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Die lustige Buchreihe für Kinder ab 8 von Erfolgsautorin Stefanie Taschinski bringt magisches Chaos in die Schule! Mit vielen farbigen Bildern von Nikolai Renger. Seit Matti weiß, dass ihr Lehrer Herr Kreideweiß ein sprechendes Glücksschaf namens Rüdiger besitzt, macht die Schule gleich doppelt Spaß. Die ganze Klasse hütet gemeinsam das obergeheime Geheimnis um Schaf Rüdiger und dank einer großen Portion Glücksmagie läuft der Unterricht wie am Schnürchen. Nicht mal die strenge Schulleiterin hat etwas zu meckern! Doch dann entdecken Matti und ihre Freundin Hella eine unheimliche graue Katze in der Schule. Außerdem schnüffelt die Kunstlehrerin neugierig im Keller herum und macht Fotos von Herrn Kreideweiß' fliegendem Rennrad. Was soll das? Als dann auch noch ein Einbruch geschieht, müssen die Kinder unbedingt herausfinden, was da los ist. Zusammen mit dem neunmalklugen Glücksschaf starten sie ihre Ermittlungen. Das ist schließlich alles höchst verdächtig! "Der geniale Herr Kreideweiß" handelt vom turbulenten Schul-Alltag rund um einen unfreiwillig magischen Lehrer und seine Schüler*innen. Hinreißend erzählt und voller lustiger Einfälle von Stefanie Taschinski, der preisgekrönten Erfolgsautorin von "Die kleine Dame", "Familie Flickenteppich" und "Funklerwald". Mit liebevollen und witzigen Illustrationen von Nikolai Renger. Für Kinder ab 8 Jahren und für die ganze Familie. Die lustigste Geschichte, seit es Zauberei und freche Schafe gibt!
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Seitenzahl: 158
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Die kleine Dame feiert Weihnachten
Die kleine Dame und Du – Ein Salafari-Buch zumEntdecken, Staunen & Mitmachen
Auch als Hörbucher bei Arena Audio.
Für alle magischen Kinder
Ein Verlag in der Westermann Gruppe
1. Auflage 2023© 2023 Arena Verlag GmbHRottendorfer Straße 16, 97074 WürzburgAlle Rechte vorbehalten
Text: Stefanie TaschinskiCover und Innenillustrationen: Nikolai RengerLektorat: Johanna Prediger
E-Book ISBN 978-3-401-81051-5
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(Aus den fehlenden Seiten der Chronikvon Schloss Krötenfels, 3. Teil)
Dingeling-dingdong! Über die Radwege der Stadt sausten Fahrräder in allen Farben und Formen: Laufräder und Scooter, holländische Schwalben, E-Bikes und Lastenräder. Hier ging es zum Bäcker, dort zur Arbeit und ein Stückchen weiter zischte ein Rad in Richtung der Lilienthal-Schule. Es war ein Rennrad, das in der Morgensonne glitzerte, als wäre es mit tausend Diamanten besetzt. Doch trotz dieses Funkelns kam niemand auf die Idee, es könnte sich um ein besonderes Fahrrad handeln. Lag es daran, dass die meisten Leute so früh am Morgen ihren eigenen Träumen nachhingen? Oder daran, dass auch dieses Rennrad wie jedes andere superschmale Reifen und einen gebogenen Lenker hatte? Ja, auf den ersten Blick konnte man es tatsächlich für ein ganz gewöhnliches Rad halten.
Nur die Kinder der Klasse 3d aus der Lilienthal-Schule wussten es besser. Denn Matti und Hella, Emil und Winz waren in das Geheimnis des Levitatus QX100 eingeweiht. Sie wussten nicht nur, dass dieses Rad fliegen konnte, sondern auch, wem es gehörte: Lukas Kreideweiß, ihrem neuen Klassenlehrer, der das Rad erst vor wenigen Wochen geerbt hatte – zusammen mit dem sprechenden Glücksschaf Rüdiger und einer gehörigen Portion Magie!
Dabei hätte wohl kaum jemand Lukas Kreideweiß an diesem Morgen für den Erben von Schloss Krötenfels gehalten. In seinem schlabbrigen Kapuzenpulli, mit dem Fahrradhelm auf dem Kopf und dem vollgepackten Rucksack auf dem Rücken sah der junge Lehrer in etwa so magisch aus wie der Streifenpolizist, der gerade Strafzettel verteilte. Lukas Kreideweiß grinste in sich hinein und murmelte: »Simsalabim, alles Schwere verpufft. Wird leichter als Luft. Simsalatie, das ist Flugmagie!«
Wusch, fegte ein Windstoß durch die Straße, riss die Strafzettel unter den Scheibenwischern fort und wirbelte sie auf und davon.
Über Lukas’ Gesicht huschte ein zufriedenes Grinsen und er schob den Hebel der Gangschaltung gedankenverloren auf die erste goldene Feder. Unmerklich hob das Rennrad ein winziges Stück von der Fahrbahn ab – sicher waren es nicht mehr als ein, zwei Zentimeter –, doch Lukas spürte, wie seine Beine vor Aufregung prickelten. Er flog!
»Was machst du da für einen Unsinn?«, schimpfte es von hinten aus dem Rucksack. »Fliegen ohne Flugschein ist verboten!«
Lukas beugte sich tiefer über den Lenker. »Das kann man wohl kaum fliegen nennen!«
Rüdiger, das magische Glücksschaf, tippte ihm mit dem Vorderhuf auf die Schulter. »Als dein magischer Pate sage ich dir: Fliegen, schweben, segeln – alles einerlei. Solange du deine Fluglektionen nicht vollständig beherrschst, musst du die Finger von den goldenen Federn lassen. Denn als Erbe von Schloss Krötenfels bist du schließlich ein Vorbild und …«
»… und?«, fragte Lukas und warf Rüdiger über die Schulter einen amüsierten Blick zu. »Was passiert sonst?«
Doch statt zu antworten, riss das Schaf die Augen auf. »Achtung!«, blökte es. »Stopp!«
Ohne nachzudenken, riss Lukas den Lenker herum und bremste. In der nächsten Sekunde sprang ein großer Schatten direkt vor seinem Vorderreifen weg. »Was war das?«, japste er erschrocken, brachte das Levitatus zum Stehen und drehte sich um. Über die Fahrbahn floh eine große Katze und verschwand hinter einem Wohnmobil, das auf der anderen Straßenseite parkte. »Unglücksrabe, du hast eine Katze überflogen!«, meckerte Rüdiger.
»Hab ich nicht!«, widersprach Lukas und rollte in Richtung des Wohnmobils. »Aber lass uns zur Sicherheit nachsehen, ob sie unverletzt ist.«
Doch in diesem Moment leuchteten die Lichter des Wohnmobils auf und es fuhr los. Von der Katze war keine Spur mehr zu sehen.
Lukas stieß einen Seufzer aus. »Dann ist wohl nichts passiert.«
»Tja, weil du mehr Glück als Verstand hast«, stellte Rüdiger fest.
»Ich habe ja auch ein Glücksschaf«, sagte Lukas.
»Trotzdem bestehe ich darauf, dass du den Rest des Weges fährst. Keine Mätzchen mehr! Man kann es mit seinem Glück auch übertreiben.«
Fünf Minuten später rollte Lukas Kreideweiß brav auf den Schulhof der Lilienthal-Schule. »Guten Morgen«, begrüßte er Matti und Hella, die beide in seine Klasse, die 3d, gingen.
An der Tischtennisplatte winkte er einer Jungsgruppe zu, die mit einem Fußball Runde spielte. »In fünf Minuten gehen wir rein!«
Trotz des Fast-Unfalls war Lukas noch gut in der Zeit. Pfeifend schloss er die Tür zum Schulkeller auf, wo der Hausmeister, Herr Herzmann, ihm für das Levitatus QX100 einen Verschlag freigeräumt hatte. Er schob das Rad hinein und hatte den ersten Fuß bereits wieder auf der Treppe nach oben, als der Hausmeister mit seinem schweren Werkzeugkasten um die Ecke kam. »Ich hoffe, Sie haben Ihr Rad sicher eingeschlossen, Herr Kreideweiß.«
»Ja, wieso?« Lukas blieb stehen.
»Sehen Sie mal!« Der Hausmeister zeigte eifrig auf das Fenster, das sich neben der Kellertür befand. »Auf den ersten Blick dachte ich, da ist ein Ball reingekracht. Sie wissen ja, wenn die Kinder auf dem Hof Fußball spielen, geht es hoch her …« Er winkte Lukas näher heran. »Aber das Glas ist genau neben dem Griff zerbrochen. Und dann scheint auch jemand den Griff nach oben geschoben zu haben.«
Aus dem Rucksack kam ein kaum hörbares »Das muss aber ein dummer Dieb gewesen sein, der ausgerechnet hier im Schulkeller etwas klauen will«.
»Pscht!«, machte Lukas zum Rucksack und sah besorgt zu dem Verschlag, in dem sein kostbares Levitatus stand. »Brauchen Sie denn lange, bis Sie das Fenster repariert haben?«
»Nein, nein, keine Sorge! Das mache ich heute Morgen gleich fertig. Für so einen Fall habe ich immer einige Ersatzscheiben in meinem Hausmeisterkeller.« Herr Herzmann wischte sich mit einem Geschirrtuch über die Glatze. »Nicht dass mir jemand in den Schulkeller unserer Lilienthal-Schule einbricht!«
Nachdenklich trat Lukas einen Moment später auf den Schulhof. Inzwischen war es eine Minute vor acht und allerhöchste Zeit, mit den Kindern in die Klasse zu gehen. Auf keinen Fall durfte die Schulleiterin Frau Dr. Rosien ihn erwischen, wie er zu spät mit dem Unterricht begann. Lukas schauderte beim Gedanken an ihr blutrotes Notizbuch, in dem sie jede seiner kleinsten Pannen notierte und Minuspunkte verteilte. Darauf konnte er in Zukunft wirklich verzichten! Er holte tief Luft, um seine Klasse zusammenzurufen, als er die 3d entdeckte. In ordentlichen Zweierreihen warteten die Kinder vorn am Blumenbeet.
»Gu-ten Mor-gen, Herr Krei-de-weiß!«, begrüßten sie ihn im Chor.
»Guten Morgen, 3d. Seid ihr …?« Er hielt inne, als er sah, wie Emil hektisch zum Beet zeigte. »T-Rex«, formte er stumm mit den Lippen.
Zwischen den hochgeschossenen Disteln, Weidenröschen und Glockenblumen raschelte es und Frau Dr. Rosien richtete sich auf. Schmallippig musterte sie ihn. »Sollten Sie mit den Kindern nicht längst oben in der Klasse sein, Herr Kreideweiß?«
»Jaha, wir sind schon unterwegs!« Im Umdrehen bemerkte Lukas noch den weißen Verband, den die Schulleiterin an der rechten Hand trug. Hatte sie sich verletzt?
Herr Kreideweiß! Herr Kreideweiß!«, ertönte es von allen Tischen, kaum dass er die Tür hinter ihnen zugezogen hatte. »Bauen wir heute an unseren Fliegern weiter?«, rief Emil, der sich mit seinem Freund Winz einen Fenstertisch teilte.
Lukas Kreideweiß schnupperte. In der Luft lag der Geruch von frischer Farbe und Klebstoff. Denn seit sie mit dem neuen Sachkundethema »Fliegen« begonnen hatten, verwandelte sich der Raum der 3d mehr und mehr in eine Werkstatt. Auf den Gruppentischen standen die halb fertigen Flugmodelle der Kinder, der Boden war übersät mit Holzspänen und Papierschnipseln und auf der Ablage neben dem Whiteboard standen die kleinen Werkzeugkästen, die die Kinder benutzen durften. Zufrieden lächelnd ging Lukas Kreideweiß nach vorn zu seinem Pult, das von oben bis unten mit gelben Klebezetteln beklebt war.
»Ach ja.« Er stieß einen leisen Seufzer aus. Das waren die 99 Lektionen, die er für seine Flugprüfung auswendig lernen musste.
»Herr Kreideweiß, ist das neue Holz für unsere Flügel gekommen?« Mattis Frage riss ihn aus seinen Gedanken.
»Sonst können wir sie auch auf Papier malen und dann ausschneiden«, schlug Hella vor, die neben ihr saß.
Büschi drehte sich zu ihnen um. »Malen tun wir in Kunst. Herr Kreideweiß soll lieber etwas fliegen lassen.«
»Fliegen?«, fragte auf einmal jemand von der Tür. »Wer soll hier fliegen?«, wollte der Hausmeister wissen, der ins Klassenzimmer kam.
Herr Kreideweiß, der Rüdiger eben aus dem Rucksack ziehen wollte, ließ diesen erschrocken fallen.
»Autschi!«, ertönte es von unten.
»Herr … Herr Herzmann!«, stammelte Lukas und schob das Schaf unter den Tisch.
»Tut mir leid, dass ich störe. Ich Schlafmütze hab am Wochenende vergessen, Ihnen den Besen zurückzubringen.« Der Hausmeister stellte den Besen in die Ecke neben den Papierkorb. »Und den können Sie ja wirklich brauchen, nicht wahr?« Er zwinkerte Herrn Kreideweiß zu.
Herr Kreideweiß atmete tief durch. »Danke, Herr Herzmann. »Das wäre doch nicht nötig gewesen.«
Einen Moment später, als der Hausmeister wieder abgezuckelt war, hob Lukas Kreideweiß Rüdiger hoch und setzte ihn in das Strohkörbchen auf dem Lehrertisch. »Noch mal von vorn: Bevor wir mit den Flugmodellen weitermachen, wollen wir uns erst einmal diese Arbeitsblätter ansehen.«
Ein lautes Stöhnen ging durch die Klasse. »Aber wir haben doch gerade erst die Fragen zu den alten Sagen beantwortet«, stellte Emil fest. »Jetzt wollen wir etwas Spannendes machen.«
Lukas Kreideweiß holte einen Stapel Arbeitsblätter aus dem Rucksack. »Das ist spannend!« Er bewegte sacht die Hände, woraufhin die Arbeitsblätter sanft abhoben und quer durch die Klasse zu den Kindern flogen. »Heute lernen wir alles über die ERFINDER des Fliegens!«
»Och, warum zaubern Sie nicht einfach, dass wir alles wissen?«, fragte Igor. »Das wäre viel cooler!«
Leo schnappte sich seinen Zettel aus der Luft. »Und wir müssten nicht immer lesen.«
»Erstens gibt es so einen Zauber nicht und …« setzte Lukas an, als Rüdiger mit einem großen Satz aus seinem Körbchen hopste.
»… zweitens gibt es den sehr wohl, aber ich würde davon abraten!«, blökte er und scannte das Klassenzimmer einmal von links nach rechts ab. Augenblicklich wurde es still. Gebannt sahen die Kinder das Schaf an. »Bei diesem Wissens-Zauber geht nämlich gern mal etwas schief. Die Nebenwirkungen reichen von einem Dauerschluckauf bis hin zu schweren Gehirnerschütterungen! Die meisten Gehirne können so viel angezaubertes Wissen auf einmal nämlich gar nicht verdauen!« Das Schaf legte den Kopf schief und fuhr fort. »Außerdem muss euer Lehrer heute dringend Flugkunde büffeln, damit er sein Levitator-Abzeichen in Bronze besteht! Und deshalb vertrete ich ihn diese Stunde.«
Lukas begann, seinen Tisch freizuräumen. »Genau, wer Hilfe braucht, kann sich jederzeit an Rüdiger oder mich wenden.«
Das Schaf drängelte sich nach vorn und klatschte in die Hufe. »Und nicht vergessen, für jedes Stückchen frische Ananas verrate ich euch eine richtige Antwort.«
»Kommt nicht in die Tüte!« Lukas schüttelte den Kopf. Durch seine Haare zischten kleine Blitze. »Hier wird nichts vorgesagt!« Während Lukas auf die Bücherecke zeigte, zog Rüdiger eine Grimasse und streckte ihm die Zunge raus.
»Schnappt euch die Sachkundebücher.« Lukas klatschte auffordernd in die Hände. »Und für Spezialfragen gibt es auch noch unser großes Technik-Lexikon.«
Im Bücherregal raschelte es. Ein dickes Buch schob sich nach vorn, öffnete die Buchdeckel, flatterte schwerfällig auf und flog haarscharf an Ahmeds Kopf vorbei.
»Vorsicht!«, rief Herr Kreideweiß. Hastig zogen die Kinder die Köpfe ein.
»Schnell, sag den Anti-Fehl-Zauber!«, befahl Rüdiger.
Lukas Kreideweiß konzentrierte sich. In den letzten Wochen hatte er eigentlich gelernt, seine magischen Energien ziemlich gut zu kontrollieren. Aber manchmal, wenn er unter Druck stand so wie jetzt, brodelte die Magie plötzlich hoch wie in einem kochenden Topf. Da half nur die alte Zauberformel, die Rüdiger ihm beigebracht hatte:
»Arbadak, Arbaduh, falscher Zauber, gib nun Ruh!«
Da machte das Technik-Lexikon kehrt und landete mit einem Poltern auf dem Lehrerpult.
Rüdiger verdrehte die Augen. »Jaja, ich sehe schon, wie super du alles im Griff hast. Da kann heute Nachmittag bei deiner Flugstunde ja gar nichts schiefgehen.«
An diesem Nachmittag versammelte sich mal wieder die halbe 3d hinten am Sportplatz. Seit ihr Klassenlehrer Herr Kreideweiß dort zusammen mit Rüdiger seine praktischen Flugübungen absolvierte, hatte der Sportplatz sich zum geheimen Treffpunkt der Kinder entwickelt.
Matti war spät dran und joggte mit ihrer Hündin Zora an der Leine am Schulgebäude vorbei zu den anderen, die bereits auf dem Fußballfeld warteten. Birthe, ihre Mutter, hatte irgendein wichtiges Gespräch für Erwachsene.
Und deshalb hatte sie Matti gebeten, Zora mitzunehmen. Während Matti Zora an einem der Pfosten festband, ließ sie den Blick über den Platz schweifen. Kurz hinter dem Tor hockten zwei Kinder auf der Absperrung und schauten Herrn Kreideweiß zu, wie er sich für die nächste Übung fertig machte. Wenn sie es richtig sah, mussten das Büschi und Omar sein. Hella und die anderen schienen die Fußballteams schon ausgewählt zu haben. Matti winkte ihrer Freundin zu. »Bin in zwei Sekunden da!«, rief sie quer über das Feld. Dann wandte sie sich an Zora. »Süße, bitte nicht bellen«, erklärte sie und steckte der Hündin ein Leckerli zu. »Der Hausmeister darf dich nicht bemerken. Hunde sind hier auf dem Schulgelände nämlich verboten.«
Brav legte Zora sich ins Gras und Matti flitzte los. Im Vorüberlaufen entdeckte sie Rüdiger, der auf einem Klapphocker thronte und Herrn Kreideweiß gerade die letzten Flugtipps verklickerte. »Das ist jetzt schon dein vierter Versuch!«, hörte sie das Schaf rufen. »Und auch wenn kein Meister vom Himmel fällt, wäre es super, wenn du dich ein bisschen mehr konzentrierst, statt immer zum Fußballfeld zu schielen.«
»Ich schiele nicht«, widersprach Herr Kreideweiß. »Als Lehrer muss ich eben ein Auge auf meine Schüler haben.«
Matti blieb kurz stehen und sah zu, wie ihr Lehrer sich mit dem Rad sacht vom Boden abstieß. Niemand, der auf den Sportplatz kam, hätte bemerkt, dass das Rennrad nicht in Schlangenlinie um die orangefarbenen Hütchen fuhr, sondern dicht über dem Boden flog! Herr Kreideweiß hatte das Ende der Reihe fast erreicht, als Zora plötzlich in lautes Bellen ausbrach.
Herr Kreideweiß zuckte zusammen. Das letzte Hütchen fiel um. »Verflixte Axt! Wer hat denn diesen Hund mitgebracht?«
Matti lief tomatenrot an. »Entschuldigung!« Schon flitzte sie zurück zu Zora, die mit gebleckten Zähnen in Richtung der Hecke bellte. »Sei still!«
Von der Seite kam Hella. »Was hat die Kleine?«, fragte sie und streichelte über Zoras Fell.
Matti starrte zu der Hecke. »Da muss sich ein Tier verstecken.« Sie legte die Hände um den Kopf der Hündin. »Sch, Zora. Mach Platz und sei ruhig, sonst müssen wir gehen.«
Hella zupfte sie am Ärmel. »Komm, die anderen wollen anfangen!«
Gemeinsam flitzten sie aufs Fußballfeld. Winz stand am Rand und wartete mit dem Einwurf, bis Hella nach hinten zum Tor und Matti zur Mitte gerannt waren. Für das Fußballspiel hatte Winz ausnahmsweise sein dickes Rätselheft beiseitegelegt. »Endlich seid ihr da!«, rief er.
»Wo ist Emil?«, fragte Matti.
»Sein Opa hat Geburtstag.« Winz warf den Ball in Mattis Richtung, doch schon hatte sich Igor aus dem gegnerischen Team dazwischengedrängelt und ihr den Ball abgenommen.
Leo, der in Mattis Mannschaft spielte, verdrehte die Augen. »Hallo, gequatscht wird später!«
Das musste er Matti nicht zweimal sagen. Sie stürmte hinter Igor her, um ihm den Ball wieder abzuluchsen. Wenn sie doch nur auch so ein Glückswuuli wie Emil hätte, dachte sie. Dann würde sie auf dem Spielfeld bestimmt jeden Ball bekommen.
Aber dann war es ausgerechnet Hella, die sich sonst lieber vor dem Ball versteckte, die den Ball zurückholte. »Matti!« Sie traf den Ball nur halb und er kullerte in Richtung von Büschi, die in Igors Team spielte. Doch dieses Mal war Matti schneller. Geschickt übernahm sie den Ball, dribbelte Igor und Büschi aus und passte dann zu Leo, der ihn in die linke untere Ecke donnerte. »Tor!«, jubelten sie aufgedreht. Ahmed, der im gegnerischen Tor stand, ruckelte seine Brille zurecht und maulte seine Mannschaft an. »Könnt ihr mal verteidigen, ihr Schlafmützen?«
Leo kam zu Matti und sie klatschten ab. »Super Vorlage!«, sagte er. »Das machen wir gleich noch mal so!«
Matti grinste von einem Ohr zum anderen. Den nächsten Ball würde sie selbst reinmachen.
»Hey«, grölte Igor im Vorbeilaufen. »Nur noch ein Tor! Herr Kreideweiß hat gerade Bescheid gegeben, dass wir Schluss machen sollen.«
Matti blickte zum Spielfeldrand und geriet ins Stolpern. Herr Kreideweiß hatte das Rennrad auf die Schulter gehoben und machte einen Dauerlauf um den Platz. Oben auf dem Lenker thronte Rüdiger und sang vergnügt seine Kommandos. »Hopp, hopp, hopp, Schäfchen, lauf Galopp! Über Stock und über Stein, aber brich dir nicht die Bein’! Und ein bisschen schneller, bitte. Das ist eine Fitness-Übung, kein Mittagsschläfchen!«
Kichernd drehte Matti sich um und passte auf, wie Ahmed Abstoß machte. Schon hatte Büschi den Ball angenommen, spielte direkt auf Neil weiter, der Leo tunnelte und dann den Ball an Igor abgab. Matti ließ den Ball nicht aus den Augen. Als Igor zu Neil passen wollte, der mit vorgelaufen war, sprintete Matti los, kickte den Ball unter Neils Fuß weg und rannte. Ihre neuen Turnschuhe waren echt spitze! »Matti! Matti«, erklang es von hinten.
»Gib ab«, rief Leo von rechts, aber Matti blickte nur zum Tor. Sie sah, wie Ahmed ihr entgegengelaufen kam, legte sich den Ball vor und schoss dann über Ahmeds Kopf hinweg.
»Tor!«, johlte Mattis Mannschaft begeistert. »Tooor!«
Mattis Herz wummste vor Stolz und Aufregung. Hach, eigentlich war es auch ganz schön, ohne Glückswuuli zu treffen.
Die ersten Kinder machten sich auf den Weg nach Hause. Winz, Hella und Matti, Büschi und Leo rannten zu der Laufbahn, wo Rüdiger nun wieder auf dem Hocker stand, während Herr Kreideweiß Kniebeugen übte.
Winz runzelte die Stirn. »Seltsam … Kapiert ihr, wieso Herr Kreideweiß hier so herumturnt? Ich dachte, er will fliegen!«
Hella legte die Hand an den Mund und wisperte: »Also ich habe ihn nicht richtig fliegen sehen, seit er und Rüdiger ein Team sind. Vielleicht fürchtet er sich davor.«
»Oder vielleicht ist das Levitatus QX100 kaputt und kann gar nicht mehr richtig fliegen«, meinte Büschi.
Rüdigers Ohren zuckten in ihre Richtung. »Stroh mit Soße! Kinder, ich hab es euch schon tausendmal erklärt: Zum Schutz der magischen Welt gelten strenge Regeln. Und bevor euer Lehrer losfliegen darf, braucht er sein Levitator-Abzeichen in Bronze.«
Herr Kreideweiß ächzte und stellte das Fahrrad hin. »Und dazu muss ich unbedingt ein Ironman werden?«
»Keine Sorge, mein Guter, davon bist du noch meilenweit entfernt«, stellte Rüdiger fest.
»Was ist ein Eiränman?«, flüsterte Hella Matti zu.
»Vielleicht ein magisches Wesen?«
»Nee, also der Ironman ist ein Sportwettbewerb«, erklärte Winz. »Die Teilnehmer müssen schwimmen, Rad fahren und dann auch noch einen Marathon laufen.«
»Einen richtigen Marathon, echt jetzt?«, fragte Leo ungläubig.