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Erst seit 200 Jahren ist Caesars Bericht vom Gallischen Krieg die klassische Schullektüre in Deutschland. Mag für die Einführung dieser Tradition die Bewunderung für den Strategen und Sprachkünstler ausschlaggebend gewesen sein, vielleicht auch die Tatsache, dass Caesar als erster Schriftsteller der klassischen Antike zwischen Galliern und Germanen konsequent unterschied, so wird der Texte heute - wenn überhaupt noch - eher unter dem Aspekt der versuchten Rechtfertigung eines aus reinem Machtinteresse geführten Eroberungskrieges im Unterricht behandelt. Erschütternde Rücksichtslosigkeit und Brutalität des Feldherren, die in diesem Text gegenüber Galliern, Germanen und Britannieren deutlich werden, stehen der vielbewunderten Fähigkeit des Autors Caesar gegenüber, der seinen ärgsten Feinden von Herzen verzeihen konnte, wenn sie ihre Meinung geändert hatten und seine Freundschaft suchten.
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Seitenzahl: 456
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DR. LENELOTTE MÖLLERstudierte Geschichte, Latein und evangelische Theologie in Saarbrücken, Basel und Mainz; die Promotion in Geschichte folgte im Jahr 2000; sie ist Studiendirektorin am Gymnasium Schifferstadt im Rhein-Pfalz-Kreis.
Im marixverlag sind von ihr u.a. folgende Übersetzungen erschienen: Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla, die Cicero-Briefe, Titus Livius’ Römische Geschichte, Senecas Vom glücklichen Leben, Plutarchs Von Liebe, Freundschaft und Feindschaft, Polybios’ Der Aufstieg Roms, Boëthius’ Trost der Philosophie und Lukians Vom beinahe vollkommenen Menschen. Sie ist außerdem Mitherausgeberin der 2-bändigen Plinius-Ausgabe.
Zum Buch
Nur von römischer Seite sind ausführliche Berichte über Caesars rücksichtslosen, brutalen Eroberungskrieg gegen die Gallier erhalten. Die keltischen Stämme haben wie viele andere Unterworfene Roms keine schriftlichen Nachrichten über ihre Niederlagen und Repressionen hinterlassen. Doch wie sein Zeitgenosse Sallust und der später lebende Historiker Tacitus lässt auch Caesar - freilich nur in fiktiven Reden und Briefen - die Gegner Roms zu Wort kommen. Den in Alesia eingeschlossenen Arverner Critognatus lässt er sagen: „Die Römer aber - was streben sie an und was wollen sie anderes als sich, vom Neid getrieben, in den Städten und Feldern derjenigen, deren edlen Ruf und Kriegsmacht sie kennengelernt haben, niederzulassen und diese in ewige Knechtschaft zu legen? Niemals haben sie aus einem anderen Grund Krieg geführt“
Erst seit 200 Jahren ist Caesars Bericht vom Gallischen Krieg die klassische Schullektüre in Deutschland. Mag für die Einführung dieser Tradition die Bewunderung für den Strategen und Sprachkünstler ausschlaggebend gewesen sein, vielleicht auch die Tatsache, dass Caesar als erster Schriftsteller der klassischen Antike zwischen Galliern und Germanen konsequent unterschied, so wird der Text heute – wenn überhaupt noch – eher unter dem Aspekt der versuchten Rechtfertigung eines aus reinem Machtinteresse geführten Eroberungskrieges im Unterricht behandelt. Erschütternde Rücksichtslosigkeit und Brutalität des Feldherrn, die in diesem Text gegenüber Galliern, Germanen und Britanniern deutlich werden, stehen der vielbewunderten Fähigkeit des Autors Caesar gegenüber, der seinen ärgsten Feinden von Herzen verzeihen konnte, wenn sie ihre Meinung geändert hatten und seine Freundschaft suchten.
Gaius Iulius Caesar
Der Gallische Krieg
Gaius Iulius Caesar
Der GallischeKrieg
Übersetzt, eingeleitet und erläutertvon Lenelotte Möller
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013
Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2013
Die Übersetzung basiert auf der Ausgabe Leipzig, 1936
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: Vercingetorix legt seine Waffen Caesar zu Füßen,
(Historiengemälde von Lionel Royer, 1899)
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0329-8
www.marixverlag.de
Inhalt
Einleitung
C. Iulius Caesar – Der Gallische Krieg
Buch I
Proömium: Galliens Lage und Bewohner zur Zeit Caesars
Der Helvetische Krieg
Der Krieg gegen Ariovist
Buch II
Der Krieg gegen die Belger
Buch III
Der Alpenkrieg
Der Veneterkrieg
Krieg gegen die Veneller
Crassus’ Zug nach Aquitanien
Buch IV
Krieg gegen die Usipeter und Tencterer
Caesars Rheinübergang nach Germanien
Caesars Übergang nach Britannien
Krieg gegen die Moriner und Menapier
Buch V
Caesars zweite Überfahrt nach Britannien
Krieg gegen die Eburonen und Nervier, Angriffe auf die Winterlager
Buch VI
Aufstand in Gallien, Titurius’ Ende
Geographischer Exkurs: Gallier und Germanen
Bestrafung Ambiorix’ und der Eburonen
Buch VII
Krieg gegen Vercingetorix
Buch VIII
Unterwerfung der Bellovacer
Abschließende Kämpfe
Rückkehr nach Rom
Literaturverzeichnis
Register der Eigennamen
Einleitung
Gallien bis zur Mitte des 1. Jh. v. Chr.
Das Gebiet, das vom Rhône-Ufer, der Mittelmeerküste, den Pyrenäen, der Atlantikküste, dem Rhein und dem Juragebirge begrenzt wird und den Namen Gallien trug, war in vorrömischer Zeit ebenso wenig wie Germanien von homogenen Stämmen bewohnt, die sich womöglich selbst als eine Einheit betrachtet hätten. Vielmehr lebten dort verschiedene Kulturen zusammen, die zu verschiedenen Zeiten dort aufgetaucht waren und sich mehr oder weniger vertrugen.
Die älteste nachweisbare Bevölkerungsgruppe waren die Ligurer. Ab etwa 600 v. Chr. wanderten von Norden her keltische Stämme nach Gallien ein und verbreiteten sich unter Verdrängung der Ligurer nach Süden und kleinerer iberischer Stämme nach Südwesten. Zur gleichen Zeit kam es zu später bedeutenden Stadtgründungen im Rahmen der griechischen Kolonisation an der Mittelmeerküste. So entstand als Tochterstadt der Phokaier aus Ionien Massilia (Marseille), von wo aus wiederum Nikaia (Nizza) und Antipolis (Antibes) gegründet wurden.
Die keltische Wanderung aber war noch nicht zu Ende, und um 400 wanderten gallische Stämme nach Osten und nach Italien ein. 387 belagerten und eroberten sie unter ihrem König Brennus die Stadt Rom außer dem Capitolium. Damals setzten sie sich in Oberitalien fest. Dieses Gebiet wurde um 200 v. Chr. von dem expandierenden Rom eingenommen. Die Römer errichteten die Provincia Gallia Cisalpina/Citerior, das Diesseitige Gallien. Die benachbarten, in den Alpen wohnenden Gallier waren Rom wohlgesonnen. Sie leisteten gegen den durchziehenden Hannibal und das karthagische Heer massiven Widerstand, und speziell Massilia unterstützte Rom im Zweiten Punischen Krieg.
Dafür half Rom zwei Generationen später nach einem Hilferuf 154 v. Chr. dieser Stadt gegen Angriffe der Deciaten und Oxybier. Das dabei von Konsul Q. Opimius eroberte Gebiet fiel an Massilia, ohne dass Rom etwas davon beanspruchte. Einen erneuten Hilferuf sandte Massilia 125 gegen die Bedrohung durch den Stamm der Salluvier.
Daraufhin besiegten Fulvius Flaccus und Sex. Calvinus die Salluvier und zerstörten deren Hauptort Entremont. Im gleichen Jahr gründeten sie als Zentrum des nunmehr römisch dominierten Gebietes an der Mittelmeerküste, das auch den Durchzug von Italien nach Hispanien gewähren sollte, die Stadt Aquae Sextiae (Aix-en-Provence). 122 besiegte der römische Feldherr Cn. Domitius Ahenobarbus die Allobroger nahe deren Hauptort Vienne, im folgenden Jahr schlug Q. Fabius Maximus den Arverner-König Bituitus. Daraufhin besetzte Rom das Gebiet von den Pyrenäen bis zum Rhônetal. 118 wurde die Colonia Narbo Martius (Narbonne) gegründet, nach welcher später die Provinz benannt wurde.
Gestört wurde die Herrschaft der Römer ein Jahrzehnt später durch den Einfall der germanischen Kimbern und Teutonen in das Römische Reich und nach Gallien. Dies nahmen die Volcae Tectosagen und die Helvetier zum Anlass für Kämpfe gegen die Römer, in welchen die Helvetier das Heer des Cassius Longinus besiegten. 105 schlugen die Kimbern ein römisches Heer unter Mallius Maximus bei Arausio. Die Germanen wurden allerdings von dem Feldherrn und mehrfachen Konsul C. Marius besiegt, die Teutonen bei Aquae Sextiae 102 und die Kimbern im folgenden Jahr bei Vercellae. Danach errichtete Rom im Süden Galliens die Provincia Narbonensis, die in der Folgezeit von den römischen Statthaltern gnadenlos ausgebeutet wurde. So klagten die Allobroger Fonteius und im Jahr 63 C. Calpurnius Piso in Rom wegen Amtsmissbrauchs an, nachdem es in der Amtszeit des Letztgenannten bereits zu Aufständen gekommen war.
Gallien war in dieser Zeit vor allem von drei Kulturen geprägt: von der griechischen, was sich z. B. in der Verwendung der Schrift manifestierte, von der römischen besonders im Handel mit Wein, Sklaven und Metall, aber auch im Münzwesen, und von der keltischen, deren charakteristische, oppida genannten Siedlungen sich bereits in Richtung Urbanisierung entwickelten.
Einige größere Stämme bestimmten vor allem die politische Entwicklung: die Arverner, Sequaner und Haeduer, die durchaus in Konkurrenz zueinander standen. Die Sequaner verbanden sich mit dem mit mehreren germanischen Stämmen aus dem Osten eingewanderten Suebenkönig Ariovist und besiegten mit ihm in der Schlacht bei Admagetobriga die Haeduer, mussten dafür jedoch selbst an diesen Gebiete abtreten. Rom stellt sich, mit innenpolitischen Problemen beschäftigt, zunächst gut mit Ariovist, suchte aber auch die Freundschaft zu den Haeduern, da sie die gefährlichsten Feinde der zur Auflehnung neigenden Arverner waren.
In dieser Gesamtlage Galliens machte sich zum letzten Mal ein keltischer Stamm zur Auswanderung auf den Weg: die Helvetier. Die Vorbereitungen zum Aufbruch hatten sie unter ihrem Häuptling Orgetorix getroffen. 58 verließen sie ihr bisheriges Siedlungsgebiet, und ihr Versuch, unterwegs römisches Hoheitsgebiet zu durchqueren, bot Caesar den Anlass zum Beginn des Gallischen Krieges. Dies leitete das Ende der Unabhängigkeit Galliens ein.
C. Iulius Caesar – sein Leben bis zumBeginn des Gallischen Krieges
Iulius Caesar wurde am 13. Quinctilis, dem später nach ihm benannten Juli, im Jahre 100 v. Chr. geboren. Er entstammte einer der vornehmsten Patrizierfamilien der Stadt, die ihre Abkunft auf die Göttin Venus und auf römische Könige zurückführte. Gleichwohl hatten bisher eher wenige Iulier die politische Laufbahn eingeschlagen. Im Jahre 85, dem Jahr, in welchem sein Vater starb, erhielt Caesar die toga virilis. 84 heiratete er Cornelia, die Tochter Cinnas, des Gesinnungsgenossen und Nachfolgers von C. Marius, wodurch er mit der Partei der Popularen in Verbindung stand. Im folgenden Jahr wurde die gemeinsame Tochter Iulia geboren. Als er sich während der Diktatur des Optimaten Sulla weigerte, sich von Cornelia zu trennen, wurde er geächtet und zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Von 81 bis 78 leistete er Kriegsdienst in der Provinz Asia, nahm an der Eroberung Mytilenes teil und verdiente sich in Kilikien die Bürgerkrone. Nach Sullas Abdankung kehrte er 78 nach Rom zurück. 75 unternahm Caesar eine Reise nach Rhodos; er wurde unterwegs von Seeräubern entführt und erst gegen Lösegeld freigelassen.
Im Jahre 74 nahm er in der Provinz Asia am Dritten Mithridatischen Krieg teil, danach begann er seine öffentliche Laufbahn in Rom: 73 wurde er zum Pontifex gewählt, 72 war er Militärtribun, 69 Quästor in der Provincia Hispania Ulterior. In diesem Jahr starb Cornelia. 67 heiratete er zum zweiten Mal, und zwar Pompeia, von welcher er sich aber bereits 61 wieder scheiden ließ. Während der Catilinarischen Verschwörung im Jahre 63 plädierte er in einer Senatsrede für einen nachsichtigen Umgang mit den Verschwörern. Die betreffende Rede hat der Historiker und Caesarfreund C. Sallustius Crispus überliefert und dem noch relativ jungen Caesar damit ein bis heute eindrucksvolles Denkmal gesetzt. 65 wurde Caesar kurulischer Ädil, 61 Prätor. Als Proprätor war er Statthalter in der Provinz in Hispanien, in welcher er auch als Quästor gedient hatte. Mit dem zur damaligen Zeit profiliertesten römischen Feldherrn Pompeius und einem der reichsten Römer, M. Licinius Crassus, schloss Caesar im Jahr 60 ein Bündnis in der Absicht, zu dritt die römische Politik vollständig zu bestimmen, das Erste Triumvirat (dessen Fortsetzung im Jahre 56 noch einmal beschlossen wurde). Um sich rechtzeitig für das Konsulat im kommenden Jahr bewerben zu können, verzichtete Caesar auf einen Triumphzug, auf dessen Genehmigung er vor der Stadtgrenze Roms hätte warten müssen. Daraufhin wurde er 59 Konsul zusammen mit M. Calpurnius Bibulus, den er politisch ausschaltete. Während Caesar selbst Calpurnia heiratete, heiratete seine Tochter Julia seinen politischen Verbündeten Pompeius.
Nach Beendigung seines Konsulats wurden ihm aufgrund der Unterstützung von Pompeius als Prokonsul die wichtigen Provinzen Illyricum, Gallia Cisalpina/Citerior (Diesseitiges Gallien) und Gallia Narbonensis, zunächst auf fünf Jahre, zugesprochen. Das Diesseitige Gallien war reich an Soldaten, die Gallia Narbonensis und Illyrien boten durch ihre Grenzlage die Möglichkeit militärischer Profilierung. Dass er seinen geplanten Eroberungskrieg im Westen führen würde, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, denn auch die Eroberung Dakiens an der Donau hätte ihn zu den gesteckten Zielen führen können.
Caesars Commentarii
Als Prokonsul kümmerte sich Caesar um eine der drei ihm zugewiesenen Provinzen ganz besonders, nämlich die Provincia Gallia Narbonensis, von der ausgehend er das bis dahin noch freie Gallien eroberte. Dabei schuf er sich ein ergebenes Heer, das auch nach seiner willkürlichen Vergrößerung durch Caesar noch vom Staat besoldet wurde und das ihm den Rückhalt verschaffte, sich gegen die inzwischen erworbenen politischen Feinde durchzusetzen, und ein enormes Vermögen, das Caesar nach dem Urteil mancher Historiker vor allem zur Bezahlung der während seiner politischen Arbeit angehäuften Schulden benötigte. Sein Heer rechnete ihm vor allem die persönliche Teilnahme an den Märschen, Schlachten und Winterlagern an, aber auch sein unglaubliches strategisches Geschick. Gold soll er nach dem Bericht seines Biographen Plutarch aus Gallien so viel abgeschöpft haben, dass der Goldpreis im Römischen Reich um ein Drittel sank.
Obwohl Rom seit seiner Entstehung um 600 v. Chr. bis auf die Zeit Caesars nahezu ununterbrochen sein Hoheitsgebiet erweitert hatte, war dies doch – zumindest aus römischer Sicht – nicht im rechtsfreien Raum geschehen. Trotz der später vom Dichter Vergil in Verse gefassten Berufung des Volkes in der Toga zur Weltherrschaft haben sich römische Politiker und Historiker stets – mehr oder weniger erfolgreich – die Mühe gemacht, römische Kriege moralisch, wenigstens aber formal zu rechtfertigen. So hatte z. B. der Diktator Sulla verfügt, dass es für Kriegshandlungen eines Promagistraten eines Senatsbeschlusses bedürfe. Im Spannungsfeld zwischen Geschichtsschreibung und politischer Berichterstattung an den Senat bewegt sich auch Caesars Abhandlung über seine Feldzüge in Gallien, die in ihrem literarischen Anspruch, der sich vor allem in der prägnanten Sprache ausdrückt, freilich weit über Senatsberichte hinausgehen.
Mag die Zustimmung für seine Kriege auch mehr von den Erfolgen abhängig gewesen sein als von ihrer wie auch immer gearteten Rechtfertigung, so sah Caesar doch durchaus die Notwendigkeit – sei es zur Widerlegung seiner zahlreichen Gegner, sei es zur Stärkung seines Ansehens im römischen Volk, sei es zur Gewinnung dessen, was man heute als Deutungshoheit bezeichnet, sei es womöglich im Hinblick auf die Nachwelt – den geführten Krieg aus seiner Perspektive darzustellen.
Er selbst nannte sein Werk Commentarii rerum gestarum; später bürgerte sich der Name Bellum Gallicum ein. Der Bericht über den Gallischen Krieg umfasst sieben Bücher von Caesar selbst, von denen jedes ein Kriegsjahr behandelt, sowie ein achtes von einem anderen Autor, das von den Kämpfen berichtet, die zwischen der Schlacht von Alesia und dem Eintritt Caesars in eine neue Phase des Bürgerkrieges stattgefunden haben. Ob Caesar seinen Bericht Jahr für Jahr oder nach dem Krieg in einem Zug geschrieben hat, ist umstritten.
Die erste bedeutende militärische Maßnahme des Krieges im Jahre 58 war der Sieg in der Schlacht von Bibracte über die ausziehenden Helvetier, die Caesar zur Rückkehr in ihr bisheriges Siedlungsgebiet in der heutigen Westschweiz zwang. Als Nächstes vertrieb Caesar Suebenkönig Ariovist aus Gallien, dessen Stämmen, darunter die Triboker, Nemeter und Vangionen, von den Römern später Siedlungsgebiete links des Rheins zugewiesen wurden. Caesar hatte durch diesen Sieg Zentralgallien gewonnen.
Im zweiten Kriegsjahr wurden nach einer Caesar mitgeteilten Verschwörung die Belger und Nervier bekriegt.
56 siegte Caesars Legat T. Labienus über die Aquitaner, Caesar selbst über die Veneter. Die Grausamkeit seines Vorgehens verhehlte er hier genauso wenig wie in den anderen Büchern des Bellum Gallicum, zeigt doch seine Darstellung gleichzeitig stets, dass die Feinde im Unrecht waren.
55 wurde Caesars Prokosulat in Gallien um fünf Jahre verlängert. Dies gab ihm die Zeit für seinen ersten Rheinübergang mit Brückenbau, vermutlich in der Gegend von Neuwied, und seine erste Expedition nach Britannien, das nach seiner Darstellung die feindlichen Gallier auf dem Festland unterstützte.
Im Jahr 54, in welchem seine Mutter und seine Tochter Iulia starben, fuhr Caesar zum zweiten Mal nach Britannien und besiegte dort den Häuptling Cassivelaunus, ohne allerdings eine nachhaltige Wirkung für Rom oder Britannien zu erzielen. Nach Gallien zurückgekehrt, musste er einen Aufstand des Eburonenkönigs Ambiorix bekämpfen, doch weder in diesem Kampf noch zu einer späteren Zeit brachte er diesen Anführer in seine Gewalt. Nach der Niederlage gegen Ambiorix, so berichtet Caesars Biograph Sueton, habe er sich aus Kummer über den Tod so vieler Soldaten als Geste der Trauer die Haare so lange wachsen lassen, bis die Rache dafür abgeschlossen sein würde.
Im folgenden Jahr zerbrach das Triumvirat. Caesar besiegte die Nervier, Carnuten und Senonen. Er suchte die Eburonen heim, die er später völlig vernichtete, während Labienus die Treverer besiegte. Er ließ zum zweiten Mal eine Brücke über den Rhein bauen und nahm diesen Rheinübergang als Anlass für einen Exkurs in seinem Buch über Gallier und Germanen, die er als erster antiker Autor so ausdrücklich als zwei verschiedene Völker darstellt.
Im Jahre 52 eroberte Caesar die Stadt Cenabum (Orléans), deren römische Bevölkerung bei einem gallischen Überfall getötet worden war. Später bemächtigten sich die Römer der Städte Avaricum und Lutetia, dann belagerte Caesar die Arvernerstadt Gergovia. Eine gesamtgallische Koalition unter dem Arverner Vercingetorix als Anführer schloss Caesar in Alesia mit einem undurchdringlichen Belagerungsring ein, während ein aus dem übrigen Gallien zusammengezogenes Entsatzheer anrückte. Vercingetorix unterlag trotz der Zweifrontenschlacht, die die Römer führen mussten, und ergab sich.
Danach waren im Jahre 51 nur noch einzelne Stämme und Anführer übrig, die sich gegen die römische Herrschaft erhoben. Diese Kämpfe sind im achten Buch des Bellum Gallicum beschrieben, das nicht von Caesar stammt. Ein Hirtius Pansa soll es geschrieben haben, wie die Handschriften sagen. In Caesars Umgebung gab es allerdings einen Vertrauten namens A. Hirtius sowie einen C. Vibius Pansa, einen der Konsuln des Jahres 43, die gemeinsam bei Mutina fielen. Die Person des Hirtius ist insofern nicht eindeutig, ebenso wenig aber deren Rolle als Verfasser oder Redaktor des achten Buches. Diese wird auch durch das Vorwort nicht erhellt.
Nach dem Sieg über die Bellovacer begab sich Caesar wieder nach Rom, um – in einer neuen Phase des römischen Bürgerkriegs – seinen Konkurrenten Pompeius auszuschalten.
Caesars weiteres Schicksal
Bereits 51 war Caesar vom Senat aufgefordert worden, sein Heer zu entlassen. 49 erwirkte Pompeius ein Senatus Consultum Ultimum gegen Caesar (d. h. seine Einstufung als Staatsfeind) und wurde selbst Diktator. Ohne sein Heer zu entlassen, überschritt Caesar den Rubicon, damals die heilige Grenze Roms, die der Feldherr erst nach Abgabe des Kommandos hätte überqueren dürfen. Damit eröffnete er eine neue Phase des Bürgerkriegs: Caesar gegen Pompeius. Caesar eroberte das vom Senat verlassene Rom und noch im selben Jahr Hispanien.
48 wurde er zum zweiten Mal Konsul. Er besiegte Pompeius bei Pharsalos und eroberte danach Ägypten. Mit der dortigen Königin Kleopatra verband ihn ein Liebesverhältnis, aus dem ein Sohn namens Caesarion hervorging. Im folgenden Jahr eroberte er als Diktator Kleinasien. In seinem dritten Konsulat 46 siegte er in der Schlacht bei Thapsos über seinen langjährigen Gegner Cato, der sich in Utica das Leben nahm. Caesar wurde Diktator auf zehn Jahre und führte mehrere Verfassungsänderungen durch, unter anderem setzte er den nach ihm selbst benannten Julianischen Kalender in Kraft. Gegen die Söhne des Pompeius führte er in Hispanien Krieg und besiegte sie bei Munda im folgenden Jahr. 45 erhielt er auch die Diktatur auf Lebenszeit. Die ihm von seinen Anhängern angetragene Königswürde lehnte er demonstrativ ab.
Am 15. März 44 v. Chr. wurde Caesar von optimatischen Senatoren ermordet.
Gallien nach der Eroberung
Nach dem Krieg wurde in Gallien eine Provinz errichtet. Statthalter waren dort 48–46 D. Iunius Brutus Albinus, 45 A. Hirtius, dann L. Munatius Plancus, der die Colonia Augusta Raurica 44/43 (Augst) und Lugdunum (Lyon) gründete, später zweimal Augustus’ Vertrauter M. Vipsanius Agrippa (40–38 und 20–19), der vor allem für die Befriedung Galliens sowie die innere Stabilisierung der Provinz, unter anderem durch Straßenbau, sorgte. Augustus hielt sich in Gallien 30–27 und noch einmal im Jahre 16 auf.
Die Gallier wurden nach der Vereitelung ihres letzten Auswanderungsversuches endgültig sesshaft. Unter den Stämmen hatten einige bei den Römern eine bevorzugte Stellung, wie die Haeduer, Remer und Lingonen. Die Romanisierung des Gebietes geschah weniger durch militärische und politische Maßnahmen als durch Kaufleute und den Reiz des römischen Warenangebots. Die schon bestehende Bürgerkolonie in Narbo wurde durch Veteranen der IX. und X. Legion verstärkt, als neue Veteranenkolonien wurden gegründet: Arelate (Arles), Forum Iulii (Fréjus), Baeterrae (Béziers) und Julia Vienna (Vienne), nach Caesars Tod Augusta Raurica und Lugdunum.
Aufstände gab es nichtsdestoweniger, so einen der Aquitaner, den Agrippa niederschlug. Er bekämpfte als Statthalter auch die aus rechtsrheinischem Gebiet eingefallene Germanen und überquerte zu diesem Zweck den Rhein (39–37). Weitere Erhebungen folgten bis in die Jahre nach dem Bürgerkrieg.
Augustus versuchte, die Lage in Gallien durch die Aufteilung in drei Provinzen zu beruhigen: Aquitania, Lugdunensis und Belgica. Doch schon im Jahr 16 v. Chr. kam es erneut zu einem größeren Aufstand von Galliern, die sich mit Germanen verbündet hatten. In diesem Krieg erlitt der römische Feldherr M. Lollius eine bittere Niederlage. Die Sicherung der Rheingrenze wurde immer wichtiger. Augustus’ Enkel Drusus zog daher um das Jahr 10 v. Chr. am Rhein entlang und baute Kastelle und Straßen. Ein Mittel zur Beruhigung der inneren Lage Galliens war die Verleihung des Bürgerrechts an die keltische Oberschicht. Diese wurde jedoch unter Tiberius vernachlässigt. Stattdessen wuchs die Steuerlast, die den gallischen Städten zusetzte, immer mehr. So kam es 21 n. Chr. zu einem Aufstand der Treverer unter Iulius Florus sowie der Haeduer unter Iulius Sacrovir, wobei Letzterer sogar Augustodunum (Autun) eroberte.
Tiberius’ Nachfolger Claudius dagegen nahm sich der Situation in Gallien wieder an und gewährte im Jahr 48 der keltischen Oberschicht Zugang in den Senat (CIL XIII 1668) gegen den Widerstand der stadtrömischen Nobilität.
Ein neuer Aufstand 68 unter Iulius Vindex, einem römischen Statthalter aus altem aquitanischen Adel, gab letztendlich den Anlass zum Sturz Neros, weitere daraus resultierende Aufstände zum Sturz seines Nachfolgers Galba. Die Kämpfe 68 und 69 richteten in Gallien große Zerstörungen an, denen in der Zeit der flavischen Kaiser (Vespasian, Titus und Domitian) eine ausgedehnte Bautätigkeit folgte, die das Gesicht Galliens wandelte.
Im Laufe des 1. Jahrhunderts wurde immer mehr Orten in Gallien das latinische Recht verliehen, was besonders einen leichteren Erwerb des Bürgerrechts bedeutete. Aufgrund längerer Friedenszeiten in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. kam es zu einer längere Friedensphase, die eine bedeutende kulturelle Blüte und eine gute wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte.
C. Iulius Caesar
Der Gallische Krieg
Buch I
Proömium: Galliens Lage undBewohner zur Zeit Caesars
(1) Gallien insgesamt ist geteilt in drei Teile, von welchen einen die Belger bewohnen, einen anderen die Aquitaner, den dritten aber die, welche in ihrer Sprache Kelten, in unserer Gallier genannt werden. 2 Diese alle unterscheiden sich in Sprache, Einrichtungen und Gesetzen. Die Gallier teilt von den Aquitanern die Garunna (Garonne), von den Belgern die Matrona (Marne) und die Sequana (Seine). 3 Von ihnen allen sind die Belger die Tapfersten, weil sie von der Kultur und Bildung unserer Provinz am weitesten entfernt sind und zu ihnen am seltensten Kaufleute kommen und das, was zur Verweichlichung der Herzen beiträgt, dorthin bringen und weil sie den Germanen am nächsten wohnen, die auf der anderen Rheinseite leben, mit denen sie dauernd Krieg führen. 4 Aus diesem Grund übertreffen auch die Helvetier die übrigen Gallier an Tapferkeit, weil sie sich fast täglich in Kämpfen mit den Germanen messen, indem sie diese entweder von ihrem eigenen Gebiet abhalten oder selbst in deren Territorium Krieg führen. 5 Ein Teil davon, von dem man sagt, dass er von den Galliern besessen wird, nimmt seinen Ausgang am Fluss Rhodanus (Rhône), wird begrenzt vom Fluss Garunna, dann vom Ozean und dem Gebiet der Belger, berührt auch bei den Sequanern und Helvetiern den Rhein und wendet sich nach Norden. 6 Die Belger erheben sich von den äußersten Grenzen Galliens, erstrecken sich am Unterlauf des Rheins und dehnen sich nach Norden und Osten aus. 7 Aquitanien erstreckt sich vom Fluss Garunna zu den Pyrenäen und jenem Teil des Ozeans, der Hispanien am nächsten liegt. Es dehnt sich nach Westen und Norden aus.
Der Helvetische Krieg
Die Verschwörung des Orgetorix
(2) Bei den Helvetiern war der bei Weitem vornehmste und reichste Mann Orgetorix. Dieser zettelte im Konsulat M. Messallas und M. Pisos, von der Begierde nach Herrschaft getrieben, eine Verschwörung des Adels an und überredete die Bürgerschaft, ihr Gebiet mit all ihren Vorräten zu verlassen. 2 Sehr leicht sei es, weil sie an Tapferkeit alle überträfen, sich der Herrschaft über ganz Gallien zu bemächtigen. 3 Umso einfacher überredete er sie, weil die Helvetier von allen Seiten durch die Natur der Landschaft eingegrenzt sind. Auf der einen Seite durch den überaus breiten und tiefen Rhein, der das Land der Helvetier von den Germanen trennt, auf der anderen Seite durch das riesige Juragebirge, das zwischen den Helvetiern und den Sequanern liegt, an der dritten Seite aber durch den Lacus Lemannus (Genfer See) und den Fluss Rhodanus, die unsere Provinz von den Helvetiern scheiden. Durch diese Umstände geschah es, dass sie sowohl weniger weit umherschweifen als auch nicht so leicht ihre Nachbarn mit Krieg überziehen konnten. Von daher waren die auf Kämpfen so begierigen Menschen von großer Unzufriedenheit bedrückt. Gemessen an der Menge der Menschen und ihrem Kriegsruhm und ihrer Tapferkeit glaubten sie, viel zu enge Grenzen zu haben. Diese dehnten sich in der Länge 240 000 Schritt (ca. 36 km) aus, in der Breite 180 000 Schritt (ca. 270 km).
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