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Der römische Kaiser Nero steht in dem antiken Drama Octavia zwischen zwei Frauen. Er entscheidet sich für die sinnliche und von ihm schwangere Hofdame Poppäa und gegen seine tugendhafte, aber kinderlose Gattin Octavia. Der Prozess Jesu im Markusevangelium wurde nach diesem Drama gestaltet. Im Evangelium stehen die jüdischen Hohenpriester zwischen zwei Angeklagten. Sie entscheiden sich für die Freilassung des Mörders Barabbas, der einen Aufstand anführte, und gegen den Propheten Jesus, der das Königreich Gottes verkündete. Johannes Neumann zeigt die Abhängigkeit des Evangelienberichts von dem zeitgenössischen Drama aus Rom: Die Markus-Passion ist ein dichterisch gestalteter fiktiver Text. Dieser beruht nicht auf einer Erinnerung der Jünger an die historischen Ereignisse. Der Prozess Jesu muss neu aufgerollt werden.
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Seitenzahl: 46
Johannes Neumann, geboren 1949, studierte 1968-1973 evangelische Theologie in Leipzig und Berlin, 1975-1979 Geschichte in Mainz und Hamburg. 1993-2019 war er als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in eigener Kanzlei in Radebeul bei Dresden tätig.
Neumann, Johannes: Der historische Jesus 2. Der Prozess Jesu im Markusevangelium 1. Auflage 2022
3. Die Passion
Nachtrag
3.7
Ich finde keine Schuld an ihm
. Jesus, Pilatus, Barabbas
3.8
Was bedürfen wir weiterer Zeugen?
Die Legende der jüdischen (Mit-)Schuld am Tod Jesu
Diese wenigen Seiten sind eine Ergänzung zu der Studie Der historische Jesus des Verfassers.
Zu weiteren Erläuterungen der Praetexta Octavia des Pseudo-Seneca siehe Anhang A4 des Hauptwerks: Kein Zeitalter kann uns zur Dunkelheit verdammen. Das Evangelium des Markus.
Der Passionsbericht des Markus ist nach allgemeiner Auffassung der älteste Bericht über die Passion Jesu und diente den anderen Evangelien als Vorlage. Der Bericht des Markus ist das Bindeglied zwischen der vorbiblischen Passionsüberlieferung und den biblischen Berichten. Es ist deshalb interessant zu sehen, welche Form Markus für seine Darstellung wählt, woher seine Überlieferungen stammen und welche Rückschlüsse diese alten Überlieferungen auf die Ereignisse selbst zulassen.
Das literarische Vorbild: Die Praetexta Octavia des Pseudo-Seneca
Markus wählt nicht die Form einer Geschichtserzählung, sondern gestaltet die ihm vorliegende Passionsüberlieferung nach einem historischen Drama aus Rom, einer sogenannten Praetexta, die den Titel Octavia trägt.
Die Vorlage
Das Drama Octavia wurde zusammen mit den anderen Tragödien Senecas überliefert. Da aber Seneca in dem Stück selbst auftritt und wegen zeitgeschichtlicher Anspielungen auf Ereignisse nach Senecas Tod (65 n. Chr.), hält man das Stück heute für unecht. Das Stück spielt im Jahre 62 n. Chr. in Rom, der Inhalt ist folgender:
1. Akt: Der tyrannische Kaiser Nero beabsichtigt, seine Frau und Adoptivschwester, die vornehme Octavia, die Tochter des verstorbenen Kaisers Claudius, zu verstoßen und die schöne Hofdame Poppäa, die von ihm schwanger ist, zu heiraten. Octavia beklagt ihr Schicksal, eine Amme versucht ihr Mut zuzusprechen. Octavia verweist auf die Schicksalsschläge, die sie bereits erlitten hat und die durch Agrippina, die Mutter Neros, und Nero selbst verursacht wurden. Als letzte einer langen Reihe von Untaten hatte Nero seine Mutter durch einen als Schiffsuntergang getarnten Anschlag töten wollen, als sie sich retten konnte, ließ er sie ermorden. Ein Chor der Römer ergreift für Octavia Partei.
2. Akt: Seneca tritt als weltfremder Philosoph auf und meditiert über die Schlechtigkeit der Menschheit, die sich seit dem goldenen Zeitalter des Saturn immer mehr zu ihrem Nachteil verändert habe. In einem Zwiegespräch versucht er Nero davon zu überzeugen, die edle Octavia nicht zu verstoßen und die Untertanen durch Güte für sich zu gewinnen. Der Kaiser entgegnet, das Volk sei nur durch Härte zu regieren und Octavia müsse sich der neuen Situation fügen.
3. Akt: Der Schatten der verstorbenen Agrippina tritt auf. Sie beklagt das ihr angetane Unrecht und spricht einen Fluch über ihren Sohn Nero aus. Octavia sieht mit Fassung ihrem Schicksal entgegen, der Chor nimmt für sie Partei und beklagt die Ohnmacht des Volkes, das früher die Mächtigen in die Schranken wies.
4. Akt: Am Tag nach der Hochzeit: Der Fluch der Aprippina beginnt zu wirken. Poppäa stürzt verwirrt und weinend aus dem Hochzeitsgemach, wo sie einen furchterregenden Traum hatte. Die Amme, die nun der neuen Herrin dient, erinnert an die glanzvolle Hochzeitsfeier und versucht, Poppäa zu beruhigen. Auch der Chor findet sich mit der neuen Lage ab und preist allgemein die Macht der Liebe. Ein Bote meldet einen Aufruhr des Volkes, das Bilder der Poppäa zerstört hat. Der Chor versteht den Aufruhr des Volkes, dessen Ohnmacht er gerade beklagt hatte, nicht mehr.
5. Akt: Nero ist wütend, weil die Soldaten den Aufruhr nicht schnell genug im Blut ersticken, Der Hauptmann meldet das Ende des Aufruhrs. Nero will den Tod Octavias, die von den Aufrührern unterstützt wurde, und gibt dem Hauptmann den Befehl zu ihrer Ermordung. Der Chor schildert die schlimmen Folgen der Beliebtheit beim Volk anhand von Männern aus der Geschichte Roms. Octavia klagt, dass sie nicht in ihrer Heimat sterben darf. Der Chor zeigt die Unsicherheit des Schicksals anhand des Unglücks der Prinzessinnen aus der Familie des Augustus. Octavia ist nun zum Tod bereit und wird von den Soldaten abgeführt. Der Chor wünscht vergeblich, sie möchte zu einem fremden Heiligtum entrückt werden.
Die Charaktere
In der römischen Praetexta steht der tyrannische Herrscher Nero zwei Frauen gegenüber, zwischen denen er eine Wahl treffen muss. Octavia ist die adlige, vornehme, vorbildliche, aber kinderlose Gattin, ihre Liebe ist in gewisser Weise vergeistigt. Poppäa steht für die körperliche, aber auch sündhafte, weil ehebrecherische Liebe, sie ist von großer Schönheit, aber geringer Abstammung, geringer Vornehmheit. Der Tyrann, der selbst für militärische, diesseitige Macht steht, entscheidet sich im Sinne der Begierde für die Frau, die körperliche, diesseitige Liebe repräsentiert, und verläßt entgegen der philosophischen Lehre die vornehme, vorbildliche Gattin. Neben diesen Personen treten drei Bedienstete auf: die Amme, Seneca und der Hauptmann. Die Amme steht zwischen der alten und der neuen Frau des Tyrannen, sie entscheidet praktisch und für das Überleben am Hofe, sie wechselt zu der neuen Herrin. Seneca berät den Tyrannen im Sinne philosophischer Weisheit, er muss aber keine Entscheidung fällen und keine Handlung ausführen. Der Hauptmann kann nicht entscheiden, sondern muss im Sinne des Tyrannen handeln, auch wenn ihm aus philosophischer Einsicht Zweifel an der Richtigkeit seines Tuns kommen. Das römische Volk