1,99 €
Der Aargau um das Jahr 1000: Gespalten in zwei Königreiche und gepeinigt durch eine Familienfehde, erleben die Ländereien von Graf Radbot von Altenburg unruhige und qualvolle Jahre. Der Frieden liegt in weiter Ferne. Als Radbot eines Tages zur Ablenkung mit seinem Habicht auf die Jagd geht, kommt es zu einem blutigen Zwischenfall. Die Folge daraus ist der Bau einer Burg, deren Name in die Geschichtsbücher Europas eingehen wird.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 42
Eine historische Kurzgeschichte
von
Dani Gebert
Nach einer überlieferten Sage
April 2023
IMPRESSUM:
„Der Habicht vom Wülpelsberg“
von Dani Gebert
© 2023 Dani Gebert
Alle Rechte vorbehalten.
Autor: Dani Gebert
Kontakt: [email protected]
Homepage: www.danigebertautor.ch
Social Media: DaniGebert.Autor
Buchcover, Illustration: Dani Gebert
Lektorat, Korrektorat: Dr. Alexandra Sept (Stift und Papier Lektorat Ansbach)
Vertrieb: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-757549-96-1
Dieses E-Book, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Autors nicht vervielfältigt, wieder verkauft oder weitergegeben werden.
Hat Ihnen das E-Book gefallen, so empfehlen Sie Ihren Freunden den Download eines persönlichen Exemplars. Ein großes Dankeschön, dass Sie die Arbeit des Autors respektieren!
Mitte August, Anno Domini 991. Das weiße Pferd donnerte in vollem Galopp den Weg entlang. Die zarten Vorder- und Hinterläufe stießen sich elegant von der Erde ab und ließen das Tier beinahe über den Boden schweben. Schon von weitem konnte man den kraftvollen Hufschlag vernehmen. Schaum hatte sich um die Nüstern und das Maul gebildet. Die schweißgetränkte Mähne der Stute peitschte dem Reiter ins Gesicht, der sich nur mit müh‘ und Not an den Hals des Tieres klammerte und die Zügel schon längst losgelassen hatte. Blut hatte das Fell seitlich am Bauch rot gefärbt. Doch es war nicht das Blut des Schimmels, sondern das des Reiters. Nach wie vor blutete die Wunde an dessen rechter Seite stark.
Mit fahlem Gesicht und der Glatze von kalten Schweissperlen übersäht, sah er seinem immer näherkommenden Steinhaus in Altenburg am Fluss der Aare entgegen. Das Gebäude stand in einem von Römern erbauten und mittlerweile teils stark zerfallenem Kastell. Mit der linken Hand packte er die nasse Pferdemähne, während seine Rechte das Rufhorn an seiner Seite ergriff, das oberhalb der Seitenwunde an einem Lederriemen hin und her schwang. Zitternd führte er es an seine Lippen und stieß mit letzter Kraft mehrere Male ins Horn. Die Wachposten vernahmen den Hornruf und öffneten das kleine Tor des Kastells, als das Pferd auch schon mit dem verletzten Reiter in den engen Innenhof stürmte.
Kaum hatte das Pferd abgebremst, ließ sich der Verwundete von seinem Ross fallen und prallte wie ein Sack Roggen dumpf auf dem Boden auf. Noch bevor die ersten Burgwachen bei ihm waren, verlor er das Bewusstsein. Eilig hoben sie ihn auf und trugen ihn ins Steinhaus.
∞
Ein kalter Lappen auf der Stirn ließ den verwundeten Mann langsam wieder zu sich kommen. Von seiner Bettstatt aus blickte er verwirrt in den Raum. Alles war noch verschwommen und unscharf. Nur Schemen und Schatten waren erkennbar. Schleppend ließen seine Augen die Dinge um ihn herum wieder deutlich werden. Er versuchte, sich auf den Händen abzustützen, um sich hinzusetzten. Doch der Schmerz an seiner rechten Seite zwang ihn gleich abermals mit verzerrtem Gesicht zurück in die vorherige Liegeposition. Die Verletzung fühlte sich an, als würde jemand mit einem glühenden Messer in seine Bauchseite stechen. Reflexartig griff er zur Seite und spürte, dass dort ein leicht durchnässter Verband war. Seine zitternde Hand kehrte in sein Blickfeld zurück. Rot. Blutrot. Noch immer blutete er.
»Kanzelin, beruhigt Euch«, sprach der unscharfe Schatten vor ihm und stützte dessen Kopf. »Ihr seid schwer verletzt.«
Die ihm vertraute Stimme ließ den Verwundeten nun vollends zurück zu Bewusstsein kommen. Erst jetzt erkannte der Glatzköpfige die schemenhafte Figur vor sich. Es war sein Beichtvater und Mönch Meusewin. Des Weiteren waren zwei Männer im Raum, deren Rüstungen sie als Ritter verrieten. Seine Vasallen. Vasallen des Grafen Kanzelin von Altenburg.
Dahinter seine besorgte und schwangere Gattin, die einen kleinen, knapp einjährigen Säugling auf dem Arm trug. Neben ihr standen ihre Zofe und ein achtjähriger Junge, der auf den Namen Radbot hörte. Der Kleine blickte mit ängstlichem Blick auf die Bettstatt seines verletzten Vaters.
Meusewin tupfte ein weiteres Mal mit dem kalten Lappen die heiße Stirn von Kanzelin.
Einer der Ritter trat neben den Mönch. Sein Gesicht verriet Sorge und Wut zugleich.
»Was ist geschehen?«, wollte der Ritter wissen.
»Wir gerieten in einen Hinterhalt«, gab Kanzelin geschwächt von sich.
»Wir?«
»Meine Soldaten und ich.«
»Und wo sind Eure Soldaten jetzt?«
»Alle tot!«, röchelte Kanzelin. Dabei musste er husten und ein kleines Rinnsal von Blut quoll kurz darauf aus seinen Mundwinkeln.
Dem sechsjährigen Radbot schien das Herz zu brechen. Noch nie hatte er seinen Vater so gesehen. Geschockt ergriff er einen Zipfel des Kleides der Mutter. Die schlimme Seitenwunde und das Blut aus dem Mund seines Vaters verhießen nichts Gutes und machten ihm Angst.
Wuterfüllt wollte der Vasall wissen: »Wer hat Euch das angetan?«
Kanzelin neigte den Kopf zu ihm und sprach mit brüchiger Stimme:
»Die burgundischen Freibauern aus dem Dorfe Muri.«
Wieder musste er husten. Dabei verzog er ein weiteres Mal das Gesicht vor lauter Schmerz.