Diabetes mellitus im höheren Lebensalter -  - E-Book

Diabetes mellitus im höheren Lebensalter E-Book

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Beschreibung

Die Prävalenz des Diabetes beträgt bei Über-80-Jährigen mehr als 30 %. Bei der Festlegung der Therapieziele bei älteren Menschen mit Diabetes müssen die individuellen Kompetenzen sowie das soziale Umfeld berücksichtigt werden. Depression, Demenz und Frailty können die Therapie darüber hinaus erheblich beeinflussen. Zudem sind im hohen Lebensalter Besonderheiten zu beachten, um Multimedikation und Nebenwirkungen zu vermeiden. Dieser Band gibt einen prägnanten Überblick über die Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle älterer Patienten mit Diabetes, veranschaulicht durch Fallbeispiele. Dabei werden Aspekte der Altersmedizin wie Behandlungsstrategien im Kontext der Multimorbidität berücksichtigt.

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Contents

Cover

Titelei

Herausgeberin und Herausgeber

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Vorwort zur Reihe

1 Einführung

1.1 Der geriatrische Patient mit Diabetes

1.1.1 Besonderheiten bei Diagnosestellung und Symptome des Diabetes im hohen Lebensalter

1.1.2 Geriatrische Syndrome und Diabetes

1.2 Begleit- und Folgeerkrankungen

1.2.1 Retinopathie

1.2.2 Diabetestherapie bei geriatrischen Patienten mit Niereninsuffizienz

1.2.3 Diabetische Polyneuropathie, pAVK und das diabetische Fußsyndrom

1.2.4 Osteoporose

1.2.5 Kardiovaskuläre Folgeerkrankungen: Koronare Herzerkrankung mit akutem Koronarsyndrom, arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern und Prävention von Schlaganfällen

2 Therapie des Diabetes im Alter

2.1 Individuelle Therapieziele

Literatur

2.2 Medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapie

2.2.1 Ernährung und Bewegung

2.2.2 Orale Antidiabetika

2.2.3 Insuline

2.2.4 Inkretine

2.3 Schulungsprogramme für ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes

2.3.1 Didaktische Besonderheiten

2.3.2 Inhaltliche Besonderheiten

Literatur

2.4 Geriatrisches Assessment bei Diabetes

2.4.1 Kognition

2.4.2 Bewegung

2.4.3 Ernährung

2.4.4 Depression/Affekt

2.4.5 Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL)

Literatur

2.5 Telemedizin in der Diabetologie

2.5.1 Definition und Bedeutung

2.5.2 Voraussetzungen

2.5.3 Anwendungen

Literatur

3 Besondere Situationen bei Diabetes im hohen Lebensalter – Das ist im Alter anders

3.1 Hypoglykämien

3.1.1 Klinische Veränderungen im Alter

3.1.2 Häufigkeit von Hypoglykämien

3.1.3 Kardiale Komplikationen durch Hypoglykämien

3.1.4 Hypoglykämie-Effekte auf kognitive Funktionen

3.1.5 Stürze und Frakturen

3.1.6 Therapeutische Konsequenzen

Literatur

3.2 Hyperglykämie

Literatur

3.3 Typ-1-Diabetes mellitus im Alter

Literatur

3.4 Sarkopenie und Frailty

3.4.1 Sarkopenie

3.4.2 Frailty

3.4.3 Therapie des Diabetes mellitus bei Frailty und Sarkopenie

3.4.4 Sarkopenie, Frailty und körperliches Training

3.4.5 Fazit

Literatur

3.5 Depressionen bei Diabetes

3.5.1 Epidemiologie

3.5.2 Wechselwirkung zwischen Diabetes und Depression

3.5.3 Screening und Diagnostik

3.5.4 Therapie

3.5.5 Empfehlungen für die Praxis

Literatur

3.6 Kognitive Störungen und Demenz

3.6.1 Definition und Epidemiologie

3.6.2 Diabetesspezifische Risikofaktoren

3.6.3 Screening und Diagnostik

3.6.4 Prävention von Demenz

3.6.5 Behandlung des Diabetes bei Demenz

3.6.6 Kernaussagen

Literatur

3.7 Psychologische Aspekte

Literatur

3.8 Sondenkost bei Diabetes und Schluckstörungen

Literatur

3.9 Multimedikation

Literatur

3.10 Palliative Therapie

Literatur

4 Diabetes mellitus in der ambulanten und stationären Langzeitpflege

4.1 Pflege von älteren Menschen mit Diabetes

4.1.1 Eine »gemeinsame Sprache« sprechen

4.1.2 Informationsaustausch systematisieren und strukturieren

4.1.3 Rechtlichen Verpflichtungen innerhalb der Kooperation einhalten

4.1.4 Beratungs- und Schulungsinhalte abstimmen

Literatur

4.2 Diabetes-Pflegefachkraft in der Versorgung älterer Menschen mit Diabetes

4.2.1 Der Beitrag ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen in der Diabetesversorgung

4.2.2 Voraussetzungen einer gelingenden interdisziplinären Zusammenarbeit

Literatur

4.3 Aufbau eines Versorgungsnetzwerkes

Literatur

5 Weiterführende Leitlinien und Empfehlungen

Stichwortregister

Altersmedizin in der Praxis

Herausgegeben von Johannes Pantel und Rupert Püllen

Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:

https://shop.kohlhammer.de/altersmedizin-reihe

Die Reihenherausgeber

Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Pantel ist Leiter des Arbeitsbereichs Altersmedizin mit Schwerpunkt Psychogeriatrie und klinischer Gerontologie am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Zuvor war er viele Jahre in leitenden klinischen Funktionen an den Universitätskliniken Heidelberg und Frankfurt am Main tätig. Er ist Mitbegründer und stellvertretender Vorstandssprecher des Frankfurter Forums für Interdisziplinäre Alternsforschung (FFIA). Als Autor und Herausgeber publizierte er über 20 einschlägige Sach- und Fachbücher und ist Co-Chief-Editor der Zeitschrift »GeroPsych – The Journal of Gerontopsychology and Geriatric Psychiatry«.

PD Dr. med. Rupert Püllen ist Chefarzt der Medizinisch-Geriatrischen Klinik am AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS in Frankfurt am Main. Er ist an der Goethe-Universität Frankfurt zuständig für den Querschnittsbereich Medizin des Alterns und des alten Menschen und darüber hinaus Honorarprofessor an der Universität Pecs. Als ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie ist er jetzt Vertreter im Fullboard der European Geriatric Medicine Society (EuGMS) sowie Mitherausgeber der »Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie«.

Anke BahrmannJürgen Wernecke (Hrsg.)

Diabetes mellitus im höheren Lebensalter

Diagnostik, Therapie und Versorgung

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten verändern sich ständig. Verlag und Autoren tragen dafür Sorge, dass alle gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung hierfür kann jedoch nicht übernommen werden. Es empfiehlt sich, die Angaben anhand des Beipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

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1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-034190-6

E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-034191-3epub:ISBN 978-3-17-034192-0

Herausgeberin und Herausgeber

Priv.-Doz. Dr. med. Anke Bahrmann ist Oberärztin am Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Kardiologie. Sie ist Vorsitzende der AG Geriatrie und Pflege der DDG.

Dr. med. Jürgen Wernecke ist Chefarzt im AGAPLESION Diakonieklinikum in Hamburg. Er ist stellvertretender Vorsitzender der AG Geriatrie und Pflege der DDG.

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Anke Bahrmann, Priv.-Doz. Dr. med.Klinik für Kardiologie, Angiologie, PneumologieUniversitätsklinikum HeidelbergIm Neuenheimer Feld 41069120 HeidelbergE-Mail: [email protected]

Philipp Bahrmann, Priv.-Doz. Dr. med.Klinik für Kardiologie, Angiologie, PneumologieUniversitätsklinikum HeidelbergIm Neuenheimer Feld 41069120 HeidelbergE-Mail: [email protected]

Jürgen Bauer, Prof. Dr. med.Geriatrisches Zentrum der Universität HeidelbergAgaplesion Bethanien Krankenhaus HeidelbergRohrbacher Str. 14969126 HeidelbergE-Mail: [email protected]

Marcus Blum, Prof. Dr. med.Helios Klinikum ErfurtKlinik für AugenheilkundeNordhäuser Str. 7499089 ErfurtE-Mail: [email protected]

Susan Clever, Dipl.-Psych.Diabetes Praxis BlankeneseBlankeneser Bahnhofstrasse 2322587 HamburgE-Mail: [email protected]

Jennifer Grammes, Dipl.-Psych.Psychologisches InstitutJohannes Gutenberg-Universität MainzBinger Str. 14 – 1655122 MainzE-Mail: [email protected]

Susanne Grundke, Prof. Dr. phil.Studiengangsleitung Pflegewissenschaft/Klinische PflegeErnst-Abbe-Hochschule JenaCarl-Zeiss-Promenade 207745 JenaE-Mail: [email protected]

Katja HodeckInstitut für Innovatives Gesundheitsmanagement (IIGM) GmbHData Experts GmbHAllee der Kosmonauten 33 g12681 BerlinE-Mail: [email protected]

Werner Kern, Prof. Dr. med.Medizinisches Versorgungszentrum Endokrinologikum UlmKeltergasse 189073 Ulm

Michael Krichbaum, Dipl.-Psych.FIDAM GmbHForschungsinstitut Diabetes-Akademie Bad MergentheimTheodor-Klotzbücher-Str. 1297980 Bad MergentheimE-Mail: [email protected]

Thomas Kubiak, Prof. Dr. phil., Dipl.-Psych.Psychologisches InstitutJohannes Gutenberg-Universität MainzBinger Str. 14 – 1655122 MainzE-Mail: [email protected]

Thomas Neumann, Priv.-Doz. Dr. med.Kantonsspital St. GallenKlinik für RheumatologieRorschacher Str. 95CH – 9007 St. GallenE-Mail: [email protected]

Ralf Schiel, Prof. Dr. med.MEDIGREIF Inselklinik Heringsdorf GmbHSetheweg 1117424 Seebad HeringsdorfE-Mail: [email protected]

Günter Stein, Prof. Dr. med.ehem. Direktor der Klinik für Innere Medizin IIIUniversitätsklinikum JenaFriedrich-Schiller-Universität JenaKastanienstraße 107747 Jena

Antje Steveling, Dr. med.Klinik und Poliklinik für Innere Medizin AUniversitätsmedizin GreifswaldFerdinand-Sauerbruch-Straße17475 GreifswaldE-Mail: [email protected]

Michael UhligLeiter des Arbeitskreises Telematik und TelemedizinAG Geriatrie und Pflege der Deutschen Diabetes GesellschaftManagement- und Organisationsberatercontec GmbHInnovationsZentrum GesundheitswirtschaftGesundheitscampus-Süd 29 |44801 BochumE-Mail: [email protected]

Jürgen Wernecke, Dr. med.Chefarzt der Medizinisch Geriatrischen Klinik und Klinik für DiabetologieAGAPLESIOIN Diakonieklinikum HamburgHohe Weide 1720259 HamburgE-Mail: [email protected]

Andrej Zeyfang, Priv.-Doz. Dr. medMedius-Klinik Ostfildern-RuitKlinik für Innere Medizin, Altersmedizin und DiabetologieHedelfinger Straße 16673760 Ostfildern-RuitE-Mail: [email protected]

Vorwort zur Reihe

Altersmedizin dient dem älteren Patienten, indem sie wie kein zweites Fach seine Besonderheiten und Bedürfnisse ganzheitlich in den Blick nimmt. Sie ist aber auch vielseitig, spannend und effektiv.

Dies anhand ausgewählter Handlungsfelder deutlich zu machen, ist ein wichtiges Anliegen der Reihe »Altersmedizin in der Praxis«. Das wichtigste Ziel ist es jedoch, das auch in der Altersmedizin exponentiell anwachsende Wissen für den Versorgungsalltag kompakt und praxisnah aufzubereiten.

Doch braucht man dazu heute noch Bücher? Haben nicht Internet und Zeitschriften das Buch längst abgelöst, weil sie häufig einen rascheren Zugriff auf manchmal schnell veraltendes Fachwissen erlauben? Das mag in einzelnen Bereichen und zu manchen Fragestellungen zutreffen; doch wer sich vertieft mit einem Thema auseinandersetzen möchte, wer nicht nur Fachinformationen, sondern auch ausgewogene Bewertungen sucht, wer sich durch einen erfahrenen Autor fundiert in ein Thema hineinführen lassen möchte, der greift besser zu einem Buch. Nicht zuletzt bieten Bücher eher Sponsor-unabhängige Informationen als kostenlos zugängige Publikationen.

Die Reihe »Altersmedizin in der Praxis« erhebt nicht den Anspruch, das weite und wachsende Gebiet der Altersmedizin vollständig darzustellen. Es geht vielmehr darum, einzelne für die altersmedizinische Praxis wichtige Themen aufzuarbeiten und in einer didaktisch gut aufbereiteten Form auf dem neuesten Wissensstand zu präsentieren.

An wen richtet sich die Reihe? Natürlich in erster Linie an Ärzte jeglicher Fachrichtung, die regelmäßig ältere Patienten in der Praxis, dem Krankenhaus oder in einem anderen Kontext betreuen. Die Bücher richten sich ebenfalls an Ärzte in Weiterbildung und an Studenten, aber auch an andere Professionelle des Gesundheitswesens, die Umgang mit älteren Patienten haben. Die einzelnen Bände können dabei sowohl als fundierte Einführungen und Übersichten zu den jeweiligen Themen gelesen werden als auch als kompakte Nachschlagewerke für den Einsatz in der täglichen Praxis dienen.

Die Herausgeber

Johannes Pantel und Rupert Püllen

1 Einführung

1.1 Der geriatrische Patient mit Diabetes

1.1.1 Besonderheiten bei Diagnosestellung und Symptome des Diabetes im hohen Lebensalter

Anke Bahrmann

Geriatrische Patienten1 sind Menschen, die ein höheres Lebensalter (meist 70 Jahre oder älter) und eine geratrietypische Multimorbidität aufweisen. Zudem werden alle Menschen über 80 Jahre als geriatrische Patienten definiert, da diese alterstypisch eine erhöhte Vulnerabilität aufweisen: z. B. für das Auftreten von Komplikationen und Folgeerkrankungen, die Gefahr der Chronifizierung sowie das Risiko eines Verlustes der Autonomie mit Verschlechterung des Selbsthilfestatus. Diese Patientengruppe weist einen hohen Grad an Gebrechlichkeit und Multimorbidität auf und erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Im Alter können sich Krankheiten mit einem veränderten Erscheinungsbild präsentieren und sind daher häufig schwer zu diagnostizieren.

Grundsätzlich sind die diagnostischen Kriterien für Diabetes im Alter nicht anders als bei jüngeren Patienten. Es gelten also die WHO-Kriterien:

Nüchtern-Plasma-Glukose ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l)

Zufalls-Plasma-Glukose ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l) mit diabetestypischen Symptomen HbA1c ≥ 6,5 % (48 mmol/mol).

75-g-oraler-Glukosetoleranztest (OGTT) mit einer Nüchtern-Plasma-Glukose ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l) oder einem 2-Stunden-Wert ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l).

Für die Durchführung des OGTT bei älteren Menschen wird in der S2k-Leitlinie Diabetes mellitus im Alter der DDG (Bahrmann et al. 2018) keine Empfehlung ausgesprochen, da die unerwünschten Nebenwirkungen beträchtlich sind. Eine signifikante Verbesserung klinischer Endpunkte konnte bislang durch Diabetes-Screenings nicht klar belegt werden.

Für die funktionell wenig eingeschränkten Patienten (»funktionell unabhängige Patienten«) empfehlen wir aus pragmatischen Gründen nach § 25 SGB V ein Screening-Intervall von drei Jahren (Vorsorge-Check-up 35).

Für eine differenzierte Therapieplanung sollten ältere Menschen mit Diabetes in folgende funktionelle Gruppen eingeteilt werden (Bahrmann et al. 2018):

Funktionell unabhängig: Ältere Menschen mit Diabetes und gutem funktionellen Status. Patienten mit wenig Komorbidität, allenfalls geringer kognitiver Einschränkung und guten Kompensationsmöglichkeiten.

Funktionell leicht abhängig: Ältere Menschen mit Diabetes und eingeschränktem funktionellen Status. Patienten mit Multimorbidität, funktionellen und kognitiven Einschränkungen sowie geriatrischen Syndromen.

Funktionell stark abhängig: Ältere Menschen mit Diabetes und extrem eingeschränktem funktionellen Status oder terminal erkrankte Menschen. Patienten mit Multimorbidität, geriatrischen Symptomen, ausgeprägten funktionellen und kognitiven Einschränkungen und Vorliegen von Erkrankungen mit limitierter Lebensprognose, z. B. terminale Herz-‍, Nieren- oder maligne Erkrankungen.

Menschen, die sich in der unmittelbaren Sterbephase befinden.

Im hohen Lebensalter beginnt der Typ-2-Diabetes häufig mit unspezifischen Beschwerden wie Schwindel, Konzentrationsschwäche, erhöhte Infektanfälligkeit oder Sehstörungen (siehe folgenden Infokasten). Typische Symptome wie Polyurie (vermehrtes Wasserlassen) und Polydipsie (Durstgefühl) treten seltener auf, da das Durstgefühl bei älteren Menschen verringert ist und auch der Schwellenwert für die Glukoseausscheidung über die Niere erhöht sein kann. Treten eine ausgeprägte Polyurie, Polydyspie und Gewichtsverlust im hohen Lebensalter bei Manifestation eines Diabetes auf, sollte auch an die Manifestation eines Typ-1-Diabetes mellitus/LADA gedacht werden. Der LADA (Latent Autoimmune Diabetes in Adults) ist mit einem langsameren Verlust der Betazellfunktion verbunden. Beim LADA ist ein rasches Versagen oraler Antidiabetika zu erwarten. Bei Verdacht auf LADA wird die Bestimmung von Diabetes-typischen Autoantikörpern (Inselzell-‍, GAD-‍, IA-2-Antikörper) empfohlen. Es sind auch einige Manifestationen eines autoimmunen Diabetes bei über 90-Jährigen bekannt.

Symptome des Diabetes im höheren Lebensalter (BÄK 2021)

Häufige Symptome:

Schwindel, Sturzneigung

Konzentrationsschwäche

Sehstörungen

Flüssigkeitsverlust, trockene Haut, Juckreiz, Austrocknung (Exsikkose) mit Kollapsneigung und Verwirrtheit

Müdigkeit, Schwäche

Erhöhte Infektanfälligkeit

Wundheilungsstörungen

Depressive Verstimmung

Symptome durch Folgeerkrankungen, z. B. Kribbelgefühl der Beine durch diabetische Polyneuropathie

Verschlechterung einer bestehenden Harninkontinenz

Seltenere Symptome:

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie)

Vermehrtes Durstgefühl (Polydipsie)

Bei Neuauftreten von kognitiven Störungen oder auch Akuterkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sollte das Vorliegen eines Diabetes mellitus in Betracht gezogen werden und eine entsprechende Diagnostik erfolgen. Anlassbezogene Blutglukosekontrollen sollten durchgeführt werden, wenn z. B. blutglukoseerhöhende Medikamente wie Kortison eingesetzt werden.

Merke

Geriatrische Patienten sind Menschen, die ein höheres Lebensalter (meist 70 Jahre oder älter) und eine geratrietypische Multimorbidität aufweisen, zudem alle Menschen über 80 Jahre. Im hohen Lebensalter beginnt der Typ-2-Diabetes häufig mit unspezifischen Beschwerden wie Schwindel, Konzentrationsschwäche, erhöhte Infektanfälligkeit oder Sehstörungen. Grundsätzlich sind die diagnostischen Kriterien für Diabetes im Alter nicht anders als bei jüngeren Patienten. Es gelten also die WHO-Kriterien. Eine differenzierte Therapieplanung sollte nach Funktionalität und im Hinblick auf die Multimorbidität des Betroffenen erfolgen.

Literatur

Bahrmann A et al. S2k- Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter. AWMF-Register-Nr.: 057 – 017, Diabetologie und Stoffwechsel 2018; 13:423 – 492.

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes – Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021

Hodeck K, Bahrmann A. Pflegewissen Diabetes. Springer Verlag, Heidelberg, 2014

1.1.2 Geriatrische Syndrome und Diabetes

Jürgen Wernecke

Geriatrische Syndrome charakterisieren typische Funktionseinschränkungen geriatrischer Patienten. Patienten mit Diabetes im Alter sind davon in der Regel stärker betroffen als ältere Patienten ohne Diabetes.

1.1.2.1 Frailty und Sarkopenie

Frailty, das Syndrom der Gebrechlichkeit, und Sarkopenie sind geriatrische Syndrome, die erhebliche Überlappungen zeigen: Frailty mit den wesentlichen Charakteristika Mangelernährung und insbesondere Sarkopenie wurde in den letzten Jahren vermehrt untersucht. Allerdings ist die Zahl randomisiert-kontrollierter Studien begrenzt. Unter verschiedenen Definitionsversuchen hat sich die Minderung von Muskelfunktion und Kraft, gemessen z. B. an Gehgeschwindigkeit und Handkraft, durchgesetzt (Rockwood et al. 2005). Neben den beschriebenen organischen Defiziten wird dem Frailty-Syndrom aber zunehmend auch eine psychosoziale Dimension im Sinne von höherer psychischer und sozialer Verletzbarkeit zugeordnet (Bergman et al. 2007). Auffällig ist die starke Korrelation des Frailty-Syndroms mit erhöhter Mortalität (Vetrano et al. 2014). In der Gruppe der über 65-Jährigen rechnet man mit einer Häufigkeit von etwa 5 – 10 %. Dabei erscheint Diabetes als eigenständiger Risikofaktor durch eine verschlechterte muskuläre Funktion und daher wesentlich höherem Risiko für ein Frailty-Syndrom (Vetrano et al. 2014). Dieses zusätzliche Risiko bei Diabetes wird als Folge einer muskulären Schädigung durch erhöhte Blutzuckerspiegel, chronische Inflammation, Insulinresistenz und noch unbekannten genetischen Faktoren, die bei Diabetes gehäuft vorkommen, interpretiert. Neben den in den letzten Jahren nachgewiesenen deutlich positiven Auswirkungen einer Bewegungstherapie mit Krafttraining (Pariser et al. 2014, Bendayan et al. 2014) auf dem Boden einer ausreichenden kalorischen und Eiweiß-reichen Ernährung (Bauer et al. 2013) klingen erste Ergebnisse von Antikörperstudien zum gesteigerten Muskelaufbau interessant (Rooks et al. 2017).

Merke

Frailty (Gebrechlichkeit) ist eine multifaktorielle Funktionseinschränkung, die mit einer erhöhten psychosozialen Verletzbarkeit, den Charakteristika von Sarkopenie und Mangelernährung sowie einer erhöhten Mortalität einhergeht.

1.1.2.2 Demenz

Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 im Alter zeigen gegenüber Kontrollpersonen ohne Diabetes ein ungefähr doppelt so hohes Risiko für eine demenzielle Entwicklung. Wahrscheinlich gilt die gleiche Häufung auch für einen Diabetes mellitus Typ 1 (Whitmer 2015). Störungen von Gedächtnis, Handlungsplanung, -ausführung und -steuerung, sowie Psychomotorik und Aufmerksamkeit steigern das Risiko von Behandlungsfehlern in der Selbsttherapie des Diabetes, können die Stoffwechseleinstellung deutlich verschlechtern und Patienten gefährden (Sinclair 2006). Insbesondere schwere Hypoglykämien erhöhen das Folgerisiko für Sturzverletzungen, maligne Herzrhythmusstörungen und auch wieder für eine weitere demenzielle Entwicklung. Gleichzeitig steigen aber auch die Risiken für andere geriatrische Syndrome wie Frailty, Sturzneigung oder Malnutrition (CDC 2014).

Leichte, umschriebene Kognitionseinschränkungen, das sogenannte Mild Cerebral Impairment (MCI), müssen nicht zwangsläufig in einer Demenz enden und lassen durchaus noch über längere Zeit eine eigenständige Diabetestherapie zu, die allerdings gut kontrolliert und den Fähigkeiten der Patienten angepasst sein sollte.

Merke

Demenz bei Diabetes: doppelt so häufig, verbunden mit deutlich mehr Stoffwechselentgleisungen, besondere Gefahren durch Hypoglykämien und kumulierender Risikofaktor für weitere geriatrische Syndrome.

1.1.2.3 Depression

Auch die Depression gehört zu den geriatrischen Syndromen, die bei Diabetes deutlich häufiger auftreten als ohne Diabetes. Betroffene Patienten sind einem wesentlich gesteigerten höheren Mortalitätsrisiko ausgesetzt (Kimbor et al. 2014). Ein Faktor könnte die erhöhte Suizidrate darstellen (Sarkar und Belhara 2014). Daher ist die regelmäßige, z. B. jährliche Kontrolle auf eine Depression durch ein entsprechendes Assessment und insbesondere die Beobachtung möglicher Anzeichen für Suizidalität anzuraten. Auslöser für eine Depression bei Diabetes scheinen nicht so sehr die Ängste vor diabetischen Folgekomplikationen, sondern vielmehr die Therapiebelastungen und auch die Isolation und Unsicherheiten, z. B. durch Gangunsicherheiten und Sturzgefahren bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie, zu sein. Eine auch mit der Depression assoziierte verminderte Fähigkeit zur Eigentherapie kann die Stoffwechsellage verschlechtern (Mut-Vitcu et al. 2016) und gleichzeitig wieder das Depressionsrisiko steigern. Auch hier ist ein Therapieansatz mit Förderung der körperlichen Aktivität und möglichst auch der sozialen Kontakte durch Gruppensport nachweislich sinnvoll. Interessanterweise sinkt das gesteigerte Mortalitätsrisiko einer Depression bei Älteren mit Diabetes unter Therapie wieder fast auf den Wert ohne vorliegenden Diabetes (Kimbor et al. 2014).

Zur Abgrenzung einer nicht selten von Patienten mit Depression beklagten Kognitionsstörung gegenüber einer wirklichen Demenz, die initial auch mit depressiven Verstimmungen einhergehen kann, kann die folgende ▸ Tabelle 1.1 aus der DDG Praxisleitlinie Diabetes im Alter (Zeyfang et al. 2018) hilfreich sein:

Tab. 1.1:Differenzialdiagnose Demenz und Depression (nach Zeyfang et al. 2018)

Demenz

Depression

Beginn

Schleichend

Eher schnell, anfangs rasch

Beschwerdeschilderung

Bagatellisierend, vage, Selbstüberschätzung

Aggravierend, detailliert, Selbstentwertung

Auffassungsfähigkeit

Gestört

Erhalten

Orientierungsstörung

Ja, nur zu Beginn nicht

Nein

Tagesschwankung

Eher Leistungstief abends

Eher Stimmungstief morgens

Kognitive Verschlechterung

Ja

Nein

Alltagskompetenz

Eingeschränkt

Erhalten

Soziale Aufgeschlossenheit

Erhalten

Eingeschränkt

Reaktion auf Leistungsanforderungen oder Versagen

Abwehr, Verleugnung, Projektion; Versuch, Fehler zu verbergen

Schuldgefühle, Versagensangst, kein Versuch, Fehler zu verbergen

Sprache, Praxie, visuell-räumliche Orientierung

Gestört

Ungestört

Erinnerungsschwäche

Ausgeprägter für kurz zurückliegende Ereignisse

Gleich stark für kurz und lang zurückliegende Ereignisse

Selektive Erinnerungslücken

Selten

Häufig

Reaktion auf Antidepressiva

Persistieren der kognitiven Symptome bei Rückbildung der Depression

Zumeist parallele Remission von kognitiven und depressiven Symptomen

Merke

Depression bei Diabetes: doppelt so häufig, bidirektionale Beeinflussung zwischen Diabetes und Depression, insbesondere im Alter auch gute nicht-medikamentöse Therapieansätze. Wichtigste Differenzialdiagnose: Demenz.

1.1.2.4 Harninkontinenz

Menschen mit Diabetes im Alter leiden deutlich häufiger an einer Urin- und Stuhlinkontinenz als Menschen ohne Diabetes (Jackson et al. 2005). Das Risiko für eine Funktionsstörung der Blase steigt mit der Diabetesdauer und der Ausprägung von Übergewicht (Jain und Parsons 2011). Neben der Glukosurie bei Stoffwechselentgleisungen ist die diabetische Zystopathie auf dem Boden einer Polyneuropathie spezifischer Hauptgrund für Stress-‍, Drang- und auch Überlaufinkontinenz (Mair und Madersbacher 2010). Daher sollte eine vorliegende Polyneuropathie immer Anlass für ein Screening auf eine Harninkontinenz sein. An nichtmedikamentösen Therapiemethoden ist das Training der Beckenbodenmuskulatur und ein regelmäßiges Blasenentleerungstraining zur Vermeidung von Blasenüberdehnungen zu erwähnen. Harnblasen-Dauerkatheter wären nur bei Ausschöpfung aller anderen Therapieoptionen zur Behandlung einer Überlaufblase indiziert. Die medikamentösen Therapieoptionen bestehen vornehmlich in der Vermeidung von Inkontinenz-fördernden Substanzen, wie Schleifendiuretika oder SGLT-2-Hemmer (▸ Kap. 2).

Merke

Harninkontinenz: typisch bei relevanter Glukosurie und diabetischer Zystopathie mit Polyneuropathie. Therapie: neben der Stoffwechseleinstellung Beckenbodengymnastik und soweit möglich Vermeidung von Diuretika und SGLT-2-Hemmern.

1.1.2.5 Chronischer Schmerz

Menschen mit Diabetes im Alter leiden häufiger an chronischen Schmerzen als ältere Menschen ohne Diabetes und sind gleichzeitig schlechter behandelt (Lindbauer et al. 2015). Hauptgrund ist die schmerzhafte diabetische Polyneuropathie, die in etwa 20 – 30 % aller Fälle mit diabetischer Polyneuropathie auftritt (Lechleitner et al. 2016). Chronische Schmerzen vermindern die Lebensqualität und Eigenständigkeit auch in der Selbsttherapie, fördern soziale Isolation und Depression und zeigen damit wieder deutliche negative Wechselwirkungen mit anderen geriatrischen Syndromen (Tran et al. 2015).

Ältere Menschen mit Diabetes und Hypertonie und/oder Hyperlipidämie und/oder Niereninsuffizienz sollten erst nach sorgfältiger Abwägung mit NSAR behandelt werden. Herzinsuffizienz, ischämische Herzerkrankung, periphere Arterienerkrankung und zerebrovaskuläre Erkrankung zählen seit 2013 zu den Kontraindikationen für NSAR.

Merke

Chronischer Schmerz bei Diabetes: häufig durch Polyneuropathie, Wechselwirkung mit anderen geriatrischen Syndromen, insbesondere Depression.

Literatur

Bauer J, Biolo G, Cederholm T et. al. (2013) Evidence-based recommendations for optimal dietary protein intake in older people: a position paper from the PROT-AGE Study Group. J Am Med Dir Assoc; 14‍(8):542 – 59.

Bendayan M et al. (2014) Therapeutic Interventions for Frail Elderly Patients: Part II. Ongoing and Unpublished Randomized Trials, Progress in Cardiovascular Diseases; 57, Issue 2: 144 – 151

Bergman H et al. (2007) Frailty: an emerging research and clinical paradigm – issues and controversies. J Gerontol A Biol Sci Med Sci;62:731 – 737

Centers of Disease Control and Prevention (CDC) (2014) National diabetes statistics report: estimates of diabetes and its burden in the United States 2014: https://www.cdc.gov/diabetes/data/statistics/statistics-report.html [cited 2017 – 05 – 25].

Jackson SL et al. (2005) Urinary incontinence and Diabetes in Postmeopausal Women. Diabetes care; 28: 1730 – 1738

Jain P, Parsons M (2011) The effects of obesity on the pelvic floor. The Obstetrician & Gynaecologist; 13:133 – 142

Kimbor et al. (2014) Depression and All‐Cause Mortality in Persons with Diabetes Mellitus: Are Older Adults at Higher Risk? Results from the Translating Research Into Action for Diabetes Study, JAGS; 62: 2017 – 2022.

Lechleitner M et. al. (2016) Diabetische Neuropathie. Wien Klin Wochenschr; 128 Suppl 2: S73 – 9

Lindbauer N et al. (2015) Therapie nozizeptiver Schmerzen bei Patienten mit Diabetes mellitus, Diabetologe; 11‍(6):490 – 5.

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1.2 Begleit- und Folgeerkrankungen

1.2.1 Retinopathie

Marcus Blum

1.2.1.1 Das Auge

Die wesentlichen Strukturen des Auges sind die Hornhaut (Cornea), die vordere Augenkammer, die Regenbogenhaut (Chorioidea), die hintere Augenkammer, die Linse, der Glaskörper und die Netzhaut (Retina).

Die Cornea wird durch den Tränenfilm feucht gehalten, ein instabiler Tränenfilm führt bei der sehr gut sensibel innervierten Hornhaut zu Beschwerden. Die vordere Augenkammer ist mit Kammerwasser gefüllt. Die Iris stellt mit der Pupille die Blende des optischen Systems dar. Ein Bestandteil der Regenbogenhaut ist der Ziliarkörper (Corpus ciliare) mit dem Ziliarmuskel. Dieser Muskel reguliert über die Zonulafasern die Form der Linse und ist hauptverantwortlich für die Nah- und Ferneinstellung des Auges. Weiterhin wird im Ziliarkörper das Kammerwasser gebildet.

Durch die Pupille fließt das Kammerwasser von der hinteren in die vordere Augenkammer, wo es über den Kammerwinkel abfließt. Wird das Gleichgewicht zwischen Produktion und Abfluss des Kammerwassers gestört, kann es zum Druckanstieg im Auge kommen.

Die Linse besteht aus dem Kern und der Rinde, welche von einer Kapsel umhüllt wird und an den Zonulafasern aufgehängt ist. Die Dicke der Linse weist eine hohe Altersabhängigkeit auf. Durch Alter, Trauma und auch Stoffwechselkrankheiten kann es zu einer Trübung der Linse kommen, welche zu einem Abfall der Sehschärfe führt.

Was ist im Alter anders?

Viele ältere Menschen leiden unter einem »trockenen Auge« (Keratokonjuctivitis sicca) – dieses wird durch Diabetes mellitus verstärkt. Die Benetzung der Oberfläche wird durch mehrfaches Tropfen von künstlichen Tränen verbessert.

Bei älteren Menschen spricht die Pupille schlechter auf Pupillenerweiterungstropfen an – Diabetes mellitus führt zur weiteren Verschlechterung. Mehrfaches Tropfen ist häufig erforderlich.

Die Katarakt (»graue Star«) ist eine alterskorrelierte Eintrübung der Augenlinse, die durch eine Operation entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt wird. Diabetes beschleunigt die Eintrübung der Linse.

Der Glaskörper (Corpus vitreum) füllt den Großteil des Inneren des Auges. Die Choreoidea besteht im Wesentlichen aus Blutgefäßen und 85 % des Blutvolumens fließt durch diese Schicht. Sie steht in enger Beziehung zur 3. Schicht, der Netzhaut (Retina). Die Retina bildet den sensorischen Anteil des Auges, Erkrankungen der Retina werden als »Retinopathie« bezeichnet. Im zentralen hinteren Bereich der Netzhaut befindet sich die Makula lutea mit der Fovea. Anatomisch ist die Netzhaut ein »vorgestülpter« Teil des Gehirns. Ein kompliziertes Geflecht von Nervenzellen verarbeitet die Lichtreize. Im Gegensatz zur sehr gut sensibel versorgten Hornhaut hat die Netzhaut keine sensible Innervation – bei Auftreten einer Retinopathie bemerkt der Patient nur, dass seine Sehkraft schlechter wird.

Die Nervenfasern der Netzhaut (3. Neuron) treten als Nervus opticus aus dem Augapfel und leiten über Chiasma und Sehbahn zur occipitalen Sehrinde.

1.2.1.2 Basisuntersuchung des Auges bei Diabetes mellitus

Anamnese

Häufig machen Patienten nur sehr allgemeine Angaben über ihre Sehstörung – das Sehen »sei halt schlecht«, es sei »verschwommen« oder »unscharf« – es werde immer schlimmer...

Durch gezielte Fragen kann ein klareres Bild gewonnen werden:

Untersuchung

Durch Inspektion können Veränderungen wie Tränenfluss, Rötungen, Schwellungen und Verklebungen des äußeren Auges feststellt werden. Da die Hornhaut des Auges sehr empfindlich ist, gehen äußerliche Affektionen des Auges mit Druckgefühl und/oder Schmerzen einher und das betroffene Auge wird zugekniffen.

Das Palpieren der Augäpfel ist sehr ungenau, aber ein akuter Druckanstieg kann im Seitenvergleich mit dem anderen Auge (und dem eigenen Auge des Untersuchers!) erkannt werden. Eine Pupillendifferenz kann durch Beleuchtung mit einer Taschenlampe festgestellt werden.

Die exakte Untersuchung des Auges an der Spaltlampe, Testung des Gesichtsfeldes (Perimetrie) und die Ophthalmoskopie ist in der Regel dem Augenarzt vorbehalten.

1.2.1.3 Stadien und Therapie bei Netzhauterkrankung

Epidemiologie

Die Diabetische Retinopathie ist eine Mikroangiopathie, die zur Leckage und/oder Verschluss der Kapillaren führt und damit ein Ödem oder eine Ischämie der Retina verursacht. Neben den Blutzuckerschwankungen ist die bestehende Hypertonie eine Hauptursache. Die Häufigkeit der Diabetischen Retinopathie ist stark von der Dauer der Erkrankung abhängig. In älteren Studien waren nach 20 Jahren Diabetesdauer bis zu 90 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes von Netzhautveränderungen betroffen. Neuere Studien zeigen einen Rückgang, noch immer ist aber jeder 3.–4. Patient betroffen. Deshalb sollte jeder Patient auch im höheren Alter, bei Diagnosestellung routinemäßig einmal einem Augenarzt vorgestellt werden.

Formen der Diabetischen Retinopathie:

Keine Retinopathie

Milde und mäßige nicht proliferative diabetische Retinopathie

Schwere nicht proliferative Retinopathie

Diabetische Makulopathie

Proliferative diabetische Retinopathie

Milde und mäßige nicht-proliferative Retinopathie

Die Netzhautgefäße zeigen erste Mikroaneurysmen. Diese milden Veränderungen verursachen keine Sehstörung und keine Schmerzen. Bei Fortschreiten zur mäßigen Form treten Blutungen in der Netzhaut hinzu und perlschnurartige Venen. Eine gute Stoffwechsel- und konsequente Blutdruckeinstellung sind Eckpfeiler der Therapie. Diagnostisch kann die Floureszensangiografie hilfreich sein, um die Veränderungen zu klassifizieren.

Schwere nicht proliferative Retinopathie

Es bestehen Mikroaneurysmen und multiple Blutungen in allen vier Quadranten der Netzhaut, perlschnurartigen Venen und intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMA). Bei vielen Patienten wird in diesem Stadium mit einer Laserbehandlung begonnen.

Diabetische Makulopathie

Bei der diabetischen Makulopathie entsteht ein Ödem in der Makula aufgrund der Permeabilitätsstörung und Okklusion von Kapillaren. Der Sehverlust entwickelt sich schleichend. Neben einer gezielten Laserkoagulation der Leckstellen gibt es seit einigen Jahren Medikamente, die in das Auge injiziert werden können und das Ödem günstig beeinflussen.

Proliferative diabetische Retinopathie

Die proliferative diabetische Retinopathie ist durch Wucherung von irregulären, fragilen Gefäßen gekennzeichnet. Eine Glaskörperblutung führt zu einer dramatisch schnellen Sehverschlechterung, starke Schmerzen können bei Verlegung des Abflusses des Kammerwassers auftreten (sekundäres neovaskuläres Glaukom – Gefahr der Erblindung).

Zunächst sollte die Makulopathie gezielt behandet werden, dann wird mit einer flächenhaften Laserkoagulation (»panretinal«) unter Aussparung der Makula die Netzhaut verödet. In fortgeschrittenen Fällen muss der Augenarzt mit einer Operation den Glaskörper entfernen (Vitrektomie).

Merke

Die Häufigkeit der Diabetischen Retinopathie ist stark von der Dauer der Erkrankung abhängig. In älteren Studien waren nach 20 Jahren Diabetesdauer bis zu 90 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes von Netzhautveränderungen betroffen. Neuere Studien zeigen einen Rückgang, noch immer ist aber jeder 3.–4. Patient betroffen. Deshalb sollte jeder Patient auch im höheren Alter bei Diagnosestellung routinemäßig einmal einem Augenarzt vorgestellt werden.

1.2.2 Diabetestherapie bei geriatrischen Patienten mit Niereninsuffizienz

Ralf Schiel, Antje Steveling und Günter Stein

1.2.2.1 Epidemiologie und Beurteilung der Nierenfunktion