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Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Politik - Geschichte der politischen Systeme, Note: 1, Philipps-Universität Marburg (Institut für Politkwissenschaften), Veranstaltung: Entstehung und Entwicklung der BRD, Sprache: Deutsch, Abstract: Bei der Suche nach den Auslösern der Wende in der DDR werden neben dem wirtschaftlichen Bankrott, stets die Bürgerbewegungen als Initiatoren genannt. Im Rückblick auf die Entwicklung bis zum 3.Oktober 1990 stellt sich dann jedoch die Frage, warum diese Bewegungen im innenpolitischen Einigungsprozeß der beiden deutschen Staaten im Gegensatz zu den ehemaligen Blockparteien Parteien nur eine Randerscheinung darstellen? Der Zusammenbruch der DDR kam im Herbst 1989 ebenso überraschend wie die Geschwindigkeit mit der der Umbruch von statten ging. Der Reformprozeß, der durch Massendemonstrationen, Ausreisewelle und den sich formierenden oppositionellen Bürgerbewegungen eingeleitet worden war, entwickelte eine rasante Eigendynamik, so daß sich bald die Forderungen der Demonstranten änderten. Die Proteste überschritten nun die ursprünglichen Vorstellungen der Bürgerbewegungen. War es zu Beginn noch der Ruf nach Veränderungen in der DDR, der die Oppositionskräfte einte, differenzierte sich der Protest im November/Dezember 1989 in Vereinigungsbefürworter und DDR-Reformer1. Mit dem Zehn- Punkte-Plan Helmut Kohls und den zunehmenden Forderungen der DDR-Bevölkerung nach der deutschen Einheit, war, wie es der damalige Bundespräsident von Weizsäcker formuliert, „der Rubikon überschritten. Die zweite Wende gewann die Oberhand.“2 Die Oppositionsbewegung spaltete sich und war aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, die ihr aufgedrängte Macht zu übernehmen. Die ersten freien Wahlen entwickelten sich zunehmend zu einer Richtungsentscheidung über den zukünftigen Weg der DDR. Schließlich gingen die Bürgerbewegungen vier Monate nach der Wende als Verlierer der Wahl hervor. Die neue Regierung unter der Führung des CDU Politikers Lothar de Maizière trieb nun die Vereinigung der beiden deutschen Staaten voran. Mit der Einführung der Wirtschafts-, Währungs-, und Sozialunion am 1. Juli 1990 war die erste Hürde auf dem Weg zur Einheit genommen. Nach langen Verhandlungen einigten sich die Bundesrepublik und die DDR darauf, sich am 3.Oktober 1990 durch Beitritt der DDR nach Art. 23 GG zu vereinigen. Die Wahlen zur Volkskammer in der DDR am 18. März 1990 erhalten vor allem im Bewußtsein der darauffolgenden politischen Entscheidungen einen hohen Stellenwert. Um so interessanter ist es, die Phase von der Wende im Herbst 1989 bis zu diesen Wahlen zu beleuchten und die Entwicklung der Protagonisten des Umbruchs zu betrachten [...]
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WS 1998/99 Institut für Politikwissenschaften SE Entstehung und Entwicklung der BRD Semesterbegleitende Hausarbeit Magister / Nebenfach
Der innenpolitische Einigungsprozeß und die
Bürgerbewegungen bis zu den ersten freien
Jochen Fischer
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Bei der Suche nach den Auslösern der Wende in der DDR werden neben dem wirtschaftlichen Bankrott, stets die Bürgerbewegungen als Initiatoren genannt. Im Rückblick auf die Entwicklung bis zum 3.Oktober 1990 stellt sich dann jedoch die Frage, warum diese Bewegungen im innenpolitischen Einigungsprozeß der beiden deutschen Staaten im Gegensatz zu den ehemaligen Blockparteien Parteien nur eine Randerscheinung darstellen?
Der Zusammenbruch der DDR kam im Herbst 1989 ebenso überraschend wie die Geschwindigkeit mit der der Umbruch von statten ging. Der Reformprozeß, der durch Massendemonstrationen, Ausreisewelle und den sich formierenden oppositionellen Bürgerbewegungen eingeleitet worden war, entwickelte eine rasante Eigendynamik, so daß sich bald die Forderungen der Demonstranten änderten. Die Proteste überschritten nun die ursprünglichen Vorstellungen der Bürgerbewegungen. War es zu Beginn noch der Ruf nach Veränderungen in der DDR, der die Oppositionskräfte einte, differenzierte sich der Protest im November/Dezember 1989 in Vereinigungsbefürworter und DDR-Reformer1. Mit dem Zehn-Punkte-Plan Helmut Kohls und den zunehmenden Forderungen der DDR-Bevölkerung nach der deutschen Einheit, war, wie es der damalige Bundespräsident von Weizsäcker formuliert, „der Rubikon überschritten. Die zweite Wende gewann die Oberhand.“2Die Oppositionsbewegung spaltete sich und war aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, die ihr aufgedrängte Macht zu übernehmen. Die ersten freien Wahlen entwickelten sich zunehmend zu einer Richtungsentscheidung über den zukünftigen Weg der DDR. Schließlich gingen die Bürgerbewegungen vier Monate nach der Wende als Verlierer der Wahl hervor. Die neue Regierung unter der Führung des CDU Politikers Lothar de Maizière trieb nun die Vereinigung der beiden deutschen Staaten voran. Mit der Einführung der Wirtschafts-, Währungs-, und Sozialunion am 1. Juli 1990 war die erste Hürde auf dem Weg zur Einheit genommen. Nach langen Verhandlungen einigten sich die Bundesrepublik und die DDR darauf, sich am 3.Oktober 1990 durch Beitritt der DDR nach Art. 23 GG zu vereinigen. Die Wahlen zur Volkskammer in der DDR am 18. März 1990 erhalten vor allem im Bewußtsein der darauffolgenden politischen Entscheidungen einen hohen Stellenwert. Um so interessanter ist es, die Phase von der Wende im Herbst 1989 bis zu diesen Wahlen zu
1In dem Aufruf ‘Für Unser Land’ vom 26. November 1989 hatten führende Intellektuelle der Reformkommunisten und der Bürgerbewegungen vor einem moralischen und materiellen Ausverkauf der DDR an die Bundesrepublik gewarnt.
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beleuchten und die Entwicklung der Protagonisten des Umbruchs zu betrachten. Denn wie war es möglich, daß die Gestalter der Oppositionsbewegung letztlich ihren unbestrittenen Einfluß auf die Ereignisse im Herbst ‘89 wieder aus der Hand gaben und schließlich zur politischen Randerscheinung mutierten? Inwieweit waren westliche Parteien und Politiker in die Entwicklungen in der DDR einbezogen oder haben sie mitbestimmt? Um die Ereignisse bis zu den Volkskammerwahlen zu durchleuchten müssen zunächst jedoch die Entscheidungen und Entwicklungen in der Regierung der DDR und der Bundesrepublik in Augenschein genommen werden, ehe im folgenden die Entwicklung und der Einfluß der Bürgerbewegungen auf die Wende und die Geschehnisse danach behandelt werden soll.