Die Abenteuer von Aguila und Jaguar - Isabel Allende - E-Book
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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar E-Book

Isabel Allende

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Beschreibung

Isabel Allendes Abenteuer-Trilogie: eine wilde Reise um die Welt

Die junge Brasilianerin Nadia und der aus Kalifornien stammende Alex erleben gemeinsam phantastische Abenteuer, die sie quer über die Kontinente führen: vom Amazonasgebiet über den Himalaja in die afrikanischen Urwälder. Und immer wieder ist es ihren Totemtieren, dem Adler, »Aguila«, und »Jaguar«, zu verdanken, daß sie in den schwierigsten Momenten eine glückliche Lösung finden.

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Die junge Brasilianerin Nadia und der aus Kalifornien stammende Alex erleben gemeinsam phantastische Abenteuer, die sie von einem Kontinent zum nächsten führen: vom Amazonasgebiet über den Himalaja in die afrikanischen Urwälder. Und immer wieder ist es ihren Totemtieren, »Aguila«, dem Adler, und »Jaguar«, zu verdanken, dass sie in den schwierigsten Momenten eine glückliche Lösung finden.

»Genüsslich zieht Isabel Allende alle Register des Abenteuerromans – als wäre es geschrieben für die große Leinwand.« (NDR)

Isabel Allende, 1942 geboren, hat ab ihrem achtzehnten Lebensjahr als Journalistin in Chile gearbeitet. Nach Pinochets Militärputsch am 11. September 1973 ging sie ins Exil, wo sie ihren Weltbestseller Das Geisterhaus schrieb. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Kalifornien. Ihr Werk erscheint auf deutsch im Suhrkamp Verlag.

Isabel Allende

Die Abenteuer vonAguila und Jaguar

Drei Romanein einem Band

Die Stadt der wilden GötterIm Reich des Goldenen DrachenIm Bann der Masken

Aus dem Spanischen vonSvenja Becker

Suhrkamp

Titel der Originalausgaben:

La Ciudad de las Bestias (Plaza & Janés, Barcelona, 2002)

El Reino del Dragón de Oro (Plaza & Janés, Barcelona, 2003)

El Bosque de los Pigmeos (Plaza & Janés, Barcelona, 2004)

© Isabel Allende, 2002, 2003, 2004

Umschlagfoto: © Cliff Nielsen

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2012

© der deutschen Ausgaben Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002, 2003, 2004

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

eISBN 978-3-518-73535-0

www.suhrkamp.de

Die Stadt der wilden Götter

Für Alejandro, Andrea und Nicole,die mich um diese Geschichte gebeten haben.

ERSTES KAPITELDer schlimme Traum

Alexander Cold schreckte im Morgengrauen aus einem Albtraum auf. Ein riesiger schwarzer Geier hatte darin eine der Fensterscheiben zertrümmert, war ins Haus eingedrungen und hatte seine Mutter mitgenommen. Im Traum hatte Alex ohnmächtig mit ansehen müssen, wie der gigantische Vogel Lisa Cold mit seinen gelben Fängen an den Kleidern packte, durch das geborstene Fenster wieder hinausflog und sich in dem mit dicken Wolken verhangenen Himmel verlor. Geweckt hatte ihn der Sturm, der Wind, der an den Bäumen zerrte, der Regen auf dem Dach, das Blitzen und Donnern. Ihm war zumute wie in einer Nussschale im Ozean; er tastete nach dem Schalter der Nachttischlampe und presste sich gegen den Koloss von Hund, der neben ihm schlief. Er stellte sich den Pazifik vor, nur wenige Straßen von seinem Zuhause entfernt: Bestimmt bäumte der sich gerade brüllend auf und spie seine wütende Brandung gegen die Klippen. Er lauschte auf das Unwetter, dachte an den schwarzen Vogel und an seine Mutter und wartete darauf, dass die Trommelschläge in seiner Brust zur Ruhe kamen. Die beklemmenden Traumbilder hielten ihn noch immer gefangen.

Alex sah auf die Uhr: halb sieben, Zeit zum Aufstehen. Draußen hatte es kaum zu dämmern begonnen. Aber dieser Tag war eigentlich schon jetzt nicht mehr zu retten, einer von denen, die man besser im Bett verbringt, weil sowieso alles schief geht. Seit seine Mutter krank war, gab es viele solcher Tage; manchmal war die Atmosphäre im Haus so drückend wie auf dem Grund des Meeres. Alles, was dann noch helfen konnte, war abzuhauen und mit Poncho den Strand entlangzurennen, bis einem die Puste ausging. Aber es regnete und regnete seit einer Woche, eine richtige Sintflut, und außerdem war Poncho von einem Reh gebissen worden und wollte sich nicht bewegen. Alex war überzeugt, den dümmsten Hund seit Menschengedenken zu haben, den einzigen vierzig Kilo schweren Labrador, der sich je von einem Reh hatte beißen lassen. Mit seinen vier Jahren war Poncho von etlichen Waschbären angegriffen worden, von der Nachbarskatze und nun von einem Reh, ganz zu schweigen von den Stinktieren, die ihn einsprühten, so dass man ihn hinterher mit Tomatenketchup abschrubben musste, damit der Gestank nachließ. Der Hund war zum Trottel geboren. Er kapierte nicht, dass Scheiben durchsichtig sind, und rannte gegen jede Glastür; selbst auf die grundlegendsten Befehle hörte er nicht. Noch dazu hatte er überhaupt kein Benehmen, legte Besuchern zur Begrüßung die Pfoten auf die Schultern und bellte ihnen ins Gesicht. Ohne Poncho zu stören, schlüpfte Alex aus dem Bett und zog sich schlotternd an; die Heizung schaltete sich um sechs Uhr ein, aber in seinem Zimmer, dem letzten auf dem Flur, war die Wärme noch nicht angekommen.

Als es Zeit zum Frühstücken war, hatte Alex schlechte Laune und fühlte sich wirklich unfähig, die Mühe zu würdigen, die sich sein Vater mit den Pfannkuchen gegeben hatte. John Cold war alles andere als ein Meisterkoch: Er konnte bloß Pfannkuchen machen, und die wurden bei ihm eine Art mexikanische Gummi-Tortillas. Um ihn nicht zu kränken, stopften seine Kinder sie sich in den Mund, aber sobald er nicht hinsah, spuckten sie die Dinger in den Müll. Vergeblich hatten sie versucht, Poncho dazu abzurichten, dass er sie aß: Der Hund war ein Trottel, aber kein Volltrottel.

»Wann wird Mama wieder gesund?«, fragte Nicole, während sie versuchte, den widerspenstigen Pfannkuchen mit der Gabel aufzuspießen.

»Halt den Mund, dummes Huhn!«, fuhr Alex sie an, denn er hatte es satt, dass seine kleine Schwester ihnen seit Wochen mit dieser Frage in den Ohren lag.

»Mama wird sterben«, bemerkte Andrea.

»Du lügst! Sie wird nicht sterben!«, schrie Nicole.

»Was soll dieser Kindergarten, ihr habt ja keine Ahnung, wovon ihr redet!«, sagte Alex zornig.

»Kommt, Kinder, beruhigt euch. Mama wird wieder gesund …«, unterbrach sie John Cold, aber überzeugend klang das nicht.

Alex war wütend auf seinen Vater, auf seine Schwestern, auf Poncho, auf das Leben überhaupt und sogar auf seine Mutter, weil die einfach krank geworden war. Entschlossen, auf das Frühstück zu verzichten, stürzte er aus der Küche, aber im Flur stolperte er über den Hund und fiel der Länge nach hin.

»Mach doch Platz, du Schwachkopf!«, brüllte er Poncho an, aber der leckte ihm nur freudig schmatzend über das Gesicht und besabberte seine Brille.

Doch, heute war definitiv der Wurm drin. Wenig später stellte sein Vater fest, dass der Kleinbus einen Platten hatte, und Alex musste helfen, in aller Eile den Reifen zu wechseln, aber sie verloren dennoch kostbare Minuten, und er kam zu spät zur Schule. Wegen der überstürzten Abfahrt hatte er seine Mathehausaufgaben vergessen, was die Beziehung zu seinem Mathelehrer nicht gerade verbesserte. Aber Alex hielt ihn ohnehin für einen jämmerlichen Wicht, dem es nur darum ging, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Und dann hatte er auch noch seine Flöte zu Hause liegen lassen, und am Nachmittag probte das Schulorchester; er war der Solist und musste hin.

»Manchmal ist man ein Floh; und dann wieder das Flohpulver; ich bin schon lange nicht mehr das Flohpulver gewesen.« Er ließ den Kopf hängen.

~

Wegen der Flöte musste Alex also während der Mittagspause noch einmal nach Hause. Der Sturm war vorüber, aber die See war noch immer aufgewühlt, und die Wellen spritzten über die Klippen bis auf die Uferstraße, so dass er die Abkürzung über den Strand nicht nehmen konnte. Auf der langen Strecke nach Hause musste er rennen, weil er so wenig Zeit hatte.

In den letzten Wochen, seit seine Mutter krank war, kam eine Frau zum Putzen, aber an diesem Tag hatte sie wegen des Sturms abgesagt. Alex hätte auch sonst gut auf sie verzichten können, man merkte ja doch, dass nichts mehr so war wie früher. Schon von außen sahen Haus und Grundstück ein bisschen heruntergekommen aus, fast als wären auch sie traurig.

Alex spürte, dass seine Familie mehr und mehr auseinander brach. Seine Schwester Andrea, die schon immer ein bisschen anders gewesen war als andere Mädchen, lief nur noch verkleidet herum und verlor sich für Stunden in ihrer Phantasiewelt, wo Hexen in den Spiegeln lauerten und Außerirdische in der Suppe schwammen. Alex fand, dass sie für so etwas schon zu alt war, eigentlich hätte sie sich mit ihren zwölf Jahren für Jungs interessieren und sich reihenweise Ohrlöcher stechen lassen sollen. Dagegen klaubte sich Nicole, die Jüngste der Familie, nach und nach einen Zoo zusammen und versuchte so, die Aufmerksamkeit zu ersetzen, die ihre Mutter ihr nicht mehr geben konnte. Sie fütterte jede Menge Waschbären und Stinktiere durch, die um das Haus herumstrichen; sechs verwaiste Kätzchen hatte sie adoptiert und in der Garage versteckt; sie hatte einem hässlichen, flügellahmen Vogel das Leben gerettet und hielt eine Schlange von einem Meter Länge in einer Kiste. Hätte ihre Mutter die Schlange gefunden, sie wäre vor Schreck tot umgefallen, aber das war nicht sehr wahrscheinlich, denn wenn Lisa Cold nicht im Krankenhaus war, musste sie zu Hause im Bett liegen.

Einmal abgesehen von den Pfannkuchen seines Vaters und den Sandwichs mit Thunfisch und Mayonnaise, die Andreas Spezialität waren, kochte von der Familie schon seit Monaten niemand mehr. Im Kühlschrank gab es bloß Orangensaft, Milch und Eiscreme; abends bestellten sie Pizza oder etwas vom Chinesen. Am Anfang war das beinahe wie ein Fest gewesen, weil jeder essen konnte, wann und was er wollte, vor allem Süßigkeiten, aber mittlerweile wünschten sich alle das gesunde, regelmäßige Essen von früher zurück. Zu Hause ohne seine Mutter war gar nicht richtig zu Hause. Sie fehlte ihm so! Dass man sie so leicht hatte zum Lachen bringen können, dass sie zärtlich gewesen war und manchmal auch streng, nicht so nachsichtig wie sein Vater und viel gewiefter: Völlig unmöglich, ihr etwas vorzumachen, ihrem sechsten Sinn entging einfach nichts. Jetzt hörte man sie keine italienischen Lieder mehr singen, es gab überhaupt keine Musik mehr und keine Blumen, und auch dieser vertraute Geruch nach frisch gebackenen Plätzchen und Ölfarbe war verschwunden. Früher hatte seine Mutter es so eingerichtet, dass sie morgens ein paar Stunden in ihrem Atelier arbeiten konnte, das Haus war trotzdem in Schuss gewesen, und nachmittags hatte sie ihre Kinder mit Gebäck erwartet; nun stand sie seit Wochen nur noch selten für kurze Zeit auf und schlich verstört durch die Zimmer, als würde sie ihre Umgebung nicht wiedererkennen, sie war abgemagert, und um ihre Augen lagen tiefe Schatten. Ihre Leinwände, auf denen sie die Farben früher nur so hatte explodieren lassen, ruhten vergessen auf den Staffeleien, und die Ölfarben vertrockneten in den Tuben. Und wie klein sie geworden war, fast wie ein stummes Gespenst.

Jetzt hatte Alex niemanden mehr, der ihm den Rücken kraulte oder ihn aufmunterte, wenn er morgens wach wurde und sich wie ein Floh fühlte. Sein Vater war für Streicheleinheiten nicht zu haben. Sie gingen zusammen Bergsteigen, aber sie redeten wenig miteinander; außerdem hatte sich John Cold verändert, wie alle in der Familie. Seine frühere Gelassenheit war dahin, er wurde oft zornig, nicht nur auf seine Kinder, sondern auch auf seine Frau. Manchmal schrie er Lisa an und warf ihr vor, dass sie zu wenig aß oder ihre Medikamente nicht nahm, aber dann tat es ihm gleich darauf leid, und er entschuldigte sich beklommen für seinen Ausbruch. Bei diesen Szenen war Alex ganz elend zumute: Er konnte es nicht ertragen, seine Mutter so schwach zu sehen und seinen Vater mit Tränen in den Augen.

Als er an diesem Mittag zu Hause ankam, fragte er sich, warum der Kleinbus in der Einfahrt stand, denn um diese Uhrzeit arbeitete sein Vater eigentlich im Krankenhaus. Durch die Küchentür, die nie abgeschlossen war, trat Alex ins Haus und wollte bloß rasch etwas essen, sich die Flöte schnappen und zur Schule zurückhetzen. Er schaute sich um und erblickte nur die fossilen Reste der Pizza vom Vorabend. Egal, solange er im Takt blieb, würde sein Magenknurren während der Orchesterprobe nicht weiter auffallen, dachte er, ging zum Kühlschrank und wollte ein Glas Milch trinken. Da hörte er das Wimmern. Nicoles Kätzchen fielen ihm ein, aber die waren in der Garage, und das Geräusch kam eindeutig aus dem Schlafzimmer seiner Eltern. Er wollte eigentlich gar nicht herumspionieren, näherte sich eher wie unter einem Zwang der angelehnten Schlafzimmertür und stieß sie sachte auf. Wie angewurzelt blieb er stehen.

Auf einem Hocker mitten im Zimmer saß seine Mutter, barfuß und im Nachthemd, hatte das Gesicht in den Händen vergraben und weinte. Hinter ihr stand sein Vater und umklammerte ein altes Rasiermesser, das dem Großvater gehört hatte. Lange schwarze Haarsträhnen bedeckten den Boden und die schmal gewordenen Schultern seiner Mutter, und im bleichen Tageslicht, das durchs Fenster fiel, schimmerte ihr rasierter Schädel wie Marmor.

Für einige Sekunden war Alex wie gelähmt vor Entsetzen, konnte nicht begreifen, was sich vor seinen Augen abspielte, verstand überhaupt nicht, was das Haar auf dem Boden bedeutete, der rasierte Kopf oder dieses Messer in der Hand seines Vaters, das nur Millimeter neben dem gebeugten Nacken seiner Mutter aufblitzte. Als er wieder zu sich kam, brach ein fürchterlicher Schrei aus ihm heraus, und eine Welle des Irrsinns durchbrandete ihn. Er stürzte sich auf seinen Vater und stieß ihn nieder. Das Messer flog in hohem Bogen durch die Luft, streifte seine Stirn und bohrte sich in den Fußboden. Blind schlug er um sich, ohne darauf zu achten, wohin seine Hiebe trafen, während seine Mutter beschwörend auf ihn einredete: »Ist ja gut, mein Junge, beruhige dich, es ist alles in Ordnung.« Sie versuchte, ihn so gut sie konnte von seinem Vater wegzuziehen, der zum Schutz die Arme vors Gesicht geschlagen hatte.

Endlich drang die Stimme seiner Mutter in sein Bewusstsein, seine Wut verpuffte, und plötzlich war er nur noch verzweifelt. Was hatte er bloß getan! Die Arme von sich gestreckt, wich er zurück; dann rannte er über den Flur und verbarrikadierte sich in seinem Zimmer. Er zerrte den Schreibtisch von innen gegen die Tür und hielt sich die Ohren zu, um seine Eltern nicht zu hören, die nach ihm riefen. Lange stand er mit geschlossenen Augen gegen die Wand gelehnt und kämpfte mit dem Gefühlswirrwarr in seinem Innern. Dann sah er sich um und begann, sein ganzes Zimmer systematisch in Trümmer zu legen. Er nahm die Poster von den Wänden und riss sie in kleine Fetzen; mit seinem Baseballschläger zermalmte er die Bilderrahmen auf der Kommode, die Videokassetten, seine Sammlung von Oldtimermodellen und Flugzeugen aus dem Ersten Weltkrieg; er riss die Seiten aus seinen Büchern; er nahm sein Schweizer Messer und schlitzte die Matratze und die Kopfkissen auf; er zerschnitt seine Jeans, seine T-Shirts und die Bettdecken mit der Schere, und endlich zog er den Stecker aus der Nachttischlampe, stellte sie auf den Boden und trat so oft darauf, bis sie in Scherben lag. Er ließ sich Zeit für die Zerstörung, ging planvoll vor, ohne allzu viel Lärm zu machen, wie jemand, der eine wichtige Aufgabe gewissenhaft erledigt, und hörte erst auf, als er nichts mehr fand, was er noch hätte kaputtmachen können. Der Fußboden war mit Bettfedern und mit der Füllung aus der Matratze übersät, mit Glasscherben, Papierschnipseln, Stofffetzen und Spielzeugteilen. Völlig ausgepumpt rollte er sich inmitten des Tohuwabohus wie eine Raupe zusammen, presste den Kopf gegen die Knie und weinte, bis er einschlief.

~

Stunden später wurde Alexander Cold von den Stimmen seiner Schwestern geweckt und brauchte einige Zeit, bis ihm wieder einfiel, was geschehen war. Er wollte die Lampe anknipsen, aber sie war hinüber. Er tastete auf die Tür zu, stolperte und schimpfte laut: Er hatte in eine Glasscherbe gegriffen. Er stieß an den Schreibtisch, richtig, den hatte er vor die Tür geschoben, und jetzt musste er ihn mit seinem ganzen Gewicht zur Seite stemmen, um sie aufzubekommen. Die Lampe im Flur beleuchtete das Schlachtfeld, in das sich sein Zimmer verwandelt hatte, und die verdutzten Gesichter seiner beiden Schwestern im Türrahmen.

»Räumst du dein Zimmer um, Alex?« Das kam von Andrea, und Nicole musste sich beide Hände auf den Mund pressen, sonst hätte sie laut losgeprustet.

Alex knallte ihnen die Tür vor der Nase zu, setzte sich zum Nachdenken auf den Boden und drückte die rechte Hand auf den Schnitt an seinem linken Handballen. Am besten würde er einfach hier hocken bleiben, bis er verblutet war, jedenfalls könnte er sich so davor drücken, seinen Eltern noch einmal zu begegnen, aber wirklich verlockend war das auch nicht: Vielleicht sollte er die Wunde auswaschen, ehe sie sich entzündete. Außerdem tat es langsam ziemlich weh, es musste ein tiefer Schnitt sein, was, wenn er Wundstarrkrampf bekam … Mit unsicheren Schritten verließ er das Zimmer, tastend, weil er kaum etwas sehen konnte; seine Brille hatte er in dem Durcheinander verloren, und seine Augen waren vom Weinen verquollen. Er ging in die Küche, wo der Rest der Familie zusammensaß, sogar seine Mutter, die sich ein Baumwolltuch um den Kopf gebunden hatte, mit dem sie aussah wie eine Flüchtlingsfrau.

»Es tut mir leid …«, stammelte Alex, den Blick auf den Fußboden geheftet.

Seine Mutter unterdrückte einen Schrei, als sie sein blutverschmiertes T-Shirt sah, aber auf einen Wink seines Vaters hin nahm sie Andrea und Nicole beim Arm und führte sie wortlos hinaus. Sein Vater kam zu ihm, um seine verletzte Hand zu verarzten.

»Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, Papa …«, sagte Alex leise und traute sich noch immer nicht aufzublicken.

»Ich habe auch Angst, mein Junge.«

»Wird Mama sterben?« Alex schluckte.

»Ich weiß es nicht, Alexander. Komm, halt die Hand unter kaltes Wasser.«

Sein Vater wusch ihm das Blut ab, untersuchte den Schnitt und entschied, eine örtliche Betäubung zu spritzen, damit er die Splitter, die noch in der Wunde steckten, entfernen und den Schnitt mit ein paar Stichen nähen konnte. Alex, dem sonst immer schlecht wurde, wenn er Blut sah, ertrug die Behandlung diesmal, ohne mit der Wimper zu zucken, und war bloß froh, dass er einen Arzt in der Familie hatte. Sein Vater desinfizierte die Wunde mit Salbe und verband sie.

»Die Haare wären Mama sowieso ausgefallen, oder?«, fragte Alex.

»Ja, wegen der Chemotherapie. Besser, man schneidet sie alle auf einmal ab, als mit ansehen zu müssen, wie sie büschelweise ausgehen. Das ist das wenigste, mein Junge, sie wachsen nach. Setz dich, wir müssen miteinander reden.«

»Papa … Ich gehe jobben, ich ersetze alles, was ich kaputtgemacht habe.«

»Schon gut, ich nehme an, du musstest mal Luft ablassen. Reden wir nicht mehr darüber, es gibt wichtigere Dinge, die ich mit dir besprechen möchte. Ich muss Lisa für eine lange und schwierige Behandlung in ein Krankenhaus nach Texas bringen. Das ist der einzige Ort, wo sie diese Therapie machen können.«

»Und dadurch wird sie wieder gesund?« Alex hatte einen Kloß im Hals.

»Das hoffe ich, Alexander. Ich bleibe natürlich bei ihr. Wir müssen dieses Haus für eine Weile verlassen.«

»Und was wird aus uns?«

»Andrea und Nicole ziehen zu Oma Carla. Du gehst zu meiner Mutter.«

»Zu Kate? Ich will nicht zu ihr, Papa! Warum kann ich nicht mit zu Oma Carla? Die kann wenigstens kochen …«

»Drei Kinder sind zu viel für meine Schwiegermutter.«

»Ich bin fünfzehn, Papa, langsam bin ich ja wohl alt genug, dass du mich vorher nach meiner Meinung fragst. Du kannst mich doch nicht einfach zu Kate schicken wie ein Päckchen, Briefmarke drauf und weg damit. Das machst du dauernd so, du entscheidest, und ich darf ja und amen dazu sagen. Ich bin doch kein Kind mehr!« Alex redete sich in Fahrt.

»Manchmal benimmst du dich aber wie eins«, sagte John Cold und deutete auf die verbundene Hand.

»Das war ein Unfall, das kann jedem mal passieren. Ich mache keine Dummheiten bei Oma Carla, versprochen.«

»Ich weiß ja, eigentlich willst du keine Dummheiten machen, aber manchmal verlierst du eben den Kopf.«

»Ich ersetze doch alles! Hörst du mir überhaupt zu?!« Alex trat gegen das Tischbein.

»Das meine ich eben, du hast dich nicht im Griff. Trotzdem, Alexander, das hier hat nichts damit zu tun, dass du dein Zimmer demoliert hast. Es war schon vorher mit meiner Schwiegermutter und mit meiner Mutter abgesprochen. Ihr drei müsst zu den Großmüttern, da führt kein Weg daran vorbei. Du fliegst in ein paar Tagen nach New York.«

»Allein?«

»Allein. Ich fürchte, von nun an wirst du vieles allein machen müssen. Nimm deinen Pass mit, ich glaube, meine Mutter will eine Abenteuerreise mit dir unternehmen.«

»Wohin?«

»Zum Amazonas.«

»Zum Amazonas!« Alex konnte es nicht fassen. »Über den Amazonas habe ich mal einen Dokumentarfilm gesehen, dort wimmelt es nur so von Moskitos, Kaimanen und Banditen. Und jede Menge Krankheiten gibt es da, sogar Lepra!«

»Meine Mutter weiß ja wohl, was sie tut, sie würde dein Leben doch nicht in Gefahr bringen, Alexander.«

»Von wegen! Kate ist imstande und schubst mich in einen Fluss, der völlig mit Piranhas verseucht ist, Papa. Wer so eine Oma hat wie ich, der braucht keine Feinde.« Seine Stimme überschlug sich.

»Tut mir leid, aber du gehst trotzdem zu ihr, mein Junge.«

»Und die Schule? Wir müssen grade einen Haufen Klassenarbeiten schreiben. Außerdem kann ich nicht von heute auf morgen das Orchester sausen lassen …«

»Man muss flexibel sein, Alexander. Unsere Familie macht eine Krise durch. Weißt du, mit welchen Schriftzeichen die Chinesen ihr Wort für Krise schreiben? Mit den Zeichen für Gefahr und Möglichkeit. Vielleicht eröffnet dir die Gefahr, die in Lisas Krankheit liegt, eine außergewöhnliche Möglichkeit. Geh deine Sachen packen.«

»Was soll ich da groß packen? Ist ja kaum noch was übrig …«, sagte Alex, noch immer sauer auf seinen Vater.

»Dann hast du nicht so viel zu schleppen. Jetzt geh und gib deiner Mutter einen Kuss, sie ist ziemlich mitgenommen von dem, was passiert ist. Für Lisa ist es viel schwerer als für jeden von uns, Alexander. Wir müssen stark sein, so wie sie es ist.« Er klang traurig.

Bis vor wenigen Monaten war Alex glücklich gewesen. Jedenfalls hatte es ihn nie sonderlich gereizt, seinen gewohnten Alltag umzukrempeln; er glaubte, solange er keine Dummheiten machte, würde alles gut für ihn laufen. So übertrieben waren seine Zukunftspläne auch nicht: Er wollte ein berühmter Musiker werden wie sein Großvater Joseph Cold; irgendwie musste er Cecilia Burns dazu bringen, dass sie ihn heiratete, dann würden sie zwei Kinder haben und in der Nähe der Berge wohnen. So weit war alles in Ordnung, in der Schule klappte es ganz gut, er war Schwimmer in der Schulmannschaft, wenn auch nicht der beste, er hatte Freunde und hielt sich aus ernsthaften Schwierigkeiten heraus. Er fand sich ziemlich normal, jedenfalls wenn er sich mit diesen von Natur aus monströsen Gestalten verglich, die anderswo herumliefen, wie diese Jungs, die mit Maschinenpistolen in eine Schule in Colorado eingedrungen waren und ihre Mitschüler massakriert hatten. So weit musste man gar nicht gehen, auch an seiner Schule gab es einige widerliche Typen. Nein, er war keiner von der Sorte. Eigentlich wünschte er sich nur, wieder so zu leben wie noch vor ein paar Monaten, als seine Mutter gesund gewesen war. Er wollte nicht mit Kate Cold zum Amazonas. Diese Großmutter war ihm nicht geheuer.

Zwei Tage später verabschiedete sich Alex von dem Ort, an dem er die fünfzehn Jahre seines Lebens verbracht hatte. Ihn begleitete das Bild seiner Mutter, die mit einer blauen Wollmütze auf dem kahl rasierten Kopf in der Tür stand, ihm zum Abschied winkte und zulächelte, während Tränen über ihre Wangen liefen. Sie sah winzig aus, verletzlich und schön, trotz allem. Während er ins Flugzeug stieg, dachte er an sie. Was, wenn sie starb? Nein! Ich darf mir das nicht vorstellen, meine Mama wird wieder gesund, versuchte er sich auf der ganzen Reise einzureden.

ZWEITES KAPITELEine Großmutter zum Fürchten

Auf dem Flughafen von New York fand sich Alexander Cold inmitten einer gehetzten Menschenmenge wieder, die, Koffer und Reisetaschen hinter sich herziehend, an ihm vorbeidrängelte und schob. Sie sahen alle aus wie ferngesteuert, jeder Zweite presste sich ein Handy ans Ohr und redete irgendwie geistesgestört vor sich hin. Er war allein mit seinem Rucksack auf dem Rücken und einem zerknitterten Geldschein in der Hand. Er besaß noch drei weitere, die zusammengefaltet in seinen Stiefeln steckten. Sein Vater hatte ihm geraten, vorsichtig zu sein, denn in dieser Riesenstadt liefen die Dinge anders als in ihrem kleinen Ort an der kalifornischen Küste, wo nie irgendetwas passierte. Er und seine Schwestern hatten immer mit ihren Freunden auf der Straße gespielt, kannten jeden und gingen bei den Nachbarn ein und aus wie bei sich zu Hause.

Alex war sechs Stunden unterwegs gewesen vom einen Ende des Kontinents zum andern, eingezwängt neben einem schwitzenden Fettwanst, dessen Speckpolster über den Sitz quollen, so dass für ihn nur noch ein halber Platz übrig blieb. Andauernd hatte sich der Mann ächzend nach vorne gebeugt, die Hand in der Provianttüte versenkt und dann irgendwelche klebrigen Donuts in sich hineingestopft, weshalb Alex weder schlafen noch in Ruhe den Film sehen konnte. Hundemüde hatte er die Stunden gezählt, bis sie endlich gelandet waren und er sich die Beine vertreten konnte. Erleichtert verließ er das Flugzeug, und als er nach langem Gedränge und Geschiebe schließlich den Ausgang erreicht hatte, verrenkte er sich den Hals nach seiner Großmutter, konnte sie aber nirgends entdecken.

Eine Stunde später war Kate Cold noch immer nicht aufgetaucht, und Alex wurde es langsam mulmig. Er hatte sie zweimal über Lautsprecher ausrufen lassen, ohne Erfolg, und jetzt würde er zum Telefonieren seinen Geldschein gegen Münzen wechseln müssen. Zum Glück hatte er ein gutes Gedächtnis: Die Nummer fiel ihm sofort ein, genau wie die Adresse, die er sich gemerkt hatte, obwohl er nie dort gewesen war, nur durch die Karten, die er ihr zu Weihnachten und zum Geburtstag geschrieben hatte. Das Telefon seiner Großmutter läutete ins Leere, während er all seine telepathischen Kräfte mobilisierte, damit sie endlich den Hörer abnahm. Was sollte er jetzt bloß machen? Vielleicht ein Ferngespräch mit seinem Vater führen und den fragen? Aber damit wäre er womöglich sein ganzes Kleingeld los. Außerdem wollte er sich nicht anstellen wie ein Weichei. Was könnte sein Vater denn aus der Entfernung schon tun? Nein, seine Großmutter verspätete sich eben ein bisschen, kein Grund, gleich den Kopf zu verlieren; vielleicht steckte sie im Stau, oder sie suchte ihn überall im Flughafen, und sie waren aneinander vorbeigelaufen, ohne sich zu sehen.

Eine weitere halbe Stunde verging, und inzwischen war er so wütend auf Kate Cold, dass er sie bestimmt angeraunzt hätte, wenn sie sich nur hätte blicken lassen.

Er dachte an die üblen Scherze, die sie sich jahrelang auf seine Kosten erlaubt hatte, etwa als sie ihm zum Geburtstag eine Schachtel Schokopralinen schickte, die mit höllenscharfer Soße gefüllt waren. Keine normale Großmutter machte sich die Mühe, mit einer Spritze die Füllung aus jeder einzelnen Praline zu ziehen, sie durch Tabasco zu ersetzen, die Dinger wieder fein säuberlich mit Silberpapier zu umwickeln und in die Schachtel zu packen, bloß um ihren Enkeln eins auszuwischen. Er dachte auch an die schauerlichen Geschichten, mit denen sie ihn und seine Schwestern in Angst und Schrecken versetzte, wenn sie zu Besuch war, und daran, dass sie darauf bestand, das Licht auszumachen, bevor sie mit dem Erzählen begann. Mittlerweile waren ihre Schilderungen nicht mehr so wirkungsvoll, aber als kleiner Junge hatte er sich fast zu Tode geängstigt. Nicole und Andrea wurden in ihren Albträumen noch immer von den Vampiren und den aus ihren Gräbern entflohenen Zombies verfolgt, die ihre garstige Großmutter im Finstern heraufbeschwor. Dennoch, es ließ sich nicht abstreiten, dass sie süchtig nach diesen haarsträubenden Geschichten waren. Stundenlang konnten sie auch den tatsächlichen oder erfundenen Gefahren lauschen, denen Kate Cold auf ihren Reisen rund um die Welt ins Auge geblickt hatte. Am liebsten hörten sie die Geschichte von der acht Meter langen Pythonschlange, die in Malaysia den großmütterlichen Fotoapparat verschluckt hatte. »Zu schade, dass sie nicht dich verschluckt hat, Oma«, war Alex rausgerutscht, als er das zum ersten Mal hörte, aber Kate war nicht eingeschnappt gewesen. Diese Frau hatte ihm auch das Schwimmen beigebracht und dafür keine fünf Minuten gebraucht, weil sie ihn ins Becken schubste, als er vier Jahre alt war. Aus purer Verzweiflung hielt er sich tatsächlich bis zur anderen Seite strampelnd über Wasser, aber er hätte ertrinken können. Nicht von ungefähr wurde Lisa Cold immer ganz unruhig, wenn ihre Schwiegermutter zu Besuch kam: Sie musste ihre Vorsichtsmaßnahmen verdoppeln, wollte sie Leib und Leben ihrer Kinder nicht gefährden.

Nach diesen anderthalb Stunden am Flughafen hatte Alex die Nase gestrichen voll. Das könnte Kate Cold so passen, dass er sich hier ins Hemd machte, diese Genugtuung würde er ihr nicht gönnen; er musste handeln wie ein Mann. Er zog die Jacke an, schob sich den Rucksack auf den Schultern zurecht und ging dem Hinweisschild nach auf den Vorplatz, wo die Busse ins Zentrum Manhattan abfuhren. Als er aus dem überheizten, vom Stimmengewirr erfüllten und hell erleuchteten Innern des Gebäudes in die Kälte, Stille und Dunkelheit der Nacht draußen trat, kam er sich vor, als würde er gegen eine Wand laufen. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass der Winter in New York so ungemütlich war. Es roch nach Benzin, auf dem Asphalt pappte der Schneematsch, und eisige Windböen stachen ihn ins Gesicht wie Nadeln. Jetzt fehlten ihm Handschuhe und Mütze, die er in Kalifornien nie brauchte, sie lagen mit seiner übrigen Skiausrüstung in einer Truhe in der Garage, wo er sie wegen des beklommenen Abschieds von seiner Familie vergessen hatte. Er spürte, wie die Wunde an seiner Hand, die ihn bisher nicht weiter gestört hatte, zu pochen begann. Er musste den Verband sofort wechseln, wenn er bei seiner Großmutter ankam. Er hatte keinen Schimmer, wie weit es bis zu ihrer Wohnung war und was ein Taxi dorthin kosten würde. Er brauchte einen Stadtplan, aber wo sollte er den herkriegen? Die Ohren eiskalt, die Hände in den Taschen vergraben, ging er auf die Bushaltestelle zu.

»Hi, bist du allein unterwegs?«, sprach ihn ein Mädchen an.

Sie hatte eine Stofftasche über der Schulter, einen Samthut bis zu den Augenbrauen ins Gesicht gezogen, blau lackierte Fingernägel und einen silbernen Ring in der Nase. Alex starrte sie verwundert an, trotz ihrer verschlissenen Hose und der Militärstiefel und obwohl sie eher schmutzig und ausgehungert aussah, war sie fast so hübsch wie seine heimliche Liebe Cecilia Burns. Gegen die Kälte trug sie nichts als eine kurze neonfarbene Kunstlederjacke, die ihr kaum bis über die Taille reichte. Handschuhe fand sie wohl unnötig. Alex stammelte eine ausweichende Antwort. Sein Vater hatte ihm geraten, nicht mit Fremden zu sprechen, aber dieses Mädchen konnte keine Gefahr darstellen, sie war höchstens ein paar Jahre älter als er und fast so dünn und klein wie seine Mutter. Tatsächlich fühlte sich Alex neben ihr stark.

»Wo fährst du hin?«, beharrte die Unbekannte und steckte sich eine Zigarette an.

»Zu meiner Großmutter, sie wohnt in der Vierzehnten Straße, Ecke Zweite Avenue. Hast du eine Ahnung, wie ich da hinkomme?«

»Na klar, ich fahre auch in die Richtung. Wir können den Bus nehmen. Ich heiße Morgana.«

»Den Namen habe ich ja noch nie gehört.«

»Ich habe ihn mir selber ausgesucht. Meine bescheuerte Mutter hatte mir einen gegeben, der genauso stinkgewöhnlich war wie sie. Und du, wie heißt du?« Sie blies den Rauch durch die Nase.

»Alexander Cold. Die meisten nennen mich Alex«, antwortete er, musste aber ziemlich schlucken, weil sie so von ihrer Familie sprach.

Sie warteten ungefähr zehn Minuten, stapften im Schnee herum, um die Füße warm zu bekommen, und Morgana nutzte die Zeit dazu, ihm eine knappe Zusammenfassung ihres Lebens zu liefern: Sie ging seit Jahren nicht mehr zur Schule – die taugte ja doch bloß für Deppen – und war von zu Hause abgehauen, weil sie ihren Stiefvater nicht ertragen konnte, der ein widerliches Schwein war.

»Irgendwann spiele ich in einer Band, so viel ist sicher«, sagte sie. »Ich brauche bloß noch eine E-Gitarre. Was ist denn das da an deinem Rucksack? Ist da ein Instrument drin?«

»Eine Flöte.«

»Elektrisch?«

»Nein, Batteriebetrieb.« Alex verdrehte die Augen.

~

Als seine Ohren eben zu Eiswürfeln gefroren waren, kam der Bus, und die beiden stiegen ein. Alex bezahlte seine Fahrkarte und nahm das Wechselgeld in Empfang, während Morgana nacheinander ihre sämtlichen Jackentaschen durchwühlte.

»Mein Geldbeutel! Mein Geldbeutel ist weg! Irgendwer hat mich beklaut …«, stammelte sie.

»Tut mir leid, Kleine. Dann musst du aussteigen«, sagte der Fahrer.

»Ich kann doch nichts dafür, wenn ich beklaut werde!« Jetzt wurde sie so laut, dass Alex schon fürchtete, die anderen Fahrgäste könnten es mitkriegen.

»Ich auch nicht. Geh zur Polizei.« Der Fahrer verzog keine Miene.

Morgana öffnete ihre große Stofftasche und kippte den gesamten Inhalt vor dem Fahrer auf den Boden: Klamotten, Wimperntusche, eine Packung Chips, einen Haufen Döschen und Tüten in verschiedenen Größen und ein Paar hochhackige Schuhe, die jemand anderem gehören mussten, denn Morgana konnte man sich beim besten Willen nicht darin vorstellen. Sie untersuchte jedes einzelne Kleidungsstück, als hätte sie alle Zeit der Welt, drehte jedes Blüschen auf links, schraubte sämtliche Döschen auf und sah in jede Tüte, wedelte vor aller Augen mit ihren Unterhosen herum. Alex wurde das immer peinlicher, und er schaute weg. Hoffentlich dachte keiner, dass er mit der irgendetwas zu tun hatte.

»Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit, Kleine. Du musst aussteigen«, sagte der Fahrer, und diesmal klang es bedrohlich.

Morgana scherte sich nicht um ihn. Mittlerweile hatte sie die Neonjacke ausgezogen und untersuchte das Futter, während die anderen Fahrgäste im Bus schon murrten, wann es denn jetzt endlich losginge.

»Leih mir was!« Sie zupfte Alex am Ärmel.

Er spürte, wie seine Ohren mit einem Schlag auftauten, und konnte sich denken, dass sie rot anliefen, denn das passierte ihm in entscheidenden Momenten immer. Diese Ohren waren eine Strafe: Jedes Mal verrieten sie ihn, vor allem wenn er Cecilia Burns begegnete, in die er schon seit dem Kindergarten verliebt war. Nur war das ziemlich aussichtslos. Was sollte sie auch ausgerechnet an ihm finden? Sicher, er war ein ganz passabler Schwimmer, aber sie hatte die freie Auswahl unter den besten Sportlern der Schule. An ihm war nichts Besonderes, richtig gut war er bloß beim Klettern und Flötespielen, aber kein Mädchen, das noch alle Tassen im Schrank hatte, interessierte sich für Berge oder Querflöten. Er war wohl dazu verdammt, sie bis ans Ende seiner Tage aus der Ferne anzuhimmeln, außer es passierte ein Wunder.

»Leih mir Geld für die Fahrkarte«, sagte Morgana noch einmal.

Normalerweise kümmerte es Alex nicht, wenn ihm sein Geld durch die Finger rann, aber das war ein ungünstiger Zeitpunkt zum Großzügigsein. Andererseits, überlegte er, durfte ein Mann eine Frau in einer solchen Situation nicht im Stich lassen. Sein Kleingeld reichte gerade noch, und er konnte ihr helfen, ohne die Reserve in seinen Stiefeln anzubrechen. Er bezahlte die zweite Fahrkarte. Morgana warf ihm neckisch eine Kusshand zu, streckte dem Fahrer, der sie erbost ansah, die Zunge heraus, klaubte eilig ihre Sachen zusammen und folgte Alex in die letzte Reihe des Busses, wo sie sich nebeneinander setzten.

»Ohne dich wäre ich verratzt gewesen. Sobald ich kann, kriegst du die Kohle wieder.«

Alex antwortete nicht. Irgendwo hatte er einmal gelesen: Leih dein Geld jemandem, den du nicht wiedersiehst, und es ist sinnvoll ausgegeben. Morgana faszinierte ihn, und gleichzeitig war sie ihm unheimlich, sie hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit den Mädchen an seiner Schule, noch nicht einmal mit denen, die sich wirklich was trauten. Um sie nicht dauernd mit offenem Mund anzuglotzen wie ein Schwachsinniger, starrte er während der langen Fahrt fast die ganze Zeit schweigend auf das nachtschwarze Fenster, in dem sich Morgana spiegelte und auch sein eigenes schmales Gesicht mit der runden Brille und dem Haar, das so schwarz war wie das seiner Mutter. Wann würde er sich endlich rasieren können? Ein paar seiner Freunde hatten schon richtigen Bartwuchs; an seinem eigenem Kinn zeigte sich nicht einmal Flaum, und gewachsen war er auch schon ewig nicht mehr, er war noch immer einer der Kleinsten in seiner Klasse. Sogar Cecilia Burns war größer als er. Sein einziger Trumpf war, dass er im Gegensatz zu einigen anderen an seiner Schule gute Haut hatte, weil sein Vater ihn behandelte, sobald sich der winzigste Pickel zeigte. Seine Mutter versuchte, ihm seine Sorgen auszureden, manche seien eben Spätzünder, und alle Männer der Familie Cold seien groß; aber in Bio hatte er aufgepasst und wusste, mit der Vererbung war das so eine Sache, und deshalb konnte er ebenso gut nach der Familie seiner Mutter schlagen. Lisa Cold war selbst für eine Frau klein; wer sie von hinten sah, konnte sie für eine Vierzehnjährige halten, vor allem, seit sie krank und nur noch Haut und Knochen war. Als er an sie dachte, spürte er, wie ihm eng um die Brust wurde und ihm die Luft wegblieb, als hielte eine riesige Hand seine Kehle umklammert.

Morgana hatte ihre Jacke nicht wieder angezogen. Darunter war ein schwarzes Spitzenblüschen zum Vorschein gekommen, das ihren Bauch frei ließ, und ein Lederhalsband mit stachligen Nieten wie für einen bissigen Hund. »Ne Tüte käme jetzt echt gut«, sagte sie. Alex deutete auf das Schild, nach dem im Bus nicht geraucht werden durfte. Sie sah sich um. Keiner achtete auf die beiden; vor ihnen waren etliche Sitzreihen frei, und ein Stück weiter saßen welche, die lasen oder dösten. Nachdem sie sicher war, dass keiner hinsah, griff sie in ihren Ausschnitt und zog einen speckigen Lederbeutel heraus. Sie stieß Alex kurz mit dem Ellbogen an und wedelte damit vor seiner Nase herum.

»Gras«, zischte sie.

Alex schüttelte den Kopf. Er hielt sich selbst keineswegs für einen Gesundheitsfanatiker, wie fast alle seine Kumpels hatte auch er hin und wieder Marihuana geraucht und Alkohol getrunken, bloß verstand er nicht, was daran verlockend sein sollte, außer dass es verboten war. Er verlor nicht gern die Kontrolle. Deshalb machte ihm das Bergsteigen Spaß, weil es da auf Körperbeherrschung und Konzentration ankam. Von den Touren mit seinem Vater kam er erschöpft, mit schmerzenden Gliedern und hungrig zurück, aber auch überglücklich, energiegeladen und stolz darüber, dass er seine Ängste und die Hindernisse am Berg überwunden hatte. Er sprühte nur so, fühlte sich mächtig, fast unbesiegbar. Sein Vater sagte dann zwar keinen Ton, denn er sollte sich nichts darauf einbilden, klopfte ihm aber kameradschaftlich auf die Schulter, als Anerkennung für seine Großtat. John Cold überschüttete einen nie mit Lob, man musste sich ganz schön anstrengen, um überhaupt einmal eins zu bekommen, aber Alex machte das eigentlich nichts aus, ihm genügte das Schulterklopfen von Mann zu Mann.

Sein Vater war ziemlich in Ordnung, und deshalb gab sich Alex auch alle Mühe, kein Angeber zu sein, aber im Stillen war er doch stolz auf drei Eigenschaften, die ihn seiner Meinung nach auszeichneten: der Mut, auf Berge zu klettern, seine Begabung zum Flötespielen und die Fähigkeit, klar zu denken. Viel schwieriger war es, seine Schwächen einzugestehen, aber er musste zugeben, dass es mindestens zwei gab, auf die ihn seine Mutter schon öfter hingewiesen hatte und die er eigentlich loswerden wollte: seine Schwarzmalerei – fast immer fand er ein Haar in der Suppe – und seine Unausgeglichenheit – er bekam Tobsuchtsanfälle aus heiterem Himmel. Beides war neu, denn noch vor ein paar Monaten war er zuversichtlich und immer gut gelaunt gewesen. Seine Mutter meinte zwar, das sei eine Frage des Alters und würde sich auswachsen, allerdings war er sich da nicht so sicher. Aber jedenfalls reizte ihn Morganas Angebot nicht. Die Male, wenn er gekifft oder etwas getrunken hatte, war er sich überhaupt nicht vorgekommen wie auf einem Flug ins Paradies, was einige seiner Freunde behaupteten, sondern hatte bloß gespürt, wie sich sein Kopf vernebelte und seine Beine wie Watte wurden. Richtig high wurde er davon, an einem Seil an einer Felswand zu hängen, unter sich den Abgrund, und genau zu wissen, wohin er als Nächstes den Fuß setzen musste. Nein, mit Gras und solchem Zeug hatte er nichts am Hut. Mit Zigaretten auch nicht, denn zum Bergsteigen und Flötespielen brauchte er eine gesunde Lunge. Er musste grinsen, als er daran dachte, wie seine Großmutter Kate ihm die Verlockung zu rauchen gründlich vermiest hatte. Damals war er elf gewesen, und obwohl ihm sein Vater die bekannte Predigt über Lungenkrebs und andere Folgen des Rauchens gehalten hatte, paffte er heimlich mit seinen Freunden hinter der Turnhalle. Kate Cold verbrachte Weihnachten bei ihnen, und wie ein Spürhund hatte sie binnen kurzem den Geruch wahrgenommen, da half auch kein Kaugummi oder Kölnischwasser.

»So jung und schon rauchen, Alexander?«, fragte sie vergnügt. Er wollte es abstreiten, aber sie ließ ihm keine Zeit. »Komm mit, wir machen eine Spritztour«, sagte sie.

Er stieg ins Auto, schnallte sich sorgfältig an und raunte zwischen zusammengebissenen Zähnen ein Stoßgebet, denn seine Großmutter am Steuer war gemeingefährlich. Sie behauptete einfach, das sei in New York so üblich, und raste, als wäre jemand hinter ihr her. Mit jaulendem Motor und quietschenden Reifen fuhr sie mit ihm bis zum Supermarkt, wo sie vier dicke Zigarren aus schwarzem Tabak kaufte, dann parkte sie in einer ruhigen Straße, in der sie keine aufdringlichen Blicke zu befürchten hatte, und steckte für jeden eine an. Fenster und Türen waren geschlossen, und sie rauchten, was das Zeug hielt, bis sie vor lauter Qualm nicht mehr nach draußen sehen konnten. Alex spürte, wie sich alles in seinem Kopf drehte und sein Magen sich hob und senkte. Bald konnte er nicht mehr, riss die Wagentür auf und ließ sich wie ein Sack auf die Straße plumpsen, ihm war speiübel. Seine Großmutter wartete grinsend, bis er seinen Magen restlos entleert hatte, und machte keinerlei Anstalten, ihm die Stirn zu stützen oder ihn zu trösten, wie seine Mutter das getan hätte, und dann zündete sie noch eine Zigarre an und reichte sie ihm.

»Auf geht’s, Alexander, zeig mir, dass du ein richtiger Mann bist, und rauch noch eine.« Offensichtlich amüsierte sie sich köstlich.

Die beiden folgenden Tage musste er das Bett hüten, eidechsengrün im Gesicht und überzeugt, die Übelkeit und das Kopfweh würden ihn umbringen. Sein Vater glaubte, er habe sich einen Virus eingefangen, und seine Mutter hatte zwar sofort ihre Schwiegermutter im Verdacht, wagte aber nicht, sie offen zu bezichtigen, dass sie ihren Enkel vergiftet hatte. Egal, was einige seiner Freunde am Rauchen fanden, Alex drehte sich seither bei dem bloßen Gedanken an eine Zigarette der Magen um.

»Das ist bestes Gras«, beharrte Morgana und hielt ihm den geöffneten Beutel unter die Nase. »Ich habe auch noch das da, falls dir das lieber ist.« Auf ihrer Handfläche lagen zwei weiße Pillen.

Alex starrte wieder auf das Busfenster, wortlos. Er wusste aus Erfahrung, dass es besser war, den Mund zu halten oder das Thema zu wechseln. Was immer er sagte, würde bescheuert klingen, und das Mädchen würde ihn für ein Weichei oder für den künftigen Papst halten. Morgana zuckte die Achseln und barg ihre Schätze in der Hoffnung auf eine günstigere Gelegenheit. Sie kamen beim Busbahnhof mitten in Manhattan an und mussten aussteigen.

~

Um diese Uhrzeit waren die meisten Büros und Geschäfte zwar bereits geschlossen, der Verkehr hatte aber noch nicht nachgelassen, und viele Leute waren unterwegs in Bars, Cafés, Restaurants oder ins Theater. Alex konnte die Gesichter der Passanten nicht erkennen, die als gebeugte, in Mäntel gehüllte Gestalten an ihm vorbeieilten. Etwas lag wie große Bündel am Boden neben Gittern im Bürgersteig, aus denen Dampfschwaden waberten. Er begriff, dass es Penner waren, die sich zum Schlafen auf den Heizungsschächten der Gebäude zusammenrollten, denn nur dort fanden sie in der Winternacht ein bisschen Wärme.

Durch die harten Neonlichter und die Scheinwerfer der Autos bekamen die nassen, schmutzigen Straßen etwas Unwirkliches. An den Straßenecken türmten sich schwarze Säcke, manche waren zerrissen, und der Müll quoll heraus. Eine Bettlerin in einem zerlumpten Mantel stocherte mit einem Stock darin herum und betete eine endlose Litanei in einer erfundenen Sprache herunter. Alex musste einen Satz zur Seite machen, um nicht auf eine Ratte zu treten, die mit zerbissenem, blutigem Schwanz mitten auf dem Gehsteig hockte und sich nicht rührte, als sie vorbeigingen. Autohupen, Polizeisirenen und von Zeit zu Zeit die jaulenden Hörner eines Krankenwagens zerschnitten die Luft. Ein junger, grobschlächtiger Hüne schrie ihnen zu, der Weltuntergang stehe bevor, und drückte ihnen im Vorbeigehen einen verknitterten Zettel in die Hand, auf dem eine halbnackte Blondine mit dicken Lippen für Massagen warb. Ein Skater mit Kopfhörer rempelte Alex an, drängte ihn gegen eine Hauswand und brüllte ihm ins Gesicht: »Mach doch die Augen auf, du Idiot!«

Alex spürte, dass die Wunde an seiner Hand erneut zu pochen begann. Er fühlte sich in einen Science-Fiction-Albtraum versetzt, in eine furchteinflößende Megastadt aus Stahlbetonschluchten, verspiegelten Hochhausfassaden, verpesteter Luft und Einsamkeit. Wie gerne wäre er wieder in diesem Ort am Meer gewesen, wo er sein Leben verbracht hatte! Dieses verschlafene Nest, das ihn so oft angeödet hatte, jetzt kam es ihm vor wie das Paradies. Morgana unterbrach seine düsteren Gedanken.

»Ich habe ein Mordsloch im Bauch … Können wir nicht irgendwo was essen?«

»Es ist schon so spät, ich muss zu meiner Großmutter!«

»Nur die Ruhe, Mann, ich bringe dich schon zu deiner Oma. Wir sind ganz in der Nähe, aber was zu beißen wäre doch nicht verkehrt.«

Ehe er sich sträuben konnte, hatte sie ihn am Arm in ein lärmendes Lokal gezogen, wo es nach Bier, abgestandenem Kaffee und Frittiertem roch. Hinter einer langen Resopaltheke wuselten ein paar Asiaten herum und servierten Gerichte, die im Fett schwammen. Morgana schwang sich auf einen Barhocker vor dem Tresen und studierte das Essensangebot, das mit Kreide auf eine Wandtafel geschrieben war. Alex begriff, dass er würde bezahlen müssen, und machte sich auf den Weg zur Toilette, um die versteckten Scheine aus seinen Stiefeln zu befreien.

Die Klowände waren mit dreckigen Sprüchen und säuischen Kritzeleien vollgeschmiert, am Boden lag zerknülltes Papier, und aus den rostigen Leitungen tropfte Wasser und bildete überall Pfützen. Er ging in eine Kabine, verriegelte die Tür, stellte den Rucksack auf den Boden und musste sich, so sehr es ihn auch ekelte, auf die Kloschüssel setzen, um die Stiefel auszuziehen, und das war mit der verbundenen Hand in dem engen Raum leichter gesagt als getan. Was erzählte sein Vater immer für Schauergeschichten über Krankheiten, die man sich in öffentlichen Toiletten zuziehen kann? Geschenkt, jetzt musste er erst einmal seine paar Kröten zusammenhalten. Mit einem Achselzucken zählte er nach; er würde selbst nichts essen und hoffte, dass Morgana irgendwas Billiges bestellen würde, sie sah ja nicht gerade aus wie ein Vielfraß. Solange er Kate Colds rettende Wohnung nicht erreicht hatte, waren diese drei auf Briefmarkenformat gefalteten Scheine alles, was er auf der Welt besaß; mit ihnen würde er nicht enden wie diese Penner, die er eben gesehen hatte, er brauchte nicht auf der Straße zu erfrieren oder zu verhungern. Falls er nicht zu der Adresse seiner Großmutter fand, konnte er immer noch zurückfahren, die Nacht irgendwo im Flughafen verbringen und am nächsten Tag wieder nach Hause fliegen, dafür hatte ja er ein Rückflugticket. Er zog die Stiefel wieder an, steckte das Geld in eine Seitentasche seines Rucksacks und verließ die Kabine. Außer ihm war niemand hier. Vor dem Waschbecken stellte er den Rucksack auf den Boden, rückte den Verband an seiner linken Hand zurecht, wusch sich die rechte umständlich mit Seife, spritzte sich einen Schwall Wasser ins Gesicht, um die Müdigkeit zu verscheuchen, und trocknete sich schließlich mit einem Papiertuch ab. Dann bückte er sich nach seinem Rucksack: Er war weg.

Alex stürzte aus dem Klo, sein Herz raste. Ihn zu beklauen hatte keine Minute gedauert, der Dieb konnte noch nicht weit sein, wenn er sich beeilte, würde er ihn schnappen, ehe er sich draußen im Gewühl verlor. Im Lokal war alles unverändert, dieselben schwitzenden Angestellten hinter der Theke, dieselben gleichgültigen Kunden, dasselbe fetttriefende Essen, derselbe Lärm von klappernden Tellern und Schnulzenmusik in voller Lautstärke. Keiner nahm Notiz von seiner Aufregung, niemand sah sich nach ihm um, als er hektisch hervorstieß, er sei beklaut worden. Der einzige Unterschied bestand darin, dass Morgana nicht mehr auf dem Barhocker saß, wo er sie verlassen hatte. Weit und breit keine Spur von ihr.

Alex musste nicht lange rätseln, wer ihm da unauffällig gefolgt war, wer hinter der Toilettentür auf eine günstige Gelegenheit gelauert hatte, wer den Rucksack im Handumdrehen hatte mitgehen lassen. Er schlug sich an die Stirn. Was war er bloß für ein Rindvieh! Morgana hatte ihn verarscht wie einen Anfänger und ihm alles abgenommen, außer den Kleidern, die er am Leib trug. Er war sein Geld los, sein Rückflugticket und sogar seine teure Flöte. Nur seinen Pass hatte er noch, weil der zufällig in seiner Jackentasche steckte. Er musste sich fürchterlich zusammennehmen, um nicht auf der Stelle loszuflennen.

DRITTES KAPITELDer Urwald-Yeti

Wer Fragen stellt, kommt durch die Welt, war einer von Kate Colds Wahlsprüchen. Für ihre Arbeit reiste sie in die entlegensten Winkel der Erde, wo sie diesen Spruch sicher häufig genug hatte anwenden können. Alex war eher schüchtern, es kostete ihn Überwindung, fremde Leute anzusprechen, aber jetzt blieb ihm nichts anderes übrig. Kaum hatte er sich so weit beruhigt, dass er wieder einen Ton herausbrachte, trat er auf einen Mann zu, der einen Hamburger hinunterschlang, und fragte, wie er zur Vierzehnten Straße, Ecke Zweite Avenue kommen könne. Der Typ zuckte die Achseln und antwortete nicht. Alex fühlte sich mies behandelt und wurde rot. Er zögerte kurz und wandte sich dann an einen der Angestellten hinter der Theke. Der Mann fuchtelte mit dem Messer in eine ungefähre Richtung und brüllte über den Radau des Restaurants hinweg etwas in einem unergründlichen Kauderwelsch, von dem Alex kein Wort begriff. Eigentlich, dachte er, war es doch bloß eine Frage der Logik: Wenn er herausfand, in welcher Himmelsrichtung die Zweite Avenue lag, brauchte er nur noch die Querstraßen abzuzählen, ganz einfach; ganz so einfach erschien es ihm dann allerdings doch nicht, nachdem er festgestellt hatte, dass er sich in der Zweiundvierzigsten Straße, Ecke Achte Avenue befand und sich ausmalen konnte, wie lange er durch diese Eiseskälte würde laufen müssen. Er war dankbar für das Bergtraining: Immerhin konnte er sechs Stunden hindurch wie eine Eidechse Felswände hinaufkriechen, was sollten ihm da die paar Straßenzüge auf ebener Erde ausmachen? Er zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch, duckte den Kopf zwischen die Schultern, vergrub die Hände in den Taschen und stapfte los.

Es war nach Mitternacht und hatte zu schneien begonnen, als er in der Straße seiner Großmutter ankam. Die Gegend wirkte verwahrlost, alles war dreckig und hässlich, weit und breit sah man keinen Baum, und seit geraumer Zeit war er keiner Menschenseele mehr begegnet. Man musste ja auch reichlich verzweifelt sein, um sich mitten in der Nacht zu Fuß in den gefährlichen Straßen von Manhattan herumzutreiben. Bloß gut, dass sich kein Gangster bei diesem Wetter vor die Tür traute, sonst wäre er seine Klamotten und seinen Pass jetzt auch noch los. Das Gebäude war ein grauer Wohnblock hinter einem Sicherheitszaun zwischen vielen anderen völlig gleich aussehenden Blocks. Er drückte auf die Klingel, und sofort fragte die heisere und bärbeißige Stimme von Kate Cold, wer es wage, sie um diese nachtschlafende Zeit zu stören. Alex erriet, dass sie auf ihn gewartet hatte, obwohl sie das natürlich nie zugeben würde. Er war bis auf die Knochen durchgefroren und hatte es noch nie im Leben so nötig gehabt, dass ihn jemand in die Arme nahm, aber als sich die Fahrstuhltür endlich im elften Stock öffnete und er vor seiner Großmutter stand, war er fest entschlossen, keine Schwäche zu zeigen.

»Hallo, Oma.« Er versuchte, sein Zähneklappern zu übertönen.

»Ich hab dir doch gesagt, du sollst mich nicht Oma nennen!«, raunzte sie ihn an.

»Hallo, Kate.«

»Du kommst ganz schön spät, Alexander.«

»Hatten wir nicht ausgemacht, dass du mich am Flughafen abholst?« Er schluckte die Tränen hinunter.

»Überhaupt nichts hatten wir ausgemacht. Wenn du es nicht schaffst, vom Flughafen bis zu mir nach Hause zu kommen, wie willst du mich dann in den Urwald begleiten? Zieh die Jacke und die Stiefel aus«, sagte sie ohne Übergang, »ich mache dir eine heiße Schokolade und lasse dir ein Bad einlaufen, aber nimm bitte zur Kenntnis, dass ich das nur tue, damit du keine Lungenentzündung bekommst. Du musst gesund sein für die Reise. Erwarte bloß nicht, dass ich dich fortan bemuttere, kapiert?«

»Ich habe nie erwartet, dass du mich bemutterst.«

»Was ist mit deiner Hand passiert?« Sie sah auf den völlig durchnässten Verband.

»Eine lange Geschichte.«

Kate Colds kleine Wohnung war schummrig, vollgestopft und chaotisch. Zwei der Fenster – mit schmutzstarrenden Scheiben – gingen auf einen Lichthof und das dritte auf eine Ziegelmauer mit Feuerleiter. Koffer, Rucksäcke, Taschen und Kisten lagen achtlos in den Ecken herum, und auf den Tischen türmten sich Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Alex entdeckte einige Totenschädel, Bogen und Pfeile aus schwarzem Holz, bemalte Tongefäße mit Deckel, versteinerte Käfer und tausenderlei andere Dinge. Eine lange Schlangenhaut nahm die ganze Breite einer Wand ein. Sie musste der berühmten Pythonschlange gehört haben, die in Malaysia den Fotoapparat geschluckt hatte.

Bis jetzt hatte Alex seine Großmutter nie in ihrem Zuhause gesehen, und er musste zugeben, dass er sie so, inmitten ihrer Sachen, viel interessanter fand. Kate Cold war vierundsechzig Jahre alt, hager und sehnig, ihre Haut vom Wetter gegerbt; ihre blauen Augen, die so viel von der Welt gesehen hatten, blickten schneidend wie Messer. Das graue Haar stutzte sie sich selbst mit der Schere, ohne in den Spiegel zu schauen, es stand nach allen Seiten ab, als hätte sie sich ihr Lebtag nicht gekämmt. Sie war stolz auf ihre Zähne, die groß waren und so stark, dass sie damit Nüsse knacken und Bierflaschen öffnen konnte; außerdem gab sie gern damit an, dass sie sich nie einen Knochen gebrochen hatte, niemals zum Arzt ging und von Malariaanfällen bis zu Skorpionstichen nichts sie hatte umbringen können. Sie trank Wodka ohne alles und rauchte schwarzen Tabak aus einer Seemannspfeife. Winters wie sommers trug sie die gleiche Pumphose und eine ärmellose Weste mit unzähligen Taschen, in denen sie alles für den Katastrophenfall Notwendige griffbereit hatte. Zuweilen, wenn es sich beim besten Willen nicht vermeiden ließ, dass sie sich elegant kleidete, vertauschte sie die Weste mit einer Halskette aus Bärenzähnen, dem Geschenk eines Apachenhäuptlings.

Alex wusste, seine Mutter hatte einen echten Horror vor ihr, aber er und seine Schwestern freuten sich trotz allem, wenn Kate zu Besuch kam. Immer wieder staunten sie Bauklötze, wenn ihnen diese schrullige Großmutter, Hauptfigur unglaublicher Abenteuer, von den fremdartigsten Weltgegenden berichtete. Sie schnitten ihre Reisereportagen aus den verschiedenen Zeitschriften und Tageszeitungen aus und sammelten die Postkarten und Fotos, die sie ihnen von überallher schickte. Auch wenn es ihnen manchmal peinlich war, sie ihren Freunden vorzustellen, waren sie im Grunde stolz darauf, dass jemand aus ihrer Familie fast so etwas wie eine Berühmtheit war.

Gewärmt durch das heiße Bad, eingehüllt in einen Bademantel und mit Wollsocken an den Füßen, stopfte Alex eine halbe Stunde später Fleischbällchen mit Kartoffelpüree in sich hinein, eine der wenigen Sachen, die er gerne aß, und das Einzige, was Kate kochen konnte. »Die Reste von gestern«, sagte sie, aber Alex konnte sich denken, dass sie das Essen extra für ihn gemacht hatte. Eigentlich wollte er ihr nichts von Morgana erzählen, weil er nicht dastehen wollte wie ein Rindvieh, aber er musste ihr beichten, dass ihm all seine Sachen gestohlen worden waren.

»Schätze, jetzt sagst du, ich soll niemandem trauen«, nuschelte Alex und wurde rot.

»Ganz im Gegenteil, ich wollte sagen, dass du lernen sollst, dir selbst zu vertrauen. Du siehst doch, Alexander, trotz allem konntest du ohne Schwierigkeiten zu mir kommen.«

»Ohne Schwierigkeiten?« Er starrte sie verständnislos an. »Ich bin unterwegs fast erfroren. Man hätte meine Leiche erst zur Schneeschmelze im nächsten Frühjahr gefunden.«

»Jede weite Reise beginnt mit einem Stolpern. Und dein Pass?«

»Den habe ich gerettet, er war in meiner Jackentasche.«

»Kleb ihn dir mit Tesafilm an die Brust, wenn du den verlierst, bist du geliefert.«

»Am meisten tut es mir um die Flöte leid«, sagte Alex leise.

»Dann muss ich dir wohl die Flöte deines Großvaters geben. Eigentlich wollte ich sie ja behalten, bis sich bei dir so etwas wie Talent feststellen lässt, aber ich denke, sie ist in deinen Händen besser aufgehoben, als wenn sie hier herumfliegt.«

Sie suchte auf den Regalen, mit denen die Wände ihrer Wohnung bis an die Decke vollgestellt waren, und überreichte ihm ein verstaubtes Etui aus schwarzem Leder.

»Da, Alexander. Dein Großvater hat sie vierzig Jahre gespielt, pass gut darauf auf.«

Die Kritiker hatten seinen Großvater Joseph Cold nach dessen Tod den bedeutendsten Flötisten des Jahrhunderts genannt. »Das hätten sie mal besser gesagt, solange der arme Joseph noch am Leben war«, war Kates Kommentar gewesen, als sie das in der Zeitung las. Die beiden waren damals schon seit dreißig Jahren geschieden, aber in seinem Testament vermachte Joseph Cold seiner Ex-Frau die Hälfte seines Besitzes, darunter seine beste Flöte, die nun sein Enkel in Händen hielt. Ehrfürchtig öffnete Alex den abgegriffenen Lederkasten und strich über die Flöte: Sie war ein Schmuckstück. Er nahm sie behutsam heraus, steckte sie zusammen und setzte sie an die Lippen. Als er hineinblies, wunderte er sich selbst darüber, wie schön sich das anhörte. Diese hier klang ganz anders als die Flöte, die Morgana ihm gestohlen hatte.

~

Kate Cold gab ihrem Enkel Zeit, das Instrument unter die Lupe zu nehmen und sich, wie sie das im Grunde erwartete, überschwänglich bei ihr zu bedanken, dann drückte sie ihm eine vergilbte Schwarte mit losen Buchdeckeln in die Hand: Gesundheitsratgeber für den tollkühnen Reisenden. Alex schlug wahllos eine Seite auf und las die Symptome einer tödlichen Krankheit vor, die man bekommen kann, wenn man das Gehirn seiner Vorfahren verspeist.

»So was Ekeliges esse ich sowieso nicht«, sagte er.

»Man kann nie wissen, was in Fleischbällchen drin ist.« Seine Großmutter lächelte milde.

Alex fuhr der Schreck in die Glieder, und er beäugte misstrauisch die Reste auf seinem Teller. Bei Kate Cold war äußerste Vorsicht geboten. Vorfahren wie sie waren auch ungegessen schon lebensgefährlich.

»Morgen musst du dich gegen ein halbes Dutzend Tropenkrankheiten impfen lassen. Zeig mal deine Hand her! Wenn sie entzündet ist, kannst du nicht mitfahren.«

Sie untersuchte ihn ziemlich ruppig, kam zu dem Schluss, dass ihr Sohn John gute Arbeit geleistet hatte, goss – für alle Fälle – eine halbe Flasche Desinfektionsmittel über die Wunde und kündigte an, ihm am nächsten Tag eigenhändig die Fäden zu ziehen. Das sei ein Kinderspiel, sagte sie, das könne jeder. Alex zuckte zusammen. Seine Großmutter bekam so etwas Wildentschlossenes, wenn sie sich ihre Brille aufsetzte, die sie auf einem Markt in Guatemala gebraucht gekauft hatte und die, so zerkratzt, wie die Gläser waren, schon einiges mitgemacht haben musste. Während Kate den Verband erneuerte, erklärte sie ihm, die ZeitschriftInternational Geographic habe Geld für eine Expedition ins Herz des Amazonasgebiets zur Verfügung gestellt, in den Urwald zwischen Venezuela und Brasilien, um nach einem riesenhaften, möglicherweise menschenähnlichen Wesen zu suchen, das dort verschiedentlich aufgetaucht war. Man hatte gigantische Fußabdrücke gefunden. Wer in seiner Nähe gewesen war, berichtete, das Tier – oder primitive Menschenwesen – sei größer als ein Bär, habe sehr lange Arme und einen schwarzen Pelz. Es war so etwas wie der Yeti im Himalaja, nur eben mitten im Urwald.

»Könnte ein Affe sein …«, befand Alex.

»Ah, Herr Oberschlau, glaubst du, auf diese Idee ist noch niemand gekommen?«

»Aber es gibt keinen Beweis, dass dieses Wesen wirklich existiert …«, wagte Alex einzuwenden.

»Die Geburtsurkunde dieser so genannten Bestie haben wir nicht, Alexander. Ach ja! Da ist noch etwas Wichtiges: Es heißt, dass sie einen durchdringenden Geruch verströmt, von dem Tiere und Menschen in ihrer Nähe ohnmächtig oder gelähmt werden.«

»Wenn die Leute davon ohnmächtig werden, dann kann doch niemand etwas gesehen haben.«

»Genau, aber aufgrund der Spuren weiß man, dass die Bestie auf zwei Beinen geht. Und keine Schuhe anhat, falls das deine nächste Frage wäre.«

»Nein, Kate, meine nächste Frage wäre, ob sie einen Hut trägt!« Das war doch nicht zu fassen.

»Nicht, dass ich wüsste.«

»Ist sie gefährlich?«

»Nein, Alexander. Sie ist allerliebst. Sie stiehlt nicht, verschleppt keine kleinen Kinder und macht das Eigentum anderer nicht kaputt. Sie tötet nur. Dabei macht sie keinen Dreck und keinen Lärm, sie bricht ihren Opfern lediglich alle Knochen und holt ihnen fein säuberlich die Eingeweide heraus, wie ein Fachmann.«

»Wie viele Leute hat diese Bestie, oder was das sein soll, denn umgebracht?« Langsam wurde es Alex doch mulmig.

»Nicht viele in Anbetracht der Überbevölkerung der Erde.«

»Wie viele, Kate!«

»Einige Goldsucher, ein paar Soldaten, den ein oder anderen Händler … Kurzum, die genaue Zahl kennt man nicht.«

»Hat sie Indianer umgebracht? Wie viele?«

»Das weiß man nun wirklich nicht. Die Indianer können nur bis zwei zählen. Außerdem stellen sie sich den Tod ein bisschen anders vor als wir. Wenn sie glauben, dass ihnen jemand die Seele geraubt hat oder in ihren Fußstapfen gelaufen ist oder Macht über ihre Träume besitzt, ist das zum Beispiel schlimmer als tot sein. Dagegen kann jemand, der gestorben ist, als Geist weiterleben.«

»Hört sich verzwickt an.«

»Wer hat behauptet, das Leben sei einfach?«