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Die Handlung spielt in Europa, genauer in Deutschland, der Tschechoslowakei, Italien, im Vatikan, Holland, Frankreich, dem ehemaligen Jugoslawien kurz nach dem Dayton-Abkommen, den USA, der Russischen Föderation, der Ukraine und der Türkei. Nicht alle Personen wollen sich aber an den Lösungen der dramatischen Situationen, mit denen sie konfrontiert sind, aktiv beteiligen. Einige lassen sich nicht von den höchst positionierten Autoritäten unserer Welt beeindrucken. Die einflussreichen Personen, wie zum Beispiel Kapitäne des Welthandels müssen sich bald entscheiden: wie sollen sie mit den unglaublichen technischen Erfindungen der Zukunft umgehen? Die Firma BMW wird, mit ihrem höchsten technischen Fortschritt, bei der Rettung unserer Welt eine große Rolle spielen. Werden Wissenschaft und Technik die jetzigen Probleme, wie Management der Staaten und Wirtschaftskrisen, die relative Übervölkerung, Energie- und Lebensmittelmängel usw., lösen können? Wird sich der Mensch daran aktiv beteiligen können? Wird er uns allen dienen oder nur ein paar Ausgewählten? Diese Fragen versucht der Autor in seinem Werk zu beantworten.
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Seitenzahl: 418
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„Der Stahlclan. 1. Teil „Der einsame Läufer“
(Roman – Scifi Thriller)
Die Handlung spielt in Europa, genauer in Deutschland, der Tschechoslowakei, Italien, im Vatikan, Holland, Frankreich, dem ehemaligen Jugoslawien kurz nach dem Dayton-Abkommen, den USA, der Russischen Föderation, der Ukraine und der Türkei.
Nicht alle Personen wollen sich aber an den Lösungen der dramatischen Situationen, mit denen sie konfrontiert sind, aktiv beteiligen. Einige lassen sich nicht von den höchst positionierten Autoritäten unserer Welt beeindrucken. Die einflussreichen Personen, wie zum Beispiel Kapitäne des Welthandels müssen sich bald entscheiden: wie sollen sie mit den unglaublichen technischen Erfindungen der Zukunft umgehen? Die Firma BMW wird, mit ihrem höchsten technischen Fortschritt, bei der Rettung unserer Welt eine große Rolle spielen.
Werden Wissenschaft und Technik die jetzigen Probleme, wie Management der Staaten und Wirtschaftskrisen, die relative Übervölkerung, Energie- und Lebensmittelmängel usw., lösen können? Wird sich der Mensch daran aktiv beteiligen können?
Wird er uns allen dienen oder nur ein paar Ausgewählten?
Diese Fragen versucht der Autor in seinem Werk zu beantworten.
J. S. Cash
Der Stahlclan
Der einsame Läufer
Erster Teil der Trilogie
Weimarer Schiller-Presse
FRANKFURT A.M. WEIMAR LONDON NEW YORK
Die neue Literatur, die – in Erinnerung an die Zusammenarbeit Heinrich Heines und Annette von Droste-Hülshoffs mit der Herausgeberin Elise von Hohenhausen – ein Wagnis ist, steht im Mittelpunkt der Verlagsarbeit. Das Lektorat nimmt daher Manuskripte an, um deren Einsendung das gebildete Publikum gebeten wird.
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Lektorat: Dr. Andreas Berger
ISBN 978-3-8372-5222-4
Inhaltsverzeichnis
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
Epilog
Diese Geschichte ist fiktiv und vom Schriftsteller frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten von einzelnen Darstellern oder der Handlung mit der Realität sind rein zufällig.
Prolog
Südafrika
Paul schlief. Es schien ihm zumindest, dass er schlief. Oder war er wach? Schon lange Zeit hatte er Probleme, zwischen Schlaf und Wachsamkeit zu unterscheiden. Er hatte das Gefühl, er sah die roten Zahlen des digitalen Weckers klar vor sich: 0:45 Uhr.
Er dachte plötzlich: Bin ich zu Hause im Schlafzimmer? Auf diese Uhr schaue ich schon seit Jahren. Aber es war ganz anders. Zu Hause war er schon lange nicht mehr.
Bum! Paul war wirklich wach und sich sicher, er würde nicht mehr schlafen. Es wurde ihm klar, er war im Hotel ESCAPE in Kapstadt. Wie viele Betten hatte er in dieser Woche schon gewechselt?
Der laute Schuss war eigentlich kein Schuss, wie er ursprünglich dachte, sondern der Auspuff einer Harley Davidson eines Mitglieds der Hells Angels zerbarst und verursachte ein lautes Geräusch! Er hatte die Nase voll von ihnen. Seit gestern Abend in der Hotellobby, wo die „Angels“ ihm unangenehme Gesellschaft geleistet hatten. Aber er konnte sie eigentlich gut verstehen. Sie werden einmal für ihre Motorräder sterben!
Er hatte selbst eine ähnliche Sucht: einen BMW: das beste Auto mit den besten Motoren der Welt, wie er immer sagte.
Aber das war gerade nicht der Grund, was ihm Kummer, Probleme und Bedrohungen gebracht hatte, die er in letzter Zeit im Nacken hatte.
Wie er auf dem Bett saß, fasste er die Idee, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht rechtzeitig reagieren würde, wie es ihm leider immer öfters passierte.
Aber ob die lauten Kerle wirklich nur die – für Paul – „unschädlichen“ Hells Angels waren und keine rücksichtslosen Fahnder, die ihn jetzt gnadenlos verfolgten?
Er dachte: Aber was bin ich eigentlich? Ich bin wirklich kein Profi. Ob einige das Gegenteil denken? Ist das ein Vorteil oder keiner für mich?
Paul wusste, er würde nicht mehr schlafen. Er zündete die Pfeife, die er von seiner Frau zum 50. Geburtstag bekommen hatte, und dachte nach: Wann hat alles eigentlich begonnen?
1.
Sonntag, 11. August, 17:20 Uhr, Böhmen
Lia hatte Geburtstag, den zehnten, aber Paul hatte das Gefühl, er spürte das überhaupt nicht. Es war schon zehn Jahre her, seit seine Tochter auf diese Welt gekommen war.
Sie war schon zehn Jahre alt. Er erinnerte sich: Ich habe sie in einer handgemachten Decke im Krankenhaus über die Treppe getragen, und May ist hinter mir ganz schwach und grau im Gesicht gegangen.
Er wusste eigentlich nicht: Sollte er zuerst die Tochter halten und dann May auf der Treppe behilflich sein oder umgekehrt? Beide waren für ihn doch gleich wichtig.
Paul reihte alles nach seiner Bedeutung ein und bemühte sich, systematisch zu arbeiten und zu leben, seit er die Uni absolviert hatte.
An der Prager Universität hatte man immer Spaß, und die Prüfungen, die konnte man immer irgendwie überleben. Umso schlimmer war der Einstieg in den Beruf. Da hatte er zum ersten Mal eins in die Schnauze gekriegt. Schon damals hatte es begonnen! Schon damals war das System entstanden!
Das Klopfen an der Arbeitszimmertür riss ihn aus seinen Träumen.
„Komm rein“, sagte er freundlich. Trotz seiner Übermüdung in der letzten Zeit bemühte er sich, zu seiner Familie freundlich zu sein.
May trat in das Zimmer: „Paul, Lia hat doch heute Geburtstag.“
„Ich weiß“, sagte er leise, „ich habe für sie und eigentlich auch für dich ein schönes Geschenk gekauft.“
„Welche Überraschung?“, fragte May.
„Für Lia habe ich Barbie und Ken gekauft, genau die, die sie vorige Woche aus dem Katalog selbst ausgewählt hat. Es ist mir gelungen, alles in Passau einzukaufen. Ich habe beide im Kaufhaus gesehen, als ich mit Reichstetter zum Mittagessen gegangen bin.“
„Du bist so brav, dass du unsere Kleine immer in deinem Kopf behältst“, sagte May, „ich freue mich sehr darüber.“
„Aber du weißt doch genau, dass ihr beide immer die höchste Priorität für mich habt. Ihr seid es nur, für die ich alles mache, ich bin leider viel zu selten zu Hause“, sagte Paul schon ein bisschen nervös.
„Aber das weiß ich doch, Paul“, lachte May.
„So, du siehst es jetzt richtig“, antwortete Paul, dachte aber dabei: Du sagst nicht die ganze Wahrheit, du hast doch auch ein großes Hobby – Autos von BMW.
Aber jeder der Eheleute Reno wusste das Seine. Sie kannten sich schon elf Jahre und wollten gerade heute den zehnten Hochzeitstag feiern.
„Ich habe einen Urlaub in einem schönen Hotel auf den Kanaren für uns gebucht, damit wir uns als ganze Familie freuen können, und zwar im Frühling. Gerade in dieser Jahreszeit soll es am schönsten sein! Rufe Lia, ich möchte ihr zum Geburtstag gratulieren“, sagte Paul. „Ich freue mich schon, ihre strahlenden Augen zu sehen.“
May lief herunter, und ein paar Minuten später waren sie und Lia zurück bei Paul und lachten voller Freude.
Paul liebte diese Situationen am meisten, diese Augenblicke voller Familienglück. Das half ihm, weiterzukämpfen und alle Schlachten für die Firma, außen und innen, zu gewinnen.
„Ich danke dir, Paps“, lachte Lia, „ich freue mich sehr. Genau so eine Barbie habe ich mir gewünscht.“
„Ich weiß“, sagte Paul, „was du dir wünschst. Aber jetzt muss ich weiterarbeiten. Wir machen uns einen schönen gemeinsamen Abend. Okay?“
„Werden wir ein schönes Video anschauen, zum Beispiel Winnetou? Was meinst du?“, fragte Lia.
„Das ist eine gute Idee, um 19 Uhr im Wohnzimmer, alles klar?“, teilte Paul mit.
Alle wussten, dass ab jetzt im Haus absolute Ruhe herrschen musste. Paul musste sich auf seine Arbeit konzentrieren.
Die Firma lief. Sie war Pauls Stolz.
Gleich nach 1989 hatte sich Paul ins Unternehmen gestürzt wie übrigens Hunderttausende Osteuropäer. Er hatte mit seinem Vater schon 1991 die Firma gegründet, und es hat sich gelohnt. Zum damaligen Zeitpunkt war es das reinste Abenteuer, voller verschiedener Gelegenheiten. Man musste nur die richtige rechtzeitig schnappen, wie Paul gemeinsam mit Vater damals sagte.
Ihr holländischer Gesellschafter und Mitgründer der Firma sagte dazu: „Das Geld liegt auf der Straße. Es genügt vollkommen, es in die Hände zu kriegen und zu sammeln.“ Und zu Paul sagte er: „Paul, du musst dein Body einschalten, dann wirst du alles schaffen.“
„Wir sind keine Privatiers, wir müssen alles selbst machen. Gerade dafür haben wir einen Kopf mit Gehirn, nicht nur dafür, dass uns der Wind nicht in den Hals weht.“
Aufgrund der großen Expansion entstanden langsam Spannungen innerhalb der Firma.
Pauls Vater wollte sich unbedingt auf Business und Leistungswachstum konzentrieren, ohne entsprechendes Finanz- und Administrationsmanagement – keine internen Regeln und Richtlinien. Dasselbe wollte auch Vladko Doucha, ehemals Vaters Mitarbeiter beim AD (das frühere staatliche Unternehmen Autotransport) und „Junges Ohr“, wie Paul zu ihm sagte.
„Wir müssen die Firma schon managen und nicht nur zusehen, wie es von selbst läuft“, forderte Paul dringend auf den Inhaberbesprechungen.
Aus vier Gründern wurden binnen zwei Jahren mehr als hundert Mitarbeiter.
Paul konnte von seinen Chefs in der bekannten Maschinenfabrik wertvolle Managementerfahrungen und Eigenschaften bekommen, als er die Führungsposition verlassen hatte und direkt in das Full Risk Management gesprungen war. Er hatte mit dem Privatunternehmen begonnen.
Es war schwierig, die Partner von der Notwendigkeit der Organisation innerbetrieblicher Beratungen, Einführung von Regeln, Richtlinien und Organigrammen zu überzeugen, um das bisher herrschende Chaos zu beseitigen.
„Wir müssen alles mit unseren Händen knacken, Vater, je früher, desto besser“, sagte Paul oft zu seinem Vater während der gemeinsamen Dienstreisen im Auto.
Das alles ließ sich Paul durch den Kopf gehen, wenn er sich bemühte, sich zu Hause etwas Neues in der Theorie (Ausarbeitung der Managementprinzipien) auszudenken und sich aus dem täglichen operativen Geschäft in der „Fabrik“, wie er die Firma immer gerne nannte, für eine Weile zu befreien.
Die Armbanduhr Tag Heuer an seinem linken Handgelenk piepte.
„Es ist schon 7 Uhr?“, erschreckte sich Paul, „ich muss runtergehen zu meiner Tochter, ich habe es doch versprochen.“
„Paul, komm zu uns. Wir warten auf dich“, rief May.
Paul ging langsam die Treppe runter, gern und ungern zugleich. Ungern, weil er nicht hundertprozentig geschafft hatte, was er für Sonntag geplant hatte. Gern, weil er sich freute, die feierlichen Augenblicke mit seiner Tochter und Frau zu erleben.
„Vati, komm schon“, rief Lia von unten.
„Ich komme, Lia“, antwortete Paul und freute sich auf den gemeinsamen Abend.
2.
Südböhmen, 8 Jahre früher
Paul saß in seinem Büro. Er war in der Topmanagementposition als stellvertretender Finanzdirektor einer namhaften Maschinenfabrik. Er war mit der Position und der damit verbundenen Arbeit zufrieden.
Plötzlich klingelte das Telefon. Paul nahm den Hörer ab. Handys waren damals in Tschechien und eigentlich in ganz Europa noch nicht vorhanden.
„Paul, komm in mein Büro“, meldete sich mit angenehmer, aber zugleich selbstbewusster Stimme sein Chef.
Paul wusste, obwohl es schon fast 18 Uhr war, wenn sein Chef in der Fabrik war, würde er ihn bestimmt anrufen. Es war kurz nach der Revolution, und in der Fabrik hatte man hart gearbeitet.
Man hatte auch vor der Revolution gearbeitet. Aber in der sogenannten Planwirtschaft, in der kein reales Geld existierte, hatte es kaum Bedeutung, sich um etwas in der Betriebswirtschaft zu bemühen, nur um vielleicht nach der Plansenkung im Ministerium zu fragen, ob Prämien ausbezahlt werden können.
Paul war das gewohnt, diese Position kannte keinen 8-Stunden-Tag. Er kam regelmäßig um 7 Uhr frühmorgens, manchmal auch früher und blieb jeden Tag bis 18 oder 19 Uhr.
Es war für ihn selbstverständlich, er wurde gut entlohnt und hatte Freude an seiner Arbeit und Leistung. Damals gab es in der Fabrik ein ausgesprochen gutes Team, alle Chefs im Topmanagement zogen gemeinsam an einem Strang.
Sein Chef sagte zu ihm: „Weißt du, bis dato geht es nicht um Geld oder Eigentum, deswegen sind die menschlichen Beziehungen gut.“
Paul ging Schritt für Schritt die Treppe von der dritten zur ersten Etage direkt in die Chefkanzlei. Er dachte dabei nach, wie er seinem Chef am besten sagen kann, dass er kündigen will. Er klopfte an die Tür.
„Herein“, kam es aus dem Büro.
„Ahoi, Vlado“, sagte Paul, nachdem er in die Kanzlei eingetreten war.
„Komm ruhig herein und setz dich“, sagte Vladislav Kolacek, sein Chef. „So, was gibt es Neues? Ich war nicht die ganze Woche da, und auch wenn ich eigentlich jeden Tag telefoniert habe, möchte ich genau wissen, was immer geschah. Du bist doch mein Stellvertreter, oder?“, fragte Kolacek mit Lächeln in seinem Gesicht. Damit lockerte er immer die Atmosphäre bei den Besprechungen auf.
„Klar, Vlado, es laufen die Planvorbereitungen für das zweite Quartal. Ich organisierte die Besprechung mit den Werksdirektoren und war bei der Generaldirektorensitzung“, schaute er in seinem Notizheft nach.
Paul hatte seinen Chef gern. Er hatte ihm immer mit seinem Charisma und seiner direkten Gangart imponiert. Noch lieber war ihm aber Generaldirektor Luigi Calma mit ähnlichen Eigenschaften wie Kolacek, aber mit wesentlich besserem Zugang zu den Menschen.
Paul konnte sich gut erinnern, wie er einmal frühmorgens auf den Generaldirektor gewartet hatte mit der Bitte für eine Mitarbeiterin – einer älteren Dame kurz vor der Pensionierung. „Herr Generaldirektor, ich habe eine große Bitte an Sie“, sagte er ihm auf dem Weg vom Parkplatz zur Fabrik.
„Was soll es sein, Ingenieur?“, fragte Herr Calma.
„Eine meiner Mitarbeiterinnen sollte morgen eine Belohnung für ihre langjährige Arbeit in unserer Fabrik bekommen, aber ich habe erfahren, dass sie nicht im Verzeichnis aufgeführt ist.“
„Gut, Ingenieur, ich werde heute noch anfragen, und du bekommst von mir Bescheid.“
Paul dachte, bei allen Sorgen, die der Herr Generaldirektor jeden Tag hatte, vergaß er wahrscheinlich die ganze Sache.
Aber nachmittags klingelte das Telefon an Pauls Arbeitstisch: „Du bist es, Ingenieur?“, war die einfache Frage.
„Ja, Herr Generaldirektor“, antwortete Paul.
„Komm bitte zu mir“, sagte Herr Calma.
Paul nahm drei Treppen auf einmal, klopfte an die Tür des Direktorats, die Sekretärin war schon weg.
„Komm herein. Setz dich. Willst du Kaffee?“
„Nein, Herr Generaldirektor. Ich möchte Sie nicht lange aufhalten.“
„Du hältst mich nicht auf. Weißt du, das gehört auch zu meiner Arbeit, sich um die Leute zu kümmern“, sagte der Generaldirektor.
„Leider hat es heute nicht geklappt, trotz meiner Anfrage beim Parteivorsitzenden. Aber ich habe die feste Zusage, nächstes Jahr wird deine Dame sicher dabei sein.“ Herr Calma gab Paul die Hand.
Seitdem erinnerte sich Paul immer an diese Geschichte, und er hat diese Erfahrung mehrmals in seiner Firma angewendet.
Nach der Revolution herrschten in den Fabriken besondere Bedingungen: Die Arbeiter hatten durch die Gewerkschaften die neue Führung gewählt. In Pauls Fabrik wurde die ursprüngliche Führung in den Positionen wiedergewählt und bestätigt.
„Ich werde wahrscheinlich in die Staatsregierung gehen“, sagte sein Chef zu Paul, „aber ich muss darüber noch nachdenken.“
Paul war überrascht: So, Vlado will auch weggehen? Und ich auch, das ist schlecht. Wer wird in der Fabrik bleiben? Das wird eine Katastrophe für das Werk bedeuten.
„Wieso starrst du mich so an?“, fragte Kolacek, als er Pauls Gesicht sah.
„So, Vlado, du weißt es selbst, diese Fabrik steht und fällt gerade mit uns als Team. Wenn du meiner Meinung nach weggehst und dazu noch vielleicht der Generaldirektor, dann geht alles in den Keller.“
„So, Paul“, nickte Kolacek kurz mit dem Kopf, „du hast wohl deine Wenigkeit vergessen?“
Paul fühlte plötzlich kalten Schweiß auf dem Rücken und dachte: Der Chef weiß, dass ich auch weggehen will? „Jetzt oder nie“, sagte Paul zu sich selbst. „So, Vlado, wenn du die Sache schon angesprochen hast, ich mache mir auch gerade jetzt über ein grundsätzliches Angebot Gedanken“, entschied sich Paul, direkt volley auf seinen Chef zu schießen.
„Was, spinnst du?“ Vlado Kolacek schien vollkommen konsterniert zu sein, „du machst wohl einen Spaß, oder?“
„Mache ich nicht, Vlado, mein Vater will mich zur Gründung einer Privatfirma überreden.“
„Na, das ist okay, aber du hast hier keinen schlechten Job, oder?“, fragte Kolacek. „Das kannst du mit mir nicht machen. Ich habe dich hierher gebracht, habe mich für dich eingesetzt, und du willst jetzt die Fabrik verlassen?“
„Vlado, erstens habe ich mich noch nicht endgültig entschieden und zweitens habe ich dich nicht verraten. Du willst doch auch weg, oder?“
„Aber das war nur ein Spruch, so eine Übertreibung. Ich möchte mich nicht auf einmal in die Politik stürzen“, sagte Kolacek, jetzt schon ganz locker.
„Ich denke, die Privatisierung des Unternehmens ist schon vorbereitet, und den Routineablauf wird das gewöhnliche Management schon meistern können. Die neuen Inhaber werden sicher nicht solche cleveren Leute wie uns benötigen.“
„Fast hast du recht, ich bin aber trotzdem ein bisschen empört.“ Vlado lachte langsam.
„So, wie werden wir uns einigen?“, fragte Paul.
„Morgen setzen wir uns zusammen, okay?“, sagte Kolacek schon ganz kühl, „und jetzt schnell an die Arbeit.“
Paul kehrte mit gemischten Gefühlen in sein Büro zurück. Er hatte seinen Job gern, aber in der Gründung der eigenen Firma fühlte er eine riesige Herausforderung und zugleich die Gelegenheit, sich etwas zu beweisen und sich zu bestätigen.
Er hatte sich eigentlich schon entschieden. Morgen würde er seinem Chef sagen, er möchte die Gelegenheit zur Gründung der Privatfirma wahrnehmen …
… Gleich nach dem Sturz des Eisernen Vorhangs 1989 schrieb Paul Bewerbungsbriefe und hat sich auch bei BMW beworben.
Im Jahr 1990 fuhr er mit seinem LADA nach München. In der Nähe des Olympiastadions zog er seine Jeans aus und seinen einzigen Anzug an und klopfte in der berühmten Vierzylinder-BMW-Konzernzentrale direkt an die Tür des Personalchefs.
Damals war alles ganz anders: Überall herrschte eine lockere Atmosphäre. Paul war bei BMW monatelang in Verhandlungen, es schien günstig für ihn zu sein, und er schien Erfolg zu haben. Aber das Schicksal wollte es anders.
Sein Vater hatte ihn angesprochen: „Komm zu mir, wir werden eine Firma gründen.“ Er hatte langjährige Kontakte in der Speditionsbranche aus den Zeiten, als er mit dem großen Brummi durch Europa gefahren war.
Paul dachte: So, morgen wird Kolacek von mir eine klare Antwort bekommen: Ich werde kündigen. Er wird schimpfen. Aber was soll es? Ich bin meinem Vater sowieso schon fast jeden Tag behilflich.
Paul öffnete die Tür seines Büros und schaute kurz das „Betriebsbordell“, wie er die Papierhaufen nannte, auf seinem Arbeitstisch an. Er dachte: Morgen werde ich das Ganze einpacken und übergeben. Ich habe doch noch ein paar Tage Urlaub. Also, worum geht es eigentlich?
Gleich am nächsten Tag frühmorgens rief er seinen Chef an: „Du bist mir nicht böse, Vlado, ich möchte heute Urlaub nehmen, ich habe etwas zu erledigen.“
„Also, dein Vater hat dich schon geschnappt, oder?“, empörte sich Kolacek am Telefon. „Na, mach, was du willst, ich werde dich nicht daran hindern. Jeder steht seinem Schicksal selbst gegenüber.“
„Nein, Vlado, es ist nicht so, wie du meinst. Ich habe mit meinem Vater noch nicht gesprochen.“
„Kann sein, aber du hast es bestimmt im Visier. Ich habe deinen Vater vorige Woche in der Fabrik gesehen.“
„Du hast recht. Er war noch mit einem Kollegen bei mir. Sie wollten mich überreden. Aber ich habe die definitive Entscheidung noch nicht getroffen. Wenn ich sie habe, wirst du der Erste sein, der das erfährt.“
„Gut, ich freue mich schon“, sagte Kolacek ganz kühl.
Paul wandte sich sauer an seinen Vater, der in seinem Büro Doucha gegenübersaß. „Siehst du, du drückst dich, und ich habe mit meinem Chef Probleme.“
„Mach, wie du meinst, Paul. Aber du musst dich entscheiden, am besten gleich jetzt. Nächste Woche müssen wir mit Vladko nach Holland fahren, zur entscheidenden Verhandlung“, sagte Frank Reno, Pauls Vater, deutlich.
Paul dachte fieberhaft nach: Sollte er zu seinem Vater gehen oder die Position halten, die er selbst in der Maschinenfabrik aufgebaut hat?
Sein Vater drängte zur Eile. Paul verstand das, als er ihm die ganze Geschichte über eine mögliche Zusammenarbeit mit den Holländern erzählt hatte.
Frank Reno kam einmal in sein Büro in einem Betrieb des AD und fand auf seinem Tisch einen Briefbogen mit weiß-blauem Logo.
„Leider ist es deutsch geschrieben, Frank. Du kannst es vielleicht lesen, und dann werden wir darüber sprechen“, sagte ihm damals sein Chef, der keine Weltsprachen beherrschte, wie damals übrigens fast alle leitenden Führungskräfte in sozialistischen Betrieben.
Frank las den Brief und entschied sich gleich. Das würde er keinem Chef übersetzen und dachte: Ich werde es alleine machen. Aber er wusste auch genau, dass er mit seinen Erfahrungen als Fernfahrer den erfahrenen holländischen Businessmännern ganz naiv vorkommen wird.
Er erinnerte sich an seinen Sohn, der in dieser Zeit schon einige Jahre eine Topmanagementposition in einer namhaften südböhmischen Firma innehatte. Diese Firma war auch international tätig, und Paul konnte schon mindestens drei Fremdsprachen gut sprechen.
„Paul könnte uns bei den Besprechungen mit den Holländern helfen. Was meinst du?“, fragte Frank einmal seinen Kollegen Vladko Doucha.
Vladko kam damals ganz frisch von der Prager Universität. Frank hielt ihn für einen cleveren Mann mit viel Ambitionen. Also entschied er sich, ihn auch zu Verhandlungen einzuladen. Vladko kannte Paul noch nicht persönlich und nickte dazu.
Gleich am selben Tag abends rief Frank seinen Sohn an und vereinbarte mit ihm einen Termin für den nächsten Vormittag.
Frank Reno und Vladko Doucha besuchten Paul in seinem Büro in der Fabrik. Paul war nicht besonders froh, dass alle sein Engagement auf dem Boden seines damaligen Arbeitgebers besprachen. Er wollte nicht, dass seine Mitarbeiter früher wussten, dass er wegging, als dass er sich selbst dazu entscheiden würde.
Paul besuchte noch an diesem Abend seinen Vater, und sie besprachen gemeinsam bis Mitternacht das ganze Projekt.
Frank verlangte von Paul eine Entscheidung: „Du musst mir noch heute sagen: Du gehst mit uns oder nicht, Paul. Wir müssen Anfang nächster Woche nach Holland fahren und mit unseren künftigen Partnern eine ausführliche Besprechung abhalten.“
„Okay, abgemacht“, gab Paul seinem Vater die Hand darauf. „Aber wir müssen gut detaillierte Szenarien inklusive Finanzbilanz, Businessplan und so weiter vorbereiten. Das werde ich nach den nach uns versprochenen Gesellschafteranteilen klar vorbereiten. Am besten wäre es natürlich, eine Aktiengesellschaft zu gründen. Das gäbe uns bessere Möglichkeiten, unsere Ziele durchzusetzen, besonders wenn wir eine gut ausgearbeitete Firmensatzung haben.“
Paul hatte schon zu Anfang des beginnenden Kapitalismus in der damaligen Tschechoslowakei fleißig die Grundsätze der Marktwirtschaft studiert und sich damit auf die künftige potenzielle Ausnutzung seiner Erfahrungen und Kenntnisse gut vorbereitet. Das sollte ihm und seinen Gesellschaftern von Vorteil sein.
Und so machte er sich mit seinem Vater und Vladko Doucha im LADA 1500 auf den Weg nach Rotterdam und fuhr allen Abenteuern entgegen, die nicht nur ihr eigenes Schicksal, sondern möglicherweise auch das der ganzen Menschheit beeinflussen sollten.
3.
Montag, 31. März, 14:30 Uhr, Rotterdam/Niederlande
„Komm rein, Hans“, rief der Firmenboss und Chef der ganzen Firmenholding, B. J. Ewretter, zum Generalmanager der holländischen Zentrale, Hans J. Blucher. Er war selten unfreundlich zu seinem wichtigsten Mitarbeiter, einem erfahrenen Draufgänger, den er gerade von einer direkten Konkurrenzfirma abgeworben hatte. Ewretter konnte seine Manipulationsfähigkeiten sowie harte und brutale Managementmethoden gut einschätzen.
Blucher versteckte sich nie hinter seinem Widerstand gegenüber Ostblockleuten (wie er die ehemaligen Einwohner der Länder östlich der deutschen Grenze nennt). Er dachte: Wir brauchen sie doch, wir werden sie ein bisschen etwas Leckeres fühlen lassen und sie dann schön ausnehmen.
Er spielte die Mitarbeiter gegeneinander aus, obwohl er es immer „Teambuilding“ nannte und natürlich nicht „Machtspiel“, was eigentlich der richtige Name dafür war.
Er war ein harter, ironischer Redner, im Gegensatz zu seinem Chef B. J. Ewretter, der sehr entgegenkommend wirkte und die entstehenden Probleme immer effizient lösen konnte.
Die beiden konnten sich ausgezeichnet ergänzen. Mit Bravour meisterten sie gemeinsam alle Privatisierungen und Akquirierungen aller Firmen, die sie in ihrer Holding gesammelt hatten.
Hans unterdrückte sein Husten und forderte eine halbe Stunde Zeit von seinem Chef.
„Für dich habe ich immer Zeit“, sagte Ewretter und zeigte mit der rechten Hand auf den schwarz-silbernen Stuhl, der zwischen zwei gelb-schwarzen Reihern in Lebensgröße stand.
„Was brauchst du, Hans?“, fragte Ewretter ganz leise. Solch eine Stimme hatte er sehr selten, aber in letzter Zeit zur Genüge. Zwölfstündige Besprechungen in den osteuropäischen Ländern und der damaligen DDR waren keine Seltenheit.
Er fragte sich manchmal: Wann wird das alles ein Ende haben, wenn wir schon all diese Firmen beisammenhaben? Ich brauche frische Luft. Er dachte dabei an seine Villa in Miami oder Dubai, je nachdem, wo er sich immer befand.
„Ich brauche nichts“, sagte Blucher ganz kühl, „alles, was ich brauche, habe ich schon. Du hast es für mich erledigt, Bernd, übrigens, es war auch ein Anhang in unserer Geschäftsabmachung.“
„Ich habe es nicht vergessen“, sagte Ewretter zähneknirschend, „du schuldest mir auch viel!“
„Ich weiß das genau und deswegen verbringe ich mit dir die langen Abende. Gott sei Dank, dass der Tag schon länger wird. Wir haben mindestens den Anschein von Frühling“, lachte Blucher ein bisschen.
„Wir sollten über das tschechische Projekt entscheiden. Denkst du nicht, Chef?“
„Ich bin dafür, Hans, aber wir müssen unser Szenario noch präzisieren. Werden wir das über die deutsche oder holländische Linie arrangieren?“, fragte B. J.
„Es hängt davon ab, wo die fähigeren Leute für diese Aufgabe sind“, sagte Blucher. „Also, ich schlage die deutsche vor, es liegt näher, so sind auch Mentalität, Gewohnheiten und Terrainkenntnisse ähnlicher.“
„Was das betrifft, du hast recht“, stimmte Ewretter zu, „aber die holländische Linie können wir besser von unserer Zentrale aus kontrollieren.“
„Du möchtest also alles unter Kontrolle haben?“, entgegnete Blucher.
„Ich bin auch Mitinhaber mit Majorität, also wir werden das von Holland aus machen“, entschied B. J.
Blucher erkannte gleich, seine Argumente zogen nicht. Er kannte seinen Chef zu gut und mochte nichts Schlimmes für sich tun, obwohl er wusste, der deutsche Weg wäre bestimmt besser.
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