Der Weg zur agilen HR-Organisation - André Häusling - E-Book

Der Weg zur agilen HR-Organisation E-Book

André Häusling

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Beschreibung

HR muss heute so aufgestellt sein, dass es in der agilen Welt bestehen kann. Das bisherige meist statische HR-Business-Partner-Modell kommt zunehmend an seine Grenzen. Die Autoren haben zur Lösung ein ganzheitliches Agile-HR-Framework zentraler HR-Wertschöpfungsprozesse (Recruiting, Personal- und Führungskräfteentwicklung, Steuerungs- und Anreiz-Systeme, Personalbetreuung und -administration, Trennungs- und Transformationsmanagement) und möglicher HR-Organisationsmodelle entwickelt. Zahlreiche Best-Practice-Beispiele renommierter Unternehmen zeigen Ihnen, wie diese erfolgreich agil transformiert werden. Mit einem Vorwort von Stefan Ries, Mitglied des Vorstands, Chief Human Resources Officer, SAP SE   Inhalte: - Gründe für eine neue HR-Organisation - Wissenschaftliche Metaanalyse aktueller HR-Modelle - Das agile Reifegradmodell - Zentrale HR-Wertschöpfungsprozesse von HR agiler gestalten - Dimensionen und Reifegrade von HR-Organisationsmodellen der Zukunft und deren Transformation - Mögliche HR-Organisationen der Zukunft - Den eigenen Reifegrad bestimmen - Viele Best-Praxis-BeispielePraxisbeiträge: - Axel Springer - Avira - cosee - DATEV - Deutsche Telekom - Hettich - Hypoport - metafinanz - Ministry Group - OTTO - Robert Bosch - SAP - sipgate - Unity Media 

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Seitenzahl: 507

Veröffentlichungsjahr: 2020

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[5]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwortVorwort der HerausgeberEinleitung1 Gründe für eine neue HR-Organisation1.1 Steigende Komplexität als Treiber1.2 Probleme in der Praxis1.3 Gründe für das HR-Versagen aus Sicht der Theorie2 Eine kurze Analyse aktueller Modelle zu HR und Transformation2.1 Vergleichende Bewertung aktueller HR-Modelle2.1.1 Darstellung aktueller HR-Modelle im agilen Kontext2.1.2 Vergleich der vier aktuellen HR-Modelle2.1.3 Bewertung der vier aktuellen HR-Modelle2.2 Vergleichende Bewertung aktueller Transformationsmodelle2.2.1 Darstellung aktueller Transformationsmodelle im agilen Kontext2.2.2 Vergleichende Betrachtung der Transformationsmodelle2.2.3 Bewertung der sechs aktuellen Transformationsmodelle2.2.4 Abschluss und Überleitung3 Ein agiles Reifegradmodell3.1 Der Kontext bestimmt das Zielbild3.2 Vier grundlegende Agilitätsfaktoren3.3 Sechs Dimensionen der agilen Organisation3.3.1 Die Dimension Prozess3.3.2 Die Dimension Struktur3.3.3 Die Dimension Strategie3.3.4 Die Dimension Führung3.3.5 Die Dimension HR-Instrumente3.3.6 Die Dimension Kultur3.4 Drei Ebenen3.5 Fünf Reifegrade3.5.1 Reifegrad 13.5.2 Reifegrad 23.5.3 Reifegrad 33.5.4 Reifegrad 43.5.5 Reifegrad 53.6 Und was ist mit HR?4 Die sechs zentralen HR-Wertschöpfungsprozesse4.1 Darstellung ausgewählter Modelle zu HR-Wertschöpfungsprozessen und ihre Entwicklung bis heute4.2 Der erste HR-Wertschöpfungsprozess: Die Personalrekrutierung4.2.1 Die fünf Reifegrade der Personalrekrutierung4.2.2 Praxisbeispiel: Peer Recruiting bei sipgate – So haben wir die Personalverantwortung in die Hände der Teams gelegt4.2.3 Praxisbeispiel: metafinanz – radikale Kundenorientierung mit dem Shop-Modell4.3 Der zweite HR-Wertschöpfungsprozess: Die Personalbetreuung und Personaladministration4.3.1 Die fünf Reifegrade der Personalbetreuung und Personaladministration4.3.2 Praxisbeispiel: Avira – Einführung eines HR Service Desk in Jira4.3.3 Praxisbeispiel: Mehr Business-Impact durch innovative Personalbetreuung und -administration am Beispiel Unitymedia4.4 Der dritte HR-Wertschöpfungsprozess: Die Steuerungs- und Anreizsysteme4.4.1 Die fünf Reifegrade der Steuerungs- und Anreizsysteme4.4.2 Praxisbeispiel: Das Ideal »Selbstorganisation« – Der Hypoport-Weg4.4.3 Praxisbeispiel: Vergütung in agilen Teams: Erfahrungen in einem Großkonzern am Beispiel Robert Bosch4.5 Der vierte HR-Wertschöpfungsprozess: Die Personal- und Führungskräfteentwicklung4.5.1 Die fünf Reifegrade der Personal- und Führungskräfteentwicklung4.5.2 Praxisbeispiel: Agile Leadership – Wie die Deutsche Telekom Führungskräfte zum Treiber der agilen Transformation macht4.5.3 Praxisbeispiel: Keine Veränderung auf Knopfdruck - OTTO in der Transformation und HR mittendrin4.6 Der fünfte HR-Wertschöpfungsprozess: Die Personaltrennung4.6.1 Die fünf Reifegrade der Personaltrennung4.6.2 Praxisbeispiel: cosee – „Wir versuchen uns gemeinsam und einvernehmlich zu trennen“4.6.3 Praxisbeispiel: Ministry Group – Time to say goodbye4.7 Der sechste HR-Wertschöpfungsprozess: Die Organisationsentwicklung und die Organisationstransformation4.7.1 Die fünf Reifegrade der Organisationsentwicklung und der Organisationstransformation4.7.2 Praxisbeispiel: Axel Springer - Von der Entwicklung des Purpose und der agilen Transformation4.7.3 Praxisbeispiel: Unlearning Hierarchy: Transformationsmanagement am Beispiel SAP5 Agile Reifegrade in den HR-Organisationsmodellen5.1 Reifegrad 1: Das eindimensionale HR-Modell5.1.1 Deskription der HR-Organisation – das Referentenmodell5.1.2 Transformation zum Referentenmodell5.2 Reifegrad 2: Das zweidimensionale HR-Modell5.2.1 Deskription der HR-Organisation – das Business-Partner-Modell bzw. das erweiterte Referentenmodell5.2.2 Transformation hin zum HR-Business-Partner-Modell5.3 Reifegrad 3: Die HRPLUSNET-Organisation5.3.1 Deskription der HRPLUSNET-Organisation5.3.2 Transformation zur HRPLUSNET-Organisation5.4 Reifegrad 4: Die HR-Hybrid-Organisation5.4.1 Deskription der HR-Hybrid-Organisation5.4.2 Transformation zur HR-Hybrid-Organisation5.5 Reifegrad 5: Die (agile) HR-Netzwerk-Organisation5.5.1 Deskription der (agilen) HR-Netzwerk-Organisation5.5.2 Transformation zur (agilen) HR-Netzwerk-Organisation5.6 Zusammenfassung5.7 Praxisbeispiel: HR@Hettich – eine Welt ohne Organigramme5.8 Praxisbeispiel: Unlearn, inspect & adapt @DATEV6 Die Zukunft von HR erfolgreich gestalten – zwei Ausblicke und ein Plädoyer6.1 Ein Ausblick in Richtung Praxis6.2 Ein Ausblick in Richtung Theorie6.3 Ein gemeinsames Plädoyer für HR als Katalysator von TransformationenAutorinnen und AutorenÜbersicht PraxisbeispieleAbbildungsverzeichnis
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-13439-9

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ISBN 978-3-648-13438-2

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ePDF:

ISBN 978-3-648-13440-5

Bestell-Nr. 10375-0150

André Häusling, Stephan Fischer (Hrsg.)

Der Weg zur agilen HR-Organisation

1. Auflage, April 2020

© 2020 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): @ Alexander Limbach, Adobe Stock

Produktmanagement: Christiane Haas, M.A., Social Science & Publishing, Starnberg

Lektorat: Gabriele Vogt Redaktion Federfluss, Oberaudorf

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

[9]Vorwort

Die (Arbeits-)Welt hat sich noch nie so schnell verändert wie heute. Hinzu kommt die zunehmende Komplexität. Während sich früher komplizierte Probleme mit genug „Man- und Rechenpower“ lösen ließen, so stellt die VUCA-Welt Organisationen vor gewaltige Herausforderungen. Um diesen gerecht zu werden, müssen Organisationen sich neu aufstellen. Mittlerweile herrscht breiter Konsens, dass Agilität notwendige Voraussetzung für die langfristige Zukunftssicherung von Organisationen ist.

Doch was bedeutet Agilität? Für uns bei SAP ist es die Balance zwischen stabilen und bewährten Prozessen und Strukturen auf der einen Seite und der Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Schnelligkeit für dynamischen Wandel auf der anderen Seite. Agilität reimt sich auf Stabilität, nicht auf Chaos. Um diese Balance zu erreichen, reicht es nicht aus, agile Projektmanagementmethoden einzuführen. Sie erfordert eine holistische Herangehensweise, die das Verhalten und Mindset der Mitarbeiter ebenso einbezieht wie die Konstruktion und Kultur einer Organisation.

Wer (unter)stützt intern den Weg zur agilen Organisation? Aus meiner Sicht ist dies Aufgabe von HR, um unserer Rolle als Architekt der Organisation gerecht zu werden. Das ist – neben dem Aufbau wichtiger Kompetenzen - ein wesentlicher Beitrag, um die Organisation zukunftsfähig zu machen.

Mit anderen Worten: HR soll die Organisation unterstützen, in einer zunehmend komplexen Welt auch zukünftig erfolgreich zu sein und dabei neue Wege zu gehen. Um dies leisten zu können, muss die HR-Funktion sich jedoch zunächst selbst transformieren. Aber in welche Richtung? Das optimale, universell einsetzbare Zielbild gibt es nicht mehr. Zeiten, in denen das HR-Business-Partner-Modell als Allheilmittel propagiert und verstanden wurde, sind vorbei. Jede HR-Organisation muss individuell für sich den richtigen Weg finden.

Bei SAP HR haben wir erkannt, dass wir uns ständig wandeln müssen, um auch zukünftig wichtiger Partner unseres Business zu sein. Wir bezeichnen uns selbst als „HR Punks“, um zum Ausdruck zu bringen, dass wir den Status quo kontinuierlich infrage stellen und nicht am Vorhandenen festhalten. Wir experimentieren und probieren Dinge aus. Wir befinden uns auf einer Reise, ohne das Ziel bereits fest definieren zu können. Das Bestreben zu mehr Agilität haben wir damit auch in unserer HR-Strategie verankert. Dabei agieren wir auf Organisations-, Team- und individueller Ebene: Auf Organisationslevel gestalten wir die Struktur in einer Organisationeinheit neu und sammeln Erfahrungen mit Selbstorganisation und „demokratischen Wahlen“ der People Leads. Mehr zu unserer „Unlearning Hierarchy“-Initiative können Sie in Kapitel 4 lesen.

[10]Auf Teamebene nutzen wir verschiedenste agile Methoden: So arbeiten wir hier in vielen Bereichen mit cross-funktionalen Teams an der Erfüllung von OKRs, nutzen Daily Stand-ups zur Koordination von Aufgaben und digitale Kollaborationstools zur pragmatischen Zusammenarbeit ohne E-Mails. Auf individueller Ebene haben wir „Agile HR“ als einen der Fokusbereiche für die Entwicklung unserer weltweiten HR-Mitarbeiter definiert, um sie in agilen Methoden zu schulen, fit für die Unterstützung unserer Gesamtorganisation zu machen und nicht zuletzt auch ein agiles Mindset zu fördern.

Es gibt aktuell keine übergeordneten Vorgaben, stattdessen versuchen wir in vielen Bereichen unserer globalen HR-Organisation Agilität mit ganz unterschiedlichen Herangehensweisen „zu lernen“. Dabei befinden wir uns in einer „permanenten Beta-Phase“ und schaffen die Voraussetzungen für eine Trial & Error-Kultur, die Versuche fördert und Fehler erlaubt. Ein guter Anfang. Es gibt viele interessante Ansätze, den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Einige davon werden in diesem Buch vorgestellt. Wenngleich sie nicht als Blaupause für jedes Unternehmen dienen können, so geben sie doch Orientierung und Inspiration. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

Herzlichst, Ihr

Stefan Ries

Mitglied des Vorstands

Chief Human Resources Officer, SAP SE

[11]Vorwort der Herausgeber

Als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, hätten wir beide nicht gedacht, dass wir eines Tages gemeinsam ein Buch miteinander schreiben würden. Damals (1999) lehrte Stephan als Dozent an der Universität Heidelberg »Theorie und Praxis der Organisationsentwicklung« und André beschäftigte sich als Student erstmals im Hauptstudium mit diesen Themen.

Wir haben dann viele Jahre keine gemeinsamen Berührungspunkte gehabt und erst 2008 kreuzten sich unsere Wege ein zweites Mal. In der Zeit war André als Personalleiter bei Fujitsu Services und führte gerade das HR-Business-Partner-Modell ein. Stephan hatte ein eigenes Beratungsunternehmen und nahm damals ein Mandat im Kontext einer Unternehmensintegration bei Fujitsu Services wahr. Wieder verloren wir uns aus den Augen.

Nachdem wir uns dann beide beruflich verändert hatten, begegneten wir uns 2013 ein drittes Mal. Stephan war mittlerweile seiner Leidenschaft gefolgt und als Professor für Personalmanagement und Organisationsberatung an die Hochschule Pforzheim berufen worden. André war ebenfalls seiner Leidenschaft gefolgt und hat 2010 HR Pioneers mit der Idee gegründet, die HR-Welt zu verändern. Seither ist viel passiert.

In der gemeinsamen Arbeit sind viele Ideen zur Frage der Agilität in Organisationen entstanden, die letztlich in dem TRAFO-Modell mündeten, mit dem anhand unterschiedlicher Dimensionen der agile Reifegrad ganzer Organisationen oder einzelner Organisationsteile eingeschätzt werden kann. Stephans Interesse war dabei stets der Reiz, die Verbindung von Theorie und Praxis herzustellen. André wollte so seinem Ziel der Veränderung der HR-Welt und noch mehr der gesamten Arbeitswelt näherkommen.

Gemeinsam hatten wir dann das Ziel, die Ideen zu Agilität in ein konkretes HR-Modell der Zukunft zu übertragen und so die Dominanz des HR-Business-Partner-Modells abzulösen. Je mehr wir uns aber damit befasst haben, desto klarer wurde uns dabei, dass es leider nicht so einfach ist, ein neues HR-Modell zu entwickeln, wie wir das ursprünglich gehofft haben.

Die Antwort dieses Buches auf die Frage nach einem neuen HR-Modell ist gleichsam klar wie ernüchternd: Es gibt keine neues HR-Modell der Zukunft. Oder besser gesagt, es gibt keine Blaupause mehr für ein bestimmtes Modell. Vielmehr mussten wir uns eingestehen, dass das Unterfangen kompliziert, wenn nicht sogar komplex werden würde. Um es kurz zu sagen: Wir haben dieses Buchprojekt ziemlich unterschätzt. Daher geht ein ganz besonderer Dank an unsere Familien, die in den letzten Wochen, an vielen Wochenenden und in einigen Urlauben (auch über die Weihnachtszeit) ihre [12]Toleranz geübt haben und uns weiter an dem Buch haben schreiben lassen. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Dieses Buch ist eine herausragende Teamleistung und ein Ausdruck großartiger Kollaboration. Wir sind sehr dankbar, dass wir mit so vielen tollen Menschen an diesem Buchprojekt zusammenarbeiten durften. Wir bedanken uns sehr herzlich bei …

… allen Teilautorinnen und Teilautoren aus insgesamt 14 Unternehmen, die ihre Praxiserfahrungen in diesem Buch teilen und mit ihren Beiträgen dieses Buch sehr bereichern: Carina Visser, Thu Pakasathanan, Rainer Göttmann, Carina Seubert, Marcus Berghoff, Michael Fleischmann, Loretta Thurau, Felix Schumann, Roman Schachtsiek, Björn Schneider, Dr. Uwe Schirmer, Christina Schulte-Kutsch, Stefanie Hirte, Sabine Josch, Konstantin Diener, Marco Luschnat, Lennart Keil, Johannes Burr, Lars Bohlmann und Julia Bangerth.... Stefan Ries für das wohlwollende Vorwort, das den Rahmen für unser Thema ausgezeichnet spannt.… Tillmann Seidel, Kati Oimann, Nina Zeppenfeld, Maike Goldkuhle, die mehr als Teilautoren dieses Buches sind. Sie sind Teil der DNA desselben, weil wir gemeinsam viel Zeit investiert haben, die Inhalte dieses Buches zusammen zu entwickeln.… Annabel Früh und Diana Menges, die wichtige Bausteine in der theoretischen Fundierung unserer Gedanken mit eingebracht haben.… Wiebke Joester und Petra Walther für die Ausgestaltung der Praxisbeispiele.… dem HR-Pioneers-Team für die vielen intensiven Diskussionen und die gemeinsame Reise auf dem Weg, die Arbeitswelt und auch unsere Gesellschaft ein Stück besser zu machen.… Prof. Dr. Cathrin Eireiner und Prof. Dr. Anja Schmitz von der HS Pforzheim für gemeinsame Forschungsarbeiten, die in einigen Grundzügen in das Buch eingeflossen sind.… Christiane Haas und Gabriele Vogt vom Haufe-Verlag für die Geduld mit uns und die professionelle Begleitung.

Über Rückmeldungen und Austausch zu diesem Buch freuen wir uns sehr. Meldet Euch gerne unter [email protected] und/oder stephan.fischer@ hs-pforzheim.de.

Nun wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen, viel Inspiration und Mut, um eure Unternehmenswelten zu gestalten.

André Häusling und Stephan Fischer

[13]Einleitung

Stephan Fischer und André Häusling

Aktuelle Bücher zum Thema Management starten üblicherweise mit dem Verweis auf einen oder mehrere der folgenden Begriffe: Agilität, Ambidextrie, Demografie, Digitalisierung, Disruption, Future of Work, Eco-Systeme, Globalisierung, Komplexität, New Work, Purpose, Transformation, Werte und Why. Diese Liste ließe sich sicherlich noch beliebig erweitern. Dabei sind bei den Lesern1 und Beteiligten – wie bei vielen anderen Themen auch – (mindestens) zwei unterschiedliche Positionen zu finden: Auf der einen Seite gibt es die Anhänger, die in der Verfolgung der genannten Themen die Grundlage für den Erhalt der Zukunftsfähigkeit von Organisationen sehen. Auf der anderen Seite stehen die Kritiker, die entweder die Relevanz der Themen in Gänze oder aber deren Aktualität bestreiten. Für die einen sind die Themen also »heißer Scheiß«, für die anderen »kalter Kaffee«.

Wir positionieren uns mit dem vorliegenden Buch zwischen diesen beiden Polen. Unsere Grundannahme ist dabei, dass Agilität in Zeiten disruptiver Veränderung eine wichtige Rolle spielen kann, vorausgesetzt, es gibt einen differenzierten und nicht bewertenden Blick auf die Ausgestaltung von Agilität in Organisationen. Für uns ist Agilität weder a priori gut noch schlecht, weder neu noch alt. Vielmehr kommt es uns auf den erforderlichen Grad an Agilität in einer Organisation an und welche Konsequenzen sich daraus insbesondere für HR ergeben.

Mit Blick auf die aktuelle Literatur und die empirische Forschung zum Thema Agilität lassen sich einige Studien finden, die Evidenzen zur Wirkung auf oder von Agilität in Organisationen beleuchten.2 Dabei werden Zusammenhänge zwischen Agilität und Organisationskultur, aber auch Wirkungen auf Teamleistung oder das Wissensmanagement betrachtet. Dies gibt Aufschluss über die Operationalisierung und über die Einfluss- und Wirkfaktoren von Agilität in Organisationen. Parallel dazu kann auch bei der eher praxisorientierten Diskussion zu Agilität eine zunehmende Differenzierung beobachtet werden. Hier wird Agilität auf der Ebene der gesamten Organisation (Stichwort: Anpassung), der Teams (Stichwort: agile Arbeitsmethoden) und der Individuen (Stichwort: agile Werte und agiles Mindset) besprochen.3

[14]Unser Fokus in dem vorliegenden Buch liegt auf der Ebene eines Organisationsteils, nämlich der HR-Funktion (kurz HR). Uns interessiert dabei, welche inhaltlichen und strukturellen Veränderungen HR in Organisationen4 anstoßen und auch bei sich selbst vollziehen muss, um den Anforderungen steigender Komplexität und daraus abgeleitet auch veränderter Anpassungsbedarfe gerecht zu werden. Dabei stehen inhaltlich die zentralen Wertschöpfungsprozesse von HR im Fokus, die wir unter den veränderten Anforderungen neu denken wollen. Die von uns betrachteten HR-Wertschöpfungsprozesse bilden im Wesentlichen den typischen Lebenszyklus eines Mitarbeitenden von der Personalrekrutierung bis zur Personaltrennung ab. Im Laufe dieses Buches ergänzen wir diese HR-Wertschöpfungsprozesse jedoch inhaltlich und entwickeln sie durch den Bezug zu agilen Reifegraden weiter.

Mit diesem Buch wollen wir aufzeigen, dass bisherige HR-Organisationsmodelle den gestiegenen Anforderungen nicht mehr genügen. Vielmehr muss HR als Organisation neu gedacht werden. Unsere Antwort dazu ist: Es gibt kein »einheitliches« HR-Modell der Zukunft. Die zukünftige inhaltliche wie strukturelle Ausrichtung von HR ist vielmehr abhängig von verschiedenen Kriterien und lässt sich nicht universell beantworten. Das eine HR-Modell der Zukunft (oder dessen Suggestion) wird nicht die Lösung sein. Vielmehr werden die Organisationen ihre HR-Funktion an den hier entwickelten Kriterien je nach Komplexität und Disruption ihrer Anforderungen, den Bedarfen an Agilität sowie nach Ausprägungsgrad und Reife ausrichten müssen.

Im Sinne unserer Expertise wollen wir insgesamt zwei Perspektiven auf das Thema der agilen HR-Organisation einnehmen, und zwar indem wir konzeptionelle Teile, basierend auf der aktuellen Literatur, mit praktischen Teilen aus der Beratung und dem Organisationsalltag verbinden. Diese Verbindung zwischen Business und Science stellt für uns den besonderen Charakter des vorliegenden Buches dar und schließt zudem einen fast zwanzigjährigen Kreis, der einmal in einer Lehrveranstaltung an der Universität Heidelberg zum Thema »Theorie und Praxis der Organisationsentwicklung« begonnen hat.

Nachdem wir in Kapitel 1 des Buches die aktuellen Herausforderungen der HR-Bereiche aufzeigen, stellen wir in Kapitel 2 die aktuellen HR-Organisationsmodelle und Transformationsmodelle nebeneinander. Daraus abgeleitet stellen wir in Kapitel 3 die Notwendigkeit von Reifegraden in agilen Organisationen dar, um die unterschiedlichen Anforderungen in den HR-Organisationen zu bewältigen. Diese Reifegrade legen wir in Kapitel 4 über sechs zentrale HR-Wertschöpfungsprozesse. Zu jedem

[15]HR-Wertschöpfungsprozess haben wir neben konzeptionellen Überlegungen jeweils zwei Unternehmensbeispiele, die aus der Praxis ihre Erfahrungen teilen. In Kapitel 5 betrachten wir die Reifegrade im Kontext der HR-Organisationsmodelle und zeigen auch hier wieder zwei Praxisbeispiele. Im abschließenden Kapitel 6 wagen wir noch einen kurzen Ausblick auf die möglichen nächsten Entwicklungen und schließen dann mit einem Plädoyer für die HR-Arbeit der Zukunft.

1 Wir haben uns im Laufe des Buches bemüht, genderneutrale Begriffe zu verwenden. Wo dies nicht möglich war bzw. wo nur leseunfreundliche Begrifflichkeiten hätten gewählt werden müssen, wurde der besseren Lesbarkeit halber die männliche Form verwendet. Es versteht sich von selbst, dass hiermit natürlich auch die vielen weiblichen Akteure im HR-Business impliziert sind.

2 Vgl. Laanti et al., 2011; Lee, et al., 2016; Mao/Quan, 2017; Felipe et al., 2017.

3 Vgl. Häusling et al., 2019; Kartheininger/Fischer, 2019.

4 Wir haben uns dazu entschlossen, in den konzeptionellen Teilen des Buches von Organisationen und nicht von Unternehmen zu sprechen, weil wir glauben, dass die hier beschriebenen Inhalte nicht nur für Unternehmen, sondern – wenn auch vermutlich in etwas unterschiedlicher Konsequenz – auch für andere Organisationen (z. B. NPO und Verwaltungen) gültig sind.

[17]1 Gründe für eine neue HR-Organisation

Stephan Fischer und André Häusling

1.1 Steigende Komplexität als Treiber

Die aktuelle Arbeitswelt ist im Wandel. Insgesamt können die unterschiedlichsten Entwicklungen beobachtet werden, die alle mehr oder weniger intensiv einen Einfluss auf Organisationen haben.5 Dabei können diese Entwicklungen in der Umwelt und in der Inwelt der Organisationen unterschieden werden. In der Umwelt spielen Veränderungen eine Rolle, die sich durch die Digitalisierung, den disruptiven Wandel von Geschäftsmodellen und den Wertewandel mit pluralistischen und diverseren Wertemustern ergeben. Das Ausmaß dieser Veränderung variiert zwischen Märkten und Branchen zum Teil deutlich.6 In der Inwelt spielen Faktoren wie »die Generation Y«, der Trend zu New Work, veränderte Kulturreifegrade und auch die Suche nach Sinn und Sinnhaftigkeit eine wichtige Rolle.7 Sowohl die Veränderungen in der Umwelt als auch die in der Inwelt von Organisationen nehmen in der aktuellen Literatur mit Fokus auf die Organisationspraxis einen zentralen Stellenwert ein und werden reichlich diskutiert.8

Insgesamt werden diese Entwicklungen mit dem Akronym VUCA-Welt beschrieben, was unter der Perspektive der Systemtheorie auch als eine Veränderung aufgrund deutlich gestiegener Komplexität beschrieben werden kann.9 Dieser Gedanke lässt sich mithilfe der Stacey-Matrix abbilden.10 Die Stacey-Matrix ist letztlich ein simples Vier-Felder-Schema, das auf der einen Dimension die Klarheit bzw. Unklarheit einer technologischen Herausforderung und auf der anderen Dimension die Eindeutigkeit bzw. Uneindeutigkeit einer Anforderung zur Bewältigung dieser technologischen Herausforderungen beschreibt. Daraus entstehen insgesamt vier Felder (oder auch Typen) von Herausforderungen, die Stacey mit »einfach«, »kompliziert«, »komplex« und »chaotisch« benennt. Die Logik dabei ist, dass die Situation umso herausfordernder ist, je unklarer und uneindeutiger sie wird. Es kann vermutet werden, dass genau das durch die beschriebenen Entwicklungen der VUCA-Welt der Fall ist. Durch die genannten Veränderungen in der Umwelt und der Inwelt der Organisationen scheint es, dass sich bisher komplizierte Muster innerhalb von Organisationen zu komplexen Mustern entwickeln.

[18]

Abb. 1: Steigende Komplexität der VUCA-Welt anhand der Stacey-Matrix illustriert

Für die Organisationen entsteht dadurch die folgende Herausforderung: Sie müssen vorhandene Systeme weiterentwickeln, die bisher mit den Anforderungen der komplizierten Welt (mehr oder weniger) gut zurechtgekommen sind, aber bei den Anforderungen der komplexen Welt an ihre Grenzen stoßen. Um mit den neuen Anforderungen dieser komplexen Welt besser zurechtzukommen, sind sie außerdem gefordert, zum Teil ganz neue Systeme zu schaffen, die den Organisationen dabei helfen, sich an die veränderte Komplexität anzupassen.

Kurz gesagt: Bestehende Muster, die sich in komplizierten Welten als erfolgreich gezeigt und bewährt haben, kommen an ihre Grenzen. Das gilt für ganze Organisationen genauso wie für ihre einzelnen Organisationsteile. Auch HR kommt an seine Grenzen und steht vor der Herausforderung der Anpassung.11 Man kann dies an verschiedenen aktuellen Diskussionen festmachen. Als Beispiel sei hier die Frage genannt, ob es in der komplexen Welt wirklich noch sinnvoll ist, individualisierte Ziele zu vereinbaren (was in der komplizierten Welt oft als Königsweg galt), oder ob es nicht viel sinnvoller ist, die Ziele zu kollektivieren oder gar ganz auf sie zu verzichten.12 Auch die Beschäftigung mit der Frage nach Vergütung in Organisationen und deren mögliche Weiterentwicklung unter der Überschrift »New Pay« sei hier genannt.13

[19]1.2 Probleme in der Praxis

Für eine systematische Ausrichtung der Wertschöpfungsprozesse von HR, die bisher überwiegend an den Herausforderungen der komplizierten Welt ausgerichtet sind, in Richtung mehr Komplexität hat es bisher noch kein Modell als Vorlage gegeben. Dass HR am Limit ist, zeigt sich in der Praxis in verschiedenen Punkten:

Veränderte Bedürfnisse bei Führungskräften und Mitarbeitenden

HR hat es mit sehr heterogenen Fachbereichen zu tun, die ganz unterschiedliche Anforderungen haben. Dadurch nimmt die Komplexität deutlich zu. Der bisherige »One-size-fits-all-Ansatz« von HR fängt an zu bröckeln.

Auf der einen Seite wird in der Softwareentwicklung und in vielen digitalen Produktentwicklungsbereichen der Organisationen zunehmend agil gearbeitet. Dort stellen sich viele neue Fragen und entsprechend entstehen neue Anforderungen an HR. Beispielsweise soll das Recruiting in die Teams gegeben, herkömmliche Zielvereinbarungssysteme durch OKR (Objectives and Key Results) ersetzt oder neue Organisationsstrukturen und verteilte Führungsrollen (z. B. durch Einführung von Rollen wie Product Owner und Scrum Master) anders gedacht werden. Außerdem werden Antworten darauf benötigt, wie nun Karrieremodelle in agilen und selbstorganisierten Teams aussehen sollen.

Auf der anderen Seite hat HR mit Fachbereichen zu tun, die noch in eher traditionellen Formen der Zusammenarbeit organisiert sind. Hier gilt es, durch standardisierte HR-Lösungen sehr effizient eine solide HR-Arbeit zu machen. Die bisherigen HR-Prozesse funktionieren dort noch gut und auch die HR-Instrumente erfüllen in den meisten Fällen ihren bisherigen Nutzen.

Hohe interne Komplexität verhindert Geschwindigkeit

Die Erwartungshaltung an HR in Bezug auf eine erhöhte Umsetzungsgeschwindigkeit steigt: Während eine geringere Umsetzungsgeschwindigkeit in der Vergangenheit noch toleriert wurde, wird heute bei HR eine hohe Geschwindigkeit vorausgesetzt. Es müssen in Zeiten des Fachkräftemangels schnell neue Mitarbeitende gefunden werden. Zudem müssen in höherer Geschwindigkeit Lösungen mit den Mitbestimmungsgremien gefunden oder weitere Effizienzmaßnahmen umgesetzt werden. HR verweist dann gerne auf die eigenen Herausforderungen, die aber immer weniger Relevanz für die Fachbereiche haben. Diese warten nämlich nicht mehr auf HR, sondern suchen proaktiv selbst nach Lösungen.

Zunehmende Wettbewerbsintensität

HR steht zunehmend im Wettbewerb – intern wie extern. Bei einer mangelnden Geschwindigkeit von HR suchen die Fachbereiche nach eigenen Lösungen. Eine Variante, [20]die uns in der Praxis immer wieder begegnet, ist, dass die Fachbereiche die HR-Themen einfach selbst übernehmen und eigene Lösungen entwickeln. Wenn HR zu langsam ist oder keine Kapazitäten hat, werden eigene Kapazitäten genommen oder aus dem Fachbereich heraus Beratungen beauftragt.

Viele Zukunftsthemen beginnen an HR vorbeizugehen. So beobachten wir, dass viele Transformationen funktional zunehmend im Business Development verankert werden. Entsprechend steht HR zunehmend im Wettbewerb zu anderen Fachbereichen oder zu externen Beratungen.

Technologische Veränderungen und Digitalisierung

Weiterhin gewinnen sämtliche technologischen Themen und Projekte bei HR zunehmend an Bedeutung. Wie auch in anderen IT-Projekten wächst damit die Komplexität – ganz gleich ob es sich um die Einführung eines neuen Performance-Management-Systems oder eines neuen Abrechnungssystems handelt. Auf der einen Seite stehen also die IT-Landschaften vieler HR-Organisationen vor der großen Herausforderung, ihre eigenen Prozesse weiter zu digitalisieren. Auf der anderen Seite steigen aber auch die Anforderungen an die technischen Fertigkeiten und Kompetenzen von HR enorm, um die geforderte Geschwindigkeit von den Fachbereichen mitgehen zu können.

Viel Arbeit – wenig Ergebnisse

Die Komplexität von HR selbst steigt ebenfalls. Die Themenvielzahl nimmt zu und die verfügbaren Kapazitäten bleiben bestenfalls stabil oder müssen sogar reduziert werden. Ein Muster, welches wir in der Praxis häufig beobachten, ist, dass HR sehr viele Themen bewegt, der gewünschte Nutzen für die Fachbereiche jedoch überschaubar bleibt. Mit der Art und Weise, wie die Zusammenarbeit mit den Fachbereichen organisiert wird, kommt HR an seine Grenzen. Es herrscht hoher Aktionismus und ein hoher Gestaltungswille. Gemäß der traditionellen Arbeitsweise geschieht aber viel parallel, es wird wenig priorisiert und fokussiert. Auch die Ergebnisse entsprechen nicht immer den Erwartungen vom Business.

Als Ursache für die Herausforderungen erleben wir, dass die einzelnen HR-Bereiche zwar formell in Teams organisiert sind, zusätzlich dazu aber viele Themen von einzelnen Personen bearbeitet werden oder die Einzelpersonen zusätzlich für einen oder verschiedene Fachbereiche verantwortlich sind. Diese Verzahnung führt zu einem erhöhten Abstimmungsbedarf, welcher sich wiederum negativ auf die Umsetzungsgeschwindigkeit auswirkt. So stehen die einzelnen HR-Bereiche immer wieder im Wettbewerb um Kapazitäten.

Auch die Themenvielfalt in HR ändert sich durch die zunehmende Komplexität. Der Bedarf steigt, die begrenzten Kapazitäten flexibler zu nutzen. Da aber durch die funktionalen Organisationen viel Expertenwissen in einzelnen Personen gebündelt ist, [21]wird es sehr schwer, mehr Flexibilität hinsichtlich der steigenden Anforderungen des Business zu entwickeln.

Funktionale Silos als limitierender Faktor

Die meisten HR-Bereiche sind immer noch sehr funktional organisiert. In größeren Organisationen ist das HR-Business-Partner-Modell gängig, in kleinen Organisationen erleben wir häufig einen funktionalen Schnitt nach Recruiting, Services oder Personalentwicklung. Durch die steigende Komplexität kommen die herkömmlichen Strukturen der HR-Bereiche an ihre Grenzen, weil sich die Themen und Anforderungen aus dem Business nicht zwingend nach der HR-Struktur richten. So entstehen eine Vielzahl von Schnittstellen, die innerhalb von HR gelöst werden müssen, und viele Projekte (die in Teilen auch agil bearbeitet werden), die zugleich die Arbeitslast weiter erhöhen.

Starke Governance und wenig Blick aus Nutzerperspektive

Viele HR-Bereiche setzen sich immer noch dem Vorwurf aus, zu weit weg vom Business zu sein. Die Akzeptanz ist in vielen Fällen nicht in der gewünschten Form vorhanden, weil die HR-Instrumente den Anforderungen des Business nicht gut entsprechen.

Durch die Standardisierung in den letzten Jahren haben wir häufig eine starke Governance durch HR. Es wurde aber wenig Individualisierung für die Fachbereiche geschaffen. Es wird noch stark aus der eigenen Perspektive betrachtet, wenig aus der Perspektive des Business.

1.3 Gründe für das HR-Versagen aus Sicht der Theorie

Hinter den beschriebenen Entwicklungen der Umwelt und Inwelt von Organisationen und den sich daraus ergebenen Problemen in der (HR-)Praxis stehen organisationstheoretische Phänomene, die über den Einzelfall einer HR-Funktion hinaus zu betrachten sind. Die zuvor anhand der Stacey-Matrix beschriebene Veränderung der Komplexität gewinnt für Organisationen insgesamt an Relevanz, denn gemäß Ashbys Gesetz der erforderlichen Varietät kann ein System, das ein anderes System steuert, umso mehr Störungen ausgleichen, je größer seine Handlungsvarietät ist.14 Je größer die Varietät eines Systems also ist, desto mehr kann es die Varietät seiner Umwelt durch Steuerung vermindern. Mit anderen Worten: Die Komplexität eines Systems sollte in dem Maße steigen, wie die Komplexität der Umwelt (und der Inwelt) steigt. Die Logik hinter dieser Aussage ist klar: Wenn durch die VUCA-Welt die Komplexität steigt, an die sich Organisationen anpassen müssen, dann müssen diese wiederum selbst in ihrer Komplexität wachsen, damit ihnen diese Anpassung auch erfolgreich gelingt.

[22]Ein schönes Beispiel für dieses Phänomen ist die Einführung einer Matrixlogik in Organisationen, die im besten Fall eine Anpassung an die steigende Komplexität war, welche sich damals durch die Internationalisierung in Beschaffung, Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Logistik ergeben hat. Davor gab es kaum Bestrebungen, Organisationen zweidimensional aufzubauen, denn es gab dazu letztlich auch keine Notwendigkeit. Erst durch die gestiegene Komplexität des Umfelds und die Tatsache, dass eine einfache Stab-Linien-Organisation mit klarer Zuordnung nicht mehr ausreicht, um bei den Herausforderungen der Internationalisierung zu bestehen, wurde über diese Veränderungen nachgedacht.15 Im Rahmen der Stacey-Matrix könnte es damals so gewesen sein, dass sich der Grad der Anforderungen von einfach hin zu kompliziert entwickelt hat. Die Einführung der Matrixorganisation wurde dann nötig, um eine bessere Anpassung an die neu aufgekommenen und komplizierten Fragestellungen zu ermöglichen.

Das gleiche Phänomen kann heute auf anderer Ebene wieder beobachtet werden. Diesmal ist es jedoch der Übergang von komplizierten Anforderungen zu komplexen Anforderungen. Es kann dabei vermutet werden, dass die Matrixorganisation bei komplexen Anforderungen genauso an ihre Grenzen kommt, wie die Stab-Linien-Organisation zuvor bei komplizierten Anforderungen. Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, mit welcher Anpassung der Organisationsform die heutigen Herausforderungen der VUCA-Welt am besten bewältigt werden können. Zudem stellt sich die Frage, wie eine jeweils dazu passende HR-Organisation aussehen könnte.

Dieser Anpassungsprozess lässt sich mit der Entwicklung von Gesamtorganisationsstrukturen und den dazu korrespondierenden HR-Organisationsstrukturen deutlich aufzeigen. Zu der Zeit, als das dominante Strukturmodell von Organisationen die eindimensionale Stab-Linien-Organisation mit klassischen Top-down-Prozessen war, wurde HR dazu passend in einer ebenso eindimensionalen Personalreferentenlogik strukturiert. Es gab einen Personalleiter16 und darunter (mehr oder weniger) funktional ausdifferenzierte HR-Abteilungen. In der Logik der bisherigen Argumentation mit der Stacey-Matrix war diese Form der Strukturierung von Organisationen und HR-Abteilungen bestens geeignet, einfache Herausforderungen gut zu bewältigen.

Mit der Etablierung der zweidimensionalen Matrixorganisation in Organisationen, als Reaktion auf die gestiegenen Anforderungen von der einfachen zur komplizierten Welt, kam auch die bisherige Strukturierung von HR an ihre Grenzen. Eine ebenso zweidimensionale HR-Organisation war vonnöten, damit die Komplexität von HR wieder der Komplexität der Gesamtorganisation entsprochen hat. Durch die Einführung [23]des HR-Business-Partner-Modells (Service-Delivery-Modell) hat sich eine entsprechende zweidimensionale Strukturierung von HR in Organisationen etabliert.17 Mit der konsequenten Ausrichtung auf das Business wurde dieses Modell (mehr oder weniger) erfolgreich in Organisationen implementiert. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich der Erfolg bei der Nutzung dieses Modells insbesondere dann einstellt, wenn aufgrund der Internationalisierung (z. B. Service-Delivery-Einheiten in Niedriglohnländern) und der Organisationsgröße und -diversität (z. B. spezialisierte HR Business Partner mit großer Kenntnis des betreuten Geschäftsfelds) die entsprechenden Skalen- und Qualitätseffekte erzielt werden konnten.

Mit den aktuell steigenden Anforderungen (von kompliziert zu komplex) wird häufig die Entwicklung dreidimensionaler Netzwerke in Organisationen gefordert. Diese Netzwerke können inter- wie intraorganisational ausgestaltet sein. Sie stehen dabei in besonderem Maße für die Agilität von Organisationen. Agile Organisationen bezeichnen dabei eine Form der flexiblen und schlanken, innovativen und kundenorientierten, mitarbeiterkompetenzorientierten, sich auf neue Technologien stützenden (Netzwerk-)Organisation, die Marktentwicklungen frühzeitig erkennt und sich anpasst. Dazu arbeiten die Mitarbeitenden kollaborativ und siloübergreifend zusammen, organisieren sich weitgehend selbst und nutzen moderne Methoden der Projektarbeit, wie z. B. SCRUM. Die Führung funktioniert nach dem Prinzip des Empowerments. In der Literatur gibt es dabei auch erste Ideen, die Überlegungen der Agilität und der Netzwerke mit Fragen der HR-Strukturen und deren wesentlichen HR-Wertschöpfungsprozessen zu verbinden.18 Offen ist dabei aber, ob erneut - wie Ende der 90er Jahre mit Dave Ulrich – ein einziges Modell existiert, das den Organisationen als Orientierung für ihre Anpassung dient.

Literatur

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Franke, S./Hornung, S./Nobile, N. (2019). New Pay – inkl. Arbeitshilfen online. Haufe.

[24]Hackl, B./Wagner, M./Attmer, L./Baumann D. (2017). New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt – Management-Impulse, Praxisbeispiele, Studien. Wiesbaden: Springer.

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Zhang, Z./Sharifi, H. (2000). A methodology for achieving agility in manufacturing organisations. International Journal of Operations & Product Management, 20(4), 496-513.

5 Vgl. Fischer/Häusling, 2018a.

6 Vgl. Zhang/Sharifi, 2000.

7 Vgl. Hackl et al., 2017; Fink/Moeller, 2018.

8 Um Sie nicht zu langweilen, sparen wir uns die Wiedergabe dieser bereits viel und häufig bearbeiteten Trends und verweisen zur tieferen Lektüre auf Rump/Eilers, 2017.

9 Vgl. Bennet/Lemoine, 2014.

10 Vgl. Stacey 1999.

11 Vgl. Häusling/Fischer, 2018.

12 Vgl. Trost, 2015.

13 Vgl. Franke et al., 2019.

14 Vgl. Ashby, 1956.

15 Soviel zur Theorie. In der Praxis wurde so manche Matrixorganisation eingeführt, weil es modisch und schick war (und der Nachbar das auch gemacht hat), obwohl es aus der Logik der Komplexität heraus gar nicht erforderlich gewesen ist.

16 Damals tatsächlich meist männlich dominiert.

17 Vgl. Ulrich, 1997.

18 Vgl. Fischer/Häusling, 2018a.

[25]2 Eine kurze Analyse aktueller Modelle zu HR und Transformation

Annabel Früh, Diana Menges und Stephan Fischer

Ob HR in der komplexen VUCA-Welt erfolgreich ist, hängt u. a. davon ab, wie sich HR in dieser Herausforderung selbst strukturiert und was HR im Rahmen von Transformationsprozessen beitragen kann. Aus diesem Grund betrachten wir im nachfolgenden Kapitel, ob es in der Literatur aktuelle HR-Organisationsmodelle gibt, die den gestiegenen Anforderungen hin zu einer möglichen Dreidimensionalität gerecht werden. Zudem werden aktuelle Transformationsmodelle hinsichtlich ihrer Wirksamkeit im komplexen Kontext und der möglichen Rolle von HR überprüft.

Damit dient die nachfolgende Analyse aktueller HR-Modelle und Transformationsmodelle letztlich der Beantwortung der Frage nach einem neuen Modell für HR in der Transformation hin zu komplexen Herausforderungen. Die Modelle werden anhand der einschlägigen Literatur zunächst beschrieben, dann miteinander verglichen und schließlich hinsichtlich ihres Potenzials für ein neues HR-Modell in der komplexen VUCA-Welt bewertet.

2.1 Vergleichende Bewertung aktueller HR-Modelle

In den letzten Jahren war die Literatur zur Struktur von HR stark durch das klassische Business-Partner-Modell nach Ulrich geprägt.19 Anspruch dieses Modells ist es, HR als strategischen Partner des Business zu etablieren.20 HR soll dabei einen Wert generieren, indem sie die Organizational Capability21 als entscheidenden Faktor im Sinne der Unternehmensstrategie unterstützt.22 Strukturell führt dies zu einem Dreisäulenmodell mit folgenden drei Grundfunktionen23: den Centers of Expertise (CoE), dem Shared Service-Center (SSC) sowie den HR Business Partnern (HR BP).

[26]Die HR-Schlüsselrolle in Bezug auf die Gestaltung und Begleitung von Transformationen stellt der HR BP als Change Agent24 dar. Der Fokus des HR BP liegt auf strategischen HR-Aufgaben, wie der Gestaltung und Begleitung von Anpassungen. Um Unternehmen bei Veränderungsinitiativen, Prozessveränderungen und Kulturveränderungen zu unterstützen, muss er sowohl die Theorie als auch die Praxis der Organisationsentwicklung (OE) beherrschen können. Mit der Rolle des Change Agents werden folgende Subrollen assoziiert: die Rolle des Catalysts, der Veränderungen vorantreibt, des Facilitators, der Veränderungen ermöglicht, sowie des Designers von neuen, innovativen Systemen für den Wandel.25 Neben der Rolle des Change Agents werden ihm eine Vielzahl weiterer Rollen zugeschrieben.26

Der Anspruch des Modells, HR als Partner des Business auf Augenhöhe zu etablieren, konnte jedoch bisher nur in wenigen Organisationen erfüllt werden.27 In zahlreichen Organisationen wird die Kompetenz der HR BP, bedingt durch die vielfältigen Rollenanforderungen, als unzureichend eingeschätzt.28 Vor allem im Hinblick auf das Ausfüllen der Rolle des Change Agents scheinen die HR BP in der Praxis noch Defizite aufzuweisen.29 Zudem wird aufgeführt, dass der transaktionale, administrative Teil der Arbeit der HR BP immer noch sehr hoch ist. Oftmals fehlen ihnen hierdurch zeitliche Ressourcen für den eigentlichen Fokusbereich, die strategischen Themen, wie etwa die OE.30

Aufgrund der aufgeführten Kritik haben Unternehmen zusätzlich eine zentrale OE-Einheit im CoE aufgebaut. Aber auch diese Kombination von HR BP und der OE-Einheit wird mit Spannungen assoziiert.31 So hebt Holbeche hervor, dass die Herausforderung in der Rollenüberlappung sowie in unklaren Zuständigkeiten besteht.32 In Unternehmen kann die Problematik dazu führen, dass die HR BP trotz Kompetenzlücken hinsichtlich der OE weiterhin in der Hauptverantwortung sind und für komplexe Themen externe OE-Experten hinzugezogen werden.33 Aus diesem Grund wurden Anpassungen des Modells vorgenommen34 und mit dem HR Solution Center ein modifiziertes Business-Partner-Modell entwickelt.

[27]Im HR Solution Center wird die HR-Expertise nicht mehr allein auf den HR BP konzentriert, sondern auf mehrere Schultern verteilt. Die Customer Relationship Manager (CRM) stellen dabei durch ihre Positionierung in der Schnittstelle zum internen Kunden die Nähe zum Business her. Das Modell hat die gleiche Grundform wie das klassische Business-Partner-Modell, mit der Ergänzung einer neuen Komponente: einer matrixförmigen Gruppe von Funktionsspezialisten, die eine Delivery Funktion für das Back End CoE und die Front End CRM Teams bilden. Die Teams der Solution Center unterstützen die vertikale und horizontale Organisation gleichermaßen. Das modifizierte Business-Partner-Modell in Form des HR Solution Centers ist auf Matrixorganisationen ausgelegt.35

Anstelle von mehreren Generalisten mit ähnlichen Fähigkeiten bilden die CRM kleine Teams mit einer Mischung von Fähigkeiten, die sich auf die OE und das Talentmanagement fokussieren. Obwohl durch die Modifikationen in diesem erweiterten Modell einige Schwächen des klassischen HR BP abgemildert werden, bleibt es letztlich aber bei einem zweidimensionalen Grundaufbau. Die Gesamtkomplexität ändert sich nicht. Das ändert sich erst mit den neueren HR-Modellen, die im weiteren Verlauf des Kapitels vorgestellt werden.

2.1.1 Darstellung aktueller HR-Modelle im agilen Kontext

Im Fokus der Darstellungen stehen vier aktuelle HR-Modelle, die explizit aus der Perspektive agiler Organisationen heraus entwickelt wurden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Struktur der HR-Organisation. Innerhalb der Struktur gibt es bestimmte Aufgaben, die von bestimmten Rollen erfüllt werden. In der Analyse werden die HR-Rollen36 fokussiert, welche entsprechend der Strukturlogik folgen.37 Zudem wird die strukturelle Verankerung der HR-Rollen betrachtet. Hierunter werden die HR-Funktionen verstanden, in welche die HR-Rollen eingebettet sind.

Die Corporate Agility Organization (CAO)

Anspruch der CAO ist die Agilisierung der Gesamtorganisation durch eine direkte Ausrichtung an den Business- und Marktanforderungen und der Wahrnehmung der CAO [28]als wertschöpfende Funktion. Die Rolle von HR wird entsprechend als Treiber von wertschöpfenden Themen, wie der OE, gesehen.38 Um die klare Ausrichtung am Business zu gewährleisten, setzt sich die CAO strukturell aus drei Grundfunktionen zusammen: der Business-Organisation, dem zentralisierten Center of Expertise HC39(CoE HC) sowie dem zentralisierten Shared Service Center (SSC)40. So ist die Business-Organisation durch den Agility Manager und den Corporate Agility Director ein Teil der CAO (Abbildung 2). Die CoE-HC-Organisation setzt sich aus dem Head of CoE, den Single Point of Contacts (SPOC) sowie den HC-Experten zusammen. Letztere stellen den SPOC strategische, konzeptionelle und beratende Dienstleistungen zur Verfügung.41 Ins SSC werden alle administrativen Aufgaben ausgelagert.42 Dies führt dazu, dass dem CoE HC Freiraum für strategische Themen gegeben wird und die CAO mehr Kapazität hat, um flexibel auf Veränderungen zu reagieren.43 Die Steuerung wird durch vier Einheiten gewährleistet: das Agility Leadership Team, die Business Agility Innovation Group, das Global Agility Advisory Board und das Global Agility Project Committee.44 Die prozessorientierte Struktur der HR-Organisation ist auf globale, agile Konzernstrukturen ausgerichtet.45

Abb. 2: Die Corporate Agility Organization. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Granados/Erhardt, 2012, S. 26; S. 73.

Die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen ist strukturell im CoE HC verankert. Damit HR die Effektivität der Organisation vorantreiben kann, ist es nach Auffassung von Granados und Erhardt wesentlich, dass sich das HR CoE auf das Organisationsdesign (OD) und die OE konzentriert. Die Themen gehören, neben der Führungskräfteentwicklung und dem Talentmanagement, zu den wichtigsten Handlungsfeldern des HR-Bereichs.

[29]Eine wesentliche Rolle des CoE HC ist hierbei die Bereitstellung von Anpassungsmethodik im Sinne von harten Faktoren, wie transparenten Zielen und Messgrößen, als auch von weichen Faktoren, welche die Person und ihre Bedürfnisse im Anpassungsprozess betreffen.46

Um das Kernthema der Anpassung voranzutreiben, gibt es einen OD&OE Experten bzw. ein OD&OE Expertenteam,47 welcher bzw. welches für die OE in der gesamten Organisation verantwortlich ist. Im Aufgabengebiet dieser Einheit liegt das kontinuierliche Sicherstellen der Passung der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Unternehmenskultur zur Strategie und den Zielen des Unternehmens. Die Rolle wird als proaktive Rolle beschrieben: Der OD&OE Experte wird nicht nur auf Anfrage aktiv, sondern überprüft die Strukturen und Prozesse der Organisation kontinuierlich im Hinblick auf die organisationale Effektivität.48 Der Experte bzw. Teamleiter OD&OE steht in engem Austausch mit den Teams und Führungskräften der jeweiligen Geschäftsbereiche und den SPOC.49 Letztere unterstützen das Business bei Anpassungsprozessen in der unterstützenden, ausführenden Rolle als Change Agents.50 Die SPOC51 fungieren dabei als zentrale Schnittstelle zum Business.52 Der Agility Manager, welcher das strategische Workforce-Management verantwortet und direkt im Business angegliedert ist, nimmt in Bezug auf die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen keine Schlüsselrolle ein. Dennoch ist er in den Anpassungsprozess involviert, wenn es um das skillbasierte Rollen- und Team-Redesign geht. Die SPOC stehen weiterhin im engen Austausch mit den Agility Managern und Führungskräften.53

Zusätzlich wird in diesem Modell ein separierter Change-Managemen-Experte (CM-Experte) bzw. ein Change-Management-Expertenteam (CM-Expertenteam) empfohlen. Diese unterstützen das operative Change Management, indem sie die SPOC als Change Agents ausbilden und dem Business selbst bei sämtlichen Change-Management-Phasen bei Bedarf als Subject Matter Expert zur Verfügung stehen. Weiterhin sind sie für die Konzeption von Change Tools zuständig.54

Die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen ist strukturell im CoE HC verankert, welches auch die Schlüsselfunktion darstellt. Die OD&OE-Experten(-teams), die CM-Experten(-teams) sowie die SPOC stellen hierbei Schlüsselrollen dar.

[30]Das Run-and-change-the-business-Modell

Hintergrund des Run-and-change-the-business-Modells (kurz: Run-and-Change-Modell) ist es, dass sich die HR-Organisation kundenzentrierter und agiler aufstellen und sich stärker von Geschäftsanpassungen leiten lassen sollte, um einen Mehrwert für die Gesamtorganisation zu generieren. Anspruch des Modells ist es, dass HR zunehmend mit einem agilen, kundenzentrierten Anpassungspartner in Verbindung gebracht wird.55 Für den Aufbau von HR heißt das, dass neben stabilen Strukturen auch agile Strukturen in der HR-Organisation abgebildet werden.56 In diesem Zusammenhang wird von ambidextren57 Strukturen gesprochen. Dies führt zu einer klaren Rollen- und Funktionstrennung zwischen dem Tagesgeschäft (Run) und der Anpassung (Change). Aus der Kritik am klassischen Business-Partner-Modell im Hinblick auf die vielfältigen Anforderungen an den HR BP resultiert die Aufteilung von HR in vier differenzierte Rollen. Diese werden zum einen der Run-und Change-Dimension nach Charan58 und zum anderen der generisch validen Dimension Front End und Back End zugeordnet (Abbildung 3).59 Jochmann und Asgarian schlagen hierzu eine Aufteilung der ehemaligen HR BP-Rolle vor – in die HR-Partnerrolle mit Fokus auf der Führungskräftebetreuung, der PE und dem Talentmanagement sowie in die HR-Beraterrolle, welche in eine agile Einheit eingebettet ist.60 Die operative HR-Funktion (HR Operations), welche administrative Prozesse abbildet, muss nicht zwingend in die HR-Organisation eingebettet sein. Die Steuerung wird durch die Funktion HR-Strategie und Organisation (HR Strategy and Organisation) gewährleistet.61

Abb. 3: Das Run-and-Change-Rahmenmodell. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jochmann/Asgarian, 2017, S. 24. Anmerkung: Der HR-Digitalist ist ausschließlich für die HR-Anpassung zuständig, weshalb ihm keine Schlüsselrolle zugeschrieben wird.

[31]Der Ansatz ist als generisches Rahmenmodell für die HR-Organisation zu betrachten, welcher in der Ausgestaltung und Umsetzung individuell auf das entsprechende Unternehmen angepasst werden muss.62 Da im vorliegenden Beitrag der agile Kontext im Vordergrund steht, wird die Change-Dimension des Modells fokussiert, welche mit einem agil-projektbezogenen, cross-funktionalen Organisationsformat in Verbindung gebracht wird.63 In Bezug auf die Change-Dimension geht es um den Aufbau einer zweiten »Säule«, mit allen change-relevanten Themen: (HR-)Anpassung, OE und Kulturwandel.64

Die beiden Rollen, welche mit der Change Dimension assoziiert werden, sind der HR-Berater und der HR-Digitalist. Letzterer ist dafür zuständig, disruptiv aktuelle HR-Prozesse zu hinterfragen und Innovationsthemen wie Design Thinking in HR proaktiv voranzutreiben.65 Die HR-Beraterrolle kann in differenzierter Weise gestaltet und umgesetzt werden. Hierzu wird beispielhaft ein global tätiges High-Tech-Unternehmen mit 63.000 Mitarbeitenden herangezogen.66 Dieses hat sein ehemals statisches HR-Modell in ein flexibles, projektbasiertes Pool-Konzept überführt, in welchem HR-Verantwortliche je nach Bedarf mit HR-Talenten und -Führungskräften, jedoch auch cross-funktional, an innovativen Lösungen arbeiten. Hierbei wurde die klassische HR-BP-Rolle neu definiert und zweigeteilt: Neben dem traditionellen HR BP, der in engem Austausch mit der operativen Einheit und den HR-Experten als HR-Berater hinsichtlich der Planung und Umsetzung operativer Lösungen steht, wurde die Rolle des strategischen Anpassungsberaters eingeführt. Im Hinblick auf den Anspruch des Modells – dem Fokus auf der Unternehmensanpassung – ist der Anpassungspartner dezentral als Teil des Vorstandsbereichs der jeweiligen Businesseinheit angeordnet. Er ist somit direkt im Business angegliedert und fungiert dort als bereichsspezifischer Berater des Business in Bezug auf die Bewältigung strategischer Herausforderungen, wie sie z. B. Anpassungsprozesse darstellen.67

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen strukturell in der »Change-Säule« verankert ist, welche sich durch agile Strukturelemente kennzeichnet. Hier werden nicht nur Themen, welche die HR-Anpassung selbst [32]betreffen, vorangetrieben, sondern auch solche, die sich auf die gesamte Unternehmensanpassung beziehen. Die »Change-Säule« stellt die Schlüsselfunktion dar. Der strategische Anpassungsbegleiter, der im Business angegliedert ist, nimmt die Schlüsselrolle ein.

Das Agile Edgellence Modell

Hintergrund des Agile Edgellence Modells ist die Ausrichtung der HR-Organisation an den netzwerkartigen Organisationsstrukturen im agilen Kontext. Nach Fischer und Häusling ist es jedoch nicht nur entscheidend, dass die HR-Struktur der strukturellen Vorgabe der Organisation folgt, sondern eine ganzheitliche Anpassung der HR-Organisation an den agilen Reifegrad der Gesamtorganisation, auch im Hinblick auf die Dimensionen Strategie, Kultur, Prozesse, HR-Tools und Führung,68 stattfindet.69 Strukturell wird die HR-Organisation als eine dezentrale, netzwerkartige Organisation mit cross-funktionalen Teams als Teil des Netzwerkes charakterisiert. HR geht in Teilen zunehmend im Netzwerk der Gesamtorganisation auf und nimmt eine Broker-Funktion ein, indem es die Akteure, welche in einem Netzwerk70 Knoten darstellen, bestmöglich miteinander verbindet.71 Dies führt zu folgenden Grundfunktionen und Rollen, welche in Abbildung 4 visualisiert sind: dem Transformation Center (TC) mit den Rollen Transformation Enabler und Cultural Enabler, den dezentral im Business angegliederten HR BP in der Rolle als Business Enabler sowie dem SSC, wobei die Services entweder intern erbracht oder extern eingekauft werden. Hiermit geht die Rolle des Service Deliverer einher, welcher die transaktionalen HR-Themen verantwortet. Die Business Enabler sind in einer Community of Practice vernetzt. Eine Funktion für die HR-Steuerung wird im Rahmen des Modells nicht aufgeführt.72

[33]

Abb. 4: Das Agile Edgellence Modell. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fischer, 2018, S. 39. Anmerkung: Der Cultural Enabler ist primär für die Kulturentwicklung im TC zuständig, weshalb ihm keine Schlüsselrolle zukommt.

Die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen ist in dem Modell strukturell im TC verankert, welches für die ganzheitliche Unternehmensentwicklung und Anpassung zuständig ist. Im TC werden die Unternehmensentwicklung, die OE und die PE zusammengeführt. Hintergrund der Zusammenführung ist es, dass die Kunden- und Mitarbeiterzentrierung als Ziele einer agilen Organisation effektiver erreicht werden sollen. Das TC stellt zum einen Tools sowie Methodentrainings, v. a. zur Zusammenarbeit in Netzwerken, zur Verfügung und kann zum anderen selbst als Begleiter bei der Umsetzung von Anpassungen unterschiedlicher Geschäftsbereiche fungieren. Die Rolle des Transformation Enablers ist im Rahmen des TCs maßgeblich. Dieser arbeitet kontinuierlich an der Anpassung der Gesamtorganisation.73 Die Zusammenarbeit im TC erfolgt in cross-funktionalen Teams. Das TC ist nicht als isolierte, starre Einheit zu betrachten, sondern ist eine zentrale Schnittstelle zu anderen Geschäftsbereichen, mit welchen bei Bedarf kollaborativ zusammengearbeitet wird.74 Die Hauptverantwortung für die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen liegt also beim TC, welches sich durch eine starke Vernetzung mit anderen Geschäftsbereichen kennzeichnet.

[34]Das Transformational-HRM-Modell

Das Transformational-HRM-Modell stellt ein anpassungsfähiges HR-Organisationsmodell dar, welches eine starke Vernetzung mit dem Business und den HR-Kunden fördert.75 HR wird nach dem Modell als zentrale Komponente der Veränderung betrachtet76 und fungiert hierbei als proaktiver Mitgestalter der Organisation und Unternehmensentwickler.77 Strukturell führt dies zu einer schlanken HR-Organisation, wobei ein Teil des funktionalen, operativen HR dezentral in die Linienorganisation eingebaut ist. Hierdurch wird eine hohe Identifikation mit den Anforderungen im Business angestrebt.78 Neben den HR-Verantwortlichen dezentraler Einheiten in der Linie lassen sich fünf HR-Grundfunktionen ausmachen, die je nach Konzern flexibel auszugestalten sind79: das HR Governance Board als Steuerungseinheit mit dem HR-Leitungsteam und Schlüsselfunktionsinhabern (SFI), das Business Relationship Management sowie das Solution Center mit Experten für das funktionale HR, welche als Netzwerkpartner und -experten für die HR-Verantwortlichen in der Linie (funktionales, operatives HR) fungieren. Weiterhin zählen das HR-Servicecenter sowie das Entwicklungscenter zu den Grundfunktionen des Transformational-HRM-Modells. Letzteres nimmt einen beachtlichen Teil des Modells ein. Es setzt sich je nach Auftrag oder Projekt aus unterschiedlichen HR-Mitarbeitenden in den zentralen Einheiten, HR-Verantwortlichen in der Linie, SFIs sowie externen Experten und ggf. Endkunden flexibel neu zusammen. Das Entwicklungscenter wird als Scrum- oder Projektorganisation bezeichnet.80 Die Struktur der HR-Organisation gestaltet sich in Form eines Kreises, der sich dreht und sowohl das Business als auch weitere Stakeholder einbezieht. Die HR-Struktur ist auf stark wachsende Konzern- und Gruppenstrukturen ausgelegt.81

[35]

Abb. 5: Das Transformational-HRM-Modell. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bösch/Mölleney, 2018, S. 151.

Die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen ist in diesem Modell strukturell im Business Relationship Management verankert, welches eine zentrale Schnittstelle zum Business darstellt. Eine Schlüsselrolle nimmt hierbei der Business Relationship Manager ein, der partiell direkt im Business angegliedert ist. Er fungiert als strategischer Partner für die OE82 sowie die Personalplanung und -entwicklung. Seine Rolle wird ebenfalls mit einem proaktiven Gestalter von Beziehungen und Netzwerken assoziiert.83 Darüber hinaus stellt das Entwicklungscenter, welches sich durch flexible Projektstrukturen kennzeichnet, eine wichtige Funktion im Hinblick auf die Gestaltung und Begleitung von Anpassungen dar. Es ist für die Themen Innovation, HR-Anpassung sowie Anpassungen verantwortlich, die das Business betreffen.84

[36]2.1.2 Vergleich der vier aktuellen HR-Modelle

Als Basis für den Vergleich dienen die Gemeinsamkeiten der vier aktuellen HR-Modelle hinsichtlich der Gestaltung und Begleitung von Transformationen. Damit sollen möglichst übergreifende Kriterien zur Bewertung genutzt werden. Die Bedingung ist dabei so gesetzt, dass der gemeinsame Aspekt in mindestens drei der vier HR-Modelle vorhanden sein muss. Die Erfolgsfaktoren stellen eine Größe für die Strukturierung von HR im Hinblick auf die effektive Gestaltung und Begleitung von Anpassungen im agilen Kontext dar.

Im Vergleich der vier HR-Modelle ist auffällig, dass die HR-Schlüsselrollen, welche mit der Gestaltung und Begleitung von Anpassungen betraut sind, eng mit dem Business verknüpft sind. So stellen die SPOC, die CM-Experten sowie OD&OE-Experten der CAO eine zentrale Schnittstelle zum Business dar. Im Run-and-Change-Modell ist der strategische Anpassungsberater direkt im Business angegliedert. Das TC mit dem Anpassung Enabler des Agile Edgellence Modells stellt ebenfalls eine zentrale Schnittstelle zu vielen anderen Geschäftsbereichen dar und arbeitet eng mit diesen im Hinblick auf die Business-Anpassung zusammen. Auch der Business Relationship Manager des Transformational-HRM-Modells agiert je nach Ausgestaltung entweder als Schnittstelle zwischen dem Business und der HR Governance oder ist partiell direkt im Business angegliedert. Da die Nähe zum Business – in unterschiedlicher Ausprägung – als Gemeinsamkeit aller aktuellen HR-Modelle herausgestellt werden kann, wird diese als Erfolgsfaktor deklariert. Unter der Nähe zum Business wird die Nähe zum Management und den Führungskräften der verschiedenen Geschäftsbereiche verstanden.

Die Nähe zum Business geht in den Modellen oftmals mit dezentral angeordneten Schlüsselrollen einher. So ist der strategische Anpassungsberater des Run-and-Change-Ansatzes nicht zentralisiert bei HR, sondern dezentral im Business angeordnet. Der Anpassung Enabler ist in eine dezentrale HR-Organisation mit cross-funktionalen Teams eingebettet. Der Business Relationship Manager ist hingegen sowohl zentral innerhalb von HR als auch dezentral im Business angeordnet. Da dezentrale Aspekte in differenzierter Weise (Tabelle 1) in drei der vier Modelle zu finden sind, wird die Dezentralität als weiterer Faktor charakterisiert. Sie bezeichnet die dezentrale Anordnung der HR-Schlüsselrollen.

»HR kann als Silo nicht mehr erfolgreich funktionieren.«85 Gemäß dieser Auffassung von Fischer und Häusling zeigen drei der vier aktuellen HR-Organisationsmodelle vernetzte, cross-funktionale Strukturen auf. Ein cross-funktionales Format ist im Run-and-Change-Ansatz aufseiten der »Change-Säule« zu finden. Die Vernetzung ist im Agile Edgellence Modell durch die Netzwerkstruktur bereits in der Strukturlogik [37]verankert. Zum einen findet innerhalb des TCs eine Vernetzung statt, indem die UE, OE und PE hierin cross-funktional bearbeitet werden. Zum anderen arbeitet das TC kollaborativ mit Funktionen außerhalb des TCs zusammen. Auch der Business Relationship Manager des Transformational-HRM-Modells, dessen Rolle als proaktiver Netzwerker und Gestalter von Beziehungen bezeichnet wird, arbeitet im Entwicklungscenter mit verschiedenen Funktionen außerhalb von HR zusammen. Die cross-funktionale Vernetzung als Gemeinsamkeit von drei der vier Modelle wird somit als ein weiterer Erfolgsfaktor festgehalten. Die cross-funktionale Vernetzung bezeichnet die Vernetzung der HR-Schlüsselfunktionen und -rollen mit Funktionsbereichen außerhalb von HR.

Die cross-funktionale Vernetzung geht in den Modellen zum Großteil mit flexiblen Strukturen einher. So wird sowohl die »Change-Säule« des Run-and-Change-Ansatzes als auch das Entwicklungscenter des Transformational-HRM-Modells mit einer flexiblen Projektorganisation assoziiert. Dies bedeutet, dass je nach Projektauftrag unterschiedliche Personen, aus dem HR- und Nicht-HR-Bereich, involviert und aktiv sind. Auch im TC sind keine starren Strukturen erkennbar, sondern flexible Strukturen ermöglichen die Zusammenarbeit unterschiedlicher Funktionen. Da flexible (Projekt-) Strukturen in drei der vier Modelle wiedergefunden werden können, stellen diese ebenfalls einen Erfolgsfaktor dar. Flexible (Projekt-)Strukturen beziehen sich auf flexible, projektbasierte Strukturen, durch welche die cross-funktionale Zusammenarbeit gefördert wird.

Zudem ist im Vergleich der Modelle erkennbar, dass die Personalplanung und/oder -entwicklung (PP&PE) und die OE miteinander verknüpft sind. So stehen der SPOC, welcher die OE verantwortet, sowie der Agility Manager, welcher das Workforce-Management86 verantwortet (CAO), in engem Austausch miteinander. Im TC des Agile Edgellence Modells werden OE und PE vereint. Auch im Transformational-HRM-Modell wird der Business Relationship Manager als strategischer Partner für die PP&PE sowie OE angesehen. Da die Verknüpfung von PE und OE in drei der vier Modelle erkennbar ist, wird diese als letzter Erfolgsfaktor charakterisiert.

Im Hinblick auf die Erfolgsfaktoren ist festzuhalten, dass sowohl die cross-funktionale Vernetzung87, die Dezentralität88 sowie flexible Strukturen89 agile Aspekte darstellen. Die Analyse lässt darauf schließen, dass die Strukturierung der HR-Organisation unter Berücksichtigung dieser Aspekte, der Verknüpfung von PE und OE sowie der Nähe zum [38]Business – im Hinblick auf die effektive Gestaltung und Begleitung von Anpassungen – wirksam ist.

2.1.3 Bewertung der vier aktuellen HR-Modelle

Die Vorgehensweise zur Bewertung der Erfolgsfaktoren lehnt sich an die Vorgehensweise von Bösch und Mölleney zur Ableitung des Transformational-HRM-Modells auf Basis der Analyse von diversen HR-Referenzmodellen an.90 Dabei wird das Modell ermittelt, welches die bei dem Vergleich entwickelten Dimensionen am besten abdeckt. Um die Bewertung nachvollziehen zu können, sind die Dimensionen anhand ihrer Ausprägungen definiert: (++), (+), (–), (––). Die Gesamtbeurteilung erfolgt hierbei nach Punkten (+ + ≙ 2 Punkten, + ≙ 1 Punkt, – ≙ – 1 Punkt, –– ≙ – 2 Punkten). Eine Bewertung der Erfolgsfaktoren von mindestens vier Punkten, was mindestens der Hälfte der maximalen Punktzahl entspricht, wird als relevant eingestuft. Eine Bewertung unter vier Punkten wird als marginal eingestuft. Die maximale Punktzahl, die ein Modell erreichen kann, beträgt zehn Punkte.

Bei der Dimension Nähe zum Business wird bewertet, ob HR direkt im Business angegliedert (++) oder vom Business losgelöst ist (––). Die Dezentralität wird auf Basis der Verankerung von HR von dezentral (++) bis zentral (––) bewertet. Bei der cross-funktionalen Vernetzung wird bewertet, ob HR mit Funktionen außerhalb vom HR strukturell hoch ausgeprägt (++) oder nur sehr gering (––) vernetzt ist. Auch die (Projekt-)Strukturen in HR werden nach dem Grad der Flexibilität von hoch flexibel (++) bis hoch unflexibel (––) bewertet. Und bei der Dimension Verknüpfung von PE und OE wird schließlich bewertet, ob die beiden Funktionen miteinander vereint (++) oder voneinander losgelöst (––) sind.91

Die Bewertung der Gesamtmodelle zeigt, dass das Agile Edgellence Modell, dicht gefolgt vom Transformational-HRM-Modell und dem Run-and-Change-Ansatz, die Erfolgsfaktoren am besten abdeckt (Tabelle 1). Um die höchste Bewertung von zehn Punkten zu erreichen, ist eine Kombination des Agile Edgellence Modells bzw. des Transformational-HRM-Modells mit dem Run-and-Change-Ansatz erforderlich (Tabelle 1). Auffällig ist, dass die CAO als Modell im agilen Kontext lediglich eine negative Bilanz erzielen kann. Dieses Modell scheint folglich nicht als HR-Modell zur effektiven Gestaltung und Begleitung von Anpassungen im agilen Kontext geeignet zu sein.

[39]CAORun and ChangeAgile EdgellenceTransformational HRMNähe zum Business+++++5 PunkteDezentralität–+++++4 PunkteCross-funktionale Vernetzung–++++++5 PunkteFlexible (Projekt-) Strukturen–++++++5 PunktePE&OE+k. A.++++5 Punkte–1 Punkt8 Punkte9 Punkte8 Punkte

Tabelle 1: Bewertung der HR-Referenzmodelle anhand der Erfolgsfaktoren. Quelle: Eigene Darstellung. Anmerkung: Zum Erfolgsfaktor PE&OE ist in Bezug auf den Run-and-Change-Ansatz keine Angabe möglich.

Die vergleichende Bewertung der aktuellen HR-Modelle zeigt, dass kein Modell vollständig die Bedarfe im agilen Kontext erfüllt. Eine Kombination mehrerer Modelle ist erforderlich, um die Erfolgsfaktoren, Nähe zum Business, cross-funktionale Vernetzung, Dezentralität, flexible (Projekt-)Strukturen sowie die Verknüpfung von PE&OE vollständig abzudecken. Erfolgversprechend scheint eine Kombination des Runand-Change-Ansatzes mit dem Agile Edgellence Modell bzw. dem Transformational-HRM-Modell zu sein. Zwei HR-Rollen sind im Hinblick auf die erfolgreiche Begleitung und Gestaltung von Anpassungen notwendig: eine ausführende Rolle, die direkt im Business angegliedert ist, sowie eine konzeptionelle HR-Rolle, die in eine flexible HR-Funktion eingebettet ist.

Übergeordnet können als Ergebnis dieser kurzen Analyse bestehender und zukünftiger HR-Modelle folgende Erkenntnisse festgehalten werden:

Kein HR-Modell genügt vollständig den zukünftigen Anforderungen, die durch die Anpassung an die steigende Komplexität entstanden sind.Die Dreidimensionalität der HR-Struktur durch Implementierung einzelner Netzwerkelemente nimmt an Bedeutung zu.HR muss sich in seiner eigenen Strukturierung sowie der Gestaltung der eigenen HR-Wertschöpfungsbeiträge an die vorhandene Komplexität des Unternehmens anpassen. Steigt die Komplexität im Unternehmen, steigt auch die Komplexität von HR. So ist eine neue (andere) Form der Professionalisierung von HR erforderlich.

Im Folgenden wird nun betrachtet, ob sich dieses Bild noch verändert, wenn Transformationsmodelle hinsichtlich ihres möglichen Beitrags für ein allgemein gültiges HR-Modell im agilen Kontext betrachtet werden.

[40]2.2 Vergleichende Bewertung aktueller Transformationsmodelle

Transformationen werden zur Anpassung an veränderte Bedingungen immer wichtiger, um die Überlebensfähigkeit von Organisationen in einem komplexen, dynamischen Umfeld sicherzustellen. Entsprechend gewinnt auch das Transformationsmanagement immer mehr an Bedeutung.92 Die gestiegene Komplexität und Dynamik der Um- sowie Inwelten von Unternehmen führen auch dazu, dass grundlegend veränderte Anforderungen an das Transformationsmanagement gelten. Somit kann auch die traditionelle Organisationsentwicklung infrage gestellt werden.93 Konzepte der organisationalen Transformation bzw. der transorganisationalen Entwicklung rücken so in den Vordergrund. In Anbetracht dieser neuen Herausforderungen wird der Umgang mit Transformationen zur Kernkompetenz jeder Organisation.94

2.2.1 Darstellung aktueller Transformationsmodelle im agilen Kontext

In der Literatur zu Transformationen lassen sich eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle finden. Dabei werden je nach Modell verschiedene Erfolgsfaktoren95 für das Gelingen von Veränderungen beschrieben. Für die nachfolgende Analyse werden insgesamt sechs ausgewählte Modelle zu Transformationen96 detailliert miteinander verglichen. Diese sechs Modelle zeichnet aus, dass sie Transformationen aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Zum einen gibt es Modelle der klassischen Organisationsentwicklung, die in ihrer Entstehung vor der Herausforderung gestiegener Agilitätsbedarfe zu datieren sind. Diese Modelle haben sich im klassischen Kontext der komplizierten Welt durchaus als wirksam erwiesen und werden deshalb hier auch weiter betrachtet. Dann gibt es neuere Transformationsmodelle, die sich explizit mit agilen Transformationen befassen und entsprechende Schwerpunkte setzen. Und schließlich werden Modelle herangezogen, die sich mit der Entwicklung von Netzwerken befassen, was gerade vor dem Hintergrund der geforderten Netzwerkbildung in agilen Unternehmen eine besondere Relevanz hat. Aus diesen drei Perspektiven (klassisch, agil und Netzwerk) werden jeweils zwei zentrale Modelle ausgewählt und hier kurz beschrieben.

[41]Die erste, »klassische« Perspektive stellen Modelle der Organisationsentwicklung zur Bewältigung des Wandels erster Ordnung in der komplizierten Welt dar (vgl. Kapitel 1), bei denen Erfolgsfaktoren aus der klassischen Change-Literatur herangezogen wurden. Einmal handelt es sich um das aus der Praxis abgeleitete Modell von Kotter97 und zum anderen um das wissenschaftlich fundierte Modell von Haken und Schiepek98. Bei Kotters »Acht Stufen der Veränderung« geht es darum, ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen, eine Führungskoalition zu etablieren, eine Vision99 und Strategie zu entwickeln, die Vision zu kommunizieren, Mitarbeitende zur Umsetzung zu befähigen, kurzfristige Erfolge zu garantieren und sichtbar zu machen, die Veränderung voranzutreiben und schließlich die Veränderungen in der Kultur zu verankern. Die generischen Prinzipien von Haken und Schiepek wiederum sehen vor, zunächst Stabilitätsbedingungen zu schaffen, bestehende Muster und Systeme zu identifizieren, einen Sinnbezug herzustellen, Kontrollparameter zu identifizieren und eine Energetisierung zu erzielen, um zu destabilisieren, zu synchronisieren, gezielte Symmetriebrechung zu ermöglichen und schließlich wieder zu re-stabilisieren.

Das Konzept der Organisationalen Transformation nimmt aufgrund des Wandels zweiter Ordnung in der komplexen Welt eine erweiterte, agile Sicht auf Veränderungen ein (vgl. Kapitel 1). Ihre Erfolgsfaktoren lassen sich anhand zweier praktischer Modelle zur agilen Transformation beleuchten.100