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Wenn eine Hausgemeinschaft zur Großfamilie wird - Band 3 der beliebten Kinderbuchserie.Von einem Tag auf den anderen ist Rebecca, die Mutter von Emma, Ben und Jojo, plötzlich aus Australien zurückgekommen und wirbelt das Leben in der Nummer 11 ganz schön durcheinander. Die Ferien stehen vor der Tür und Rebecca will mit ihren Kindern ohne die Flickenteppich-Familie an die Nordsee fahren. Wider Erwarten beginnt der Urlaub sehr schön – bis Emma Flugtickets auf dem Handy ihrer Mama entdeckt. Ein Ticket ist für ihre Mutter und eines ist auf Jojo ausgestellt! Doch niemand soll die drei Geschwister trennen! Heimlich schleichen sich Emma, Ben und Jojo vom Campingplatz.
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Von einem Tag auf den anderen ist Rebecca, die Mutter von Emma, Ben und Jojo, plötzlich aus Australien zurückgekommen und wirbelt das Leben in der Nummer 11 durcheinander. Da bleibt Emma kaum Zeit für das große Meerschweinchen-Projekt. Und jetzt, da ihre Mama wieder da ist, wünscht Emma sich natürlich auch, dass sie für immer bleibt … Doch erst einmal stehen die Ferien vor der Tür, und Emma, Ben und Jojo sind begeistert, als ihre Mutter sie zu einer Campingtour an die Nordsee einlädt. Denn alle Kinder aus der Nummer 11 sind unterwegs. Der Urlaub beginnt richtig schön – bis Emma entdeckt, dass ihre Mama ein Geheimnis hat. Was sollen sie jetzt bloß machen?
Mit vielen farbigen Bildern von Anne-Kathrin Behl
Für Annette
Ich glaube, Mama hat die Sonne direkt aus Australien mitgebracht! Denn die Strahlen, die heute Morgen in unser Klassenzimmer fallen, haben richtig Kraft. Obwohl ich nur ein kurzärmliges T-Shirt trage, ist mir schön warm. Dabei meinte Papa, ich soll mir meinen Kapuzenpulli anziehen. »Nicht dass du vor den Ferien noch krank wirst, Emma«, hat er gesagt und mir für die Pause meine leckere Umami-Glücks-Stulle und eine geschnippelte Birne eingepackt. Wir haben nämlich nur noch eine Woche Schule, und dann beginnen die Pfingstferien. Ganz viel Zeit, die ich mit Mama verbringen möchte. Da werde ich bestimmt nicht krank. Schon gar nicht in meinem neuen Lieblings-T-Shirt. Es ist rot, und vorn hüpft ein Känguru. Das hat Mama in Australien extra für mich ausgesucht. »Weil mein Emma-Darling auch so ein fröhlicher Hüpfer ist.«
Für meinen Bruder Ben und meine kleine Schwester Jojo hat sie auch ein T-Shirt mitgebracht. Auf Jojos ist ein Koalabär und auf Bens ein Krokodil.
Bis die Ferien beginnen, hat Mama ihre innere Uhr bestimmt auch wieder auf unsere Zeit umgestellt. Als sie plötzlich vor unserem Haus aus dem Taxi gestiegen ist, war ihre innere Uhr nämlich komplett durcheinander. Aber nach einem ganzen halben Jahr am anderen Ende der Welt hat Mama sich natürlich an die australische Zeit gewöhnt. Mama hat mir erklärt, dass die Zeitverschiebung zwischen Australien und Deutschland acht Stunden beträgt. Das heißt, wenn es bei uns in der Nummer 11 morgens ist, fühlt es sich für Mama wie abends an – und umgekehrt. Deshalb hat Mama die ersten Tage nur gegähnt. »Das ist der Jetlag«, hat sie gesagt.
Langsam wird es besser. Wobei mich Mamas Gähnen gar nicht gestört hat. Von mir aus darf Mama so viel gähnen, wie sie will. Hauptsache, sie ist da!
Für heute hat Mama eine Überraschung vorbereitet, weil sie an Jojos Geburtstag nicht dabei sein konnte. Ich schaue aus dem Fenster in die leuchtend grünen Blätter und überlege, was Mama wohl mit uns vorhat.
»Emma.« Aylin stupst mich an. »Wir sollen das abschreiben«, flüstert meine beste Freundin mir zu.
»Was?«, denke ich und blinzle nach vorn zum Smartboard. Frau Weiß, unsere Klassenlehrerin, lächelt. »Hast du dein Deutschheft vergessen, Emma?«
Da merke ich erst, dass ich meinen Schulranzen noch gar nicht ausgepackt habe!
»Nein, Frau Weiß. Ich hab alles dabei.« Schnell lege ich meine Schreibsachen auf den Tisch.
»Wie jedes Jahr«, fährt Frau Weiß fort, »führen alle dritten Klassen eine Projektwoche durch. In diesem Jahr ist das Thema, zu dem wir gemeinsam forschen wollen …« Sie klickt ein Bild weiter, und auf dem Smartboard erscheint eine Überschrift in Großbuchstaben. »… UNSEREHAUSTIERE. In unserer Projektwoche möchte ich, dass ihr alle etwas über euer Haustier herausfindet, das ihr vorher nicht wusstet.« An den Tischen beginnt aufgeregtes Getuschel. Frau Weiß gibt uns ein Zeichen, wieder leise zu werden. »Es macht auch nichts, wenn ihr kein eigenes Haustier habt. Wir werden uns in Gruppen zusammentun und gemeinsam forschen.«
Aylin wirft mir einen leuchtenden Blick zu. »Das wird so toll!«
Frau Weiß gibt den nächsten Befehl ein, und auf dem Smartboard erscheint eine Tabelle. Als sie uns fragt, wer ein Haustier hat, meldet sich die Hälfte der Klasse.
»Wir haben zwei Ratten«, ruft Camilla, die hinter uns sitzt. »Die können Kunststücke und mögen Musik.«
»Ich hab ein Riesenaquarium! Mit Guppys und Welsen«, erzählt Jakob, der neben Tarek, Aylins Zwillingsbruder, an einem Tisch sitzt.
Ich stupse Aylin an. »Und wir haben sechs Meerschweinchen!«
»Emma«, ruft Frau Weiß mich auf. »Wiederholst du das bitte für uns alle.«
»Wir haben sechs Meerschweinchen. Eine Mama, einen Papa und vier Babys.«
»Na, so richtig Babys sind die nicht mehr«, mischt Aylin sich ein.
Ich sehe, wie Tarek sich meldet. »Und die gehören nicht nur den Mädchen, sondern auch Ben, Freddy und mir!«
Frau Weiß schreibt Meerschweinchen in ihre Tabelle.
Allmählich füllen sich die Felder. Es gibt Ratten und Zwergkaninchen, Hunde und Hamster, Vögel, Fische und sogar Spinnen.
»Wunderbar«, sagt Frau Weiß fröhlich. »Da haben wir am Ende der Woche bestimmt eine richtig spannende Ausstellung.«
»Dürfen wir unsere Tiere mit in die Schule bringen?«, ruft Tarek.
Frau Weiß schüttelt den Kopf. »Hm, das ist eigentlich nicht geplant. Aber vielleicht könnten wir das organisieren.«
»Was stellen wir denn dann aus?«, frage ich.
»Eure Forschungsergebnisse«, sagt Frau Weiß, und dann erklärt sie uns Schritt für Schritt, wie unsere Projektwoche laufen wird: Zuallererst bilden wir Gruppen. Danach sprechen wir darüber, wie echte Forscher und Forscherinnen vorgehen, wie sie alles beobachten und aufschreiben. Außerdem will Frau Weiß mit uns in die Stadtbücherei, wo es jede Menge Sachbücher zu unseren Tieren gibt. Und sie hat einen besonderen Tierfilm ausgesucht!
Unsere Ergebnisse sollen wir dann am Freitag auf der großen Abschlussveranstaltung vorstellen. »Und dafür wird jede Gruppe ein schönes Plakat erstellen, sodass eure Eltern sehen können, was ihr alles herausgefunden habt«, sagt sie.
Als sie »eure Eltern« sagt, streicht mir ein Gedanke so federleicht über den Rücken, dass es kribbelt. Denn in diesem Moment fällt mir ein, dass am Freitag Papa und Mama kommen können. Alle beide!
»Emma, in welche Forschungsgruppe gehen wir?«, fragt Aylin mitten in meine schöne Entdeckung hinein.
»Na, zu den Meeries.«
Aylin dreht an ihrem Zopf, so wie sie es immer tut, wenn sie nachdenkt. »Die Vogelgruppe find ich aber auch spannend!«
»Die Vogelgruppe?«
»Ja, wir können doch Darling und Rosi beobachten!«, meint Aylin. »Oma Becker hat bestimmt nichts dagegen, wenn wir ihre Sittiche erforschen.«
Ich finde Oma Beckers Halsbandsittiche, die mit ihr in der Oberetage wohnen, auch süß. Aber unsere Meerschweinchen sind doch noch viel süßer!
»Und was ist dann mit Meerie-Lou, Meerie-Muh und Meerie-Muffin, mit Sternchen, Blitzi und Boss?« So heißen nämlich unsere sechs Meerschweinchen.
Aylin knabbert an ihrem Zopf und seufzt. »Ich kann mich nicht entscheiden!«
Frau Weiß kommt zu uns und legt jeder von uns eine hellgrüne Forschermappe hin. »Wisst ihr schon, in welche Gruppe ihr wollt?«
»Noch nicht«, sage ich.
»Wir überlegen, ob wir in die Vogelgruppe gehen oder lieber die Meerschweinchengruppe aufmachen«, erklärt Aylin.
In diesem Moment kommt Tarek zu uns an den Tisch. »Die Vogelgruppe ist schon voll, und unsere Meerschweine sind tausendmal spannender!«, sagt er und stellt seinen Stuhl ab.
Aylin sieht ihren Zwillingsbruder verdutzt an. »Heißt das, du willst zu unseren Meeries forschen?«
»Warum nicht? Schließlich gehören sie uns allen zusammen.«
Aylin beugt sich zu ihm vor. »Aber wir sind doch eine Mädchengruppe«, flüstert sie.
»Ja und?« Tarek zuckt die Schultern und sieht zu mir. »Oder ist eure Gruppe schon voll?«
Ich rücke schnell ein Stück zur Seite, damit Tarek sich richtig an unseren Tisch setzen kann. »Überhaupt nicht.«
»Fabelhaft«, sagt Frau Weiß. »Dann seid ihr drei die Meerschweinchengruppe.«
Später, als wir gemeinsam zum Mittagessen in die Mensa gehen, setzen wir uns wieder an einen Tisch, weil wir unser Projekt weiter planen wollen. Ben und Freddy kommen mit ihren Tabletts zu uns rüber.
Ben stößt Tarek an die Schulter. »Mann, warum kommst du nicht zu uns?«
Mein großer Bruder ist ja schon zehn und geht gemeinsam mit Freddy in die Vierte. Er ist viel zu cool, um sich zu uns aus der Dritten zu setzen. Dass Tarek immer bei ihm und Freddy abhängen darf, liegt nur daran, dass die drei beste Freunde sind.
»Projektwoche«, sagt Tarek.
Gemeinsam erzählen wir von unserem Meerschweinchenprojekt.
Freddy schiebt sich ein Stück zusammengerollten Pfannkuchen in den Mund. »Mega«, sagt er schmatzend.
Ben lässt sich mir gegenüber auf die Bank fallen, und ich ziehe mein Tablett ein Stückchen zurück. »Welches Thema habt ihr euch ausgesucht?«, frage ich meinen großen Bruder, bevor er irgendetwas Blödes über unser Projekt sagen kann.
Ben schüttelt den Kopf. »Gar keins.«
»Die Viertklässler machen keine Projektwoche«, erklärt Freddy und setzt sich neben Aylin.
»Was? Wieso denn nicht?«, frage ich.
»An der Paula ist die Projektwoche immer nur für die dritte Klasse«, erzählt Aylin, die ja schon immer auf die Paula-Modersohn-Becker-Schule gegangen ist und sich auskennt.
»Aber das ist nicht gerecht!«
Ben streut sich noch einen Löffel Zucker über den Pfannkuchen. »Das kannst du laut sagen. Morgen schreiben wir Sachkunde und Donnerstag Mathe.«
»Und das direkt vor den Ferien«, sage ich.
Aylin dippt ihren Pfannkuchen in das Apfelmus. »Mama sagt, dass das Sommerhalbjahr eben sehr kurz ist.«
Ben schnauft. »Zum Glück sind bald Ferien!«
»Und nach Pfingsten habt ihr die Vorbereitung für das große Abschiedsfest der Viertklässler«, erinnert Tarek die Jungs.
Freddy stöhnt. »Ich will gar nicht weg von der Paula.«
Ben stützt seinen Kopf in beide Hände. »Ich auch nicht.«
Aylin schaut von Freddy zu Ben. »Wenn ihr Lust habt, könnt ihr gern bei unserem Projekt mitmachen«, schlägt sie vor. »Oder, Emma? Tarek? Ich meine, einfach nur zum Spaß.«
»Klar«, sage ich und blinzle zu meinem Bruder. Ob er jetzt etwas Blödes über unser Projekt sagt?
Aber Ben schaut von seinem Teller hoch. »Ja, gern.«
Freddy wischt mit seinem Finger über den Teller und leckt ihn ab. »Ich bin dabei, wenn Oma mich lässt. Ihr wisst ja, erst kommt das Üben …«
Wir setzen alle mit ein. »… und dann das Vergnügen.«
Das ist nämlich einer der Lieblingssprüche von Freddys Oma.
»Super!«, ruft Tarek.
»Unterstützung können wir gut brauchen«, sage ich.
Aylin sieht mich fragend an. »Wieso?«
»Mama will sich heute Nachmittag mit uns treffen. Da muss ich vielleicht früher weg.«
Neben mir gibt Ben ein Geräusch von sich. »Also, ich muss nicht früher weg. Rebecca kann mir mit ihren Plänen gestohlen bleiben.«
Rebecca! Seit Mama wieder da ist, nennt Ben Mama so, wenn er überhaupt mit ihr spricht.
»Ist doch mega, dass eure Mutter was mit euch unternehmen will«, sagt Freddy. »Meine Eltern arbeiten die Ferien mal wieder durch.«
Ben boxt ihn gegen den Arm. »Mann, beschwer dich nicht! Du fährst mit deinen Großeltern an die Nordsee!« Mein Bruder sieht zu Tarek und Aylin. »Und ihr fliegt sogar in die Türkei!«
»Nächstes Mal kommt ihr einfach mit«, schlägt Aylin vor. »Das Kinderzimmer bei Oma Aysun ist so groß, da passen wir alle rein.«
»Ich verstehe einfach nicht, wieso wir nicht in diesen Ferien mitfahren dürfen«, höre ich Ben sagen.
»Na, weil Mama jetzt wieder da ist!«, sage ich.
Ben tut so, als hätte er mich gar nicht gehört, und schmiedet mit Tarek und Freddy Pläne für die nächsten und übernächsten Ferien.
In mir ist für solche Pläne kein Platz, denn ich muss ständig daran denken, dass Mama uns bald abholt und ich vielleicht nicht genug Zeit habe, mit Aylin die ersten Forschungsaufgaben zu machen.
»Aylin«, sage ich. »Es ist doch nicht schlimm, wenn ich nachher nicht bis zum Schluss mithelfen kann?«
Aylin lächelt mich ganz lieb an. »Emma, mach dir keinen Kopf. Du weißt doch, beste Freundinnen halten zusammen.«
Da möchte ich am liebsten tanzen, weil ich so eine tolle Freundin habe!
Nach der Schule laufen wir ruckizucki nach Hause. Aylin und ich denken ohne Ende nach, was wir für unsere Forschungen alles brauchen. »Ein Maßband, um die Meeries zu messen«, sagt Aylin.
»Eine Küchenwaage, um sie zu wiegen«, sage ich.
»Malsachen.«
»Leckerlis.«
Uns fallen so viele Dinge ein, die wir erforschen wollen, da müssen wir uns ranhalten, weil Mama mich und Jojo nachher abholen will. Wann genau, weiß Papa allerdings nicht. »Irgendwann am späten Nachmittag«, sagt Papa, als er unsere Küchenwaage oben aus dem Schrank holt.
»Falls sie kommt«, sagt Ben.
»Natürlich kommt sie!«, rufe ich. »Sie will doch Jojos Geburtstag nachfeiern.«
Ben schiebt die Besteckschublade mit einem Wumms zu, dass das Besteck scheppert. »Schön für sie. Ich hab mit Jojo schon Geburtstag gefeiert, und wenn ich mich richtig erinnere, ist das Wochen her.«
»Aber es ist doch lieb von Mama, dass sie jetzt mit uns nachfeiern will!« Ich verstehe einfach nicht, wie Ben so lange auf Mama böse sein kann. »Das ist doch lieb, oder Papa?«
Papa löffelt sich Milchschaum auf seinen Kaffee. »Hm, ist es.« Dabei macht er einen Schritt zu Ben und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Willst du nicht mit? Ich meine, jetzt, wo Mama da ist …«
Ben macht sich frei. »Ich hab sie nicht gebeten, zu kommen!«, stößt er hervor und rennt aus der Küche. »Bin unten bei Freddy.«
Ich hab schon gemerkt, dass bei Ben auch einiges durcheinandergeraten ist. So wie Mamas innere Uhr. Ben muss sich auch an eine neue Zeit gewöhnen. Eine Zeit mit Mama.
Aylin und ich treffen uns vor der Tür in der Mitteletage.
»Habt ihr ein Maßband da?«, fragt Aylin. »Mamas ist weg.«
»Ich weiß, wo unser Zollstock ist«, sage ich, aber wo die Nähsachen sind, fällt mir gerade nicht ein. Also machen wir einen Abstecher in die Oberetage.
Wir klingeln bei Doris und Stella, die oben rechts wohnen. Oma Becker weiß ja sowieso nie, wo sie etwas hingelegt hat, weil sie schon ein bisschen tüddelig ist. Stella macht uns auf. Hinter jedem Ohr klemmt ein Buntstift, und ihr Hemd ist voller Bleistiftkrümel. »Oh, hallo, ihr zwei!«
»Kannst du uns ein Maßband leihen?«, fragt Aylin.
Stella blinzelt. »Ein Maßband?« Sie sieht so aus, als käme sie gerade vom Mond.
Mir fällt ein, dass Stella an ihrer Abschlussarbeit sitzt. Dafür muss sie sich eine Geschichte ausdenken und auch alle Bilder malen.
»Aber nur, wenn wir dich nicht stören«, sage ich schnell.
Stella sieht zu der Zimmerlinde, hinter der unser Mädchenversteck liegt. »Geht es wieder um euren schönen Flickenteppich?«
Aylin schüttelt den Kopf. »Heute nicht. Heute sind wir echte Forscherinnen und wollen unsere Meerschweinchen messen.«
»Na dann.« Stella lacht. »Wartet kurz.«
Nach einem kleinen Moment steht sie wieder in der Tür und gibt Aylin das aufgerollte Maßband.
»Wie weit bist du mit deinem Buch?«, frage ich.
»Ein paar Seiten fehlen noch. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr es euch ansehen. Das wäre sogar eine große Hilfe für mich. Wenn ihr mir sagt, wie ihr es findet.«
»Gern!«, rufen wir.
Als wir mit unserer gesamten Ausstattung endlich unten durch die Pforte in den Garten des Grafen schlüpfen, sind die Jungs schon in Aktion.
»Wir haben doch gesagt, dass wir gemeinsam anfangen!«, rufe ich.
Ben setzt Boss, unseren Meerschweinchenpapa, in den großen Auslauf. »Wenn ihr so rumtrödelt …«
Aylin stellt die Plastikschüssel ins Gras. »Einer muss sich schließlich um die Ausrüstung kümmern!«
Ich lege die Küchenwaage, das Maßband und unsere Forschungsmappen daneben. »Und ihr habt ja nichts mitgebracht«, sage ich schnippisch.
»Stimmt gar nicht«, widerspricht Freddy und hält eine Kamera hoch.
Tarek nimmt Blitzi, die Meerschweinchenmama, aus dem Stall. »Hast du nicht gesagt, dass du früher wegmusst, Emma?«, fragt er und sieht mich an.
»Deshalb sind wir doch so schnell runtergekommen«, sage ich. Im Stall raschelt und quiekt es. »Hallo, Meeries! Wollt ihr auf die Wiese?«
»Meerie-Muffin«, ruft Aylin und hält von oben lockend Möhrengrün in den Stall.
Wie der Blitz verschwindet Aylins kleines, bunt geschecktes Meerschweinchen zu den anderen ins Häuschen.
»Klappt ja super.« Ben steht mit den Händen in der Hosentasche da und schaut uns zu. Dann dreht er sich zu Tarek. »Wie hast du dir die Fotos vorgestellt?«
Ich pflücke ein paar Gänseblümchen von der Wiese und gebe Aylin ein paar Blüten ab.
Wir hocken uns vor den Stall und stecken die Blümchen und Löwenzahnblätter durch das Gitter.
»Meerie-Muh, lecker Gänseblümchen!«, wispere ich.
»MUH. MUH«, macht Ben hinter mir.
Aber ich achte gar nicht auf ihn.
»Meerie-Muffin, schau mal, was ich für dich habe«, sagt Aylin.
Da taucht ein rosa Näschen unter der Heuraufe auf, schnuppert, und dann kommt Sternchen, Jojos weißes Meerschweinchen, ans Gitter gelaufen und beginnt, an den Gänseblümchen zu knabbern.
»Wenn ihr nicht aufpasst, frisst Sternchen euch alles weg«, sage ich zu Meerie-Muh, Meerie-Muffin und Meerie-Lou. Plötzlich kommen alle drei pfeifend aus ihrem Versteck. Ratzfatz ist alles aufgefressen. »Jetzt geht’s raus in den großen Auslauf«, sagt Aylin, und als sie dieses Mal in den Stall fasst, bleibt Muffin ruhig sitzen und lässt sich hochnehmen.
»Ist sie nicht süß?« Aylin hält ihr Meerie vor der Brust fest und streichelt es.
»Supersüß«, sage ich und nehme Meerie-Muh, mein schwarz-weiß geflecktes Meerie, hoch. Durch den Stoff des T-Shirts kann ich ihre winzigen Krallen fühlen. »Sieh mal, was für weiche Füße sie hat«, sage ich und halte den Fuß hoch.
Neben uns setzt Tarek Sternchen in den großen Auslauf. »Das sieht bei euch ja total nach echter Forscherarbeit aus.«
Ben grinst. »Wie die Mädchen ihre Ausrüstung benutzen, ist total beeindruckend.«
Ich strecke meinem großen Bruder die Zunge raus.
Klick, macht es neben mir.
»Schönes Bild, Emma!«, ruft Freddy.
»Und ihr, was habt ihr schon geforscht?« Ich sehe erst Tarek, dann Ben und Freddy herausfordernd an.
»Wir haben Meerschweinchenfotos für unser Plakat gemacht«, sagt Tarek.
Aylin setzt Meerie-Muffin in den Auslauf. »Und wir machen gerade einen Test, welches Futter Meerschweinchen am liebsten fressen.«
Manchmal bin ich einfach platt, dass Aylin immer eine Antwort parat hat.
»Das ist nämlich auch eine sehr wichtige Forscherfrage«, sage ich und lasse Meerie-Muh von meinen Händen ins Gras hopsen.
Aylin hat schon ihre Forschermappe aufgeschlagen und beginnt zu schreiben. »Meerschweinchen fressen duftendes Heu …«
»… und Gänseblümchen!«, rufe ich.
»Möhrengrün«, sagt Freddy. »Oma holt jetzt immer eine Extraportion vom Markt.«
»Salat!«, ruft Ben. »Also, Boss liebt grünen Salat.«
»Und Kohlrabiblätter«, meldet sich Tarek.
Aylin legt den Stift zur Seite. »Davon dürfen die Meeries aber nicht zu viel fressen, weil sie sonst Bauchweh bekommen.«
Wir sitzen gemütlich um den Auslauf, in dem die Meeries zwischen Klee und Löwenzahn hin und her flitzen, fressen und braune Kötel hinterlassen.
»Hast du schon Gras aufgeschrieben?«, fragt Ben.
»Logisch.« Aylin nickt.