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Dieses eBook: "Der Todesgruß der Legionen (Historischer Roman)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Oskar Meding (1828-1903) war ein deutscher Diplomat und Schriftsteller. Meding verfasste unter dem Pseudonym Gregor Samarow zahlreiche Romane, in denen er häufig Themen der jüngeren Geschichte behandelte: Politische Zeitromane und historische Romane aus der Zeit des deutsch-französischen Krieges 1870-1871. Aus dem Buch: "Der Kaiser schüttelte langsam und traurig den Kopf. "Die großen Aufgaben meiner Stellung!" sprach er mit matter Stimme — "das ist es ja eben, was mich so niederdrückt und lähmt — daß die Maschine den Dienst versagt, um das ausführen zu können was nothwendig geschehen muß; ja, daß sogar oft die Klarheit des Erkennens dessen was nothwendig ist mir schwindet. Wäre ich einer jener legitimen Könige, die ruhig auf ihrem Thron sitzen, die denselben sicher und unangefochten ihrem Nachfolger überlassen können — oh, dann würde ich ruhig alle diese Leiden und Schmerzen ertragen. Ich fürchte wahrlich den Tod nicht — fast möchte ich ihn zuweilen wünschen, denn die Genüsse und Freuden des Lebens sind für mich — beendet; aber, mein Gott," rief er händeringend, "ich darf ja nicht nur an mich und mein Leben denken, ich muß sorgen für die Zeit die nach mir kommt...."
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Seitenzahl: 899
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Am Ufer der Marne, in der Nähe der kreidereichen weißen Ebene der Champagne, liegt die alte Stadt Saint-Dizier, ein kleiner Ort mit etwa fünftausend Einwohnern, deren Industrie zum großen Theil darin besteht die auf der Marne herabgeflößten Holzstämme in Bretter zu zerschneiden — außerdem befinden sich dort berühmte Manufacturen von Eisenwaaren und durch diese Gewerbthätigkeit hat der ganze Ort trotz seiner geringen Ausdehnung, vielleicht gerade wegen derselben eine bedeutende Wohlhabenheit erreicht.
Die alte Stadt zieht sich mit ihren winkligen und ziemlich unregelmäßigen Straßen in einer verhältnißmäßig bedeutenden Längenausdehnung am Ufer der Marne hin. Auf dem höchsten Punkt liegt eine alte Kirche von hohen Bäumen umgeben, welche ebenso wie die Stadt selbst und deren altersgraues Rathhaus voll von historischen Erinnerungen ist, die innig mit großen Momenten der Geschichte Frankreichs zusammenhängen.
Schon von Alters her waren die Einwohner von Saint-Dizier sehr streitbare und kriegerische Männer, man nannte sie im Mittelalter les bragars — eine Zusammenziehung aus les braves gars — und die bragars von Saint-Dizier waren die treuesten und muthigsten Kämpfer Franz I.; sie hielten eine lange Belagerung Carl V. aus und leisteten dem Lande dadurch wichtige Dienste, für welche der ritterliche König sie mit verschiedenen bedeutenden Privilegien auszeichnete.
Diese stolzen Erinnerungen leben noch heute in den Bewohnern von Saint-Dizier fort und so klein und unscheinbar die Stadt ist, so stolz blickt sie auf ihre Geschichte zurück und jeder Bürger von Saint-Dizier macht das Wort Franz I.: “tout est perdu fors l'honneur” zu seiner Devise.
Die unmittelbare Umgebung der Stadt ist flach und eben; in einiger Entfernung erheben sich kleine Anhöhen mit niedrigen Laubwaldungen und Weinpflanzungen bedeckt. Dort befindet sich eine Wasserheilanstalt, welche wegen ihrer gesunden Luft und ihrer frischen Quellenbäder von den Bewohnern der Umgegend häufig besucht wird und während des Sommers die kleine Stadt mit dem bewegten Leben eines Badeortes erfüllt.
Es war an einem Februarabend des Jahres 1870.
Rauh und kalt wehte der Wind über die ebene Umgebung der Stadt; die Wellen der Marne vom Sturm gepeitscht schlugen an die Ufer und die dort aufgehäuften Holzblöcke; durch die in zerrissenen Flocken über den Himmel hinjagenden Wolken blickte von Zeit zu Zeit ein Strahl des Mondlichtes und erhellte einen Augenblick die öde und kalt daliegende Gegend.
Auf einem ebenen Wege am Flußufer, der an schönen Tagen für die Bewohner von Saint-Dizier eine beliebte Promenade bildete, gingen langsam zwei Männer auf und nieder.
Beide waren hoch und kräftig gewachsen und wenn das Mondlicht vorübergehend ihre Gesichtszüge beleuchtete, so konnte man in denselben jenen eigenthümlichen Typus der norddeutschen Race erkennen. Der Eine von ihnen mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein; seine Gestalt war geschmeidig, seine Bewegungen elastisch und nicht ohne eine gewisse natürliche fast elegante Anmuth, welche nicht vollständig mit der Kleidung übereinstimmte, die er trug und die ungefähr diejenige des französischen Arbeiterstandes war.
Sein Gesicht war scharf geschnitten und drückte Intelligenz, Muth und Willenskraft aus; über der leicht aufgeworfenen Oberlippe kräuselte sich ein kleiner dichter Schnurrbart, volle blonde Locken quollen unter dem kleinen runden Hut hervor und in den großen blauen Augen lag eine gewisse schwärmerische Tiefe, verbunden mit scharfer Beobachtung, welche zuweilen den Ausdruck listiger Schlauheit annehmen konnte. Neben ihm schritt ein bedeutend älterer Mann von etwa vierzig bis fünfundvierzig Jahren. Sein Gesicht sah bereits ein wenig verwittert aus und zeigte weniger Intelligenz als das seines Begleiters, dagegen aber mehr von jener beinahe eigensinnigen Zähigkeit, welche dem norddeutschen, insbesondere dem niedersächsischen Bauernstamme eigen ist.
Beide Männer gehörten der hannöverschen Emigration an, welche im Jahre 1867 ihr Heimathland verlassen und nachdem sie aus Holland und der Schweiz ausgewiesen war, ein Asyl in Frankreich gefunden hatte. Der Jüngere der beiden Männer war der frühere hannöversche Dragoner Cappei; der Aeltere war der frühere Unterofficier Rühlberg, welcher das Commando über die kleine Abtheilung Emigranten führte, welche in Saint-Dizier stationirt waren.
“Ich sage Euch noch einmal, Cappei,” sprach der Unterofficier, “überlegt wohl, was Ihr thun wollt, denn die Sache wird ernst — ich habe den Herrn Lieutenant von Mengersen, als er das letzte Mal hier inspicirte, auf das Gewissen gefragt, ob es wirklich wahr sei, daß der König die Emigration auseinander schicken und Jeden mit einer Summe von einigen hundert Francs abfinden wolle und der Herr von Mengersen, der ein braver und ehrlicher Mann ist, hat die Achseln gezuckt und mir keine rechte Antwort gegeben — er weiß mehr als er sagen will und die Kameraden in Paris haben mir geschrieben, daß dort etwas vorgeht; es sind Herren aus Hietzing dagewesen, man hat dann lange Conferenzen gehalten und die Herren Officiere sind alle sehr niedergeschlagen gewesen, — glaubt mir nur, ich täusche mich nicht, wir werden einfach fortgeschickt werden, nachdem wir uns vier Jahre lang für den König in der Welt herumgeschlagen haben und dann muß Jeder von uns ernstlich daran denken, wie er sich sein Brot erwerben und sich ehrlich durch's Leben bringen kann.”
“Ich glaube das nicht, Herr Unterofficier,” rief Cappei, indem er stehen blieb und lebhaft mit dem Fuße auf den Boden trat; “es ist unmöglich, daß Seine Majestät seine treuen Soldaten, die in der Noth und Verbannung zu ihm gehalten haben, so einfach auseinander schickt, ohne sich um ihr Schicksal zu kümmern. — Ich werde das nicht eher glauben, als bis es wirklich geschieht — wenn es aber je dazu kommen sollte, dann steht mein Entschluß ganz fest — ich gehe nach Hannover in die Heimath zurück, mag daraus entstehen was da wolle. — Die Preußen können uns doch nicht Alle todtschießen; man wird uns bestrafen, aber dann sind wir doch wenigstens in der Heimath und haben festen Grund für unsere Existenz. Ich habe ein kleines Gehöft von meinem Oheim zu erben, das wird man mir nicht nehmen und wenn man mich wirklich ein oder zwei Jahre einsperrt, so werde ich doch nachher ruhig in meinem Hause sitzen und mir eine Familie gründen können.”
“Ihr sprecht so,” erwiderte der Unterofficier, “weil Ihr verliebt seid und weil Ihr nur daran denkt, je eher je lieber die kleine Französin zu heirathen, der Ihr den ganzen Tag den Hof macht; aber das ist nicht recht von einem ordentlichen Soldaten — denkt doch daran, daß Ihr noch militairpflichtig seid und daß man Euch jedenfalls, wenn Ihr zurückkehrt, zum Dienst einziehen wird. Wollt Ihr, ein alter hannöverscher Garde du Corps, der sich so lange der preußischen Eroberung widersetzt hat, hinterher noch die preußische Uniform anziehen und nach preußischem Commando exerciren?”
“Wenn der König seine Getreuen wirklich verläßt,” rief Cappei, “was habe ich, der einzelne Mensch für eine Veranlassung oder für ein Recht mich der preußischen Herrschaft zu widersetzen? Ihr werft mir vor, daß ich verliebt sei — das ist wahr; ich bin verliebt und ich habe keinen größeren Wunsch als meine kleine Luise zu heirathen, aber ich versichere Euch — Gott ist mein Zeuge — daß der König und seine Sache mir höher steht als meine Liebe und wenn der König mich heute riefe um für ihn in's Feld zu ziehen, so würde ich mich nicht einen Augenblick besinnen und meine Luise würde nicht von mir verlangen, daß ich meiner alten Fahne untreu werden sollte — wenn aber der König uns gehen läßt, so bin ich ein einzelner freier Mensch und habe nur für mich zu sorgen und dann werde ich der Narr nicht sein, mich in der Welt herumzuschlagen und die Heimath aufzugeben.
“Hart wird es freilich für mich sein die fremde Uniform zu tragen” — sprach er seufzend, — “aber was geht es im Grunde mich an? Schickt der König uns fort, dann sind wir Alle frei zu thun was wir wollen und dann allerdings werde ich mich bei meinem Entschluß nur durch meine Liebe bestimmen lassen.”
“Nun,” sagte der Unterofficier, “Gott gebe, daß es nicht dazu kommen möge. Was mich betrifft, so gehe ich nicht nach Hannover zurück; ich bin zu alt geworden, um in den neuen Verhältnissen leben zu können. Man hat uns ja eine schöne Ansiedelung in Algier versprochen — wenn es dahin kommt, so lasse ich meine Frau kommen und gründe mir dort im fernen Afrika eine neue Heimath, in der ich wenigstens nach alter Weise leben und meine Gedanken frei aussprechen kann — Ihr werdet's Euch auch noch überlegen, hoffe ich. — Es ist ein Unglück, daß bei Euch jungen Leuten immer die Liebe mitspricht —”
Ungeduldig erwiderte Cappei:
“Ich sage Ihnen nochmals,” Herr Unterofficier, “daß es nicht die Liebe ist, welche mich bestimmt — wenn der König uns nach Algier schickte und uns sagen ließe: wartet dort bis ich Euch brauchen kann, ich würde hingehen, so wahr ich hier vor Euch stehe und wenn meine Braut nicht mit mir gehen wollte, so würde mich das zwar traurig machen, aber keinen Augenblick in meinem Entschluß irre werden lassen. Wenn aber der König uns aufgiebt, so bin ich frei — ich habe meine Soldatenpflicht erfüllt und kann als ehrlicher Mann thun was ich will.”
Sie waren am Ende des Weges angekommen und schritten langsam in die Straße der Stadt hinein, welche durch die flackernden Gaslaternen nur spärlich erleuchtet war. — — —
Um dieselbe Zeit saß in dem Wohnzimmer eines großen, durch einen weiten Vorhof von der Straße getrennten Hauses in der Nähe der alten Kirche, welches dem Holzhofbesitzer Challier gehörte, ein junges Mädchen von etwa siebzehn Jahren in einem tiefen Lehnstuhl vor dem flackernden Kaminfeuer; sie trug ein einfaches Hauskleid von dunklem Wollenstoff, das sich ihrer schlanken Gestalt anmuthig anschmiegte, ihr dunkles, glänzendes Haar war glatt gescheitelt und auf dem Hinterkopf in zwei Flechten zusammengebunden, deren reiche Fülle jeden künstlichen Chignon unnöthig machte; ihr etwas blasses, feines Gesicht zeigte den eigentümlichen, scharf geistvollen, beinah etwas höhnischen, dabei aber doch wieder zugleich sentimental gefühlsreichen Ausdruck, der den französischen Frauen eigenthümlich ist. Ihre mandelförmig geschnittenen dunkeln und von scharf geschnittenen Brauen überwölbten Augen blickten sinnend in die Gluth des Kaminfeuers, während ihr kleiner frischer Mund sich ein wenig spöttisch verzog, indem sie den lebhaften Worten eines Mannes von etwa dreißig Jahren zuhörte, der vor ihr stand.
Dieser Mann war mittelgroß und von hagerer Gestalt; sein etwas gelbliches nicht schönes aber intelligentes Gesicht zuckte in lebhafter Aufregung, die Blicke seiner großen tief liegenden dunkeln Augen sprühten in nervöser Unruhe hin und her, sein krausgelocktes, dichtes Haar reichte tief in die Stirn hinab und sein kleiner schwarzer Schnurrbart war in zwei geraden Spitzen aufwärts gedreht.
“Es ist unrecht von Ihnen, Fräulein Luise,” rief er, seine Worte mit lebhaften Gesticulationen begleitend, “es ist unrecht von Ihnen, daß Sie für die Versicherungen meiner Liebe nur ein höhnisches Lächeln haben. Sie wissen, daß seit lange Ihnen mein ganzes Herz gehört; — meine Eisenfabrik wirft mir einen reichen Gewinn ab, mein Vater hat Nichts gegen meine Bewerbung — warum weisen Sie fortwährend meine Bitte zurück, mir Ihre Hand zu reichen? — Ich kann Ihnen eine sichere und wahrlich keine einschränkte Existenz bieten und was meine Person betrifft, so glaube ich sollten Sie mich genug kennen, um vertrauensvoll Ihr Schicksal mit dem meinigen zu verbinden.”
“Ich habe Ihnen schon öfter gesagt, Herr Vergier,” erwiderte das junge Mädchen, “daß ich durchaus keine Eile habe mich zu verheirathen. Ich bin, Gott sei Dank, erst siebzehn Jahre und habe noch Zeit ein wenig meine Freiheit zu genießen; ich habe Sie oft gebeten mir diese Zeit zu lassen — das ist doch in der That keine unbillige Bitte — oder fürchten Sie, daß ich Ihnen zu alt werde,” fügte sie lächelnd hinzu, indem sie ihre Augen mit einem schalkhaften Blick emporschlug.
“Da antworten Sie mir wieder in diesem höhnischen Ton, den ich nicht ertragen kann,” sagte Herr Vergier, indem er lebhaft mit der Hand durch die Haare fuhr; “es wäre wahrhaftig besser, wenn Sie mir auf einmal offen und ehrlich sagten, daß Sie Nichts von mir wissen wollen, als daß Sie mich auf diese Weise hinhalten und verspotten.”
“Warum erfüllen Sie denn meine Bitte nicht,” erwiderte Luise, “und lassen mir ruhig Zeit zur Ueberlegung? Ich habe ja Nichts von Ihnen verlangt, als daß Sie ein Jahr lang mit mir gar nicht über Ihre Heirathspläne sprechen und ich habe Ihnen versprochen, nach Ablauf dieser Frist Ihnen ein bestimmtes ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ zu sagen. — Warum drängen Sie mich fortwährend?”
“Weil ich,” rief Herr Vergier lebhaft, “täglich deutlicher sehe, daß es nicht die Liebe zu Ihrer Freiheit ist, welche Sie die entscheidende Antwort verschieben läßt, sondern daß sich Ihr Herz mir mehr und mehr entfremdet. Oh!” sagte er näher zu ihr herantretend, indem er sie mit unruhigen, halb bittenden, halb zornigen Blicken betrachtete, “früher war das anders; früher als Sie fast noch ein Kind waren, sprachen Sie gern mit mir, Sie hatten Vertrauen zu mir, Sie lächelten freundlich und widersprachen mir nicht, wenn ich Sie meine kleine Braut, meine künftige Frau nannte, das verstand sich Alles von selbst — und machte mich so glücklich; aber jetzt,” fuhr er fort, die Zähne zusammenbeißend und mit Mühe einen heftigen Ausdruck zurückhaltend — “jetzt ist das Alles anders — seit —”
“Seit?” fragte das junge Mädchen den Kopf emporwerfend und mit einem kalten, fast hochmüthigen Blick Herrn Vergier vom Kopf bis zu den Füßen musternd, “seit —?”
“Seit jener fremde Deutsche hierhergekommen ist,” rief Herr Vergier mit brennenden Blicken, indem seine Gesichtszüge sich durch einen häßlichen Ausdruck von Zorn und Haß entstellten, “jener heimathlose Flüchtling, von dem man nicht weiß woher er kommt — seit dieser Mensch, der nur ein gemeiner Soldat war, sich in Ihr Herz eingeschlichen hat — seit jener Zeit haben Sie die Erinnerungen Ihrer Kindheit vergessen — haben Sie Ihren Vater und Frankreich vergessen, denn es ist auch ein Verbrechen an Ihrem Vaterlande einen Fremden zu lieben, noch dazu einen Fremden, welcher jener deutschen Nation angehört, die stets die Feindin Frankreichs war und deren Schaaren den heiligen Boden unsers Vaterlandes mehr als einmal verwüsteten. — Ich hasse die Deutschen,” fuhr er mit grimmigem, dumpf gepreßtem Tone fort, “ich habe sie gehaßt so lange ich die Geschichte meines Landes kenne und ich hasse sie jetzt — mehr als je, seit mir Einer aus dieser Race die Hoffnung meiner Zukunft und das Glück meines Lebens geraubt hat.”
Bei diesen Worten, welche Herr Vergier fortgerissen von seiner inneren Erregung, in immer steigendem Affect gesprochen, hatte zuerst eine fliegende helle Röthe Luisens Gesicht überzogen, dann öffneten sich ihre Augen groß und weit, das Blut verschwand aus ihren Lippen und ein Ausdruck von Verachtung und feindlichem Hohn legte sich um ihren festgeschlossenen Mund.
“Ich erinnere mich nicht,” sagte sie mit zitternder Stimme, welche sie mühsam zu ruhigem Ton zwang — “ich erinnere mich nicht, Herr Vergier, Ihnen das Recht gegeben zu haben, Vermuthungen über meine Beziehungen zu andern Personen auszusprechen und an diese Vermuthungen Belehrungen und Beleidigungen zu knüpfen. Ich habe von Ihnen Frist verlangt, um über Ihre Wünsche nachzudenken und Ihnen versprochen, Ihnen demnächst zu antworten.
“Wenn Sie sich herausnehmen in dem Ton mit mir zu sprechen, den ich so eben gehört, so wird die Folge davon sein, daß ich, ohne weiter einer Frist zu bedürfen, Ihren Antrag sogleich mit einem bestimmten und unwiderruflichen ‚Nein‘ beantworte.”
Herr Vergier beugte sich unter dieser entschiedenen Erklärung des jungen Mädchens zusammen, er schlug die Augen nieder und zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
“Verzeihung, Fräulein Luise!” sagte er mit leiser Stimme, indem er dem jungen Mädchen näher trat und ihr die Hand reichte, welche sie nur leicht mit den Spitzen ihrer Finger berührte — “Verzeihung, ich habe mich hinreißen lassen von meinem Gefühl, aber gerade diese Bewegung sollte Ihnen zeigen wie tief dasselbe ist.”
Luise antwortete nicht, schlug die Arme übereinander und blickte unbeweglich in die Kaminglut.
Nach einigen Augenblicken tiefen Schweigens trat der Vater des jungen Mädchens, der Holzhändler Challier in den Salon. —
Herr Challier war ein Mann von sechszig Jahren, nicht hoch gewachsen, aber trotz seines Alters noch von schlanker und elastischer Gestalt; das kurze dichte Haar war durchweg grau und an den Schläfen wie über der Stirn zurückgestrichen, so daß das scharfgeschnittene, ausdrucksvolle Gesicht mit den lebhaft blickenden dunkeln Augen und den noch fast schwarzen Augenbrauen an jene alten Köpfe aus der Zeit des Puders erinnerte.
Der alte Herr begrüßte Herrn Vergier und seine Tochter, ohne die peinliche Gereiztheit zu bemerken, in welcher Beide sich befanden.
“Wir haben heute die Arbeit spät geschlossen,” sagte er, “es sind so bedeutende Bestellungen von Seiten der Kriegsverwaltung gemacht, daß wir alle Hände voll zu thun haben um denselben zu genügen; nach diesen Vorbereitungen sollte man fast glauben, daß große Ereignisse bevorstehen, während doch die Zeitungen Nichts dergleichen vermuthen lassen und alle officiellen Kundgebungen nur die zuversichtlichsten Friedensversicherungen enthalten.”
“Ich glaube an diese Versicherungen wenig,” sagte Herr Vergier, welcher sehr zufrieden damit zu sein schien, daß die Unterhaltung ein Gebiet berührte, das so weit von dem Gegenstande entfernt war, der so eben das Gespräch zwischen ihm und Fräulein Luise gebildet hatte — “wir haben es schon öfter erlebt, daß unmittelbar vor den großen Conflicten in allen Tonarten der Weltfriede verkündet wurde und mich machen so feierliche und so bei jeder Gelegenheit wiederholte Friedensversicherungen ein wenig mißtrauisch.
“Ich weiß, daß auch auf dem Gebiet meines Geschäfts neuerdings wieder große Bestellungen gemacht worden sind und die ganze industrielle Welt hat das Gefühl, daß in der schwülen Luft dieser Zeit ein großes erschütterndes Gewitter sich vorbereitet, und so sehr ich,” fuhr er lebhafter fort, “als Industrieller den Frieden wünsche, so muß ich doch sagen, daß ich als Franzose mit tiefem Schmerz die passive Unthätigkeit empfinde, zu welcher die Regierung des Kaisers Frankreich verurtheilt und durch welche die Stellung unseres Landes in Europa immer schwerer erschüttert und immer tiefer untergraben wird.”
Der alte Challier schüttelte langsam den Kopf.
“Mir fehlt es wahrlich nicht an französischem Nationalgefühl,” sagte er, “und gerade die Bürger von Saint-Dizier, zu denen meine Familie seit Jahrhunderten gehört, sind mit dem militairischen Ruhm Frankreichs eng verwachsen, aber ich sehe wahrlich nicht, daß und wie die Achtung gebietende Stellung unseres Landes bedroht wäre und ich glaube daß der Kaiser sehr wohl daran thut den kriegerischen Aufwallungen nicht nachzugeben, welche sich seit längerer Zeit so oft bemerkbar machen.
“Er hat Frankreich auf eine Höhe des Wohlstandes gebracht wie dieselbe kaum jemals früher vorhanden war; sein neues Wegesystem hat jeder Arbeit den sicheren und leichten Absatz verschafft und es wäre ohne die allergewichtigsten Ursachen geradezu ein Verbrechen unser so herrlich aufblühendes Land in die Gefahren eines großen Krieges zu stürzen. Die Nachwehen dieser mexikanischen Expedition, welche uns so viel Geld und Blut gekostet hat, sind kaum überwunden und ein neuer Krieg würde kaum zu verantworten sein.”
“Aber glauben Sie denn,” rief Herr Vergier lebhaft, “daß der Kaiser sich auf die Dauer wird halten können, wenn er nicht durch einen glücklichen und siegreichen Krieg seiner Regierung ein neues nationales Fundament giebt? Man sagt ja, daß seine besten Freunde ihm zu solchem Kriege rathen. — Ich liebe das kaiserliche Regiment nicht — ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich in der Republik die einzige Regierungsform sehe, welche Frankreich dauernd zu Glück und fester Größe führen kann und ich würde ohne Bedauern den Zusammenbruch dieser willkürlichen Regierung ansehen, der wir jetzt unterworfen sind —”
“Sie thun Unrecht,” fiel Herr Challier ernst und entschieden ein — “die Jugend liebt die Veränderung und glauben Sie mir, es ist wesentlich die Neigung zur Veränderung, welche die Gegner des Kaiserreichs erfüllt; ich bin kein unbedingter Bewunderer der Napoleonischen Herrschaft — die Traditionen unserer Stadt und unserer Gegend weisen uns vielmehr auf die alten legitimen Könige von Frankreich zurück, mit denen unsere Vorfahren in der großen Geschichte der Vorzeit so eng verbunden waren; aber ich erkenne an, daß das legitime Königthum für Frankreich abgeschlossen ist und daß in dem Kaiserreich die einzige Garantie für eine ordnungsmäßige gesicherte Entwickelung der nationalen Wohlfahrt liegt. Dem Kaiser Schwierigkeiten zu bereiten ist nach meiner aufrichtigsten Ueberzeugung ein Unrecht gegen Frankreich selbst, um so mehr nachdem der Kaiser sich jetzt mit liberalen Institutionen umgeben und Männer in seinen Rath berufen hat, welche das Vertrauen des Volkes besitzen.”
“Das Vertrauen des Volkes?” rief Herr Vergier. “Besitzt dieser Herr Ollivier, welcher dem Portefeuille seine Ueberzeugung, die er früher so laut und emphatisch aussprach, Stück für Stück geopfert hat — besitzt dieser, täglich die Farbe wechselnde Minister das Vertrauen des Volkes? — Dieser Mann, der äußerlich den anspruchslosen und einfachen Bürger spielt und in seinem Herzen ein schlimmerer Höfling ist als die Satelliten der römischen Kaiser.”
“Nun,” sagte Herr Challier das Gespräch abbrechend, “ich hoffe, daß die kriegerischen Befürchtungen auch diesmal unbegründet sein werden und daß man die steigende Wohlfahrt des Landes einem augenblicklichen militairischen Ruhm vorziehen wird.”
Er blickte auf seine Uhr.
“Ist unser Diner bereit?” fragte er seine Tochter, welche fortwährend still in ihrem Stuhl gesessen hatte, ohne auf das Gespräch ihres Vaters mit Herrn Vergier zu achten.
Luise erhob sich.
“Sogleich,” sagte sie, “Herr Cappei muß jeden Augenblick kommen; er hat versprochen heute bei uns zu essen,” fügte sie hinzu, indem ihr Blick sich fast herausfordernd auf Herrn Vergier richtete, welcher die Lippen zusammenbiß und sich abwendete.
Die Thür öffnete sich und der junge Hannoveraner trat ein.
Herr Challier begrüßte ihn mit herzlicher Freundlichkeit; das junge Mädchen trat ihm entgegen, reichte ihm mit anmuthiger Bewegung die Hand und sprach, indem sie mit einem kalten, feindlichen Seitenblick Herrn Vergier streifte:
“Wir fürchteten schon, daß Sie nicht kommen würden und würden Ihre Abwesenheit sehr bedauert haben.”
Der junge Mann hielt Luisens Hand einige Augenblicke in der seinen, er machte eine unwillkürliche Bewegung, als wollte er diese Hand an seine Lippen führen — dann trat er zurück und begrüßte mit einer höflichen Verneigung Herrn Vergier.
Eine hübsche Dienerin in der zierlichen Tracht der französischen Landmädchen öffnete die Thür des anstoßenden Speisezimmers. Fräulein Luise, welche als die einzige Tochter ihres früh verwittweten Vaters dem Haushalte vorstand, trat hinein, warf einen letzten Blick über den einfach aber sauber und geschmackvoll gedeckten Tisch, in dessen Mitte eine kleine Schale mit frischen Blumen stand und kehrte dann zurück, um ihrem Vater zu sagen, daß Alles bereit sei.
Man setzte sich zu Tisch. Fräulein Luise machte mit der den Französinnen aller Stände so eigenthümlichen Anmuth die Honneurs, doch wollte sich der heitere Unterhaltungston, welcher sonst in diesem kleinen Kreis heimisch war, nicht recht finden. Es lag eine gedrückte Stimmung auf der Gesellschaft.
Der junge Cappei blickte sinnend und fast traurig vor sich nieder; Herr Vergier beobachtete mit scharfen spähenden Blicken den jungen Deutschen und Fräulein Luise schien mit besonderer Absichtlichkeit ihre ganze Aufmerksamkeit Herrn Cappei zuzuwenden. Sie legte ihm die Speisen vor, schenkte ihm Wein ein und begleitete alle diese kleinen Aufmerksamkeiten mit noch freundlicheren Blicken und Worten, indem sie dabei zuweilen mit dem Ausdruck von Trotz und höhnischer Herausforderung zu Herrn Vergier hinübersah.
Das Diner verlief schweigsam.
Der junge Deutsche bewies seinen Dank für die Aufmerksamkeiten seiner schönen Nachbarin mehr durch glückstrahlende Blicke als durch Worte.
Herr Vergier verbarg, so gut er konnte seine innere zornige Erregung und hörte mit gezwungenem Lächeln den scherzhaften Bemerkungen zu, durch welche Herr Challier, der eine angenehme Unterhaltung bei Tisch liebte, von Zeit zu Zeit die Conversation zu beleben suchte.
Man erhob sich endlich und kehrte in den kleinen durch eine einfache Lampe erleuchteten Salon zurück.
Herr Vergier empfahl sich bald unter dem Vorwande dringender Geschäfte, die er noch zu erledigen habe und Herr Challier zog sich zurück, um seiner Gewohnheit gemäß einen Augenblick “nachzudenken”, wie er sagte, das heißt in dem Lehnstuhl seines Cabinets einen kleinen Schlaf zu machen.
Als die jungen Leute allein geblieben waren, zog Cappei ein kleines Tabouret neben den Lehnstuhl vor den Camin, auf welchem das junge Mädchen sich wieder niedergelassen hatte, setzte sich an ihre Seite und ergriff zärtlich ihre Hand, die sie ihm reichte.
“Meine süße Luise,” sagte er mit jenem fremden Accent, den die französische Sprache im Munde eines Deutschen immer annimmt, “ich fürchte, daß der Augenblick herannaht, in welchem wir uns auf eine vielleicht lange Zeit trennen müssen und ich bedarf der festen Zuversicht und des unerschütterlichen Vertrauens, daß Deine Liebe mir für alle Wechselfälle des Schicksals gesichert bleibt.”
“Kannst Du daran zweifeln?” erwiderte Luise, indem sie sanft mit der Hand über sein Haar strich und ihn mit einem leuchtenden Blick ansah, “ich habe Muth und Festigkeit — ich stamme,” fügte sie lächelnd hinzu, “von jenen alten Bragards von Saint-Dizier und wie jene die Sache ihres Königs und ihres Landes auf den Schlachtfeldern vertheidigten, so werde ich wenigstens ohne Zagen und Schwanken für meine Liebe einzustehen wissen. Der Kampf dafür,” fuhr sie, ihn immer mit entzückten Blicken betrachtend fort, “wird übrigens nicht so schwer sein. Mein Vater ist Dir persönlich geneigt und hat eine tiefe Sympathie für die Sache Deines so ritterlichen unglücklichen Königs. — Er liebt mich und ich sehe nicht ein, was er unserer Verbindung entgegenstellen sollte —”
“Dein Vater,” sagte Cappei ernst, “ist aber ein Mann des sichern, ruhigen Geschäftslebens und er wird und muß für die Zukunft seiner Tochter Garantieen verlangen, die ich in diesem Augenblick nicht zu geben im Stande bin — ich bin ein heimathloser Flüchtling —”
“Du hast Deine Heimath an meinem Herzen gefunden,” rief Luise lebhaft, “genügt Dir diese Heimath nicht?” —
Er küßte zärtlich ihre Hand und sagte mit innigem Ton:
“Das ist für mein Herz die schönste, die ich finden kann, die einzige, die ich suche, aber wir bedürfen auch des festen Bodens im wirklichen Leben und dieser fehlt mir in diesem Augenblick vielleicht mehr als je —”
“Doch,” unterbrach sie ihn, “warum sprachst Du davon, daß wir uns trennen sollen? Glaubst Du,” fuhr sie fort, “daß der Augenblick naht, in welchem Du für Deinen König zu Felde ziehen mußt? — Glaube mir, die Trennung wird mir tiefen Schmerz bereiten, aber ich werde Dich mit Stolz hinziehen sehen und meine Gebete werden Dich im Kampfe begleiten und Gott und die heilige Jungfrau, die ich stündlich anrufen werde, werden Dich mir erhalten — Deine Sache wird siegen und dann — dann wird unserm Glück Nichts mehr im Wege stehen.”
Er blickte düster vor sich hin.
“Wäre es so wie Du sagst,” sprach er, “so würde ich mit froher Begeisterung und Hoffnung der Zukunft entgegensehen, aber leider fürchte ich, daß die Zukunft sich anders gestaltet. Ich höre, daß die Legion aufgelöst werden soll und dann werde ich gezwungen sein nach meiner Heimath zurückzukehren, unter die fremde Herrschaft, um mein kleines Erbe mir zu erhalten, die einzige Grundlage, auf welcher ich im Stande bin Dir eine Zukunft zu schaffen.”
“Das wäre traurig,” sagte Luise — “doch warum willst Du in solchem Fall in Deine Heimath zurückkehren? Warum willst Du nicht hier bleiben und in unserm schönen Frankreich Dir ein neues Vaterland gewinnen? Mein Vater,” fügte sie rasch hinzu, “ist wohlhabend genug, um uns eine Heimath zu gründen —”
“Nein!” rief er sich stolz aufrichtend, “ich kann ein heimathloser Flüchtling sein, so lange ich einer großen Sache diene — der Sache des Königs, dem ich einst Treue geschworen habe; wenn diese Sache fällt, so kann ich nicht bittend vor Deinen Vater hintreten und mir von ihm eine Existenz schaffen lassen.
Ich muß dann den festen Fuß in meiner Heimath wiedergewinnen und wenn ich sie verlasse, wenn ich hierher zurückkehre, um dem Zuge meines Herzens zu folgen, so muß es offen und frei geschehen und ich muß auch ohne die Hülfe Deines Vaters im Stande sein, unserer Zukunft eine sichere Grundlage zu geben, möge dieselbe so bescheiden sein, wie sie wolle. Ich werde keine Mühe scheuen, um dies Ziel zu erreichen; das Einzige was ich von Dir erbitte ist, daß Du mir vertraust und auch während meiner Abwesenheit mir Deine Liebe bewahrst.”
Sie beugte sich zu ihm nieder, legte beide Arme um seine Schultern und blickte ihm tief in die Augen.
“Kannst Du daran zweifeln?” sagte sie. “Was Du beschließest, was Du thun wirst, es wird das Rechte sein und keine Zeit, keine Abwesenheit wird jemals Dein Bild aus meinem Herzen reißen können. Man sagt, die deutschen Frauen seien fester und treuer in ihrer Liebe — ich will Dir beweisen, daß die feurigern Gefühle, welche das Herz der Französinnen bewegen, darum nicht minder treu und beständig sind.”
Sie lehnte ihr Haupt an seine Schulter und er drückte seine Lippen zärtlich auf ihr duftiges, glänzendes Haar! —
Rasche Tritte ertönten auf dem Vorplatz. Luise fuhr empor und lehnte sich in ihren Sessel zurück.
Cappei rückte das Tabouret einen Schritt seitwärts.
Der Unterofficier Rühlberg trat ein. Er begrüßte mit einer etwas steifen Verbeugung das junge Mädchen und sprach mit einer von innerer Erregung bewegten Stimme.
“Was wir befürchteten, geschieht. So eben als ich nach Hause kam fand ich einen Brief des Lieutenants von Mengersen vor, der mir anzeigt, daß in der nächsten Zeit eine Commission zur Auflösung der Legion hier eintreffen wird. Jedem Einzelnen sollen vierhundert Francs ausgezahlt und ihm die Freiheit gelassen werden, zu gehen wohin er will.
“Nun,” rief er mit bitterm Tone, “ich weiß, wohin ich gehen werde, um auf meine alten Tage ruhig und frei zu leben; wir sind schon über Zweihundert, die wir uns verbunden haben, nach Algier zu gehen und Ihr thut Unrecht, Euch uns nicht anzuschließen — aber das kommt —”
Er warf einen schnellen Seitenblick auf das junge Mädchen, biß sich auf den Schnurrbart und schwieg.
“Die Entscheidung naht,” sagte der junge Mann, ernst und traurig seine Geliebte anblickend.
“Und die Liebe und Treue wird sich bewähren,” erwiderte diese leise.
“Ich bin gekommen, um Euch abzuholen,” sagte der Unterofficier — “verzeihen Sie, mein Fräulein,” schaltete er mit einer gewissen mürrischen Höflichkeit ein — “unsere Abtheilung ist bei mir beisammen und wir wollen ein wenig unter einander die Sache besprechen.”
Cappei stand auf, reichte Luise die Hand, bat sie, ihn bei ihrem Vater zu entschuldigen und verließ mit dem Unterofficier den Salon.
Das junge Mädchen blieb allein in tiefen Gedanken vor dem allmälig erlöschenden Kaminfeuer sitzen, sinnend blickte sie vor sich nieder; doch war es kein trauriger und trüber Ausdruck, der auf ihrem Gesicht lag, ihre Seele war muthig und stolz darauf, ihrem Geliebten auch unter schweren Verhältnissen die Treue bewahren zu können. Der Kampf mit den Verhältnissen des Lebens reizte sie und ihr hoffnungsvolles Herz hatte keinen Zweifel, daß Alles endlich sich zu glücklichem Ausgang fügen würde.
Eine trübe Februarsonne schien durch die halb geschlossenen Fenstervorhänge des Schlafzimmers des Kaisers Napoleon des Dritten in den Tuilerien.
Der Kaiser lag auf einer in der Mitte des Zimmers stehenden Chaiselongue, eingehüllt in einen weiten Schlafrock von leichter Seide, sein Kopf war zurückgelehnt auf ein rundes Kissen, seine Augen waren geschlossen und die bleichen Züge seines Gesichts trugen den Ausdruck tiefen Leidens; sein fast ganz ergrautes Haar hing unfrisirt an den Schläfen herab, der sonst so wohl gepflegte Bart war ungeordnet und der ganze Kopf, der sonst so ausdrucksvoll und lebendig erschien, erinnerte in seiner unbeweglichen Starrheit an eine Todtenmaske; die Hände des Kaisers waren ausgestreckt, die Fingerspitzen bewegten sich leicht in convulsivischen Zuckungen.
Zu den Füßen des Ruhebettes stand der Dr. Conneau, kaiserlicher Leibarzt und langjähriger Freund; sein von einem kurz geschnittenen schmalen Backenbart umrahmtes bleiches Gesicht mit der hoch hinauf kahlen Stirn und der stark vorspringenden Nase zeigte den Ausdruck theilnehmender Besorgniß und die tief liegenden, scharfblickenden Augen schauten mit gespannter Aufmerksamkeit auf seinen wie leblos da liegenden Souverain.
An einem Seitentisch in einiger Entfernung war der Doctor Nélaton beschäftigt einige elegant gearbeitete chirurgische Instrumente von Silber und Kautschuk in ein Etui von schwarzem Sammt einzupacken. Sein geistvolles, etwas kränkliches Gesicht war ernst und ruhig und wenn er auch zuweilen forschend nach dem Kaiser hinüber blickte, so schien er doch mehr mit der sorgfältigen Aufbewahrung seiner Instrumente als mit dem Zustande seines Patienten beschäftigt.
Dr. Conneau beugte sich über den Kaiser herab und ergriff dessen Hand, aufmerksam dem Pulsschlag folgend.
“Der Puls geht ruhig und gleichmäßig,” sagte er sich zu Nélaton wendend; “es scheint nur eine Krise der Nerven zu sein; ich würde Sr. Majestät gern einige Tropfen Aethergeist einflößen.”
“Ich halte das nicht für nöthig” erwiderte Dr. Nélaton. “Die Sondirung hat durchaus keine bedenklichen Symptome ergeben, Seine Majestät ist ungeheuer empfindlich für den Schmerz und eine augenblickliche Ruhe wird das Gleichgewicht der Kräfte sofort wieder herstellen. Ich überlasse den Kaiser Ihrer Sorgfalt,” fügte er hinzu indem er sein Etui schloß, “und hoffe, daß er einige Zeit von weiteren Operationen wird verschont bleiben können, nur muß Seine Majestät in der nächsten Zeit es sorgfältig vermeiden zu Pferde zu steigen oder lange zu stehen.”
Er verließ mit leisen Schritten das Zimmer. — Dr. Conneau blieb ruhig an seinem Platz stehen, fortwährend das Gesicht des Kaisers beobachtend, auf welchem allmälig wieder eine etwas lebhaftere Farbe erschien.
Napoleon erhob die Hände langsam, faltete sie über der Brust zusammen, seine Lippen öffneten sich zu einem tiefen Athemzuge — dann schlug er die Augen auf und blickte wie verwundert im Zimmer umher.
“Ist Nélaton fort?” fragte er. — “Was hat er gesagt? Werden diese entsetzlichen Qualen sich oft wiederholen müssen?”
“Nélaton ist vollkommen zufrieden und beruhigt, Sire,” erwiederte Dr. Conneau, “und er hofft, daß Ew. Majestät für lange Zeit Ruhe haben werden; es sind durchaus keine bedenklichen Symptome vorhanden und ich hoffe durch innere Mittel sehr wirksam eingreifen zu können.”
“Oh, mein alter Freund,” sagte der Kaiser mit traurigem Ton, “Sie glauben nicht wie sehr ich leide. Meine Natur kann eine einmalige gewaltsame Erschütterung leicht überwinden, aber diese fortwährenden kleinen Schmerzen zerrütten mein Nervensystem, untergraben meine Willenskraft und machen mich zuweilen vollständig unfähig zu denken und zu handeln.”
“Ich bitte Ew. Majestät inständigst,” erwiderte Dr. Conneau, “sich in diesen so erklärlichen und natürlichen Gefühlen nicht gehen zu lassen. Ew. Majestät so reizbare Natur wird mehr als eine andre Organisation durch die Wiederholung kleiner und peinlicher beiden angegriffen; aber Ew. Majestät,” sprach er ernst mit volltönender Stimme, “sind mehr als andere Menschen. Ew. Majestät großer Geist muß die kleinen beiden überwinden um die großen Aufgaben Ihrer Stellung erfüllen zu können und je mehr Ew. Majestät die Kraft Ihres Willens anstrengen, um so mehr werden jene kleinen Leiden sich vermindern, um so sicherer hoffe ich auf Ihre endliche, vollständige Wiederherstellung.”
Der Kaiser schüttelte langsam und traurig den Kopf. “Die großen Aufgaben meiner Stellung!” sprach er mit matter Stimme — “das ist es ja eben, was mich so niederdrückt und lähmt — daß die Maschine den Dienst versagt, um das ausführen zu können was nothwendig geschehen muß; ja, daß sogar oft die Klarheit des Erkennens dessen was nothwendig ist mir schwindet. Wäre ich einer jener legitimen Könige, die ruhig auf ihrem Thron sitzen, die denselben sicher und unangefochten ihrem Nachfolger überlassen können — oh, dann würde ich ruhig alle diese Leiden und Schmerzen ertragen. Ich fürchte wahrlich den Tod nicht — fast möchte ich ihn zuweilen wünschen, denn die Genüsse und Freuden des Lebens sind für mich — beendet; aber, mein Gott,” rief er händeringend, “ich darf ja nicht nur an mich und mein Leben denken, ich muß sorgen für die Zeit die nach mir kommt; ich muß meinem Sohn das Erbe sichern, für dessen Erwerbung mein großer Oheim seine Riesenkraft eingesetzt hat und für welches ich in mühsamer Arbeit die Tätigkeit meines ganzen Lebens angestrengt habe und nun gerade, da ich diese letzte Aufgabe meiner irdischen Laufbahn erfüllen will und erfüllen muß, geht mir die Kraft aus und wenn dieser elende Körper zusammenbricht, so wird das stolze Gebäude in Trümmer fallen, welches ich aufgerichtet und dieses Frankreich, das ich so sehr liebe, für das ich gestrebt und gearbeitet habe so lange Jahre hindurch, es wird wieder zurücksinken in unruhige Zerrüttung; Ohnmacht und Elend wird die Folge davon sein.”
“Aber, mein Gott, Sire,” sagte Dr. Conneau, “warum diese schwarzen Gedanken? Die Macht des Kaiserreichs steht fest begründet im Innern und hoch geachtet nach Außen da. Es giebt vielleicht unter den alten legitimen Monarchieen so manche, welche nicht auf so sichern und unerschütterlichen Fundamenten ruht als der Thron Ew. Majestät und wenn der kaiserliche Prinz — was Gott noch lange verhüten möge, dereinst berufen sein wird jenen Thron zu besteigen, so wird er ein nach allen Richtungen hin vollendetes, großartiges Werk vorfinden, dessen natürliche Weiterentwickelung er nur fortsetzen und leiten darf. Ew. Majestät Werk ist wahrlich größer als das Ihres Oheims, denn die Schöpfungen jenes Riesengeistes stützten sich doch immer nur auf die Spitze seines Degens, während Ew. Majestät Bau breit und ruhig auf der Wohlfahrt des ganzen Volkes ruht.”
Der Kaiser schüttelte abermals den Kopf.
“Auch Sie, mein alter Freund,” sagte er, “täuscht der Schein — oder Sie wollen mich beruhigen und mir das Vertrauen auf die Zukunft wiedergeben, das ich immer mehr verliere.
“Ich selbst,” sagte er nach einem tiefen Athemzuge, indem es wie leichte Nachwehen nervöser Schmerzen über sein Gesicht zuckte — “ich selbst kann besser wie jeder Andere die Schwächen dieses Kaiserreichs erkennen, das ich selbst erbaut und so lange Zeit aufrecht erhalten habe.
“Fest begründet im Innern, sagen Sie, stehe mein Reich da? — Und dennoch wogt und gährt es in dieser so leicht beweglichen Pariser Bevölkerung — ich kenne sie genau die Vorzeichen der revolutionairen Stürme und ich sehe sie deutlich in der heutigen Bewegung des öffentlichen Lebens.”
Dr. Conneau lächelte.
“Ew. Majestät überschätzen diese kleine Bewegung,” sagte er. “Die stets unruhige Bevölkerung des Faubourg St. Antoine bedarf von Zeit zu Zeit solcher leichter Emotionen, aber unter einer so starken Regierung wie diejenige Ew. Majestät ist hat das nichts zu bedeuten. Die große Masse der Bevölkerung Frankreichs, namentlich die ländlichen Grundbesitzer hängen an Ew. Majestät und empfinden dankbar die Segnungen, welche Ihre Regierung ihnen gebracht hat. Dank der Ordnung, Ruhe und Sicherheit des öffentlichen Verkehrs, Dank dem neuen Wegesystem, das Ew. Majestät geschaffen und das jedem Grundbesitzer die Möglichkeit der reichsten Verwerthung seiner Producte sichert, steht Frankreich auf einer Höhe des Wohlstandes wie nie zuvor und einige unruhige Köpfe in Paris werden niemals die Macht haben, die tiefe Anhänglichkeit des ganzen Volkes an Ew. Majestät und Ihre Dynastie zu erschüttern.”
“Sie kennen Frankreich nicht wie ich,” sagte der Kaiser traurig — “ich weiß wie Sie, daß das Volk im ganzen Lande mir dankbar ist und daß aus dem Lande selbst niemals eine Bewegung gegen das Kaiserreich hervorgehen wird; aber die Centralisation in diesem Lande hat eine unbesiegbare Gewalt — eine unvernünftige Gewalt, wenn Sie wollen, doch die Gewalt ist da und ich sage Ihnen, bei irgend einem Unglück, bei irgend einer Schwäche der Regierung — bei meinem Tode vielleicht,” fügte er seufzend hinzu, “wird immer eine Hand voll Nichts bedeutender Menschen, denen es gelingt Paris zu terrorisiren, die Macht haben eine Regierung zu stürzen, welche die Sympathieen des ganzen Landes besitzt und dieses so ganze reiche, so arbeitsame, so geistvolle Frankreich wird den Thorheiten folgen, zu denen man Paris zu verleiten im Stande sein möchte. —
“Und nach Außen,” fuhr er fort, fast mehr noch zu sich selbst als zu Conneau sprechend — “hat man in Europa noch Achtung, hat man noch Furcht vor Frankreich? Wohin richten sich die Blicke der Cabinette? Ich fühle es heraus aus den Berichten aller meiner Gesandten, man sieht nach Berlin und die Zeit ist vorbei, in der ich mit einem Worte Europa bewegen konnte.
“Niel ist todt,” sagte er mit dumpfem Ton — “Alle sind todt, die mich einst auf der Höhe der Macht und des Einflusses umgaben — Morny, Walewsky — selbst Felix und mein treuer Nero — ich bin allein.
“Ich habe nur noch Sie,” sagte er mit einem unendlich innigen Blick auf den Dr. Conneau, indem er ihm mit einer matten Bewegung die Hand reichte; “aber Sie, mein braver und treuer Freund, Sie können mir nicht helfen; das Getriebe der Politik liegt Ihnen fern — Sie könnten mir nur helfen, wenn Sie dieser alten gebrechlichen Maschine neues Leben einzuflößen vermöchten.
“Oh,” rief er, indem ein Blitz aus seinem Auge sprühte, “ich wollte allein all diesen Schwierigkeiten entgegentreten, über sie alle Herr werden, wenn ich nur auf wenige Jahre meinen Nerven und meinen Muskeln die Kraft der Jugend wiedergeben könnte. — Le Boeuf,” fuhr er nach einer augenblicklichen Pause fort, “er ist der Schüler von Niel, er hat ihm nahe gestanden, er ist das Werkzeug zur Ausführung seiner Ideen gewesen — aber er ist kein Niel und der Schüler kann den Meister nicht fortsetzen. —
“Ich habe den Augenblick verloren und dem Augenblick gehört das Schicksal; ich fürchte, ich fürchte, mein treuer Conneau, der Augenblick kommt nicht wieder und mein Stern, den ich einst so hell leuchtend über meinem Haupt erblickte, er hat sich in trübe, trübe Wolken verhüllt.
“Vielleicht,” fuhr er immer seinen Gedanken folgend fort — “habe ich einen Fehler begangen dadurch, daß ich eine Dynastie gründen wollte. Vielleicht ist eine dynastische Monarchie Frankreichs in unserm Jahrhundert nicht mehr möglich; vielleicht stände ich größer und sicherer da, wenn ich mich hätte entschließen können nur der Cäsar zu sein, der an keinen Nachfolger denkt, der sich identificirt mit der pulsirenden Bewegung des Volkslebens und dessen Geschichte mit seinem Tode aufhört.
“Das ist der Ursprung meiner Herrschaft — und man sagt, die Regierungen fallen, die sich von den Principien ihres Ursprungs entfernen.
“Ist mein Oheim nicht gefallen, weil er aufhörte Cäsar zu sein und weil er der Begründer einer neuen dynastischen Legitimität werden wollte?
“Aber, mein Gott,” rief er die Hände über der Brust faltend, indem ein unendlich weicher Ausdruck auf seinen Zügen erschien — “mein Gott, ich habe einen Sohn und ich liebe diesen Sohn — ich liebe ihn sehr, Conneau und mag es ein Fehler sein oder nicht — meine ganzen Gedanken, meine ganze Arbeit gehören der Zukunft, gehören meinem Sohn.”
In tiefer Bewegung trat Dr. Conneau an das Lager des Kaisers, ergriff dessen Hand und führte sie an seine Lippen.
“Diese Arbeit wird ihre Frucht tragen, Sire,” sagte er mit zitternder Stimme — “ich wollte, es wäre mir vergönnt mein Leben für Sie und für den kaiserlichen Prinzen hinzugeben.” —
“Geben Sie mir lieber,” sagte Napoleon sanft lächelnd, “durch Ihre Kunst die wahre Kraft des Lebens wieder, dann werden Sie Frankreich, mir und meinem Sohn den höchsten Dienst leisten.”
Conneau trat zur Seite, ergriff ein kleines Fläschchen von geschliffenem Crystall, das auf einem Tisch am Fenster stand und mischte einige Tropfen der hellen Flüssigkeit, welche dasselbe enthielt, mit einem Glase Wasser.
“Ich bitte Ew. Majestät dies zu trinken,” sagte er dem Kaiser das Glas reichend; “ich hoffe damit wenigstens einen Theil der Aufgabe zu erfüllen, welche Sie mir bezeichnen; dieses Getränk wird Ew. Majestät die Nervenkrise überwinden helfen, welche Nélatons Sondirung hervorgerufen hatte.”
Der Kaiser leerte langsam das Glas, dessen Inhalt eine grüne opalisirende Farbe angenommen hatte. Die nervöse Spannung seiner Gesichtszüge verschwand, seine mattgelbliche Haut nahm eine röthere Färbung an und um seine Lippen legte sich jener Zug wohlwollender Freundlichkeit, welcher ihm in der Unterhaltung eigenthümlich war und der auf Jeden, der mit ihm, sprach seinen Zauber ausübte.
Er stand langsam auf.
“Ich danke Ihnen, Conneau,” sagte er, “das hat mir wohlgethan. Wollte Gott, Sie könnten die Wirkung dieses Elixirs dauernd machen; leider wird der Schmerz und die Schwäche bald wieder meine Nerven zur alten Unfähigkeit herabstimmen.”
“Nicht so leicht,” erwiderte Dr. Conneau, “wenn die Willenskraft meinem Elixir zu Hülfe kommt; der menschliche Willen ist ein mächtiger Factor und selbst der kranke Körper gehorcht seinem Befehl.”
“Der Willen?” sagte der Kaiser schmerzlich lächelnd — “um zu wollen, dazu gehört Kraft und um die Kraft zu entwickeln gehört Willen; wo ist der Anfang dieses Kreises, in welchem sich der leidende Mensch traurig herumbewegt? — Doch,” fuhr er fort, “für den Augenblick habe ich den Willen und ich will ihn benutzen zu klarem Einblick in die Verhältnisse, denn das ist die erste Quelle aller guten Entschlüsse.”
Er reichte Conneau die Hand, — der Arzt führte dieselbe an seine Lippen und verließ das Schlafgemach seines Herrn.
Der Kaiser klingelte.
“Es ist nicht mehr mein treuer Felix,” sprach er seufzend, “der alle Wechselfälle des Lebens mit mir getheilt hat und dessen Erscheinung mir eine so liebe Gewohnheit geworden war.”
Der Kammerdiener trat ein und Napoleon machte mit aller Sorgfalt seine Toilette, nach deren Vollendung aus seinen Zügen und seiner Haltung die Spuren der Schmerzen und der Erschöpfung fast ganz verschwanden; nur sein schwankender, unsicherer und in den Hüften wiegender Gang zeugte von seiner gebrochenen Kraft.
“Ist Herr Duvernois da?” fragte er mit einem letzten Blick in den Spiegel.
“Zu Befehl, Sire.”
“Man soll ihn eintreten lassen,” sagte Napoleon, indem er in sein Cabinet trat, das sorgfältig gelüftet, von einem hellen Kaminfeuer erwärmt und mit dem leichten Duft von eau de Lavande durchzogen war. Wer den Kaiser hier sah, hätte sich unmöglich von dem leidenden, ganz gebrochenen Manne ein Bild machen können, der noch kurz vorher unter den Händen der Aerzte seufzte und der gequält von den Leiden des Körpers den Glauben an die Zukunft und das Vertrauen auf sich selbst verloren hatte.
Napoleon trat heiter lächelnd, den Blick halb unter seinen Augenlidern verborgen, dem Journalisten Clément Duvernois entgegen, dem soeben der Huissier die Thür des Cabinets geöffnet hatte.
Herr Duvernois, der seine publicistische Laufbahn in Algier begonnen, früher lebhafte Opposition gemacht, und endlich damit geendet hatte, aus wirklicher und aufrichtiger Ueberzeugung ein begeisterter Anhänger des Kaisers zu sein, war damals etwa fünf und dreißig bis vierzig Jahr alt. Seine nicht hohe und nicht schlanke Figur, hatte Etwas von jener leicht gerundeten Corpulenz, welche die Königin von Dänemark für Hamlet in seinem Kampf mit Laërtes fürchten läßt. Sein etwas großer Kopf war mit langem blonden Haar bedeckt, das die Stirne ziemlich weit hinauf kahl ließ, — die Züge seines bleichen Gesichts waren scharf geschnitten und entsprachen in ihrem lebhaft bewegten Ausdruck nicht ganz dem wesentlich phlegmatischen Typus seiner Figur. Seine Augen, obgleich hell und beim ersten Anblick nicht besonders tief erscheinend, erleuchteten sich während der Unterhaltung und ihre leicht blaugraue Farbe schien dann wie von einer dunkeln Gluth durchschimmert.
Herr Duvernois ging ohne jene elegante Leichtigkeit des Hofmannes, doch völlig ungezwungen auf den Kaiser zu, ergriff ehrerbietig die Hand, welche dieser ihm entgegenstreckte und verneigte sich tief.
“Nun mein lieber Duvernois,” sagte Napoleon mit freundlicher Herzlichkeit, “— wie geht es Ihnen, — ich habe Sie bitten lassen zu mir zu kommen, weil die Zeit wieder ernst zu werden beginnt, — es gährt und bewegt sich in den Tiefen und ich werde von allen Seiten mit so vielem Rath überschüttet, — daß es mir wirklich Bedürfniß ist, auch die Meinung Derjenigen zu hören, welche meine wahren Freunde sind.”
“Es sind leider nicht Alle Ihre Freunde, Sire, welche sagen es zu sein,” erwiderte Clément Duvernois mit einer Stimme ohne harmonischen Wohllaut, aber mit scharf und klar accentuirtem Ton, — “fast möchte ich sagen — ich bin der ergebene Diener Eurer Majestät, obgleich ich es laut ausspreche.”
“Und gehören Sie auch zu Denen,” fragte Napoleon, “welche meinen, daß diese Bewegung in den Massen Nichts zu bedeuten habe, daß man nur ruhig abwarten dürfe, bis sie sich völlig wieder verläuft? — Sie haben es gelernt,” fuhr er fort, “die öffentliche Stimmung zu verstehn, Sie haben den klaren Blick, den die Höhe nicht blendet, — und der vor den Tiefen des Abgrundes nicht zurückschaudert, — was sehen Sie auf der Höhe, — was sehen Sie in den Tiefen, — sprechen Sie frei und offen — Sie wissen, daß ich zu hören und zu lernen verstehe,” fügte er mit freundlichem Lächeln und einer leichten artigen Neigung des Kopfes hinzu.
“Ich habe Eurer Majestät,” erwiderte Clément Duvernois, “meine Ergebenheit stets dadurch bewiesen, daß ich vor Ihrem Angesicht den Kaiser vergaß und nur den großen und geistvollen Mann sah, dem Niemand einen größeren Dienst leisten kann als durch das Aussprechen seiner wahren und unverhüllten Ueberzeugung, — diese Ergebenheit werde ich Eurer Majestät auch heute beweisen, denn mehr als je thut heute die Wahrheit Noth und je mehr Jeder aus seinem Gesichtskreise heraus die Wahrheit spricht, um so leichter wird es dem freien Blick Eurer Majestät werden das wirklich Richtige zu erkennen.”
“Sie halten also die Situation für ernst?” fragte der Kaiser, indem er sich seufzend in einen Fauteuil niedersinken ließ und Herrn Duvernois einen Sessel neben sich bezeichnete.
Clément Duvernois stützte die Hand leicht auf die Lehne dieses Sessels, blieb vor dem Kaiser stehen und sprach, ohne direct auf die an ihn gerichtete Frage zu antworten:
“Eure Majestät haben mir das schmeichelhafte und ehrenvolle Zeugniß gegeben, daß mein Blick gewöhnt sei, in die Tiefen hinab wie zu den Höhen hinauf zu blicken, — nun wohl, Sire, — ich habe nach beiden Richtungen scharf beobachtet — und werde Eurer Majestät frei sagen, was ich gesehen.”
Der Kaiser lehnte den Kopf auf die eine Schulter herüber, stützte den Arm auf sein Knie und hörte so, mit der Spitze seines Schnurrbartes spielend, aufmerksam zu.
“In den Tiefen, Sire,” sagte Clément Duvernois, “sehe ich die finstern Dämonen, welche die mächtige Hand Eurer Majestät lange Zeit gefesselt hielt, einen Kampf auf Leben und Tod vorbereiten, — da sie fühlen, daß der Griff der kaiserlichen Hand nicht mehr dieselbe Festigkeit hat wie früher.”
Der Kaiser seufzte tief auf. Es schien, als wolle er sprechen, — doch blieb er schweigend und forderte Duvernois, der einen Augenblick inne gehalten, durch einen Wink auf fortzufahren.
“Die friedlichen Bürger, Sire,” sprach der geistvolle Publicist weiter, “wissen nicht, was an jedem Abend in Paris geschieht, diese friedlichen Bürger schlafen ruhig im Vertrauen auf die Fürsorge und Kraft der Regierung, während der Boden, auf dem ihr Haus steht, unterhöhlt wird. Auf der Oberfläche scheint Alles ruhig, — die Repräsentanten der Nation berathen über die wichtigsten Interessen des Landes, die Minister suchen gut zu verwalten, die Geschäfte erholen sich und die ehrliche Arbeit freut sich der Ruhe und Ordnung.
“Was aber, Sire,” fuhr er mit erhöhter Stimme fort, — “was birgt die Tiefe unter dieser Oberfläche des Friedens und Gedeihens? Täglich versammeln sich vier bis fünftausend Individuen — Feinde des Besitzes, Feinde der Arbeit, Feinde jeder Gesellschaftsordnung, welche die Thätigkeit zur Bedingung des Lebensgenusses macht — diese Individuen versammeln sich unter dem Vorsitze von Deputirten der äußersten Linken, — von Deputirten, die dem Kaiser und der Nation ihren Eid geschworen; sie mißbrauchen das Versammlungsrecht, das so liberal gegeben worden und überlassen sich den maßlosesten Ausschreitungen. Diese Leute führen die verleumderischsten Schimpfreden, reizen sich gegenseitig auf und verbrechen sich untereinander das Kaiserreich durch Gewalt umzustürzen, den Staat überhaupt und die Gesellschaft zu zerstören.
“Eure Majestät mögen mir erlauben, einige Worte aus den Reden zu citiren, welche man dort hält und welche Ihre Polizei sich vielleicht scheuen möchte, Ihnen zu wiederholen. Flourens hat gestern auf der Tribüne dieser wüsten Versammlung gerufen: ‚wir wollen keine Banditen, keine Mörder mehr, mögen sie aus Corsika oder anders woher kommen; wir wollen keine Retter der Gesellschaft mehr, welche ein Stück Speck am Hute tragen.‘”
Der Kaiser neigte den Kopf noch tiefer — sein Blick verhüllte sich völlig unter den Augenlidern.
“Flourens,” fuhr Herr Duvernois fort, “sprach dann von den Vorgängen in Creusot und rief: ‚es wird so nicht lange weiter gehen, binnen kurzer Zeit werden wir alle diese Elenden zum Teufel jagen, welche durch ihren zusammengeschacherten Besitz die freien Arbeiter zu Sclaven machen wollen.‘ Doch es geht noch weiter; beim Bankett von St. Mandé, Sire, hat man auf die Kugel getrunken, welche das Staatsoberhaupt treffen würde.”
Der Kaiser hob den Kopf, blickte Duvernois groß und klar an und sprach mit ruhigem Lächeln:
“Wenn diese Kugel gegossen ist, mein lieber Duvernois, so wird sie mich treffen und wenn Alles in der tiefsten Ruhe wäre. Hat das Schicksal sie mir nicht bestimmt — so wird der Toast einiger Wahnwitzigen meinem Leben keine Gefahr bringen.”
“Ich weiß,” erwiderte Duvernois, “daß Eure Majestät keine Gefahr scheut und es ist nicht um Eure Majestät vor einem Attentat zu warnen, daß ich erzähle, was man dort gesprochen hat — Diejenigen, welche so laut reden, sind keine Ravaillacs. Für heute und morgen, Sire, haben noch alle diese Bewegungen keine gefährliche Bedeutung; das Alles sind nur Versuche, was man wagen, wie weit man gehen kann. Wenn man aber fühlt, daß man ungestraft die Zerstörung der Gesellschaft predigen darf, so wird man weiter und weiter gehen und die große Masse der ruhigen Bürger wird, wie das bei allen Revolutionen der Fall ist, dem Terrorismus weniger Verbrecher verfallen, wenn nicht noch zur rechten Zeit die starke Hand der Regierung schützend in diese gefährliche Bewegung eingreift.”
“Und diesem finstern Bilde auf dem Grunde der Gesellschaft gegenüber,” fragte der Kaiser, indem sein Blick forschend auf dem lebhaft bewegten Gesicht Duvernois' ruhte — “was haben Sie auf den Höhen gesehen?”
Clément Duvernois schwieg einen Augenblick.
Er sah nachdenkend zu Boden und schlug dann das großgeöffnete, dunkelglühende Auge zum Kaiser auf.
“Auf der Höhe,” sprach er dann mit tief eindringender Stimme, “sehe ich, Sire, einen großen Fürsten, der durch mächtige und edle Arbeit seiner Nation Macht und Wohlstand geschaffen hat, der in großherzigem Vertrauen nicht daran zu glauben vermag, daß diese Nation für so viele Wohltaten undankbar sein könnte, dessen Gedanken erfüllt sind von dem Streben auch über seinen Tod hinaus, den er mit kaltblütigem Heldenmuth in's Auge faßt, seinem Volk das Glück zu sichern, welches seine Regierung geschaffen hat; einen Fürsten, der sich anschickt, dem von ihm aufgerichteten Gebäude die Krone der letzten Vollendung zu geben — der aber —”
“Der aber?” fragte der Kaiser, den Kopf noch höher erhebend und mit gespannter Erwartung aufblickend.
“Der aber,” fuhr Duvernois ruhig und ernst fort, “mit der Krönung des Baues beschäftigt, vergißt die Fundamente desselben gegen die finstern Gewalten zu schützen, welche dieselben langsam und systematisch untergraben.”
“Ich vergesse das nicht,” sagte Napoleon, “im Gegentheil arbeite ich daran, diesen Fundamenten, welche bisher auf dem einzigen Pfeiler meines persönlichen Willens und meiner persönlichen Kraft ruhten die breite und sichere Grundlage von Institutionen zu geben, durch welche die besten und edelsten Kräfte des Landes um den Thron meines Nachfolgers vereinigt werden sollen. Diese Institutionen sollen stärker sein als die persönliche Macht des Souverains, so daß, wenn auch ein kaum der Kindheit entwachsener Knabe der Erbe meiner Regierung wird, Frankreich ruhig und unerschüttert wie in den vergangenen Tagen seiner alten Könige rufen kann: Der Kaiser ist todt — es lebe der Kaiser.”
“Die edle Absicht Eurer Majestät,” erwiderte Clément Duvernois, “erkenne ich klar; ich erkenne nicht minder die hohe Weisheit, welche Ihre Entschlüsse dictirt hat und die Institutionen, welche Sie geschaffen, würden vollkommen geeignet sein das zu erreichen, was Eure Majestät bezwecken will, wenn — diese Institutionen und ihre Ausführung in anderen Händen lägen.”
Ein Zug von düsterm Unmuth erschien auf dem Gesicht des Kaisers; er ließ den Kopf auf die Brust sinken und sprach mit dumpfem Ton:
“Und in wessen Hände sollte ich diese Institutionen legen? Wo sind die treuen Freunde, denen ich unbedingtes Vertrauen schenken kann? — Diejenigen, welche mit mir emporgestiegen waren, Diejenigen, welche mit mir die Zeit des Unglücks und Leidens getheilt hatten — sie sind todt. — Eine neue Zeit steigt um mich herauf, wie schwer ist es, eine Wahl zu treffen unter allen Denen, die ich nur als Höflinge des Kaisers aber nicht als Gefährten des Verbannten kennen gelernt habe.”
Er versank einen Augenblick in düsteres Schweigen.
“Doch,” sprach er dann, sich lebhaft emporrichtend, “sprechen Sie offen, Sie wissen, ich glaube an Ihre Aufrichtigkeit; haben Sie Grund den Männern zu mißtrauen, welche ich gegenwärtig in meinen Rath berufen habe, und welche, wie man mir allgemein sagt, das Vertrauen des Landes besitzen?”
“Mißtrauen?” sagte Clément Duvernois ein wenig zögernd, “ist ein hartes und schweres Wort; es enthält eine Anklage, die ich gegen Eurer Majestät Minister auszusprechen nicht unternehmen möchte. Erlauben mir Eure Majestät zunächst von den Personen abzusehen und ganz allgemein zu sprechen.
“Ich sehe vor mir — und ich sehe von unten herauf wo Eure Majestät nur von oben herab blicken — ich sehe vor mir die eigenthümliche Thatsache, daß die Macht der kaiserlichen Regierung sich in den Händen des dem Kaiserreich feindlichsten Princips befindet — in den Händen des Orleanismus —”
“Sie glauben,” fuhr der Kaiser heftig auf, “daß Graf Daru, daß Buffet mich verrathen könnten — daß sie mit den Orléans conspiriren?”
“Nein, Sire,” antwortete Clément Duvernois, “das glaube ich nicht. Graf Daru ist ein Ehrenmann und auch Herrn Buffet halte ich dafür; aber, Sire, diese Männer, die gewiß, nachdem sie Eurer Majestät Portefeuille angenommen haben, das Wohl des Kaiserreichs ernstlich erstreben, leben und denken in den Doctrinen des Orleanismus, daß heißt der constitutionellen Theorie, welche das Schattenbild parlamentarischer Repräsentation an die Stelle des wirklichen und eigentlichen Volkslebens setzt und am letzten Ende der Kette, welche sich durch diese Doctrinen Glied für Glied bis in das Cabinet Eurer Majestät fortsetzt, befindet sich die lenkende und leitende Hand der orleanistischen Conspiration. Ohne es zu wollen, ohne klar darüber zu denken, werden Eurer Majestät Minister von dieser Kette geleitet; blicken Eure Majestät um sich, die Männer der orleanistischen Doctrinen herrschen auf allen Gebieten des französischen Staatslebens und unter den Anhängern der Doctrinen befinden sich jedenfalls auch Anhänger der Personen. Die Partei des Umsturzes begreift vollkommen den Nutzen, den sie aus solchen Zuständen zieht.
“Eure Majestät kennen die Verbindung Rocheforts mit der orleanistischen Propaganda; — nicht daß diese Leute jemals das Königthum Louis Philippe's wieder herstellen wollten, aber sie benutzen die Agenten jenes Princips als ihre Vorkämpfer. Wenn es so weiter geht wie es bis jetzt gegangen ist, Sire, so wird ein Moment kommen, in welchem die ganze Macht der Regierung in den Händen der Orleanisten ruht und wenn dann von unten her ein mächtiger Stoß gegen die Staatsautorität gewagt wird, so kann es kommen — nach meiner Ueberzeugung wird es kommen, daß die Maschine den Dienst versagt und daß Eure Majestät auf Ihrer Höhe einsam und allein dastehen werden.
“Ich habe diese Frage,” fuhr er fort, “eingehend studirt; die Macht der Orleans ist groß, weit verzweigt und geschickt geleitet; es giebt keinen Ort in Frankreich, in welchem nicht ein Agent dieser Sache sich befindet. Zum großen Theil sind diese Agenten Besitzer von Buchdruckereien oder Buchhändler und sie versäumen keine Gelegenheit, das Vertrauen auf das Kaiserreich zu erschüttern.”
Der Kaiser stand auf — in zorniger Erregung zitterte sein Gesicht.
“Was wollen sie,” rief er, “diese Orleans, die fortwährend dahin gestrebt haben die bestehenden Gewalten zu stürzen, und die es nie verstanden haben sich die Herrschaft zu erhalten? — Glauben sie mit ihren schwächlichen Intriguen dieses Frankreich regieren zu können, das einer eisernen Hand unter einem Handschuh von Sammet bedarf?”
“Gewiß würden sie nicht fähig sein,” erwiderte Duvernois, “die Herrschaft fest zu halten, wenn sie je wieder in ihre Hände gelangen sollte, aber gewiß auch sind sie nicht geeignet, die kaiserliche Regierung gegen die Angriffe zu vertheidigen, welche von unten herauf gegen dieselbe gerichtet werden und — verzeihen Eure Majestät meine Offenheit — in diesem Augenblick liegen fast alle Vertheidigungsmittel des Kaiserreichs in den orleanistischen Händen und schon erhebt sich an den Grenzen Frankreichs die Candidatur Montpensiers — sollte dieselbe reüssiren, so werden mit veränderten Personen und unter veränderten Umständen die Zeiten der Beschwörung von Cellamare sich wiederholen.”
Der Kaiser setzte sich wieder in seinen Lehnstuhl und blickte finster vor sich nieder.
Dann schlug er die Augen groß auf und sah Clément Duvernois mit einem so brennenden und forschenden Blick an, als wolle er in den Tiefen seiner Seele lesen.
“Und was kann ich thun?” fragte er. “Was müßte nach Ihrer Ueberzeugung geschehen, um einer solchen Beschwörung vorzubeugen und um den Schwerpunkt der Regierung wieder in meine Hände — in die Hände meiner Freunde zu legen?”
“Nach meiner Meinung,” erwiderte Duvernois, “ist der Weg dazu einfach. Wie die Personen dem Princip des Orleanismus folgend in die Regierung eingetreten sind, so wird dieselbe sich wieder vollständig nach dem Willen Eurer Majestät bilden, anstatt der geschiedenen Freunde werden neue erstehen, sobald das Grundprincip des Kaiserreichs wieder zu kräftiger Geltung kommt und zum Schwerpunkt der Regierung wird.