Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis - Stefan Lenz - E-Book

Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis E-Book

Stefan Lenz

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Beschreibung

Hinter jedem Verein stecken Gesichter, Köpfe, Strukturen und Visionen. Eltern, die ihr Kind in der Kindertagesstätte abgeben, aber auch Kommunen, die den Postillion e.V. mit Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge betrauen, haben daher ein Recht darauf, mehr Details über den Hintergrund der Organisation zu erfahren. Dieses Buch möchte den Postillion e.V. greifbar machen und einen Einblick in die Historie und das Selbstverständnis des Vereins geben.

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Stefan Lenz

Der Postillion e. V.im Rhein-Neckar-Kreis

Originalausgabe

© 2020 Hirnkost KG, Lahnstraße 25, 12055 Berlin

[email protected]; http://www.hirnkost.de/

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage Mai 2020

Vertrieb für den Buchhandel:

Runge Verlagsauslieferung; [email protected]

Privatkunden und Mailorder:

https://shop.hirnkost.de/

Layout: Manuel Süess, Zürich

Lektorat: Klaus Farin, Gabriele Vogel

ISBN:

PRINT: 978-3-948675-18-9

PDF:978-3-948675-20-2

EPUB: 978-3-948675-19-6

Dieses Buch gibt es auch als E-Book – bei allen Anbietern und für alle Formate.

Unsere Bücher kann man auch abonnieren: https://shop.hirnkost.de/

Inhalt

Ein Buch über den Postillion e. V.

Der Postillion e. V. kommt aus Wilhelmsfeld – etwas zur Historie

»Noch ein Verein« Von der Gründung zur Professionalisierung (1985 bis 1999)

Die ersten Jugendcafés und Jugendhäuser außerhalb von Wilhelmsfeld (1999 bis 2006)

Die Kindertagesstätten kommen (seit 2006)

Der Postillion wird professioneller

Welche Ideen verfolgt der Postillion e. V.?

Das Fachkonzept der »Integrierten sozialräumlichen Kinder- und Jugendhilfe«

Unterstützung der Kinder und der Kita-Teams

In der Sozialraumorientierung liegt die Zukunft

Der Postillion ist im Rhein-Neckar-Kreis zu Hause

Wer steht hinter dem Postillion e. V.?

Kommunen als Eigentümerinnen des Vereins

Mitarbeiter*innen als Eigentümer*innen des Vereins

Beteiligung auf der Mitgliederversammlung

Sonstige Mitglieder als Eigentümer*innen

Vereinsorgane

Der Vorstand

Erweiterter Vorstand

Blick in die Zukunft – Fachkräfte von morgen: Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Fachschule für Sozialpädagogik

Freiwilliges Soziales Jahr motiviert für den Beruf

Mit der eigenen Fachschule auch künftig gut ausgebildete Fachkräfte

Im Rhein-Neckar-Kreis zu Hause und doch bundesweit aktiv

Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen

Der Hirnkost Verlag

Respekt! – Die Stiftung

Kommunaler Versorgungsverband und kommunaler Arbeitgeberverband Baden-Württemberg

Der Runde Tisch Öffentlicher Träger

Sonstige Kooperationen

Mobile Jugendarbeit kümmert sich um die Jugendlichen im Ort

Noch mal ein Blick in die Geschichte des Vereins: von der Offenen zur Mobilen Jugendarbeit

Was verstehen wir unter Mobiler Jugendarbeit?

Implementierung einer bedarfsorientierten Jugendarbeit (Modellprojekt 2014 bis 2017)

Bedarfsorientierung heißt genau hinhören

Krippe, Kindergarten und Hort

Aspekt 1: Kitas leben von den Fachkräften, nicht von tollen Programmen

Aspekt 2: Unterstützung berufstätiger Eltern als »neue« Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe

Aspekt 3: Kinder brauchen Natur

Aspekt 4: Das Vertretungsteam als Garant für Verlässlichkeit und eine offene Diskussionskultur

Aspekt 5: Das Konfliktmanagementsystem

Unterstützung für Familien: Hilfen zur Erziehung

Mit der Schulsozialarbeit ist Jugendhilfe auch an Schulen

Und zum Schluss: Der Ausblick

Ein Buch über den Postillion e. V.

Postillion e. V. – Der Name ist ungewöhnlich, mitunter wird man mit dem Satiremagazin verwechselt. Das passiert aber inzwischen nur außerhalb des Rhein-Neckar-Kreises. Hier hat sich der Verein einen Namen in der Kinder- und Jugendhilfe gemacht. Dieses Buch möchte den Postillion e. V. greifbar machen und einen Einblick in die Historie und das Selbstverständnis des Vereins geben.

Hinter jedem Verein stecken Gesichter, Köpfe, Strukturen und Visionen. Eltern, die ihr Kind in der Kindertagesstätte abgeben, aber auch Kommunen, die den Postillion e. V. mit Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge betrauen, haben daher ein Recht darauf, mehr Details über den Hintergrund der Organisation zu erfahren. Das ist umso wichtiger, da der Postillion e. V. eine lokale Initiative ist, die sich auf den Rhein-Neckar-Kreis beschränkt. Im Gegensatz zu den Wohlfahrtsverbänden, deren Ziele und Historie aufgrund ihrer langen Tradition bereits bekannt sind, ist der Postillion e. V. eine eher junge Initiative.

Bislang wurden regelmäßig ausführliche Jahresberichte veröffentlicht. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass darin vor allem langfristige Veränderungen oftmals zu kurz kommen. Daher ist die Idee geboren, ein Buch mit mehr Beständigkeit herauszugeben. Es ist uns bewusst, dass dies auch immer wieder aktualisiert werden muss, da die Gesellschaft im Bereich der Jugendhilfe immer wieder neue Aufgaben zuschreibt bzw. die Aufgaben verändert. Gerade die Entwicklung im VIII. Sozialgesetzbuch vom ehemaligen Jugendwohlfahrtsgesetz mit einem sehr stark ordnungsstaatlichen Prinzip hin zu einem Leistungs- und Hilfegesetz, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, macht dies deutlich. Doch die Kinder- und Jugendhilfe ist sehr stark abhängig von gesellschaftlichen Diskursen – so hat dieses Gesetz inzwischen durch die Debatten zu Kindeswohlgefährdungen in Familien und Einrichtungen wieder stärker eingreifenden Charakter erhalten. Eine bedenkliche Entwicklung.

In der Kinder- und Jugendhilfe gibt es viele Möglichkeiten, die Arbeit zu machen. So muss sich jedes Team – oft gemeinsam mit den Kindern und Eltern – auf den Weg machen, um ein gutes Handlungskonzept zu entwickeln. Daher ist uns dieses Buch wichtig, um bestimmte Leitlinien festzulegen, in denen sich ein Team beim Postillion e. V. bewegen kann. Die Einrichtungen sollen trotz der Größe des Vereins natürlich nicht ganz beliebig handeln, wir möchten ein einheitliches Konzept verfolgen. Dieser Handlungsrahmen soll in diesem Buch niedergeschrieben werden, sodass er für Eltern, aber auch neue Kolleg*innen transparent ist.

Diese Veröffentlichung ist ein erster Versuch, die Arbeit des Vereins ausführlich dazustellen. Wir freuen uns, wenn dieses Buch zur Diskussion beiträgt und sich in einer eventuellen zweiten Auflage fortentwickeln wird.

Der Postillion e. V. kommt aus Wilhelmsfeld – etwas zur Historie

»Noch ein Verein!« Von der Gründung zur Professionalisierung (1985 bis 1999)

Am 9. März 1985 wurde in Wilhelmsfeld im Restaurant Talblick der Postillion e. V. gegründet. Damals firmierte er noch unter dem Namen »Verein der Freunde und Förderer des Kraftpostmuseums Wilhelmsfeld«. Es war eine ungewöhnliche Vereinsgründung. Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete damals unter der Überschrift: »Noch ein Verein!« Dass daraus einer der größten Träger für Jugendhilfe im Rhein-Neckar-Kreis werden sollte, war weder geplant noch abzusehen. Gerade deshalb lohnt sich ein Blick in das Jahr 1985, um die Wurzeln des Vereins zu begreifen.

Die Deutsche Bundespost hatte ihren Busdienst »Kraftpost«, wie die gelben Busse genannt wurden, 1983 an die Deutsche Bundesbahn abgegeben. Die gelben Busse waren im ländlichen Raum eine staatliche Dienstleistung, die für das Funktionieren des Gemeinwesens wichtig war. Die Kraftpost symbolisierte für Jugendliche den Staat und machte ihn erlebbar, denn schließlich nutzten sie die Busse täglich, um in die Schule oder zur Arbeit zu fahren. Es war ein Treffpunkt, wo man Bekannte sah und die Busfahrer alle mit Namen kannte. Es war auch ein Austauschort für Informationen rund um das Gemeinwesen. Und so war es schon ein Einschnitt, gerade für die Busfahrer, die jahrelang im Dienst der Bundespost waren, auf einmal nicht mehr gelbe, sondern rote Busse zu fahren. Das Familiäre der Kraftpost war verschwunden.

Es war Ziel der Vereinsgründung, wenigstens etwas von dieser lokalen Eigenart zu konservieren und ein Museum zu gründen. Gleichzeitig war es eine Zeit, in der Jugendliche und junge Erwachsene in Wilhelmsfeld etwas verändern wollten. Es gab für sie vor allem Sportvereine und Vereine als Orte der Freizeitbeschäftigung. Treffpunkte im Sinn von Jugendhäusern standen nicht zur Verfügung. Das genügte ihnen nicht mehr. So gründeten vor allem Busfahrer der Deutschen Bundespost einen Verein, der das Alte bewahren bzw. daran erinnern und gleichzeitig die Jugendarbeit in die Hand nehmen wollte. Zwei Ziele unter einem Dach und für die damaligen Jugendlichen ein ideales Bündnis: Die Seriosität der Busfahrer der Deutschen Bundespost als Rückgrat einer Jugendarbeit, die man brauchte, um Kinder und Jugendliche, vor allem aber deren Eltern, zu gewinnen.

Diese kleine Broschüre von 1955 war Namensgeber des Vereins

Es wurden zunächst alle möglichen Räume genutzt. Das Café Junghans ebenso wie ein privater Schuppen in der Johann-Wilhelm-Straße. Die Nebenzimmer des damaligen Gasthofs Schriesheimer Hof und der TSG-Gaststätte wurden für Tanzkurse genutzt. Die Hilfsbereitschaft vieler Wilhelmsfelder war zu dieser Zeit groß. Der Verein hatte schon früh begonnen, Tagesausflüge, z. B. in das damals neu gebaute Spaß-Schwimmbad Bellamar, zu unternehmen. Natürlich immer mit den Linienbussen. Die guten Kontakte zur Deutschen Bundesbahn machten es möglich, günstige Tarife zu bekommen.

1987 gab es die erste Kinderfreizeit zur blauen Adria nach Altrip (Gemeinde Rheinauen). Zu dieser Zeit hatte der Verein bereits einen ehemaligen Postbus gekauft, der als Unterkunftsraum in der Kinder- und Jugendfreizeit diente. Leider gibt es diesen Bus nicht mehr. Der Verein konnte ihn nicht halten, da er damals noch nicht finanzkräftig genug war. Er musste wieder verkauft werden. Allerdings hatte er einige Einsätze gerade beim örtlichen Mitteldorffest. Viele erzählten Jahre später noch von dem gelben Bus, der das Mitteldorffest bereicherte. Ab 1987 gab es zweimal im Jahr Kinder- und Jugendfreizeiten, an denen ganze Jahrgänge fast geschlossen teilnahmen. Es war ein attraktives Angebot. Junge Erwachsene waren als Betreuer*innen dabei. So ging vieles, was in einem pädagogisch stark reglementierten Raum in dieser Form gar nicht möglich gewesen wäre. Natürlich sind die Freizeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln angeboten worden. Einen Reisebus anzumieten wäre undenkbar gewesen. Es war aufregender und es hat zu der Idee des Vereins gepasst, der sich schon immer mit der Frage des öffentlichen Personennahverkehrs beschäftigte.

Nach dem damals geltenden Jugendwohlfahrtsgesetz war es möglich, nach drei Jahren als Freier Träger der Jugendhilfe anerkannt zu werden. Diese Chance nutzte der Postillion e. V. und bekam vom Jugendhilfeausschuss des Rhein-Neckar-Kreises die Anerkennung als damals noch einziger Träger im Rhein-Neckar-Kreis. Alle anderen Neugründungen im Kreis fanden erst ab dem Jahr 1990 statt. Mit der Anerkennung war es möglich, dass der Verein Zuschüsse aus dem Landesjugendplan beim Land Baden-Württemberg für Freizeiten und Lehrgänge erhalten konnte. War der Kreisjugendring, der die Zuschüsse des Rhein-Neckar-Kreises für Freizeiten und Lehrgänge verwaltete, anfangs nur Mittel zum Zweck, um an Fördermittel zu kommen, hat sich der Postillion e. V. im Lauf der Jahre zunehmend stärker in diesem engagiert. Ab 1999 war der Vorsitzende des Postillion e. V. auch Mitglied im Vorstand des Kreisjugendrings und von 2001 bis 2016 dessen Vorsitzender.

Der Verein hat es nie geschafft, ein Museum zu realisieren. Dafür gab es zu wenige Exponate. Immerhin konnten einige Materialien, Akten und Gegenstände vor allem aus der Nachkriegszeit der Kraftpost in Wilhelmsfeld gesichert werden. Teile davon sind heute in der Geschäftsstelle des Postillion e. V. in Vitrinen ausgestellt, nicht direkt als Museum, aber dennoch öffentlich zugänglich gemacht. Die Geschichte der Buslinie nach Heidelberg ist in Form einer kleinen Broschüre mit vielen Bildern dokumentiert worden, die es heute noch gibt.

Broschüre über die Geschichte der KraftpostlinieWilhelmsfeld-Heidelberg

Zwei bis drei Freizeiten bot der Postillion e. V. im Jahr an: an die Nordsee, in die Berge, in den Harz und in das Kinder- und Jugenddorf Klinge im Bauland, wo auch viele Lehrgänge stattfanden. Die Kinder ebenso wie die Betreuer*innen waren alle aus Wilhelmsfeld. Am Anfang war man, wie Janusz Korczak in den 1920er Jahren einmal gesagt hat, »reich an Illusionen und arm an Erfahrung« – und überrascht davon, was eine Masse von Kindern für Kräfte entwickeln kann. Im Lauf der Zeit kam daher immer mehr Struktur in die Freizeiten. Es war immer ein Stammteam dabei, das die Arbeit ausgewertet hat, wodurch die Freizeiten sich stetig verbesserten. Im Sinn einer lernenden Organisation gab es hierzu eigene Lehrgänge, um das Team weiterzuentwickeln und neue Betreuer*innen in die Arbeit miteinzubeziehen.

Neben den Freizeiten gab es während des Jahres auch andere Aktivitäten. So wurde 1991 ein Ford Transit gekauft, der als Spielmobil bemalt wurde und einmal in der Woche im Ort Spiele für Kinder anbot (in der Regel alte Straßenspiele). Die Idee, die dahintersteckte, war eine Belebung des öffentlichen Straßenraums, der durch die Motorisierung zunehmend vom Auto bestimmt wurde und Kinder zurückdrängte. Wir wollten hier einen bewussten Gegenpunkt setzen.

Die Idee des Postillion e. V. war es nicht, Nachwuchs zu gewinnen, wie dies bei den klassischen Vereinen der Fall ist, sondern es war Jugendarbeit als reiner Selbstzweck, die von jungen Menschen für andere junge Menschen angeboten wurde. Dieses Modell stellte sich vielleicht deshalb als ein Erfolgsmodell heraus.

Der Postillion e. V. ist mit Wilhelmsfeld und auch damals der Kraftpost sehr stark verbunden gewesen. Heute ist der Verein im gesamten Rhein-Neckar-Kreis tätig. Damals war es eine lokale Initiative, die punktuell immer wieder mal im Nachbarort Heiligkreuzsteinach kleinere Angebote machte. Dies hing vor allem damit zusammen, dass Jugendliche aus Heiligkreuzsteinach das Angebot in Wilhelmsfeld gerne nutzten, da auch eine Busverbindung bestand, und dann in Heiligkreuzsteinach davon inspiriert etwas Eigenes auf die Beine stellten. Auch das Spielmobil ist teilweise in den Nachbarort gefahren, in die kleinen Ortsteile. Die Kinder waren für diese Angebote sehr dankbar.

Klaus Farin schreibt in seinem Buch Über die Jugend und andere Krankheiten (2018): »‚Politik’ wird von Jugendlichen selten als Prozess und Chance der Gestaltung ihres eigenen Lebensalltags gesehen, sondern auf Partei- und Regierungspolitik reduziert. Auf etwas Unangenehmes oder zumindest Abstraktes, das in für sie unerreichbaren und undurchschaubaren Ebenen stattfindet. Die Privatisierung einstmalig staatlicher Dienstleistungen, wie der Post, des öffentlichen Verkehrs, von Bereichen der Polizei, von zahlreichen Universitäten und Bibliotheken und großen Teilen des Schulwesens, hat dazu geführt, dass der Staat für Jugendliche immer bedeutungsloser erscheint. Dass der Staat, um Banken zu retten, in Krisensituationen plötzlich Milliarden Euro zur Verfügung stellt und es gleichzeitig stets heißt, für die Renovierung des maroden Bildungssystems oder für lokale Jugendarbeit sei kein Geld da, hat die Distanz von Jugendlichen gegenüber der Politik weiter verstärkt.« Die Jugendarbeit des Postillion e. V. war in den Anfangsjahren stark davon geprägt, einen staatlichen öffentlichen Personennahverkehr in Form von Bahn und Bus zu unterstützen. Gleichzeitig lebte der Verein auch von der Unterstützung der Busfahrer. Doch auch diese Ära hat beim Postillion e. V. irgendwann ein Ende gefunden. Ende der 1990er Jahre war die ursprüngliche Gründergeneration in dem Alter, in dem das Modell in dieser Form nicht mehr trug. Im Jahr 1998 gab es die ersten Überlegungen, inwieweit man sich stärker in eine professionelle Kinder- und Jugendarbeit stürzen könnte. Es war die Zeit, in der Jugendarbeit in den Kommunen eine ganz neue Erwartungshaltung weckte.

Die ersten Jugendcafés und Jugendhäuser außerhalb von Wilhelmsfeld (1999 bis 2006)

Im Jahr 1998 stellte der Verein eine kleine Arbeitsgruppe zusammen, bestehend aus Ehrenamtlichen, die früher beim Verein tätig waren, aber auch Fachleuten aus verschiedenen Einrichtungen, so u. a. ein Mitarbeiter des Jugendamtes Mannheim.

Diese kleine Gruppe entwickelte Ideen, wie der Postillion e. V. sich weiterentwickeln könnte. Auslöser war vielleicht auch der Zeitgeist, dass Kinder- und Jugendhilfe eine immer stärkere Beachtung in der Öffentlichkeit fand. Gleichzeitig gab es eine Überzeugung innerhalb des Vereins, dass das, was bis dahin gemacht worden war, gut war. Eine der entwickelten Ideen war, das Modell Wilhelmsfeld auf andere Kommunen zu übertragen. Allerdings nur gegen eine Aufwandsentschädigung, da das ehrenamtlich sonst sehr schwer machbar gewesen wäre. So stark war die Personaldecke an Ehrenamtlichen innerhalb des Vereins nicht. So ist auch das erste »bezahlte Jugendcafé« entstanden. Wir schlugen Gemeinden vor, für 500 Euro monatlich ein bis zwei Mal ein Jugendcafé anzubieten bzw. junge Erwachsene zu schulen, die dann das Ganze ehrenamtlich voranbringen. Die Gemeinde Mauer war die erste Kommune, die diese Idee gut fand. So entstand neben dem Jugendcafé in Wilhelmsfeld das erste »bezahlte Jugendcafé« in Mauer, mit gemeinsamen Aktionen und Schulungen von Ehrenamtlichen. Der sozialräumliche Ansatz war von Anfang an ein Baustein der Arbeit. So rief der Postillion e. V. unvermittelt mit der Eröffnung des Jugendcafés in Mauer die ersten »AGs Jugendhilfe« (wie wir es damals nannten) ins Leben. Diese bestanden aus allen Menschen, die in der Kommune etwas mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatten, vor allem der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamts, Jugendgerichtshilfe, Schulen und die örtliche Polizei.