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Ein Dorf, das einen Weltrekord im Zimtsternbacken aufstellen will – und eine junge Mutter, die dringend etwas Weihnachtszauber gebrauchen kann. Als wäre die Adventszeit nicht schon stressig genug! Jetzt muss Single-Mum Nina auch noch in ihrem Heimatdorf auf dem Weihnachtsmarkt aushelfen, nachdem ihre Tante sich mit einem gebrochenen Bein außer Gefecht gesetzt hat. Denn Sabines allseits beliebter Honigpunsch nach Geheimrezept darf auf keinen Fall fehlen. Doch als Nina völlig gehetzt mit ihrer kleinen Tochter Anna am alten Waldhof ankommt, wo sich die ganze Festlichkeit abspielen soll, schrammt sie mit dem Auto versehentlich die große Weihnachtspyramide – das Herzstück des Markts und ein Erbe von Gunnars Familie, dem charismatischen Hofbesitzer. Damit geht das Chaos allerdings erst so richtig los. Werden Nina und die Dorfbewohner gemeinsam noch alles retten können? Und wird Gunnar für Nina ein Auge zudrücken? »Dieses idyllische Landleben, die bildhaften Beschreibungen und die sympathischen Protagonisten, machen es zu einem wahren Genusserlebnis.« Rezensentin auf LovelyBooks zu Band 2 der Bienenbeek-Reihe Ein warmherziger Kleinstadtroman mit Adventsflair für Fans von Susanne Oswald und Laurie Gilmore. Alle Bände dieser Wohlfühlreihe können unabhängig voneinander gelesen werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2025
Über dieses Buch:
Als wäre die Adventszeit nicht schon stressig genug! Jetzt muss Single-Mum Nina auch noch in ihrem Heimatdorf auf dem Weihnachtsmarkt aushelfen, nachdem ihre Tante sich mit einem gebrochenen Bein außer Gefecht gesetzt hat. Denn Sabines allseits beliebter Honigpunsch nach Geheimrezept darf auf keinen Fall fehlen. Doch als Nina völlig gehetzt mit ihrer kleinen Tochter Anna am alten Waldhof ankommt, wo sich die ganze Festlichkeit abspielen soll, schrammt sie mit dem Auto versehentlich die große Weihnachtspyramide – das Herzstück des Markts und ein Erbe von Gunnars Familie, dem charismatischen Hofbesitzer. Damit geht das Chaos allerdings erst so richtig los. Werden Nina und die Dorfbewohner gemeinsam noch alles retten können? Und wird Gunnar für Nina ein Auge zudrücken?
Über die Autorin:
Julia Reymers, geboren 1989 in Hamburg, studierte Germanistik und Geschichte in ihrer Heimatstadt. Sie ist als Lehrerin tätig und vor Kurzem mit ihrer Familie in die Lüneburger Heide gezogen. Wenn sie dort nicht gerade auf der Suche nach Ideen für romantische Liebesgeschichten ist, dann verbringt sie jede freie Minute in ihrem bienenfreundlichen Garten.
Die Autorin im Internet:
heideautorin.wordpress.com
www.instagram.com/juliareymerswww.facebook.com/juliareymers
Bei dotbooks erscheint Julia Reymers’ »Willkommen in Bienenbeek«-Reihe mit den Romanen »Das kleine Haus in der Heide« – auch als Hörbuch bei Saga Egmont erhältlich –, »Die kleine Gärtnerei in der Heide«, »Die kleine Mühle in der Heide«, und »Der kleine Weihnachtsmarkt in der Heide«. Weitere Bände sind in Planung.
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Originalausgabe Januar 2025
Copyright © der Originalausgabe 2024 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Redaktion: Monia Pscherer
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motivs von © Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-98952-446-0
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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13, 4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/egmont-foundation. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!
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Julia Reymers
Der kleine Weihnachtsmarkt in der Heide
Willkommen in Bienenbeek – Band 3.5
dotbooks.
»Mama«, flehte Anna auf dem Rücksitz. »Wieso bekomme ich keinen Hund zu Weihnachten?«
Ich setzte den Blinker und atmete tief durch. »Anna, ich habe es dir doch erklärt ...«
»Aber ich wünsche es mir so sehr«, unterbrach Anna mich. »Sophie aus meiner Klasse hat letztes Jahr auch einen Welpen bekommen.«
»Ich weiß, Anna, ich weiß«, murmelte ich und versuchte, mich auf die Landstraße zu konzentrieren. Es schneite ununterbrochen und im schummrigen Scheinwerferlicht meines alten Citroens konnte ich gerade so von Baum zu Baum schauen.
»Du magst Hunde doch auch«, sagte Anna leise.
Als ich das traurige Gesicht meiner Tochter im Rückspiegel sah, wurde mein Herz ganz schwer vor Kummer. »Liebes, wir haben kaum Platz in unserer Wohnung. Und wir beide sind fast den ganzen Tag außer Haus«, wiederholte ich meine Argumente. »Der Hund wäre die meiste Zeit alleine. Außerdem kostet so ein Tier ziemlich viel Geld.« Vergebens versuchte ich den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, der sich mit aller Vehemenz dort breit machte.
Anna verschränkte die Arme und presste sich schmollend in den Sitz. Da ich das Schweigen nicht länger ertrug, drückte ich auf den Radioknopf. Es rauschte und knisterte. Anscheinend hatte unser Hamburger Lieblingssender hier draußen in der Heide keinen Empfang. Seufzend drehte ich am altmodischen Regler, bis endlich Musik aus den Boxen schallte. Ausgerechnet Last Christmas von Wham. Wie passend, dachte ich.
Zum Glück tauchte nach einer scharfen Kurve endlich unser Ziel auf. Ich bremste vorsichtig ab und bog in den schmalen Waldweg ein. Die Lichterketten am Fachwerkhaus des kleinen Waldhofs leuchteten uns schon von weitem einladend entgegen. Das sieht wie in einem Wintermärchen aus, ertappte ich mich bei dem Gedanken, obwohl ich mir geschworen hatte, dieses Jahr auf gar keinen Fall in irgendeine Art von Weihnachtsromantik zu verfallen.
Als der kleine Citroen von dem schlaglochgesäumten Weg durchgeschüttelt wurde, ergriff mich plötzlich eine merkwürdige Nervosität. Ob es eine gute Idee war, nach all den Jahren wieder hierherzukommen? Und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten? Ich krallte meine Finger fest um das Lenkrad und fuhr auf den Besucherparkplatz neben dem großen Wohnhaus. Im Radio setzte George Michael gerade zum Refrain an. Wahrscheinlich würde er mich als Ohrwurm für den Rest des Tages verfolgen.
»Wir sind da«, verkündete ich betont heiter und lächelte in den Rückspiegel. Doch Anna saß immer noch wie versteinert da. Schulterzuckend manövrierte ich den Citroen zwischen den parkenden Autos hindurch, die überall kreuz und quer standen. Obwohl es Freitagnachmittag war und der Weihnachtsmarkt erst morgen öffnete, musste ganz Bienenbeek für die letzten Vorbereitungen erschienen sein. So, wie ich die Dorfbewohner kannte, war das jedenfalls nicht unrealistisch.
Während ich erfolglos nach einer Lücke Ausschau hielt, schielte ich auf die Uhr. Es war bereits halb fünf und wir waren schon viel zu spät dran. Eigentlich ist das alles kaum noch zu schaffen, stellte ich ein wenig missmutig fest und bog um das Wohnhaus herum. Vielleicht würde sich bei den Nebengebäuden noch ein freier Parkplatz auftun. In der Kurve drehten die Reifen des Citroens auf der eisglatten Fahrbahn durch, so dass ich erschrocken vom Gas ging. Im Gegensatz zum gut beleuchteten Vorplatz des Waldhofes war es hier hinten stockdunkel – und trotzdem komplett zugeparkt. Nur ganz abseits an einer Scheunenecke konnte ich eine Lücke erkennen. Zielstrebig steuerte ich darauf zu, nur um dann festzustellen, dass ich dort vorwärts nicht hineinkam.
»Mama«, begann Anna wieder, während ich versuchte, den klemmenden Rückwärtsgang einzulegen. »Sophies Eltern haben doch auch …«
»Psst«, fuhr ich meine Tochter schärfer als beabsichtigt an und zog mit aller Kraft am Schalthebel. Die Heizung pustete mir ins Gesicht und so langsam geriet ich in meinem dicken Wintermantel ins Schwitzen.
»Aber ich wünsche es mir SO SEHR!«, rief Anna aufgebracht. Zeitgleich rastete der Gang endlich knallend ein. Ich legte den Arm um die Kopflehne des Vordersitzes und fuhr rückwärts auf die Lücke zu. Anna begann derweil, mit den Fingern gegen die Fensterscheibe zu trommeln.
Ich presste die Lippen aufeinander. »So ein Mist, ich kann kaum etwas sehen«, murmelte ich, schlug das Lenkrad weiter ein und reckte den Hals.
»Mama«, ließ Anna sich nicht beirren.
»Jetzt sei bitte leise«, setzte ich erschöpft an. Das Auto rumpelte durch ein Schlagloch. Im selben Moment drehte das Radio durch die Erschütterung von selbst auf volle Lautstärke auf.
»Ah!« Ich zuckte zusammen und wollte abbremsen. Aber mein Fuß, der in einem dicken Lammfellstiefel steckte, verfehlte sein Ziel und trat mit voller Wucht auf das Gaspedal. Ehe ich reagieren konnte, schoss der Citroen rückwärts. Verzweifelt riss ich das Lenkrad herum, doch da gab es schon einen lauten Rumms. »Ach du meine Güte.« Wie erstarrt blieb ich sitzen und wagte es nicht, hinauszusehen.
»Du bist irgendwo gegengefahren«, rief Anna überflüssigerweise gegen den ohrenbetäubenden Gesang von Wham an. Endlich drehte ich das Radio stumm.
»Ist dir etwas passiert?, fragte ich besorgt und schnallte mich ab.
Anna schüttelte den Kopf.
»Du bleibst hier drinnen sitzen«, befahl ich ihr und stieg aus. Als ich auf zwei zittrigen Beinen den Schaden begutachtete, rutschte mir das Herz in die Hose. Das kann jetzt echt nicht wahr sein, dachte ich und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
Positiv zu vermerken war immerhin, dass ich die umstehenden Autos nicht beschädigt hatte. Irgendwie hatte ich es geschafft, dass der Citroen schräg um die Ecke der Scheune herum geschossen war. Aber dafür hatte ich etwas anderes gerammt. Etwas ziemlich Großes, dass hier jemand im Dunklen abgestellt hatte. Etwas, das die Kinderaugen zum Leuchten brachte und die Erwachsenen jedes Jahr aufs Neue begeisterte, wenn sie den Bienenbeeker Weihnachtsmarkt besuchten. So einen Volltreffer konnte auch echt nur ich landen. Während ich noch überlegte, ob es eine Option wäre, jetzt einfach Gas zu geben und davonzufahren – welche Strafe stand noch einmal auf Fahrerflucht? – öffnete sich einige Meter entfernt knarzend ein Scheunentor. Zeitgleich sprang ein Scheinwerfer an, so dass ich hell angestrahlt wurde.
»Hallo?«, hörte ich eine verwunderte Stimme und knirschende Schritte im Schnee.
Ich kniff die Augen zusammen und sah einen hochgewachsenen Mann auf mich zukommen.
»Hallo«, piepste ich und hob die Hand zum Gruß, als wollte ich ihm zuwinken. Wie dämlich, dachte ich zugleich und ließ sie wieder sinken.
»Was war das denn für ein Krachen eben?«, fragte der Mann.
»Ähm, also …«, stammelte ich und suchte fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung, die mich nicht ganz so blöd dastehen lassen würde.
Doch der Mann wartete meine Antwort nicht ab, sondern schritt beherzt mit seinen dunkelgrünen Gummistiefeln auf meinen Citroen zu. Als spontane Verzweiflungstat stellte ich mich ihm in den Weg, damit die Sicht auf das Malheur noch ein wenig versperrt blieb. Natürlich zeigte das mit meinen knapp 1,68 Metern wenig Wirkung. Kaum war der Mann bei mir angekommen, riss er erschrocken die Augen auf. »Sagen Sie nicht, Sie haben …«, brachte er entsetzt hervor und lief seitlich am Citroen vorbei.
»Es tut mir so leid, ich bin selbst noch ganz erschrocken«, erwiderte ich beschämt. Trotz der Kälte schoss mir die Hitze in die Wangen.
»Wie zum Teufel … Wie kann man eine über sechs Meter hohe Weihnachtspyramide übersehen?!« Der Mann schüttelte fassungslos den Kopf und verschränkte die Arme vor seiner dicken Steppweste, die genau zur Farbe seiner Gummistiefel passte.
»Na ja, da war dieser blöde Last-Christmas-Song und dieses Schlagloch, und dann habe ich irgendwie – da bin ich irgendwie … abgerutscht – also mit dem Fuß von der Bremse …«, versuchte ich, mich zu erklären. Gleichzeitig musste ich mich zusammenreißen, beim Anblick meiner zerbeulten Stoßstange und des zerbrochenen Rücklichts nicht in Tränen auszubrechen.
Der Mann bedachte mich mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß. Immer noch kopfschüttelnd fuhr er mit der Hand über die hölzerne Umrandung der Pyramide, die mein Citroen mit seinem Heck wie ein kleiner Bulldozer durchbrochen hatte.
Zusätzlich hatte ich den Weihnachtsmann höchstpersönlich umgenietet. Der Kopf der hölzernen Figur lag im Schnee und sah mich durch die buschigen weißen Augenbrauen vorwurfsvoll an.
»Es tut mir unfassbar leid, das war nicht meine Absicht«, plapperte ich hilflos weiter, während der Mann eine lose Holzlatte herausriss und zur Seite warf. »Ich komme natürlich für den Schaden auf.« Das könnte bei meiner finanziellen Situation auch nur ein paar Jahre dauern, fügte ich düster in Gedanken hinzu.
Doch der Kerl zog sich nur seine hellgraue Strickmütze tiefer in die Stirn und drückte mit besorgter Miene an dem Schaltpult herum, das seitlich an der Pyramide befestigt war.
»Hallo?!«, rief es in der Zwischenzeit schrill aus dem Wagen, gefolgt von einem empörten Klopfen gegen die beschlagene Fensterscheibe. »Ich will hier raus!«
Ich öffnete seufzend die Autotür. »Moment, Anna.«
Aber meine Tochter hörte nicht auf mich, schnallte sich ab und quetschte sich an mir vorbei aus dem Auto. »Mama, du hast den Weihnachtsmann umgebracht«, stellte sie sogleich scharfsinnig fest.
»Das lässt sich sicherlich … beheben«, erwiderte ich, selbst nicht so recht überzeugt von meiner Aussage.
Währenddessen schob der Mann meinen Citroen mit einem kräftigen Ruck nach vorne und drückte weiter auf den Knöpfen herum. »Die Pyramide dreht sich nicht mehr«, sagte er und starrte mich eine Weile ausdruckslos an.
Als ich seine tiefbraunen Augen und die markanten Wangenknochen näher betrachtete, ratterte es in meinem Kopf. »Kennen wir uns irgendwoher?«, fragte ich.
Er ignorierte meinen Kommentar und rüttelte an einem Hebel. »Verdammter Mist!«, fluchte er so plötzlich, dass Anna und ich erschrocken zusammenzuckten.
»Wie gesagt, ich komme für den Schaden auf«, wiederholte ich kleinlaut. »Die Pyramide lässt sich sicherlich reparieren.«
Er sah mich an, als sei ich schwer von Verstand. »Wissen Sie – das ist nicht irgendeine Pyramide.«
»Ich weiß«, entgegnete ich leicht gereizt.
»Das ist die Bienenbeeker Weihnachtspyramide.« Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt, stieß noch einen wüsten Fluch aus und verschwand wie ein Weihnachtsgeist um die Ecke.
»Nina, du bist wirklich gekommen! Lass dich drücken, mien Deern.« Christa kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zugelaufen und umarmte mich so überschwänglich, dass mir kurz die Luft wegblieb. Anschließend musterte sie mich prüfend. »Zum Heidegeist, das ist eine Ewigkeit her, dass wir uns gesehen haben.« Sie schob das blinkende Rentiergeweih hoch, das sie auf ihrem Kopf trug. In ihren krausen grauen Haaren hatten sich einige Schneeflocken verfangen. »Du glaubst gar nicht, wie erleichtert wir sind, dass du so kurzfristig für deine Tante einspringen konntest. Ein Weihnachtsmarkt ohne Punschstand – das geht einfach nicht.«
»Wo Christa recht hat, hat sie recht.« Wie aus dem Nichts war meine Mutter aufgetaucht, so dass ich direkt ein zweites Mal gedrückt wurde. »Papa und Kristin werden sich so freuen, dich morgen zu sehen. Die beiden helfen noch beim Weihnachtskranzbinden im Rathaus aus.« Als sie mich losließ, strahlte sie mich mit Christa zusammen so herzlich an, dass mir ganz warm ums Herz wurde, obwohl meine Laune nach dem Unfall eigentlich auf dem Tiefpunkt war.
Nachdem der grantige Kerl spurlos verschwunden war, wäre ich am liebsten auf der Stelle umgekehrt und mit Anna zurück in unsere gemütliche Hamburger Wohnung gefahren. Aber wie hieß es doch so schön? In Bienenbeek hilft man sich halt. Und so hatte ich Anna an der Hand gepackt und war mit ihr durch den Schnee zum Festplatz gestapft, der eingerahmt von großen Tannen das Herz des Waldhofs bildete. Hier fand seit genau vierzig Jahren immer am dritten Adventswochenende der Bienenbeeker Weihnachtsmarkt statt. Schon als Kind hatte ich dort gebrannte Mandeln und Schmalzgebäck verspeist und Christa am Landfrauenstand besucht.
Christa war ein echtes Bienenbeeker Urgestein. Sie war die Vorsitzende der hiesigen Landfrauen und stets an vorderster Stelle mit dabei, wenn es im Dorf etwas zu organisieren gab. Ich wollte gerade fragen, wie es ihr in den letzten Jahren ergangen war, als Christa einen aufgeregten Freudenschrei ausstieß und auf meine Tochter deutete, die sich die ganze Zeit hinter mir versteckt hatte.
»Ach, du lütte Deern! Bist du etwa die kleine Anna?« Sie umarmte meine Tochter ebenso herzlich wie mich. Anna wusste gar nicht, wie ihr geschah und klammerte sich schüchtern wieder an mein Bein.
Meine Mutter lachte und strich ihr über den Kopf. »Ja, das ist meine Enkeltochter. Sie ist im Oktober schon acht Jahre alt geworden. Kaum zu glauben, oder?«
»Puffelchen«, unterbrach eine heisere Stimme unser Gespräch. »Kannst du mir mal eben zur Hand gehen?« Einige Meter entfernt konnte ich Christas Mann Fritz erkennen, der mit einer Lichterkette – oder besser gesagt einem blinkenden Lichterknäuel – verzweifelt vor dem Stand der Landfrauen herumlief.
»Nina, ich würde ja gerne noch weiter mit dir schnacken. Aber hier ist mal wieder Land unter.« Christa rollte mit den Augen. »Wir kommen dich später am Punschhäuschen besuchen.« Bevor sie ging und meine Mutter mit sich zog, steckte sie mir etwas in die Manteltasche. »Für gute Nerven«, meinte sie und zwinkerte mir zu. »Die kann man in Bienenbeek früher oder später immer gut gebrauchen.«
Verwundert tastete ich nach dem Gegenstand und zog ihn heraus. Es war eine Miniaturflasche Heidegeist mit Weihnachtsmannmütze auf dem Verschluss. Dieser Kräuterschnaps war in der Lüneburger Heide nicht wegzudenken. Es war ziemlich lange her, dass ich ihn getrunken hatte. Mehr als zehn Jahre, um genau zu sein. Ich ließ den Schnaps mit gemischten Gefühlen wieder in der Tasche verschwinden. Wenn ich eines momentan hatte, dann keine guten Nerven. Vielleicht kein Wunder als alleinerziehende, frisch getrennte Mutter und Erzieherin im Kindergarten. Kopf hoch, redete ich mir gut zu und atmete tief durch. Um mich herum wuselten bereits zahlreiche Bienenbeeker wie geschäftige Weihnachtswichtel umher und werkelten an den reetgedeckten Markthäuschen herum, die sich gemütlich auf dem Festplatz aneinander kuschelten.
Du schaffst das. Das ist schließlich nur ein kleiner Weihnachtsmarkt.
Entschlossen griff ich nach Annas Hand.»Lass uns zum Punschstand gehen«, sagte ich, wischte mir eine Schneeflocke von der Nase und zog meine murrende Tochter hinter mir her.
»Au!«, rief ich und ließ vor Schreck den Kreidestift fallen, mit dem ich bis eben die Punschpreise auf einer kleinen Tafel notiert hatte. Verwirrt schaute ich mich um, was mich an der Hüfte touchiert hatte.
»’Schuldigung, junge Dame«, dröhnte ein älterer Herr im Blaumann, der ein langes Holzbrett auf seiner Schulter balancierte. Ohne Rücksicht auf Verluste drehte er sich um die eigene Achse und zog ein paar Nägel aus seiner Tasche hervor. Ich duckte mich gerade noch rechtzeitig weg.
»Mir hat er das Ding eben fast auf den Fuß fallen lassen.« Ein weiterer grauhaariger Herr im Blaumann erschien kopfschüttelnd auf der Bildfläche. »Aber sag mal, Nina, wo soll dieses gute Teil denn hin?« Er schwenkte eine große Tannengirlande vor meiner Nase hin und her.
»Darf ich fragen, wer Sie sind?« Verwirrt lehnte ich mich gegen die Außenwand des Holzhäuschens.
»Ach Werner, habt ihr euch wieder nicht vorgestellt?« Ein dritter Mann im Blaumann marschierte auf mich zu. In den Händen hielt er ein Sammelsurium an Kabeln und Mehrfachsteckdosen. »Entschuldige«, sagte er an mich gewandt. »Ich bin Willi, der Elektromeister. Das da drüben ist Werner, unser Zimmermann.« Der Herr mit der Holzlatte winkte mir fröhlich zu und begann, das Brett lautstark an einer Lücke in der Hüttenwand festzunageln.
»Und das ist Helmut, unser Allrounder. Der kann eigentlich nichts, macht aber alles.« Willi deutete auf den Mann mit der Tannengirlande, der wie bestellt und nicht abgeholt im Weg herumstand.
»Und zusammen sind wir Bienenbeeks fleißige Bienchen«, krakeelte eine weitere Stimme. Christas Mann, ebenfalls im Blaumann, drängte sich zwischen die rüstigen Handwerkskerle.
»Deine Mutter meinte, dass hier Not am Mann ist.« Fritz begann, ungefragt an einer Steckdosenleiste herumzuwerkeln. »Sie wollte dir ja selbst helfen, aber ich hab ihr gesagt, sie soll erstmal mit ihrem Töpferkrams fertig werden.«
Ich schmunzelte. Seitdem meine Mutter Rentnerin war, hatte sie ihre alte Leidenschaft, das Töpfern, wieder für sich entdeckt und hatte dieses Jahr sogar einen eigenen Stand auf dem Markt.
»Leider konnte ich nicht früher Feierabend machen, sonst hätte ich schon eher angefangen«, erklärte ich mich, da Fritz mich so prüfend ansah. Zerknirscht zeigte ich auf das Häuschen, das bislang nur zur Hälfte aufgebaut war. »Am Tresen fehlt ein Brett, außerdem funktioniert die Beleuchtung nicht, es sind noch keine Becher eingeräumt und die Deko hängt auch nicht …«
Wie hat Sabine das bloß all die Jahre immer alleine geschafft?, wunderte ich mich.
»Ach, nicht lang schnacken …«, meinte Fritz und schaute seine Jungs an.
»… machen!«, vervollständigten diese lautstark seinen Satz und hämmerten, bohrten, schraubten und werkelten alle gleichzeitig drauf los, so dass ich gar nicht wusste, wie mir geschah.
Ich brauchte kurz, um mich zu sammeln, ehe ich nach dem Karton mit den Punschbechern griff. »Anna, du kannst mir helfen«, sagte ich zu meiner Tochter, die schon die ganze Zeit teilnahmslos am Rand herumstand. Widerwillig kam sie zu mir und half mir, die in Schutzpapier eingepackten Becher auszuwickeln. Staunend hielt ich einen davon in das schummrige Licht einer Laterne, die sich neben dem Häuschen befand. Tatsächlich, die Tradition gibt es immer noch, stellte ich fest. Wie früher waren die Punschbecher handgemachte Unikate mit einem besonderen Motiv, das für etwas stand, was die Bienenbeeker im aktuellen Jahr beschäftigt hatte. Staunend fuhr ich mit dem Finger über die kunstvoll gestaltete Tasse, auf der die alte Windmühle von Bienenbeek zu sehen war. Vielleicht hat sie jemand wieder zum Leben erweckt, überlegte ich. Die Mühle war vor einigen Jahrzehnten stillgelegt worden und hatte seitdem leer gestanden. Ich ließ den Becher sinken und wollte gerade nach dem nächsten greifen, als ich aus dem Augenwinkel bemerkte, dass meiner Tochter eine Träne über die Wange rollte.
»O Anna, was ist los?« Besorgt legte ich meine Hand auf ihre Schulter. Anna wand sich grummelnd aus meinem Griff, wischte sich über die Wange und packte hektisch den nächsten Weihnachtsbecher aus.
»Mein Schatz, lass uns später in Ruhe reden«, erwiderte ich hilflos, während ich fünf Becher auf einmal zum Regal trug. Wahrscheinlich geht es immer noch um den Hund, versuchte ich mein schlechtes Gewissen zu beruhigen und gleichzeitig die Tatsache zu verdrängen, dass wir an Heiligabend das erste Mal nur zu zweit sein würden.
Letztes Jahr hatten mein Exmann und ich noch mit Anna gemeinsam gefeiert, obwohl wir da schon seit einigen Wochen getrennt gewesen waren. Anna zuliebe hatten wir uns zusammengerissen und so getan, als sei alles wie immer. Dass das gehörig nach hinten losgehen würde, hätte man sich wahrscheinlich denken können. Kurz nachdem wir endlich die Bescherung hinter uns gebracht hatten und Anna ins Bett gegangen war, gab es mal wieder einen riesigen Streit zwischen uns. Er warf mir vor, dass ich den ganzen Abend das Gesicht verzogen und für schlechte Stimmung gesorgt hätte. Ich wiederrum hielt ihm vor, dass er im Minutentakt aufs Handy geschaut hatte, weil seine neue, eifersüchtige Freundin ihm ständig Nachrichten schickte. Die neue Freundin wohlgemerkt, mit der er mich nicht nur betrogen, sondern für die er mich dann auch noch verlassen hatte. Innerhalb weniger Augenblicke schaukelten wir uns so hoch, dass er türenknallend die Wohnung verließ und damit Anna aufweckte, die tränenüberströmt in meine Arme fiel. Kurz nach Neujahr reichten wir im gegenseitigen Einvernehmen die Scheidung ein. Ich würde drei Kreuze machen, wenn das Trennungsjahr in ein paar Wochen endlich vorüber war. Auch wenn ich meinen Ex nicht zurückwollte, saß der Schmerz immer noch tief. Ich hatte mir geschworen, dass ich nie wieder einen Mann so nah an mich heranlassen würde.
Vielleicht ist der Weihnachtsmarkt eine nette Abwechslung von dem ganzen Mist, versuchte ich mich ein wenig selbst zu motivieren, während ich im Akkord die Regale in der Punschbude befüllte und anschließend den schweren Glühweinkessel auf den Tresen wuchtete. Da ich dabei ziemlich ins Schwitzen geriet, entledigte ich mich kurzerhand meines Mantels, unter dem ich mein geliebtes Weihnachtsstrickkleid mit kleinen Rentieren trug.
»Hier ist ja noch gar keine richtige Weihnachtsstimmung!« Christa sprang in die Hütte und zog tadelnd die Augenbrauen nach oben, ehe sie mir ungefragt einen Haarreif mit ulkigen Elfenohren auf den Kopf setzte.
»Ähm, danke«, sagte ich und stellte bei einem Blick in den kleinen Spiegel neben dem Tresen fest, dass ich damit weniger an eine Elfe als an einen Grinch erinnerte. Bevor ich mich bei Christa beschweren konnte, war sie schon zu ihrem Mann gelaufen und redete wild gestikulierend auf ihn ein.
»Das sieht witzig aus, Mama«, meldete sich Anna zu Wort und lachte.
Schulterzuckend beschloss ich, die Elfenohren aufzubehalten, zumal mich direkt ein neues Problem ablenkte. »Der Kessel funktioniert nicht!«, rief ich verzweifelt in Richtung der fleißigen Bienchen, nachdem ich erfolglos versucht hatte, ihn anzuschalten.
»Versuchs mal damit.« Willi deutete auf eine Mehrfachsteckdose, die sich unter dem Tresen befand. Ich bückte mich umständlich und friemelte den Stecker hinein. Keine Sekunde später gab es einen lauten Knall und in der Punschbude wurde es stockdunkel.
Vor Schreck stieß ich mir den Kopf an der Tresenkante.