dass die unterschiedlichsten Gerüchte kursieren, und ich muss Ihnen sagen, das schlimmste dieser Gerüchte entspricht den Tatsachen. Das Imperium befindet sich im Krieg.«
»Im Krieg mit …?«
»Ich glaube«, antwortete Maartens, »Sie wissen bereits, wer der Feind ist. Die meisten Menschen wissen das nicht, und sie werden es erst erfahren, wenn wir bereits tief darin verstrickt sind.«
»Sie denken offenbar, dass ich sehr gute Verbindungen habe.«
»Ich weiß, dass es so ist. Halten Sie mich nicht zum Narren, McReynolds. Ich weiß, wo Ihr Sprung nach hier begonnen hat, und ich habe mir Ihre Crewliste angesehen.« Er machte eine Pause, um den nächsten Satz dramatischer wirken zu lassen. »Erzählen Sie mir etwas über Kearny.«
»Kearny?« Dans Magen verkrampfte sich einen Moment lang. Er war sich nicht sicher, ob seine Miene ihn verraten hatte. Seine Gedanken überschlugen sich, als er zu erkennen versuchte, wohin diese Unterhaltung führen sollte.
»Kearny, Jackie Kearny. Ingenieursmaat. Meine Informationen sagen mir, dass sie sich nicht an Bord Ihres Schiffs befindet. Wo ist sie, Captain McReynolds?«
»Ich wüsste nicht, was Sie das ang…«
»Ich sage Ihnen, was es mich angeht. Sie sind Reservist, Captain. Muss ich Ihnen die Vorschriften über Ihren gegenwärtigen Status zitieren? Dies ist ein Notfall, und Sie befinden sich in einem Kriegsgebiet. Ich bin ermächtigt, Sie für den aktiven Dienst zu rekrutieren, und genau das mache ich hiermit. Kraft derselben Autorität kann ich auch Ihr Schiff und Ihre Crew in den Dienst des Imperiums stellen. Ich kann sogar einen meiner Offiziere abstellen, damit er das Kommando über Ihr Schiff übernimmt.« Nachdem er seine Worte hatte wirken lassen, fuhr er fort: »Aber für die letztgenannte Maßnahme gibt es aus meiner Sicht keinen Grund. Doch als Offizier unter meinem Kommando sind Sie verpflichtet, meine Befehle zu befolgen. Und ich befehle Ihnen jetzt, mir zu sagen, wo ich Ingenieursmaat Jackie Kearny finden kann, die bis vor Kurzem noch zu Ihrer Crew gehörte.«
Dan nahm sich einen Moment Zeit für seine Antwort und sah kurz zu Pyotr, den Maartens’ Ausführungen sprachlos gemacht hatten. »Ich weiß es nicht.«
»Verstehe.« Maartens trank seinen Brandy aus und stellte sein Glas vorsichtig auf einen kleinen Tisch. Er beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt, die Hände verschränkt. »Lassen Sie mich Ihnen erklären, warum mich das so sehr interessiert: Zufällig weiß ich, wer sie wirklich ist. Und lassen Sie sich gesagt sein, McReynolds, sie ist mir sehr wichtig, und ich bin sehr daran interessiert, dass es ihr gut geht. Haben Sie das verstanden?«
»Laut und deutlich«, erwiderte Dan.
»Dann werde ich Sie jetzt noch einmal fragen: Wo ist sie? Und wo ist Ch’k’te?«
»Ich … weiß es nicht.« Er sah sich um, als könnte er auf diese Weise feststellen, ob sie belauscht wurden. »Wie sicher ist dieser Raum?«
»So sicher, wie ich ihn nur machen kann.« Maartens spreizte die Hände und lehnte sich nach hinten. »Darum sitzen wir hier.«
»Ich sah Jackie und Ch’k’te zum letzten Mal auf Crossover. Sie gingen an Land und kehrten nicht zurück. Sie sagte mir, ich solle zwei Tage warten, und wenn sie bis dahin nicht zurück wäre, solle ich mich aus dem Staub machen. Genauso ist es auch gelaufen. Ich habe keine Ahnung, ob die beiden tot oder lebendig sind, Captain, wirklich nicht.«
»Um sie aufzuspüren, habe ich einige Zeit aufgewendet und viele Leute angesprochen, die mir einen Gefallen schuldeten.« Er stand auf und ging zum Sideboard, wo er sich noch einen Drink einschenkte. »Ich möchte Ihnen ein paar Dinge über mich erzählen, McReynolds. Ich bin achtundfünfzig Jahre alt, und ich diente bereits in der Navy Seiner Majestät, da waren Sie noch nicht mal geboren. Als ich Waffenmaat war« – er kehrte mit dem Glas in der Hand zum Tisch zurück –, »da erzählte man sich in der Flotte noch Geschichten über Admiral Marais. Ich bin heute Captain eines Raumschiffs; es ist nicht das größte oder beste Schiff, Gott behüte, nicht mal das neueste Schiff. Vor sechzehn Jahren bekam ich das Kommando über die Pappenheim, womit ich zu den zehn oder zwölf dienstältesten Kommandanten gehöre. Es ist das, was ich will, was ich immer schon wollte. Ich wollte nie Commodore sein, auch nicht Stations- oder Flaggcommander. Die Pappenheim genügt mir. Als Captain werden Sie das sicher verstehen. Ich hatte und habe mit niemandem eine Rechnung offen. Ich bin Angehöriger der Navy, aber nicht von der stocksteifen Sorte. Ich bin gegenüber den Offizieren loyal, mit denen ich diene.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Sir?«
»Jackie Laperriere war ein solcher Offizier.« Maartens trank einen tiefen Schluck. »Ich war der Station auf Cicero zugeteilt, als die … die Aliens … alles übernahmen.«
»Sie waren …«
»Als sie mich rief, kam ich zu ihr«, fuhr er fort. Seine Augen ließen erkennen, wie schmerzhaft diese Erinnerungen für ihn waren. »Stellen Sie sich das mal vor, McReynolds: Zuerst begibt sich der größte Teil der Schwadron auf ein Himmelfahrtskommando jenseits der Grenze. Was davon übrig bleibt, kehrt wenig später zurück, und alle Fühlenden an Bord sind tot. Dann erhalte ich aus dem Nichts die Nachricht: ›Cicero Down ist von Aliens übernommen worden.‹ Und dann verwandelt sich mein XO, den ich seit Jahren kenne, in einen … einen …«
Wieder nahm er einen tiefen Schluck. Dan glaubte sehen zu können, wie die Hände des Mannes zitterten. »In fast vierzig Jahren habe ich so etwas noch nie gesehen. Ich übergab … es … an die Behörden auf Adrianople. Ich hoffe, ich muss nie wieder ein Wesen von der Sorte sehen. Aber genau damit haben wir es zu tun, McReynolds. Aliens, die ganz normale Menschen ersetzen können. Einer dieser Aliens nahm sogar Jackies Platz ein, und er war darin so gut, dass er mich und jeden auf der Station hat täuschen können. Ein anderer Alien ersetzte Bryan Noyes, den Kommandanten von Cicero Op. Wir kamen dahinter, was diese Fremden vorhaben: Sie infiltrieren das Imperium, um es Stück für Stück zu übernehmen, aber durch einen Zufall entdeckten wir … entdeckte Jackie, was sie taten. Sie beschloss, Cicero zu evakuieren, auch wenn es sie ihre Karriere kostete. Aber sie rettete damit viele Menschenleben.«
»Um ihre Karriere würde ich mir keine Gedanken machen. Sie ist inzwischen in einer neuen Mission unterwegs.«
»Nach allem, was ich so höre, hat es etwas mit dem Hohen Nest der Zor zu tun.«
»Kann man so sagen.« Dan sah zu Pyotr Ngo, der sich nicht dazu äußerte. »Die Zor haben sie dazu gebracht, einer uralten Legende nachzugehen, damit sie einen wertvollen Gegenstand zurückholt, der mit der Billigung der Zor in Feindeshand gelangen konnte. Sie wussten, es würde geschehen, und vor allem wussten sie, dass es bei Cicero geschehen würde. Deshalb hatten sie auch einen VIP auf die Fährte der Aliens gesetzt.«
»Torrijos.«
»Richtig, Captain. Wenn Sie sich das Ganze nur genau genug ansehen, werden Sie erkennen, dass es sich bei diesem Unfall nicht um einen Unfall handelte – was dem Hohen Nest bekannt war. Dort hat man das alles kommen sehen, vielleicht sogar schon vor Jahren, und man hat alles dafür in die Wege geleitet.«
»Wie sind Sie in diese Sache hineingeraten?«
»Alte Freundschaften.« Dan lächelte. »Vermutlich kennen Sie ja die ganze verdammte Akte. Ich kenne Jackie schon länger und besser als Sie. Ein anderer alter Freund hatte noch etwas gut bei mir und sorgte dafür, dass ich mein Schiff zur Verfügung stellte, um sie und ihren Laufburschen hinzubringen, wo immer der Weg sie hinführen sollte. Ich bekam dafür eine recht stattliche Summe, aber ich hätte es auch gemacht, wenn mir nichts bezahlt worden wäre.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Was mich rasend macht, Captain – und das sollte auch Sie rasend machen –, ist die Tatsache, dass das Hohe Nest alles vorausgesehen hat, vom Anfang bis zum Ende. Sie wussten, was bei Crossover geschehen würde – was immer das auch gewesen sein mag – und wohin es führen würde. Sie sahen sogar voraus, dass sie jetzt allein sein würden. Jackie und Ch’k’te sind jetzt auf sich allein gestellt, und es ist wohl anzunehmen, dass das Hohe Nest es auch so wollte.«
»Warum?«
»Wer versteht denn schon, wie ein Zor denkt?«
»Ich werde das Gefühl nicht los, McReynolds, dass Sie mir nicht alles erzählt haben.«
Verdammt richtig, dachte Dan. Aber das würden Sie ohnehin niemals glauben. »Ich habe Ihnen das gesagt, was relevant ist.«
»Also gut, McReynolds. Ich könnte Ihnen befehlen, sich von einem Fühlenden untersuchen zu lassen, aber das führt vermutlich zu nichts.« Er stand auf und ging zurück an seinen Schreibtisch, holte einen Computer und brachte ihn zu der Sitzgruppe. »Hier sind Ihre Befehle«, sagte er und warf den Computer in Dans Schoß. »Sie haben acht Stunden Zeit, bevor wir springen.«
»Und wohin?«
»Lesen Sie die Befehle durch und machen Sie Ihr Schiff sprungbereit. Sie werden es noch früh genug erfahren. Wegtreten.«
»Aber …«
»Weggetreten, Captain. Wir werden noch genug Zeit haben, um das alles zu besprechen, aber nicht jetzt. Kehren Sie auf Ihr Schiff zurück und machen Sie alles bereit. Verstanden?«
»Ja.« Dan stand auf und hielt den Computer in den Händen, als hätte er so etwas noch nie gesehen. »Ja, ich habe verstanden, Sir.«
»Und?«, fragte Dan Pyotr, als sie das Deck überquerten, um von der Pappenheim zur Damsel zurückzukehren. »Was halten Sie davon?«
»Was ich davon halte?« Der Chefpilot blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Seine Verärgerung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Erinnern Sie sich noch daran, als wir diese Partnerschaft eingingen und die Damsel kauften? Erinnern Sie sich noch, was Sie sagten, als ich wissen wollte, ob es klug ist, ein größeres Schiff zu kaufen, das am Ende noch für den Kriegsdienst requiriert werden könnte?«
»Pyotr, ich …«
»Ich erinnere mich noch. An jedes verdammte Wort: ›Keine Sorge‹, sagten Sie. ›Es gibt niemanden, gegen den das Imperium kämpfen könnte. Wie sollten sich mich einberufen?‹«
»Niemand konnte ahnen …«
»Nein.« Pyotr wandte sich von ihm ab und ging weiter. »Niemand konnte so was ahnen, nicht wahr? Und jetzt sind wir in der Navy!«
Der Unterhalt eines Handelsschiffs von vernünftiger Größe ist ein unerhört kostspieliges Unterfangen. Allein die Anschaffungskosten sind so hoch, dass allenfalls ein paar Privatleute es sich leisten können, eines zu kaufen oder bauen zu lassen. Üblicherweise können nur Unternehmen oder Regierungen genug Kapital aufbringen. Im erstgenannten Fall bauen große Konzerne Schiffe und rüsten damit ihre Flotten aus, um Handel zu betreiben. Das Kommando geht an einen angestellten Captain, der zwar ein großzügiges Gehalt bekommt, aber nicht an den Gewinnen beteiligt ist. Im letzteren Fall ist es eine Planeten-, Provinz- oder die Imperiale Regierung, die dafür sorgen, dass Schiffsarchitekten und Werften ausgelastet sind.
Nach einiger Zeit in einer Handelsflotte oder auch im Dienst der Navy wollen erfahrene Piloten, Ingenieure und anderes Personal auch ein Stück vom Kuchen abbekommen. Im Laufe des Ausbaus einer Handelsflotte werden ältere Schiffe, die nicht so gute Dienste leisten, der jeweiligen Crew zur Übernahme angeboten, die dann eigenständig weitermachen kann. Bei der Navy – vor allem der Imperialen Navy – sind es manchmal eher die größeren und besseren Schiff anstelle der älteren und langsameren, die gegen einen Ausmusterungsbonus zur Verfügung gestellt werden, weil eine Regierung in Friedenszeiten nicht den Unterhalt der Schiffe bezahlen möchte.
Allerdings gibt es dabei einen wesentlichen Unterschied, denn die Navy knüpft daran für gewöhnlich eine Bedingung: In Kriegszeiten verlieren der Captain und jedes andere Crewmitglied den Reservistenstatus und kehren in den aktiven Dienst zurück, womit das Schiff wieder dem Militär zur Verfügung steht. Seit Marais’ Eroberungsfeldzug vor fünfundachtzig Jahren waren Angehörige der Navy nur zu gern bereit, bei der Ausmusterung dieser Bedingung zuzustimmen.
Diese Information wurde jedoch von der Crew der Fair Damsel nicht mit Freude aufgenommen.
»Okay, Ruhe jetzt, Ruhe jetzt!«, brüllte der Sultan, um den Lärm im Frachtraum zu übertönen. Nur Ray Li fehlte, er verfolgte das Geschehen von der Brücke aus. Alle anderen waren hier zusammengekommen, die meisten standen im hinteren Teil des Raums oder hatten sich auf Frachtcontainern einen Platz gesucht. Dan und Sultan standen vor den Leuten, die Offiziere schauten finster drein, die Crewmitglieder waren einfach nur wütend.
Als wieder Ruhe eingekehrt war, sah Dan der Reihe nach die Männer und Frauen an, die an Bord des Schiffs arbeiteten und lebten. Die meisten von ihnen besaßen Anteile an der Damsel, was bedeutete, dass sie ihr eigenes Geld in das Schiff gesteckt hatten und einen Teil am Profit ausbezahlt bekamen, bei Verlusten aber einen Teil dazuschießen mussten. Sie besaßen Stimmrecht, ob ein neuer Anteilseigner genommen werden sollte oder nicht, und ebenso hatten sie ein Mitspracherecht bei der Routenauswahl und bei der Besetzung der Offiziersposten. Dan, Ray, Pyotr und der Sultan hielten zusammen mehr als sechzig Prozent der Anteile, und sie hatten bereits die Strategie diskutiert, sodass sich der Captain keine Sorgen machen musste, er könnte seinen Job verlieren. Wie aber der Großteil der Crew darüber dachte, war nicht zu erahnen.
»Sie alle kennen bereits die Fakten, darum werde ich sie nicht auch noch vortragen. Gemäß dem zeitlich unbegrenzten Vorbehalt, den das Unternehmen beim Kauf der Fair Damsel unterzeichnet hat, besitzt die Imperiale Navy das Recht, uns zurückzuholen, sobald ein Ausnahmezustand erklärt wird. Das ist jetzt der Fall, und ich habe von der Pappenheim den Auftrag erhalten, in« – er sah zur Wanduhr – »rund fünf Stunden einen Sprung zu unternehmen. Alle Crewmitglieder, die zuvor Militärdienst geleistet haben, werden damit in den aktiven Dienst zurückgerufen, mich eingeschlossen. Das Schiff untersteht jetzt meinem Kommando in meiner Funktion als Captain der Imperialen Navy. Auf der Dienstaltersliste stehe ich auch verdammt weit unten.« Einige Crewmitglieder mussten über seine Bemerkung lachen.
»Die anderen haben zwei Möglichkeiten. Die erste ist die einfachere, nämlich nichts tun, den Job behalten und für die Dauer der Aktivierung weiterhin an Bord zu dienen. Von den zivilen Offizieren hat sich Pyotr genau dafür entschieden. Ray, der Sultan und ich dagegen« – er grinste flüchtig – »haben die schlechten Karten erwischt, so wie auch einige von Ihnen. Die andere Möglichkeit ist nicht so angenehm, und aus einem guten Grund schlage ich sie nicht allzu gern vor. Die Damsel ist kein bisschen bewaffnet; dafür ist sie ohnehin gar nicht geeignet. Wir werden nicht an vorderster Front dabei sein, aber wir könnten Gefechte miterleben. Wir können nicht fliegen, wohin wir wollen, und obwohl sie uns bezahlen, wird das keinen großen Profit abwerfen. Deshalb bin ich bereit, Ihnen folgendes Angebot zu machen: Ich kaufe die Anteile von jedem, der nicht mitkommen will. Laut Unternehmensvertrag bedeutet das einen Aufschlag von zwanzig Prozent auf den Anteilswert. Ich bin darüber hinaus bereit, auch jene auszuzahlen, die keine Anteile besitzen. Es sollte ausreichen, um von Tamarind fortzukommen. Captain Maartens von der Pappenheim hat mich wissen lassen, dass er alle zentralen Posten, die aufgrund dieser Entscheidung frei werden, mit Navy-Personal besetzen wird.«
»Wie viel Zeit bleibt uns für unsere Entscheidung?«, fragte jemand aus der Gruppe – Ingenieursmaat Sonja Torrijos.
»Etwa vier Stunden.«
»Was ist, wenn wir bleiben und später doch noch aussteigen wollen?«
»Ich vermute, ein Später wird es nicht geben. Ich gehe nicht davon aus, dass wir nach der Abreise von Tamarind noch an vielen zivilen Station haltmachen werden.«
Es wurde eifrig getuschelt, unterdessen sah Dan den Sultan an. »Das ist doch verrückt«, sagte er. »Wenn ich diese Leute nicht haben wollte, wären sie nicht an Bord. Aber das konnten sie nicht ahnen, als sie ihren Anteil kauften.«
»Sie wussten, worauf sie sich einlassen, als sie ihren Anteil kauften«, hielt der Sultan dagegen, der in typischer Pose die Arme vor der Brust verschränkt hatte. »Jeder unterschreibt den Vertrag.«
»Aber sie rechneten nicht damit, in einen Krieg verwickelt zu werden.«
»Ich auch nicht.« Der Sultan ließ seinen Blick über die Crew