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Der Regenbogendrache - Die neue Bestseller Trilogie im Tochter der Drachen Universum! (Kann unabhängig von Tochter der Drachen gelesen werden) "Dafür, dass du kein Held sein willst, verhältst du dich ziemlich oft wie einer." Torald ist wirklich kein Held. Er ist ein Straßenjunge, der sich mit List und Einfallsreichtum durchs Leben gekämpft hat. Er hat von klein auf gelernt, sich aus gefährlichen Situationen herrauszuhalten, und immer nach einem Vorteil für sich selbst zu suchen. Und das ist alles, was Torald sein will. Doch als Hubric Wolkenwandler auftaucht und anbietet Torald auf einem Regenbogendrachen auszubilden, der jede Farbe annehmen kann, kann Torald die Gefahr nicht länger vermeiden. Denn das Dominion befindet sich in Unruhe. Die Magier sind immer noch eine beachtliche Macht und schmieden einen Plan, der einen neuen Krieg herbeiführen könnte. Um mit den Magiern fertig zu werden, braucht das Dominion mehr als einen Helden. Es braucht jemanden mit List und Köpfchen. Es braucht einen Straßenjungen und seinen Regenbogendrachen.
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Seitenzahl: 414
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DIE DRACHENSCHULE
BUCH 6
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Drachen.
Tag und Nacht drehten sich meine Träume und Gedanken nur um sie. Bei jedem Sonnenaufgang fragte ich mich unwillkürlich, wie dieser wohl aus der Luft aussähe. Die Hitze der letzten Sonnenstrahlen ließ mich ihren feurigen Atem auf der Haut spüren, und das Heulen des Windes ihr Gebrüll hören.
Alles hätte ich dafür gegeben, um noch einmal auf einem zu reiten. Hätte mir dieser alte Mann nur keine falschen Versprechungen gegeben... Hätten wir nur nie diese unsinnige Vereinbarung getroffen...
Allein der Gedanke daran brachte die Wut in mir zum Kochen. Ich hasste Lügner. Ich hasste sie aus tiefster Seele. Weil ich selbst einer war.
Als Straßenjunge musste ich irgendwie meinen Lebensunterhalt verdingen, und in meiner Welt war eine Lüge manchmal mehr wert als jede Wahrheit. Ich hasste es zu lügen – doch belogen zu werden, hasste ich noch mehr.
Der alte Mann hatte mich belogen, das wurde mir jeden Tag bewusster. Hätte er nicht die Unwahrheit gesagt, säße ich heute nicht in der verwüsteten Stadt fest, die einst mein Zuhause gewesen war.
Ich stapfte durch den gefrorenen Morast, ignorierte das Schneegestöber und versuchte, die Erinnerungen an die Nacht zu verdrängen, in der Magie, Asche und Flammen die Luft erfüllt hatten. Es war zu früh, daran zu denken, ohne das Grauen erneut zu durchleben.
Ich machte mir nicht die Mühe, meinen Mantel enger um meinen Körper zu schlingen, um den beißenden Wind abzuhalten. Meine Kleidung war bereits seit Monaten verschlissen, doch es fehlte der Stoff, um sie zu flicken. Seit der Krieg unsere Himmelstadt in Schutt und Asche gelegt hatte, fehlte es an allem.
Ein Mann wich mir aus, sein Mantel war nicht minder zerschlissen. Er umklammerte den Knauf seines Schwertes. Als gäbe es noch etwas zu stehlen - mein Besitz war so wertlos wie seiner. Der Krieg machte alle Menschen gleich und hinterließ nichts als Leid und Verzweiflung. Was war grausamer? Der schnelle Tod durch die Hand eines Soldaten oder doch das langsame, zermürbende Dahinvegetieren, halb wahnsinnig vor Hunger und Kälte?
"Torald! Was sagt Ephretti über die Versorgungszüge? Werden sie bald eintreffen?", hörte ich die Stimme des alten Badge. Vor dem Niedergang der Stadt war er Händler gewesen. Eigentlich war er es immer noch – obwohl er jetzt kaum etwas anderes als Krähenpasteten oder Eintopf verkaufte, der angeblich nicht aus Ratten bestand. Ich wusste es besser. Er müsste schon ein Magier sein, um anderes Fleisch herzuzaubern.
Ich ließ den Blick über die ausgebrannten Gebäude schweifen. Jemand hatte auf der gegenüberliegenden Straßenseite Barracken errichtet und eine Wäscheleine gezogen. Die Bretterbuden waren so baufällig, dass sie den nächsten Windstoß kaum überstehen würden. Warum machte sich jemand die Mühe, seine Kleidung zu waschen? Wir stanken alle gleichermaßen erbärmlich. Nichts würde je den Brandgeruch aus unserer Kleidung, unseren Haaren oder aus unserer Erinnerung vertreiben.
Ich schlich mich an Badges Handkarren heran. Eile war geboten. Ich konnte fast hören, wie Kastellanin Ephretti mich anherrschte: "Städte verwalten sich nicht von selbst, Torald", würde sie sagen. "Nicht einmal, wenn sie zerstört sind."
Aber der Duft, den der Eintopf verströmte, ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen, obwohl ich wusste, woraus er bestand. Badge hatte das Zeichen der Lichtbringer sorgfältig in die Seite seines Karrens geritzt – ein Symbol, das seinen potenziellen Kunden Vertrauenswürdigkeit vorgaukeln sollte.
"Sind Ratten in dem Eintopf?"
"Pssst!" Er runzelte die Stirn und musterte die Menschen, die sich an uns vorbei drängten – zum Großteil der kümmerliche Rest der Bevölkerung von Vanika, aber auch einige Fremde waren darunter, die die Spuren des Krieges in ihren Gesichtern trugen. Badge stemmte sich gegen den kalten Wind. "Keine Lügen über mein Essen! Ich serviere nur das Beste!"
Es glich einem Wunder, dass uns noch Nahrungsmittel zur Verfügung standen – und wenn es nur Ratten waren. Der Winter war eine schlimme Zeit, wenn es weder Vorräte noch Waren oder Münzen gab. Noch schlimmer machten ihn die zerstörten Häuser, zumal das Brennholz knapp wurde.
Plötzlich beschlich mich das Gefühl, beobachtet zu werden, und ich blickte mich um. Doch in Zeiten wie diesen sahen die Menschen alle gleich aus: hager, farblos, rußverschmiert und Hunger in den Augen, sodass keiner aus der Menge herausstach. Jeder der Vorbeieilenden hätte es sein können oder keiner von ihnen. Dennoch wurde ich dieses Gefühl nicht los. Ich konnte fast körperlich spüren, wie ein heimlicher Beobachter mir ein Loch in den Rücken starrte.
„Ephretti weiß es nicht, alter Freund“, antwortete ich mit leichter Verzögerung. „Sie hat dem Dominar eine Nachricht geschickt und ihn um Unterstützung gebeten, aber wer weiß, ob sie ihn überhaupt erreicht.“
"Sie können uns hier nicht verhungern lassen - selbst du bekommst nicht genug zu essen, dabei arbeitest du für die Hohe Dame", wandte Badge ein. "Vanika war einmal eine der größten Städte des Dominions. Kastellanin Ephretti wird einen Weg finden, um uns zu retten, du wirst schon sehen!"
Es machte mich nervös, die Stadtbewohner über Ephretti so reden zu hören, als wäre sie die Erlösung aus unserem Elend. Unangenehm berührt zog ich meinen Kopf ein. Es hatte eine Zeit gegeben, in der ich genauso gedacht hatte. Ephretti und ihr großer grüner Drache hatten mich mit der gleichen Ehrfurcht erfüllt, die sie überall verbreiteten. Unsere Retterin. Die magische, über den Tod siegende Ephretti Oak, der wir unser Leben zu verdanken hatten.
An einem trostlosen Ort wie den verfallenen Ruinen Vanikas brauchte man nicht lange, um zu erkennen, dass auch sie sterblich war. Es sollte mir egal sein. Ich sollte mich nicht um falsche Versprechungen scheren, doch die Lüge, der ich aufgesessen war, brannte mir noch immer in der Seele.
Ich wünschte mir, die Wahrheit früher erkannt zu haben. Bevor die Lüge Hoffnung in mir schüren konnte, die nun in Verzweiflung umgeschlagen war. Über einen Monat war vergangen, seit der alte Mann mir versprochen hatte, zu mir zurückzukehren. Wie lange sollte ich noch warten, bevor ich aufgab?
"Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen." Badge beugte sich vor. "Über Spione. Ich glaube, ich habe heute einen gesehen."
"Bloß Gerüchte", antwortete ich und ignorierte den Schauer, der mir über den Rücken lief.
"Es heißt, dass sich drei Nationen gegen uns verbündet hätten. Es heißt, dass einige von ihnen immer noch Groll gegen uns hegen."
Vielleicht war es noch nicht zu spät, nach Süden zu gehen. Den Weg nach Leedris oder in eine andere Himmelstadt einzuschlagen. Irgendwo musste es noch Nahrung geben. Und eine Unterkunft. Ich hatte es satt, mich mit anderen in ein Zimmer zu quetschen - sofern ich es überhaupt rechtzeitig schaffte, mir einen Platz zu ergattern.
Vielleicht würde ich auch den ganzen Weg in die Hauptstadt gehen und den Dominar mit der leuchtenden Drachenkrone sehen. Es hieß, er ritte auf einem violetten Drachen. Es wurde gemunkelt, er habe die Staubdämonen vernichtet, die unsere Stadt verwüstet hatten. Gerüchte machten die Runde, dass der Drache magische Geister aus dem Boden aufsteigen ließ, die seine Befehle anstandslos befolgten. Man sagte, er sei der Sohn des Himmels und der Sterne.
Badge lehnte sich weiter vor und runzelte die Stirn, da drehte sich ein Passant zu uns um. "Ko'Torenth, Junge. Man munkelt, dass sie keine Magie mehr hätten und ein Auge auf uns geworfen haben, um uns die unsere zu nehmen."
"Siehst du hier irgendwo Magie?" Ich trat einen Schritt zurück. "Ich sehe nur Asche und Ruinen."
"Manchmal findet man die beste Magie im Verborgenen."
Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Ich sollte aufhören, über etwas nachzudenken, das ohnehin keine Rolle für mich spielte. Es war besser, am Boden der Tatsachen zu bleiben.
Ich hatte einige der anderen Jungs sagen hören, sie würden heute Abend in die ausgebrannten Ruinen steigen, die einmal Geschäfte und Häuser gewesen waren, und nach Wertsachen suchen. Das klang interessant. Wenn wir Glück hatten, fänden wir vielleicht sogar etwas, das sich tauschen ließ. Ich musste hungriger sein, als ich dachte, dass ich von solchen Dingen träumte!
Oder wir fänden das, was wir beim letzten Mal gefunden hatten. Mich schüttelte es bei diesem Gedanken. Viele Menschen waren in den Flammen umgekommen. Menschen, die ich gekannt hatte. Ich verdrängte den Gedanken.
"Hast du eine Schüssel Eintopf übrig?", fragte ich Badge und fokussierte meinen Geist wieder auf das Hier und Jetzt.
"Nicht für einen Jungen, der nicht zahlen kann."
Ich zog eine Grimasse, mein Bauch knurrte, und ich holte drei Becher und eine kleine Holzkugel aus meinen Taschen.
"Wie wär's mit einer Runde Finde den Rüsselkäfer? Wenn du errätst, wo er sich versteckt, gibt es keinen Eintopf für mich. Wenn du scheiterst, bekomme ich den Eintopf für lau."
Badge zuckte gelangweilt mit den Schultern, aber ich wusste, dass er darauf eingehen würde. Er mochte meine Spielchen. Den meisten Leuten gefielen sie. Wenn ich die Leute unterhielt, schaffte ich es, dass sie mir alles gaben. Der Trick dabei war, seine Aufmerksamkeit abzulenken. Die Becher halfen dabei.
Ich stellte sie so dramatisch, wie es meine kalten Finger zuließen, auf seinem Wagen ab. Meine Hände bewegten sich im eisigen Wind langsamer als sonst, aber der Geruch des dampfenden Eintopfs ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Denk nicht an die Ratten, Torald. Konzentriere dich auf das Spiel.
Schwunghaft holte ich die Holzkugel hervor, legte sie unter einen der Becher und begann, die Becher schnell hin und her zu schieben. Ich zog eine Augenbraue hoch und bereitete mich auf den Trick vor, der Badge zum falschen Becher führen würde.
"Na, welcher ist es?" Ich lächelte charmant, meine Hand schwebte immer näher über dem Becher, von dem ich wusste, dass er leer war.
"Der Linke."
Ich hob den leeren Becher an. "Noch ein Versuch?"
"Ich weiß nicht, warum ich das mit mir machen lasse."
Ich kannte die Antwort, doch ich schwieg. Bei all der Trostlosigkeit um uns herum gab es wenig Unterhaltung. Jeder hier würde für ein paar Momente Vergnügens viel Geld ausgeben - ganz zu schweigen von einer Schüssel Ratteneintopf.
Ich mischte die Becher erneut. Schnell und dramatisch, damit er durch die Bewegung meiner Hände den richtigen aus den Augen verlor.
"Rate noch einmal."
"Mitte."
Ich sah grinsend auf und hob den Becher an, um zu zeigen, dass auch dieser leer war. Badges Mund stand offen und seine Augen waren weit aufgerissen.
"Ich weiß, es ist schockierend, wie gut ich darin bin."
Sein Mund bewegte sich, als wollte er etwas sagen, und ich drehte mich neugierig um und sah über meine Schulter. Es war nicht meine Art, mich nervös machen zu lassen.
Hinter mir stand ein Mann mit offenem Mund regungslos im Hof, die Hände hielt er mit gespreizten Fingern vor sich. Sein Blick hatte etwas Seltsames an sich. Ich blinzelte, um genauer hinzusehen.
Wer war dieser Kerl? Ich kannte ihn nicht, aber angesichts der Größe der Stadt und des ständigen Zustroms von Flüchtlingen bedeutete das nicht viel. Ich hätte ihn allerdings erkannt, wenn ich ihm schon einmal begegnet wäre. Ich musste mir Gesichter gut einprägen, um bei meinen Betrügereien nicht zweimal an dasselbe Opfer zu geraten.
Wer war dieser Kerl?
Er starrte mich direkt an, als kannte er mich. Plötzlich heulte er auf, wirbelndes, silbernes Licht erfüllte seine Augen, und mit einem Knall rann es ihm die Wangen wie Wasser herab. Es floss an seinem Körper herab auf den Morast.
Um uns herrschte ohrenbetäubende Stille. Keiner bewegte sich. Keiner sprach. Und ich erst recht nicht. Der Moment fühlte sich wie ein Traum an.
Himmel und Sterne, das konnte nicht real sein!
Wo sich das Licht um seine Füße sammelte, wirbelten winzige Staubteufel wie kleine Stürme. Ich zitterte und umklammerte die Becher in meinen Händen. Meine Erinnerungen an die Staubdämonen, die dieses Land einst überrollt hatten, waren noch zu frisch. Aber was auch immer das war, es war kein Ifrit. Die Asche wirbelte auf und wurde immer größer und stärker, bis sie sich zu einer Gestalt formte, die wie ein groteskes Abbild eines Menschen aussah. Die Asche wölbte sich weiter und wirbelte herum, bis drei Gestalten den Mann umgaben. Er stand da wie erstarrt, mit offenem Mund - ob aus Angst oder Ehrfurcht - genau wie der Rest von uns.
Ich schluckte. Ich trug keine Waffe – andererseits wirkten diese wirbelnden Gestalten nicht feindselig. Der Mann in ihrer Mitte bewegte sich und durchbrach damit die Stille, aber sein Blick war immer noch auf mich gerichtet. Schreiend versuchte er sich in meine Richtung zu stürzen. Ich taumelte rückwärts, obwohl es ihm nicht gelang, auch nur einen Schritt vorwärts zu machen. Die wirbelnden Aschewesen hielten ihn ab, umhüllten ihn, und dann fielen sie erschlafft zu Boden, und der Mann unter ihnen war verschwunden. Nur ein Haufen schwarzer Asche blieb an seiner Stelle zurück.
Hinter mir hörte ich ein Scheppern, und ich drehte mich um, um nach Badge zu sehen, der sich mit weißem Gesicht auf seinen Wagen stützte. Ein Topf rollte über die Straße, der Eintopf lief in einem Rinnsal über den Boden. Wie von Geisterhand kehrte das Leben um uns herum zurück. Die Menschen schüttelten sich und setzten sich wieder in Bewegung, stellten Fragen und fluchten leise vor sich hin.
"Ich glaube, ich werde verrückt", sagte Badge und machte das Handzeichen der Lichtbringer vor seiner Brust. Viele Leute taten das in diesen Tagen, als könnte die Geste das Böse abwehren. Ich hielt nichts von solchem Aberglauben. Menschen taten böse Dinge, oder eben nicht.
Der alte Mann sollte sich besser beeilen und sein Versprechen einhalten, sonst würde ich nicht mehr hier sein, wenn er zurückkam. Dieser Ort wurde mir langsam zu unheimlich. Ich hätte schwören können, dass der Mann hinter mir her war ...
Ich machte mich daran, meine Becher und meinen Ball einzusammeln, doch hörte ein erneutes Scheppern und schreckte zurück. Badges Schöpfkelle rollte über die Straße, seine Augen waren groß wie Untertassen.
"Himmel und Sterne, Mann! Reiß dich zusammen!", sagte ich und verdrehte die Augen. Ich wandte mich gerade rechtzeitig um, um einen violetten Drachen mitten auf der Straße landen zu sehen. Seine Klauen bohrten sich in die schlammige Erde, er nieste heftig und erfüllte die Luft mit einem schwefeligen Geruch. Die Menschen zerstreuten sich, schrien und rannten oder standen wie erstarrt da, so wie der alte Badge.
Ich hatte vergessen, wie groß Drachen waren. Dieser hier war riesig und eigensinnig, seine knochige Stirn erinnerte mich an die grauen Augenbrauen und Falten eines alten Mannes. Aber ob alt oder nicht, die schiere Größe, die glühenden Augen und der feurige Atem des großen Tieres ließen jeden vor Angst erstarren.
Sein Atem war warm – er schien kürzlich Feuer gespien zu haben. Ich unterdrückte einen Schauer, der mir bei dem Gedanken den Rücken hinunterlief. Hatte ich mich nicht über die schreckliche Kälte beschwert?
Ich schluckte meine Angst hinunter und hielt meine Hände hoch, so dass er sie sehen konnte, und lächelte gleichzeitig so selbstbewusst wie möglich. Ich durfte mir meine Angst nicht ansehen lassen.
Um den gewaltigen violetten Drachen herum zerstreuten sich die letzten Passanten wie trockene Blätter im Wind, aber ich blieb stehen und blickte an den glänzenden Augen des Drachen vorbei zu dem grauhaarigen Reiter auf seinem Rücken. Seine violetten Tücher flatterten im Wind, sein alter Rücken war gerade und sein Blick fest.
"Wir haben keine Zeit, große Augen zu machen, Junge. Bist du bereit für das, was ich dir versprochen habe, oder soll ich dich hier zwischen den Trümmern zurücklassen?"
"Du bist spät dran, alter Mann", feixte ich.
"Ich hatte viel zu tun, Junge. Der Krieg mag vorbei sein, aber der Ärger ist es nicht", sagte Hubric. Er sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Alt und verwittert wie ein Fels im Gebirge - doch ebenso unnachgiebig. Seine knorrigen Hände waren ruhig. Seine Lederkleidung war zerknittert und abgenutzt. Seine Gestalt hob sich hell von der matten Silhouette der zerstörten Stadt ab.
Ich hatte so lange auf ihn gewartet, dass es mir schwerfiel, meine Aufregung zu verbergen. Ich versuchte, ruhig und abgeklärt zu wirken, aber meine Stimme verriet mich.
"Ärger?" Ich hob eine Augenbraue.
"Ärger. Überall Ärger." Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Der Rest der Stadt ging wieder seinem gewohnten Gang nach und floh vor der Kälte. In der Nähe hauchte Badge in seine Hände, um sie zu wärmen und sammelte seine Schöpfkelle und seinen Topf ein. Ich trat näher an Hubric heran.
"Als der Krieg zu Ende war, habe ich gedacht ... Nun, es ist nicht wichtig, was ich gedacht habe. Es zählt nur, was ist. Und das ist Ärger. Eine Menge Ärger." Er sah erschrocken auf, als hätte er nicht bemerkt, dass er in Gedanken versunken war, und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Schnee und Asche flogen von ihm ab. "Ich war so lange allein, dass ich vergessen habe, wie es ist, in der Nähe von Menschen zu sein. Verzeih mir. Lass uns Ephretti suchen - ich habe eine Nachricht für sie - und dann machen wir uns am besten auf den Weg."
Ich sah ihn fragend an. Nach all den Wochen des Wartens kam mir das zu einfach, zu abrupt vor.
"Du kommst doch mit, oder?" Er kniff die Augen zusammen.
"Willst du mir immer noch beibringen, wie man Drachen reitet?"
"Was glaubst du, wozu ich hier bin, Junge?", fragte er spöttisch.
Ich lachte. Dieses ganze Gerede über Ärger hatte mich mehr erschüttert, als mir lieb war. Aber ich würde alles dafür geben, wieder auf einem Drachen zu reiten - und dieses Mal würde ich sicherstellen, dass der Drache mir gehörte.
"Folge mir, alter Mann."
Ich schritt durch die Stadt, lächelte und winkte jedem zu, der in unsere Richtung sah - und alle beobachteten uns gebannt. In ganz Vanika gab es nur drei Drachen - der weiße Drache von Dax, dem Heiler und die grünen Drachen von Ephretti und Lenora. Diese drei Drachenreiter waren lebende Legenden. Ein vierter Drache zog natürlich die Aufmerksamkeit aller auf sich. Ich blickte hinter mich, um nach Hubric zu sehen, der gleichgültig vor sich hinschlenderte, während sein Drache hinter ihm her spazierte und mit seinem umherpeitschenden Schwanz beinahe die Karren und Stände entlang der Straße umwarf. Hubrics scharfem Blick entging nichts.
Wenn ich der Kastellan dieser Stadt wäre, würde ich mich schämen. Doch der alte Kastellan war tot und Ephretti hatte keinen Grund, sich zu schämen. Sie hatte uns aus dem Dreck gezogen - im übertragenen Sinne, wenn nicht sogar wörtlich - und uns eine neue Zukunft geschenkt.
"So habe ich den Ort nicht in Erinnerung", sagte Hubric.
"Das letzte Mal, als du hier warst, hat es gebrannt", erinnerte ich ihn. "Wir haben gerettet, wen wir konnten. "
"Wir, ja?" Er kicherte.
"Nun, jemand musste euch ja den Weg weisen."
"Ich rede nicht von diesem Besuch." Ich führte ihn durch die Neustadt - ein Gebiet, in dem die Menschen versuchten, aus den Trümmern neue Gebäude zu errichten. Es war genauso heruntergekommen wie der Rest, aber ein bisschen hoffnungsvoller. Wenn wir den Winter überlebten, war es möglich, dass sich hier wieder etwas aufbauen ließ.
"Du warst schon mal vor dieser Nacht hier? "
"Ich war hier, da war Vanika noch eine Himmelsstadt, Junge. Sie hat so hoch in die Luft aufgeragt, dass nur Drachen auf die Idee gekommen wären, dorthin zu fliegen. Ein prächtiger Ort, Vanika. Reich wie eine reife Pflaume, geschäftig wie ein Bienenstock, triefend vor Reichtum."
"Ich erinnere mich." Mir lief das Wasser im Mund zusammen bei der Erinnerung an die Brötchen, die ich auf der Straße gestohlen hatte. Es war ein gutes Leben gewesen, als sich die Stadt noch über das Land erhoben hatte und von Magie gehalten wurde, selbst wenn man wie ich nur ein Waisenkind in Vanika gewesen war. All das war jetzt vorbei. "Vergiss es. Es wird nie wieder so sein."
"Nicht hier. Aber du bleibst nicht hier."
Wir hatten Ephrettis Halle fast erreicht, so nannten wir den halb verfallenen Getreidespeicher, den sie für ihre Arbeit übernommen hatte. Ich konnte die Menschen sehen, die Schlange standen, um angehört zu werden, und die Wachen, die vor der Halle standen. Um diese Zeit hatte sie normalerweise viel zu tun und versuchte, Probleme in der Stadt zu lösen und die Menschen in Notunterkünfte umzusiedeln, wo sie konnte. Nicht die richtige Aufgabe für jemanden wie mich. Ich zog die frische Luft und den Aufenthalt im Freien vor, aber sie ließ mich für sie arbeiten. Straßenaugen, so nannte sie meine Arbeit. Jemanden, der ihr sagte, was in ihrer Stadt vor sich ging.
"Bringst du mich zur Drachenschule?" Mein Atem raste vor Aufregung. Er hatte es versprochen. Ich hatte all die Wochen darauf gewartet, dass er zurückkam und mich dorthin bringen würde. Und ich hatte doch bewiesen, dass ich gut dorthin passte, oder? Ich hatte bewiesen, dass ich mutig war, als ich mit ihm durch die Brände gelaufen war, um Menschen aus den Flammen zu retten. Ich hatte bewiesen, dass ich loyal war, als ich mit ihm und dem Mädchen auf dem anderen Drachen gegen unsere Unterdrücker gekämpft hatte. Ich hatte gezeigt, dass ich eine gute Wahl war. Natürlich würde er mich zur Drachenschule bringen!
"Mal sehen."
Ich biss die Zähne zusammen. "Du erinnerst dich schon an das Versprechen, das du gegeben hast?", fragte ich kühn, wobei mir das Herz in die Hose rutschte.
"Mal sehen."
Ich konnte mich nur schwer beherrschen, nichts zu erwidern. Ich biss mir auf die Zunge und lächelte dann – es war ein falsches, aufgesetztes Lächeln. "Vielleicht könntest du versuchen, ein bisschen mehr Klarheit in deine Antworten einzubauen."
Aber wir waren bereits in der Halle und er ignorierte mich, drehte sich um und sah seinem Drachen in die Augen. Hubric sprach kein Wort, aber der Drache drehte der Halle den Rücken zu und ließ sich vor der staunenden Menschenmenge nieder.
"Hol deine Sachen und triff mich wieder hier. Wir brechen in einer Stunde auf."
Machte er sich über mich lustig? Keine Erklärung, kein bisschen Anerkennung, und er dachte, ich würde einfach aufspringen und ihm folgen?
"Schau nicht so wütend, Junge. Ich bin das Beste, was dir je passiert ist." Er sah drein, als ob er das wirklich so meinte.
Er rauschte so schnell davon, dass er meinen gemurmelten Fluch nicht mehr hören konnte.
Großartig.
Zeit der Entscheidung.
Alles für einen alten Mann riskieren, der seine Versprechen womöglich nicht hielt, oder in diesem Schutthaufen bleiben? Ich sah mir die verfallenen Straßen und ausgebrannten Gebäude an. Dieser Schutthaufen war früher mein Zuhause gewesen, als die Stadt groß war, und das war sie auch jetzt noch, da sie zerstört war.
Ich machte ein paar Schritte nach vorn und blickte gen Himmel. Diese eine Nacht, in der ich mit Hubric auf dem Rücken von Kyrowat geflogen war und geholfen hatte, Menschen aus brennenden Gebäuden zu retten ... nun, diese Erfahrung hatte mich tief berührt. Das Gefühl, dass die Luft um mich herum rauschte und ich nichts als einen Drachen unter mir hatte - das Gefühl von Freiheit und grenzenlosen Möglichkeiten - das wollte ich wieder spüren. Aber das hatte er nicht wirklich versprochen, und er schien sich selbst nicht im Klaren zu sein, was er versprochen hatte. Ich war hin- und hergerissen.
In der Menge glaubte ich, einen Mann zu erkennen, der mich ansah. Waren das silberne Wirbel in seinen Augen? Ich erstarrte, aber einen Moment später verschluckte ihn der Strom der Passanten und ich verlor ihn aus den Augen. Mein Mund fühlte sich plötzlich trocken an. Mich schauderte beim Gedanken an den Mann von vorhin, mit seinen geisterhaften Gestalten und den wirbelnden Augen. Irgendetwas Übles lag in der Luft. Ich wäre ein Narr, wenn ich hierbleiben würde, wo sich solche Männer herumtrieben. Und bildete ich mir das nur ein, oder starrten mich alle an?
Du machst mich wahnsinnig.
Erschrocken zuckte ich zusammen. Die Stimme war so laut und deutlich, als hätte sie direkt in meinem Gehirn gesprochen. Was...?
Ich wirbelte herum, um zu sehen, wer da mit mir sprach.
Hier oben.
Oben? Suchend sah ich hoch. In Vanika gab es keine Gebäude mehr, die einen Menschen überragten, obwohl es einmal viele davon gegeben hatte. Das Einzige, was sich über mir befinden konnte, waren Vögel. Ich drehte mich ein wenig und sah mich Kyrowat gegenüber - dem violetten Drachen. Er streckte sich mir entgegen, sodass mein Sichtfeld von einem riesigen Augapfel und einer grinsenden Zahnreihe ausgefüllt wurde.
Ich bin es.
Himmel und Sterne! Er sprach in meinem Kopf! Das war unmöglich. Das hatte er noch nie gemacht!
Ich spreche nur mit Leuten, die ich mag.
Er mochte mich! Vielleicht brauchte ich nicht zu warten, um zu sehen, was Hubric mit mir vorhatte. Meine Augen verengten sich. Vielleicht sollte ich einfach auf Kyrowat klettern und gemeinsam mit ihm wegfliegen.
Flammen schossen aus Kyrowats Maul und ich sprang zur Seite, stolperte, fiel mit einem Schrei zu Boden und sprang wieder auf die Beine. Der Boden unter mir war verkohlt und heiß. Rauch stieg von dem schwarzen Fleck Erde auf. Hinter mir löste sich die Reihe der Menschen auf, und die Menge wich fluchend und murmelnd zurück.
Kyrowat grinste.
So sehr mag ich dich nun auch wieder nicht. Hör auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen, und hol deine Sachen - wenn du welche hast.
Ich konnte jederzeit umkehren, sagte ich mir wieder und wieder. Ich eilte zu der verfallenen Ruine, in der ich an diesem Morgen meinen Jutesack verstaut hatte - darin eine zerlumpte Decke, einen langen Dolch und eine winzige Handvoll Dinge, die zu unpraktisch waren, um sie den ganzen Tag mit mir herumzutragen. Das Nötigste hatte ich immer bei mir – einen Feuerstein, ein Messer, einen Wasserbeutel, einen Topf und die einzigen zwei Münzen, die ich noch besaß.
Ich war darauf vorbereitet, jederzeit abhauen zu können, wenn mir etwas nicht passte. Ich schnappte mir den Sack und eilte aus der Gasse und zurück zur Halle. Niemand würde Torald Wine hereinlegen.
Nicht einmal dieser alte, stinkende Drache.
Das habe ich gehört.
Vor lauter Überraschung stolperte ich über einen Stein und hüpfte fluchend auf einem Fuß. Dieser alte Teufel sollte besser aus meinem Kopf verschwinden. Ich bog um die Ecke aus der Gasse und stieß mit einem Mann in einem dunklen Mantel zusammen. Das Augenpaar, in das ich blickte, wirbelte silbern. Ich blinzelte und der Wirbel war verschwunden. Der Mann eilte davon und ließ mich wie angewurzelt zurück.
Ich war dabei, den Verstand zu verlieren. Ich musste hier weg, bevor ich verrückt wurde.
Ich kam wieder in der Halle an, ich war außer Atem, aber ich lächelte, als ich Hubric auf Kyrowat steigen sah. Kastellanin Ephretti stand auf der Straße neben ihm, ihre Wachen bildeten einen Kreis um die drei herum und sicherten so alle Seiten ab.
"Da ist er ja!", lächelte Hubric. "Ist das alles, Junge?"
Er zeigte auf meinen Jutesack, und ich schlüpfte unter dem Arm einer Wache hindurch in den inneren Kreis der Kastellanin. Die Wachen runzelten erstaunlich einheitlich die Stirn. Hatten sie das zusammen geübt? Ich konnte es mir gut vorstellen. 'Auf drei! Eins ... zwei ... drei ... Stirnrunzeln! ' Ha!
Ich reichte Hubric den Jutesack.
"Das ist alles, was ich mitnehmen will."
Hubric hob eine Augenbraue. "Wir werden nicht zurückkommen."
"Niemals?"
"Jedenfalls längere Zeit nicht."
Schließlich ergriff Ephretti das Wort. "Deshalb möchte ich mich von dir verabschieden, Torald. Ich habe ein Geschenk für dich."
Sie reichte mir ein verschnürtes Stoffpäckchen.
"Das ist sehr nett. Ich glaube aber nicht, dass ich eine Tischdecke brauche."
Ihr schiefes Lächeln verriet mir, dass mein Scherz nicht gut angekommen war. Was erwartete sie von mir? Sollte ich zusammenbrechen und weinen? Ihr sagen, dass ich zu ihr aufsah? Zugeben, ich war nervös. Himmel und Sterne ... sie erwartete doch nicht etwa ein... Danke... oder?
"Ich werde dich vermissen", sagte sie und umarmte mich plötzlich. Ich klopfte ihr unbeholfen auf den Rücken, bis sie sich wieder beruhigt hatte. "Schlaf nicht im Regen. Halte dich von Ärger fern. Und um Himmels willen, zieh deine Betrügereien nicht bei Fremden ab."
"Ich ziehe nicht in den Krieg", wandte ich ein.
Schniefend versuchte sie eine Träne zurückzuhalten. Himmel und Sterne! Wenn wir nicht bald aufbrächen, würde ich noch anfangen zu weinen. Ich räusperte mich und runzelte die Stirn, um jede Emotion in meinem Gesicht zu verbergen.
"Sei einfach vorsichtig", sagte sie und zog mich dicht an sich heran, damit sie mir ins Ohr flüstern konnte. "Der Mann, der heute auf der Straße gestorben ist... Ich habe gehört, dass er nach einem Jungen mit einem frechen Grinsen suchte. Komm für eine lange Zeit nicht mehr hierher zurück. Nicht bevor ich herausgefunden habe, was hier vor sich geht."
"Versuch, diesen Schutthaufen zu reparieren, während ich weg bin", sagte ich, löste mich aus ihrer Umarmung und versuchte, ein freches Grinsen aufzusetzen, ohne zu zeigen, wie erschrocken ich über ihre Worte war. Ich trat in einen von Kyrowats Steigbügeln und zog mich auf seinen Rücken.
"Sind wir fertig mit den herzergreifenden Verabschiedungen?", fragte Hubric, nachdem Ephretti mir ein letztes Mal aufmunternd zugenickt hatte. War das eine Träne, die sie sich beim Weggehen abwischte? Nein, natürlich nicht. Sie hatte noch etwas zu tun. Offensichtlich. Aber hätte sie sich nicht noch eine Minute Zeit nehmen können, um sich zu verabschieden?
Du wechselst deine Meinung wohl auch ständig.
Toll! Und jetzt wurde ich auch noch von diesem verstaubten fliegenden Teppich kritisiert.
In dem Moment, als ich das dachte, erhob Kyrowat sich in die Luft und ich hatte alle Mühe, mich festzuhalten. Ich war noch nicht ganz sattelfest und definitiv noch nicht festgeschnallt.
"Himmel und Sterne!"
Wenn ich mir einen Drachen aussuchen würde, würde ich einen wählen, der nicht so schlecht gelaunt war. Einen, der Respekt zeigte und die Dinge auf meine Art machen wollte.
War das ein Lachen, das ich in meinem Kopf hörte?
"Halt dich fest!", rief Hubric mir zu. "Wir werden erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit da sein. Schnall dich gut an. Kyrowat sagt, dass ein Sturm aufzieht, und du willst sicher nicht herunterfallen."
Als könnte ich mich nicht auf dem Rücken eines Drachens halten.
Kyrowat sackte plötzlich ab, und ich schwankte. Er stabilisierte sich wieder und ich schnallte mich eilig an. Ich spürte Ärger in mir aufsteigen. Er spielte also gerne unfair, ja?
In meinem Kopf hörte ich noch mehr Gelächter.
Ich fand das überhaupt nicht lustig.
Kyrowat flog trotz seines Alters zügig. Wir rauschten über Vanika hinweg und stiegen höher und höher in den Himmel, bis mein Zuhause nur noch ein graubrauner Fleck am Horizont war. Ich war noch nie so hoch oben gewesen. Mir wurde schwindelig, und ich versuchte, die mir bekannten Berge und Flüsse zu erkennen. Dann beobachtete ich gewissenhaft Hubric beim Fliegen. Er schien seinen Drachen kaum zu lenken. Der alte Violette flog einfach, als brauchte er keine Führung.
Der Tag war grau und bedeckt, sodass ich nicht erkennen konnte, wo die Sonne stand, und der Wind war so heftig, dass er meinen zerlumpten Mantel wie eine Fahne um mich herum peitschte. Ich blickte mich um. Es kam mir so vor, als steuerten wir auf den Eichenrindenwald zu. Was wollten wir denn da? Niemand kam freiwillig hierher.
Ich konnte ein kleines Waldlager unter uns ausmachen. Ich erinnerte mich, dass Ephretti den Befehl gegeben hatte, die Holzfäller dort zu verdoppeln. Holz wurde dringend benötigt, um Vanika über den Winter wieder aufzubauen und die Bewohner zu wärmen.
Ich beugte mich vor und zerrte an Hubrics Ärmel. Himmel und Sterne, war es kalt hier oben! Er versuchte gerade, eine Pfeife anzuzünden. Wie wollte er die Pfeife bei diesem Wind anzünden? Benutzte er seinen Drachen dazu?
Ich bin ein Drache, kein Feuerstein. Wenn du das vergisst, versenge ich dir die Stiefel im Schlaf.
Ein freundliches Wesen.
Hubric drehte sich um.
"Hast du eine Idee, wie ich bei diesem starken Wind meine Pfeife anzünden kann?", fragte er.
"Wir fliegen in die falsche Richtung!", rief ich gegen den Wind.
"In Richtung Nordwesten, Junge. Genau wie geplant." Er versuchte es noch einmal mit dem Feuerstein, der ihm dabei fast hinunterfiel. Er reichte mir die Pfeife. "Hier, halt mal. "
"Aber die Drachenschule liegt im Südosten. Das weiß sogar ich! Ephretti hat mir davon erzählt. Sie sagt, dass man sich am ersten Tag einen Drachen aussuchen darf, und ich habe schon eine Wahl getroffen. Ich möchte einen großen Grünen wie den von Ephretti. Ephretti sagt, dass die Grünen Entdecker und Abenteurer sind - wie ich!"
"Ephretti sagt eine Menge." Er schlug sein Messer auf den Feuerstein und versuchte, ein Bündel trockenen Grases in der anderen Hand zu entzünden. "Du solltest nicht zu voreilig sein. Du hast bisher nur wenige Farben von Drachen gesehen. Violett wie Kyrowat, Ephrettis Grünen und dieses aalglatte, weiße Ding, mit dem Dax geflogen ist, bevor er das Krankenhaus aufgebaut hat. Wie geht es ihm?"
"Ganz gut. Manchmal bezahlt mich Dax dafür, seine Waage zu polieren, wenn ich ihn in der richtigen Stimmung erwische. Er zahlt gut. Der Drache schläft die meiste Zeit."
"Jedenfalls sind das nicht viele Drachenfarben."
"Ich habe auch einen Goldenen gesehen."
"Ach ja?"
"Ich habe den Prinzen von Baojang in der Nacht, in der ich dir geholfen habe, auf einem Golddrachen ankommen sehen. Was machen die Golddrachen? "
"Diplomatie. Verhandlungen. Und anderes langweiliges Zeug. Das passt nicht zu einem lebhaften Kerl wie dir. Ich stelle mir gerade vor, wie ich dich in eine Verhandlung schicke. Du würdest wahrscheinlich versuchen, Finde den Rüsselkäfer zu spielen, und bevor du dich versiehst, bist du es, der über den Tisch gezogen wird."
"Das bezweifle ich." Niemand trickste mich aus. Ich hatte schnelle Augen und flinke Hände.
"Bleib offen für alles, Junge." Das trockene Gras flackerte auf und Hubric riss mir die Pfeife aus der Hand, zündete sie geschickt mit dem trockenen Gras an und warf es dann in den Wind.
"Ephretti hat mir noch andere Dinge über die Drachenschule erzählt. Es ging um warme, schmackhafte Mahlzeiten und darum, dass man lernt, einen Drachen zu fliegen. "
"Du fliegst gerade mit einem."
"Aber ich habe die Zügel nicht in der Hand!"
"Ich auch nicht."
Ich seufzte. "Hubric?"
„Ja?“ Er stieß eine Rauchwolke aus, aber der Wind riss sie so schnell weg, wie sie aufgetaucht war. Leichter Schneefall setzte ein.
"Sei ehrlich zu mir. Wir reisen nicht zur Drachenschule, oder? "
"Nein. Die ist in der anderen Richtung."
Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. "Meinst du, du könntest mir verraten, was der Plan ist?"
"Der Dominar hat mich mit der Aufgabe betraut, ein Spionagenetz für das Dominion aufzubauen. Und da fiel mir ein, dass ich jemanden kenne, der sich sein ganzes Leben lang versteckt hat, gejagt wurde und Dinge an sich genommen hat, die ihm eigentlich nicht gehören."
"Du hast mich angelogen." Meine Stimme klang strenger, als mir lieb war. Ich wollte nicht, dass er wusste, wie nahe ich dran war, ihn von diesem Drachen zu stürzen.
Versuch es gar nicht erst.
Er schnaubte. "Wie kommst du darauf?"
"Du hast gesagt, ich würde auf Drachen reiten!"
"Worauf sitzt du denn gerade?"
"Ahh!"
Danach war ich still und die Stunden zogen sich hin. Ich sollte ihm sagen, dass er umkehren und nach Vanika zurückkehren sollte. Das war nicht das, was er mir versprochen hatte. Ich hatte mich nie als Spion gemeldet. Spionen passierten schlimme Dinge - Dolche im Rücken, Folter in dunklen Räumen, schöne Frauen, die versuchten, ihre Geheimnisse zu stehlen...
Nun, vielleicht würde ich noch ein bisschen länger bleiben. Ich hatte zwar noch keinen eigenen Drachen, aber immerhin flog ich. Und es fühlte sich gut an. Es fühlte sich an, als wäre ich dafür geschaffen. Und obwohl Hubric nicht viel bei sich zu haben schien, hatte er wahrscheinlich etwas zu essen dabei. Und ich war hungrig. Und hier oben in der Luft gab es keine Männer mit wirbelnden, silbernen Augen, die mich verfolgten - was jetzt, wo ich darüber nachdachte, ein ziemlich relevanter Punkt war. Vielleicht würde ich also bis zum Einbruch der Nacht warten und sehen, was passierte. Wenn es düster aussah, konnte ich Hubric vielleicht immer noch überreden, umzukehren und direkt zur Drachenschule zu fliegen.
Ich ließ meine Gedanken schweifen, während ich die Landschaft unter mir studierte. Ein schmaler Wag schien durch den Wald zu führen. Ich hätte ihn gar nicht bemerkt, wären da nicht die Leute gewesen, die ihn entlanggingen. Zuerst waren es nur ein oder zwei, aber jetzt, wo wir weiter vorangekommen waren, wurden es mehr. Dutzende von Menschen mit Rucksäcken und Pferden, die durch den Eichenrindenwald liefen - ein Ort, an den nie jemand ging. Der Gedanke daran ließ mich frösteln. Was könnten sie an diesem Ort zu suchen haben? Nicht, dass es mich etwas anginge.
"Siehst du die Leute auf diesem Weg?", fragte Hubric schließlich.
"Sicher."
"Das bedeutet richtig Ärger. Bete - falls du an so etwas glaubst - dass sie mein Versteck nicht gefunden haben."
Sein Versteck? Was sollte er hier draußen verstecken? Gold? Waffen? Meine Augen wurden plötzlich groß. Vielleicht war es eine gute Idee gewesen, geduldig zu sein und abzuwarten, was als Nächstes geschah. Besonders wenn ...
"Himmel und Sterne! Halt dich fest!", rief Hubric.
Ich hatte kaum Zeit, mich an den Sattel zu klammern, bevor wir Richtung Boden stürzten.
Beinahe musste ich mich übergeben. Wir fielen wie ein Stein vom Himmel und mein Magen schnürte mir die Kehle zu. Ich hielt mich am Sattel fest, aber die Vorstellung, dass Kyrowat, Hubric und ich wie überreife Beeren auf den Boden knallten, machte mich krank.
Der Wind peitschte meinen Mantel hoch, sodass er über mein Gesicht flatterte und meinen Körper der klirrenden Kälte aussetzte. Ich presste die Zähne zusammen und kniff die Augen gegen die raue Luft zu. Bäume füllten mein Blickfeld und wir krachten durch einen Ast nach dem anderen. Kein Wunder, dass Kyrowats Haut so rau war, wenn er jedes Mal so landete!
Und dann drehte er sich in der Luft wie ein Fisch im Wasser, sodass ich nicht mehr fiel, sondern mich zur Seite drehte. Ich duckte mich vor einem Ast, der mir fast den Kopf abriss.
Kyrowat drehte sich zurück. Uff! Wir richteten uns wieder auf und mir blieb fast die Luft weg. Irgendetwas musste mich auf dem Weg getroffen haben. Ich war mir nicht einmal sicher, was es gewesen war. In meinem Kopf drehte sich alles. Wurden wir langsamer?
Helle Lichter flackerten vor mir auf, und einen Moment lang dachte ich, mein dröhnender Kopf spielte mir einen Streich. Moment! War das...?
Magie!
Ein orangeroter Feuerball schoss durch die Luft, prallte gegen einen der Bäume und setzte ihn in Brand. Funken regneten knisternd herab. Ein Teil von mir wäre am liebsten dorthin geflogen. Meine Finger verloren den Halt am Sattel, so kalt waren sie. Ich streckte sie und ballte sie zu einer Faust, um sie wieder geschmeidig zu machen. Was, wenn ich nach etwas greifen musste? Ich brauchte meine Finger!
Schreie ertönten und wurden nur durch das anhaltende Krachenvon Ästen unterbrochen, auf die der Drache fiel.
"Du hast ein Messer dabei, nicht wahr, Junge?", rief Hubric.
Nur mit Mühe konnte ich antworten: "Ja!"
"Schneid dich vom Gurtzeug ab."
War er verrückt geworden?
"Mach schon!"
Er war verrückt geworden! Was hatte ich mir nur dabei gedacht, mich auf so etwas einzulassen? Ich schluckte und fummelte an der Schnalle herum, meine kalten Finger waren taub und steif.
"Wenn wir in ihrer Nähe sind, spring ab und schneide sie frei! Kyrowat und ich erledigen den Rest!"
Sie? Plötzlich hatte ich das Bild eines hübschen Mädchens in einem roten Kleid vor Augen, das durch Seile, die so dick wie mein Handgelenk waren, an einen Baum gefesselt war. Ich würde sie retten und vor Dankbarkeit würde sie...
Ich sah angestrengt hin, aber ich konnte nichts hinter Hubrics wehendem weißen Haar erkennen. Er sollte es abschneiden.
"Fertig?"
Ein Feuerball sauste nur Zentimeter entfernt an uns vorbei und schlug direkt neben mir in einen Baum ein. Er leuchtete wie eine Fackel. Ich jaulte auf – ausgesprochen unmännlich - und spürte, wie mir heiß wurde. Wer waren diese Typen? Was waren das für Leute, die Feuerbälle durch die Gegend schleuderten?
"Drei ... zwei ... eins ... los!"
Los gehts!
Ich sprang. Aber warum? Ich wusste es selbst nicht, aber Kyrowats Stimme in meinem Kopf hatte etwas an sich, das es mir schwer machte, ihm nicht zu gehorchen. Ich landete sanft auf meinen Füßen und keuchte dankbar darüber, dass ich nicht sehr tief gefallen war. Kyrowat musste knapp über dem Boden gewesen sein.
Jetzt musste ich das Mädchen finden ...
Ein zweiter Feuerball schlug über dem gefrorenen Boden vor mir ein und ließ totes Gras und Gestrüpp in unheimlichen, surreal wirkenden Flammen aufgehen. Ich wich zur Seite aus und versuchte, mich zu orientieren. Männer mit ausgestreckten Armen umringten mich. Einige trugen bunte, verzierte Gewänder. Andere waren wie normale Bürger gekleidet. Normale Bürger schleuderten jedoch kein grünliches Feuer, wie diese Männer es taten. Sein Strahl verfehlte Kyrowat nur knapp, der durch die Bäume wirbelte und zu uns zurückkehrte.
Wo war das Mädchen? Ich suchte die Umgebung ab, mein Blick flog so hastig über die Bäume, dass ich kaum verarbeiten konnte, was ich sah.
Da stand eine völlig zerstörte Hütte, die jetzt in Flammen stand. Männer und Frauen in Magierroben durchstöberten sie und ihre Umgebung, weitere standen in einem Ring in der Nähe und schossen Feuerbälle auf Kyrowat. Sie hatten Rucksäcke und Packpferde dabei, wodurch ich darauf schloss, dass sie auf der Durchreise waren, und derjenige, der mir am nächsten war, runzelte die Stirn. Worüber war er besorgt? Sie waren diejenigen, die wie wild alles um sich herum in Brand steckten, nicht wir!
Hinter dir!
Ich drehte mich um und stolperte über eine Wurzel. Mein Sichtfeld verschwamm und die Geräusche verwirrten mich noch mehr. War das mein Herz, das so stark pochte?
Ich fing mich, sah auf, und erblickte einen Drachen, der zwischen vier Bäumen mit armdicken Seilen um den Hals gefesselt war. Wieso ließ sich ein Drache auf diese Weise fesseln? Sie mussten ihn gefangen haben, als er geschlafen hatte! Seine Haut war geschwärzt und verrußt, sodass ich kaum erkennen konnte, welche Farbe sich darunter verbarg. Ein Auge war geschwollen, und von einem seiner Mundwinkel verlief ein hässlicher Riss. Er hatte sich nicht kampflos gefangen nehmen lassen. Er musste ein zähes Biest sein!
Schneid sie frei!
Wo ist sie? Wovon sprach der alte Drache?
Saboraak!
Ich spreche keine Drachensprache, du muffiger alter Bettvorleger! Und ich sehe kein Mädchen. Ihr Narren habt mich mitten in ein Hornissennest gesetzt!
Einer der Magier stürzte auf mich zu, und ich suchte fieberhaft nach meinem Messer. Das Maul des verletzten Drachens war mit einem Seil gefesselt - einem dünneren Seil als dem, mit dem er gefesselt war. Er würde uns nichts nützen. Aber er könnte eine gute Deckung sein. Kyrowat sollte hoffen, dass sie ihn nicht auch so fesselten.
Ich lasse mich nicht im Schlaf überrumpeln.
Ich stolperte zur Seite des Drachen. Aus einem Impuls heraus zog ich mein Messer, packte den Drachen mit einer Hand kräftig an der Schnauze, ignorierte seinen weit aufgerissenen Blick, steckte das Messer hinter das Seil und sägte es durch. Das konnte doch nicht wahr sein! Ich war nie scharf auf Heldentaten gewesen.
Mein Rücken war ungeschützt. Wenn ich mich nicht beeilte, würde mir einer dieser magischen Fieslinge ein Messer von hinten reinrammen. So! Das Seil löste sich in meinen Händen wie nasses Pergament, und ich warf es zu Boden, um unter dem Bauch des Drachens in Deckung zu gehen.
Er brüllte und spie wild Feuer.
Insgesamt war es eine meiner klügsten Entscheidungen, mich unter ihm zu positionieren. Vielleicht sollte ich ihn komplett befreien, bevor ich nach diesem Mädchen suchte. Ja, genau. Immerhin konnte ich sie nicht retten, wenn ich tot war.
Ich eilte zu den Seilen, die den Kopf des Drachens in Position hielte AR2023_HB03n, und begann, am ersten zu sägen. Ich versuchte, nicht zu sehr auf den verkohlten Leichnam zu glotzen, der vor dem Drachen qualmte. Der Schnee schmolz um ihn herum und sein Geruch weckte Erinnerungen an meine zerstörte Stadt.
Der Kerl war wirklich kurz davor gewesen, mir ein Messer in den Rücken zu rammen.
Mit dem ersten Seil war ich fertig. Ich eilte zum Nächsten und sägte auch an ihm.
"Halte durch, Junge", sagte ich laut. "Ich werde dich befreien und du kannst den Rest von ihnen abfackeln."
Ich hörte, wie er wieder Feuer spie, aber ich drehte mich nicht um, um nachzusehen. Ich brauchte das Gemetzel nicht zu sehen. Die Wärme genoss ich allerdings. Ich hatte es satt, zu frieren. Vielleicht würde mir dieser Drache aus Dankbarkeit ein Feuer entfachen, an dem ich mich aufwärmen konnte. Das war wirklich das Mindeste, was er tun konnte.
Ich schnitt das dritte und vierte Seil durch, so schnell ich mit tauben Händen und rasendem Herzen konnte. Wenn ich fertig war, musste ich das Messer schärfen.
Ein Schrei verriet mir, dass der Drache nicht untätig blieb.
Als das letzte Seil durchgeschnitten war, sah ich endlich auf.
"Zeig's ihnen, Mann!", rief ich.
Also, wo war nun dieses Mädchen?
Wen genau nennst du hier "Mann"?
Die Stimme, die in meinem Kopf sprach, war eindeutig weiblich, und ich erstarrte auf der Stelle und sah mich um. Was ...?
Der Drache starrte mich eiskalt mit seinem offenen Auge an.
Was ist?
Himmel und Sterne! Der Drache war ein Mädchen.
Kyrowat landete neben uns und geriet ins Schleudern.
"Sie haben meine Hütte verbrannt!", fluchte Hubric.
Er machte sich Sorgen um seine Hütte, wenn unsere Feinde immer noch im Unterholz lauerten? Ich drehte mich um und suchte nach Anzeichen für unsere Angreifer. Verrußte Spuren von Feuerbällen und Drachenflammen zogen sich von da aus, wo wir standen, in alle Richtungen. Das einzige Lebenszeichen, das ich von unseren Feinden erkennen konnte, waren Teile ihrer bunten Kleider, die zwischen den Bäumen hervorblitzten.
Sie sind geflohen. Vorerst.
Die weibliche Stimme in meinem Kopf verwirrte mich immer noch. Ich dachte, Drachen sprachen nur mit Menschen, die sie mochten. Kyrowat hatte nur ein paar Gedanken mit mir geteilt und Ephrettis Drache noch nie.
Die Männchen sprechen nicht gern mit Menschen - die meisten von ihnen können es nicht einmal, außer die Violetten – und auch sie sollen eigentlich nur mit den Menschen sprechen, an die sie gebunden sind. Es heißt, euer Geist sei bei regelmäßigem Kontakt ein schädlicher Einfluss.
Mein Geist war kein schädlicher Einfluss. Er war flink und scharf. Vielleicht war das das Problem. Ich war schlauer als die meisten Drachen.
Eine Dampfwolke zischte an mir vorbei.
Hubric warf beim Absteigen einen Blick zu uns herüber.
"Ärgere sie nicht. Sie hat schon viel durchgemacht. Sie ist im Tiefschlaf überrumpelt worden."
"Ich habe nichts getan!", protestierte ich. "Sie ist wütend über das, was ich denke."
"Dann hör auf, dummes Zeug zu denken! Hier, komm mit mir den Keller. Da habe ich ein paar Sachen versteckt. Dieser Ort sollte verborgen bleiben, aber wer konnte schon eine Völkerwanderung durch diesen Wald vorhersehen?"
Ich wich vor dem Drachen zurück, um etwas Abstand zwischen uns zu schaffen, und stolperte beinahe über einen der toten Magier. Nur mit Mühe unterdrückte ich meinen Brechreiz. Worauf hatte ich mich da eingelassen?
Ich sammelte mich und folgte Hubric über den gefrorenen Boden. Das war zu viel. Ich musste sofort aus diesem Schlamassel herauskommen, bevor es zu spät war. Ich war Hubric nichts schuldig. Ich hatte keinen Grund zu bleiben. Wenn ich jetzt ging, könnte ich in einer Woche wieder in Vanika sein und zu meinem normalen Leben zurückkehren. Warum zitterten meine Hände so? Verdammte Hände!
Ich wich einem kleinen Strohfeuer aus und blickte über meinen Rücken zu dem gerade erst befreiten Drachen. Sie spie Flammen über ihre eigenen Schuppen. Seltsam. Ich hätte nie erraten, dass sie ein Mädchen war. Sie wirkte überhaupt nicht weiblich. Sie hielt inne, zischte mich an, und ich zuckte zusammen. Das waren nur die Nerven, versuchte ich mir einzureden. Ich hatte keine Angst vor ihr. Ich hatte gerade einen Kampf hinter mir und stand in einem Wald, der teilweise in Flammen stand. Jeder wäre an meiner statt nervös.
"Sie reinigt ihre Schuppen", sagte Hubric und folgte meinem Blick. "Wärme hilft. Das Feuer der Magier hinterlässt Rückstände." Hubric schob einen Haufen Moos und Blätter beiseite. Ein Seil kam zum Vorschein, an dem er eine Falltür hochzog. "Sie haben das mitgenommen, was in der Hütte war - das wird ein Problem für uns sein. Entweder das, oder sie haben es verbrannt, aber wenigstens gibt es hier Vorräte – zumindest sollte ich hier welche haben. Wasser. Essen. Ein zweiter Sattel und hoffentlich ein Mantel. In deinen Lumpen erfrierst du uns noch."
"Nun, entschuldige, dass ich nicht wohlhabend bin."
"Komm schon. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Sie werden sich neu formieren und zum Gegenschlag ausholen. Zwei Drachen sind beachtlich, aber eine ausreichend große Gruppe Magier kann sie überwältigen."
Er warf mir einen dicken Wollmantel zu, ich fing ihn auf, riss mir schnell meinen alten, zerfledderten Mantel vom Leib und zog den neuen über. Herrlich. Er war kuschelig und warm. Daran könnte ich mich gewöhnen. Ich blickte zu Hubric auf, der Jutesäcke in die ledernen Satteltaschen stopfte.
"Warum haben sie Saboraak angegriffen? So heißt sie doch, oder? Saboraak?"
"Sie wollen alle Drachen und die Macht, die sie repräsentieren. Ihre eigene Macht schwindet und sie geraten in Panik. Hast du jemals gesehen, wie Menschen um einen letzten Tropfen Wasser, um ein letztes Stückchen Brot kämpfen?"
"Ja."