Der komplette Projektmanager - Roel Wessels - E-Book

Der komplette Projektmanager E-Book

Roel Wessels

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Beschreibung

Dieses Buch handelt von dem Wie des Projektmanagements. Wie Sie die vielen verfügbaren Methoden integrieren und kombinieren. Wie Sie eine proaktive Einstellung nutzen können, um auch in schwierigen Situationen die Kontrolle zu behalten. Wie Sie sich selbst von einem Kontrolleur in einen Beeinflusser verwandeln. Wie Sie agil handeln, auch in traditionellen Organisationen. Wie Sie Projektmanagement in Ihren persönlichen Stil und täglichen Arbeitsablauf integrieren. Wie Sie sicherstellen, dass Sie auch wirklich damit anfangen es zu nutzen! Wie Sie bei all dem sich selbst treu bleiben können. Heutige Projektmanager müssen hohe Erwartungen erfüllen. Herausfordernde Ziele, ein starker Fokus auf Kostenmanagement und Lieferzeiten, die Erfüllung der Erwartungen vieler Stakeholder und viele Abhängigkeiten zwischen Unterprojekten machen das Projektmanagement zu einer zunehmend komplexen Aufgabe – besonders in einer Umgebung, in der Änderungen und Unsicherheiten zur Norm geworden sind. Zusätzlich müssen die kreativen Fähigkeiten der Wissensarbeiter bestmöglich genutzt werden, was wiederum weniger hierarchische Organisationsstrukturen und mehr multidisziplinäre Zusammenarbeit erfordert. Die richtigen Projektmanagement-Fertigkeiten zu besitzen, ist daher essenziell auf praktisch jeder Ebener einer Organisation. Diese Herausforderungen resultieren in einem wachsenden Bedarf an umfassenden Methoden und der Zunahme der Popularität von Agile. Andererseits führt die wachsende Komplexität gerade zu einem Bedürfnis an Einfachheit. Genau hierum geht es in diesem Buch: Sich auf die Grundlagen besinnen, in der Lage zu sein nützliche Elemente von verschiedenen Methoden zu kombinieren und sich auf die wichtigsten Aspekte zu fokussieren: Die Person hinter dem Projektmanager! Dieses Buch enthält eine Vielfalt an praktischen Beschreibungen mit nützlichen Beispielen und Anekdoten. Der Leser wird stets angeregt die Essenz zu verinnerlichen und diese seines eigenen Stils und seiner Personalität entsprechend in der Praxis umzusetzen. Dies ist der einzige Weg kontinuierlich dabei zu bleiben, erfolgreich zu sein und andere an sich glauben zu lassen! Welche Fragen dieses Buch Ihnen beantworten wird: • Was sind die grundlegenden Techniken eines Projektmanagers, die sowohl in agilen als auch traditionellen Umgebungen angewendet werden können? • Wie können Sie die vielen verfügbaren Projektmanagement-Methoden in Ihren eigenen Arbeitsprozess einbeziehen? • Wie können Sie kluge Führung und bestimmte Verhaltensformen dazu nutzen, um Ihre Effektivität und Effizienz durch stetes Ergreifen der Initiative erheblich zu erhöhen (der Faktor 10)? • Wie können Sie traditionelle (Wasserfall-orientierte) Produktentwicklung mit agiler (Software) Entwicklung kombinieren? • Wie können Sie Unsicherheiten und Änderungen für sich arbeiten lassen, anstatt gegen Sie? • Wie können Sie ein komplexes Projekt auf eine Art und Weise strukturieren, so dass es zu einer aufschlussreichen und deligierbaren Serie von Zwischenergebnissen wird? • Wie können Sie durch Nutzung der kritischen Parameter den wahren Projektstatus von Projektbeginn an messen? • Wie können Sie den richtigen Rahmen schaffen, in dem Teams von Wissensarbeitern selbst-organisiert arbeiten können? • Wie können Sie mit Hilfe des Heartbeats in jeder Situation Fortschritt, Lernbereitschafft, Kommunikation und Zielorientierung sicherstellen? • Wie können Sie die Kooperation mit Ihren Stakeholdern in eine echte Zusammenarbeit überführen - unabhängig von den äußeren Umständen? • Vor allem, wie können Sie sich bei all dem selbst treu bleiben?

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DER KOMPLETTE PROJEKTMANAGER

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Der kompletteProjektmanager

Die Essenz und Anwendung von Projektmanagement und agiler Führung

Roel Wessels

Impressum

Titel:

Der komplette Projektmanager

Untertitel:

Die Essenz und Anwendung von Projektmanagement und agiler Führung

Autor:

Roel Wessels

Deutsche Übersetzung:

Jörg Bewerunge und Vertaalbureau Textwerk B.V.

Reviewer:

Ben Bolland (BEVON Gilde)

Alexander Celie (Traction10)

Hans Fredriksz (IPMA-NL, Haax)

Bas Könemann (You Improve)

Ben van de Laar (Randstad Groep IT)

Ruud Merks (ASML)

Henny Portman (NN, Hedeman Consulting)

Dieter van der Put (DAF Trucks)

Ron Schipper (Van Aetsveld)

John Verstrepen (ehemaliger Direktor IPMA-NL)

Textredaktion:

Niederländische Version: Nienke van Oeveren (Boekredactie.nl)

Herausgeber:

Van Haren Publishing, Zaltbommel, www.vanharen.net

ISBN Hardcopy:

978 94 018 0679 4

ISBN EBook (pdf):

978 94 018 0680 0

ISBn ePub:

978 94 018 0681 7

Druck:

Niederländische Version: Erster Druck, erste Auflage, August 2016Englische Übersetzung: Erster Druck, erste Auflage, Juni 2019Deutsche Übersetzung: Erster Druck, erste Auflage, September 2020

Layout und DTP:

Coco Bookmedia, Amersfoort – NL

Copyright:

© Van Haren Publishing, 2016, 2020

 

PRINCE2® is a registered trademark of AXELOS Limited.

Kein Teil dieser Veröffentlichung darf vervielfacht, als automatisierte Datei gespeichert oder veröffentlicht werden auf oder mittels jeglicher Medien, ob elektronisch, mechanisch, als Fotokopie oder auf andere Weise, ohne die vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers.

Trotz aller Sorgfalt hinsichtlich dieser Veröffentlichung können mögliche Fehler auftreten. Der Herausgeber und die Autoren übernehmen keine Haftung für das Auftreten von Fehlern und/oder Mängeln.

Vorwort

Je mehr man weiß, desto mehr weiß man, dass man nichts weiß.

Sokrates

Ein kompletter Projektmanager. Was ist das? Ich habe die Weisheit natürlich nicht für mich gepachtet. Was oder Wer das ist müsen Sie letzendlich selbst entscheiden.

Dieses Buch bietet einen Einblick in das typische Umfeld eines Projektmanagers. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Wie des Projektmanagements und darauf wie Sie mit einer proaktiven Haltung auch in schwierigen Situationen die Kontrolle behalten können. In diesem Buch wird dies anhand unterschiedlicher Themen erläutert, die mittels lebensnaher Beispiele und Anekdoten möglichst konkret verdichtet werden. Nicht, weil das dann der einzige oder der richtige Weg ist, sondern um Ihr Interesse zu wecken und Sie zu begeistern. Ich bin weder für, noch gegen etwas, sondern möchte erreichen, dass Sie selbst nachdenken und auswählen!

Ich selber bin an allen Aspekten interessiert, die mit Projektmanagement und Führung zu tun haben. Meine Heimat aber war und ist die verarbeitende Industrie. Dies ist eine Welt der Produkt- und Dienstleistungsentwicklung, in der multidisziplinäre Teams unter hohem Druck bezüglich Dauer, Qualität und Kosten arbeiten. Gleichzeitig aber gilt hier auch eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Themen der Innovation und der zunehmenden Zusammenarbeit mit globalen Netzwerken von Lieferanten und Kunden. Auch wenn Sie also in diesem Buch diesen Aspekten begegnen werden, so ist das Buch doch ganz bewusst für den generellen Projektmanager gedacht. Dabei wurde ich dankenswerter Weise von einer Gruppe von Reviewern aus verschiedenen Disziplinen unterstützt.

Übrigens, aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in diesem Buch die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung anderer Geschlechter, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

Der komplette Projektmanager zeichnet sich nicht dadurch aus, alles zu wissen, sondern dadurch, immer neugierig zu bleiben und sich selbst stets weiterentwickeln zu wollen. Der Leitfaden auf der folgenden Seite soll Sie dabei unterstützen eine für Sie und Ihre Aufgaben geeignete Auswahl zu treffen. Die Kapitel bilden zwar insgesamt eine in sich logisch zusammenhängende Geschichte, können aber auch separat voneinander gelesen werden. Außerdem ist auch ein Direkteinstieg in die “Projektumsetzung” (Kapitel 10) möglich, da dieses Kapitel zu beginn eine Zusammenfassung der wichtigsten vorherigen Themen beinhaltet.

Wählen Sie sich ein Thema aus und trauen Sie sich, Ihren eigenen Weg zu gehen und werden Sie ein kompletter Projektmanager!

Inhalt

Einleitung

1 Das &-&-& Paradoxon

1.1 Mehr durch weniger

1.2 Sowohl die Kontrolle behalten als auch Freiraum lassen

1.3 Sowohl Unsicherheiten erkennen als auch Commitment zeigen

1.4 Ein Projektmodell als Aufhänger

1.5 Agil denken und arbeiten

1.6 Was das &-&-& -Paradoxon für den Projektmanager bedeutet

2 Ihr agiler Inspirator, das TomTom

2.1 Was Sie von Ihrem TomTom lernen können

2.2 Das TomTom und agile Führung

2.3 Das TomTom und Stakeholdermanagement

2.4 Scenario Creator

3 First time right: Das V-Modell und der kritische Parameter

3.1 Einleitung V-Modell: Entwurf, Realisierung, Verifikation

3.2 Auswirkung von Problemen verstehen

3.3 Frühzeitiges Feedback mit Design for X

3.4 Frühzeitiges Feedback durch agiles Arbeiten

3.5 Das V-Modell und Ihr eigenes Verhalten

4 Der Faktor 10

4.1 Kluges Führen und Verhalten ist der Faktor 10

4.2 Umdenken und die Kraft des Handelns

4.3 Die Schatzkammer von Stephen Covey

4.4 Situatives Führen

4.5 Der Faktor 10 des Projektmanagers

5 Der Plan Teil I: Projektstruktur

5.1 Die 10 Schritte zur Erstellung eines Plans

5.2 Schritt 1: Project Charter

5.3 Schritt 2: Projektstrategie und -phaseneinteilung

5.4 Schritt 3.1 und 3.2: Produktstrukturplan

5.5 Eine Achterbahn bauen

5.6 Schritte 3.3 – 3.5: Produktflussdiagramm und DfX

5.7 Schritt 3.6: Projektstrukturplan (Work Breakdown Structure)

6 Der Plan Teil II: Die Skizze mit dem Team und der Detailplan

6.1 Schritt 4: Size- und Effort-Abschätzung

6.2 Die rationale und psychologische Seite der Stundenabschätzungen

6.3 Schritt 5-8: Skizze mit dem Team aufstellen

6.4 Schritt 9: Tipps & Tricks für die Detailplanung

6.5 Schritt 10: Projektmanagementplan und go

7 Der Projektmotivator

7.1 Deci und Ryans Selbstbestimmungstheorie

7.2 Was Sie säen, werden Sie ernten

7.3 Die (temporäre) Projektorganisation und der Lenkungsausschuss

7.4 Warum der Anfang einen langen Atem erfordert

7.5 Kreativität lenken

8 Heartbeat

8.1 Fortschritt durch Rhythmus, Kadenz und Trance

8.2 Ihre Planung auf den Heartbeat projizieren

8.3 Heartbeat auf verschiedenen Ebenen

8.4 EOS und OKR

9 Das blinde Abhaken

9.1 Hüten Sie sich vor dem blinden Abhaken

9.2 Das blinde Abhaken beherrschen mit Review- und Inspektionstechniken

9.3 Das blinde Abhaken mit DfX und agilem Projektmanagement verhindern

9.4 Testen rechts im V-Modell

10 The Final Countdown

10.1 Der Projektpfad bis zur Ausführungsphase zusammengefasst

10.2 Heartbeat in der Praxis

10.3 Änderungsmanagement

10.4 Status und verbleibende Route sichtbar machen

10.5 Unsicherheiten dennoch planbar gestalten

 

Nachwort

Danksagung

Anhang 1: Beispiele Anwendung Projektmodell

Anhang 2: Der komplette Projektmanager – Toolkit

Quellen

Über Roel Wessels

Index

Einleitung

Der Buchtitel Der komplette Projektmanager erscheint vielleicht etwas protzig. Aber nehmen Sie es an: Dieses Buch ist für Sie. Denn über das Managen von Projekten ist zwar enorm viel geschrieben worden, aber oftmals nicht so, dass die Erlebniswelt des Projektmanagers, also Ihre Erfahrungen, an zentraler Stelle steht.

Denn es gibt viele Bücher, die darüber berichten, was Sie alles tun müssen, um Projekte erfolgreich auszuführen. Was eine Stakeholderanalyse ist, was das Risikomanagement beinhaltet, was die Bedeutung von Planen-Ausführen-Überprüfen-Handeln ist und was von Ihnen beim Leiten Ihres Teams erwartet wird. Aber wie Sie dies genau anwenden, wie dies auch unter nicht-idealen Umständen gelingt, wie Sie es in Ihren eigenen Arbeitsprozess integrieren und wie Sie dafür sorgen, dass Sie es auch wirklich tun werden… das ist und bleibt für viele do it yourself.

In diesem Buch beschreibe ich so komplett und anwendbar wie möglich, was ich in den letzten zwanzig Jahren über Projektmanagement und agile Führung gelernt habe. Dazu habe ich die Essenz gesucht, da das Wissen hierüber bei der Anwendung und der Integration der beschriebenen Theorien und Ideen in das eigene Verhalten hilft. Kurz gesagt, in diesem Buch können Sie erfahren, wie Sie dem Projektleiden durch geschicktes Leiten ein Ende bereiten können, wie Sie Ihr reaktives in ein proaktives und beeinflussendes Verhalten verändern können, aber vor allem auch, wie Sie das Projektmanagement für sich selbst, Ihr Team und Ihr Umfeld (wieder) attraktiv gestalten können!

Projektmanager des 21. Jahrhunderts

In den letzten Jahrzehnten hat sich viel im Bereich des Projektmanagements getan. Das Umfeld ist dynamischer geworden und es wird immer mehr von einem Projektmanager erwartet. Es erscheint allerdings fast unmöglich diese Erwartungshaltung erfüllen zu können: Unabhängig von den Umständen Ergebnisse liefern, trotz vieler Unsicherheiten engagiert sein und bleiben, hochqualifizierte Mitarbeiter leiten und hinsichtlich Selbststeuerung begleiten, mit Stakeholdern, die unterschiedliche Interessen haben, umgehen und kreative Durchbrüche realisieren ohne gleichzeitig dabei zu viel Risiko einzugehen. Ein grandioser Balanceakt!

Diese enorme Aufgabe erfordert Ihr gesamtes Know-how. Also das Vermögen, in allen Situationen die Regie zu übernehmen sowie die Handlungen klar zu bestimmen. Es ist vergleichbar mit Segeln inmitten eines Sturms: Sie haben keine Zeit zum Nachdenken oder zum Testen von möglichen Lösungen. Sie müssen Ihr Projekt mit Überzeugung und Tatkraft bewältigen. Effektiv und effizient. Aber wie sollen Sie das bewerkstelligen?

Sie kennen dies vermutlich aus eigener Erfahrung: In Situationen, in denen Sie selbst hadern und die Ihnen unlösbar erscheinen, gelingt einem Anderen das Unmögliche scheinbar spielend leicht. Und machmal gelingen Ihnen Dinge, die andere nicht für möglich gehalten hätten. Anscheinend hängt alles davon ab, wie Sie sich einem Projekt nähern. Davon, dass Sie Methoden zum richtigen Zeitpunkt anwenden und das richtige eigene Verhalten damit verknüpfen. Aber wie kann man dies erlernen? Wo gibt es gute Beispiele und Vorbilder? Es gibt unglaublich viele inspirierende Management- und Motivationstechniken, aber wie kann man diese effizient und effektiv miteinander kombinieren?

Können Sie den Wald vor lauter Bäumen noch sehen oder bleiben Sie in der Theorie stecken und nehmen sich immer wieder vor, dass Sie dies im nächsten Projekt bestimmt besser machen und tatsächlich anwenden werden?

Der Physiker und der Musiker

Um Antworten auf die obenstehenden Fragen zu finden, habe ich mich auf die Suche nach der Essenz des erfolgreichen Leitens von Projekten begeben. Hierbei halfen mir natürlich meine jahrelangen Erfahrungen als Projektmanager, Programmmanager und Direktor der Produktentwicklungsabteilung. Im Grunde meines Herzens aber bin ich immer auch der Physiker und der Musiker. Der Physiker spiegelt sich dort wider, wo der Fokus auf den strukturellen Bereichen der Projekte liegt, bei dem Antrieb Ähnlichkeiten zwischen Methoden zu entdecken, und wo Dinge zu vereinfachen und strukturieren sind. Kurz gesagt: Beim Managen von Komplexität. Der Musiker in mir kommt zum Vorschein, wenn ich erläutere, wie Sie Ihre gleichbleibenden Leistungen auf hohem Niveau mit dem Loslassen zum Nutzen des kreativen Prozesses kombinieren müssen. Aber auch in meiner Überzeugung, dass der Projektmanager jederzeit die Initiative übernehmen muss und somit den Performer in sich selbst erweckt. Und dass ich, wie auch in der Musik essenziell, einen Schwerpunkt auf den richtigen Rhythmus in Projekten und Veränderungsprozessen lege.

Es liegt in meiner Natur und ist meine Leidenschaft, Menschen, Methoden und Denkweisen miteinander zu verbinden. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Daher werden Sie feststellen, dass dies kein Buch ist, das sich von anderen Methoden abgrenzt und schon wieder einen neuen Weg aufzeigen will, wie alles denn nun tatsächlich zu erreichen ist. Ich möchte Ihnen gerne zeigen, wie Methoden wie PRINCE2, Agile, DSDM Atern, PMBOK Guide, der Kompetenzrahmen ICB von IPMA und zahlreiche Führungstechniken wirksam zusammen verwendet werden können. Der Fachmann lässt sich nicht durch Werkzeuge aufhalten, sondern sieht diese als Bereicherung an. Dabei verbinde ich moderne, agile Techniken mit eher traditionellen Methoden. Immerhin begegnen Sie ihnen auch in den unterschiedlichsten Kombinationen in der Welt, in der Sie arbeiten. Daher spreche ich auch lieber über agile Führung: Es geht mehr um die agile Haltung als um die agilen Prozesse. Denn letztendlich ist alles vor allem das Werk von Menschen…

Der Inhalt dieses Buches wurde nicht nur durch fortwährendes eigenes Anwenden stets weiterentwickelt und verfeinert, sondern auch durch das Feedback von mehr als achthundert Erfahrungsträger, die ich in den vergangenen Jahren in viertägigen Masterclasses trainiert habe. Diese kamen nicht nur aus dem High-Tech-Sektor, sondern auch aus dem öffentlichen Sektor, der Medizin und Bildung, dem Bausektor, aus ICT und unterschiedlichsten weiteren Domänen. Kurz gesagt: Dieses Buch versucht einen möglichst allgemeinen Ansatz zu wählen und soll somit für alle geschrieben sein, die sich beim Leiten von Projekten verbessern möchten.

Was wird Ihnen dieses Buch bringen?

Dieses Buch enthält eine möglichst vollständige Übersicht der Anwendungsmöglichkeiten von Projektmanagement und agiler Führung innerhalb der Produktions-, Dienstleistungs- und Organisationsentwicklung. Es richtet sich vor allem an den fortgeschrittenen Projektleiter, der den nächsten Schritt wagen möchte. Es ist jedoch absichtlich in seiner Sprache auch für unerfahrene Projektmanager verständlich gehalten worden, die sich einen ersten Überblick über das Leiten von Projekten machen möchten. Daher ist es nicht notwendig, dass Sie bereits tief im Projektmanagementbereich verwurzelt sind, denn das ganze für das Verständnis erforderliche Wissen wird in diesem Buch beschrieben. Allerdings wird Ihnen ihr gesammeltes Wissen und Ihre (Projekt-)Erfahrung beim Lesen sicherlich trotzdem nützlich sein. Obwohl dieses Buch auch substanziell in die Tiefe geht, liegt der Schwerpunkt hier jedoch auf der Interaktion zwischen der Theorie und Ihrem eigenen Verhalten und Ihrer eigenen Arbeitsweise. Denn letztlich dreht es sich nicht nur um das theoretische Wie, sondern besonders auch um Ihre persönliche Anwendung im Projekt. Und somit natürlich auch darum, wie alles auch unter nicht-idealen Umständen gelingt das Wissen aus diesem Buch konkret in Ihrem Arbeitsalltag umzusetzen.

Das Buch besteht aus drei Teilen. Teil 1 (Kapitel 1 - 4) beschreibt die Aspekte, denen Sie beim Einrichten und Managen eines Projektes begegnen werden. Dabei liegt der Fokus auf den fundamentalen Grundprinzipien, der Wichtigkeit die Regie zu übernehmen, der Strukturierung und des agilen Denkens. Teil 2 (Kapitel 5 und 6) erklärt, wie Sie den Projektplan und das Planning in kleinen Schritten skizzieren können, was zu erhöhter Vollständigkeit, einfacherer Koordination und breiterer Unterstützung für die Projektdurchführung führt. Zuletzt behandelt Teil 3 (Kapitel 7 - 10) dann wie Sie die eigentliche Projektumsetzung leiten. Wie Sie das Projektziel mit einem konstanten Deming-Zyklus erreichen, wie Sie Zwischenergebnisse hinsichtlich der Qualität beurteilen und wie Sie Ihr Team und Ihr Umfeld langanhaltend motivieren.

Ich habe das Buch möglichst praxisnah und anwenderorientiert geschrieben. Ich möchte Sie inspirieren, in dem ich neben der Theorie sehr viel Wert auf die konkrete Anwendung lege und diese mit persönlichen Anekdoten ergänze. Ziehen Sie sich die Essenz heraus und wenden Sie die beschriebenen Methoden in Ihrem eigenen Stil und gemäß Ihrer eigenen Persönlichkeit an: Tun Sie dies auf Ihre eigene Art und Weise! Denn ansonsten gelingt es Ihnen nicht stets motiviert zu bleiben und schlimmer noch, andere werden Ihnen nicht glauben!

Genießen Sie das Lesen dieses Buches, aber vor allem das anschließende Anwenden.

Projekte zu leiten macht wirklich Spaß!

Roel Wessels

1 Das &-&-& Paradoxon1

Wie die steigende Nachfrage nach “und-und-und” das Leben des Projektmanagers auf den Kopf stellt.

Warum Steuern-in-Richtung-Kontrolle und Steuern-in-Richtung-Ergebnis-und-Prozess nicht dasselbe ist.

Die Wichtigkeit, mit Unsicherheit umgehen zu können.

Die Erklärung von Agile und wie es zu traditionellen Methoden passt.

Der rote Faden dieses Buches: von reaktivem hin zu proaktivem Handeln und Beeinflussen.

Ich war fast 30, als ich zum ersten Mal auf die Piste ging. Also die Ski-Piste meine ich natürlich. In meinem Freundeskreis war ich der einzige Anfänger und das bedeutete, dass, während der Rest der Gruppe noch gemütlich frühstückte, ich schon mit der Anfängerklasse brav in der Kälte den ”Babyhügel” hinunterglitt und die ersten Schwünge beigebracht bekam. Der Unterricht des ersten Tages fand morgens bis abends nur auf dem ”Babyhügel” satt. Aber am zweiten Tag brach ich meine guten Vorsätze unter dem sozialen Druck meines Freundeskreises und so gesellte ich mich nachmittags zur ”echten Ski-Gruppe” hinzu. Die hatte nämlich versprochen, auf ein gesundes Verhältnis meines noch Nicht-Könnens und der Schweregrade der ausgewählten Pisten zu achten.

Zunächst lief es eigentlich ganz gut, obwohl es sich schon blöd anfühlte, ständig bei allem der Letzte zu sein. Aber eigentlich war ich sogar ein Gewinn für die Gruppendynamik, da einige das häufige auf mich Warten mit einer gemütlichen Zigarettenpause zu kombinieren wussten. Nach einer weiteren Stunde allerdings stoppte die Gruppe jedoch jäh an einem Abhang und ein leichtes Gemurre war zu vernehmen. Wir hatten eine Abfahrt verpasst und standen nun direkt vor einer steil abfallenden schwarzen Piste... In meiner Naivität drehte ich mich noch einmal um, um zu gucken, ob ich nicht umkehren und einen anderen Weg nehmen könnte. Unsinn natürlich! Es gab nur eine Richtung - die schwarze Piste hinunter...

Durch die Aussage, dass die Piste zwar steil aber mit gutem Schnee bedeckt sei erhielt ich zwar ein wenig mentale Unterstützung. Und selbstverständlich bekam ich jede Menge weitere gute Empfehlungen mit auf den Weg. So etwa, an den steilen Stellen jederzeit seitwärts stückweise gleitend die Piste nach unten fahren zu können. Nach einigem Zögern begann ich mit der Abfahrt und obwohl mir der Schweiß aus allen Poren strömte, machte ich tatsächlich Fortschritte. Auf halbem Wege fühlte ich sogar Zuversicht. Die steilste Stelle hatte ich bereits gemeistert und obwohl eher vom Rutschen als vom Skifahren die Rede sein konnte, entstand ein wahrhaftiges Glücksgefühl. Ski Heil, würde ich mal sagen.

Und dann war ich auf einmal unten angekommen. Bei vielen Leistungen denke ich im Nachhinein: “Ach, so schwierig war es doch gar nicht!” Aber ein Hang sieht von unten tatsächlich immer noch viel steiler aus als er wirklich war. Ich fühlte mich wie der König der schwarzen Piste! Bis... ein erfahrener Skifahrer... wedel, wedel, wedel, so elegant und leicht die schwarze Piste nach unten glitt, als ob es der Anfängerhügel wäre. Ich war wieder auf den Boden der Tatsachen, bzw. der Skier, angekommen und wusste: Ich hatte noch viel zu lernen!

Mit dieser Anekdote beginne oftmals ich meine Präsentationen und Kurse und stelle den Anwesenden anschließend die Frage: “Wer erhält während oder nach einem Projekt voller Plackerei und Stress Feedback von einem Erfahrungträger darüber, wie die Projektumsetzung besser oder flüssiger verlaufen könnte?” Oftmals meldet sich dann niemand. Die Teilnehmer berichten eher von Reaktionen, wie “Projekte überschlagen sich hier immer. Gewöhnen Sie sich einfach dran…”, oder “Unser Umfeld ist so komplex, dass Sie kein normales Projektmanagement anwenden können.”

Erhalten Sie während oder nach einem Projekt Feedback, wie es besser laufen könnte?

Offenbar haben es Projektmanager und deren Umfeld resignierend akzeptiert, dass Projekte nicht so verlaufen, wie es wünschenswert wäre. Es mangelt an Erfahrungsträgern, die die Schwächen herausfinden und Verbeserungsvorschläge machen könnten. Oder noch schlimmer ausgedrückt: Es mangelt den Beteiligten schlicht an der Erkenntnis, dass es überhaupt besser laufen könnte. Um im Bild der Anekdote zu bleiben: Es fehlt die Erkenntnis, dass sich erfahrene Skifahrer auf die schwarze Piste freuen und nicht leiden, wenn sie eine solche Aufgabe vor Augen haben. Es mangelt an dem Verständnis, dass Schwarze-Pisten-Projekte, also schwierige Projekte mit beispielsweise vielen Unsicherheiten oder schwierigen Auftraggebern, dennoch solide und gediegen ausgeführt werden können. Und wenn erst einmal allgemein akzeptiert wurde, dass nichts besser gemacht werden muss oder kann, dann verkümmert die Lernbereitschaft innerhalb der Organisation und es mangelt an Projektmanagern, die ja gerade Schwarze-Pisten-Projekte verlangen, weil sie komplexe Projekte interessant und spannend finden und sich selbst weiterentwickeln möchten.

Ich nenne diese scheinbaren Widersprüche, die hierbei überwunden werden müssen, das &-&-& -Paradoxon: Unsicherheiten zulassen und trotzdem flexibel sein und das Projekt erfolgreich abschließen und dabei den gesamten Prozess genießen können! Projektmanager, die sich kontinuierlich verbessern, um immer schwierigere Umstände bewältigen zu können, sind Erfahrungsträger, die den Würgegriff des &-&-& -Paradoxons durchbrechen können.

1.1 Mehr durch weniger

Bestimmt sind Ihnen nach dem Lesen dieser kleinen Anekdote bereits weitere Situationen eingefallen, in denen das &-&-& -Paradoxon für Projektmanager vorkommen kann. In diesem Kapitel beschreibe ich drei wesentliche Ausprägungen dieses Paradoxons. Dabei konzentriere ich mich an dieser Stelle besonders auf die Herausforderung, die das jeweilige &-&-& -Paradoxon mit sich bringt. Die dazugehörigen Lösungsansätze und Methoden werden in einem späteren Kapitel dieses Buches beschrieben.

1.Mehr durch weniger: Das Projekt muss so schnell wie möglich abgeschlossen werden und Änderungen müssen jederzeit möglich sein und die Kosten sollten so gering wie möglich ausfallen und auf funktioneller Ebene sollten möglichst viele Feautures implementiert sein und...

2.Die Kontrolle behaltenund dem Team (kreativen) Freiraum lassen.

3.Unsicherheiten erkennenund gegenüber des Abgabetermins und der Projektkosten Commitment zeigen.

Dieser Abschnitt beschreibt den ersten Punkt: Mehr durch weniger. Die anderen beiden Aspekte folgen in den Abschnitten 1.2 und 1.3. Indem mehr als nur der Projektmanager in der Analyse miteinbezogen wird, wird das Umfeld, in dem man sich heutzutage befindet, genauer berücksichtigt. Es wird deutlich, in welchen Bereichen sich ein Projektmanager weiterentwickeln sollte, um erfolgreich bleiben zu können.

Adieu Trade-off

Das &-&-& -Paradoxon beschreibt also Situationen, bei denen mehrere scheinbar Gegensätzliche Aufgaben und Ziele erledigt bzw. verfolgt werden müssen ohne einzelne vernachlässigen zu können. Um dies zu erklären, verwende ich gerne das etwas überspitzte Beispiel der drei Automarken Volvo, Alfa Romeo und Mercedes vor 30 Jahren und heute. Der Volvo war damals der sichere Wagen, wobei das langweilige Design und Erscheinungsbild als sichtbares Merkmal der Sicherheit in Kauf genommen wurde. Für ein schönes Design konnten Sie einen Wagen der Marke Alfa Romeo kaufen, aber dann war jedem klar, das man hinsichtlich der Zuverlässigkeit Zugeständisse machen musste. Und Mercedes war bekannt als der Qualitätswagen, der Zuverlässigkeit und Erscheinungsbild miteinander optimal kombinierte, aber dafür wiederum mit einem schmerzhaft hohen Kaufpreis verbunden war.

Derzeit erkennen wir, dass dieses klassische oder-oder-oder-Trade-off immer weniger akzeptiert wird. Aufgrund von neuen Technologien, der zugenommenen Konkurrenz, Globalisierung und Zusammenarbeit von Unternehmen wird die Latte immer höher gelegt. Viele damalige Unterscheidungsmerkmale sind heute zum Standard geworden. Für Qualität möchten wir nicht mehr zusätzlich bezahlen müssen. Dasselbe gilt für zusätzliche Features, Sicherheit, Dienstleistungsniveau, etc.. Auch auf der Herstellerseite sind die Ansprüche gewachsen. Die Dauer der Produktentwicklung sollte möglichst kurz und Entwicklungskosten trotzdem niedriger sein. Mehr durch weniger also. Und für den Projektmanager von heute gilt: Wenn Sie es nicht schaffen, die Wünsche der Kunden und Ihres eigenen Unternehmens zu vereinen, dann haben Sie das Nachsehen; we want it all.

Erkennen Sie die zunehmende Nachfrage nach und-und-und?

Sachverstand und Kreativität der Führung

Auch innerhalb von Projekten wollen wir und...und...und... Man könnte sagen, dass ein Projekt heutzutage das “devil‘s triangle” überwinden muss, welches angibt, dass Geld, Qualität und Zeit wechselwrikend miteinander verbunden sind. Technologisch gesehen gelingt dies in den letzten Jahrzehnten ganz gut. So sieht Raymond Kurzweil ein exponentielles Muster im Fortschritt der technologischen Entwicklung, die die Welt in einer beispiellosen Geschwindigkeit verändert, was letztendlich zur Singularität (Abbildung 1.1) führen wird. Singularität verweist hierbei auf den Moment, in dem technologische Mittel das menschliche Gehirn übertreffen (Kurzweil, 1999). Betrachten wir also nun rückblickend die bisherige Entwicklung hin zu dem heutigen Zustand, so sind viele Projekte und Organisationen aufgrund neuer Anforderungen und vor allem auch aufgrund einer inhärenten Komplexität immer vielschichtiger und anspruchsvoller geworden. Das &-&-& -Paradoxon bedingt also gleichzeitig Herausforderungen und Beschränkungen für das Projektteam. Ist das schlimm? Ein Fußballer, der auf kleinem Raum dennoch ein Tor schießt, ist ein wahrer Held. Radrennfahrer wünschen sich oftmals eine erschwerte Rennstrecke, damit nur die Besten in der Endphase des Wettkampfes mit dabei sind. Wenn Sie realisieren, dass jeder mit den Beschränkungen des &-&-& -Paradoxons zu kämpfen hat, dann könnten Sie auch sagen, dass derjenige mit der größten sachverständigen Geschicklichkeit die größte Chance auf Erfolg hat. Sachverständige Geschicklichkeit lohnt sich also!

Beschränkungen stimulieren die Kreativität. Um das &-&-& -Paradoxon zu lösen, benötigen wir kreative Konzeptbrüche, denn eine “normale” Ausbreitung bewirkt bei der Produktentwicklung eine gleichzeitige Zunahme an Kosten, Teilen, etc. Schlaue Lösungen sind erwünscht, wie beispielsweise das Einrichten von schnelleren Systemen, indem etwas weggenommen wird, oder wie effizientere Organisationen, indem diese vereinfacht werden.

Kurz gesagt geht es um Sachverstand in Kombination mit einem hohen Maß an Kreativität! Dies stellt nicht nur an die Mitarbeiter Anforderungen, sondern auch an den Führungsstil des (Projekt)Managers. Dieser sollte loslassen, aber dennoch Fristen setzen können; Struktur bieten und den Mitarbeitern gleichzeitig (kreativen) Freiraum lassen können; Mitarbeiter inhaltlich herausfordern, ohne alle Details vorzugeben. Eigenschaften, die vor allem und-und-und erfordern und somit viel Führung des Projektmanagers.

Abbildung 1.1  Exponentielles Wachstum im technologischen Fortschritt laut Raymond Kurzweil

1.2 Sowohl die Kontrolle behalten als auch Freiraum lassen

Als die Finanzkrise im Jahr 2007 ausbrach, war ich als Programmdirektor verantwortlich für Projekte innerhalb von Assembléon, einem High-Tech-Unternehmen mit einer Entwicklungsabteilung von mehr als 200 Mitarbeitern. Die Finanzkrise hatte einen enormen Einfluss auf die Verkäufe des Unternehmens, ich spreche hier von einem Rückgang von mehr als 50%.

Der damalige CEO stand vor der Herausforderung, den Gürtel enger schnallen zu müssen. Solch ein Prozess ist wahres Mikromanagement. Alle Kosten unterlagen, ungeachtet der Autorisierungsregeln, ihm und dem CFO. Also auch Ausgaben unter 100 Euro. Natürlich gab es keine Neuanstellungen und mögliche Vertragsverlängerungen lagen immer zuerst auf seinem Schreibtisch. Dies hatte zur Folge, dass innerhalb kürzester Zeit die finanzielle Situation wieder im Griff war. Da kein Schritt mehr ohne den CEO gemacht wurde, wusste dieser jederzeit über alles Bescheid. Eine echte Krise benötigt echte Maßnahmen! Selbst wenn diese für manche Prozesse lähmende Auswirkungen haben können, wollen und erwarten tatsächlich die meisten Mitarbeiter solche Eingriffe während schwieriger Zeiten!

Was mir dabei deutlich in Erinnerung geblieben ist, ist, dass der CEO klar und deutlich ausstrahlte, dass diese Phase vorübergehend sein sollte. Er konnte gut mit dem zweiten Beispiel des &-&-& -Paradoxons umgehen: Sowohl die Kontrolle behalten als auch dem Team Freiraum lassen. Dies half dem Team dabei, mitzumachen und durchzuhalten. Der

CEO nutzte Mikromanagement nicht, weil er ein Kontrollfreak war. Er hatte eine deutliche Botschaft und wollte dem Personal ein gutes Beispiel dafür geben kritisch alle Ausgaben zu betrachten. Sein Kredo war: “Wir sind wieder wie ein kleines Familien-Unternehmen”, womit er unterstreichen wollte, dass jeder wieder jede Quelle von Einkommen und Ausgaben so betrachten sollte, als ob es sein eigenes Geld sei. Für abstraktes Denken oder Gedanken wie “Aber das machen wir doch immer so” war in dieser Situation kein Platz. Man konnte nur das Geld ausgeben, das auch tatsächlich vorhanden war und auch nur dann, wenn klar erkennbar war, was es, finanziell gesehen, bringen würde. Und dies auf jeder Ebene innerhalb der Organisation.

Diese Anekdote beschreibt sehr gut die Macht einer klaren Botschaft, den Einfluss diese häufig zu wiederholen und die Bedeutung selbst ein gutes Vorbild zu sein. “Tell me and I forget, teach me and I may remember, involve me and I learn”, wie der amerikanische Politiker Benjamin Franklin einmal sagte.

Während einer echten Krise ist ein zeitweiliges klares Eingreifen erwünscht, um die Kontrolle zu erhöhen. Es ist eine bewusste Wahl. Jeder Projektmanager sollte sich diese Fähigkeit des Krisenmanagements zu eigen machen. Es läuft allerdings schief, wenn Krisenmanagement dann eingesetzt wird, wenn es gar keine Krise gibt. In diesem Fall sehen wir eine entgegengesetzte Wirkung: Die Krise wird durch übermäßiges Kontrollieren und Regeln verursacht. Also durch Mikromanagement.

Man könnte sagen, dass in dieser Situation nicht gut mit dem &-&-& -Paradoxon “Sowohl die Kontrolle behalten als auch dem Team Freiraum lassen” umgegangen wird. Der übermäßige Wunsch nach Kontrolle eskaliert immer weiter und das Kontrollieren von Mitarbeitern und Bedürfnis nach Details wird zu einer Obsession. Oftmals wird dies meiner Beobachtung nach durch einen Mangel an Vertrauen an den Absichten oder Fähigkeiten Anderer angetrieben, oder aber auch durch einen Mangel an eigenem Selbstvertrauen.

Ist ein Auge fürs Detail haben denn falsch? Im Gegenteil! Die Kontrolle über ein Projekt zu haben und zu halten, ist von wesentlichem Belang, der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Aber wenn es zu einer Obsession wird und sich das Management in alle alltäglichen Prozesse einmischt, dann läuft etwas schief: Entscheidungen werden nur dann zu Entscheidungen, sobald der (Mikro)Manager die Freigabe erteilt und, als ob das nicht schon genug wäre, auch noch jedes Detail hinsichtlich der Umsetzung vorgeschreiben will. In anderen Worten: Fokussieren auf Details ist nicht das Problem, sondern ein Mikromanager der bestimmt auf welche Details der Fokus gelegt werden sollte.

Und was ist die Folge? Die Mitarbeiter entwickeln keine Eigeninitiative mehr und erbringen anstatt exzellenter nur noch mittelmäßige Leistungen. Denn hinsichtlich dieser werden sie schließlich kontrolliert und instruiert. Dazu kommt, dass sich der Mikromanager durch seine Obsession unbewusst das Wesentlichste aus den Augen verliert: Das Ziel des Projekts zu erreichen! Kein Wunder, dass das Wort Management in unserer Gesellschaft oft einen negativen Beigeschmack hat. Es handelt sich um die verkehrte Art von Management.

Steuern-in-Richtung-Kontrolle

Auch in unserer Gesellschaft sehen wir häufig Steuern-in-Richtung-Kontrolle und zu wenig Ergebnis- und Prozessorientiertes Denken. Aktuelle Missstände wie die Bankenkrise und Machtmissbrauch innerhalb von Organisationen haben das Vertrauen zerstört und stimulieren so den neurotischen Reflex der öffentlichen Organe, weitere Kontrollinstanzen zu installieren. Es tauchen immer weitere Key Performance Indicators (KPIs) auf, bei denen man sich fragen muss, ob sie verwendet werden, um den Prozess zu verbessern oder, um die Ausführenden besser kontrollieren zu können. KPIs sind Indikatoren, also Warnsignale. Oftmals werden Sie jedoch als Targets missbraucht. Es wird KPIs nachgejagt, anstatt das zu tun, was wirklich notwendig ist. Sodass als Konsequenz das Heilmittel schlimmer als die Krankheit selbst ist.

Es folgt ein Beispiel aus der Gesundheitsbranche. Nachdem die niederländischen Krankenversicherer auf den Mangel an Benchmarking in der Qualität der Gesundheitsversorgung aufmerksam gemacht worden waren, versuchten diese, hier Abhilfe zu schaffen und den Prozess zu verbessern. Dazu wurde entschieden, wieder das System der “Praxis Variationen” einzuführen, wobei das Abrechnungsverhalten von Hausärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern statistisch mit Daten von ähnlichen Anbietern verglichen wird. Ziel ist hierbei, statistische Ausreißer zu finden, ohne dass medizinische Daten von einzelen Patienten untersucht werden müsssten, was im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) steht. Erst nach dieser Filterung erfolgt bei den gefundenen Ausreißern eine detaillierte Untersuchung, bei der die Abweichungen erklärt werden müssen.

Hier handelt es sich also um ein reines Kontrollmittel. Zwar gibt es mit Hilfe von Data-Mining viele zusätzliche, clevere Analysemöglichkeiten, allerdings ist dabei fraglich, ob der Patient wirklich eine bessere Versorgung erhält. Und auch die Gesundheitsdienstleister sind nicht begeistert von dieser Vorgehensweise. Stattdessen fühlen sie sich oft sogar wie vor den Kopf gestoßen und in ihrer professionellen Ehre angegriffen, wenn sie auf Abweichungen vom KPI “Praxis Variationen” angesprochen werden. Natürlich gibt es viele logische Erklärungen dafür, warum es zu Praxisabweichungen vom Standardmittelwert gekommen ist. Betrug ist dabei nicht unbedingt ein wesentlicher Aspekt. Es regiert aber ein gegenseitiges Misstrauen. Letztendlich ist zu erwarten, dass Gesundheitsdienstleister auf eine Art und Weise stimuliert werden, sich dem Kontrollsystem anzupassen. Dann wird die Gruppe, die kontrolliert wird, selbst in Richtung Kontrolle statt Resultat steuern, beispielsweise beim Patienten- und Sprechstundenplanung. Sie wird alles so einrichten, dass sie dem Mittelwert entspricht, anstatt sich auf die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten zu konzentrieren, um eine möglichst hohe Patientenzufriedenheit zu erreichen. Bei solch einer Maßreglung für Gesundheitsdienstleister gilt: Die Innovationskraft verschwindet.

Steuern-in-Richtung-Kontrolle anstatt Steuern-in-Richtung-Ergebnis-und-Prozess ist vielmals im öffentlichen Sektor zu erkennen. Oftmals aus dem Wunsch heraus, in Richtung Verantwortung steuern zu wollen. Und selbstverständlich: Weil die Finanzierung aus Steuergeldern beglichen wird, ist es logisch, dass angegeben werden muss, dass das Budget schlau verwendet wurde. Und dennoch wird in diesem Beispiel zurück und nicht nach vorne geschaut. Aber nur ein Blick nach vorne ist der richtige Weg, um ein Ziel zu erreichen. Denn das hat der Steuerzahler wirklich verdient.

Beim Definieren der KPIs handelt es sich also um eine professionelle Aufgabe, die systematische Denkarbeit erfordert. Die Urheber der Business Balanced Scorecard (BBSC), Robert Kaplan und David Norton, warnten bereits mit dem Wort balanced, dass das Wählen von KPIs eine Aufgabe ist, die Präzision verlangt (Kaplan und Norton, 1996). So muss eine Verbindung zwischen den Indikatoren unterschiedlicher Perspektiven (bei der BBSC die finanzielle, kundenspezifische, interne Prozess- und Lern- und Wachstumsperspektive) hergestellt werden, um sicherzustellen, dass die einzelnen KPIs tatsächlich Ergebnisse für die Organisation produzieren. Darüber hinaus müssen KPIs von einem komplementären KPI begleitet werden, um sicherzustellen, dass sich der Prozess auf der richtigen Bahn befindet. Ein bekanntes Beispiel ist das Call Center. Ein wichtiger KPI ist hier die First call resolution rate, die angibt, wie viel Prozent der Fragen sofort beantwortet werden. Allerdings sagt die Berechnung dieses KPIs nichts darüber aus, wie effizient die Organisation die Kundenfragen beantwortet hat. Indem ein komplementärer KPI hinzugefügt wird, beispielsweise die “Dauer des Gesprächs”, kann jedoch erkannt werden, wie effizient Fragen beantwortet wurden.

Die Schwierigkeit ausgewogene KPIs zu definieren, kombiniert mit der Tatsache, dass die KPI-Interpretation ein Mittel ist, das Vertrauen wachsen aber auch Mistrauen schaffen kann, zeigt, dass die Festlegung einer guten Reihe von Messinstrumenten (KPIs) nicht während einer Kaffeepause geregelt werden kann, sondern viel Sachverstand und Geschick erfordert!

Diminisher und Multiplier

Der Balanceakt zwischen “Sowohl die Kontrolle behalten als auch dem Team Freiraum lassen” ist ein Thema, mit dem sich viele Menschen ihr ganzes Leben lang beschäftigen. Und das ist keine Schande. Der amerikanische Wachstums-Guru Verne Harnish vertieft sich seit Jahren in die Grundprinzipien, die nötig sind, um ein Unternehmen schneller wachsen zu lassen. In seinem Buch Wachstum durch Führung: Die 10 entscheidenden Management-Prinzipien (Harnish, dt. Ausgabe 2012) erklärt er - was Sie nicht überraschen sollte - dass man nur skalieren kann, wenn man delegieren kann. Er fügt hinzu, dass 96% aller Unternehmen weniger als zehn Mitarbeiter haben, ein Großteil davon weniger als drei. Als einen der Gründe hierfür nennt er, dass die meisten Unternehmer nicht wissen, wie sie den ersten Schritt hin in Richtung Delegieren-von-Verantwortungsbereichen machen sollen.

Eine andere Perspektive auf dieses &-&-& -Paradoxon wird von der amerikanischen Führungsexpertin Liz Wiseman in ihrem Buch Multipliers: How the Best Leaders Make Everyone Smarter (Wiseman, 2015) aufgezeigt. Sie beschreibt in Ihrem Buch, mit welchen Methoden und Techniken der Manager die Ergebnisse seines Teams verdoppeln kann. Obwohl wir in Kapitel 4 den “Faktor 10” besprechen werden, ist diese Verdopplung sicherlich schon eine Bereicherung. Wiseman zeigt anhand einer Analyse von 150 Managern auf, dass viele Organisationen nicht wirklich an einem Mangel an Personal oder anderen Mitteln leiden, sondern dass es sich hierbei oft nur um die Konsequenz der Unfähigkeit handelt, effektiven Zugang zu den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu erhalten. In der Praxis würde die Mehrheit der Manager, die sie Diminisher nennt, ihren Mitarbeitern zu wenig zutrauen und selbstständig ausführen lassen. Denn Sie legen eine Verhaltensweise an den Tag, die die Intelligenz und Kreativität ihrer Mitarbeiter beschränkt anstatt Sie zu fördern. Die Multiplier jedoch holen das Beste aus ihnen heraus! Sie sind der Managertyp, für den Mitarbeiter gerne durchs Feuer gehen. Sie wissen verborgene Talente zu erkennen und verstehen die Kunst des Vertrauens in ihre Mitarbeiter.

Auch wenn Sie denken, dass Sie alles gut im Griff haben, wird jeder von Ihnen bewusst oder unbewusst manchmal auch Diminisher-Verhalten gezeigt haben. Manager mit viel Drive gemeinsam Erfolge zu verbuchen, können beispielsweise durch ihre Energie und Begeisterung unbewusst andere davon abhalten, selbst die Initiative zu übernehmen. Wiseman nennt sie Accidental Diminishers. Vielleicht bringen Ihnen diese Einsichten zunächst noch nicht viel und erscheinen Ihnen nicht bahnbrechend. Die fünf Disziplinen jedoch, in denen sich Multiplier von Diminishern unterscheiden, können Ihnen helfen, Ihre Perspektive zu wechseln und auf diese Weise den toten Winkel in Ihrem eigenen Verhalten aufzuspüren (Abbildung 1.2). Weiterhin zeigt Wiseman auch auf, dass jeder Multiplier-Verhalten erlernen kann. Und das klingt doch ermutigend!

1.3 Sowohl Unsicherheiten erkennen als auch Commitment zeigen

Wer hat jemals einen Auftrag abgelehnt, weil dieser nicht hinreichend deutlich dargestellt werden konnte? Wenn ich Projektmanagern diese Frage stelle, erhalte ich die unterschiedlichsten Reaktionen. Einige sind sehr entschlossen und geben an, dass ein undeutlicher Auftrag keine Grundlage für ein erfolgreiches Projekt sei. Andere zucken mit den Schultern und antworten, dass ein vages Beschreiben des Umfangs zu Beginn eines Projekts das Standardrezept in ihrem Unternehmen ist. Sie haben es akzeptiert und sich daran gewöhnt. Das dritte &-&-& -Paradoxon “Sowohl Unsicherheiten erkennen als auch Commitment zeigen” betrifft viele Projektmanager. Commitment bedeutet, sich trotz aller Unsicherheiten (und dem Riskieren Ihrer persönlichen Integrität) vorwärts zu bewegen und hierdurch die richtigen Erwartungen bei allen Stakeholdern zu wecken.

Abbildung 1.2  Die fünf unterscheidenden Disziplinen von Multiplier- und Diminisher-Verhalten

Haben Sie jemals ein Projekt an einen Auftraggeber zurückgegeben?

Die Kultur der jeweiligen Organisation scheint bei der Beantwortung dieser Frage eine wichtige Rolle zu spielen. Die Aussage “Den Auftrag zurückzuweisen wird bei uns nicht gerne gesehen!” kommt regelmäßig vor. In vielen Unternehmen wird das Zurückweisen des Projekt-Auftrages als Versagen angesehen. Dennoch frage ich mich manchmal, ob diese Sicht der Dinge wirklich zutreffend ist oder ob es sich hierbei häufig nicht nur um eine persönliche Wahrnehmung der Projektmanager handelt, die diese daran hindert es dann überhaupt erst zu versuchen. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Buch sehen, dass nichts nur schwarz oder weiß ist und dass es immer Möglichkeiten gibt, diese Situationen trotz erwarteter Widerstände in Ordnung zu bringen und dabei beeinflussend aufzutreten. Dabei geht es also insbesondere um das Wie des Zurückgebens eines Auftrags. Und das führt oft zu interessanten Wendungen! Aber auch ganz unabhängig von Ihrem eigenen Engagement spielt es eine große Rolle, ob Ihr Auftraggeber eher ein Diminisher oder ein Multiplier ist. Ein Diminisher wird das Zurückweisen des Auftrages als Arbeitsverweigerung sehen. Der Multiplier wird es andererseits zu schätzen wissen, dass Sie mit offenen Karten spielen. Kennen Sie Ihre Pappenheimer.

Ich erinnere mich, dass ich die Möglichkeit des Zurückweisens eines Auftrages als wahren Eye-Opener erfahren habe, als ich bei einem meiner ersten Arbeitgeber begeistert mit meinem Projekt beginnen wollte. Es handelte sich um einen Arbeitgeber, mit einer ausgewiesenen Expertise im Bereich des Projekt- und Qualitätsmanagements. Ein Quality Assurance Officer, der mit der Unterstützung des Projektleiters im Bereich Qualität beauftragt war, sagte damals zu mir: “Wenn Sie keine User-Requirements-Specification vom Auftraggeber erhalten haben, dann ist es logisch, dass Sie diesen Auftrag zurückweisen, denn Sie wissen ja gar nicht, was Sie machen sollen!”. Ich habe diesen Auftrag zwar nicht zurückgewiesen, habe aber den Projektumfang mit dem Auftraggeber dann sehr scharf umrissen und definiert. Glücklicherweise empfand dieser dies als positiv und unterstützte bei der Konkretisierung des Auftrags. Kritisch bleiben, Rückgrat beweisen und mit einer vagen Fragestellung nicht direkt beginnen - so geht das! Ich bin dem damaligen Quality Assurance Officer noch immer für diese Lektion dankbar.

Zu einem späteren Zeitpunkt habe ich beim selben Arbeitgeber übrigens doch noch einen Auftrag zurückgewiesen. Aber damals wurde das Projekt unverändert einem anderen Mitarbeiter übertragen, der dies ohne zu zögern annahm. Der Projektmanager zeigte zwar Mut, aber kam später richtig ins Schwitzen, um die richtungslose Ausführung wieder in die richtigen Bahnen zu lenken und dort zu halten. Wieder eine Lektion gelernt: Das Bewerkstelligen des Paradoxons “Sowohl Unsicherheiten erkennen als auch Commitment zeigen”, kennt keinen per se richtigen Einflugwinkel.

Erwartungen erwecken Sie sofort

Ich bin der Meinung, dass sich die meisten Projektmanagementmethoden eher entsprechen, als dass sie voneinander abweichen. In Abhängigkeit von der Arbeitsdomäne und Vision haben sie einen anderen Schwerpunkt, aber hinsichtlich des Engagements können sie wunderbar aufeinander projiziert werden. Und das ist auch gut so, denn miteinander zusammenarbeitende Organisationen verwenden oft unterschiedliche Projektmanagementmethoden, was nicht zu einem Hindernis bei der Zusammenarbeit und Bewältigung des Gesamtprojekts führen sollte.

Die meisten Projektmanagementrichtlinien sind sich auch über den Zeitpunkt einig, an dem der Projektmanager offiziell Commitment hinsichtlich benötigter Zeit, Budget, Mittel, etc. zeigt. Obwohl die internationale Kompetenzrichtlinie der IPMA in diesem Punkt nicht explizit ist, kann uns der globale ICB4 Standard als Vorlage dienen. Dieser definiert, innerhalb der Kompetenz Plan and control, dass sich dieser Zeitpunkt nach Abschluss der Projekteinrichtungssphase befindet, als Teil des Meilensteins Decision to fund. Bei PRINCE2 zeigen Sie formell Ihr Commitment während der Ablieferung der Projektinitiierungsdokumente nach Abschluss der Initiierungsphase. Zu diesem Zeitpunkt wird der Projektmanagementplan nämlich als eine Art Vertrag fertiggestellt und genehmigt, so dass die Definitionsphase des Projektes abgeschlossen ist und die Ausführungsphase beginnen kann. Gegenseitige Verpflichtungen werden vom Auftraggeber und Auftragnehmer formell aufgezeichnet.

Die traditionellen Projektmanagementmethoden gehen also davon aus, dass die Aktivitäten der Definitionsphase dazu geführt haben, dass der Faktor Unsicherheit so weit minimiert wurde, dass Klarheit hinsichtlich des Projektbudgets, der Dauer, etc. besteht. Der Projektmanagementplan ist fertig und stabil, die “Denkphase” ist abgeschlossen und es kann losgehen. Wir wissen jedoch, dass die Praxis hartnäckiger ist und dass nach Abschluss der Definitionsphase oft noch erhebliche Unsicherheiten überbleiben. Gründe hierfür sind beispielsweise:

◾ Das Projektziel ist undeutlich oder ändert sich während des Projekts.

◾ Es ist zu wenig Wissen über Lösungsrichtungen bekannt, um vorab einen Plan erstellen zu können: Learning by doing während der Ausführungsphase.

◾ Die Organisation nimmt sich nicht die Zeit, alle Schritte der Definitionsphase zu durchlaufen und beginnt sofort mit der Ausführungsphase.

◾ Es ist nicht genügend Entschlussfähigkeit vorhanden, um Entscheidungen in Bezug auf Projektumfang, Lösungsrichtungen oder den Einsatz von Ressourcen zu fällen.

Ein Projektmanager muss also oft Commitment zeigen, obwohl es dafür eigentlich noch “zu früh” ist. Die Definitionsphase zu verlängern kann sicherlich unterstützen, aber auch dann bleiben oftmals noch Unsicherheiten bestehen. Und es ist immer die Frage, ob Ihnen der Auftraggeber diese zusätzliche Zeit gibt. Dafür kann es praktische Gründe geben: Z.B. das Enddatum des Projektes ist festgelegt, wodurch eine längere Bearbeitungszeit durch die Definitionsphase automatisch bedeutet, dass weniger Zeit für die eigentliche Ausführungsphase besteht. Wenn dann nicht sofort Commitment seitens des Projektleiters gezeigt wird, wird die Geduld des Auftraggebers enorm strapaziert. Oder es kann sich um einen politischen Grund handeln: Der Auftraggeber weiß eigentlich selbst, dass es so wie verlangt nicht geht, aber dennoch will er es nicht akzeptieren. Das führt Sie in ein umso größeres Dilemma: Steigen Sie in das Spiel ein oder nicht?

Vielleicht ist die Wichtigkeit des Augenblicks, an dem Sie Commitment zeigen, sowieso relativ. Denn Commitment zu zeigen können Sie zwar timen, das Wecken von Erwartungen jedoch nicht. Ich spreche regelmäßig mit Projektmanagern, die über die Tatsache empört sind, dass der Auftraggeber schon während der Definitionsphase Rückschlüsse über die Dauer und das Budget zieht, ohne dass dies formell kommuniziert worden ist. Ein logischer Gedankengang und formell haben sie Recht. Jedoch, auch wenn es kein offizielles Commitment gibt, werden Erwartungen vom ersten Moment an, ob bewusst oder unbewusst, geweckt. Und mögen diese Erwartungen auch rein informell sein, so ist sich der Auftraggeber dieses Stautuses meist nicht bewusst oder ist sich zumindest keiner Schuld bewusst. Wird den Erwartungen nicht entsprochen, so folgt die Enttäuschung auf dem Fuße. Enttäuschte Auftraggeber sind weniger flexibel und kooperativ, was von Anfang an die Gefahr einer Abwärtsspirale verursacht, noch bevor mit dem eigentlichen Projekt begonnen wurde. Und genau das wollen Sie als Projektmanager doch sicherlich nicht!

Für den Projektmanager beginnt also das Erwartungsmanagement schon von erster Sekunde des Projektes an. Und dies ist der Augenblick, an dem sehr viel noch undeutlich ist. Die Fähigkeit, während der Phase der Unsicherheit dennoch Deutlichkeit über den Projektumfang und die Ablieferungsdaten zu schaffen, ist also für einen Projektmanager von entscheidender Bedeutung. Egal, ob es sich um das formelle Zeigen von Commitment handelt oder um das informelle Verarbeiten von Erwartungen.

Abbildung 1.3  Das Wecken von Erwartungen beginnt bereits weit vor dem Moment des Zeigens von Commitment

Cynefin

Unsicherheiten bezüglich Ihres Projekts machen es schwierig Commitment zu zeigen. Das sehen Sie sicherlich ein, auch wenn es sehr subjektiv erscheint. Denn wie komplex ist Ihr Projekt eigentlich? Ist der Grad der Unsicherheit tatsächlich so hoch, dass kein stabiler Plan kreiert werden kann, oder liegt es an Ihrem eigenen Unvermögen? Wie halten Sie den Auftraggeber in dieser Phase bei der Stange? Welcher Ansatz passt zur Komplexität Ihres Projekts?

Eine Antwort auf die Frage nach der Komplexität Ihres Projektes kann das Cynefin-Modell (sprich [kih-neh-vin]) bieten (Snowden, 2007). Dieses Modell wurde von Professor Dave Snowden entwickelt und ist benannt nach einem walisischen Wort mit der Bedeutung: “Mehrere Faktoren aus unserer Umwelt und in unseren Erfahrungen beeinflussen uns in einer Weise, die wir nie ganz verstehen können.” Das Cynefin-Modell hilft festzustellen, unter welchen Typ von Komplexität und Unsicherheit das Projekt fällt. Darüber hinaus gibt es eine gute Indikation, welche Aktionen und Lösungsformen hierzu passen können und welche nicht. Dadurch wird es auch zu einem Decision-Making-Instrument, das bei der Auswahl des am besten geeignenten Projektansatzes unterstützt.

Snowden teilt Situationen und Probleme in vier Quadranten ein (Abbildung 1.4), mit einem passenden Stufendiagramm für jeden Quadranten:

1.Einfach (ErkennenKategorisierenReagieren): Die Lösung ist im Voraus bekannt und einfach zu planen.

2.Kompliziert (ErkennenAnalysierenReagieren): Es wird ein Experte benötigt, um die Lösungsrichtung zu bestimmen.

3.Komplex (ProbierenErkennenReagieren): Frühere Lösungswege können nicht angewendet werden. Lösungsrichtung und Plan folgen nach dem Ausführen von Experimenten.

4.Chaotisch (HandelnErkennenReagieren): Die Erstellung eines Plans hat keine höchste Priorität. Erst eingreifen und die Krise abwenden, danach möglicherweise die Lösungsrichtung und den Plan bestimmen.

Interessant ist, dass Dave Snowden zwischen einfachen und komplizierten Situationen auf der einen Seite und komplexen und chaotischen Situationen auf der anderen Seite unterscheidet. Bei den einfachen bzw. komplizierten Situationen ist die Lösung nämlich vorab bekannt: einfache Situationen können von jedem gelöst werden, während man für kompliziertere Probleme einen Experten benötigt. So gibt es ein ausreichendes Maß an Berechenbarkeit, um einen Plan erstellen und mit der Projektausführung beginnen zu können.

Bei komplexen und chaotischen Situationen ist dies nicht der Fall, da viele Faktoren unvorhersehbar sind oder sich ständig ändern. Bei komplexen Situationen werden Experimente benötigt, aus denen man lernen kann; routinemäßige Handlungen und bisherige Standardlösungen funktionieren meist nicht. Es besteht eben gerade Bedarf an einer innovativen und kreativen Art und Weise, wie gearbeitet werden soll. Erst probieren, und anschließend einen Plan erstellen. Chaotische Situationen hingegen erfordern sofortiges Handeln. Es herrscht eine Krise und darauf muss akut eingegangen werden, um die Ordnung wiederherzustellen. Anschließend kann untersucht werden, was die richtigen Folgehandlungen sind. Erst handeln und später mit der Definitionsphase beginnen.

Was ich persönlich an dem Modell von Snowden gut finde, ist, dass es meinen gesunden Menschenverstand beim Treffen von Entscheidungen hinsichtlich des Projektansatzes unterstützt. Einfache und komplizierte Projekte sind von Anfang an vorhersehbar und daher planbar. Stecken Sie daher besser alle Energie in das Erhalten der richtigen Informationen oder in die richtigen Experten und nicht in Brainstorming, Experimentieren oder andere Ablenkungen. Und stecken Sie Ihre Energie in das Erhalten eines eindeutigen Bildes mit dem Team. Es gibt immer so viele Hypothesen über den richtigen Weg wie Beteiligte; auch bei vorhersehbaren Projekten! Die Definitionsphase ist eine Frage von harter Arbeit, Kommunizieren, Entscheidungen treffen und sich nicht ablenken zu lassen bis ein Plan vorliegt. Just do it!

Bei komplexen Projekten ist dies anders. Es ist Ihnen selbstverständlich einleuchtend, dass zu dieser Kategorie die meisten Projekte gehören, die sich mit dem Entwickeln von neuen Produkten oder Dienstleistungen beschäftigen. Ebenso wie Projekte, bei denen viele Menschen und verschiedenartige Interessen betroffen sind, wie Reorganisationen und Arbeitsprozessverbesserungen. Zu Beginn dieser Projekte fehlt in der Regel noch das Wissen über die Vorgehensweise und Lösung. Abhängig vom Grad der Komplexität können Sie Unsicherheiten möglicherweise während der Definitionsphase abbauen. So kann beispielsweise eine Machbarkeitsstudie (nach Snowden: Probieren-Wahrnehmen-Reagieren) in kurzer Zeit die erforderliche Klarheit bringen oder die Unsicherheiten eingrenzen. Auf diese Wesie bringen Sie das Projekt, noch bevor Sie Ihr Commitment zeigen müssen, von “komplex” zu “kompliziert.” Ihr Commitment zeigen Sie dann anschliessend auf der Grundlage eines vorhersehbaren Projektverlaufs mit einem klaren Plan für die Ausführungsphase. Bei Projekten mit mehr Unsicherheiten oder Veränderlichkeit ist dies nicht möglich. Bei diesen Projekten beginnt die Projektausführung, während noch signifikante Unsicherheiten bestehen und zum Teil massive Veränderungen zu erwarten sind. Komplexe Projekte benötigen demnach viel Sachverstand und Kreativität vom Projektmanager, der sich dann verstärkt mit dem &-&-& -Paradoxon “Sowohl Unsicherheiten sehen als auch Commitment zeigen” konfrontiert sieht. Dies gilt natürlich in einem noch höheren Maße für Projekte in der chaotischen Domäne.

Abbildung 1.4  Das Cynefin-Modell von Dave Snowden

Welche Projekttypen haben Sie laut dem Cynefin-Modell bereits bewältigt?

Abschließend möchte ich Ihnen zwei Besonderheiten, die Dave Snowden mit seinem Modell berührt, nicht vorenthalten. Zunächst kennt das Modell noch eine Klassifikation, nämlich die Unordnung. Eine Situation erhält den Status Unordnung, wenn Sie nicht beurteilen können, in welchem der zuvor genannten Quadranten sich diese befindet. Dies ist eine für den Projekterfolg äußerst gefährliche Situation. Ein Projektmanager, der beispielsweise zu wenig die Regie übernimmt, kann das Projekt in Unordnung enden lassen. Die Projektmitglieder werden in ihre persönlichen Komfortzonen zurückfallen, wobei sie die falschen Entscheidungen treffen, da sie ihre Arbeitsweise nicht dem Problemtypen anpassen. Unordnung können Sie an Aussagen wie “Wir machen das doch immer so” erkennen. Es ist wichtig, bei einer solchen Situation sofort einzugreifen und diese Domäne schnellstmöglich zu verlassen.

Das andere Element ist der besondere Wechsel von einfach zu chaotisch. Dieser wird auch schon einmal der katastrophale Übergang genannt. Organisationen, die systematisch Situationen oder Veränderungen unterschätzen (fälschlicherweise also vereinfachen), können im Chaos versinken. Snowden nennt dies: “Complacency leads to failure”, also “Selbstzufriedenheit führt zum Scheitern”.

1.4 Ein Projektmodell als Aufhänger

In diesem und dem folgenden Abschnitt beschäftige ich mich mit zwei Themen, die für das weitere Buch wichtig sind: ein Modell des Projekts und agiles Projektmanagement. Das Modell des Projekts soll als Orientierungsmittel und Erinnerungsstütze beim Behandeln von neuen Begriffen dienen. Die Agile-Methode ist eine iterative Projektmanagementmethode, die bei der Ausführung von Projekten mit vielen Unsicherheiten und sich verändernden Zielsetzungen hilft. Ich behandele das agile nicht als Gegenspieler zum traditionellen Projektmanagement, sondern - Sie haben es bestimmt schon erraten - wir folgen dem und-und-Weg: Agil zu denken und zu agieren in Kombination mit dem traditionellen Projektmanagement. Dieser Kombination werden Sie auch in multidisziplinären Projekten begegnen, wenn mechanische (Wasserfall) Entwicklung mit (Agile) Softwareentwicklung kombiniert wird.

Die Phaseneinteilung des Projektmodells

In Abbildung 1.5 sind die Projektmanagementelemente wiedergegeben, mit denen die meisten Projekte modelliert werden können. Dieses Modell basiert auf der Richtlinie für individuelle Kompetenz der IPMA, kann jedoch auch hervorragend auf PRINCE2 und den PMBOK Guide von PMI angewendet werden. Das Ziel ist nämlich die Unterstützung bei der Begriffsformulierung und nicht die Durchsetzung von Entscheidungen zugunsten eines bestimmten Verfahrens. In dem verwendeten Modell stehen die Definitionsphase und die Ausführungsphase an zentraler Stelle, die gemeinsam oft als “das Projekt” gesehen werden. In Ihrem eigenen Projekt können diese Phasen natürlich in Teilphasen aufgeteilt werden. Da ich mich in diesem Buch vor allem auf das Entwickeln von neuen Produkten und Dienstleistungen beziehe, habe ich die Ausführungsphase bereits in Teilphasen aufgeteilt: die Entwurfsphase, die Realisierungsphase und die Testphase.

Abbildung 1.5  Ein Modell des Projekts mit den Phasen und Entscheidungspunkten

Das Projektmodell verfügt über zwei zusätzliche Phasen, die formal meist nicht zum Projekt hinzugerechnet werden. Zunächst die Nutzungsphase, die Phase, in der die Projektergebnisse vom Auftraggeber verwendet werden. Diese Phase ist im Allgemeinen kein Teil des Projekts, da das Projekt in der Regel nach der Ausführungsphase abgeschlossen wird. Dennoch ist es für den Projektmanager wichtig, diese Phase auf dem Radar zu haben, da der Auftraggeber in dieser Phase die Projektergebnisse verwendet und erwartet, dass die Projektzielsetzungen realisiert werden. Weiterhin ist es praktisch zu wissen, dass das Projekt meist ab der Nutzungsphase Geld einbringen wird. Die andere zusätzliche Phase ist die Vorbereitungsphase (in PRINCE2 wird diese der Starting-Up-Prozess genannt), eine Phase, mit der wir in diesem Buch noch viel Spaß haben werden! Die Vorbereitungsphase ist ganz bewusst von der Definitionsphase getrennt worden. Warum diese Trennung? Weil der Übergang zur Definitionsphase sehr wichtig ist und weil die Aktivitäten aus der Vorbereitungsphase ansonsten oft vergessen werden. Und das, obwohl ein erfolgreicher Projektmanager genau in dieser Phase den Kampf zu seinen Gunsten entscheiden kann!

Definitions- und Ausführungsphase, angereichert mit der Vorbereitungs- und Nutzungsphase, werden auch “das Projekt im weitesten Sinne” genannt. Übrigens werden viele Betroffene nur das “Projekt im engsten Sinne” (die Ausführungsphase) erfahren, da sie nur an der Projektausführung teilnehmen, bzw. hiervon die Folgen erfahren werden. Im Projektmodell sind drei wichtige Entscheidungspunkte enthalten:

◾Decision to justify: Die Entscheidung, ob eine Idee oder Anfrage in ein Projekt verwandelt wird.

◾Decision to fund: Die Entscheidung, ob mit der Ausführungsphase begonnen werden darf. Dies ist ein wichtiger Go/No-go-Moment eines Projektes.

◾Abnahme: Abnahme der Projektergebnisse. Die Entscheidung, dass das Projekt abgeschlossen wird und das Projektteam von allen Aufgaben entbunden werden kann.

Natürlich werden Sie Ihrem eigenen Projekt während der Erstellung Ihres Plans zusätzliche Meilensteine und Entscheidungspunkte hinzufügen und vielleicht lassen Sie auch das ein oder andere Element weg. Das Projektmodell ist ein Hilfsmittel und Denkrahmen für Ihr Projekt, keine Zwangsjacke.

Die Deliverables des Projektmodells

Das Projektmodell kennt auch eine Reihe elementarer Projektmanagement Deliverables, bzw. (Zwischen)Ergebnisse. Diese Deliverables sind in Abbildung 1.6 der jeweiligen Projektphase hinzugefügt, zu der sie gehören. Hierbei bedeutet ein Pfeil nach unten, dass sie als Input für diese Phase gelten und ein Pfeil nach oben, dass sie ein in dieser Phase erreichtes Ergebnis sind. Den Deliverables begegnen wir im weiteren Verlauf des Buchs immer wieder. Zu diesem Zeitpunkt bespreche ich lediglich das Allernötigste, um das Modell und den Zusammenhang verstehen zu können.

Abbildung 1.6  Die Projektmanagement Deliverables des Projektmodells

Vorbereitungsphase

Wir beginnen mit dem Anfang des Projekts. Mit dem Moment, an dem der Auftraggeber eine Projektidee hat und eine Projektanfrage startet, um die dazugehörigen Zielsetzungen zu realisieren. Mit der Absicht, ein Projekt zu beginnen, geht die Ernennung eines Projektmanagers mit dem richtigen Mandat einher. Natürlich ist dies in der Praxis einfacher gesagt als getan. Dazu später mehr.

Der Projektmanager könnte sofort mit der Erstellung des Projektmanagementplans beginnen, würde dann aber eine Chance verpassen: Die (einmalige) Gelegenheit, den Projektauftrag kritisch zu prüfen und genauestens mit dem Auftraggeber zu besprechen. Also die Gelegenheit, den gesamten Projektverlauf beeinflussen zu können. In Kapitel 4